Ausgabe 8-2014

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Ausgabe 8-2014
Heißer Sommer
19. Jahrgang
Nr. 8/2014
EVP: 1 Euro
Die Bürgerzeitung
aus Marzahn-Hellersdorf
Bei der drückenden Hitze im Juli hatten auch Schmetterling und Hummel Durst und sogen kräftig am Blütennektar. Beide tragen zur Bestäubung und somit zum
Weiterbestehen der Pflanzenwelt bei. Foto: Dittmann
Inhalt
Handwerks goldener Boden
Künstler-Serie in jot w.d.:
Viele Leser werden sich an
Sänger und Musiker ihrer
Jugendzeit in der DDR erinnern. jot w.d. berichtet, was
aus ihnen geworden ist. Heute: Rosemarie Ambé.
Seite 3
Roden trotz Verbot:
In einem Grundsatzurteil
hat das Oberverwaltungsgericht bereits im vergangenen Jahr das Sommerrodungsverbot bestätigt.
Gefällt wird im Bezirk
trotzdem; jot w.d. zeigt zwei
schlimme Beispiele.
Seite 5
Welt Musik:
Im Juli fand im thüringischen Rudolstadt wieder
Europas größtes Weltmusikfestival „Tanz- und
Folkfest“ statt. Diesmal
freute sich jot w.d. über einen Schwerpunkt Tansania, magische Bass-Instrumente und eine ergreifende Eddi Reader.
Seite 6
Kulturhaus adé:
Die Pläne für eine Frauensporthalle im Freizeitforum
Marzahn weiten sich aus.
Wie jot w.d. erfuhr, sollen
bald große Teile des gesamten Hauses für die körperliche Ertüchtigung der
Damen blockiert werden.
Seite 8
Können sich freuen: Florian Kuplent von der Urban Chestnut Brauerei aus St. Louis/USA (li.), Larissa
Leidener von Brew Dog und Tom Crozier von der Vagabund Brauerei aus dem Wedding erhielten auf der
diesjährigen Biermeile Besuch von Bierkönigin Melina. Die Amerikaner vertraten (neben einer Reihe weiterer Firmen) den diesjährigen Schwerpunkt „Craft Beer“. Siehe Seite 2.
Foto: Nachtmann
Liebe Leser,
nur für jene, die diese Zeitung vielleicht zum
ersten Mal lesen: Ich zähle (mich) zu den Zeitgenossen, die des Antisemitismus nun wahrlich völlig unverdächtig sind. Ich möchte
gleich am Beginn dieser Kolumne zum x-ten
Mal darauf hinweisen, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen Judentum und
seinem „Erez Israel“ und dem real existierenden Staat Israel mit seiner gegenwärtigen Politik gibt.
Da ich diese Zeilen schreibe, vermelden die
Nachrichten 1900 Tote im Gaza-Krieg, davon
knapp 60 israelische Soldaten und 4 israelische Zivilisten, der Rest palästinensische Zivilisten. Sämtlich Zivilisten, denn eine reguläre palästinensische Armee gibt es nicht. Ich
möchte an den Beginn dieses nun schon 66
Jahre dauernden Krieges erinnern: Der Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch
David Ben Gurion (bewusst noch vor einer
Uno-Entscheidung) folgte die Kriegserklä-
Tausend Augen für ein
Auge, tausend Zähne
für einen Zahn
rung mehrerer arabischer Staaten gegenüber dem
neuen Land, wo wiederum sofort die Nakba (arabisch: Katastrophe), die gewaltsame Vertreibung
von 700 000 dort bisher lebenden Palästinensern, begonnen wurde. Ihr Hab und Gut wurde
konfisziert, ihre Rückkehr ist bis heute verboten. Einen Hinweis auf deutsche Analogien vor
und nach 1945 erspare ich mir.
Ein Kernpunkt des Nahost-Konflikts wird in der
tagesaktuellen Berichterstattung meist ausgeblendet – das relativ kleine Gebiet (davon noch
ein Teil Wüste) und die relativ vielen Menschen.
Juden wie Palästinenser verstehen sich als Volk
ohne Raum, den einen reicht nicht einmal ihr
Staatsgebiet, um alle dort lebenden unterzubringen, die anderen haben nicht einmal einen eigenen Staat. Und können ihn nach Israels Doktrin
auch nicht haben, denn nach der völkerrechtswidrigen Annexion der syrischen Golanhöhen
wird auch das Westjordanland als Staatsgebiet beansprucht.
Diesen Anspruch abzuwehren, kämpfen Palästinenser mit legalen und illegalen (terroristischen) Mitteln gegen Israel, dessen Existenzberechtigung von arabischen und westlichen Extremisten geleugnet wird. Israels
Verteidigungsstreitkräfte (Zva haHagana
leJisra’el) halten per „Vorwärtsverteidigung“
dagegen. Allerdings nicht nach dem alttestamentarischen Motto „Auge um Auge, Zahn
um Zahn“, sondern mittels des abscheulichsten aller Kriegsverbrechen – dem Völkermord. So wie Josua nach der Eroberung Jerichos alle seine Einwohner umbringen ließ. Bis
auf Rahab und ihre Familie.
Ehe Sie nun aber schnell zur Bibel greifen,
um nachzulesen (Josua 6), wünsche ich Ihnen
erst einmal viel Spaß mit dieser 216. Ausgabe
von jot w.d.
Ihr Ralf Nachtmann
2
jot w.d. 8/2014
Aktuell
Orient, Italien und
Fernost feiern
Massenware gibt’s genug
Marzahn – Wenn Sultane ihre
Palasttüren öffnen, weiß ein jeder: Es wird ein rauschendes
Fest. Bei feinster orientalischer
Küche, stimmungsvoller Musik
oder anmutigen Tänzen lässt es
sich prächtig feiern. Für die kleinen Gäste werden magische
Märchenstunden und kleine
Workshops angeboten. Das
„Marhaba bikum“ findet am 10.
August, 14-18 Uhr, im und am
Orientalischen Garten statt, Eintritt 6/2,50 Euro.
Am 30. August, 19.30 Uhr, heißt
es vor einer traumhaft illuminierten Kulisse des Italienischen
Renaissancegartens wieder „Viva
la musica“. Beim Open-AirKlassikereignis dirigert Roland
Mell das Berliner Kammer Orchester in sinfonischer Besetzung
und folgt mit ihm den Spuren von
Wolfgang Amadeus Mozart nach
Italien. Diese Konzertreise klingt
mit einem Feuerwerk aus. Sitzplatzkarten 26 bis 30 Euro.
Am 6. September erwartet die
„Göttin des Mondes“ Alt und
Jung von 17.30 bis 21.30 Uhr
zum diesjährigen Mondfest mit
Drachentänzen, funkelnder
Laternenparade und einem glitzernden Feuerregen im Chinesischen Garten. In Asien wird der
Mond verehrt und lebhaft gefeiert, wenn er am tiefsten Punkt
der Mondlaufbahn angekommen
ist und am hellsten leuchtet.
Eintritt 6/2,50 Euro.
RN
Biermeile präsentierte handwerkliche Braukunst
Friedrichshain – Ob Handwerk
tatsächlich „goldenen Boden“
hat, wie es das Sprichwort behauptet, mag dahingestellt bleiben. Dass noch kein Handwerker
durch seiner Hände Arbeit zum
Millionär wurde, ist wohl unstrittig. Dennoch findet Handwerkskunst in einem Metier immer
mehr Zuspruch, in dem man es
nicht unbedingt erwartet hätte: Im
Brauereigewerbe.
Alte Bierbrauerkunst nimmt seit
einigen Jahren (Sie war nie verschwunden!) einen rasanten Aufschwung, insbesondere seit die
USA das dort so genannte „Craft
Beer“ für sich entdeckten. Auch
wenn dort noch immer das „Bud“
mit abermillionen Flaschen den
Markt ähnlich beherrscht wie bei
uns die Gerstensäfte der Oetkergruppe, hat der kräftiger Zuwachs
an handwerklichen Bieren in
Übersee nun auch die dortige Bezeichnung, eben Craft Beer, auf
den „alten Kontinent“ herüber
geschwappt. Wer will da von
„amerikanischem Kulturimperialismus“ sprechen, wo das Bierbrauen doch in mitteleuropäischen
Landen durch die vergangenen
1000 Jahre zur Blüte reifte.
Es nimmt also nicht Wunder, dass
in diesem Jahr die Craft Biere in
den fachlichen Mittelpunkt des
18. Internationalen Bierfestivals
gerückt wurden. Mehr als 300
Besonders großen Zuspruch fanden Biergott Gambrinus (Eberhard Schollmeier) und Bierkönigin Melinda bei den Vertretern des Saigon-Bieres (war auch schon einmal „Festival-Bier“) mit seinen ganz besonders hübschen Hostessen. Das fernöstliche Bier gibt’s auch in „China-Restaurants“. Foto: Nachtmann
dieser Sorten aus aller Welt waren neben den großen und bekannten Marken vertreten. Sie
bieten ein breites Geschmacksspektrum, weit weg von der
Gleichförmigkeit der Massenhersteller. Das reicht von fruchtig-leichten Bieren bis zu ganz
stark gehopften Sorten, deren Bitterkeit man leicht als „medizinisch“ bezeichnen mag. Wer ein
bisschen probiert, findet bestimmt bald „seine“ Sorte.
Übermäßig teuer, wie man vermuten mag, sind die handwerklichen Biere nicht. Auch wenn sol-
Aboschein
Ja, ich möchte
Die Bürgerzeitung
aus Marzahn-Hellersdorf
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che Spezialitäten wie das Champagnerbier (0,7-Liter-Flasche für
13 Euro) darauf hindeuten mögen. Das „Atlantik Ale“ der Stralsunder Störtebeker-Braumanufaktur beispielsweise kostet nicht
mehr als andere „große Marken“,
die Millionensummen in die Werbung stecken.
Eine sehr interessante Besonderheit bietet die Museumsbrauerei
Wippra (heute ein Stadtteil von
Sangerhausen im Harz). Dort werden etwa die Maschinen noch von
alten Transmissionsriemen aus
dem Jahr 1905 angetrieben. Dort
gibt eine „Bierflüsterin“ nicht nur
interessierten Frauen einen Einblick in die Braukunst. Dort wird
mit dem „Wipprator“ (Vorsicht bei
der Aussprache, Verwechslungsgefahr!) ein malzbetonter Doppelbock (8,9 Prozent Alkohol, 18
Grad Stammwürze) gebraut, der es
genauso in sich hat.
Die Biermeilenbesucher konnten
unter den insgesamt gut 2400
Biersorten mehr als 300 solcher
handwerklich gebrauter testen.
Manch einer mag auf den Geschmack gekommen sein.
Ralf Nachtmann
jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf,
Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn. Redakteure und Mitarbeiter erhalten dafür
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Die nächste Ausgabe von jot w.d. erscheint am 4. September 2014
Redaktionsschluss: 26. August 2014, Anzeigenschluss: 28. August 2014
IMPRESSUM
jot. w. d.
Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf
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Müllerstraße 45, 12623 Berlin, Telefon: 56 58 70 99, Email: [email protected]
Redaktion: Ingeborg Dittmann, Ulrich Clauder, Ralf Nachtmann (Leitung, Gestaltung und Produktion)
Ständige Autoren: L. Schuchert, H. Sandow, H. Stehling, D. Neidigk
Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186, Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173
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Erscheinungsweise: monatlich; Verkaufspreis 1 Euro; Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten
Nächste öffentliche Redaktionssitzung: voraussichtlich Freitag, 22. August, Ort und Zeit bitte telefonisch erfragen
Die Redaktion behält sich das Bearbeiten von Beiträgen vor. Keine Haftung für eingesandte Beiträge und Fotos.
Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht in jedem Falle mit der Meinung der Redaktion überein.
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Leute
jot w.d. 8/2014
Siggi wird 70 – mit einem
Lächeln im Gesicht
Siegfried Trzoß engagiert sich seit über
50 Jahren für den ostdeutschen Schlager
Wie macht der Mann das bloß?
Heute in Leipzig zu einer Buchlesung, morgen in Neubrandenburg
zur Schlagermatinee, tags drauf
moderiert er die Schlager-Gala im
FFM in Berlin, sitzt Stunden später im Studio von Alex Berlin, um
seine wöchentliche „Kofferradio“Sendung vorzubereiten, abends erscheint er gut gelaunt zu unserem
Künstler-Stammtisch im Kaulsdorfer „Oberfeld“, danach reist er
durch die Lande, um seine Senioren-Talente-Show in mehreren
Bundesländern vorzubereiten,
Sponsoren zu suchen, zu organisie-
ren, neue Songs im Studio aufzunehmen, Texte zu schreiben, sein
Lexikon des Ostschlagers komplett
zu überarbeiten, sich für seine Veranstaltungen und Radiosendungen
CDs und alte TV- und Funkmitschnitte anzuhören und auszusuchen, Künstler zu überreden, für
ein symbolisches Honorar zur Muttertags-Gala, zur Schlagerstunde in
der Seniorenstätte oder bei der Langen Nacht der Senioren aufzutreten, zu telefonieren, zu mailen, bei
Facebook zu posten, Texte für seine Internetseite zu aktualisieren ...
Und dann kümmert er sich auch
noch ganz persönlich um alte Bekannte und Freunde, denen es gesundheitlich schlecht geht, fährt
durch halb Berlin, um Ärzte und Sozialämter auf Trab zu bringen. Und
dabei geht es ihm oft genug gesundheitlich selbst nicht gut. Wie oft „lächelt“ er seine Schmerzen im Knie
oder Rücken einfach weg, wenn er
auf der Bühne steht und Frohsinn
und gute Laune verbreitet! Stets mit
einem Lächeln im Gesicht (sein
Lebensmotto). Dieses Pensum
schafft kein Vierzigjähriger.
***
Wirst Du wirklich 70, Siggi? Wer
soll Dir das glauben! Na gut, Du
bist ein Frühaufsteher. Trotzdem
hat der Tag nur 24 Stunden. Wenn
ich Dir nachts so gegen 2 Uhr eine
Mail schicke, kommt die Antwort
meist am nächsten Morgen gegen
acht postwendend. Eigentlich
bräuchte Dein „Ein-Mann-Unternehmen“ ein paar Mitarbeiter, wenigstens eine Sekretärin. Aber zu
Reichtum bist Du nie gekommen,
weder als Lehrer in Neuenhagen,
noch später, in Deinem „zweiten
Leben“ – als „ehrenamtlicher“ Moderator, eigener Regisseur Deiner
Veranstaltungen, als Texter oder
Buchautor. - So was geht nur, wenn
man für eine Sache brennt. Etwa
für die Bewahrung und Pflege des
ostdeutschen Liedgutes, speziell
des Schlagers. Du bist auf die Palme gegangen, als nach der Wende
Anfang der 1990-er das alles den
Bach hinunter ging. Der ostdeutsche Schlager für die Medien nicht
mehr existierte, so als wäre da nie
etwas gewesen (noch heute ist das
weitestgehend so und noch immer
schickst Du den Sendern Deine
Proteste).
Ich weiß nicht, wie viele Sänger,
Komponisten oder Autoren aus
dem Ostteil dieses Landes durch
Dich wieder neuen Lebensmut
gefasst haben. Du hast sie wieder
auf die Bühne geholt, ihnen ihr
Publikum wiedergegeben. Das fing
schon Anfang der 90-er an, mit
Veranstaltungsreihen wie dem
Prominentenplausch, der Litfaßsäule, 3 nach drei (2011 waren es
schon 200 Talks!), den Sonntagsund Weihnachtsmatineen, der Langen Nacht der Senioren, dem Kofferradio (auch als öffentliches LiveEvent mit Hunderten Besuchern),
der Talente-Show „Grand Prix Goldener Herbst“. Der Platz reicht
nicht, um all Deine Initiativen aufzuzählen, mit denen Du nicht nur
den ostdeutschen Unterhaltungskünstlern ein Podium gabst, sondern auch dem Publikum 50plus.
