Das US-(Re)Exportkontrollrecht aus deutscher Sicht – Ein erster

Transcription

Das US-(Re)Exportkontrollrecht aus deutscher Sicht – Ein erster
Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft
und Standortmarketing mbH
Villemombler Straße 76
53123 Bonn
Germany
T. +49 (0)228 249 93-0
F. +49 (0)228 249 93-212
[email protected]
www.gtai.de
Kontakt
Dr. Ursula Bachem-Niedermeier
T. +49 (0)30 200 099-364
F. +49 (0)30 200 099-77 364
ursula.bachem-niedermeier
@gtai.de
www.gtai.de
Stand: 01/2014
Das US-(Re)Exportkontrollrecht aus deutscher Sicht – Ein erster
Überblick für deutsche Unternehmen
Bonn (gtai) – Stärker als in anderen Ländern ist die deutsche Wirtschaft exportabhängig.
Angesichts wechselseitiger wirtschaftlicher Verflechtungen gehören zu den relevanten
internationalen Regeln für viele deutsche Firmen, die über ein nennenswertes US-Geschäft
verfügen, auch die US-(Re)Exportbestimmungen. Darin haben die USA zum Schutz der eigenen
nationalen Sicherheit umfangreiche Kontrollen normiert, mit denen sie unter anderem
Reexporte von US-Gütern im Ausland erfassen. Der nachstehende Kurzüberblick soll
Grundprinzipien zur Ermittlung der Genehmigungspflicht nach US-(Re)Exportkontrollrecht für
zivile Wirtschaftsgüter und Güter mit doppeltem Verwendungszweck (sog. Dual-use-Güter), die
den US-Ausfuhrbestimmungen unterfallen, skizzieren.
A. Einleitung
Das US-(Re)Exportkontrollrecht kontrolliert primär Exportaktivitäten aus den USA. Darüber
hinaus enthält es Regelungen auch für Ausfuhren aus Drittländern wie z.B. aus Deutschland,
wenn die Ausfuhrgüter aus amerikanischer Sicht als US-Güter einzustufen sind (in diesem Fall
spricht man grundsätzlich von einem sog. Reexport). Die US-Behörden nehmen damit für die
Kontrolle von Lieferungen amerikanischer Waren, Software und Technologien grundsätzlich
eine weltweite Zuständigkeit für sich in Anspruch. Genehmigungsbehörde im zivilen und Dualuse-Güter-Bereich ist das Bureau of Industry and Security (BIS) in Washington DC.
Das US-(Re)Exportkontrollrecht kontrolliert Exporte, Reexporte und in einzelnen Fällen auch
Güterübertragungen innerhalb eines Landes von Gütern weltweit, die aus US-Sicht als
„amerikanisch“ einzustufen sind. Ausfuhren aus Deutschland können damit einer
Genehmigungspflicht dann unterliegen, wenn die Güter „amerikanisch“ i.S.d. US(Re)Exportkontrollrechts sind und die konkrete Lieferung nach US-Recht genehmigungspflichtig
ist.
B. Unterfällt mein Wirtschaftsgut den US-Ausfuhrbestimmungen?
www.gtai.de
1
Germany Trade & Invest
„Amerikanisch“ i.S.d. US-(Re)Exportkontrollrechts sind im zivilen und Dual-use-Güterbereich
Güter, die den US-Ausfuhrbestimmungen (Export Administration Regulations – EAR)
unterfallen. Den US-Ausfuhrbestimmungen unterliegen vereinfacht gesagt im Regelfall
folgende Güter:
o
o
o
o
o
o
Güter in den USA;
Güter, die über die USA befördert werden;
Güter mit US-Ursprung weltweit (also z.B. auch, wenn in Deutschland belegen);
im Ausland (also z.B. in Deutschland) hergestellte Güter mit US-Anteil, wenn ihr
kontrollierter US-Anteil eine Mindestschwelle (die sog. de minimis-Schwelle, - diese
beträgt 25% im Regelfall, 10% bei Lieferungen in sog. terroristenunterstützende
Staaten -) übersteigt;
im Ausland (also z.B. in Deutschland) hergestellte Waren, die mit US-Software
„gebündelt“ (bundled) wurde, wenn der gebündelte kontrollierte US-Anteil die de
minimis-Schwelle übersteigt;
im Ausland (Deutschland) hergestellte Waren, die gefertigt wurden unter Verwendung
bestimmter sensibler US-Technologie oder Software bei Lieferung in bestimmte Länder
gem. § 736.2(b)(3) EAR, sowie bestimmte Waren, die durch eine Anlage oder einen
größeren Bestandteil einer Anlage außerhalb der USA produziert wurden, die ein
direktes Produkt von US-Technologie oder Software ist i.S.d. § 736.2(b)(3) EAR.
