Selbstgesteuertes Lernen
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Selbstgesteuertes Lernen
Studienseminar Koblenz Pflichtmodul 21 Selbstgesteuertes Lernen Welche Methoden benötigen SchülerInnen, damit sie selbstständig arbeiten können Standard 4: Lernprozesse planen und gestalten Die Referendarinnen und Referendare • haben geübte Erfahrungen im Planen und Gestalten gesteuerten Lernens • haben geübte Erfahrungen im Planen und Gestalten von Lernumgebungen selbstgesteuerten Lernens (offene Formen, Projekte, Lernstationen, Freiarbeit, …) • haben Erfahrungen in einer sinnvollen Balance zwischen Lehrerzentrierung und Schüleraktivierung (Sozialund Unterrichtsformen, Methoden-Werkzeuge) • achten auf Verständlichkeit und passende Breite und Tiefe der Anforderungen 1 Gliederung der Sitzung 1. Selbstgesteuertes Lernen – – – Was heißt das? Welche Gründe sprechen dafür? Welche Schwierigkeiten können auftreten? 2. Umsetzung im Unterricht 3. Schülermethoden - Welche fachübergreifende Methoden kann ich in meinem Fach fördern? Welches sind zentrale Methoden meines Fachs? Selbstgesteuertes Lernen • Selbstgesteuertes, selbstorganisiertes, autodidaktisches Lernen, autonomes Lernen ... bezeichnet Lernformen, die den Lernenden gegenüber traditionellen Unterrichtsverfahren ein erhöhtes Maß an Selbstbestimmung einräumen. • bedeutet „Lernen von planvollen Handeln”. • ist eine Idealvorstellung, die verstärkte Selbstbestimmung hinsichtlich der Lernziele, der Zeit, des Ortes, der Lerninhalte, der Lernmethoden und Lernpartner sowie vermehrter Selbstbewertung des Lernerfolges beinhaltet. 2 Selbstgesteuertes Lernen • WEINERT (1982) definiert selbstgesteuertes Lernen als eine Lernform, bei der der Lernende "... die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann". • Der Lernende soll – – – – – – selbst die Initiative ergreifen seine eigenen Lernbedürfnisse diagnostizieren seine Lernziele formulieren Ressourcen organisieren passende Lernstrategien auswählen seinen Lernprozess selbst evaluieren Selbstgesteuertes Lernen Verlangt also von den Lernenden, • Entscheidungen über den eigenen Lernprozess zu treffen • eigenes Lernen ohne fremde Hilfe zu steuern und zu kontrollieren • Methoden und effektive Lernstrategien zu kennen und zu nutzen • Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen • zu Metakognitionen fähig zu sein – Wahrnehmung des Lernprozesses – Auswahl geeigneter Lernstrategien – Kontrolle ihrer Wirkung und ggf. Anpassung 3 Gründe für… • Forderungen wie "lebenslanges Lernen", "Eigenverantwortlichkeit" und "Flexibilität" , Fähigkeit, sich selbst weiterzubilden, als eine der wichtigsten Kernkompetenzen im Berufsleben • Ablösung behavioristischer Lerntheorien durch Kognitionspsychologie und Konstruktivismus • Die kognitionspsychologischen Konstrukte gehen von der Annahme mentaler Eigenaktivität des Individuums aus und suchen Strategien und Metastrategien des Lernens zu fördern. • Sie setzen auf Aufbau und Förderung selbstgesteuerten Lernens, weil sie dem Individuum die Kompetenz der Selbstregulierung und Selbststeuerung zusprechen. Gründe für… • Der Konstruktivismus geht aus von der Selbstorganisation alles Lebendigen. • Menschliches Verhaltens kann nur sehr begrenzt durch äußere Einwirkung und Steuerung verändert werden, weil der innere Zustand des Systems die Wirkung der Einflüsse bestimmt. • Aus konstruktivistischer Sicht versteht der Lernende Lerninhalte als Angebot, die er auf Relevanz, Neuigkeit, Viabilität, Anschlussfähigkeit prüft und dann ggf. aufnimmt. • Lernen ist eine konstruktive Tätigkeit. 