Inzwischen sind sogar viele Junge
dazu gekommen, auf der Bühne
und im Publikum.
70 also am 4. August. Ich hoffe,
unsere Kaulsdorfer Stammkneipe
platzt am Montag nicht aus allen
Nähten. Die Geburtstagsgala am
26. August, die das Freizeitforum
für Dich organisiert, ist jedenfalls
schon ausverkauft. Auch ohne Werbung. Und zum „Kofferradio“ am
9. August lässt Du ausnahmsweise
mal Dich überraschen.
Ingeborg Dittmann
Die Minuten der Ruhe und Besinnung wie hier in Köpenick sind
selten, eigentlich ist Siggi immer
in Aktion, so wie beim letzten
„Grand Prix“ im FFM.
Fotos: Nachtmann
3
Musiklegenden des Ostens – jot w.d.-Serie, Teil 117
In der Juli-Ausgabe 2004 begannen wir, Künstler vorzustellen, die in der Jugendzeit vieler unserer Leser – also in den 50er, 60er, 70er und
80er Jahren – Schlagzeilen machten.
Wie steht es um die Publikumslieblinge von einst
heute? jot w.d. traf viele von ihnen. Wir setzen
unsere Serie in dieser Ausgabe mit der soeben
verstorbenen Sängerin Rosemarie Ambé fort.
Rosemarie Ambé
Von der erfolgreichen Schlagersängerin zur „Leihomi“
Mit der Bostella „Es fängt ja alles erst an“ (Schmiedecke/Lietz)
war sie 1968 die Überraschungssiegerin beim DDR-Schlagerwettbewerb in Magdeburg. Auch
für die attraktive Blonde fing
damals „alles an“ - ihre erfolgreiche Karriere als Schlagersängerin. Bekannt in der Szene war
die am 7. Februar 1941 in Perleberg (Prignitz) geborene Sängerin, die zunächst den Beruf einer Stenotypistin erlernte, aber
spätestens seit 1965, als ihre
ersten Titel auf Platte erschienen – „Hully-Gully am Strand“
und „33 Bilder“ (beide von
Natschinski/ Osten). Ihre Laufbahn als Sängerin begann 1962,
mit einem Engagement in einer
Revue des Friedrichstadtpalastes. Zuvor hatte sie eine
Gesangsausbildung absolviert
und war zwei Jahre Mitglied der
Komparserie an der Deutschen
Staatsoper. Mit dem Tanzorchester Alo Koll und der TipTop-Combo tourte die junge
Sängerin im In- und Ausland. Im
September 1964 trat die damals
23-Jährige in der Berliner Großgaststätte „Zenner“ auf und wurde dort von dem Komponisten
Gerd Natschinski, dem Schlagertexter Siegfried Osten und
dem Schauspieler Günter Simon
quasi entdeckt (Letzterer war
nebenbei auch Moderator der
Schlagersendung „Von Monat zu
Monat“ im Deutschlandsender.).
Beim DDR-Schlagerwettbewerb
1966 war sie mit dem Titel „Seifenblasen und Luftballons“
(Uhlenbrock/Krautz) erfolgreich.
Die Älteren erinnern sich vielleicht auch noch an andere
Ambé-Schlager von damals –
„Abends wenn der Mond“ und
„Das fünfte Rad am Wagen“, „Er
hat ein Motorboot“ (1965), „Nur
du allein“, „Sieben Tage“ (1966),
„Dann beginnt eine Reise“, „Viel
Glück in Mexiko“ (1968), „Der
allergrößte Glückspilz“, „... und
wenn du mich küsst“ (auf einer
Single 1970, aufgenommen mit
dem Orchester Gerd Natschinski). Mit dem Stimmungsschlager „Blasmusik ist Balsam für die
Ohren“ (Rzeczkowska/Halbach)
vertrat die Sängerin die DDR
1970 beim Internationalen Liederfestival in Sopot (Polen).
Während ihrer aktiven Karriere
trat
Rosemarie
Ambé in 15 Ländern auf und nahm
zwölf Platten auf.
Von 1965 bis 68
war die Sängerin
auch Mitglied der
bekannten Berliner
Gesangsgruppe
„Die Collins“, die
mit ihrem Satzgesang bestach, als
Background bei
Funk- und Plattenaufnahmen fungierte, aber auch solistisch auftrat.
Ihre Popularität
wuchs, seit Rosemarie Ambé 1974
gemeinsam mit
Fred Schmidt die
beliebte volkstümliche Fernsehsendung „Oberhofer
Bauernmarkt“ präsentierte. Bis
Ende der 1980-er Jahre lief die
Sendung im DFF. Verbunden damit war eine Hinwendung zum
volkstümlichen Schlager und
Stimmungsliedern, mit denen die
Sängerin bis zur Wende erfolgreich war. Danach blieben größere Angebote aus, ein Schicksal,
das die blonde Sängerin mit vie-
In dieser Serie erschienen bisher:
Ingo Graf, Mary Halfkath, Hans die Geige, Michael
Hansen, Monika Hauff/Klaus-Dieter Henkler, Monika
Herz, Jörg Hindemith, Ruth Hohmann, Andreas Holm
& Thomas Lück, Lutz Jahoda, Dieter Janik, Uwe Jensen,
Erhard Juza, Karat, Karussell, Barbara Kellerbauer,
Britt Kersten, Jürgen Kerth, Herbert Klein, Helmut
Kluwe, Zsuzsa Koncz, Jiri Korn, Henry Kotowski & Die
Sputniks, Horst Krüger, Thomas Kurzhals, Aurora
Lacasa, Reinhard Lakomy, Anke Lautenbach, Klaus
Lenz, Lift, Wolfgang Lippert, Angelika Mann, Gisela May,
Achim Mentzel, Sandra Mo & Jan Gregor, Gerti Möller,
Gruppe MTS, Gaby Munk & Ingo Krähmer, Gerd
Natschinski, Thomas Natschinski, Roland Neudert,
Brigitte Ahrens, Julia Axen, Franz Bartzsch, Arndt
Bause, Olaf Berger, Hans-Jürgen Beyer, Hansi Biebl,
Holger Biege, Dieter Birr, Helga Brauer, Uschi
Brüning, Ralf Bursy, Gerd Christian, City, Tamara Danz,
Kurt Demmler, Stefan Diestelmann, Dieter Dornig,
Walter Eichenberg, Hartmut Eichler, electra, Engerling, IC Falkenberg, Ina-Maria Federowski, Günther
Fischer, Veronika Fischer, Franke-Echo-Quintett, Dagmar Frederic, Maja Catrin Fritsche, Arnold Fritzsch,
Fred Frohberg, Rainer Garden, Gitte & Klaus, Günter
Gollasch, Peter Gotthardt, Heinz-Jürgen Gottschalk,
len anderen „Ost-Kollegen“ teilte. Anfang der 1990-er Jahre zog
sie sich zunehmend von der
Bühne zurück. Sie versuchte
umzusatteln, stieg als Mitarbeiterin in eine Pizzeria ein und
wollte als Sekretärin Fuß fassen.
Doch alles ging schief. So gab
sie jungen Leuten Gesangsunterricht und war auch als Lesepatin
an einer Berliner Schule tätig.
Im Rentenalter entdeckte Rosemarie eine neue, sie erfüllende
Aufgabe. Per Zufall las sie 2003
eine Anzeige vom Großelterndienst: „Leihomas gesucht“.
Das könnte eine sinnvolle Beschäftigung für mich sein, dachte die Mutter eines längst erwachsenen Sohnes, denn Enkel
waren ihr verwehrt geblieben.
Die Aufgabe als Ersatzomi füllte sie aus. „Ich fühle mich gebraucht, kann helfen und bin
glücklich“, sagte die ehemalige
Sängerin.
Am 16. Juni 2014 verstarb Rosemarie Ambé in ihrer Friedrichshainer Wohnung mit gerade mal 73 Jahren. Am 27. September widmet ihr Siggi Trzoß
in seinem „Kofferradio“ beim
Sender Alex Berlin eine ganze
Sendung. Ingeborg Dittmann
Abb.: Rosemarie Ambé im Jahr
1968, auf einer ihrer Amiga-Singles und auf einem aktuelleren
DVD-Cover. Fotos: Archiv
Omega, Peter Paulick, Ines Paulke, Jenny Petra, Eva
Maria Pieckert, Die Prinzen, Die Puhdys, James W.
Pulley, Thomas Putensen, Ingrid Raack, Brigitte
Rabald-Koll, Reform, Gaby Rückert, Christian Schafrik,
Fred Schmidt, Sonja Schmidt, Vera Schneidenbach,
Frank Schöbel, Christel Schulze, Hartmut SchulzeGerlach, Sonja Siewert & Herbert Klein, Silly, Sven
Simon & Pallas Band, Reiner Süß, Dina Straat, TheoSchumann-Combo, Tina, Regina Thoss, TRANSIT, Christiane Ufholz, Siegfried Uhlenbrock, Bärbel Wachholz, Jürgen Walter, Peter Wieland, Harald Wilk, Alfons Wonneberg, Pascal von Wroblewsky, Petra Zieger, Wolfgang Ziegler.
4
jot w.d. 8/2014
Ankäufe und Neubau
vergrößern auch
die degewo
Berlin – Durch Ankäufe und
Neubau baut die degewo ihre
Stellung als Berlins größte
kommunale Wohnbaugesellschaft weiter aus und ist mittlerweile für gut 75 000 Wohnungen zuständig, davon etwa
67 000 im eigenen Besitz. Erst
im Juli wurden knapp 2300
weitere Einheiten ins Portfolio
übernommen. Weitere 3500
will das Unternehmen bis 2020
neu bauen. „Mit unseren Ankäufen und Neubau schaffen
wir den sicheren und bezahlbaren Wohnraum, den Berlin so
dringend braucht“, sagte Vorstandsmitglied Christoph Beck.
Seit 2008 hat die degewo mehr
als 6000 Wohnungen gekauft.
Diese bilden nahezu die gesamte Palette des Mietwohnungsbaus ab und reichen von Altbauten aus der Gründerzeit,
den 1920-er oder 1930-er Jahren, bis hin zu Häusern aus der
Nachkriegszeit und Neubauten
der 1990-er Jahre. Die Wohnungen liegen weitgehend im
Westen Berlins mit Schwerpunkten in CharlottenburgWilmersdorf, Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof.
RN
1000 Euro für
Kleinprojekte
Hellersdorf – Im Rahmen des
Lokalen Aktionsplans (LAP)
Hellersdorf Nord/-Ost wird
2014 der Aktionsfonds zum dritten Mal aufgelegt. Bürger jeden
Alters, informelle Gruppen oder
Projektträger sind aufgerufen,
sich mit kreativen und nachhaltigen Projektideen für Toleranz
und Demokratie einzusetzen
und dabei präventiv gegen
Rechtsextremismus, Alltagsrassismus und weitere Demokratie gefährdende Phänomene
im Fördergebiet aktiv zu werden. Hierfür kann eine Unterstützung aus dem Fonds von bis
zu 1000 Euro beantragt werden.
Insgesamt stehen 10 000 Euro
zur Verfügung.
Als Bestandteil des Bundesprogramms „Toleranz fördern –
Kompetenz stärken“ verfolgt
der LAP gemeinsam mit den
Akteuren vor Ort eine langfristige Strategie zur Förderung
des zivilen Engagements, der
demokratischen Kultur und des
Einsatzes für Vielfalt und Toleranz. In den vergangenen beiden
Jahren wurden bereits zahlreiche Projekte umgesetzt und der
„Ort der Vielfalt“ bereichert.
Einzelpersonen oder gemeinnützige Organisationen im
Fördergebiet können ihre Vorschläge bei der „Roter Baum“
Berlin UG einreichen.
Die nächste Antragsfrist endet
am 15. August, die Projekte
können zwischen 1. September
und 15. Dezember realisiert
werden. Die Entscheidung über
die Vergabe von Fördermitteln
obliegt einer Jury, der Vertreter
lokaler Akteure, junge Erwachsene und Bürger angehören. RN
Großsiedlung
Es wird eng
Wohnungsnotstand hat den Ostrand erreicht, Neubau dringend geboten
Marzahn-Hellersdorf – Bei
nachgefragten kleineren Wohnungen (zumeist zwei Zimmer, 50 bis
60 Quadratmeter, modernisiert)
gibt es Wartezeiten von sechs bis
sieben Monaten. Nicht in Mitte
oder Charlottenburg, sondern in
Hellersdorf. Wer hätte das vor
fünf Jahren gedacht? „Diese Entwicklung war vorhersehbar“, sagt
allerdings Ingo Malter. Der Geschäftsführer von Stadt und Land
setzt sich seit längerem für
Wohnungsneubau durch seine
und die anderen fünf städtischen
Wohnungsgesellschaften ein. Allein: Die politisch verantwortlichen „Besitzer“, repräsentiert
durch Abgeordnetenhaus und Senat, haben die Gefahren für den
Wohnungsmarkt viel zu lange verdrängt. Erst seit Kurzem werden
Grundstücke aus öffentlichem
Besitz (Liegenschaftsfonds Berlin) für ein neues Wohnungsbauprogramm mobilisiert, werden
„Mietenbündnisse“ geschlossen,
innerstädtische Ferienwohnungen
bekämpft. Der vor 20 Jahren vom
damaligen Senator Peter Strieder
verkündete massenhafte Zuzug
nach Berlin (Wer erinnert sich
noch daran?) findet nun statt und
ruft – so geht Kapitalismus nun
mal – in Größenordnungen auch
Spekulanten auf den Plan.
„Dieser Zuzug ist nicht einseitig“,
weiß Malter. „Das gesamte Spektrum der Bevölkerung kommt
nach Berlin.“ Dies brächte auch
Nachhaltigkeit in die Bevölkerungs-Entwicklung der Stadt. Die
Kehrseite dieser Medaille ist die
rapide sinkende Fluktuation in
den Wohnungsbeständen. Die
ehedem so umzugsfreudigen Berliner (wenn auch dabei größtenteils in ihren Kiezen bleibend)
sind „Nesthocker“ geworden.
„Die durchschnittliche Verweildauer in unseren Wohnungen liegt
bei mittlerweile 20 Jahren“, beschreibt Malter diesen Effekt, der
aus explosionsartig steigenden
Wohnkosten für alle Haushalte resultiert.
Dem gegenzusteuern ist und
bleibt Aufgabe sozialer Politik,
die u.a. mit der nunmehrigen
Marktstärkung der städtischen
So sollen die Neubauten am Bruno-Bürger-Weg in Oberspree aussehen. Wohnungen in dieser eher exklusiven Lage am Wasser zählen sicher nicht zu den billigen. Doch deren höhere Mieten dienen auch dazu,
anderenorts das Wohnen im Neubau auch für Transferleistungsempfänger zu ermöglichen.
Gesellschaften umgesetzt werden
soll. Und weil Neubauten immer
auch eine Weile dauern, setzt
Stadt und Land gegenwärtig auch
auf den Ankauf von Wohnungen.
Damit könne zwar die Mietenpolitik beeinflusst werden, sagt
Malter, indes allein Neubau könne die Lage entspannen. „Bis
2018 werden wir unseren Bestand, verglichen zu 2013, durch
Ankauf und Neubau um rund
4500 Wohnungen erweitern“, verspricht Anne Keilholz, seit April
dieses Jahres Geschäftsführerin
für Finanzen und Bestandsmanagement bei der Gesellschaft.
