Kapitel 2 Kapitel 2 Ordnung und Zugriff: der moderne Staat
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Kapitel 2 Kapitel 2 Ordnung und Zugriff: der moderne Staat
Inhaltsverzeichnis Kapitel 2 Kapitel 2 Ordnung und Zugriff: der moderne Staat Einstiegsdoppelseite Globalisierung – zwei Meinungen 1 Wege zum modernen Staat in Spanien, Frankreich und England Der Hundertjährige Krieg 5 Staatswerdung in Frankreich – Konsolidierung und Krise Richard III. und die Geschichte(n) der Tudors England wird ein Territorialstaat mit einer unabhängigen Kirche 2 Das Heilige Römische Reich und die Habsburger Die Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich Die Heiratspolitik der Habsburger und ihre politischen Folgen 3 Die Grundlegung des europäischen Staatensystems Der große Religionskrieg kündigt sich an Verbreitung protestantischer Reformbewegungen in Österreich Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) Der Westfälische Friede (1648) Das Völkerrecht – ein Ergebnis des Dreißigjährigen Krieges 4 Die Entstehung des Staates Der absolutistische Staat: Ein Begriff wird untersucht Gloire, éclat, divertissement – die Selbstinszenierung des Königs am Hof Im Schatten des Sonnenkönigs – Festkultur der „kleinen Leute“ „La guerre – c’est moi.“ Der Krieg als Motor für die Entstehung des Staates Friedensdenker für ein geeintes Europa 5 Staatliche Konsolidierung im Habsburgerreich Die Türkenkriege und ihre Auswirkungen auf die habsburgische Staatsbildung Das Türkenbild zwischen Furcht und Faszination Maria Theresia und Josef II. – Der Reformabsolutismus stärkt den Staat Der Staat auf der Suche nach seinen Untertanen 6 Längsschnitt: Staat und Wirtschaft Nachdenken über Geld und Wirtschaft Merkantilismus: Jean Baptiste Colbert – „Der Reichtum an Geld“ (17. Jh.) Physiokratismus: Francois Quesnay – „Reiche Bauern, reiches Land“ (18. Jh.) Liberalismus: Adam Smith – „Der freie Markt kann alles regeln“ (18. Jh.) Kapitalismuskritik: Karl Marx – „... die Welt verändern“ (19. Jh.) Ökonomen des 20. Jahrhunderts: John Maynard Keynes, Friedrich August von Hayek und Milton Friedman Arbeiten mit historischen Statistiken 7 „Failed States“ – Wenn Staaten scheitern Transfer-Einheit zum Abschluss von Kapitel 2 Pro und Kontra Gewaltmonopol des Staates „Der Fluch des Indischen Ozeans“ – moderne Piraten im Golf von Aden 1 Informationen – Lösungen – Denkanstöße 2 Ordnung und Zugriff: der moderne Staat Themen und Aufbau Konzept- bzw. aspektorientiertes Thema: Die politische Organisation des modernen Staates Aspektorientierter Längsschnitt: Wirtschaftstheorien vom Beginn der Neuzeit bis zur Gegenwart Methodenorientiertes Thema: Arbeiten mit historischen Statistiken Gegenwartsbezug als Kapiteleinstieg: Foto aus dem Jahr 2000, ein deutscher Grenzbeamter bei einer Passkontrolle am deutsch-polnischen Grenzübergang Schwedt (2000) Seit dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens (1995) gibt es innerhalb des Schengen-Gebietes keine Personenkontrollen mehr, die Schengen-Außengrenzen hingegen werden streng überwacht. – Gegenüberstellung von wissenschaftlichen Aussagen über den modernen Staat und seine Kennzeichen und Aussagen von Schülerinnen und Schülern. In den Kapitelabschnitten werden die Entwicklungen zum modernen Staat in Spanien, Frankreich und England, die Probleme des Heiligen Römischen Reiches und der habsburgischen Länder sowie die Grundlegung des europäischen Staatensystems nach dem Dreißigjährigen Krieg dargestellt. Anhand der Beispiele Frankreich und Habsburgerreich wird der absolutistische Staat mit seinen weitgehenden Zugriffsmöglichkeiten auf die BürgerInnen präsentiert und seine Bedeutung für die Entwicklung des modernen Staates verdeutlicht. Der Längsschnitt „Staat und Wirtschaft“ stellt wichtige Wirtschaftstheorien vor, die seit Beginn der Neuzeit parallel zur Entwicklung des modernen Staates entstanden. In verschiedenen Epochen wurden unterschiedliche Lösungsansätze für ökonomische Probleme gesucht und gefunden, die mehr oder weniger staatliche Einflussnahme vorsehen. Der Längsschnitt macht auch die enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik deutlich. Seit dem Entstehen des modernen Staates werden die BürgerInnen statistisch immer genauer erfasst; in Kapitel 2 wird daher die Methode „Arbeiten mit historischen Statistiken“ präsentiert. In der Transfereinheit am Kapitelende wird am Beispiel Somalias das Scheitern eines Staates behandelt. Einstiegsdoppelseite Seite 50/51 Lösungsvorschläge Bildinformationen: Foto aus dem Jahr 2000, ein deutscher Grenzbeamter bei einer Passkontrolle am deutsch-polnischen Grenzübergang Schwedt (2000) Ein deutscher Grenzschutzbeamter kontrolliert die Identität der Ein- bzw. Ausreisenden (Passkontrolle). Das Foto entstand entweder vor Inkrafttreten des Schengen-Abkommens oder an einer Schengen-Außengrenze. Begründung: Passkontrolle, Kleidung, Emblem an der Uniform (Deutschland), Kolonne wartender Autos … Der Grenzschutzbeamte wirkt konzentriert (prüfender Blick), die Autolenkerin könnte gelangweilt oder müde sein. Ein Staat ist ein von anderen Staaten umgebenes Territorium, das Überschreiten der Grenzen zwischen Staaten wird durch Gesetze geregelt. Mögliche Antworten: sinnvoll: Sicherheit, Bildung, Sozialgesetzgebung, Sicherung von Rechten der BürgerInnen, Kontrolle von Ein- und Ausreise, Ausgabe von Identitätsnachweisen, Mitgestaltung durch das Wahlrecht, Unterstützung bei Vermisstensuche; nicht sinnvoll: Machtmissbrauch der staatlichen Organe, Missbrauch des Gewaltmonopols, keine oder ungenügende Leistungen des Staates (Sicherheit, Infrastruktur, soziale Sicherheit, Bildung …) Wenn es keinen Staat gäbe, dann könnte jede/r ohne Konsequenzen tun und lassen, was er/sie möchte. Wenn es keinen Staat gäbe, dann würde die Sicherheit der BürgerInnen nicht durch Polizei und Militär gewährleistet. Wenn es keinen Staat gäbe, dann würde jeder Mensch nur an sich selbst denken. Wenn es keinen Staat gäbe, dann würde Anarchie herrschen. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 2 In Österreich 2012: Transparenzdatenbankgesetz; Elektronische-Gesundheitsakte-Gesetz (ELGA) Möglichkeiten: weltweite Suche nach vermissten oder entführten Personen; müheloses Ein- und Ausreisen (vor allem in EU-Mitgliedsstaaten); Probleme: illegale Einreise und illegaler Aufenthalt in einem Staat absolut(istisch)er Staat: In einem absoluten Staat übt eine einzelne Person die Staatsgewalt aus; die wichtigsten altständischen Institutionen (Generalstände, Parlamente, Reichstage) sind entmachtet. Der absolute Monarch herrscht kraft eigenen Willens; er steht über allen anderen Individuen und Institutionen (Körperschaften, Versammlungen, Gerichten) seines Reiches und selbst über dem Gesetz (Prinzip „princeps legibus solutus“ = der Fürst ist durch die Gesetze nicht gebunden). (Vgl. Werner Goldschmidt: Staat/Staatsformen, in: H. J. Sandkühler (Hg.): Enzyklopädie Philosophie, Bd. 2, Hamburg 1999.) Nationalstaat: So werden Staaten bezeichnet, deren BürgerInnen selten zur Gänze, oft aber zum allergrößten Teil der gleichen Nation angehören. Vorhandenen Minderheiten werden allenfalls bestimmte Rechte eingeräumt. (Vgl. http://evakreisky.at/2005/fse05/glossar/nationalstaat.pdf, Jänner 2013); demokratischer Verfassungs- und Wohlfahrtsstaat: Ein Verfassungsstaat ist ein „Staat, in dem die Ausübung der Staatsgewalt an die Rechtsschranken einer Staatsverfassung gebunden ist. Grundsätze des Verfassungsstaats sind: Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Bindung der Verwaltung an gesetzliche Ermächtigungen, Rechtsschutz.