Zu den Gütern, die ausnahmsweise nicht den EAR unterliegen, vgl. §§ 734.3ff. EAR. - Von der
de minimis-Schwelle gibt es Ausnahmen bei bestimmtem besonders sensitivem US-Anteil.
Daneben erfassen die US-(Re)Exportkontrollen z.B. bestimmte Proliferationsaktivitäten von
US-Personen sowie Aktivitäten ausländischer und US-amerikanischer Personen, die durch eine
nach den EAR erlassene Verfügung untersagt wurden.
C. Ermittlung der Genehmigungspflicht nach US-(Re)Exportkontrollrecht
Die Genehmigungspflicht nach US-(Re)Exportkontrollrecht wird nach folgenden Kriterien
ermittelt:
Was wird
(re)exportiert?
Wohin wird
(re)exportiert?
Wer erhält das
Gut?
Wofür wird das
Gut genutzt?
o
I. Was wird (re)exportiert?
Für die Klassifizierung eines Produkts, das den US-Ausfuhrbestimmungen unterliegt, stehen
mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
o
Ermittlung der Klassifizierung:
o Eigenklassifizierung
o Herstellerangabe, z.B. auf Firmenseite im Internet
o Lieferantenabfrage
o Formale Klassifizierungsanfrage an das BIS
www.gtai.de
2
Germany Trade & Invest
o
o
Ist das Produkt auf der Güterkontrollliste (Commerce Control List – CCL) gelistet,
verfügt es über eine amerikanische Ausfuhrlistenposition, eine sog. => Export Control
Classification Number (ECCN).
Ist es nicht gelistet, unterliegt aber den EAR => Klassifizierung als sog. EAR99.
Eine US-amerikanische ECCN ist spiegelbildlich der deutschen/EU Ausfuhrlistenposition
aufgebaut. Wie die EG-Dual-Use-VO verfügt die CCL über zehn Produktkategorien und fünf
Produktgruppen.
© Grafik: Bureau of Industry and Security (BIS)
Fünf Produktgruppen
Gruppe A: Systeme, Ausrüstung und
Bestandteile
Gruppe B: Prüf-, Test- und Herstellungseinrichtungen
Gruppe C: Werkstoffe und Materialien
Gruppe D: Software
Gruppe E: Technologie
Zehn Kategorien
Kategorie O (Kerntechnische Materialien, Anlagen
und Ausrüstung)
Kategorie 1 (Besondere Werkstoffe und Materialien
und zugehörige Ausrüstung)
Kategorie 2 (Werkstoffbearbeitung)
Kategorie 3 (Allgemeine Elektronik)
Kategorie 4 (Rechner)
Kategorie 5 Teil 1 (Telekommunikation)
Kategorie 5 Teil 2 (Informationssicherheit)
Kategorie 6 (Sensoren und Laser)
Kategorie 7 (Luftfahrtelektronik und Navigation)
Kategorie 8 (Meeres- und Schiffstechnik)
Kategorie 9 (Luftfahrt, Raumfahrt und Antriebe)
Ist ein Produkt auf der Commerce Control List (CCL) gelistet, verfügt es über eine
fünfstellige ECCN, z.B. ECCN 3A001. Unterfällt ein Produkt den US-Ausfuhrbestimmungen
(EAR) und ist es nicht gelistet, wird es mit EAR99 gekennzeichnet. EAR99-Güter sind
üblicherweise Verbrauchsgütern geringer Technologiehöhe, wie z.B. Kugelschreiber,
Büroklammern etc. Sie sind das Gros der US-Güter, mit den Worten einer BIS-Sachbearbeiterin
„just everything else“.
II. Wohin wird exportiert?
Die Ermittlung der Genehmigungspflicht für gelistete Güter erfolgt durch den Abgleich der
Listenposition (ECCN) mit der Länderliste (sog. Commerce Country Chart). Ist der in der ECCN
angegebene Kontrollgrund dort für das Zielland angekreuzt, ist die Lieferung grundsätzlich
genehmigungspflichtig, wenn nicht ausnahmsweise eine Genehmigungsausnahme (License
Exception) genutzt werden kann.
www.gtai.de
3
Germany Trade & Invest
Enthält eine ECCN einen nicht in der Länderliste aufgeführten Kontrollgrund, muss zusätzlich
anhand von dessen Voraussetzungen eine mögliche Genehmigungspflicht überprüft werden
(vgl. Teil 742 EAR).