SANIERUNG GEHT WEITER
Im gleichen Zeitraum will sie gut
870 Millionen Euro investieren.
Davon entfielen nur gut zwei
Drittel auf die Erweiterung. Fast
300 Millionen flössen in die Sanierung der jetzigen Bestände.
Das ist insbesondere bei einer
ganzen Reihe älterer Häuser in
den westlichen Stadtquartieren
nötig. Dort seien noch alte Ölzentralheizungen verbreitet, ganz zu
schweigen von „zweiadrigen
Stromleitungen für die Beleuch-
tung“, wie Ingo Malter zu berichten weiß. Diese seien eigentlich
gar nicht mehr zulässig.
Hellersdorf ist dennoch keineswegs eine „Insel der Seligen“ inmitten der rauhen Wogen des
Wohnungsmarktes. Hier beläuft
sich der Leerstand auf mittlerweile unter zwei Prozent, was praktisch Vollvermietung
bedeutet. Das bekommen insbesondere Wohnungssuchende zu spüren,
die
keinen
Wohnberechtigungsschein (WBS) vorweisen können. Sie
arbeiten, zahlen
Steuern und bestreiten ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Zuschüsse. Zum Dank sollen
Menschen mit Netto-Einkommen
von vielleicht 1400 Euro eine 800
Euro teure Wohnung aus
Spekulantenbesitz beziehen. Es
ist das „Mietenbündnis“, das
Malter und Kollegen hindert,
„Normalverdienern“ eine Wohnung zu geben. „Eben darum
müssen wir bauen“, sagt Malter
mit Nachdruck. In Hellersdorf hat
er Potenzial für 522 neue Wohnungen ausgemacht.
NEUBAU BRAUCHT VORLAUF
Im „Gelben Viertel“ in Hellersdorf wird die Sanierung fortgeführt.
Geplant sind u.a. Instandsetzung der Balkone, Strangsanierungen,
Neuverfliesung der Bäder, Erneuerung von Elektro- und Abluftanlage, Modernisierung der Aufzüge und die Erneuerung der Kellerverschläge. Leere Wohnungen erhalten Wertverbesserungen.
Was nicht heißt, dass diese sofort
errichtet werden können. Zunächst
sind Planungen, teilweise Erschließungen und Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Aktiv
hingegen ist Stadt und Land in Köpenick (Adlersdhof, Altglienicke,
Treptow, Oberspree). An vier
Standorten ist in diesem und nächsten Jahr Baubeginn für nahezu
580 Wohnungen. Das reicht von
einer größeren Anlage mit 355
Einheiten (Ortolfstraße/Schönefelder Allee) bis zu kleinen Lückenbauten mit 12 Unterkünften an
der Lohmühlenstraße.
„Wir sind etwas schwerlastig,
was Geschosswohnungsbau aus
der Nachkriegszeit betrifft“, beschreibt Malter ein weithin be-
kanntes Phänomen. Jetzt brauche
man Wohnungen aus dem
„Zwischenbereich“, und zwar sowohl kleinere, als auch familiengerechte. In Kooperation mit „örtlichen Playern“ sollen Bestandserweiterungen der Segregation
(die es bereits seit den 1960-er
Jahren gibt) entgegen wirken.
Auch für Ingo Malter und Anne
Keilholz als Geschäftsführer von
Stadt und Land spielt die alternde Gesellschaft in den Plänen eine
wichtige Rolle. Fotos: Nachtmann, Archiv, Architekten
Das alles aber bliebe Makulatur,
wenn bei den steigenden Baupreisen nicht durch „Quersubventionierung“ tatsächlich die von der
Politik geforderten Sozialmieten
realisiert werden könnten.
„Durchschnittlich 20 Prozent der
Neubauwohnungen werden Mietpreise haben, die auch für
Transfereinkommensempfänger
bezahlbar sind“, verspricht Malter.
Daher müssten „bessere“ Wohnungen auch für höhere Preise
vermietet werden. Das aber ließe
sich nicht am reinen Quadratmeterpreis festmachen. Mehrere
etwas teurere Wohnungen müssten
eine für Sozialmiete subventionieren. Und selbst diese seien keineswegs im „Luxussegment“ anzusiedeln. Die marktgerechten Wohnungen würden errichtet, „wo private Investoren gleich Eigentumswohnungen gebaut und dann rasch
mit hohem Gewinn veräußert“ hätten. Auch dies sei Teil der sozialen Verantwortung städtischer Gesellschaften, betont der Chef von
Stadt und Land. Ralf Nachtmann
Kleinsiedlung
jot w.d. 8/2014
5
Wer hat das wieso genehmigt?
Plaudereien aus
der Handtasche
Trotz höchstrichterlichem Verbot werden Bäume und Sträucher gerodet
Mahlsdorf – Unter dem Motto
„Wenn die kleinen Veilchen blühen“ laden Marlies Carbonaro
(Gesang, Schauspiel) und Luca
Carbonaro (Piano) am 20. August, 14.30 Uhr, zu einer „musikalischen Plauderei aus der
Handtasche“ ins Stadtteilzentrum Pestalozzi-Treff, Pestalozzistraße 1 A, ein. Eintritt 2,50,
Kaffeegedeck 1,70 Euro, Anmeldung Tel. 56 58 69 20. I.D.
Mahlsdorf – Erinnert sich noch
jemand an den früheren Umweltstadtrat Norbert Lüdtke? Der
hatte in dieser Zeitung (Ausgabe
4/2007) versichert, „extensive
Lustfällungen durch das Amt gab
es bisher nicht und wird es auch
in Zukunft nicht geben“. In Ausgabe 5/2014 berichteten wir über
das vom Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg bestätigte
allgemeine Verbot der Fällung
von Bäumen und Sträuchern in
der Vegetationsperiode vom 1.
März bis 30. September. Und was
geschieht im Wuhlebezirk? Es
wird geschnitten und gesägt, als
ob es kein Morgen gäbe. Da ist
nicht nur das (auch von uns bereits beschriebene) Beispiel der
Bäume in der noch gar nicht genehmigten Lidl-Zufahrt von der
Wodanstraße. Da wird beispielsweise laut Aussage von Umweltstadtrat Christian Gräff am
18. März die „Baugenehmigung
für den beantragten Neubau eines
Einfamilienhauses und Carports
auf dem Grundstück Kohlisstraße
10 in Berlin-Mahlsdorf“ erteilt.
„Gemäß amtlichem Lageplan
waren auf dem Grundstück keine
geschützten Bäume verzeichnet“,
heißt es weiter.
Stadtrat Gräff ist das Grundsatzurteil des OVG durchaus bekannt. Denn weiter heißt es in
seinem Schreiben an einen Bezirksverordneten: „Auf Grund einer anderslautenden Beschlussfassung des OVG Berlin-Brandenburg vom letzten Jahr gilt das
sogenannte Sommerrodungsverbot auch für Bauherren mit einer
Baugenehmigung. Der Gesetzgeber sieht aber gem. § 39 Abs. 5
Satz 2 Nr. 1 bis 4 BNatSchG
Legalausnahmen für einzelne
Sachverhalte vor, welche Aufgrund der sehr neuen Rechtsauffassung wegen der Beschlussfassung des OVG Berlin-Brandenburg bei diesem Bauherrn
Anwendung findet.“
Tatsächlich sieht die Gesetzeslage so aus: Eine Legalausnahme
nach dem genannten Paragrafen
des Bundes-Naturschutz-Gesetzes liegt nur dann vor, wenn der
Bauherr im Einzelfall belegen
kann, dass die baulichen Maßnahmen nicht zu anderer Zeit oder
auf andere Weise umgesetzt werden können und zusätzlich durch
konkrete Umstände begründen
kann, dass auch ein öffentliches
Interesse an einem vorzeitigen
Beginn der Maßnahmen während
der Vegetationsperiode besteht. In
den Fällen, in denen keine Legalausnahme vorliegt, kann die Untere Naturschutzbehörde im Einzelfall eine Befreiung von den
Verboten erteilen. Voraussetzung
ist, dass eine unzumutbare Belastung glaubhaft nachgewiesen
wird und eine Beseitigung der
Vegetation in der Vegetationsperiode mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege
zu vereinbaren ist.
Leider teilte Stadtrat Gräff nicht
mit, welche „einzelnen Sachverhalte“ in diesem Fall vorlagen.
Der OVG-Beschluss stammt vom
O sole mio
Mahlsdorf – Am 1. September unternimmt der Sänger
Gunter Wurell mit seinen Gästen beim Montags-Treff im
AWO-Stadtteiltreff, Hultschiner Damm 98, eine musikalische Reise (mit Klavierbegleitung) durch Italien.Beginn
14.30 Uhr, Eintritt 2,50, Kaffeegedeck 2 Euro. Anmeldung
Tel. 56 69 83 95.
I.D.
An der Kohlisstraße wurden auf dem Grundstück Nr. 10 alle Bäume gefällt.
19.7.2013, von einer „sehr neuen Rechtsauffassung“ kann also
nicht die Rede sein.
Der Verordnete hatte sich bereits
am 16. Mai Beschwerde führend
an die Verwaltung gewandt und
schrieb u.a.: „Am meisten beanstande ich jedoch das brutale Beseitigen der Bepflanzung des
Grundstücks, das über ein Jahr
leer stand, weil damit die Brutzeit der Singvögel massiv gestört
wurde.“ Tatsächlich dokumentierte er, dass mehrere Tage lang eine
größere Gruppe Singvögel in den
Bäumen der umstehenden Grundstücke „spektakelten“, was unzweifelhaft darauf hindeutet, dass
ihre Nester, vermutlich mit Jungtieren darin, zerstört wurden. Ornithologen bestätigen derartige
Annahmen regelmäßig.
dort große Mengen der übermannshohen Sträucher abgeschnitten, obwohl viele Vögel in
den Gehölzen nisteten.
Insofern stellt sich die Frage,
welche Rolle Recht und Gesetz
in unserem Bezirk überhaupt
spielen. Wenn sich nicht einmal
mehr die öffentliche Verwaltung
zum Einhalten der Grundsatznormen bemüßigt fühlt, nimmt es
nicht Wunder, dass der einzelne
Bürger seine (durchaus berechtigten) Privatinteressen voranstellt
und ebenso auf Gesetze und Verordnungen pfeift.
Wohlgemerkt: Beim Bebauen von
Grundstücken müssen oft Bäume
und Sträucher entfernt werden.
Doch bei Bauherren eines Einfamilienhauses mit Carport ist von
zeitlicher Dringlichkeit nicht un-
Foto: privat
Fällungen mitten in der Brutzeit
zwingend veranlassen könnten.
Übrigens: Diese Problematik besteht nicht nur im Wuhlebezirk.
Am 31. Juli berichtete eine Berliner Innenstadtzeitung über kräftigen massiven Baumbeschnitt an
der Nordseite der Frankfurter Allee. Dort fand wenig später die
Biermeile statt. Durchaus möglich, dass bestimmte Sicherheitserwägungen für das Bezirksamt
Kreuzberg-Friedrichshain eine
Rolle spielten. Aber auch dort
wusste man schon sehr lange,
dass am ersten Augustwochenende diese Großveranstaltung stattfinden wird. Die entsprechenden
Arbeiten hätten also durchaus
bereits im Januar oder Februar
erledigt werden können. Zumal
wir auch keinen Frost hatten.
Kunstmarkt
in der Flora
Mahlsdorf – Zu einem Sommerfest mit Kunstmarkt, Musik und buntem Programm für
die ganze Familie lädt die
Agrarbörse Ost, der Betreiber
des Kunsthauses Flora an der
Florastraße 113, am 23. August
ab 14 Uhr ein.
I.D.
Gut verkauft
Biesdorf/Kaulsdorf – Seit 2003
hat der Liegenschaftsfonds Berlin 929 Kaufverträge und 405
Mietverträge im Bezirk abgeschlossen. Das antwortete Finanzstaatssekretär Klaus Feiler
auf eine Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann. 80
Prozent der Grundstücksgeschäfte seien mit Privatpersonen abgeschlossen worden. Die Gesamtverkaufserlöse seit 2003 betragen 109,6 Millionen Euro.
Das derzeit bestehende Treuhandvermögen für den Bezirk
umfasst noch einmal die gleiche
Summe. Es handelt sich um 628
Objekte auf einer Fläche von ca.
160 Hektar. Folgende Grundstücke stehen aktuell zum Verkauf: Mieltschiner Straße 26/
Striegauer Straße 24, Eichenhofweg hinter 13, Brebacher Weg
11, 12, 13, Walsheimer Straße
38-46, Alt-Biesdorf 33, 34, 4547 sowie 16 Parzellen in der
Siedlung Biesenhorst.
RN
Noch keine
Grillplätze
Am verschlossenen Weg zum „Tischlereigelände“ wurde ebenfalls massiv gesägt.
Nicht viel anders erging es vielen gefiederten Freunden in großen Teilen einer Fliederhecke
entlang der Zuwegung von der
Landsberger Straße zum früheren
„Tischlereigelände“, auf dem ja
die künftige neue Oberschule in
Mahlsdorf errichtet werden soll.
In der letzten Julidekade wurden
bedingt auszugehen. Gefahr im
Verzug in Form von drohender Obdachlosigkeit ist mitnichten auszumachen. Und am öffentlich
nicht zugänglichen Weg zu einem
künftigen Baugelände, für das
noch gar keine Planungen vorliegen, ist auch keine Gefahr für die
Öffentlichkeit zu erkennen, die
Foto: privat
Dass es auch anders geht, beweisen unsere Lichtenberger Nachbarn. Nach dem 1. März wurden
dort bereits mehrere Verstöße registriert, und die werden auch
geahndet, wie Heinz Nabrowsky
vom dortigen Umwelt- und Naturschutzamt versichert.
Ralf Nachtmann
Marzahn-Hellersdorf – Bereits
im letzten Jahr wurde der Antrag
der Fraktion der Piratenpartei zur
Schaffung von legalen Grillplätzen im Bezirk angenommen.
In der letzten BVV vor der Sommerpause fragten die Piraten
nach und erfuhren von Umweltstadtrat Christian Gräff, es
gäbe derzeit einen Platz, der in
Frage käme. Es lägen auch bereits genauere Pläne vor. Den Ort
jedoch verschwieg Gräff.
RN
6
jot w.d. 8/2014
spezial: TFF
Festival-Splitter
Alle Musik geht vom Volke aus
Mit mehr als 87 000 Besuchern
wurde ein neuerlicher Rekord
erzielt. Darunter sind 21 200
Dauerkartenkäufer, die mehrfach gezählt werden, aber nicht
alle von Anbeginn an da sind.
Der Donnerstag hat sich als
Auftakttag etabliert, es kamen
12 000 Gäste. „Folkies“ kamen
aus 15 Ländern. Die weiteste
Anreise hatten Besucher aus
Australien. Auch Spanier,
Esten und Holländer wohnen
nicht „gleich um die Ecke“.
Von daher, also aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, wurde ein Zuwachs um 1300 auf
8900 Dauerkartenkäufer verzeichnet. Das führt mittlerweile zu logistischen Problemen,
insbesondere auf den Zeltplätzen und Saalebrücken.
Rekorde und Überraschungen beim diesjährigen Tanz- und Folkfest
Offiziell traten 1186 Künstler
auf 31 Bühnen auf. Zu den 57
angemeldeten Straßenmusikern gesellten sich nahezu 350,
die als Gäste anreisen, dann
aber auf Straßen und Plätzen
selbst musizieren. Manch kleine Band macht durch CD-Verkäufe das „Geschäft des Jahres“. Die „Illegalen“ werden
gedultet, solange sie die „Legalen“ nicht behindern. Außerdem zeigen stets Dutzende
Einwohnerkinder ihre bereits
erlernten Fähigkeiten auf diversen Instrumenten und bessern so einmal im Jahr ihr Taschengeld auf.
Offiziell wurden 25 000 Liter
Bier auf dem Festival verkauft.
