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Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch Thema: Modularbeit Drama Modul Nr. 2 von Lukas Fuchs 10578 Zeichen ergibt 7 Pt. Seite 1 von 5 Bewertung: genügend Interpretation Eines, meiner ausgewählten Dramen, war 'Andorra' von Max Frisch. Als ich begann, das Buch zu lesen, stolperte ich schon in den ersten Zeilen über das Wort 'weisseln'. Da ich nicht wusste, was es heisst, dachte ich mir, ich müsse es nachschlagen, habe es aber nicht getan, weil ich nicht wusste, wie wichtig dieses Wort sein könnte. In den nächsten Seiten las ich das Wort wieder und wieder, also wurde ich neugierig. Bei Google fand ich die Erklärung: weiss streichen. Ich war ein wenig enttäuscht, da ich den Sinn noch überhaupt nicht verstanden hatte. Erst jetzt, wo ich das Drama fertig gelesen habe, verstehe ich den eigentlichen Sinn: Es geht um Schuld und Unschuld. In den ersten Seiten ist die Rede von Jungfrauen, die die Häuser ihrer Väter wWeiss anmalen. Das ist ein klares Zeichen von Unschuld, welches aber durch den Auftritt des Soldaten ein wenig zerstört wird. Er ist stolz, überheblich, selbstsicher und angeblich mutig. Er wird von Anfang an als negativer Charakter beschrieben, was an seinen spöttischen Aussagen zu erkennen ist. Als Soldat fühlt er sich stark und scheut keine rassistischen Aussagen. Da er will, dass die Schwarzen angreifen, ist zu schliessen, dass er sich wenig um Andere kümmert, ein extremer Egoist.1 Genau da fiel mir noch was anderes auf: die Schwarzen. Wenn die Ausländer 'schwarz' sind, sind die Andorraner ziemlich sicher weiss. Noch ein Hinweis auf die Unschuld. Sie sind alle sehr patriotisch und, obwohl sie Angst vor einem Angriff von den Schwarzen haben, sind sie immer noch eingebildet und hochnäsig auf ihre Art. Die Meisten von ihnen scheinen nichts vom Ausland zu wissen, und doch glauben sie, alles davon zu wissen. Sie haben starke Vorurteile, was noch klarer wird, beim Auftritt der Senora. Spannend sind auch der Idiot und der Jemand. Beim Jemand wollte Frisch entweder sagen, er sei unwichtig (was ich eher weniger glaube), oder aber, dass die Andorraner ihn nicht kennen, beziehungsweise nicht kennen wollen. Vielleicht ist er auch einfach nur der typische andorranische Bürger, der den Rest des Volkes vertritt. (ziemlich sicher Letzteres) Ich frage mich, ob der Idiot, aus der Sicht des Autors, oder aus der, der Andorraner, ein Idiot sein soll. Wenn Max Frisch ihn einfach den Idioten nannte, weil er ihn für einen hielt, wollte er damit womöglich den Leser darauf aufmerksam machen, dass man es mit einem doofen Charakter zu tun hat, was aber ein wenig sinnlos wäre, denn darauf kommt wohl jeder, auch ohne Hinweis. 1 Hier und auch später in deinem Text hättest du deine Aussage mit Zi taten aus oder Verweisen auf den Text belegen können. Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch Thema: Modularbeit Drama Seite 2 von 5 Wenn der Mann aber Idiot heisst, weil er von den Bürgern so genannt wird, heisst das, dass die Andorraner unter einander auch Leute ausschliessen und verhöhnen. Offiziell macht es wohl keiner, aber sie sind alle sehr oberflächlich und es wird nichts öffentlich besprochen. Ich glaube, es wird nie gesagt, warum sich der Lehrer (Andris Vater) immer häufiger betrinkt. Seine ganze Persönlichkeit macht erst gegengen Schluss hin Sinn. Es wird erwähnt, dass er mehr als andere über die Schwarzen weiss. Er ist eigentlich gutmütig, und dennoch genau so feige wie alle aAnderen, sonst hätte er Andri die Wahrheit schon früher gesagt, oder vielleicht gar nie verschwiegen. Durch seine Feigheit entstand im Prinzip die ganze Geschichte. Da der erste Eindruck einer Person immer wichtig ist, habe ich mir Gedanken über Andris erstern Auftritt gemacht. Er erscheint wortlos und wirft ein Geldstück in die Musikbox – eigentlich ganz normal, nicht? Das machte mich ein wenig stutzig, weil er eigentlich anders sein müsste, nach dem Denken der Andorraner. Die Szene wird mehrmals wiederholt, was dem Ganzen noch Gewicht geben soll. Aber warum sollte es so wichtig sein? Vielleicht nur um zu zeigen, dass er eben gerade so normal ist. Ein anderer Punkt ist der Geiz. Die Leute werfen ihm vor, geizig zu sein 'wie jeder Jude', was aber auch nicht möglich sein kann, da er anscheinend die ganze Zeit