Neben der Genehmigungspflicht anhand des Kontrollgrundes kann sich auch unter den
Aspekten des kritischen Endverwenders, einer kritischen Endverwendung oder des
Embargolandes eine Genehmigungspflicht ergeben (vgl. III. – V.).
Wichtig: Die Sanktionsregelungen des Office of Foreign Assets Control (OFAC) sind
zusätzlich zu den EAR zu beachten. Beispielsweise ist die Lieferung eines Guts, das den USAusfuhrbestimmungen unterliegt, in ein Land, das einem US-Embargo unterliegt, wenn nicht
ohnehin bereits durch die EAR, häufig durch die Sanktionsregelungen des OFAC
untersagt/genehmigungspflichtig.
III. Wer erhält das Gut?
Eine Genehmigungspflicht kann sich auch ergeben, wenn der Endverwender von den
Amerikanern gelistet ist. Die USA haben insbesondere die folgenden Listen als für bedeutsam
bei der Überprüfung der an einer Transaktion beteiligten Partei identifiziert:
o
o
o
o
o
Denied Persons List
Entity List
Specially Designated Nationals List
Unverified List
Debarment List
Die Listen sind hinterlegt in einer konsolidierten Form unter www.export.gov/ecr.
IV. Wofür wird das Gut genutzt?
Für bestimmte kritische Endverwendungen, die sich im Zusammenhang mit biologischen oder
chemischen Waffen, Raketen, kerntechnischen Zwecken, bestimmten maritimen atomaren
Antriebssystemen ergeben, kann der Einsatz von Gütern, die den US-Ausfuhrbestimmungen
www.gtai.de
4
Germany Trade & Invest
unterfallen, einer schriftlichen US-Ausfuhrgenehmigung bedürfen, Part 744 EAR. Unabhängig
davon, ob ein US-Produkt beteiligt ist, benötigen US-Personen stets eine US-Genehmigung für
Tätigkeiten, von denen sie wissen, dass diese unmittelbar der Entwicklung, Herstellung oder
Nutzung biologischer oder chemischer Waffen dienen.
V. Ermittlung der Genehmigungspflicht für nicht gelistete Güter (EAR99)
Eine schriftliche US-Ausfuhrgenehmigung kann grundsätzlich in folgenden drei Fällen beim
Export, Reexport oder Transfer eines nicht gelisteten Guts, das den US-Ausfuhrbestimmungen
unterfällt, erforderlich sein:
o
o
o
Lieferung für kritische Endverwendung, z.B. ABC-Waffen-Verwendung.
Lieferung an kritischen Endverwender, z.B. an Person, die auf der Denied Persons List
gelistet ist.
Lieferung in US-Embargoland, z.B. nach Kuba. Hierbei sind zusätzlich die OFACRegelungen zu prüfen.
D. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht - License Exceptions
Es gibt bestimmte Allgemeingenehmigungen, sog. License Exceptions, die eine bestehende
Genehmigungspflicht für Güter, die auf der CCL gelistet sind, neutralisieren können.
Anwendungsfälle sind z.B. eine Ausfuhr geringwertiger Sachen (LVS), vorübergehender
(Re)Export oder Lieferungen in Länder der Ländergruppe B (GBS).
E. Links
Bureau of Industry and Security beim US-Wirtschaftsministerium, Washington DC, www.bis.doc.gov
Office of Foreign Asset Control, beim US-Schatzministerium, Washington DC, www.treasury.gov/ofac
US-Ausfuhrbestimmungen Export Administration Regulations (EAR),
http://www.bis.doc.gov/index.php/regulations/export-administration-regulations-ear
Commerce Control List (CCL), http://www.bis.doc.gov/index.php/regulations/commerce-control-list-ccl
Änderungen im Federal Register, http://www.bis.doc.gov/index.php/regulations/federal-register-notices
Informationen zur US-Exportkontrollreform, www.export.gov/ecr
Handbuch der Deutschen Exportkontrolle - HADDEX, hrsg. vom Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle, BAFA-Ausfuhrkontrolle: HADDEX
Germany Trade & Invest, Bereich Zoll, US-(Re)Exportkontrolle,
http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Zoll/produkte,did=444932.html
Hinweis: Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Es wird keine
Verantwortung für die Inhalte der Websites, die über die im Text genannten externen
Links erreicht werden, übernommen. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind
ausschließlich deren Betreiber zuständig.
Über Germany Trade & Invest
Germany Trade & Invest ist die Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing der Bundesrepublik
Deutschland. Die Gesellschaft berät ausländische Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit auf den deutschen Markt
ausdehnen wollen. Sie unterstützt deutsche Unternehmen, die ausländische Märkte erschließen wollen, mit
Außenwirtschaftsinformationen.
www.gtai.de
5