4 Schwierigkeiten 1. keine/unzureichende Einführung in das SL 2. Rezeptive Lernhaltung 3. Prüfungspraxis fordert die Reproduktion gelernter Inhalte 4. Bedeutsamkeit der Lerneinstellung und Kausalattribution wird zuwenig in der Schule berücksichtigt (Lernen wird meist nur unter den Aspekten Anstrengung und Aufwand gesehen) 5. Schwierigkeiten bei der Unterrichtsgestaltung Selbstgesteuertes Lernen Mögliche Umsetzung im Unterricht 5 Formen selbstständigen Lernens In offenen Unterrichtsformen ist das selbstständige Lernen durchgängiges Unterrichtsprinzip: • Projektunterricht • Werkstattunterricht • Stationenlernen (Lernzirkel) • Wochenplan, Freiarbeit Selbstgesteuertes Lernen Lässt sich in 3 Phasen einteilen • Planung • Durchführung • Bewertung 6 Selbstgesteuertes Lernen Phase 1 Planung • Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand vor der Lernhandlung • Ziele festlegen • Teilziele spezifizieren • Teilziele nach der Reihenfolge der Bearbeitung ordnen • Ablenkungsquellen ausschalten • Vorwissen aktivieren • Gezielt Informationen suchen Selbstgesteuertes Lernen Phase 2 Durchführung • Arbeit am Thema • selbstständige Umsetzung dieser Ziele in Lernhandlungen • Überblick gewinnen, Probleme lösen, Irrwege erkennen 7 Selbstgesteuertes Lernen Phase 3 Bewertung • eigenständige Diagnose und Bewertung des abgeschlossenen Lernprozesses • ggf. Revision der Lernziele und Planungen, sofern keine externe Rückmeldung vorliegt • eigene Bewertung der Lernfortschritte und Wissensdefizite Selbstständiges Lernen • setzt beim Lehrer Überzeugung und bei den Schülern Anstrengungsbereitschaft voraus • Sollte plausibel begründet und in Material und Lernaufgaben gut vorbereitet sein • braucht klare Regeln • soll durch regelmäßiges Feedback verbessert werden 8 Anforderungen an die Lernenden • • • • • • • Bewusstsein der eigenen (Lebens - und) Lernziele Selbstbewusstsein als erfolgreicher Lerner Offenheit für Lernen Initiative und Unabhängigkeit bewusstes Akzeptieren der eigenen Verantwortung Kreativität und Problemlösefähigkeit Fähigkeit, Motivation, Konzentration und Arbeitsdisziplin zu entwickeln und aufrecht zu erhalten Strategien der Informationsrecherche, -aufnahme und verarbeitung Die vier erforderlichen Fähigkeiten für das selbstgesteuerte Lernen • die Fähigkeit zu lebenslangem selbstgesteuertem Lernen im Sinne des Verfügens über formale Strategien des Lernens zur Bewältigung neuer Lernanforderungen • die Fähigkeit des Einordnens des Lernprozesses in gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge als Grundvoraussetzung für die aktive Mitgestaltung unserer Welt • die Fähigkeit, sich Orientierungswissen über größere thematische Zusammenhänge anzueignen und • die Fähigkeit, in ausgewählten Bereichen Detailwissen im Sinne der Vertiefung einzelner thematischer Zusammenhänge zu erwerben. 9 Fünf Fertigkeiten der Lernenden • • • • • Lernen vorbereiten können Lernhandlungen ausführen können Lernhandlungen regulieren können Leistungen bewerten können Motivation und Konzentration erhalten können Die Rolle des Lehrers weniger ein Wissensvermittler, sondern stärker ein • Lernhelfer, • Lernorganisator, • Lernberater, • Anreger von Lernprozessen Selbständigkeit von Lernen als neues Leitprinzip 10 Aufgaben des Lehrers 1. Fähigkeit, den Lernenden einschätzen diagnostische Funktion 2. Programme für die weitere Entwicklung des Lernenden anbieten prognostische Funktion 3. Individuelle Lernkontrakte und -arrangements verhandeln arrangierende Funktion 4. Kontakte im neuen Lernfeld und in der neuen Lernumwelt herstellen kontaktvermittelnde Funktion 5. Lernenden helfen, persönliche und motivationale Probleme zu lösen beratende Funktion Selbstgesteuertes Lernen Welche Methoden brauchen Schülerinnen und Schüler zum selbstständigen Arbeiten? 11 Lernen Lernen = Erfahrungen speichern und verwerten : 1. inhaltlich-fachliches Lernen • Fähigkeit, sich Wissen anzueignen, • das Wissen selbständig zu nutzen, Zusammenhänge zu erkennen und herzustellen, • das Wissen kritisch zu beurteilen Lernen 2. Methodisch – strategisches Lernen= Fähigkeit, den eigenen Erwerb von Wissen zu organisieren 3. Kommunikatives Lernen = Fähigkeit, das Wissen zu kommunizieren 4. Affektives Lernen Selbstvertrauen und Werthaltungen 12 Merkmale selbstständigen Lernens SchülerInnen • arbeiten weitgehend ohne direkte Instruktion der Lehrkraft • können aus mehreren (interessen- und leistungsdifferenzierten) Lernangeboten auswählen • arbeiten in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit • Ergebnisse werden präsentiert, kommentiert... Schülermethoden • Methoden des Lehrers organisieren und