Geld für den unnötigen Musikkasten ausgibt. Später nimmt er selbst diese Lüge als seine Identität an und überzeugt sich schlussendlich selbst. Ausschlaggebend für seine Wut und Verzweiflung sind eigentlich zwei Dinge: Zum einenerstens, der Tischler und zum anderenzweitens die Beziehung zu Barblin. Der Tischler verunsichert ihn, da er ihn mit starken Vorurteilen in seine Werkstatt auf nimmt. Als er ihm vorwirft den schlechten Stuhl gemacht zu haben, will der sich verteidigen, aber der Geselle, sein 'Freund', ist zu feige, ihm beizustehen (Wieder ein Zeichen des Egoismus! Er fürchtet nämlich den Job zu verlieren.). Kein Wunder ist Andri enttäuscht. Der Tischler erklärt ihm, dass Juden besser im Umgang mit Geld seienind, damit wird ihm ein Stück weit erklärt, wie er sein sollte. Zuerst ist Andri zu feige, den Vater um die Hand Barblins zu bitten, was ihm aber dann doch gelingt. Der Vater reagiert aus der Sicht Andris merkwürdig, hätte aber auch nicht anders reagieren können, ausser gleich die Wahrheit zu sagen, was ihm die eigene Feigheit jedoch verbietet. Andri hat nun kein Vertrauen mehr in seinen Vater. Barblin spielt im ganzen Stück (ausser der Mutter und der Senora vielleicht) die einzige ein wenig nicht-menschliche Figur. Sie ist nie anklagend und stets hilfsbereit. Am Schluss wird sie womöglich genau aus dem Grund verrückt. Frauen haben in dem Buch sowieso nicht viel zu sagen. Dann gibt es noch den Pfarrer, eigentlich ein guter, jedoch feiger Mann. Er ist ein Zeichen von Vernunft, getraut sich aber nicht, wirklich etwas zu unternehmen. Wahrscheinlich will er es allen Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch Thema: Modularbeit Drama Seite 3 von 5 recht machen. Er scheint unter dem Misstrauen Andris zu leiden, aber womöglich ist er selber schuld, da er ihm zuerst Wahrheit verschwieg. Der Pfarrer und der Vater haben noch einiges gemeinsam. Grundsätzlich sind sie vernünftig, sind jedoch in ihrer Angst und Feigheit gefangen. Der Autor wollte bei den Andorraner nicht allzu viele Unterschiede schaffen. Man muss erkennen können, dass sie zwar unterschiedliche Meinungen und Charaktere haben, eigentlich aber alle gleich sind. Frisch hat absichtlich keine 'guten' Charakteren' gemacht, sonst wäre das Buch auch überhaupt nicht glaubwürdig. Speziell sieht man das bei Andri. Er ist nicht einfach nur das Opfer, sondern auch ignorant und mühsam. Wenn er nur einmal zugehört hätte. Er tut Barblin Unrecht, als er sie beschuldigt, mit allen Männern (und vor allem dem Soldat) geschlafen zu haben, obwohl sie wahrscheinlich nur aus Angst um ihn nichts davon gesagt hatte. Ich glaube nicht, dass Andri die Wahrheit am Anfang des Dramas akzeptiert hätte. Man könnte dem Vater die Schuld für seine Misere geben, das sehe ich aber überhaupt nicht so. Es wird stets betont, er habe das Judenkind wie seinen eigenen Sohn aufgezogen. Er glaubte wohl, dass er so einerseits Andri schützen, anderseits seinen Seitensprung verdecken könne. Man kann sich die Personen gut vorstellen, da sie sehr menschlich sind. Gerade als Schweizer kommen mir die Geschehnisse sehr bekannt vor. Ausser der Schweizer Kultur kenne ich nur noch die Amerikanische gut und dort ist es wieder ganz anders – andere Vorteile, andere Nachteile. Ich will kein Land anklagen, aber ich nehme mal mal an, dass Frisch als Schweizer doch recht von der Schweiz inspiriert war und wir daher die Geschichte auch ernst nehmen müssen. Damals im zweiten Weltkrieg, wollten wir die Juden auch nicht aufnehmen, weil wir 'neutral' bleiben wollten, oder einfach Angst hatten. So entfernt man sich von jJemandem, der in Not ist, ignoriert ihn, um so nicht mit hineingezogen zu werden und plötzlich kennt man den eigenen Freund nicht mehr. Viele Dramen, Komödien und so weiter sind im Kern sehr gesellschaftskritisch. Ich bin überzeugt, dass man solche Probleme teilweise lösen könnte, wenn man nur mehr an sich selbst ändert, anstatt alle anderen zu kritisieren. Der Doktor ist für mich ein gutes Beispiel für die Menschen. Durch seinen Beruf hat man Achtung vor ihm, deshalb reagierte der Lehrer so heftig, als der Doktor schlecht über die Juden sprach. Ich war auch ein wenig empört, da man von einem Doktor einfach mehr erwartet, als von einem 'normalen Bürger'. Der Rassismus spielt in dem Buch allgemein eine sehr wichtige