Staat und Revolution

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Staat und Revolution
SDAJ Grundlagenschule
Staat und Revolution
Für die Entwicklung einer revolutionären Strategie
und Taktik, die notwendig ist, um unser Ziel, eine
Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung,
zu erreichen, ist die Frage des Staates von großer Bedeutung. Welchen Charakter besitzt der Staat im Kapitalismus? Ist er eine über den Klassen stehende,
quasi naturgegebene Einrichtung, die jede Gesellschaft, unabhängig von ihrer ökonomischen Basis
benötigt? Hat es den Staat immer gegeben und wird
es ihn immer geben? Lässt sich der heutige Staat,
sofern die Arbeiterklasse erstmal die Macht erobert
hat, dazu benutzen, um auf seiner Grundlage die sozialistische Gesellschaft aufzubauen? Lenin schrieb
in der Einleitung zu seinem Werk „Staat und Revolution“ zur Bedeutung dieser Frage: „ Der Kampf um
die Befreiung der werktätigen Massen vom Einfluss
der Bourgeoisie im allgemeinen und der imperialistischen Bourgeoisie im besonderen ist ohne Bekämpfung der opportunistischen Vorurteile in Bezug auf den Staat unmöglich.“ Im folgenden Kapitel
der Grundlagenschule wollen wir uns also mit allen
diesen Fragen beschäftigen. Beginnen müssen wir
zunächst mit der Frage, was wir überhaupt unter einem Staat verstehen.
Was ist ein Staat?
Friedrich Engels setzte sich in seiner Schrift „Der
Ursprung der Familie, des Privateigentums und des
Staates“ ausführlich mit der Entstehung des Staates im Verlauf der Entwicklung der menschlichen
Gesellschaft auseinander. Er wies nach, dass es den
Staat keineswegs schon immer gegeben hat, sondern dass er erst zu einem bestimmten Zeitpunkt,
nämlich mit der Entstehung des Privateigentums
und der daraus resultierenden Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Klassen, entstanden ist:
„Der Staat ist also keineswegs eine der Gesellschaft
von außen aufgezwungene Macht...Er ist vielmehr
ein Produkt der Gesellschaft auf bestimmter Entwicklungsstufe; er ist das Eingeständnis, dass diese
Gesellschaft sich in einem unlösbaren Widerspruch
mit sich selbst verwickelt, sich in unversöhnliche
Gegensätze gespalten hat, die zu bannen sie ohnmächtig ist.“ In der Urgesellschaft, in der es kein
Privateigentum und keine Klassen gab, existierte
also auch kein Staat. Dieser wurde erst notwendig,
als mit den Klassen auch der Klassenkampf aufkam.
Diese Erkenntnis ermöglicht es uns, seine grundlegende Funktion, sein Wesen zu erkennen: „Der Staat
ist das Produkt und die Äußerung der Unversöhn-
lichkeit der Klassengegensätze. Der Staat entsteht
dort, dann und insofern, wo, wann und inwiefern
die Klassengegensätze objektiv nicht versöhnt werden können...Nach Marx ist der Staat ein Organ der
Klassenherrschaft, ein Organ zur Unterdrückung
der einen Klasse durch die andere, ist die Errichtung
derjenigen `Ordnung`, die diese Unterdrückung
sanktioniert und festigt, indem sie den Konflikt der
Klassen dämpft.“ (Lenin).