initiieren - möglichst abwechslungsreichLernprozesse der Schüler • Methoden der Schüler helfen diesen beim Lernen – als (fachunabhängige) Lern- und Arbeitstechniken – als Methoden der verschiedenen Fächer 13 Schülermethoden = flexible und situationsangemessene Handlungssequenzen zur selbstständigen Arbeit der Schülerinnen und Schüler Schülermethoden und Lernen Schülermethoden (Lernstrategien, Arbeitstechniken) ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, • Wissensstoff auszuwählen, • zu erwerben • rationell und zielgerichtet zu verarbeiten • zu kommunizieren = Lernprozesse eigenständig zu organisieren 14 Erlernen von Schlüsselqualifikationen SchülerInnen sollen befähigt sein • selbstständig Probleme zu lösen • kompetente Fragen stellen zu können • aus Fehlern lernen zu können • mit andern zu kooperieren • mit andern zu kommunizieren Fachunabhängige Schülermethoden • • • • Recherchieren Markieren Exzerpieren Strukturieren und Visualisieren von Arbeitsergebnissen • Protokollieren 15 Arbeitsauftrag • Wählen Sie drei Methoden aus und skizzieren Sie, wie Sie diese in Ihrem Fach umsetzen können! • Überlegen Sie, wie Sie diese Methoden als Lernspirale gestalten. • Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe, in welcher Form Sie dies realisieren wollen (eine Woche Methodentraining, integriert in den Fachunterricht..?) Methodentraining im Fachunterricht 16 Methodentraining? • Klippert benennt …die richtigen Ziele, seine Wege sind aus wissenschaftlicher Sicht jedoch höchst fragwürdig. Es bringt nämlich wenig, ein Methodentraining a la Klippert auf den Stundenplan zu setzen. Viel wirksamer wäre es, Lern- und Arbeitsmethoden direkt in den Unterricht zu integrieren. Etwas salopp gesagt: Eigenständige Methodentrainings sind so sinnvoll wie Stricken üben ohne Wolle. Wer Lehrern weismacht, es komme nur auf die Methoden an, vermittelt ihnen eine Pseudosicherheit und lenkt sie ab von ihrem Kerngeschäft, nämlich der Vermittlung von Inhalten. ELSBETH STERN Inhalt statt Methode. Durch Lehrertraining allein wird der Unterricht nicht besser (DIE ZEIT 17(2006), S. 43) Fachspezifische Schülermethoden • In den Naturwissenschaften: Beobachten, Mikroskopieren, Experimentieren, Erkennen von Gesetzmäßigkeiten • In den Sprachwissenschaften: Arbeit mit dem Wörterbuch, Führen einer Wörterkartei, Strukturale Verfahren der Texterschließung, Hermeneutische Methode • In den Gesellschaftswissenschaften: Arbeit mit dem Atlas, Arbeit mit Statistiken und Diagrammen, Quellenkritik • Im Mathematikunterricht: Eine Fläche berechnen, Zeichnen mit Zeichengeräten, Arbeit mit Funktionsgraphen 17 Selbstgesteuertes Lernen • Erfordert vom Schüler die Fähigkeit zum Transfer des Gelernten, damit er sein Wissen in neuen Situationen anwenden kann. • Dazu muss der Schüler Gelegenheit haben, – die Grundfertigkeiten zu üben, – das Gelernte zu entkontextualisieren, – das Gelernte bei der Lösung authentischer Probleme einzusetzen. Prinzipien zur Förderung der Methodenkompetenz • Die Methoden und Lernprozesse müssen in ihrer Bedeutung explizit angesprochen werden, die Schüler müssen wissen, dass nicht allein die Ergebnisse wichtig sind. • Lernen muss zum Unterrichtsthema werden, damit sich die Schülerinnen und Schülern ihrer je eigenen Strategien bewusst werden und auch andere Vorgehensweisen kennen lernen können. • Den Schülerinnen und Schülern müssen Relevanz und Nutzen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten verdeutlicht werden. • Transfer und Generalisierbarkeit des Gelernten werden ausdrücklich im Unterricht berücksichtigt – es gilt, nachhaltig zu verdeutlichen, in welchen neuen Situationen das Gelernte angewandt werden kann. 18 Prinzipien zur Förderung der Methodenkompetenz • Lernstrategien werden längerfristig und im Kontext der Unterrichtsfächer geübt. • Der Unterricht wird so gestaltet, dass die Schüler eigene Lernmethoden wählen können. • Die Verantwortung für das Lernen verlagert sich allmählich vom Lehrer zu den Schülern (Prinzip des Abbaus von Hilfen). • Maßnahmen zum selbstregulierten Lernen werden mit den Eltern abgestimmt. 19