Rolle. Bei der Judenschau glaubt der Mann einen Juden an seinem 'Ggehen' zu erkennen. Ich möchte nochmals auf den Soldat zurückkommen. Er ist der einzige Charakter, der von Grund auf böse zu sein scheint. Am Anfang glaubt man einfach, er sei ein Angeber, doch spätestens, in dem Moment, als er Barblin vergewaltigt, erkennt man seine Bosheit. Der Soldat ist nicht nur ein Angeber, sondern auch ein Feigling und ein schlechter Verlierer. Er kritisiert an Andri und dieen Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch Thema: Modularbeit Drama Seite 4 von 5 Andorraner genau dort, wo er selbst auch schwach und hilflos ist. Durch seinen Verrat am Schluss entpuppt er sich als der ängstlichste und feigste von allen. Das ist nochmals ein Hinweis auf die Gleichheit der Menschen. Kein Andorraner ist besser als der Andere. Keiner muss sich rühmen, denn jeder trägt die Schuld an Andris Tod. Speziell sind auch die Szenen zwischen den Bildern. Man erfährt schon früh einiges von der Geschichte und was mich am meisten erstaunte, war die Szene, als der Soldat in Zivil auftritt, relativ kleinlaut, eigentlich schuldbewusst, aber immer noch zu Stolz, die eigene Schuld einzusehen. Wenn ein so stolzer und patriotischer Soldat wie Peider in Zivil auftritt, zeigt er zwar Schwäche, aber zugeben würde er es wahrscheinlich nie. Er ist ziemlich sicher einfach untergetaucht, hat versucht zu vergessen, was ihm anscheinend jedoch nicht gelang, da das schlechte Gewissen an ihm nagte. So erging es vermutlich allen Andorranern. Sie wollten nicht einmal nach dieser Tragödie etwas ändern. Alle Leute, die zwischen den Szenen auftreten, versuchen die Schuld auf die Anderen zu schieben. Wie wird wohl das Lleben für sie weiter gegangen sein? Der Lehrer ertrug die Schuld nicht und erhängte sich, die Halbschwester wurde verrückt und von der Mutter weiss ich nichts. Ich weiss auch nicht, ob die Mutter von Andris Herkunft wusste. Wie wird wohl der Tischler nachher gelebt haben? Ein normaler Mensch kann nicht einfach so über seine Fehler hinweg blicken. Wie kann man als Mensch überhaupt leben mit aller eigenen Schuld? Man kann entweder eine Maske aufsetzen, oder sich verkriechen. Es kommt nicht einmal drauf an, wie gross wir die eigene Schuld einschätzen. Ob es nun mit dem Tod eines Menschen zu tun hat oder nicht, ist nicht so wichtig. In einem Buch übertreibt man gern, man soll auch übertreiben, damit man die Folgen von einem bestimmten Handeln erkennen und allenfalls vermeiden kann. Kommentar Ich war mir zwischenzeitlich nicht ganz sicher, ob du hier wirklich eine 'Interpretation' geschrieben hast; ich bin dann aber zum Schluss gelangt, dass dem doch so ist. Wieso habe ich mich das gefragt? Wie du zu Anfang und auch am Ende wieder ausführst, geht es in deinem Text um die Frage der Schuld. Dazwischen gibt es aber immer wieder Abschnitte und Gedankengänge, die für sich genommen vielleicht interessant sind, sich aber in keinen direkten Zusammenhang mit dem Überthema stellen. Das lässt mich als Leser deiner Interpretation manchmal etwas ratlos zurück. Was könnte man nun besser machen? Ich würde dir auf jeden Fall anraten deinen Text um eine griffige These herum anzuordnen. Eine solche erkenne ich durchaus; sie könnte etwa so lauten: Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch Thema: Modularbeit Drama Seite 5 von 5 „Alle Charaktere in Frischs Stück sind 'schuldig', Unschuld gibt es in Andorra nicht.“ Wenn du so etwas gleich in der Einleitung bringst, dann gliedert sich dein Text praktisch von alleine; es geht immer darum, das zu belegen. Weiter würde ich deinen Text auch etwas ausdünnen – was sich nicht auf die These beziehen lässt, würde ich weglassen. Wenn du das dennoch verwenden willst, so schreibe einen eigenen Text dazu. (Eine interessanter wäre z.B.: „Dinge die ich an 'Andorra' nicht verstehe“. So etwas wäre ein netter Ansatzpunkt für eine Diskussion oder eine Einladung für Textkommentare deiner Mitschülerinnen. Wenn du den also schreiben willst...) Ich habe bereits in der Fussnote angegeben, dass du in einem solchen Text genauer arbeiten solltest. Beziehe dich auf das Stück! Sprachlich ist mir aufgefallen, dass du z.T. etwas nahe an der gesprochenen Sprache bist. Mit den eingeschobenen Fragen und den Satzelipsen wäre ich in einem derartigen Text etwas zurückhaltender...