“ (http://www.enzyklo.de/lokal/42303, Jänner 2013) „Der Wohlfahrtsstaat entstand – parallel zum Sozialstaat – als Grundmodell der Sozialpolitik moderner Wettbewerbsgesellschaften in den angelsächsischen und skandinavischen Ländern. In ihm genießt die staatliche Verantwortung für die Gewährleistung grundlegender Menschenrechte („sozialer Grundrechte“) und für die Daseinsvorsorge seiner Einwohner bei der grundsätzlichen Ausgestaltung der Sozialpolitik Vorrang vor der individuellen Eigenvorsorge.“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/wohlfahrtsstaat.html, Jänner 2013) Der moderne Staat – objektiv und subjektiv Seite 52 Lösungsvorschläge Zuordnung wissenschaftliche Aussagen, SchülerInnen-Aussagen: Der Staat erstreckt sich auf ein Territorium […]: Maximilian S., 17 Jahre Die Ordnung des Staates ist nicht [von Gott] vorgegeben […]: Mario L., 18 Jahre Ein Staat benötigt Mitglieder […]: Steffi P., 16 Jahre Moderne Staaten sind Demokratien […]: Maria K., 16 Jahre Der Staat zeichnet sich durch besondere Funktionen aus […]: Noah K., 17 Jahre Der Staat verfügt über die Macht […]: Maria-Anna W., 16 Jahre Beispiele für persönliche Erfahrungen: Für Auslandsreisen ist ein Personalausweis oder Pass nötig, kostenloser Besuch einer öffentlichen Schule (Funktionen des Staates); Vergehen gegen die Gesetze, z. B. Diebstähle, Körperverletzung usw., werden geahndet (Staatsgewalt); Mitbestimmung dank Wahlrecht (Demokratie); Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft (Nationalstaat) etc. 1 Wege zum modernen Staat in Spanien, Frankreich und England Seite 54 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1. Kartenarbeit: Als geschlossene Territorien existierten das heutige Frankreich, Portugal, England, und Spanien; diese Staaten befinden sich in Westeuropa. 2. Kartenarbeit: Das Heilige Römische Reich war kein geschlossenes Territorium. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 3 1.1 Der Hundertjährige Krieg Seite 55 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Jeanne d’Arc Rückeroberung von Territorien unter englischer Herrschaft Entstehung eines „vornationalen“ Zusammengehörigkeitsgefühls in der Auseinandersetzung mit einem äußeren Gegner heroisierte Führerfigur der Jeanne d‘Arc Reconquista Rückeroberung von Territorien unter arabischer Herrschaft Entstehung eines „vornationalen“ Zusammengehörigkeitsgefühls in der Auseinandersetzung mit einem äußeren Gegnerheroisierte Figur des El Cid (im Buch nicht erwähnt) 2 Vorteile: gemeinsames Auftreten und Einstehen bei Sport- und Kulturveranstaltungen; Wahrung der Kultur, der Sprache; Nachteile: Ausgrenzung von Minderheiten … Hinweis: Zur Pro-Contra-Debatte ► GO! 6, S. 44–47. 1.2 Staatswerdung in Frankreich – Konsolidierung und Krise Seite 56 f. Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Reduktion des Einflusses der Adeligen; Nutzung neuer Kriegstechniken (Schießpulver, Fußsoldaten = Musketiere, Artillerie); Ausbau der königlichen Macht durch stehendes Heer, Rückgewinnung der großen Lehen (vor allem von Burgund) unter Einsatz aller Mittel (Heiratspolitik, Täuschung, Gewalt); Abschaffung feudaler Hofämter und Ersatz durch königliche Beamte aus dem niederen Adel 2 Keine Einberufung des Parlaments für 150 Jahre unter den Tudors. Wiederaufnahme der parlamentarischen Tradition erst im 17. Jahrhundert: Die Stuarts orientierten sich zwar am französischen Vorbild (Absolutismus) und fühlten sich daher nur Gott verantwortlich. Geld- und Machtmangel zwangen sie aber dazu, das Parlament wieder einzuberufen. Dieses beschloss jedoch Gesetze, die die Macht des Königs einschränkten. Schließlich kam es zum Bürgerkrieg, in dem Charles I. unterlag. England wurde Republik. Nach dem Ende von Cromwells Herrschaft Einsetzung des Königs Charles II. Unter William von Oranien Anerkennung der „Bill of Rights“ (1689). Die „Bill of Rights“ schränkt die Macht des Königs ein; Könige und Parlament sind nun gleichwertige „Vertragspartner“. Die „Bill of Rights“ gilt als erste Verfassung Englands. Korrektur des Verweises auf GO! 5: Der Abschnitt „Mitbestimmung im England der Frühen Neuzeit“ findet sich in GO! 5, S. 146 f. 3 England Auseinandersetzungen zwischen Krone und Adel führen zur kurzfristigen Abschaffung der Monarchie Puritanische Kräfte beherrschen die Republik unter Cromwell Durchsetzung der „Bill of Rights“ (Kodifizierung der Rechte des Parlaments) im Zuge der „Glorious Revolution“ (Thronbesteigung des protestantischen Herrschers William von Oranien) Englische Calvinisten (Puritaner) bereiten also im 17. Jh. demokratische Traditionen vor © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 Frankreich Französische Hugenotten (Calvinisten) verbündeten sich mit dem Adel gegen den König, aus dem folgenden Bürgerkrieg ging aber das Königshaus siegreich hervor Blutige Verfolgung der protestantischen Hugenotten, die als unloyal galten (Bartholomäusnacht 1572) 4 1.3 Richard III. und die Geschichte(n) der Tudors Seite 58 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Bildanalyse: Wirkung des Bildes: unheimlich, rätselhaft, gleichzeitig aber idealisierend; mögliche Fragen: Wer sind die abgebildeten Personen? Schlafen die beiden Kinder? Was hat der Mann am Bett vor? Wer ist der Mann hinter ihm? Was wird geschehen, weshalb? Bildinhalte: auf dem Bett zwei schlafende Knaben, am Bettrand ein erregt wirkender Mann, der seine Hände in die zurückgeschlagene Decke „krallt“, hinter ihm ein weiterer Mann mit einem nicht genau erkennbaren Gegenstand in der Hand; neben den Kindern ein Rosenkranz und ein Buch (vielleicht eine Bibel), am Fußende des Bettes Kleidungsstücke oder Decken; die beiden Kinder sind angekleidet und nicht zugedeckt. Einsatz des Lichtes: Die Kinder und der am Bett stehenden Mann wirken wie mit einem Scheinwerfer angeleuchtet; der zweite Mann steht im Schatten. Den Hintergrund der Tat lässt der Maler im wörtlichen Sinne im Dunklen. 2 Bildinterpretation: Die beiden Kinder werden als unschuldige Opfer dargestellt ( z. B. zärtliche Umarmung, rosige Gesichter, engelhafte Locken des jüngeren Knaben; Helligkeit), die beiden Männer als „dunkle Täter“ (Gesichtsausdruck, Handhaltung des Mannes am Bett, Dunkelheit). 1.4 England wird ein Territorialstaat mit einer unabhängigen Kirche Seite 59 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Heinrich VIII. bediente sich der Reformation zur Vergrößerung seiner Macht: Mehrung des Reichtums durch die Aufhebung der Klöster, Intensivierung der königlichen Autorität durch seine Stellung als Oberhaupt der Kirche, Einfluss in innerkirchlichen Angelegenheiten (Amtsvergabe), Instrumentalisierung reformierter Kreise für eigene Zwecke. Der französische König hingegen bekämpfte die Reformation (Hugenottenverfolgung) und stärkte so seine Stellung. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 5 2 Das Heilige Römische Reich und die Habsburger 2.1 Die Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich Seite 60 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Reichsverfassung Vorteile: Beschränkung der kaiserlichen Macht Mitspracherechte bestimmter Einzelpersonen/Personengruppen (Reichsstände, Kurfürsten …) Nachteile: großer Einfluss der katholischen Kirche in der Politik, infolgedessen eingeschränkte Souveränität Verfassungen der Flächenstaaten Vorteile: Macht des eigenen Staates erhalten und erweitern Ausdehnung des Territoriums Steigerung der Bevölkerungszahlen Nachteile: Plünderungen, Kriege, Gewalt 2 Lösungsvorschlag: Ich würde lieber in einem Staat mit Reichsverfassung leben, da mir dort, sofern ich einer privilegierten Gruppe angehöre, ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen gewährt wird. 2.2 Die Heiratspolitik der Habsburger und ihre politischen Folgen Seite 61 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Maximilian I. ∞ Maria von Burgund Philipp I. ∞ Juana von Kastilien und Aragon Ludwig II. von Böhmen und Ungarn ∞ Maria Juan von Kastilien und Aragon ∞ Margarethe Ferdinand I. ∞ Anna von Böhmen und Ungarn Anmerkung: In GO! 6 werden die Namen der Kinder Maximilians I. und ihrer spanischen EhepartnerInnen nicht erwähnt. Auch Maximilians Enkelin Maria wird nicht namentlich angeführt. Im Stammbaum sind die Habsburger durch Fettdruck hervorgehoben. 3 Literaturtipp: Hamann, Brigitte (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. München 1988 . Linktipp: www.habsburger.net/ © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 6 3 Die Grundlegung des europäischen Staatensystems 3.1 Der große Religionskrieg kündigt sich an Seite 62 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Darstellung der Gegner: Die protestantischen Fürsten seien gewalttätig und auf Vernichtung ihrer Gegner aus. – Argumente für den Krieg: Er habe alles versucht, den Konflikt zu entschärfen; nun sei Gewalt nötig, um wieder erträgliche Zustände zu schaffen. 2 Reiche: Heiliges Römisches Reich, Frankreich, Osmanisches Reich; Orte: Mühlberg, Innsbruck Siehe auch Kopiervorlage im Anhang. 3.2 Verbreitung protestantischer Reformbewegungen in Österreich Seite 63 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Beschreibung: Bernkop ist an einen Pfosten gekettet, er trägt nur ein Tuch um die Hüften, Oberkörper und Beine sind nackt. Neben ihm brennt ein Scheiterhaufen, ein kniender Mann schürt das Feuer. Rechts im Bild sind Vertreter der Kirche (in Kutten) und der weltlichen Macht (zu Pferd) zu sehen. Schaulustige beobachten das Schauspiel. Im Hintergrund erkennt man eine Stadt (Kirchen, Stadtmauer). Ähnliche Darstellungen gibt es von Hexenverbrennungen. 2 Mögliche Absichten des Auftraggebers: Leonhard Bernkop ehren, an ihn erinnern; einen Missstand anklagen; die Verfolger als grausam darstellen. 3 Keine Musterlösung möglich. Literaturtipp: Packull, Werner O. (2000): Die Hutterer in Tirol. Frühes Täufertum in der Schweiz, Tirol und Mähren. Wagner, Innsbruck. 3.3 Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) Seite 64 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Beispiele aus dem 20. und 21. Jh.: Nahostkonflikt, Bürgerkrieg in Syrien 2 Der Krieg wurde immer grausamer; die Kriegshandlungen und marodierende Söldner verwüsteten das Reich; die Kriegsparteien hatten keine klaren Zielsetzungen mehr. Seite 65 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: Heute ist etwas Schreckliches passiert. Söldner sind auf unseren Hof gekommen, haben uns geschlagen, das Haus und die Ställe geplündert und meinen Mann schwer verletzt. Einer der Männer hat die Magd erstochen und auch den Knecht haben sie umgebracht. Meine Tochter und ich konnten einen Soldaten gerade noch daran hindern, meinen Mann zu töten. Unser Sohn konnte entkommen und sich verstecken. Es war einfach schrecklich! Die Soldaten haben fast alles gestohlen, was wir besaßen, auch unsere Hühner und Gänse haben sie mitgenommen. Sie wollten alles Wertvolle an sich reißen, und zerstören, zerstören … Es war furchtbar… © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 7 2 Mögliche Motive Textquelle und Bildquelle: Mitgefühl für die Opfer der Gräueltaten wecken, Abscheu und/oder Angst vor den Söldnern hervorrufen, Dokumentation der Ereignisse (Text), Erinnerung an das Geschehen wachhalten (Bild) 3.4 Der Westfälische Friede (1648) Seite 66 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Die Herrscher werden als unbeholfene Tänzer dargestellt, die in einem Ballsaal dem kritischen Blick der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Der Spottbildcharakter entsteht durch die wenig vorteilhafte Darstellung der Herrscher und wird durch den Begleittext noch unterstrichen. Das Flugblatt kritisiert die Herrschenden, die sinnlos Krieg, Not und Unglück stiften. 2 Mögliche Bildunterschrift: „Lasset die europäischen Kriegsmächte tanzen!“ 3.5 Das Völkerrecht – ein Ergebnis des Dreißigjährigen Krieges Seite 67 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gemäldes war Grotius bereits verstorben. Der Maler fand jedoch, dass Grotius, der maßgeblich zum Friedensschluss beigetragen hatte, einen Platz im Gemälde verdiene und “verewigte“ ihn in Form einer steinernen Grabfigur im Bild. 2 Es ist verboten, Personen zu töten oder zu verletzen, die sich ergeben oder sich außer Gefecht befinden. Jede Person genießt grundlegenden Rechtsschutz. Kein Mensch darf für eine Tat verantwortlich gemacht werden, die er nicht begangen hat. Niemand darf physischer oder psychischer Folter oder gewalttätiger, grausamer und erniedrigender Behandlung unterworfen werden. Anregung: gemeinsam Klassenregeln aufstellen 4 Die Entstehung des Staates 4.1 Der absolutistische Staat: Ein Begriff wird untersucht Seite 69 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Textquellenanalyse: Souveräne Herrscher sind Gottes Abbild und Statthalter auf Erden; wichtigstes Merkmal der fürstlichen Souveränität ist die Befugnis, allgemeingültige Gesetze zu erlassen. Legitimation: Die absolute Herrschaftsform ist gottgewollt. Rechte des Königs: Erlassen von Gesetzen (das allen anderen übergeordnete Recht), Entscheidung über Krieg und Frieden, Ernennung und Absetzung von Beamten, Besteuerung, Begnadigung, Münzprägung und Festsetzung des Geldwerts, Recht auf Treueide der Untertanen und Vasallen, „Recht der letzten Instanz“ (d. h. die Entscheidungen des Herrschers sind nicht anfechtbar) 2 Machtverteilung, absolutistischer Staat: die Macht des Monarchen gilt als gottgegeben und kann nicht in Frage gestellt werden; der Monarchist das Zentrum des Staates, er regiert, erlässt Gesetze, hält Gericht, lenkt die Wirtschaft, beaufsichtigt die Beamten, erteilt der Armee Befehle usw. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 8 Machtverteilung, demokratischer Staat: die Macht geht vom Volk aus und ist revidierbar (allgemeines und gleiches Wahlrecht, regelmäßige Wahlen); Gewaltenteilung: Regierung [Exekutive], Parlament [Legislative] und Gerichte [Judikative], „vierte Gewalt“ (freie Medien); Garantie der Grundrechte des/der Einzelnen gegenüber dem Staat, gegenüber Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppen (insbesondere religiösen Gemeinschaften) 3 Neuere Forschungen gehen davon aus, dass man für das frühmoderne Frankreich nicht von „absoluter“ Herrschaft, sondern von einer „Verdichtung von Herrschaft“ sprechen sollte, da der Einfluss der Stände nie ganz beseitigt werden konnte; es gab nicht nur Befehle von „oben“ nach „unten“, sondern eine Zusammenarbeit zwischen „Zentrale“ und „regionalen Eliten“; die Herrschaftsausübung war an das Recht gebunden 4 Im Mittelpunkt dieses Herrscherporträts steht der Sonnenkönig. Sein Gesicht ist dem Betrachter/der Betrachterin zugewandt. Die rechte Hand stützt sich auf ein Szepter, im Hintergrund ist die Krone zu sehen. Seine linke Hand stemmt Ludwig XIV. in die Hüfte. Der König trägt ein mit Edelsteinen verziertes goldenes Schwert. Er trägt einen wertvollen Mantel, der mit Hermelinpelz gefüttert ist und goldene Lilien auf blauem Samt aufweist (Emblem der Bourbonen). Der Sonnenkönig steht auf einem Podest vor seinem Thron. Der Ausfallschritt unterstreicht die Herrscherpose. Auch die roten Absätze waren damals dem Herrscher und hohen Adeligen vorbehalten und weisen damit auf Ludwigs Rang hin. Auftraggeber war Ludwig XIV. selbst. Das übergroße Gemälde (Höhe ca. 2,77m und 1,94 m breit) diente der Repräsentation und politischen Propaganda. 5 Die Epochenbezeichnung „Zeitalter des Absolutismus“ trifft etwa für Frankreich, Russland, Preußen, Spanien etc. zu. 4.2 Gloire, éclat, divertissement – die Selbstinszenierung des Königs am Hof Seite 70 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Keine Musterlösung möglich. Anmerkung: Von der Mitte des 17. bis Ende des 18. Jhs. war das Menuett der wichtigste höfische Gesellschaftstanz und bildete den Höhepunkt jedes Festes. 2 Ludwig XIV. unterstreicht mit dieser Selbstdarstellung seine zentrale Position im französischen Staat und seine Macht. Das Symbol der Sonne steht für sein politisches Programm: Die Sonne ist einzigartig und verleiht den anderen Sternen Licht – der Monarch steht über allen, auch über dem Adel; die Menschen, mit denen er sich umgibt, sind ohne ihn bedeutungslos. Die Sonne verteilt ihr Licht gerecht (so wie der König seine Gunst); sie hat wohltätige Wirkung, regt zu Leben, Freude, Tätigkeit an (merkantilistische Wirtschaftstheorie). Die Sonne ist immer in Bewegung, scheint aber ruhig, ihr Lauf ist unveränderlich; dies verweist auf die Stabilität der königlichen Herrschaft. 3 Beide Herrscher instrumentalisieren Kunst und Religion, um ihre Macht zu zeigen und zu festigen. Beide Herrscher wollten Zeugnisse ihrer Persönlichkeit und Herrschaft hinterlassen. Die Ausgangspositionen Ludwigs XIV. und Augustus’ sind jedoch unterschiedlich: Die Bourbonen, stellten seit 1589 die französischen Könige; Ludwig musste seine überragende Stellung nicht rechtfertigen, nur ausdrücken. Augustus hingegen musste seine Herrschaft gegenüber einer Adelsschicht, die republikanische Ideen vertrat, legitimieren und durchsetzen. Korrektur des Verweises auf GO! 5: Die Informationen über Augustus finden sich in GO! 5, S. 70 ff. 4 Keine Musterlösung möglich. Methodenvorschlag: Imagekampagne für eine Personengruppe in der Klasse erarbeiten (z. B. Klassensprecherwahl; Schulsprecherwahl) © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 9 4.3 Im Schatten des Sonnenkönigs – Festkultur der „kleinen Leute“ Seite 71 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Siehe Kopiervorlage im Anhang 2 höfischer Tanz: nur für Adelige, gesittet, kultiviert, geordnet (festgelegte Schritte und Figuren) Tanz am Dorf: für das „einfache Volk“, schnell, ausgelassen, wild („Herumschwingen und Verdrehen“), schweißtreibend 3 Die Festkultur wird durch Erlässe und Verordnungen geregelt. Den „einfachen Leuten“ wird etwa vorgeschrieben, wie sie zu tanzen haben und wie sie dabei bekleidet sein müssen. 4.4 „La guerre – c’est moi.“ Der Krieg als Motor für die Entstehung des Staates Seite 72 Lösungen zu Fragen & Antworten 1 Söldnerheer = eine Armee bezahlter Soldaten, die bei Bedarf angeworben werden; stehendes Heer = jederzeit einsatzbereite Armee; allgemeine Wehrpflicht = Pflicht der (meist nur männlichen) Staatsbürger, eine bestimmte Zeit in der Armee zu dienen; im Kriegsfall können Wehrpflichtige eingezogen werden. 2 In der Frühen Neuzeit entstanden neue Formen militärischen Drills, um den Einsatz von Handfeuerwaffen effizienter zu gestalten; die Notwendigkeit besserer Ausbildung förderte die Tendenz zur Bildung stehender Heere und damit zu einer Vereinheitlichung der Truppen, der Uniformen und der Ausbildung; Krieg wurde zu einem Motor für die Entstehung des Staates (Machtinstrument, sehr kostenintensiv -> Impuls für die Durchsetzung des Steuermonopols) 3 Keine Musterlösung möglich. 4 Keine Musterlösung möglich. 4.5 Friedensdenker für ein geeintes Europa Seite 73 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Zusammenfassung der Vorschläge für die Friedenssicherung: Festsetzung von Regeln für die internationalen Beziehungen durch ein gesamteuropäisches Gremium (Parlament/Reichstag/Staatenhaus), das auch Streitfälle schlichtet (Penn) Staatenbund zur Erhaltung des Friedens; Sicherung der Rechte der schwächeren/kleineren Staaten; Aufrechterhaltung des Welthandels, Streitschlichtung durch ein Schiedsgericht (Saint-Pierre) Toleranz (Voltaire) 2 Voltaire sieht den Vorschlag Saint-Pierres als zum Scheitern verurteilt. Ähnlich wie sich fleischfressende Tiere gegenseitig zerreißen, würden sich Herrscher bei der ersten sich bietenden Gelegenheit bekämpfen, das entspräche der menschlichen Natur. 3 Herrschaftsgebiete/Grenzen auf der Strecke von Hamburg nach Rom im 17. Jh.: Königreich Braunschweig-Lüneburg, Königreich Hessen, Pfalz, Königreich Württemberg, Königreich Bayern, Tirol, Mailand. Grenzen heute: Seit Inkrafttreten des Schengener Abkommens 1995 wurden die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft. Auf dem Landweg Reisende müssen auf der Strecke von Hamburg nach Rom hat keine Grenzkontrolle durchlaufen. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 10 5 Staatliche Konsolidierung im Habsburgerreich 5.1 Die Türkenkriege und ihre Auswirkungen auf die habsburgische Staatsbildung Seite 74 f. Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Laut dem Historiker Hans Sturmberger war der „ständige Druck aus dem Osten gleichsam ein Motor für die Staatswerdung Österreichs“ (► GO! 6 Seite 74). Auswirkungen der sogenannten Türkenkriege: Zentralisierung und Stärkung der Macht des Landesfürsten (► GO! 6 Seite 191: „Zentralismus“, Konzentration der Regierungsgewalt eines Staates an einer Stelle, im Gegensatz zum Föderalismus und zur Autonomie), um die Kriegsführung gegen die Osmanen zu ermöglichen Festlegung der Unteilbarkeit der habsburgischen Länder und der Primogenitur-Erbfolge (Kaiser Ferdinand II., 1621) Erleichterung der Verbreitung protestantischer Reformbewegungen 2 Beispiele: Reichskanzler Fürst von Bülow sprach sich in seiner Rede im Reichstag 1909 für ein Bündnis des Deutschen Reichs mit Österreich-Ungarn ( Mittelmächte), gegen die Entente (Großbritannien, Frankreich, Russland) aus Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg (1775–1783): 13 nordamerikanische Kolonien verbündeten sich gegen die britische Kolonialmacht, um ihre Forderungen zu behaupten ( 1776 Unabhängigkeitserklärung der USA) Die Athener verbündeten sich (um 480 v. Chr.) mit den Spartanern gegen die Perser unter König Xerxes I. 5.2 Das Türkenbild zwischen Furcht und Faszination Seite 75 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: Im Mittelpunkt steht die „gewaltsame Verschleppung von Christen in die Sklaverei“ (nackte Frau auf dem Pferd des Entführers, Gefangene und Tiere werden weggetrieben). Grundlage des Holzschnittes könnten reale Kriegserfahrungen, aber auch Negativbilder der Osmanen als barbarisches Kriegsvolk aus Flugblättern oder antitürkische Streitschriften gewesen sein. Die Darstellung gut gekleideter Soldaten (im Vordergrund) und eines gut organisierten Angriffs (Bildhintergrund) zeigt die Stärke des osmanischen Heers. Ähnlich wie in einigen Darstellungen des Dreißigjährigen Kriegs wird das Leid der vom Krieg betroffenen Bevölkerung gezeigt. 2 „Die Entführung aus dem Serail“, Handlung: Konstanze, eine junge Spanierin, wird von Seeräubern entführt. Auf einem Sklavenmarkt wird sie von Bassa Selim, einem zum Islam konvertierten Christen, gekauft. Als Konstanzes Verlobter Belmonte erfährt, wohin sie verschleppt wurde, versucht er, sie zu befreien. Belmonte wird gefasst. Bassa Selim verzichtet aber darauf, die Liebenden zu bestrafen und lässt sie frei. Mögliche Schlussfolgerungen: „Osten“ und „Westen“ sollten sich mit Toleranz und Verständnis begegnen, wer sich mit dem „Fremden“ auseinandersetzt, erweitert seinen Horizont und fördert Toleranz im Umgang mit Neuem. Durch Kontakt können Berührungsängste mit dem (noch) Unbekannten abgebaut werden. 3 Lösungsvorschlag: Alle vier Gegenstände stammen aus der osmanischen Kultur, ihr Ursprung wird jedoch kaum reflektiert. Beispiel Tulpe: Die Osmanen züchteten die Tulpe und kultivierten sie für ihre Gartenanlagen. Seit der Zeit Mehmets IV. (1648–1687) gab es eine Tulpenliste, in der die teuersten Sorten angeführt wurden. Die „Aufzeichnungen eines Istanbuler Tulpenzüchters“ aus der Feder von Ali Amiri Efendi Kutuphanesi zählen 1108 Tulpenarten auf, die um 1700 in Konstantinopel bekannt waren. Ogier Ghiselin de Busbecq (1522–1592), der Gesandte Kaiser Ferdinands I. in Konstantinopel, schickte erstmals Tulpenzwiebeln nach Europa. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 11 5.3 Maria Theresia und Josef II. – Der Reformabsolutismus stärkt den Staat Seite 76 f. Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: Herrschaftsverständnis im Absolutismus: Herrschende sehen sich ausschließlich als Herrscher von Gottes Gnaden; sehen für sich keine Verantwortung für das Wohl ihrer Untertanen; ver(sch)wenden die eingehobenen Gelder für persönlichen Luxus (Bsp. „Sonnenkönig“ Ludwig XIV.) Herrschaftsverständnis im Reformabsolutismus: Herrschende verstehen sich auch als erste Dienerinnen und Diener ihrer Staaten; sehen es als ihre Pflicht an, sich um das Wohlergehen der Untertanen zu kümmern (siehe Quelle Seite 76); haben kein Recht, Steuergelder zu verschwenden (siehe Quelle Seite 76) 2 Lösungsvorschlag: Kritik, Bereich Religion: Beschränkung der traditionellen katholischen Feiertage, die arbeitsfrei waren (Feiertag abbringen); Duldung der protestantischen und griechisch-orthodoxen Religionsgemeinschaften (viel lutherische Tempeln baut man), Toleranzpatent für die jüdische Religionsgemeinschaft (wird im Lied nicht erwähnt). Kritik, Bereich Steuern/Verwaltung: Bürokratisierung/neue Steuern (will man alles stempeln), Erfassung von Immobilieneigentum zum Zwecke der Versteuerung (man numeriert die Häuser/Beschreibet große und klein, man misst auch ab die Felder, die Güter allesamt, die Weinberg, Wiesen, Wälder) 3 Lösungsvorschlag: Den Menschen wurden mehr Rechte zugestanden – dadurch sank das Bedürfnis, sich gegen die Herrschenden aufzulehnen (Aufhebung der Leibeigenschaft, Erweiterung der Freizügigkeit der Bauern). 5.4 Der Staat auf der Suche nach seinen Untertanen Seite 78 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: 1776 wurde die Anzahl der Christen und Christinnen sowie der Juden und Jüdinnen in verschiedenen Regionen der Habsburgermonarchie erhoben. Der Tabellenausschnitt erfasst über fünf Millionen Christinnen und Christen, von denen der Großteil in Galizien (2 480 885) lebte. Der Anteil an Männern und Frauen war relativ ausgeglichen: Es wurden 2 374 448 Männer und 2 402 092 Frauen gezählt. Der größte Teil der Männer war jünger als 17 Jahre (894 810). 2 Bevölkerungszahl ehemalige Habsburgergebiete, Oktober 2012: Österreich 8.443.018, Ungarn 9.957.731, Slowakei 5.404.322, Tschechische Republik 10.505.445; Nordost-Italien 11.625.069 (2011) [z.B. Region Bozen 507.657 (2011) und Region Trient 529.457]; West-Polen: Opolskie 1.028.585 (2011) und Dolnoslaskie 2.877.840 (2011) ca. 50 Millionen Menschen leben heute auf dem ehemaligen Gebiet der Habsburgermonarchie. Zur Zeit der Volkszählung 1785 waren es die Hälfte (gut 24 Millionen. Ergänzung: Bevölkerungszahl Europas 2011: ca. 740 Millionen. Linktipps: Weltbevölkerungsuhr: www.weltbevoelkerung.de/uhr Eurostat-Statistiken: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/ [Reiter: Statistiken] 3 Lösungsvorschlag: Belegbar: mehr Kinder gingen in die Schule; mehr Menschen wurden alphabetisiert; auf Disziplin wurde viel Wert gelegt (Ehrenbuch für „brave“ Kinder, Beschämungen, Züchtigungen, Schandbuch für „schlimme“ SchülerInnen); Nicht belegbar: arbeitsame und gehorsame Untertanen wurden herangezogen (Seite 78) © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 12 4 Lösungsvorschlag, Folgen der Auswirkungen von statistischer Datenerfassung: Informationszuwachs für die herrschenden, die nun wussten, wie viele Menschen in ihrem Territorium lebten und arbeiteten, welche Berufe sie hatten, wie viele Kinder, Frauen und Männer, wie viele SteuerzahlerInnen, Arbeitskräfte und potenzielle Rekruten es gab, welcher Religion die Menschen angehörten usw. Die Herrschenden konnten dieses Wissen sowohl zum Wohl Ihrer Untertanen als auch zu ihrem Schaden einsetzen. 