Vermutlich die gleiche Menge
wurde noch einmal in Restaurants und Imbissen konsumiert
sowie in Supermärkten eingekauft. Besonders lobten viele
Festivalgäste, dass sie die lokalen Buslinien kostenlos nutzen konnten und dass ein
Busshuttle vom Stadtzentrum
auf die Burg eingerichtet wurde. Auch ein kleiner, ebenfalls
kostenloser Taschenfahrplan
mit allen Buslinien und Abfahrtszeiten wurde gut angenommen.
In diesem Jahr musste der Verkauf der Dauerkarten im
Internet vorzeitig beendet werden. Nach sechs Monaten
(Verkaufsstart 12. Dezember
2013) waren alle Tickets weg.
Allerdings: Die 20 000 Karten
für das Metal-Festival in
Wacken waren bereits nach 20
Minuten alle, die 13 000 Tikkets für die erste Monty Python-Show in London sogar
nach nur 2 Minuten.
Rudolstadt – So politisch wie in
diesem Jahr startete Europas größtes Musikfestival für Weltmusik
noch nie. Den Auftakt machte
nämlich ein Konzert von Musikern, die das Projekt „Water is
Right“ unterstützen. Zum 16köpfigen Team zählten Musiker
und Sänger vom Südsudan über
Tansania (gleichzeitig diesjähriger
Länderschwerpunkt), Iran, Italien
und Deutschland bis zu den Färöer
Inseln. Die Kampagne will darauf
aufmerksam machen, dass in vielen Teilen der Welt, insbesondere
in Afrika, das „Menschenrecht auf
sauberes Trinkwasser“ mitnichten
erfüllt ist. Nur wenige Schritte von
der Großen Bühne im Heinepark
entfernt zeigte eine fränkische Firma, wie mit einer mobilen Anlage
aus dem nebenan fließenden Wasser der Saale „garantiert nicht gesundheitsschädliches“ Trinkwasser gewonnen werden kann. In
mehreren Stufen wird das Wasser
gereinigt und mit UV-Licht desinfiziert, werden Schwermetalle entfernt, wird es durch grobe und feine Filter gepresst, bis es trinkbar
ist. Die 15 000 Euro teure Anlage
reinigt ca. 1000 Liter pro Stunde
und konnte so bereits bis zu 3000
Menschen in Mombasa, Nairobi,
China und Mexiko versorgen.
LÄNDERSCHWERPUNKT
TANSANIA
Dass es den Machern nach langen
Jahren des Wartens tatsächlich gelungen ist, den Schwerpunkt auf ein
afrikanisches Land zu legen, kam
beim „erfahrenen“ Publikum sehr
gut an. Wer sich nicht regelmäßig
mit Weltmusik befasst, wird sich
wundern, dass viele Klänge des ostafrikanischen Landes durchaus nicht
so fremd sind wie mancher erwartet. Rap und HipHop gehören genauso zur Alltagsmusik wie von Jazz
oder Soul inspirierte Stücke. Selbstverständlich waren auch „typisch
afrikanische“ Volksmusiken zu hören. Besonders beeindruckten Black
Warriors & Analog Africa Soundsystem, erstere eine legendäre Band,
die nach ihrer Wiedervereinigung
den Sound der 1980-er Jahre wieder aufleben lässt, letztere retten als
Label-Chefs Aufnahmen der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts und lassen als DJs weltweit
die frühen Klänge von Afrikas Tanzmusik (von alten Schallplatten) wieder aufleben. Das freut den Kenner
und macht den Gelegenheitsgast
Staunen.
Lautstark und fröhlich war der Umzug des „Safi-Theaters“ mit dem Circus Bombastico. Fotos: Nachtmann
war bisher unerhört. Vor vielen
Jahren erzählte einmal Roger
Glover von Deep Purple, er müsse, wenn es bei Konzerten der
Hardrocker auf der Bühne „hektisch“ werde, mit klarer Basslinie
die Band zusammen halten. Diesen Part übernahm inmitten all
der Bassmusiker Schlagzeuger
und Percussionist Erwin Rehling.
Und das hat er fein gemacht.
Neben all dem so verbreiteten
Rap und HipHop, der gegenwärtigen Volksmusik schlechthin (Ob
Kinder und Jugendliche, Junkies,
Senioren oder Professoren, überall gibt’s Sprechgesang.), bot
Eddi Reader ein wunderbares
Konzert einfach mit schönen Liedern. Statt freudigem Lärm hielt
gar ein wenig Ergriffenheit Einzug in den traditionsreichen Hof
des Schlosses Heidecksburg. Gerade für die nicht mehr ganz so
jungen Festivalbesucher war dieser Abend einer der ganz großen
Höhepunkte der vier Tage, bot er
doch auch einen Blick zurück auf
ein Stück Musik der eigenen Jugendzeit.
SAMBA IST MEHR
ALS KARNEVAL
Die allermeisten Mitteleuropäer
verbinden diesen Tanz mit schönen schlanken und insbesondere
äußerst knapp bekleideten jungen
Frauen, die unter riesigem Kopfschmuck bei Karnevalsumzügen
ihre hinterseitigen Rundungen
kreisen lassen. Tatsächlich aber
gibt es dutzende Spielarten des
Samba, dessen Name wie dessen
Urformen mit den Sklavenschiffen aus Afrika kamen.
Der Samba de Roda entstand auf
und an den Zuckerrohrplantagen
rund um die heutige Großstadt
Bahia. Dort entstand die Gruppe
um Altmeisterin Dona Nicinha,
bei deren spektakulären Auftritten
mächtige ältere Damen ihre bodenlangen Röcke kreisen lassen.
Sexappeal ist das nicht unbedingt,
faszinierend schon. Es ist der
Rhythmus, der vom Ohr direkt in
die Füße fährt. Das merkten auch
die vielen Tanzbegeisterten, die
voller Spaß dem Tanzlehrer Ailton
Silva und der Gruppe Aja Brasil
folgten und die Schrittkombinationen ausprobierten.
IM NÄCHSTEN JAHR GEHTS
NACH „MITTERNACHT“
MAGISCHES INSTRUMENT
BASS UND BÄSSE
Wirklich erstaunlich war in diesem Jahr der Instrumentenschwerpunkt, typischerweise
„Magic Bass“ genannt. Dass die
„Tieftöner“ eine derartige Vielfalt haben und Klangweite, ja
Klangwunder gar zu erzeugen
vermögen, riss das Publikum zu
wahren Begeisterungsstürmen
hin. Ein solches Zusammenspiel
von Bass-Balalaika, Tuba, Double-Bass, Bassklarinette, Ilk Khuur
(aus der Mongolei) und Serpent
Ob der Samba als Tanz des Jahres nun eine Reminiszenz an die
gleichzeitig in Brasilien stattfindende Fußballweltmeisterschaft
der Männer war oder nicht, möge
dahin gestellt bleiben.
Sorgten für Begeisterung: Eddi Reader, Dona Nicinha, Magic Bass.
Nicht wenige sind schon voller
Vorfreude auf das TFF im kommenden Jahr, das (nach neuer
Zeitrechnung) als 25. Ausgabe ein
Jubiläumsfest sein wird. Zumindest sinngemäß begannen die
Macher um Festivalchef Ulrich
Doberenz bereits am Montag, als
im Park noch aufgeräumt wurde,
mit der Vorbereitung. Fest steht
bisher, dass die Sister (Oberbegriff für viele Zither-Arten) das
magische Instrument und Norwegen der Länderschwerpunkt sein
werden. Das freut uns ganz besonders.
Ralf Nachtmann
Blick zum Nachbarn
jot w.d. 8/2014
7
Deutschlands modernste Bücher-Truhe
Satirisches
von Axel Frohn
Speichermagazin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nahm seine Arbeit auf
Hoppegarten – Satirische
Zeichnungen und Bilder des
Karikaturisten Axel Frohn sind
vom 12. August an unter dem
Motto „Mich wundert, dass ich
fröhlich bin“ im Foyer im Rathaus Hoppegarten, Lindenallee
14, zu sehen. Bürgermeister
Karsten Knoppe und die Initiatoren der Ausstellung – die
Gruppe mach art im Hönower
Bürgerverein – laden herzlich
zur Vernissage am 12. August,
17 Uhr, ein. Der Eintritt ist frei.
Axel Frohn, studierter Journalist, absolvierte ein Studium an
der Leipziger Hochschule für
Grafik und Buchkunst. Er arbeitete für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften, illustrierte Bücher. Er lebt in
Schöneiche bei Berlin.
I.D.
Friedrichshagen – Mit solch großem Interesse hatte die Stiftung
Preußischer Kulturbesitz wohl
nicht gerechnet. Zur Einweihung
ihres Speichermagazins im
Hirschgarten-Dreieck schien halb
Friedrichshagen auf den Beinen.
Die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, war
einmalig, denn der Speicher wird
keinen Benutzerbetrieb bieten.
Auf dem 123 000 Quadratmeter
großen Gelände am Fürstenwalder
Damm 388 war immerhin seit Januar 2007 gebaut worden. Da durfte man schon neugierig sein, was
denn hier entstanden ist. Bis 1990
war das Areal dem ehemaligen
Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung der
DDR, dem ASMW, zugehörig.
Bereiche des Messwesens hatten
hier ihren Sitz. Später wurden die
Gebäude teilweise vom Bundesamt für Statistik genutzt.
Damit die Warteschlange am Tag
der Einweihung überschaubar
blieb, entschloss sich auch Andreas Mälck, Leiter der Abteilung
Bestandserhaltung und Digitalisierung der Staatsbibliothek zu
Berlin, als Fremdenführer zu
agieren: „Mit solch einem Ansturm haben wir wirklich nicht
gerechnet!“, zeigte sich der Fachmann hoch erfreut und führte eine
Gruppe kundig durch das
viergeschossige Gebäude. Mälcks
zentrale Botschaft wie die aller
Offiziellen: Gut, dass das dringend benötigte Haus endlich in
Betrieb geht! Es entlastet die zentralen Standorte in Mitte, deren
Magazine überquellen.
Dabei hatte es im Vorfeld des Baus
Prof. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (2.v.l.),
und Barbara Göbel, Leiterin des Ibero-Amerikanischen Instituts (2.v.r.), erhielten den symbolischen Schlüssel von Lothar Fehn Krestas, amtierender Leiter des
Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (Mitte hinten).
Foto: SPK
um den Standort Friedrichshagen
einige Diskussionen gegeben. In
der TAZ konnte man nun zur Einweihung lesen: „Um das neue
Speichermagazin der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz (SPK)
kennenzulernen, muss man den
weiten Weg hinaus nach
Friedrichshagen fahren. Die früher diskutierten Alternativen zu
Friedrichshagen, darunter der
Flughafen Tempelhof, hätten allerdings kürzere Wege bedeutet, wie
Kulturpolitiker monierten.“ Was
ist im digitalen Zeitalter weit,
fragt man sich. Mit der „Himmelsrichtung“ wird es doch wohl nichts
zu tun haben, oder?
Der 95 Millionen Euro teure, aus
Bundesmitteln finanzierte hoch
technisierte Bau des Münchner
Architekten Eberhard Wimmer
misst 126 mal 68 Meter. Funktional und modern fügt sich der Baukörper mit seiner hell-dunkel
schimmernden Natursteinfassade
in die Umgebung ein. Der Archi-
Das imposante Gebaüde wurde von „Eberhard Wimmer Architekten“
in München entworfen und errichtet.
Fotos: Neidigk
tekt hat für die Gestaltung des Gebäudes die Grundidee eines Regalblockes gewählt. Regale – vor allem noch leere – konnte der Besucher Meter um Meter in Form einer vollautomatischen Kompaktanlage bewundern. Und das bei optimalen konservatorischen Bedingungen mit einer Temperatur von
18 Grad und 50 Prozent relativer
Luftfeuchte. Indes warten die Räume mit den kilometerlangen Regalsystemen noch auf das Gros ihrer
„Bewohner“: Bücher, Zeitungen,
Bilder, Filme, Kunstwerke, die
eher weniger nachgefragt sind, aber
einen riesigen Fundus an wertvollen Kulturgütern darstellen.
Aktuell werden in dem neuen
Speichermagazin über 3,5 Millionen Bände aus der Staatsbibliothek untergebracht sowie etwa
300.000 Bände aus dem IberoAmerikanischen Institut. Die Bildagentur bpk führt dort 12 Millionen Negative und Prints sowie
Nachlässe zusammen, die zuvor an
verschiedenen Standorten untergebracht waren. Der Umzug aller
Bestände wird etwa ein Jahr dauern. In Friedrichshagen ist damit
das derzeit größte und modernste
Speichermagazin einer Bibliothek
deutschlandweit entstanden. Das
Haus soll für mindestens die nächsten zwei Jahrzehnte ausreichend
Platz für die anwachsenden Bestände der drei Nutzer-Institutionen bieten. Später kann es in modularer Bauweise um zwei weitere Ausbaustufen erweitert werden,
die seine Fläche und Speicherkapazität dann nahezu verdoppeln.
Damit wird das Gelände künftig
zum zentralen Speicherstandort
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Speichermagazin wird
überdies ein Neubau für Depots
und Werkstätten der Staatlichen
Museen zu Berlin entstehen.
Das Speichermagazin steht zwar
für Nutzer nicht offen, dennoch
sind die dorthin verlagerten Bestände in vollem Umfang benutzbar: Angeforderte Materialien
werden täglich per LKW in die
zentralen Standorte gebracht. Da
es sich nach eigener Verlautbarung
um weniger gefragte Bestände
handelt, dürften sich die Transporte in Grenzen halten und der „jwdStandort“ Friedrichshagen das
ökologische Gleichgewicht der
Stadt kaum dramatisch belasten.
Und nicht zu vergessen: Zum Teil,
vor allem bei Zeitschriften, werden sie auch gescannt und elektronisch übermittelt und damit
komfortabel wie vor allem umweltschonend nachnutzbar.
Dagmar Neidigk
Besucher konnten beim Tag der offenen Tür sich über Aufgaben und Technik informieren, die Mitarbeiter mussten viele Fragen beantworten.
NEB bedient künftig Schienen-Netz Ostbrandenburg
Potsdam/Berlin – Nach Abschluss
des Wettbewerbsverfahrens für das
Netz Ostbrandenburg unter Federführung des Verkehrsverbundes
Berlin-Brandenburg (VBB) haben
die Länder Brandenburg und Berlin den Verkehrsvertrag mit der
Niederbarnimer Eisenbahn (NEB)
Betriebsgesellschaft unterzeichnet.
Der Vertrag hat eine Laufzeit von
zehn Jahren, umfasst fünf Millionen Zugkilometer und beginnt am
14. Dezember. Zu diesem Zeitpunkt werden sechs Linien, darunter die RB 25 Berlin-Werneuchen
und die RB 36 Königs Wusterhausen-Beeskow-Frankfurt (Oder),
übernommen und der Betrieb der
RB 26 Berlin-Kostrzyn verlängert.
Ab Dezember 2015 werden auch
die Linien die Linien RB 12 Berlin- Templin und RB 54 BerlinRheinsberg von der NEB bedient.
Das Bahnunternehmen wird suk-
zessive umgestaltete RegioShuttles (Foto: NEB) einsetzen.
Die sind zusätzlich mit Videokameras, modernen Displays zur
Anzeige der Anschlüsse und Steckdosen ausgestattet. Besonderes
Novum ist dabei die Anzeige der
Anschlüsse zur U-Bahn, Bus und
Tram in Echtzeit.
Alle Züge werden von Personal
begleitet, die meisten Kundenbetreuer werden dabei mit bisheriger Entlohnung von der Ostdeutschen Eisenbahn (ODEG) übernommen, die die Linien zurzeit
noch betreibt.