In allen bisherigen Klassengesellschaften, also in
der Sklavenhaltergesellschaft, im Feudalismus und
im Kapitalismus, hat es Staaten gegeben. Gemeinsam haben sie alle im wesentlichen zwei Faktoren:
Ersten „...kennzeichnet sich der Staat...durch die
Einteilung der Staatsangehörigen nach dem Gebiet...“, also nicht wie in der Urgesellschaft nach Geschlechtern und Stämmen. Dazu gehört auch, dass
es ein fest definiertes Staatsvolk gibt, die Menschen
im jeweiligen Gebiet werden also nach Staatsbürgern und Menschen, die diese Staatsangehörigkeit
nicht besitzen unterteilt. Zweitens „...die Errichtung einer öffentlichen Gewalt, welche nicht mehr
zusammenfällt mit der sich selbst als bewaffnete
Macht organisierenden Bevölkerung...Diese öffentliche Gewalt existiert in jedem Staat; sie besteht
nicht bloß aus bewaffneten Menschen, sondern
auch aus „...Gefängnissen und Zwangsanstalten aller Art...“(Engels). Zur Sicherung ihrer Herrschaft
ist jede herrschende Klasse gezwungen, besondere
Formationen bewaffneter Menschen (also Polizei,
stehendes Heer, Justizorgane) zu unterhalten, da die
allgemeine Volksbewaffnung (d.h. die Bewaffnung
auch der unterdrückten Klassen) ein unkalkulierbares Risiko für die Ausbeuterklasse darstellt. Zur Finanzierung dieser Organe sind Steuern und Staatsschulden notwendig. Um diese einzutreiben und zu
verwalten wird wiederum eine weitere Gruppe von
Menschen erforderlich: Beamte. Diesen räumt jeder
Staat eine privilegierte Stellung ein. Engels schreibt
dazu: „Im Besitz der öffentlichen Gewalt und des
Rechts der Steuereintreibung stehn die Beamten
nun da als Organe der Gesellschaft über der Gesellschaft...“. Diese privilegierte Stellung zeichnet sich
aus durch eine Reihe „...Ausnahmegesetze über die
Heiligkeit und Unverletzlichkeit der Beamten...“
(Lenin), in der Regel also durch eine bessere Bezahlung und – insbesondere in Deutschland – durch
eine gesonderte Altersvorsorge und einen besonderen Kündigungsschutz. Diese Faktoren gelten im
Grunde für alle bisherigen Ausbeutergesellschaften.
Im Kapitalismus zeichnen den Staat aber noch eine
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werden entweder repressiv bekämpft (z.B. KPD-Verbot) oder durch Korrumpierung in das System eingebunden (PDS). Die modernen Massenmedien, die
sich in der Regel in den Händen von Großkonzernen befinden, tun ihr übriges. Somit ist das allgemeine Stimmrecht nicht mehr als ein Werkzeug der
Herrschaft der Bourgeoisie, oder, nach Engels „...der
Gradmesser der Reife der Arbeiterklasse. Mehr kann
und wird es nicht sein im heutigen Staat...“.
Reihe von Besonderheiten aus.
Der Staat im Kapitalismus
„...Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie,
zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große
feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat...“, analysierten Marx und Engels im Manifest.
Im Kapitalismus treten die Klassengegensätze deutlicher und unverkennbarer hervor als in den vergangenen Ausbeutergesellschaften, da sich alle anderen
Klassen und Schichten nach und nach immer mehr
in den beiden Hauptklassen auflösen. Daher ist das
Kapital gezwungen, seine Herrschaft stärker als zuvor zu verschleiern. Das wirksamste Mittel hierzu
ist die bürgerliche Demokratie mit dem allgemeinen Stimmrecht, das den Beherrschten vorgaukelt,
es habe ebensoviel Einfluss auf die Geschicke des
Staates wie die herrschende Klasse. „... In der demokratischen Republik übt der Reichtum seine Macht
indirekt, aber umso sicherer aus...“ und zwar erstens durch die „...direkte Beamtenkorruption...“ und
zweitens durch die „...Allianz von Regierung und
Börse...“ (Engels). Für beide Methoden lassen sich
unzählige Beispiele finden, seien es die sog. „Bestechungsskandale“ oder der muntere Personalaustausch zwischen politischen Spitzenpositionen und
Managerposten von Großkonzernen. Die Wahlmöglichkeiten in der parlamentarischen Demokratie beschränken sich in der Regel auf bürgerliche Parteien,
die sich höchstens durch taktische Fragen voneinander unterscheiden. Reale Oppositionsparteien
Eine weitere Besonderheit des Staates im Kapitalismus ist seine Rolle als „ideeller Gesamtkapitalist“,
dessen Aufgabe es ist, zwischen den durch die kapitalistische Konkurrenz verursachten unterschiedlichen Interessen der einzelnen Kapitalisten bzw.
Monopolen zu vermitteln und das Gesamtinteresse
der Klasse zu erkennen und durchzusetzen. Über
die jeweils im Sinne der Herrschenden richtige
Politik kann es natürlich unterschiedliche Vorstellungen geben. Daneben ist es zur Eindämmung des
Klassenkampfes und zur Integration reformistischer
Bewegungen notwendig, diesen (wenn auch nur in
sehr geringem Maße) bestimmte Mitspracherechte
einzuräumen. Im Kapitalismus ist der Staat daher
„Herrschaftsinstrument und Feld des Klassenkampfes zugleich“ (Programmentwurf der DKP).