5 Lösungsvorschlag: persönliche Krankheitsgeschichte, regelmäßig einzunehmende Medikamente, private Fotos usw. 6 Längsschnitt: Staat und Wirtschaft 6.1 Nachdenken über Geld und Wirtschaft Seite 80 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Alle gesuchten Begriffe finden sich im Lexikon, Seite 188 ff. 2 Der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Senf vergleicht den Glauben an die ökonomische Vernunft mit religiösen Überzeugungen. Der Glaube an die ökonomische Vernunft beeinflusse die gesamte Gesellschaft: Wirtschaft, Politik, Bildung usw. 3 Nach Stiglitz ist „Geld […] zum Maßstab für Richtig und Falsch geworden.“ Die Wirtschaft präge die Gesellschaft in zunehmendem Ausmaß. Ein Symptom dafür sei die Überbewertung bestimmter Berufe [Bankwesen], während andere [LehrerIn, Ärztin oder Arzt, WissenschaftlerIn] unterbewertet und daher schlechter bezahlt seien. 4 Textpassagen aus den Quellen: T1 (B. Senf): Der Glaube an die ökonomische Vernunft ist längst zu einer neuen Weltreligion geworden […]. Nur wird diese Weltreligion nicht in den Kirchen gepredigt, sondern in den Universitäten und Fachhochschulen; und die Quintessenz ihres Glaubens ist längst eingeflossen in die Schulbücher, in die Massenmedien und in das Denken und Handeln von Politikern und Gewerkschaftlern. T2 (J. E. Stiglitz): Es ist doch offensichtlich, dass der Finanzsektor nicht nur unsere Wirtschaft verzerrt hat, sondern auch unsere Werte. T3 (U. Suntum): keine entsprechende Aussage. T3 (R. v. Rosen): Das Thema Wirtschaft geht uns alle an – als Wähler, Arbeitnehmer, Konsumenten, Anleger. […] Dass ökonomische Bildung zur Allgemeinbildung gehört, ist mittlerweile unstrittig. 5 Keine Musterlösung möglich. 6.2 Merkantilismus: Jean Baptiste Colbert – „Der Reichtum an Geld“ (17. Jh.) Seite 82 f. Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: Ludwig XIV. benötigt Geld für teure Kleidung (Stoffe, Pelze, Herstellung) und andere Luxusgegenstände, aufwendige Feste, exotische Speisen, die Bezahlung der Beamten und für das stehende Heer. Colbert: Eine Förderung der Produktion und des Handels (insbesondere des Außenhandels), wozu auch der Ausbau der Infrastruktur gehört, würde (über Steuern) mehr Geld in die Staatskassen spülen. Konkrete Maßnahmen (vgl. den Infotext „Merkantilismus“): Ausbau der Manufakturen, Verbesserung der Verkehrswege, Abschaffung der Binnenzölle, Ausfuhr von © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 13 Fertigprodukten, Schutz einheimischer Produkte durch Einfuhrzölle, Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten etc. 2 Colbert sieht in den Manufakturen, die Waren für den Export produzieren, die „Goldminen unseres Königreiches“, weil durch den Verkauf teurer Fertigprodukte ins Ausland zusätzliches Geld ins Land käme. 3 Neben den Besitzern der Manufakturen profitieren die Kaufleute von diesen Maßnahmen. Außerdem entstehen in den Manufakturen, im Straßenbau, im Transport usw. neue Arbeitsmöglichkeiten für die unteren Gesellschaftsschichten. 4 Keine Musterlösung möglich. 6.3 Physiokratismus: Francois Quesnay – „Reiche Bauern, reiches Land“ (18. Jh.) Seite 84 Lösungsvorschlag: „Sehr geehrter Monsieur Colbert! Ihre Reformen im Bereich des Handels und Ihre Förderung der Manufakturen haben wohl die Wirtschaft belebt, doch leider vergessen Sie vollkommen den Großteil unserer Bevölkerung, den wahrhaft produktiven Stand, nämlich die Adeligen und die Bauern, die das Land bewirtschaften. Nicht die Manufaktur-Besitzer und die Handwerker produzieren den nationalen Reichtum, sondern die durch Ihr merkantilistisches System vernachlässigten Bauern auf dem Land.“ 6.4 Liberalismus: Adam Smith – „Der freie Markt kann alles regeln“ (18. Jh.) Seite 87 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Begünstigte Bevölkerungsgruppen: Großgrundbesitzer, Landadelige, Bauern; benachteiligte Bevölkerungsgruppen: Kaufleute, Manufakturbesitzer, Handwerker. 2 Lösungsvorschlag: Erst der absolutistische französische Staat ermöglichte eine zentral gelenkte Wirtschaft und Wirtschaftstheoretiker im Dienste dieses Staates. Colbert stand im Dienst von Ludwig XIV. (► GO! 6 Seite 68–70) und sollte durch seine handelspolitischen Maßnahmen dessen Ausgaben finanzieren. Quesnay dagegen vertrat die Anliegen der durch den Merkantilismus vernachlässigten französischen Agrarregionen. 3 Keine Musterlösung möglich. 4 Menschliche Arbeit und Arbeitsteilung, die Spezialisierung ermöglicht (siehe T6, 2. Absatz und Kasten auf Seite 87) 5 Definition Unsichtbare Hand: Wer sein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt, sorgt nach Ansicht Adam Smiths automatisch auch für das Wohl der Gemeinschaft/der Volkswirtschaft, da sich durch den freien Wettbewerb und im Spiel von Angebot und Nachfrage automatisch ein Gleichgewicht zwischen Produktion, Verbrauch, Preisen und Löhnen einstellt. Der Markt regelt sich also wie von „unsichtbarer Hand“ gesteuert selbst. 6 Lösungsvorschlag: „Natürliche Produktionsvorteile lassen sich auch durch Protektionismus nicht wettmachen. Sinnvoller wäre es, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und diese zu entwickeln. Dann kann man mit den so erwirtschafteten Einkünften die fehlenden Produkte aus dem Ausland günstiger zukaufen, als die Herstellung im Inland käme.“ © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 14 7 Das Bürgertum strebte nach mehr Mitbestimmung und Selbstverantwortung. Diese Forderungen werden durch Smiths Theorie unterstützt. Der Liberalismus sieht das selbstbestimmte Individuum als Träger der wirtschaftlichen Handlungen. Im Liberalismus trägt also der einzelne Mensch (wirtschaftliche) Verantwortung, genießt aber auch (wirtschaftliche) Freiheit. 6.5 Kapitalismuskritik: Karl Marx – „... die Welt verändern“ (19. Jh.) Seite 89 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Die Arbeiterschaft/Das Proletariat steht den Unternehmern/der Bourgeoisie gegenüber. Marx will die ungleichen Machtverhältnisse in der Gesellschaft und die dadurch entstandene Ausbeutung des Proletariats beenden, indem die Produktionsverhältnisse verändert und ungleiche Eigentumsverhältnisse abgeschafft werden. Durch die Abschaffung des Privateigentums verschwinden laut Marx auch die Klassengegensätze. Auf die „proletarische Revolution“ sollte eine „Diktatur des Proletariats“ folgen, Ziel war eine klassenlose Gesellschaft. Anmerkung: Vgl. Lexikon, Seite 189 („Klassenkampf“, „Kommunismus“). 2 Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SDAP), gegründet durch Victor Adler, vgl. GO! 6 Seite 156. 3 Bildanalyse: Übersetzung: „Die gesamte bisherige Geschichte der menschlichen Gesellschaft ist eine Geschichte des Klassenkampfes.“ Lösungsvorschlag: Die Darstellung Marx’ erinnert an die Darstellung von Propheten (z. B. Moses); das Blatt mit dem Auszug aus dem Kommunistischen Manifest erinnert an die alttestamentarischen 10 Gebote. Die Figur deutet in Richtung einer utopischen Zukunft und scheint sich dabei auf die Schrift, die sie in der linken Hand hält, zu berufen, d. h. das Kommunistische Manifest zeigt den Weg in eine bessere Zukunft auf. 4 Lösungsvorschlag: Riviera stellt Marx als einen Wegweisenden dar, jemanden, der weiß, in welche Richtung sich Mexiko entwickeln soll und eine zentrale Rolle für die Geschichte Mexikos einnimmt. 