Buchkritik/Buchinterpretation zu Andorra

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Buchkritik/Buchinterpretation zu Andorra
Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch
Thema: Modularbeit Drama
Modul Nr. 6 von Camilla Argenton
5000 Zeichen ergibt 3 Pt.
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Bewertung: genügend
Buchkritik/Buchinterpretation zu Andorra
Wohl einer der ersten Gedanken, der einem durch den Kopf geht, während oder nachdem
man das Buch von Max Frisch gelesen hat, ist die Erinnerung an all die schrecklichen und
brutalen Ereignisse und Geschehnisse, die während des zweiten Weltkriegs passierten.
Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass der Mittelpunkt in dieser Geschichte ein Jude ist.
Und obwohl die Hauptperson ein Jude ist, könnte es im Endeffekt und auf die Geschichte
betrachtet, gerade so gut irgend eine Person sein, die durch irgend einen Grund oder
irgendein Vorurteil nicht so in die Gesellschaft integriert ist wie andere; zum Beispiel ein
Schwarzer, ein Behinderter oder einfach sonst eine Person, die einer gesellschaftlichen
Minderheit angehört. Im Endeffekt handelt die Geschichte nämlich nicht, wie man vielleicht
erwarten würde, wenn man erfährt, dass es sich um einen Juden handelt, von der
Judenverfolgung und den Massenmorden an den Juden, sondern es geht um Vorurteile.
Um Vorurteile und darum, wie man einen Menschen durch Vorurteile dazu bringen kann,
etwas zu tun, dass er eigentlich nie wollte. Oder wie man ihn und seine Persönlichkeit
verformen kann, sodass er nachher jemand ist, dern er eigentlich nicht ist und auch nicht
sein will. Oder wie einer - das Ganze mal von der anderen Seite betrachtet - mit
Vorurteilen zugeschüttet wird, sich langsam aber sicher von der Aussenwelt verbeugen
lässt.
Durch das, Ddass sich Andri, der Protagonist der Geschichte, den Vorurteilen der mehr
oder weniger gesamten Gesellschaft, letztlich beugt, macht die Geschichte noch
tragischer und vor allem noch realistischer. Was aber eigentlich noch fast schlimmer ist als
die Annahme der Vorurteile ohne Widerstand, ist, dass keiner der Andorraner, bei der
Hervorhebung der Schuldfrage, die Schuld auf sich nimmt. Niemand will Verantwortung
und Schuld daran tragen, was passiert und passiert ist. Noch ein Stück weiter geht es
damit, dass die Andorraner nicht nur die Schuld nicht auf sich nehmen, sondern auch noch
behaupten, gar nichts von all dem Geschehenen zu wissen und mitbekommen zu haben.
Eigentlich ein ziemlich schlimmer Fall, wenn man’s sich recht überlegt. Und eigentlich
auch schon fast unglaubwürdig, weil es so extrem ist. Leider aber, kennen wir diese
Situation nur zu gut, denn sie stösst mitentspricht einer uns sehr vertrauten
Realität
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zusammen. Vielleicht nicht in diesem Masse, zumindest nicht alltäglich, aber ich denke,
wir kennen das alle. Der Mensch ist einfach zu egoistisch. Zzu asozial. Immer muss man
sich überlegen, was besser für einen selbst ist. Immer will man das Beste für sich haben.
Und dazu muss man sich immer überlegen, wie man zu dem kommt, was man will, ohne
dass die anderen merken, dass man egoistisch ist und diese Sache nicht jemand anderem
gönnen würde. Und da kommt genau wieder dieser Punkt, den man oben schon gesehen
hat. Kein Mensch wäre sich der Schuld bewusst, dass sein Verhalten egoistisch war.
Zumindest würde er es nicht zugeben...
(Aber jetzt genug Abschweifung, um wieder zurück zum Buch zu kommen. ☺)
Anhand des Vaters kann man gut erkennen, dass jeder Mensch eigentlich trotzdem nur
ein feiges, gemeines Individium ist, das letztlich doch nur an sich selbst denkt. So ist der
Vater, der eigentlich ganz nett zu sein scheint und so wirkt, als wäre er ein guter Kerl, weil
er Andri vor den bööösen Schwarzen gerettet hat. Und dann stellt sich heraus, dass er aus
Angst, er würde vielleicht von den Andorranern abgelehnt werden, seinen eigenen Sohn
verraten hat, der eigentlich das Ergebnis aus der Liebe zwischen Can (Andris Vater) und
einer Schwarzen ist.
Ich finde es sehr gut, dass Max Frisch kein Land genommen hat, das bereits existiert.
Durch sein fiktives Land verurteilt er niemanden und schafft keine Vorurteile. Allerdings
finde ich, hätte er auch beim Namen einen inexistenten nehmen sollen. Durch das, dass
der Name „Andorra“ bereits exitstiert, geht der Plan mit dem, dass man niemanden
verurteilt, leider nicht mehr ganz aufgeht, da es möglicherweise doch Leute gibt, die sich
dadurch diskriminiert und angegriffen fühlen.
Insgesamt finde ich Andorra ein gelungenes Werk. Einzig der Schluss war meiner
Meinung nach ein bisschen abrupt. Aufgrund der Zeugenschranke hatte ich schon
während desm Lesens erwartet, dass vielleicht eine Verhandlung vor dem Gericht
stattfinden wird. Das hätte aber wahrscheinlich bedeutet, dass das Buch ein Happy End
gehabt hätte. Und das war offensichtlich nicht Max Frischs Absicht.
Ein anderer kleiner, aber doch bedeutungsvoller Kritikpunkt ist, dass er am Schluss hätte
schreiben sollen, dass Andri erschossen wird. Auch wenn es eigentlich klar ist, hätte es
unterstrichen, wie egal den Andorranern der Tod von Andri ist.
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Das Buch ist, obwohl Max Frisch wie Lessing und Dürrenmatt – teilweise zumindest- , zur
„langweiligen, traditionellen“ Schullektüre gehört, meiner Meinung nach sehr lesenswert
und es regt an zu überlegen und zu denken...
Kommentar
Du tust gut daran den Text mit Buchkritik zu betiteln, dein Text ist grösstenteils genau das. In
dieser Form darfst du subjektiv und wertend schreiben; bei der Interpretation hingegen solltest du
dich um Objektivität bemühen.
Inhaltlich ist der Text in Ordnung, du sprichst einige interessante Punkte an. Sprachlich habe ich
aber schon Besseres von dir gesehen. Zu einen machst du mehr Fehler als auch schon, zum
andern meine ich, dass du einiges direkter, mit weniger Worten hättest sagen können. Achte bitte
auch darauf, dass ein solcher Text nicht allzu ‚mündlich‘ ausfällt...