Der Staat kann im Kapitalismus durchaus sehr verschiedene Formen annehmen (Monarchie, parlamentarische Republik, faschistische Diktatur etc.). Ihnen
allen ist aber eines gemeinsam: Sie sind Diktaturen
der Bourgeoisie, Diktaturen einer Minderheit über
eine Mehrheit. Trotz dieser Gemeinsamkeit ist es
für den Kampf der Arbeiterklasse keinesfalls gleichgültig, welche konkrete Herrschaftsform das Kapital
wählt. „...Wir sind für die demokratische Republik
als die für das Proletariat unter dem Kapitalismus
beste Staatsform, aber wir dürfen nicht vergessen,
dass auch in der allerdemokratischsten Republik
Lohnsklaverei das Los des Volkes ist...“ (Lenin).
Spätestens die Erfahrungen mit dem deutschen Faschismus haben die Arbeiterbewegung gelehrt, dass
die bürgerliche Demokratie ihr die besten Voraussetzungen für ihren Kampf bietet und daher gegen
alle reaktionären Veränderungen verteidigt werden
muss. Gleichzeitig darf dies nicht zu Illusionen über
den Charakter des bürgerlichen Staates führen.
Die sozialistische Revolution
Den grundlegenden Gedanken über die Rolle des
Staates in der proletarischen Revolution haben Marx
und Engels schon im Kommunistischen Manifest
entwickelt: „...Das Proletariat wird seine politische
Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach
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und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des
als herrschende Klasse organisierten Proletariats zu
zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte
möglichst rasch zu vermehren....“ Mit der Erkämpfung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse bekommt der Staat einen völlig neuen Charakter:
erstmals in der Geschichte ist er nicht mehr Instrument zur Unterdrückung einer Mehrheit durch eine
Minderheit, sondern umgekehrt: Das Proletariat benutzt den Staat zur Unterdrückung der Reste der alten Ausbeuterklasse. Damit hört der Staat zugleich
auf, Staat im eigentlichen Sinne zu sein. Die Klassiker verwandten daher auch Begriffe wie „Halbstaat“
oder „Gemeinwesen“. Von großer Bedeutung ist aber
die Frage, wie dieser proletarische Staat beschaffen
sein muss. Kann die Arbeiterklasse einfach die existierende bürgerliche Staatsmaschine übernehmen
oder muss sie sich ein eigenes, völlig neues Instrument schaffen. In ihren frühen Schriften ließen
Marx und Engels diese Frage weitgehend offen. Erst
die konkreten Erfahrungen aus den bürgerlichen Revolutionen 1848-1851 sowie der Pariser Kommune
1871 ließen sie zu der Überzeugung kommen, dass
der bürgerliche Staatsapparat mit seinem stehenden Heer, seiner im Kampf gegen die Arbeiterbewegung geschulten Polizei und seinem parasitären
Beamtenkörper dazu völlig ungeeignet ist. Vielmehr
schlussfolgerten sie, dass die gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates Vorraussetzung für den Sieg der Arbeiterklasse ist. „...Alle
früheren Revolutionen haben die Staatsmaschinerie
vervollkommnet, man muss sie aber zerschlagen,
zerbrechen. Diese Folgerung ist das Hauptsächliche,
das Grundlegende in der Lehre des Marxismus vom
Staat...“ (Lenin).
Diktatur des Proletariats / Die sozialistische Gesellschaft
Wie wir gesehen haben, kann die Arbeiterklasse den
bürgerlichen Staat nicht für ihre Zwecke übernehmen. Stellt sich also die Frage, wie der proletarische
Staat beschaffen sein muss. Dazu müssen wir uns
zunächst vor Augen führen, welche Aufgaben diesem zufallen. Im oben angeführten Zitat aus dem
Kommunistischen Manifest sagten Marx und Engels, die erste Aufgabe sei es, der Bourgeoisie nach
und nach alle Produktionsmittel zu entreißen, sie
in den Händen des proletarischen Staats zusammenzufassen und möglichst rasch zu vermehren.
Mit der Überführung der Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum wird die Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen beendet und damit
die Spaltung der menschlichen Gesellschaft in Klassen überwunden. Mit dem Verschwinden der Klassen wird nach und nach auch der Staat überflüssig,
er stirbt ab. „... Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt – die Besitzergreifung der Produktionsmittel im
Namen der Gesellschaft -, ist zugleich sein letzter
selbständiger Akt als Staat...“ (Engels).
Dies wird natürlich nicht ohne erbitterten Widerstand der gestürzten Kapitalistenklasse möglich sein,
wie die Erfahrungen der Länder des realen Sozialismus gezeigt haben. Erst recht nicht, wenn die Arbeiterklasse zunächst nur in einem oder in wenigen
Ländern gesiegt hat. Daher ist die Unterdrückung
der ehemaligen Kapitalistenklasse und damit die Sicherung der Herrschaft der Arbeiterklasse die erste
und wichtigste Aufgabe des proletarischen Staates.
„...In Wirklichkeit ist diese Periode unvermeidlich
eine Periode unerhört erbitterter Klassenkämpfe,
unerhört scharfer Formen dieses Kampfes, und folglich muss auch der Staat dieser Periode unvermeidlich auf neue Art demokratisch (für die Proletarier
und überhaupt alle Besitzlosen) und auf neue Art
diktatorisch (gegen die Bourgeoisie) sein...“ (Lenin).
Daher nannten die Klassiker des Marxismus-Leninismus diese Übergangsperiode von der Klassengesellschaft zur klassenlosen Gesellschaft Diktatur
des Proletariats. Diese -relativ- kurze Phase der Unterdrückung zur Errichtung einer Gesellschaft ohne
Ausbeutung und Unterdrückung wurde von den
Opportunisten aller Spielarten (Sozialdemokraten,
Anarchisten, Trotzkisten und „demokratischen“ Sozialisten) immer als Vorwand genutzt, um die kommunistische Bewegung zu diffamieren. Ein Marxist
ist daher nur „...wer die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstreckt...“ (Lenin).
Der Staat in der Periode der Diktatur des Proletariats
muss sich aber nicht nur in seinem Wesen (Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit) sondern
auch in seiner Form von allen bisherigen Staaten
unterscheiden. Als wichtigste Faktoren nennt Lenin
hier:
• Beseitigung aller besonderen Formationen bewaffneter Menschen (stehendes Heer, Polizei) und allgemeine Volksbewaffnung.
• Vollkommene Wählbarkeit und jederzeitige Absetzbarkeit aller Amtspersonen. Die Beseitigung aller finanziellen Privilegien der Beamten und die Reduzierung der Gehälter aller Amtspersonen im Staat
auf das Niveau des Arbeiterlohnes
• Die Überwindung der Trennung zwischen gesetzgebender und vollziehender Gewalt und die Umwandlung der Vertretungskörperschaften in arbei-
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tende Körperschaften (Rätesystem)
• Ein demokratischer Zentralismus, d.h. eine freiwillige Verschmelzung der proletarischen Kommunen
Wie die Erfahrungen des realen Sozialismus zeigen, sind diese Faktoren notwendig, damit auch bei
langen Übergangsperioden vom Kapitalismus zum
Kommunismus das Bewusstsein erhalten bleibt,
dass der sozialistische Staat nichts anderes als das
als herrschende Klasse organisierte Proletariat ist.
Das Absterben des Staates/Die kommunistische Gesellschaft
Wie wir gesehen haben, ist für den Übergang vom
Kapitalismus zum Kommunismus eine Übergangsphase notwendig, in der das Proletariat alle Produktionsmittel in den Händen des Staates vereinigt
(und somit der Existenz von Klassen allmählich
den Boden entzieht) und die gestürzte Kapitalistenklasse unterdrückt. Diese Periode nennen wir Diktatur des Proletariats oder Sozialismus. Wie lange
diese Periode dauert, hängt von vielen Faktoren ab,
nicht zuletzt davon, wie schnell die Arbeiterklasse
nicht nur in einem oder wenigen Ländern, sondern
weltweit siegt. Ein weiterer Faktor ist die Frage, wie
schnell es dem proletarischen Staat gelingt, alle Mitglieder der Arbeiterklasse zur Lenkung des Staates
bzw. des Gemeinwesens zu befähigen und damit auf
eine gesonderte Stellung von Beamten verzichten
zu können. Diese „Erziehung der Produzenten“ verlangt ein hohes Maß an gesellschaftlicher Bildung,
die erst unter sozialistischen Voraussetzungen verwirklicht werden kann. Entscheidend ist aber die
ökonomische Entwicklung. Lenin charakterisiert
die „niedere Phase“ des Kommunismus (also den
Sozialismus) folgendermaßen: „...Die Produktionsmittel sind schon nicht mehr Privateigentum einzelner Personen. Die Produktionsmittel gehören der
ganzen Gesellschaft. Jedes Mitglied dieser Gesellschaft leistet einen gewissen Teil gesellschaftlich
notwendiger Arbeit und erhält von der Gesellschaft
einen Schein darüber, dass es ein gewisses Quantum Arbeit geliefert hat. Auf diesen Schein erhält
es ein entsprechendes Quantum Produkte aus den
gesellschaftlichen Vorräten an Konsumtionsmitteln.
Nach Abzug des Arbeitsquantums, das für die gemeinschaftlichen Fonds bestimmt ist, erhält jeder
Arbeiter also von der Gesellschaft so viel zurück,
wie er ihr gegeben hat. Es herrscht gewissermaßen
Gleicheit...“ Diese Gleicheit bedeutet aber noch
nicht Gerechtigkeit, denn es bedeutet die Anwendung von gleichen Maßstäben auf ungleiche Individuen. Die Menschen sind aber nunmal nicht gleich.
Der eine ist stärker, der andere schwächer, der eine
ist gesund und der andere krank, der eine hat mehr
Kinder als der andere usw.
Marx schreibt hierzu: „...Bei gleicher Arbeitsleistung und daher gleichem Anteil an dem gesellschaftlichen Konsumtionsfonds erhält also der eine
faktisch mehr als der andere...Um diese Mißstände
zu vermeiden, müsste das Recht, statt gleich, ungleich sein...“ Dafür ist aber ein sehr hoher Stand
der Produktivkraftentwicklung notwendig, der erst
im Verlauf der sozialistischen Gesellschaft erreicht
werden kann. Solange dieses ökonomische Niveau noch nicht erreicht ist, hat der sozialistische
Staat darüber zu wachen, dass die Ergebnisse der
gesellschaftlichen Arbeit unter den Mitgliedern
dieser Gesellschaft gleich verteilt werden. Dies
ist gewissermaßen die letzte Aufgabe des Staates
überhaupt in der menschlichen Gesellschaft. „...
Der Staat stirbt ab, insofern es keine Kapitalisten,
keine Klassen mehr gibt und man daher auch keine
Klasse mehr unterdrücken kann. Der Staat ist aber
noch nicht ganz abgestorben, denn noch bleibt die
Wahrung des `bürgerlichen Rechts`, das die faktische Ungleichheit sanktioniert. Zum vollständigen
Absterben des Staates bedarf es des vollständigen
Kommunismus...“(Lenin). Erst wenn die Produktivkräfte soweit entwickelt sind, dass das Prinzip
„Jeder nach seinen Fähigkeiten - Jedem nach seinen
Bedürfnissen“ verwirklicht ist und das Bewusstsein
der Menschen durch die sozialistische Erziehung
diesem Prinzip entspricht, ist der Staat vollständig
überflüssig geworden und die Menschen können
die Staatsmaschine dorthin versetzen „...wohin sie
dann gehören wird: ins Museum der Altertümer, neben das Spinnrad und die bronzene Axt.“ (Engels).
Arbeitsfragen
1. Was waren die Vorraussetzungen für die Entstehung des Staates? War diese Entwicklung unvermeidlich?
2. Warum ist der bürgerliche Parlamentarismus für
das Kapital die geeignetste Staatsform? Unter welchen Vorraussetzungen kann sich das ändern?
3. Ist Staatseigentum im Kapitalismus gleich gesellschaftliches Eigentum? Wie verhält sich dies im Sozialismus?
4. Nach Lenin muß sich der sozialistische Staat
nicht nur in seinem Wesen sondern auch in seiner
Form vom bürgerlichen Unterscheiden. Welche Folgen hat eine Abweichung von den genannten Faktoren für eine sozialistische Gesellschaft?
5. Wovon hängt die Dauer des Übergangs vom Sozialismus zum Kommunismus ab?
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