6.6 Ökonomen des 20. Jahrhunderts: John Maynard Keynes, Friedrich August von Hayek und Milton Friedman Seite 91 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: (Übereinstimmungen stehen nebeneinander) Ideen von Keynes Nachfrage bestimmt die Wirtschaft (zurückgehaltenes Geld/zu geringe Kaufkraft bewirkt Rezession) Staat muss in die Wirtschaft eingreifen © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 Ideen von Hayek Ideen von Friedman Ein Eingreifen des Staates in die Wirtschaft wirkt sich negativ auf diese aus. Weiterentwicklung der Idee der „unsichtbaren Hand“ von Smith: Selbststeuerung des freien Marktes ist Ziel, weil ein Individuum/eine Organisation Der Staat soll nicht in die Wirtschaft eingreifen. Nur das freie Spiel von Angebot und Nachfrage kann eine optimale Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Geld, Arbeit und Waren sichern. 15 allein die komplexe Ordnung der Marktwirtschaft nicht überschauen kann. Der Staat soll eingreifen, Geld leihen, Schulden machen und Geld investieren, um im Fall einer Rezession Arbeitslosigkeit zu verhindern und die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. „Die soziale Verantwortung der Wirtschaft ist es, ihre Profite zu vergrößern [...]“ (► GO! 6 Seite 91) Lehnt den Wohlfahrtsstaat als „Feind der Wirtschaft“ ab 2 Lösungsvorschlag: Keynes: „Der Staat soll in die Wirtschaft eingreifen, besonders in Krisenzeiten. Dann sollen Schulden gemacht werden, um Investitionen zu finanzieren, Arbeitsplätze zu sichern bzw. zu schaffen und so einen neuen Aufschwung herbeizuführen.“ Hayek: „Ein Eingreifen des Staates in die Wirtschaft wirkt sich negativ aus, da niemand das komplizierte Zusammenspiel aller Faktoren richtig einschätzen und steuern kann.“ Friedman: „Dem stimme ich zu: Der Staat soll nicht in die Wirtschaft eingreifen! Die beste Sozialpolitik ist die freie Marktwirtschaft.“ 3 Keine Musterlösung möglich. 4 Die Ära Kreisky wurde auch als Zeit des „Austrokeynesianismus“ bezeichnet (vgl. GO! 7, Seite 114), da man während der Rezession der 1970er-Jahre eine aktive Rolle des Staates als sinnvoll für die Gesamtwirtschaft ansah. Die Fiskalpolitik der Regierung Schüssel (2000 bis 2007) war hingegen von den neoliberalen Ideen Hayeks beeinflusst, der den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft zurückdrängen wollte. 5 Vgl. GO! 6 Lexikon, Seite 189: „Gewerkschaft“, „Globalisierung“, „Kapitalismus“, „Klasse“, „Klassenkampf“, „Kommunismus“; Seite 190: „Liberalismus“, „Merkantilismus“, „Ökonom/Ökonomin“; Seite 191: „Sozialismus“, „Wachstumsprognose“ 6 Lösungsvorschlag: Stiglitz lässt sich anhand des Quellentextes eher als „Keynesianer“ einordnen. Er hinterfragt die dominante Rolle der Wirtschaft in unserer Gesellschaft und fordert eine „Debatte darüber, inwieweit wir der Wirtschaft weiterhin erlauben wollen, unsere Gesellschaft zu prägen – und inwieweit es umgekehrt sein sollte“. (► GO! 6 Seite 80, T2) Letzteres könnte – im Sinne der Theorie Keynes’ – als Aufforderung an den Staat verstanden werden, in die Wirtschaft einzugreifen. Methode Arbeiten mit historischen Statistiken Seite 93–96 Zur Bedeutung der vorgestellten Methode […] Statistiken eignen sich ausgezeichnet zur Ausarbeitung von Lernaufgaben, weil durch die Interpretation der Statistik ein neuer Sachverhalt gelernt wird, dazu aber das Erinnern an früher Erlerntes nötig ist. Ausserdem sind das Analysieren der Problemstellung, die Entwicklung von Hypothesen und die Überprüfung derselben zentrale Fähigkeiten für das Fach Geschichte. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 16 Didaktische Einbettung In den vergangenen Jahrzehnten hat der Umgang mit Statistiken in der Geschichte zunehmend an Bedeutung gewonnen. Auch die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ist heute in hohem Ausmaß von quantifizierenden Angaben und Bezeichnungen bestimmt, die es zu lesen, zu interpretieren und kritisch zu hinterfragen oder allenfalls zu entwickeln gilt. Auch der weit verbreitete Einbezug von Computern hat den Umgang mit Zahlen und deren Darstellung in Statistiken begünstigt. Gute Computersoftware entwickelt anhand von Zahlen in Sekundenschnelle Diagramme und Grafiken, manchmal sogar Schaubilder. Statistische Angaben sind nicht auf den ersten Blick zugänglich. Das ist für den Geschichtsunterricht sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil. Zwar lässt sich wie oben beschrieben entdeckendes Lernen arrangieren, aber der Umgang mit Statistiken ist ein kognitiv anspruchsvolles Verfahren, das Schülerinnen und Schüler oft überfordert. Mit dem Umfang des Zahlenmaterials steigt zwar der Informationsgehalt, aber meist geht dann auch die Übersichtlichkeit verloren. Weiter täuschen Statistiken durch ihre Datenfülle oft eine Objektivität vor, die es in dieser Eindeutigkeit der Statistiken nicht gibt. „Ich glaube nur denjenigen Statistiken, die ich selber gefälscht habe“, bringt ein Bonmot von Churchill diesen Umstand auf den Punkt. Deshalb ist es ein wichtiges fachdidaktisches und erzieherisches Ziel, zu einem kritischen Umgang mit Statistiken zu befähigen. […] Einsatzmöglichkeiten Statistiken lassen sich in den verschiedensten Phasen des Unterrichtes einsetzen. Mit Statistiken kann ein gelungener Einstieg inszeniert werden. Statistiken eignen sich als Visualisierung von Darbietungen; sie haben ihren Ort in der Erarbeitungsphase für Schülerinnen und Schüler, eignen sich als Medium der Festigung und Verankerung und können auch in der Phase des Transfers oder in Prüfungen herangezogen werden. Statistiken sind dann für Schülerinnen und Schüler leichter zu interpretieren, wenn sie selber von den Zahlen betroffen sind oder wenn sie verschiedene Statistiken vergleichen können. Lernende können dazu angeleitet werden, entweder vorhandene Statistiken zu interpretieren oder selber neue Statistiken zu entwickeln und herzustellen. Auch durchaus spielerische Formen können im Umgang mit Statistiken einen Anreiz schaffen. So kann man Schülerinnen und Schüler erraten lassen, was in einer Statistik dargestellt ist, wenn man die Legenden weglässt. Oder man kann sie vermuten lassen, wie sich eine Kurve weiterentwickeln würde. Wichtig ist, von Anfang an darauf hinzuweisen, wie Statistiken zu falschen Aussagen führen können oder wie Schaubilder manipuliert werden. Dies kann geschehen, wenn man Schaubilder zu stark vereinfacht, bewusst Informationen weglässt oder einen eindeutigen Akzent setzt. Ein völlig falscher Eindruck kann durch Diagramme entstehen, wenn man die einzelnen Achsen (Zeitachse) übermässig [sic] dehnt oder kürzt. Natürlich können auch Durchschnittszahlen, mit denen Statistiken häufig erstellt werden, zu falschen Schlüssen verleiten, etwa bei der Bevölkerungsdichte. Aus all diesen Gründen sollten Lehrpersonen auch bei diesem geschichtlichen Medium immer nach der Absicht der Autorinnen und Autoren fragen. Dies ist ein guter Weg, die Perspektivität im Umgang mit Geschichte zu lernen. (Gautschi, P., Umgang mit Statistiken im Geschichtsunterricht, http://www.lehrmittelverlagzuerich.ch/Portals/1/Documents/lehrmittelsites/hinschauen%20und%20nachfragen/hinschauen%20und%20nachf ragen_downloads/26_Didaktik.pdf (Jänner 2013) Seite 96 Lösungen zu Fragen zur Statistik 1 Jahre, in denen Epidemien verzeichnet wurden: (Anzahl der Toten) 1830 (11 048, gegenüber „gewöhnliche Krankheiten“: 456.026) 1831 (13 194, „Blattern“: 4.230) 1845 (6 702) 1846 (10 703) 1848 („gewöhnliche Krankheiten“: 715 118, kein Eintrag unter „Epidemie“) 1855 (20 172, „gewöhnliche Krankheiten“: 659 488, „Cholera“: 149 869) 1856 (13 127) 1865 (9 861) 1866 (31 419, „Cholera“: 165 292) 1875 (25 062, „Blattern“: 12 334) 1876 (33 450) © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 17 Anmerkung: Die Zahl der Toten der Kategorie „gewöhnliche Krankheiten“ stieg von 1830 bis 1848 an. Es fällt auf, dass im europäischen Revolutionsjahr 1848 alle erfassten Sterbefälle (außer die Zahl der Ermordeten) der Kategorie „gewöhnlicher Krankheiten“ zugeordnet wurden. Ab 1885 sind der Kategorie „Epidemie“ keine Toten mehr zugeordnet, dafür werden nun erstmals Sterbefälle unter „Lungenschwindsucht“ und „Diphterie“ vermerkt. Auch in den Kategorien „Cholera“, „Blattern“ und „gewöhnliche Krankheiten“ finden sich weiterhin Einträge von zahlreichen Sterbefällen. 2 Lösungsvorschlag: Kämpfe während des europäischen Revolutionsjahrs 1848 3 Lösungsvorschlag: neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie Impfstoffe gegen Blattern/Pocken; Hygienemaßnahmen wie Kanalisation und verbesserte Trinkwasserversorgung in den Städten verhinderten Seuchen wie Cholera; verbesserte Hygiene verringerte Säuglingssterblichkeit (diese ist im Todesarten-Statistik-Auszug jedoch nicht gesondert erfasst) 4 Keine Musterlösung möglich. 5 Mögliche Vermutungen: Da SelbstmörderInnen nach 1850 nicht mehr als kriminell galten, war es ihren Angehörigen eher möglich, diese Todesursache offen zu benennen. 6 Lösungsvorschlag: „Die Revolution macht krank!“ (1848); „Cholera rafft uns alle dahin!“ (1855); „Blattern fordern 12 334 Opfer“ (1875) 7 „Failed States“ – Wenn Staaten scheitern Transfer-Einheit zum Abschluss von Kapitel 2 Seite 97 – 99 Das Kapitel „Ordnung und Zugriff, der moderne Staat“ beschäftigt sich mit der Entwicklung des modernen Staates ab dem Beginn der Neuzeit bzw. des Absolutismus. Im Transferabschnitt am Kapitelende wird am Beispiel eines „Failed State“, eines gescheiterten Staates, gezeigt, welche Folgen es hat, wenn ein Staatsapparat seine macht und seine Handlungsfähigkeit verliert. In Somalia führt die Terrorherrschaft von Warlords und Clan-Milizen zu dauernden Bürgerkriegszuständen, die Bevölkerung ist der Gewalt der sich bekämpfenden Gruppen und willkürlichen Übergriffen ebenso wie dem Hunger schutzlos ausgeliefert. 7.1 Pro und Kontra Gewaltmonopol des Staates Seite 97 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Lösungsvorschlag: Schulpflicht, Pflichtimpfungen, Führerscheinprüfung, Jugendschutzgesetz, Videoüberwachung, Wehrdienst, Steuerpflicht der Eltern … 2 Lösungsvorschlag: Vorteile (die meine Familie durch den Staat Österreich erfährt) Sicherheit Gesundheitsvorsorge Ausbildung Nachteile Militärdienst (Volksabstimmung 2013) Steuerpflicht 3 Lösungsvorschlag, Stand Mai 2013: Kongo und Somalia 4 Keine Musterlösung möglich. © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 18 Seite 98 7.2 „Der Fluch des Indischen Ozeans“ – moderne Piraten im Golf von Aden Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Zusammenfassung: Nach fast zwei Monaten ließen somalische Piraten die elfköpfige Besatzung des gekaperten Frachters „MV Bosphorus Prodigy“ frei. Alle Beteiligten überstanden Gefangenschaft und Übergabe unverletzt. Im Jahr 2008 nahmen die Überfälle auf Schiffe im Golf von Aden um 200 Prozent zu. Dabei wurden rund 120 Millionen Dollar Lösegelder erpresst. Nach wie vor befinden sich Schiffe in der Gewalt der Seeräuber. Hauptziel: Lösegelder erbeuten 2 mögliche Ziele: Propaganda (Werbung für den Krieg, „geschönte“ Darstellung des Krieges, Kontrolle der US-Army über die Darstellung des Kriegs im Film), Anwerben von jungen Soldaten inhaltliche/gestalterische Konsequenzen: „geschönte“ Darstellung des Kriegs (Betonung von werbewirksamen Aspekten, z. B. „Heldentum“ der amerikanischen Soldaten; Aussparung von Details, die keine Werbefunktion hätten, z.B. der Perspektive des „Feindes“), besonderer (werbewirksamer) Fokus auf der Ausrüstung der US-Army (Waffen, Hubschrauber etc.); kaum Informationen zum Krieg selbst; sehr einseitige Perspektive des Films (der Sponsor bestimmt die Perspektive) Diskussionsanregung: „Nicht nur bei Filmen, auch in der Politik bestimmen manchmal Sponsoren die Perspektive/Vorgehensweise.“ Trifft diese Aussage zu? Die eigene Position soll mit Beispielen untermauert werden. Hinweis: Überschneidungen zwischen Wirtschaft und Politik siehe GO! 5 Seite 58 Seite 99 Lösungen zu Fragen & Aufgaben 1 Keine Musterlösung möglich. 2 Lösungsvorschlag, Zeitleiste Somalia: 1960–69 Demokratie im unabhängigen Staat Somalia 1969 Parteien werfen sich gegenseitig Wahlbetrug vor; Ermordung des Präsidenten Shermarke, prosowjetisches Militär übernimmt die Macht 1969–91 diktatorische Herrschaft von Siad Barre, Anlehnung an die Sowjetunion, ab 1978 von den USA unterstützt (nach dem Krieg um Ogaden gegen Äthiopien) 1991 Sturz der Regierung, Barre flieht; Somalia zerfällt in Machtbereiche von Clans und Milizen; Kämpfe um Machtbereiche beginnen 1992 Vereinte Nationen greifen ein (Nahrungsmittelhilfe, Friedenstruppen) 1993 Kampf um Mogadischu – „militärisches Debakel“ der USA (18 US-Soldaten wurden getötet, siehe Spielfilm „Black Hawk Down“) 1995 Ende der UN-Mission 2000 Übergangsregierung wird etabliert 2001 ab 9/11„Kampf gegen den Terror“ die USA brechen die Herrschaft der ShariaGerichte, kann aber keine starke Regierung etablieren Somalia wird sich selbst überlassen (Piraterie als lukratives Geschäft, es gibt keine staatliche Küstenwache/Polizei) 2005/2006 Eindämmung der Stammeszwiste durch die „Union der islamischen Gerichte“ (UIC), funktionierende Staatlichkeit auf Basis der Sharia wird etabliert 2008/9 mehr Piratenangriffe vor der Küste Somalias (siehe S. 98, S. 99/), Industrienationen sind wieder direkt betroffen und engagieren Kriegsschiffe zur Überwachung von Küste und Schiffsverkehr; die islamistische Miliz Al Shabaab kontrolliert bis Ende 2010 den Großteil Süd- und Zentralsomalias 2011, Februar die Übergangsregierung (TFG) beginnt eine Offensive gegen die islamistischen Milizen Al Shabaab und Hizbul Islam; Al Shabaab verliert an Rückhalt in der Bevölkerung 2011, August Al Shabaab zieht sich aus Mogadischu zurück, hält aber weiterhin Positionen in Südund Zentralsomalia © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 19 3 Hauptangriffsziele liegen im Golf von Aden; strategischer Aspekt: Engstelle, viele wichtige Häfen für den internationalen Warenaustausch © Verlag E. DORNER GmbH, Wien 2013 20 Gärtner, Leitner, Melichar, Plattner, Rauchegger-Fischer GO! Geschichte Oberstufe 6 LehrerInnenmaterial © Verlag E. DORNER GmbH, Wien ISBN 978-3-7055-1509-3 21