Auf den Linien RB 12 und RB 54
setzt die NEB ab Dezember 2015
die bereits heute auf der RB 26
fahrenden dreiteiligen Dieseltriebwagen ein. Hinzu kommen
Neubaufahrzeuge vom Typ
„LINK“ des polnischen Fahrzeughersteller PESA. R. Nachtmann
Andreas Dresen
kommt
Hoppegarten – Der auch international bekannte Regisseur
Andreas Dresen („Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“,
„Wolke 9“, „Halt auf freier
Strecke“) kommt am 5. September in den Gemeindesaal
des Rathauses, Lindenallee 14,
gemeinsam mit Buchautor
Hans-Dieter Schütt. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe
„Einfach lesen!“ stellen sie den
Gesprächsband „Glücks Spiel“
vor. In dem Buch spricht Dresden erstmals ausführlich über
seine künstlerische Arbeit und
seinen Werdegang. Zuvor werden Studentenfilme von Dresen
gezeigt. Initiiert hat die Veranstaltung die Gruppe mach art,
Beginn 20 Uhr, Eintritt frei.
I. Dittmann
Musik am Schloss
Blumberg/Mehrow – Der
Blumberger Kulturverein von
Canitz veranstaltet am 17. August, 16 Uhr, auf dem Schlossgelände Blumberg ein OpenAir-Konzert mit Papa Binnes
Jazzband. Bereits am 15. August, 18 Uhr, lädt die Evangelische Kirchengemeinde Mehrow
zu einem Familienkonzert in die
Dorfkirche ein.
RN
Stelle Nova spielt
Neuenhagen – Fans der Frauenrockband „Stelle Nova“ kommen
am 5. September von 19-20 Uhr
(als Support von „EWIG“) in der
Arche auf ihre Kosten.
RN
8
jot w.d. 8/2014
Tipps und Termine
Malen gegen die
Depression
Kultur & Freizeit
Es war einmal ein Kulturhaus …
Die künftige Frauensporthalle im FFM wird teuer und verdrängt bisherige Nutzer
Hellersdorf – Seit dem 18. Juli ist im
„Kompass – Haus im Stadtteil“, Kummerower Ring 42, die Fotoausstellung „Die
Wuhle im Wandel der Jahreszeiten“ von
Cornelia Schulze zu sehen. Während der
Vernissage lauschten ca. 30 Besucher den
Worten der Laudatorin Christina Emmrich sowie der Künstlerin. Cornelia Schulze erzählte, wie sie die Diagnose der
Depression bekam und wie sie auf Spaziergängen entlang der Wuhle die Natur
und die Fotografie für sich entdeckte.
Gemeinsam mit ihrer Therapeutin und
zahlreichen Wegbegleitern arbeitet die
Künstlerin seitdem an der Bewältigung
ihrer Krankheit. Sie will mit ihrer Kunst
anderen Menschen mit ähnlicher Problematik Kraft und Unterstützung geben. Zu
sehen noch bis 22. August.
I.D.
Der gesamte Komplex mit Kultureinrichtungen, Schwimmhalle, Jugendklub und Gastronomie ist so groß, dass er kaum auf ein
einziges Foto passt. Dieses hier ist auch schon wieder „historisch“, denn die Grünfläche gibt es nun nicht mehr. Im Zuge der
Umgestaltung des Viktor-Klemperer-Platzes wurde sie durch Betonplatten ersetzt. Nun, auch Beton ist ein Kulturgut. Foto: Archiv
Diese schöne Aufnahme ist ebenfalls zu
sehen.
Foto: Schulze/Kompass
Neptun im Bürgerhaus
Marzahn – Am 11. August findet im
Bürgerhaus „Südspitze“, Marchwitzastraße 24-26, zwischen 12 und 17 Uhr
ein großes „Neptunfest für Jung und Alt“
statt. Es gibt eine Neptuntaufe, Feuerwehr und DRK sind vor Ort, Spiel und
Spaß für die Kleinen mit einer Kinderdisco, Basteln, Hüpfburg etc. Eintritt für
Erwachsene 2 Euro, Kinder frei (einschließlich Mittagessen und Getränke).
Anmeldung Tel. 54 221 55.
I.D.
„Eigene Sichten“ im FFM
Marzahn – Die Gesellschaft für Fotografie und das Freizeitforum laden am
23. August, 14 Uhr, zur Vernissage der
Foto-Ausstellung „Eigene Sichten“ von
Joachim Hoeft aus Haldesleben im Foyer des Untergeschosses ein. Noch bis
20. August ist im Erdgeschoss die Ausstellung zur „10. Internationalen Barnack
Biennale“ zu sehen (Mo-Fr 8-13 und 1519 Uhr, Sa und So 10-14 Uhr).
I.D.
Von Country bis Ghana
Marzahn – Zum „Country- und LineDance-Fest“ mit Westernbarbecue,
Drinks and Beer und Live-Musik mit UP
STATE lädt das Bürgerhaus „Südspitze“, Marchwitzastraße 24-26, am 24.
August zwischen 15 und 21 Uhr ein.
Eintritt Erwachsene 4,50, Kinder 0,50
Euro. Am 30. August gibt es an gleicher
Stelle landestypische Musik nebst Kulinarischem beim Länderabend Ghana von
17 bis 20 Uhr, Eintritt 4,50 Euro. Info
und Anmeldung Tel. 54 221 55.
I.D.
Familiennachmittag
Biesdorf – Am 17. August lädt das
Stadtteilzentrum, Alt-Biesdorf 14, ab 14
Uhr wieder zum Familiennachmittag ein.
Im Kreativstudio kann gebastelt werden,
um 14 Uhr gestaltet Ilona Pohl eine
Märchenstunde für die Kleinen. Kaffee
und Kuchen im Café des Hauses.
Marzahn – Seit der ersten Ausgabe dieser Zeitung (Mai 1996)
berichten wir in schöner Regelmäßigkeit über ein „Kleinod“
dieses Bezirkes – das Freizeitforum an der Marzahner Promenade, ein Haus, wie es in dieser
Größenordnung in keinem anderen Berliner Bezirk zu finden ist.
Erbaut als eine Art Kulturpalast
für die Bewohner dieses Bezirkes, und zwar für die ganze Familie. Und als vor rund zehn
Jahren wegen dringlicher bauund brandschutztechnischer
Maßnahmen der Erhalt des Hauses auf der Kippe stand, kämpften Politik, Bürger und prominente Künstler mit großem Engagement gemeinsam um den
Fortbestand des FFM und die
Bereitstellung der finanziellen
Mittel. Damals ist das gelungen,
auch dank des neuen Betreibers,
der Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE). So konnte im
Oktober 2011 mit tausenden Besuchern der 20. Geburtstag gefeiert werden.
„Das Kulturhaus am Rande der
Stadt“ überschrieben wir damals unseren Artikel über Entstehung und das Wachsen des
Kulturhauses im Herzen der
Großsiedlung Marzahn. Bereits
1984 datiert die Grundsteinlegung des Hauses, in dem unter
anderem die Jugendfreizeiteinrichtung Fair, die Bezirkszentralbibliothek, Mehrzweckhalle, Schwimmhalle und der Kulturbereich mit Großem Saal beheimatet sind. Der zweite Artikel war im Juli 2012 mit „Palast, Ballast oder Chance?“
überschrieben und berichtete
über den „Ideentag“ am 13.
Juni, bei dem mit der Leitung
des Hauses, Bezirksvertretern
und Nutzern „Überlegungen zur
Realisierung des Nutzungskonzeptes“ diskutiert wurden.
Überschrieben war die vorgelegte Broschüre mit „Der zweite Schritt – FFM 2020“.
Viele tolle Ideen wurden da von
allen Beteiligten, vor allem aber
den Nutzern des Hauses, von
Kindern bis zu Senioren, geäußert. Alles nur noch Makulatur?
Prestige-Projekt
Frauensporthalle
Seitdem Bürgermeister und
Sportstadtrat Stefan Komoß
die Idee einer Frauensporthalle
an diesem Ort äußerte, aus der
nun Realität wird, wird die
Zukunft des Hauses anders
aussehen, als damals von den
Bürgern gewünscht. Denn es
ist nicht nur die mit viel Geld
hergerichtete Mehrzweckhalle,
die nach einem nun nochmaligen kostenintensiven Umbau
dann kaum noch für Groß-Veranstaltungen (sportliche Highlights mit überbezirklicher Bedeutung und Tausenden Besuchern, Senioren Grand Prix
etc.) und hiesigen (gemischten) Sportgruppen zur Verfügung stehen wird. Auch viele
umliegende Räume sollen der
Frauensporthalle zugeordnet
werden, u.a. Gewerberäume
des ehemaligen Restaurants,
die für 1,4 Millionen Euro
umgebaut werden sollen. Der
Bürgermeister erklärte im
Schulausschuss, dass diese
Flächen vorläufig „nur vorgehalten“ werden. Sie könnten
also nicht an etwaige Interessenten vermietet werden und
dem FFM Geld bringen, das
wiederum für Kulturveranstaltungen genutzt werden könnte. Und die – etwa die Sonntagsmatineen, der Talk „Wenn
die Neugier nicht wär“ oder die
„Arndt-Bause-Gala“ – haben
einen großen Besucherstamm.
Wie man hört, soll ja sogar der
Arndt-Bause-Saal teilweise
Was mögen wohl Witwe Anngret und Tochter Inka Bause, die
dem FFM nicht nur Arndt Bauses weißen Flügel, sondern auch
die ihm posthum verliehene „Goldene Henne“ und weitere „Devotionalien“ schenkten, sagen, wenn im „Arndt-Bause-Saal“
weniger Kultur und mehr Sport stattfindet?
Foto: Dittmann
„zweckentfremdet“ werden.
Besonders die hohen Kosten für
dieses „Prestige-Projekt“ stehen
in der Kritik. So sollen laut Information von Sarah Fingarow
(Links-Fraktion) 2014 rund 100
000 Euro (laut Komoß 70 000)
aus dem Fonds für die bauliche
Unterhaltung für Schulen und
Sporthallen für die Frauensporthalle ausgegeben werden,
2015 noch einmal 200 000 Euro
aus dem Schul- und Sportsanierungsprogramm.
Geld, das den
Schulen fehlt
„Angesichts des desolaten Zustandes einiger Schulen und
Sporthallen ein fatales Signal“,
so Fingarow, übrigens Sprecherin für Gleichstellungspolitik
ihrer Fraktion. Rund 200 Veranstaltungen mit steigenden Besucherzahlen liefen im Jahr 2011
im FFM. Das war nicht immer
so, das ist über die Jahre gewachsen. Wie wir selbst beobachten konnten, erfreuten sich
die Kulturveranstaltungen
wachsender Beliebtheit, auch
weit über die Bezirksgrenzen
hinaus. Was vor allem dem großen Engagement der FFM-Kultur-Managerin Karin Krause,
aber auch Siegfried Trzoß, dem
Initiator unzähliger Seniorenveranstaltungen, zu danken ist.
Eine Sporthalle nur für Frauen
(obwohl es ja schon überall im
Bezirk Wohnort nah Frauensportgruppen gibt) mag per se
keine schlechte Sache sein.
Aber dafür hätte es im Bezirk
neun andere Hallen gegeben.
Muss es eine riesengroße Mehrzweckhalle sein? Müssen dafür
gewachsene Strukturen kaputt
gemacht und bisherige Nutzer
vor den Kopf gestoßen werden?
Haben wir zuviel Geld übrig?
„FFM 2020 – Palast, Ballast
oder unsere große Chance?“ Ich
fürchte, es bleibt nur der Ballast.
Ingeborg Dittmann
Kultur & Freizeit
jot w.d. 8/2014
Englische Küche im Cottage
Als zehnter Themengarten entsteht in den Gärten der Welt der „Englische Garten“
Marzahn – Die ursprüngliche
Idee zu einem Englischen Garten stammt aus Halton, der britischen Partnerstadt unseres
Bezirkes. „Zum 30. Geburtstag
von Marzahn-Hellersdorf im
Jahr 2009 haben uns Vertreter
aus Halton Entwürfe für den
Bau eines solchen Gartens geschenkt“, sagt Stadträtin Dagmar Pohle, als die Grün Berlin
GmbH als Betreiber der „Gärten der Welt“ am 1. Juli zum
Rundgang auf das Gelände des
künftigen Themengartens eingeladen hatte.
7000 Quadratmeter groß wird
das Areal im Nordflügel des
Parks, Grundsteinlegung war im
Mai 2013, die Eröffnung ist für
das Frühjahr 2015 geplant. Die
Gestaltung der Außenanlagen
wird bis Mai 2017 vollendet,
pünktlich zur Eröffnung der Internationalen Gartenbauausstellung. Doch regelmäßige Führungen auf dem noch eingezäunten
Gelände wird es schon vorher
geben, vom Herbst diesen Jahres an. Das gärtnerische
Schmuckstück soll die Kunst
der englischen Gartengestaltung
originalgetreu repräsentieren.
Highlight des Gartens ist ein
Am 1. Juli ließ sich von oben die künftige Gestalt schon gut ausmachen.
Foto: Nachtmann
klassisches britisches Landhaus tina Bonné, die uns auch einen chen übergehen. Der Siegerent– ein 23 Meter langes und knapp ersten Blick in das Innere des wurf für den Englischen Garacht Meter breites Cottage. Tra- Cottage werfen lässt. Hier soll ten stammt vom Architekturditionell dient solch ein Cotta- einmal anspruchsvolle Gastro- büro Austin-Smith: Lord LLP
ge als Wohnstätte für die Päch- nomie mit englischer Küche ein- aus Manchester. Dessen Planungen werden von der Grün
ter landwirtschaftlicher Flä- ziehen.
chen. Der Rohbau des Gebäu- Draußen lassen sich bereits die Berlin GmbH mit einem Buddes ist fast fertig. Derzeit wird Umrisse des Kräutergartens get von 3,85 Millionen Euro aus
das Dach mit Reed eingedeckt und des Stauden- und Rosen- Landes- und Bundesmitteln
Die Fassade ist aus „Hand ge- gartens erkennen. Daneben umgesetzt und durch die Seformten Ziegeln im englischen werden Blumenwiesen mit natsverwaltung für StadtentFormat aus Großräschen bei Obstbäumen angepflanzt, die wicklung kofinanziert.
Ingeborg Dittmann
Dresden“, sagt Bauleiterin Bet- in typische englische Rasenflä-
Streifzug durch die Berliner Kriminalgeschichte
Blütenfotos
Hellersdorf – Bis zum 30 September zeigt die „Ehm-WelkBibliothek“, Alte Hellersdorfer Straße 125, unter dem Titel
„Die Farben der Blüten“ eine
Fotoausstellung von Anneli
Krämer, darunter auch das hier
gezeigte Bild „blatt tau“. RN
Tipps und Termine
Geburtstagsmatinee
für Siggi
Marzahn – Anlässlich des 70. Geburtstages von Moderator, Buch- und TextAutor und Initiator zahlreicher Unterhaltungsveranstaltungen, Siegfried
„Siggi“ Trzoß, präsentiert das Freizeitforum an der Marzahner Promenade 55
am 24. August eine große Geburtstagsmatinee mit vielen bekannten Künstlern. Zu den musikalischen Gratulanten
zählen u. a. Dagmar Frederic, Hans-Jürgen Beyer und Gerd Christian. Viele
Überraschungsgäste haben sich angesagt, um dem Förderer und Bewahrer
der ostdeutschen Schlagerszene zu danken und zu seinem Ehrentag zu gratulieren. Beginn 10 Uhr, Eintritt 12 Euro
(die Veranstaltung ist stark nachgefragt,
Restkarten Tel. 542 70 91).
I.D.
Der erste Mord geschah 1580
Marzahn – Wer da Gruseleffekte à la Mainstream-Kino erwartet hatte, ging fehl. In seinem
Entrée prophezeite Wolfgang
Brauer Freude beim Zuhören
statt tödlicher Lust für die Fortsetzung von „Brauer lädt ein“.
Das Tschechow-Theater war bis
auf den letzten Platz gefüllt. Es
war Entertainment vom Feinsten,
das der Kriminologe und Autor
Frank-Rainer Schurich mit Sachkenntnis, Witz und Charme unter dem Titel „Berlin mörderisch“ darbot.
Schurich, Jahrgang 1947, war bis
zur Wende ordentlicher Professor an der Humboldt-Universität
für Kriminalistik und häufig
praktisch bei der Berliner Kriminalpolizei tätig. Seit 1995 ist er
9
freiberuflicher Autor, Berater
und Privatdozent. Veröffentlicht
hat Schurich u.a. „Tödliche Lust
– Sexualstraftaten in der DDR“,
„Mein Name ist Hase –
Kuriositätenlexikon der Kriminalgeschichte“, „Berlin mörderisch – Ein kriminalhistorischer
Führer mit Straße und Hausnummer“ und „Darauf können Sie
Gift nehmen“, eine als Kuriositätenlexikon getarnte Sammlung
bemerkenswerter Kriminalfälle
der Geschichte. Eingangs erinnerte er an den allseits bekannten Gerichtsmediziner Otto
Prokop, der seit fünf Jahren auf
dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin begraben liegt und
nun nicht mehr in seine ehemalige Fakultät hinüber kann.
Der historische Streifzug begann mit dem ersten nachweislichen Mord in Berlin am 27.
Juli 1580, da wurde das Opfer
gemeinsam mit dem Kopf des
hingerichteten Mörders begraben. Er endete mit einem versuchtem Totschlag wegen
Nachbarschaftszwists, hier zu
häufiges Staubsaugen, 2012 in
Hellersdorf. Dazwischen gab es
viel Wissenswertes, mit so
manchem augenzwinkernden
Blick auf die beiden Gesellschaftssysteme, zu hören.
Auch die Statistik fand Erwähnung. Während im 16. Jh. circa elf Morde auf 10 000 Einwohner kamen, waren es in der
DDR 120-130 Morde jährlich
bei 17 Millionen Einwohnern.
Der unter den Gästen weilende
erste Polizeichef von Marzahn,
Harry Schleef, konnte für den
Plattenbaubezirk auf 13 Tötungen, darunter drei klassische
Morde, im Zeitraum von 1977
bis 1990 verweisen.
Dank moderner Technik konnten die Besucher ihren Blick in
die Gesichter von Sexualstraftätern beamen und kamen zu
der banalen Erkenntnis: Das ist
ein Mensch wie du und ich,
eher der Schwiegersohntyp.
Nach einer Fragerunde und
Wünschen für einen guten
„Heimgang“ ging das Publikum
mit der Gewissheit heim, dass
wir letztlich alle an Herzversagen sterben.
Sabine Behrens
„Zuflucht“ in der Pyramide
Hellersdorf – Seit dem 21. Juli (und
noch bis zum 12. September) ist im
Ausstellungszentrum Pyramide,
Riesaer Straße 94, die Ausstellung
„Zuflucht“ der Künstlerinitiative 18
zu sehen, darunter die Werke von
Ruth Gordon (li.) und Katrin Siegert. Geöffnet ist Montag bis Frei-
tag von 9 bis 18 Uhr. Am 24. August findet im Rahmen der Exposition eine Lesung mit Musik statt.
Beginn 16 Uhr, Eintritt frei.
I.D.
Sommergarten
mit Kultur
Hellersdorf – Der Kulturring lädt am
13., 20. und 24. August, jeweils ab 15
Uhr, zum Kulturcafé im Sommergarten
des Kulturforums, Carola-Neher-Straße
1, ein. Am 13. gibt es Live-Musik zu Kaffee und Kuchen mit der Band „Luftballon“. Am 20. liest Dagmar Steinborn unter dem Motto „(Keine) Platten-Geschichten“ Geschichten über die Anfänge unseres Bezirkes. Die „3 Tucholskys“
präsentieren am 24. Heiteres und Nachdenkliches von Tucho. Eintritt frei. I.D.
Sommerfest
Hellersdorf – Unter dem Motto „Die
ganze Welt ist himmelblau“ lädt die
AWO-Begegnungsstätte, Kastanienallee
53-55, am 21. August ab 14 Uhr zu einem Sommerfest ein. Das musikalische
Programm gestalten Ute Beckert (Gesang) und Maxim Shagaev (Bajan). Es
gibt Kaffee, Kuchen, Grillwürstchen
und mehr. Eintritt 2,50 Euro, Anmeldung Tel. 99 28 21 09.
I.D.
20 Jahre Kulturring
Hellersdorf – Am 28. August findet im
Kulturforum, Carola-Neher-Straße 1,
eine Festveranstaltung aus Anlass des
20-jährigen Bestehens des Kulturring in
Berlin statt. Zum Programm gehört u.a.
ein Konzert des Orchesters Concerto
Brandenburg. Beginn 16 Uhr.
I.D.
Swing zum Tanz
mit Lukas
Hellersdorf – Immer am ersten Freitag
des Monats, (5. September, 14 Uhr)
lädt Lukas Natschinski (am Flügel) zum
„Swing am Nachmittag“ ins Kulturforum, Carola-Neher-Straße 1 ein. Es wird
Musik zum Tanzen und Zuhören geboten. Eintritt 7, Kaffeegedeck 2 Euro. I.D.
Linda Feller singt
Country-Lieder
Marzahn – Die bekannte Country-Sängerin Linda Feller ist am 5. September
im Arndt-Bause-Saal des Freizeitforums,
Marzahner Promenade 55, live zu erleben. „Und immer noch ich“ heißt ihr
Solokonzert, in dem vor allem Songs ihres im Mai erschienenen neuen Albums
präsentiert werden. Beginn 20 Uhr, Karten (20 Euro) Tel. 542 70 91.
I.D.
10
jot w.d. 8/2014
„Architektur
und Schule“
Marzahn – Noch bis 29. August
(Mo-Fr 9-18 Uhr) können im
Alten Rathaus Marzahn die Ergebnisse von Schülerprojekten
zum Thema „Architektur und
Schule“ betrachtet werden.
Dazu gehören u.a. verschiedene Ergebnisse des Förderprogramms „denk.mal.grundschule“, das die Senatsbildungsverwaltung in Kooperation mit der
Architektenkammer Berlin ins
Leben gerufen hat, damit auch
Grundschüler sich mit dem Erbe
der Stadt auseinander setzen
können. Zu sehen sind auch Arbeiten älterer Schüler aus dem
Projekt „Jugendcamp auf dem
Tempelhofer Flugfeld“. Bei der
Initiative Architektur und Schule gehen Mitglieder der Architektenkammer Berlin an die
Schulen und begleiten den Unterricht. Sie fördern das Sehen
und ein altersgemäßes Verstehen der vielfältigen Bedingungen und Zusammenhänge der
stadtplanerischen und baulichen
Entwicklungen. Die Kinder sollen lernen, ihre eigene Umwelt
besser wahrzunehmen.
RN
Praxislernen als
Erfolgsmodell
Marzahn-Hellersdorf – Die
ersten 50 Schüler aus Praxislerngruppen beim Verein Kids
& Co haben das zehnte Schuljahr beendet. Die Ergebnisse
können sich sehen lassen: 42
haben den Schulabschluss geschafft und 15 bereits einen
Ausbildungsvertrag in der Tasche. Zu ihnen gehört Eldin.
„Das Praxislernen hat mir Perspektiven eröffnet, die ich vorher nicht hatte“, sagt der 16Jährige. Denn noch vor zwei
Jahren traute man ihm den
Schulabschluss kaum zu. Nun
hat er den erweiterten Berufsbildungsabschluss und einen
Ausbildungsvertrag in seinem
Wunschberuf als Hotelfachmann. Dass ihm die Arbeit im
Service liegt, fand er im Praxislernen in den vergangenen zwei
Schuljahren heraus.
„Insgesamt neun Berufsfelder
stehen den Schülern im Haus
Sonneneck zur beruflichen Erprobung zur Verfügung“, berichtet Projektleiter Gerd Kokles. „Neben dem fachlichen
Lernen nehmen wir uns Zeit für
das soziale Lernen und helfen,
individuelle oder auch schulische Probleme zu überwinden.
So schaffen es die Mädchen
und Jungen, sich ihrer Stärken
und Fähigkeiten bewusster zu
werden und optimistischer und
motivierter in die Zukunft zu
blicken“.
Das gute Ergebnis basiert dabei
stark auf einer engen Zusammenarbeit mit den Partnerschulen, der Haeckel-, der Klingenberg-, der Virchow-, der Mozart- und der Thüringen-Schule. „Dort, wo die Unterstützung
des Lehrers oder der Lehrerin
besonders groß ist, werden auch
die besten Ergebnisse erzielt“,
weiß Kokles.
LM
Jugend-Bildung-Sport
Klettern im Zweimast-Seilzirkus
Spielplatz und Grünanlage wurden neu gebaut
Biesdorf – Die Freude stand
Baustadtrat Christian Gräff ins
Gesicht geschrieben. Und dies mit
Recht, denn die Kinder der benachbarten Klax-Kita „Salamander und Mäusekiste“ nahmen am
9. Juli den neuen Spielplatz an der
Lauinger Straße voller Begeisterung in Besitz. Gut 300 000 Euro
wurden auf knapp 6000 Quadratmetern investiert. Es entstanden
4700 Quadratmeter Wiese, 250
Quadratmeter Gehölzfläche und
500 Quadratmeter Sandspielfläche. 36 Bäume wurden angepflanzt. Die neu entstandene naturnahe öffentliche Parkanlage erstreckt sich von der Apollofalterallee bis zur Tychyer Strasse und
liegt südlich der Lauinger Straße.
„Wir sind sehr froh“, sagte Gräff,
„dass wir die von vielen Bürgern
Das Klettergerät macht ganz schön was her.
Foto: Stegemann
geforderte Grünanlage und diesen wir den Nachholbedarf im Siedöffentlichen Spielplatz heute lungsgebiet nahezu gedeckt.“ Der
übergeben können. Damit haben Stadtrat verriet auch gleich den
Standort für den nächsten Spielplatz. Er entsteht gar nicht weit
weg am Burghardweg. „Im gesamten Bezirk wollen wir auch in
den kommenden Jahren jährlich
mindestens einen Spielplatz bauen“, setzte Gräff hinzu.
Die Kinder wiederum wollten
gleich das große Klettergerüst
erobern. Die attraktive ZweimastSeilzirkus-Kombination bildet
den Hauptteil der Anlage, eingebettet in die wegebegleitenden
Spielelemente wie Karussells
und Federobjekte. Der Spielplatz
und die Grünanlagen waren im
Vorfeld umfassend mit den Bürgern beraten worden. Die getroffene Auswahl der Spielgeräte orientiert sich an der am meisten
vertretenen Altersgruppe der 615-Jährigen.
R. Nachtmann
Magic Rock of Hammond
Parkbühne lockt mit zwei außergewöhnlichen Konzerten
Biesdorf – Da werden wohl nicht
nur die Herzen vieler Männer um
die 50 höher schlagen, wenn am
22. August, 18 Uhr, die Band
Distant Bells Pink-Floyd-Klänge
auf die Parkbühne zaubert. Die
Hammond-Orgel ist halt doch ein
magisches Instrument, das auch
Kerle wie Jon Lord – er ruhe in
Frieden – beherrschten. Im Kontrast dazu überrascht an diesem
Abend das dreiköpfige Rockmonster DeWolff aus den Niederlanden mit unglaublicher, rockiger Power.
Den Sound der legendären Pink
Floyd stilistisch und qualitativ
hochwertig zu reproduzieren, ist
für alle Musiker eine Herausforderung. Die achtköpfige Band
Distant Bells aus dem tschechischen Brno covert Pink Floyd mit
einer Vielzahl live gespielter Instrumente. Dazu überwältigt eine
ausgeklügelte Lichtshow mit vielen überraschenden Effekten. Das
aktuelle Programm spannt einen
Bogen von Alben wie „ Money“,
„The Dark Side of the Moon“ bis
hin zu Songs aus dem letzten Album „Division Bell“.
DeWolff aus den Niederlanden hingegen erschüttert die Parkbühne mit
einer kräftigen Portion wildem,
psychedelischen Sixties-BluesRock. Die Musiker sind bewaffnet
mit kreischender Hammond Orgel,
heulender Gitarre, donnernden
Drums. Und einem leidenschaftlichen Gesang. Tags darauf geht mit
der „Geigenrocknacht“ ein Parkbühnen-Klassiker über die Bretter,
den diesmal die Bands Trio Violanjo, Clover, Remember Twilight
und (wie bisher jedes Mal)
Kolophon bestreiten. Die Mischung
aus Klassik, Bluegrass und Pop der
Gruppe Trio Violanjo eröffnet 17.30
Uhr den Klangreigen. Clover
bietet traditionellen irischen
Folk und wilden
Celtic Rock.
Remember Twilight führt ein
klassisches
Klangbild von
Geigen, Oboe
und Cello mit einem brachialen
Sound einer zwischen Metal und Hardcore angesiedelten Spielweise zusammen. Die
klassisch ausgebildeten Musiker
von Kolphon, die in ihrer Freizeit
Hardrock zum Abfeiern spielen, versprechen, erneut die Tanzfreude zu
wecken.
Eintritt zu den Konzerten 14 bis 19
Euro, Info und Karten in der Kiste,
Heidenauer Straße 10, Tel. 99
Auf die Gruppe Distant Bells darf man
sehr gespant sein. Foto: Parkbühne
87481. Daselbst wird am Monatsende auch musiziert: Am 29. August spielt „RAM Rock aus Moabit“ in der Rock-Kiste (7/6 Euro),
am 30. August öffnen „Strings like
Wings“ die Harte Kiste (10/9
Euro); Beginn jeweils 21 Uhr.
FS/RN
Köstlich interkulturell
10. Promenadenbuffet wirbt für gesunde Ernährung in der Familie
Hellersdorf – Unter dem Motto „Zehn Jahre
– zehn Kulturen“ wird am 21. August ab 15
Uhr in der Fußgängerzone Hellersdorfer Promenade das 10. Promenadenbuffet angerichtet. Gesundheitsstadträtin Dagmar Pohle eröffnet die Jubiläumsausgabe des traditionellen
Buffets vor dem Familienzentrum „Buntes
Haus“ am Rondell Ecke Arneburger Straße.
Ums Schnippeln, Rühren, Brutzeln und Dekorieren kümmern sich zuvor wieder Kinder
und Jugendliche in den umliegenden Einrichtungen. Betreuer und Erzieher geben dabei
Tipps zu Obst- und Gemüsesorten, Zubereitungsarten und praktische Hinweise für
eine gesunde und ausgewogene Ernährung in
der Familie.
Ab 15 Uhr können die sommerlich-gesunden
Köstlichkeiten aus aller Welt dann an einer
langen Tafel in der Promenade verspeist werden. Zum Nachkochen und phantasievollen
Variieren regt ein spezielles PromenadenbuffetRezeptheft an, das zum Mitnehmen bereit liegt.
Ein vielfältiges Rahmenprogramm flankiert das
Buffet: So wird es u.a. eine Performance des
Berliner Künstlers Berbo Thierfelder, einen
„Parcours der Sinne“ und verschiedene
Bastelangebote geben. Für Kinofans wird
– passend zum Thema Kochen und Essen
– der Animationsfilm „Ratatouille“ gezeigt.
Die „gesunde Mahlzeit an einer gemeinsamen Tafel“ soll vor allem der Gesundheitserziehung im Quartier dienen. Fast jeder
dritte der insgesamt rund 10 000 Einwohner ist jünger als 25 Jahre. Gleichzeitig sind
viele Kinder zur Existenzsicherung auf
staatliche Hilfen angewiesen. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Eltern ist
allein erziehend. „Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen widmen wir deshalb besondere Aufmerksamkeit. Ihre
Lebensperspektiven und -chancen sollen
sich verbessern. Dazu gehören auch Wissen und Fertigkeiten für eine gesunde und
aktive Lebensweise“, sagt Daniela Kuhnert
vom Quartiersmanagement.
Petra Strachowski
Alise beweist: Obstspieße sind gesund und machen auch noch fröhlich.
Foto: Nachtmann
Umwelt & Verkehr
jot w.d. 8/2014
11
Bezirk soll „essbar“ werden
Linke fordert öffentliches Obst und Gemüse – Vorbild ist die Stadt Andernach
Marzahn-Hellersdorf – „Pflükken erlaubt“ statt „Betreten verboten“ heißt es in der „Essbaren
Stadt“ Andernach. Ob Erdbeeren,
Salat oder Zwiebeln: Die Stadtverwaltung lässt überall Gemüse,
Obst und Kräuter anbauen – und
jeder darf sich bedienen. Wer’s
nicht glaubt, kann sich u.a. bei
www.andernach.de davon überzeugen. Selbst große deutsche
Fernsehsender berichteten mehrfach über dieses Projekt.
Was in einer Kleinstadt in Westdeutschland möglich ist und worüber auch in FriedrichshainKreuzberg und Pankow nachgedacht wird, kann auch in Marzahn-Hellersdorf funktionieren.
Bei der „Essbaren Stadt“ geht es
um ein Mehr an nachhaltigem
Grün und Biodiversität sowie um
ein einmaliges Erholungserlebnis
für die Bürger und die Gäste des
Bezirks. Durch den Einkauf von
Nutzpflanzen anstelle teurer Zier-
In Andernach kann, wer möchte, Gemüse an der Schlossmauer ernten. Auch an anderen Stellen wird angebaut.
Foto: Stanke
gewächse ließe sich sogar Geld
sparen.
Marzahn-Hellersdorf verfügt über
genügend Freiflächen fernab von
stark befahrenen Straßen. Im Unterschied zu einigen Berliner
Innenstadtbereichen dürfte die
ökologische Belastung für die
Nutzer des Stadtobstes in unserem Bezirk zu vernachlässigen
sein. An großen Straßen soll allerdings weiterhin der Straßenbaum gepflanzt werden.
Es gilt also durch das Bezirksamt
zu prüfen, ob und in wieweit der
Bezirk im Rahmen einer Initiative für eine „Essbare Stadt“ an
geeigneten Stellen abseits großer
Verkehrsstraßen einheimische
Nutzpflanzen statt invasiver Ziergehölze anpflanzen bzw. diese in
die Pflanzliste aufnehmen kann.
Die Linksfraktion wird einen entsprechenden Antrag in die kommende BVV-Sitzung einbringen.
Frank Beiersdorff
Wie in vielen anderen Städten haben junge Leute in Jena die Idee
aufgegriffen und Beete „An der Sonnenuhr“ angelegt. Foto: privat
Tropischer Regenwald an der Wuhle
Der Sommer macht seinem Namen 2014 alle Ehre: Nach einem
eher trockenem Frühling jetzt
Hitze, Gewitter, wieder Hitze,
Landregen ... Ein Wetter, das der
einheimischen Flora und Fauna
kräftig Schwung gibt.
An der Wuhle lohnt ein Spaziergang. An meinem ersten Urlaubstag sehe ich Höhe GriesingerKrankenhaus eine Kindergruppe
mit Erzieherin. Die Knirpse allesamt um ein riesiges dichtes
Brombeergebüsch versammelt.
Die Kinderaugen leuchten beim
Blick auf die schwarzen reifen
Beeren- aber wie hinkommen
angesichts spitzer Dornen und
unerreichbarer Höhe? Die Tante
weiß Rat: Sie pflückt in der Hitze geduldig für alle Kinder Beeren, bis die kleinen Münder dunkelblau und die Bäuche voll sind.
Angst vorm FuchsbandwurmFehlanzeige! Die Erzieherin steht
gut im Schuh und will sich ohnehin nicht dorthin bücken, wo der
Fuchs langstreift, um Beeren und
Mäuse im Gebüsch zu finden.
Wenige Schritte weiter im küh-
lenden Schatten eine größere
Kindergruppe mit Warnwesten,
die wie die Ameisen auf alten bis
zum Boden reichenden Ästen von
Eschenahorn herumkrabbeln,
ohne dass die Begleiterin ständig
vor dem Absturz auf den weichfedernden Wuhle-Torfboden
warnt. Schön, dass es wenigstens
jetzt in den Ferien für die Stadt-
kinder in die Natur zum Spielen
geht. Meine Verwandten aus Thüringen sind zu Besuch. Sie bestaunen die Wuhletal-Wildnis,
das klare Wasser in der renaturierten Wuhle, die zahlreichen
Enten und Blesshühner auf den
Kaulsdorfer Teichen, trotz immer
noch niedriger Wasserstände. Der
angelegte breite Weg aus Kauls-
Da heißt es aufpassen, dass man nicht „angeklettet“ bleibt. Doch sie
gehören selbst in dieser Größe zur heimischen Flora. Foto: Clauder
dorf Nord ist fast zugewachsen.
Ich benutze ihn regelmäßig seit
Jahren beim Joggen. Aber so hohe
Kletten und wilde Möhren,
Brennnesseln und Goldruten habe
ich bisher an dieser Stelle noch
nicht gesehen! Ein tropischer
Regenwald scheint hier ungestört
von Stadtgrün-Kurzhaltern zu
wachsen und den Weg bald zu
verschlingen. Meine Schwester
muss auf das Foto neben die bis
zu drei Meter hohen Kletten.
Sonst glaubt mir keiner die Erzählung von Klettenriesen, wenn
im Winter dort wieder ein
unspektakulärer breiter Wanderweg mit kahlem Rodelhang zu
sehen sein wird.
Hoffentlich denken auch die Manager der Internationalen Gartenschau 2017 daran, ihren Gästen
im Kontrast zu perfekten Gartenanlagen ein Stück Wuhle-Wildnis
inmitten der Großstadt zu zeigen.
Ein gut beschilderter Zugang vom
S- und U-Bahnhof Wuhletal zur
IGA würde (ohne Seilbahn) ein
solches Erlebnis hautnah verschaffen.
U. Clauder
Katzenhäuser im Tierheim Berlin überfüllt
Tierschutzverein für Berlin sucht dringend neue Katzenbesitzer
Falkenberg – Die Katzenstuben des Tierheims Berlin
sind seit Sommerbeginn mit mehr als 90 Stubentigern
überfüllt. Vor allem im Mutterkatzenhaus werden zahlreiche Katzenfamilien, frische Würfe und werdende
Katzenmütter versorgt. Es ist „Katzensaison“. Die Gründe für den alljährlich starken Anstieg im Frühjahr liegen auf der Hand: Viele unverantwortliche Katzenhalter
lassen ihre Tiere mit Freigang nicht kastrieren. So
kommt es im Frühjahr zu einer sprunghaften Vermehrung unter den Katzen in der Hauptstadt. Der Tierschutzverein fordert daher schon seit langem eine Kastrations-
und Kennzeichnungspflicht für alle privaten Freigängerkatzen, wie sie in vielen Städten und Gemeinden schon
erfolgreich praktiziert wird. Die Vermittlung der Tiere
in ein neues Zuhause erfolgt über die Telefonnummern
76 888 236 und -121. Die Kleinen werden nur paarweise oder zu Katzen passenden Alters abgegeben. Auch
zahlreiche ausgewachsene Katzen suchen dringend eine
liebevolle neue Heimat.
RN
Am 10. August ist Deutschland weit „Tag der Katze“.
Unser Beitrag: Wir nahmen den Streuner „Paulchen“
in unsere Redaktion auf.
Foto: Dittmann
Gärten an der Wuhle
per Rad entdecken
Marzahn-Hellersdorf – Die
ADFC-Stadtteilgruppe Wuhletal bietet für Zugezogene und
für alle Interessierten am 24.
August ihre zweite Radtour
durch den Bezirk an. Der Streifzug erleichtert den Teilnehmern
die Erkundung der neuen Umgebung und zeigt günstige Wege
mit dem Rad zu Alltags- und
Ausflugszielen auf. Es können
Kontakte geknüpft werden und
Marzahn-Hellersdorf erschließt
sich von seiner fahrradfreundlichen Seite.
Die familienfreundliche Radtour führt zu Orten, die farbenfroh, versteckt und skurril sind.
Jeder kann hierbei erleben, dass
Radfahren Spaß macht, die Gesundheit fördert und man dabei
ganz einfach einen wichtigen
Beitrag zum Klimaschutz in der
Stadt leistet. Start ist 14 Uhr am
Rathaus (Alice-Salomon-Platz),
von dort geht es in gemütlichem
Tempo ca. 25 Kilometer durch
Hellersdorf, Marzahn, Ahrensfelde und Kaulsdorf. Die Tour
endet nach etwa 3,5 Stunden am
Bahnhof Wuhletal. Teilnahme
kostenfrei, Anmeldung nicht
erforderlich. Info www.kieztouren.radundtouren.de
Klaus-Dieter Mackrodt
Keine Ampel am
Ärztezentrum
Marzahn – An der Marzahner
Promenade wird es auf Höhe des
Ärztehauses keine Lichtzeichenanlage geben. Das antwortete
Verkehrsstaatssekretär Christian
Gaebler auf eine Anfrage der
Marzahner Abgeordneten Manuela Schmidt. Man habe die Notwendigkeit eine Ampel geprüft,
diese sei „der Verkehrssituation
nach“ nicht erforderlich. „Die
Marzahner Promenade wird stark
von Fußgängern frequentiert, der
Fahrzeugverkehr hingegen ist gering“, heißt es zur Begründung.
Es böten sich „häufig Lücken im
Fahrzeugstrom, die ohne lange
Wartezeit zum gefahrlosen Queren geeignet“ seien. Schwierigkeiten bei den Fußgängern, die
Fahrbahn zu überschreiten, hätten sich auch nicht gezeigt. „Ein
Unfallgeschehen mit Fußgängerbeteiligung ist nicht gegeben.“ RN
Ortsumfahrung wird
weiter geplant
Marzahn – Zum Bau der Ortsumfahrung Ahrensfelde sei weder
an eine neue bzw. die Einstellung
der jetzigen Planung gedacht, versicherte Verkehrsstaatssekretär
Christian Gaebler dem GrünenAbgeordneten Harald Moritz.
Vielmehr führe der Brandenburger Landesbetrieb Straßenwesen
eine Untersuchung der verkehrlichen Leistungsfähigkeit der
Knoten des Streckenzuges Märkische Allee, Bitterfelder Straße
für den Fall der Untersagung des
„Rechtsabbiegens“ des Verkehrs
aus dem neu zu errichtenden Tunnel stadteinwärts in die Ahrensfelder Chaussee durch.
RN
12
jot w.d. 8/2014
Gesundheit & Soziales
PC-Beratung
für Senioren
Wenn man nicht dem Arzt vertraut
Hellersdorf – Der Verein „Net
Computer Lernen“ bietet im
Kompass, Kummerower Ring
42, Computer-Beratung für ältere Menschen und Senioren
an. Jeden 1. und 3. Mittwoch
im Monat von 10 bis 12 Uhr
sind Hans-Jürgen Krey und
Ralf-Peter Richter vor Ort, um
bei Problemen rund um digitale
Geräte behilflich zu sein. Neben der Computerberatung
kann auch bei Problemen mit
Digitalkameras sowie Bahnund Bankterminals geholfen
bzw. Einblick in den Umgang
mit Smartphones und TabletPC’s gegeben werden. Das Angebot ist kostenfrei und kann
von jedem genutzt werden. Info
email [email protected], Tel.
56 49 74 01. Karsten Mühle,
Leiter des Stadtteilzentrums
Heilpraktiker bieten eine ergänzende Behandlung bei vielen Leiden
Der „kompass“ hat nun auch
einen Wegweiser. Foto: Mühle
Spranger
bei Matilde
Hellersdorf – Am 18. August,
16 Uhr, gibt Iris Spranger, Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus für Bauen,
Wohnen und Mieten, im Frauenzentrum Matilde, Stollberger
Straße 55, im Sommercafé Antwort auf die Frage: Wo soll frau
noch hin? Am 20. August berät
eine Anwältin für Familienrecht
von 16 bis 18 Uhr; Anmeldung
Tel. 56 400 229 notwendig. RN
Schmidberger
bei HellMa
Marzahn – In der Reihe „Frauen und Gesellschaft – Wir mischen mit“ ist am 26. August,
15 Uhr, Katrin Schmidberger,
Sprecherin für Mieten und soziale Stadt der Bündnisgrünen
Fraktion im Abgeordnetenhaus,
im Frauentreff HellMa, Marzahner Promenade 41, zu Gast.
Sie widmet sich unter dem Motto „wenn frau nicht mehr weiß
wohin“ der Berliner Wohnungsmarktsituation und den
Folgen für Frauen sowie der
Frage: Wie steuert Politik dagegen? Info Tel. 542 5057. RN
BVV will Ehrenamt
würdigen
Marzahn-Hellersdorf – BVVVorsteherin Kathrin Bernikas
ruft auf, Vorschläge für den Dank
an verdienstvolle Bürger zum
„Tag des Ehrenamtes“ am 5. Dezember einzureichen. Die namentlichen Vorschläge müssen
eine ausführliche Begründung
enthalten und bis 1. September
vorliegen. Auskünfte beim BVVBüro, Tel. 90 293 58 11.
RN
Es ist ein Traumberuf für mich,
die ich vor 38 Jahren den Studienplatz für Medizin gegen den für
Philosophie zum großen Entsetzen meines Vaters eintauschte.
Ich müsse erst verstehen was mit
der Welt los ist. Wenn die
Menschwelt krank ist, wie können da die Menschen gesund sein
oder gesund werden. Ich möchte
nicht behaupten, dass ich heute
besser verstehe, was mit der Welt
los ist. Interessant ist, was mir
eine Freundin zum Bestehen der
Heilpraktikerprüfung auf eine
Karte schrieb als sie den berühmten Satz des griechischen Arztes
und Naturforschers Galen zitierte: „Stimmt es also, dass der Arzt
anfänglich beim Erlernen des Berufes und später in der Ausübung
seines Berufes die Philosophie
notwendig braucht, so ist es auch
klar, dass ein wahrer Arzt ein
vollendeter Philosoph ist.“ Das
gleiche sagte mir, mehr schmunzelnd, der Amtsarzt, der mir damals die mündliche Prüfung abgenommen hatte.
Um den Beruf als Heilpraktiker
hier in Deutschland ausüben zu
können, muss man eine umfangreiche medizinische Ausbildung
absolvieren. Die Kenntnisse in
Anatomie, Physiologie und
Krankheitslehre werden vom
Amtsarzt im Gesundheitsamt
schriftlich und mündlich geprüft.
Die Prüfung ist schwer, die
Durchfallrate hoch. Die dann in
der Praxis angewendete Therapieform kann von Heilpraktiker
zu Heilpraktiker ganz unterschiedlich sein.
Auch wenn jeder Heilpraktiker
mit verschiedenen Therapieformen arbeitet, ist allen die ganzheitliche Betrachtung und Behandlung des Menschen gemeinsam. Kommt der Patient zu einem
Heilpraktiker, nimmt dieser sich
für ein gründliches Anam-
nesegespräch ausreichend Zeit,
erklärt die Therapie, die angewendet wird, zur Aktivierung der
Selbstheilkräfte und zum Ausgleich der energetischen Dysbalance, die in unserer stressbeladenen Zeit latent vorhanden ist.
Das macht diesen Berufsstand in
der heutigen schnelllebigen Zeit so
einzigartig, setzt aber auch eine
völlig andere Bereitschaft der Patienten voraus, sich mit sich selbst
und seinem Leben beschäftigen zu
wollen. Vor allem das leidliche
Problem der Therapie-Resistenz
bei einer Vielzahl von chronischen
Erkrankungen führt dazu, dass
immer mehr Hausärzte begleitend
zur schulmedizinischen Therapie
den Weg zum Heilpraktiker empfehlen.
Es gilt (insbesondere bei chronischen und langwierigen Erkrankungen) die alte, ziemlich unbequeme Regel: „Man kann nicht
auf die gleiche Weise, wie man
über die Zeit in die Erkrankung
hereingeschlittert ist, wieder herauskommen.“ Diese Einsicht soll-
te vorab bedacht werden, entscheidet man sich, einen Heilpraktiker aufzusuchen. Es geht
um die tieferen, oft sehr komplexen Ursachen der Erkrankung,
und es gilt mit Respekt vor dem
Menschen und seinem Körper,
Wege der Heilung zu finden. Das
kann bei jedem ganz unterschiedlich sein, trotz scheinbar gleicher
Erkrankung und ähnlichem Beschwerdebild.
Dass sich ein Heilpraktiker auf
ein Krankheitsbild spezialisiert,
ist eher seltener. Im Allgemeinen
ist es so, dass die Menschen mit
allen möglichen Beschwerden
kommen, der Knie wegen, mit
Schulterschmerzen, Verdauungsproblemen, Atemnot. Eine wichtige Rolle spielt auch der ganze
Komplex der Allergien, die heutzutage schon beinahe selbstverständlich sind.
Es ist noch immer so, dass es in
den Bundesländern der alten
DDR weniger verbreitet ist, sich
auch den Rat eines Heilpraktikers
einzuholen. Es gab damals nur
Als die Ärzte nicht mehr weiter wussten, konnte erst Christine Eschenbach (li.) Anita Fischer doch noch helfen.
Foto: Nachtmann
wenige Vertreter dieser Zunft.
Meist waren sie Homöopathen
mit einem einzigartigen Wissen
und einer großartigen Menschkenntnis. Ich hatte das Glück, mit
so einem erfahrenen älteren Kollegen aus Eberswalde nach meiner Ausbildung längere Zeit in
Kontakt zu sein. Erst als er mir
sagte, „Mädel, du kannst es, fange nun endlich mal an“, habe ich
mir nach meiner längst bestandenen Prüfung wirklich zugetraut,
als Heilpraktikerin nicht nur zu
assistieren, sondern auch selbständig zu arbeiten.
Nun bin ich schon seit mehr als
20 Jahren in diesem wunderschönen und herzerfüllenden Beruf
tätig. Zum Glück werden langsam
die Vorurteile weniger. Manchmal ist es vielleicht einfach nur
ein Mangel an Information, was
wirklich in so einer Praxis einer
Heilpraktikerin geschieht.
Dies inspirierte mich, verschiedene naturheilkundliche Therapien
vorzustellen und Empfehlungen
aus der Naturheilkunde für die
Bewältigung des Alltagsstresses
weiterzugeben.
Meine erste Empfehlung: „Hände über Kreuz unter die Achselhöhle oder auf die Oberarme legen und 36 Mal bewusst aus- und
einatmen.“ Das lässt sich auch
mehrmals täglich gut in den Alltag integrieren. Jeder kann auf
seine Weise spüren, wie sich mit
jedem Atemzug mehr Druck und
Stress vom Körper lösen, die
Gedankenflut sich beruhigt,
Spannungsschmerzen nachlassen.
Probieren Sie es ruhig aus.
Wer mehr wissen will, kann sich
per email [email protected] oder
Tel. 56 700 119 melden oder nutzt
den Tag der offenen Tür am 29.
August, 14 bis 20 Uhr, in der Praxis für Naturheilverfahren, Müllerstraße 39, 12623 Berlin.
Christine Eschenbach
Verantwortung wird nicht übernommen
Geht jeden an
Nachteile von Medikamententests an Menschen
müssen Probanden hilflos ertragen
Wanderausstellung
zur Suchtprävention
zentrum“ (*) tragen und nichts,
keinen Cent, für die Teilnahme an
den klinischen Studien bezahlt
bekommen. Gebührenfrei können
sie nur mit dem Zentrum telefonieren. Selbst Fahrkosten für
Straßenbahn oder Benzin und
Parkkosten für das Auto gehen zu
Lasten der Versuchspersonen. In
ihrer übergroßen Güte schenken
diese den Medikamententestern
ihre Zeit und ihre Hoffnung auf
Heilung von Krankheiten.
Lichtenberg – Unter dem Motto
„Nein“ zur Sucht, „Ja“ zur Unabhängigkeit findet vom 4. bis 16.
August im Allee-Center, Landsberger Allee 277 (erreichbar u.a.
mit der Straßenbahn M6), eine
Ausstellung zum Thema Suchtprävention statt. Ziel der Ausstellung ist es, ein breites Publikum
auf die verschiedenen Aspekte
von Sucht im Alltag aufmerksam
zu machen, zu zeigen was Sucht
ist und wo sie beginnt. Sie beginnt im Alltag – weshalb die Prävention dort auch ansetzen sollte. Ich selbst bin als Initiator und
Eigner der Ausstellung seit 43
Jahren abstinent lebender Alkoholiker. Über den gesamten Zeitraum der Ausstellung werde ich
jeweils von 9.30 Uhr bis zur
Schließung des Centers 20 Uhr
mit Rat und Tat als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
Klaus Ziese
Kaninchen im Käfig sind arme
Schweine. Versuchskaninchen im
eingezäunten Land sind ganz
arme Schweine. Von 300 Medikamententests in der DDR wird in
einer Juniausgabe von 2014 der
Leipziger Volkszeitung berichtet.
Entgegen vorheriger Artikel ist im
Zwischenreport der Forschungsgruppe der Berliner Charité zu
diesem Thema nicht vom uninformierten DDR-Patienten als Proband dieser Medikamentenstudien die Rede. Natürlich wird die
Staatssicherheit, deren Informationsgier und Kontrolle sich auf
jeden Husten erstreckte, erwähnt.
Ist heute alles ganz anders?
Selbstlosigkeit ist angesagt? Bei
der Pharmaindustrie? Mitnichten.
Es sind die Probanden, die in
Hoffnung auf die Einführung eines neuen wirkungsvollen Medikamentes ihren kranken Körper
z.B. zu einem Leipziger „Prüf-
Brav schlucken! Kommt es aber zu
Problemen, sind die Probanden
meist allein gelassen. Foto: Archiv
Osteoporose, Diabetes, Arthrose,
Rheuma und und und. Wenn ihr
diese Krankheiten habt, liebe
Bürger, kommet und spendet euren Körper! Nicht mehr dem
Staat, wie einst, sondern den Unternehmen.
ukoe
(*) Es handelt sich um ein englisches Unternehmen, das sich selbst
als das weltweit größte multinationale Unternehmen mit eigenen
Prüfzentren mit Spezialisierung auf
die Durchführung und Rekrutierung von klinischen Prüfungen im
Auftrag der pharmazeutischen Industrie, von Biotech-Unternehmen
und Auftragsforschungsinstituten
bezeichnet. Neben Leipzig hat dieses Unternehmen Prüfzentren in
Berlin, Bochum, Dresden, Görlitz
und Magdeburg: in Großbritannien, Österreich, Polen, Ungarn, der
Ukraine, Bulgarien, Indien und
Südafrika.
Feuilleton
jot w.d. 8/2014
13
Wie der Toten gedenken?
Vor 100 Jahren begann das große Schlachten – Kriegerdenkmale erinnern revanchehaft daran
Das historische Bewusstsein in
den Dörfern Marzahn, Biesdorf,
Kaulsdorf und Mahlsdorf ist eng
mit den alten Dorfkirchen und
ihrer Geschichte verbunden. Alle
haben auch ihre Erinnerungsstätten an die Kriegsgefallenen
aus den Kriegen mit Dänemark
und Frankreich, nicht zuletzt auch
an die zahlreichen Toten des Ersten Weltkriegs.
An der Biesdorfer Gnadenkirche
fehlt dem ursprünglichen Denkmal die Spitze: Ein Adler, der die
Weltkugel in den Krallen hält.
Einige Bürger haben seit 2011 die
originalgetreue Restauration des
in die Jahre gekommenen Kriegerdenkmals gefordert. Die Kirchengemeinde bildete eine Arbeitsgruppe. 2012 trat der Vorsitzende des Heimatvereins, Wolfgang Brauer, am Volkstrauertag
dem Ansinnen nach authentischer
Wiederherstellung des Denkmals
mit den Worten entgegen, der
Adler auf der Weltkugel sei „ein
Symbol des preußisch-deutschen
Anspruchs auf die Weltherrschaft“. Auch der Gemeindekirchenrat warnte davor, dass der
Adler politisch missbraucht werden könne.
Die Diskussion einhundert Jahre
nach Beginn des Ersten Weltkriegs
dauert an. Zahlreiche Dörfer und
Städte im Berliner Umland hatten
nach der Wende die Chance ergrif-
Das benachbarte Otto-Nagel-Gymnasium hatte einen Wettbewerb zum Biesdorfer Kriegerdenkmal organisiert. Die Schülerideen reichten vom „trauernden Adler“ über die „Friedenstaube“ bis zu einer leeren
Kugel, die die Zerstörung der Welt durch Krieg symbolisieren soll. Der „räuberische“ Adler, der sich die
Erdkugel krallt, hat keinen Platz mehr. Alle Ideen wurden im Bezirksmuseum ausgestellt. Fotos: Museum
fen und schmückten ihre Kriegerdenkmale mit Zusätzen „Gedenken an alle Opfer von Krieg und
Gewaltherrschaft“, wodurch auch
DDR-kritische Bürgerbewegte
und Opferverbände ins Boot ge-
holt wurden. Ebenso restaurierte
man häufig ohne große Diskussion aufwändig völkische, kriegs-
verherrlichende Heldengedenkstätten. Die offizielle Argumentation „wir wollen das Gedenken an
die Kriegstoten in authentischer
Weise wieder herstellen“ hat freilich einen Pferdefuß: Der einstige
Missbrauch der Kriegsopfer als
Helden war jeweils ein Startklotz
für neue Feldzüge, die mit Revanche und Rache für die gefallenen
Väter und Söhne eine familienund kommunalpolitische Begründung vor Ort erhielten. Wir haben
die Bilder vom Sommer 1914 vor
Augen: Begeistert in das Inferno
ziehende junge Soldaten, winkende Frauen, Mütter und Kinder.
Endlich die Chance, Auge um
Auge, Zahn um Zahn die gefallenen Nahestehenden zu rächen! Ob
für Gott oder für den Kaiser oder
einige Jahre später für den Führer, das war dann fast zweitrangig
Ich kenne viele Denkmale mit
langen Namenslisten, die „Unseren Helden, die für das Vaterland
auf dem Feld der Ehre starben“
gewidmet sind. Aber auch solche,
die im Klartext des sinnlosen Todes von Männern, Frauen und
Kindern durch Krieg und Nachkrieg gedenken. Wenigstens diese Mahnung sollte hundert Jahre
nach dem Ersten Weltkrieg und
dem noch größeren Verbrechen
einige Jahrzehnte später unsere
Erinnerungskultur beherrschen.
Ulrich Clauder
Ein Mojito auf den 64.
Kabarettistin und jot w.d.-Kolumnistin Dagmar Gelbke hofft
auf „Absolution“ in Flensburg und feiert ihren Geburtstag mit der halben Welt
Heute Nacht hatte ich einen Albtraum – und wenn ich mich an
Träume erinnere, liegt etwas in der
Luft: Ich war zum Amt gebeten
worden wegen meiner Fahrerlaubnis, irgendetwas hätte ich erneuern müssen, nun gab es wieder
Strafpunkte. Nach Siegmund
Freud, und diesmal gebe ich ihm
recht, widerspiegelt so ein Traum
reale Ängste. In meinem Fall handelt es sich darum, dass im September endlich die fünfjährigen 17
Punkte – wie viele das umgerubelt
sind, weiß ich nicht, auf alle Fälle
einen Punkt vor Fahrerlaubnisentzug – gelöscht werden. Wenn
jetzt, sechs Wochen vor diesem
befreienden Ereignis, noch irgend-
etwas passiert, das wäre doch
schrecklich! Vorsorglich hat sich
mein Auto schon mal in den Vorruhestand begeben. Es fährt nur
noch bis zur Kaufhalle oder zum
Bahnhof Grünbergallee, sicher ist
sicher. Und ich besorge mir erst
wieder ein neues altes Gefährt,
wenn die Fahrerlaubnis endlich in
Jungfräulichkeit erstrahlt – am 8.
September (zu Helga Hahnemanns
77. Geburtstag!) – also nach dem
Urlaub.
Ja, ja, die Reiselust winkt: Mitte
August fahre ich mit meiner ehemaligen Bürochefin aus der Zeit
vor 25 Jahren in die Arena di Verona, um unter hoffentlich sternenklarem Himmel „Aida“ zu erleben. Hin mit dem Zug in 12 Stunden, zurück per Flugzeug, alles
zum Schnäppchenpreis. Ende August geht es mit Rita zu den KarlMay-Festspielen nach Bad
Segeberg, wo mein Kollege Uwe
Karpa (bekannt aus „alpha-team“)
Triumphe als genial-verdrehter
sächsischer Professor feiert. Da er
ein waschechter Berliner ist, haben wir seinen Text vorher fleißig
geübt und uns gewundert, was die
Spielbuchautoren mit „Geschend“
meinten. Bis wir drauf kamen: Sie
meinten „Gehschend“, wie wir
Sachsen eine Gegend nennen.
Bis dahin allerdings gibt es noch
viel zu tun in Frankfurt (Oder).
Unser Wolfgang Flieder (64) hatte nach dem WM-Sieg zwei Herzinfarkte, welch ein Schock! Inzwischen ist er zur Reha geschickt
worden, und wir hoffen, dass er
dort lernt zu unterscheiden, welche Dinge im Leben wirklich
wichtig sind bzw. welche Dinge
es wert sind, sich so maßlos aufzuregen. Wir drücken ihm alle die
Daumen, dass er es schafft, mit
dem Rauchen endgültig aufzuhören, seine Ernährung umzustellen
und vor allem, Aufgaben im Kabarett einfach auf mehrere Schultern zu verteilen.
Damit hat er nun, Gott sei Dank,
angefangen: Wir Kollegen dürfen
das neue Programm, das Ende
Oktober Premiere haben soll,
selbständig vorbereiten: Texte
und Musiken vorschlagen und mit
Lothar Bölck (mdr-Satiresendung
„Kanzlerpforte D“) vorprobieren,
so dass Wolfgang zum Probenbeginn nur noch die Goldfeile ansetzen muss, um uns zur Perfektion zu führen. Er hat ja gesehen,
dass wir das können, denn wir
haben das laufende Sommerprogramm „Ramba-Samba“ innerhalb eines Tages umbesetzt –
Markus Strache-Zakhariya und
ich übernahmen Texte von Wolfgang. Und dieser kam auch wirk-
lich einen Tag, nachdem er aus
dem Krankenhaus entlassen wurde, zur Qualitätskontrolle und hat
sich prächtig amüsiert.
Jedenfalls hatte ich meine traditionelle Geburtstagsfeier im Kabarett ausfallen lassen. Habe nur
mit meiner Tochter und ihrem
Freund (hört, hört - dass ich das
noch erleben darf) in der urigen
kubanischen Kneipe am Strand
der Oder mit einem Mojito auf die
64 angestoßen. Ist ja wirklich keine schöne Zahl. Aber dann fand
am nächsten Tag doch noch ein
rauschendes Fest in meinem Wildpark von Garten statt – unter dem
Motto: Wer kommt, ist da!
War das schön! Jung und alt vereint unter Haselnußbaum und
Trauerweide: Der „Club der alten Weiber“: ich, