Johann Wolfgang Goethe: Willkommen und Abschied als Prosatext
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Johann Wolfgang Goethe: Willkommen und Abschied als Prosatext
Johann Wolfgang Goethe: Willkommen und Abschied als Prosatext Es ist schon Nacht, die Dunkelheit regiert das Land. Doch ich reite stets auf meinem treuen Ross. Ich nähere mich dem Wald und somit auch meines Herzens Sonne, meiner Geliebten. Egal wie bedrohlich und groß die Bäume über mir ragen. Die große Eiche erscheint mir wie ein gruseliger Riese. Der Mond zieht düster hinter Wolken und Berggipfeln entlang. Ich lasse mich nicht unterkriegen. Denn meine Geliebte wartet auf mich. Mir kommt es vor, als würden mich tausend und abertausend grimmige Augen anfunkeln, als wären sie Ungeheuer, die nur darauf warten, dass ich unaufmerksam werde. Die Bäume knarren unheimlich. Dennoch behalte ich meinen Mut. Denn das Feuer unserer Liebe brennt in meiner Brust. Nichts kann mich aufhalten, meine wunderschöne Abendrose zu sehen. Und da sehe ich sie schon: meine Geliebte, der mein feuriges Herz gehört. Ihre wunderschönen funkelnden Augen, ihr liebliches, magisches Lächeln verzaubern mich. Dieser wunderschöne Anblick ist es, der mir auch in traurigen Momenten immer wieder ein zufriedenes Lächeln in mein Gesicht zaubert. Dieses liebevolle Gesicht mit den rötlichen Wangen. Eine wahre Schönheit! Jeden Augenblick genieße ich mit ihr. Doch, oh nein, die ersten Lichtstrahlen vertreiben schon die Dunkelheit der Nacht. Der Morgen naht und mein Herz schmerzt so sehr. Es ist die Zeit des Abschieds. Ich küsse sie noch einmal zärtlich auf die Wange und schwinge mich auf mein Pferd. Ich schau zurück zu ihr. Sie steht wie angewurzelt auf der Stelle und Tränen kullern leise über ihr Gesicht. So schön es auch war, wir müssen uns jetzt trennen. Und es tut so weh. Denn ihre Tränen, egal wie wunderschön sie auch sein mögen, versetzen mir immer dieses unangenehme Stechen im Herz. Ich reite dahin, in Gedanken versunken. Egal wie traurig der Abschied war. Mein Herz ist auch mit Glück erfüllt, dem Glück, zu lieben und geliebt zu werden. Was gibt es Schöneres auf Erden! Kasandra Hartl, Klasse 10d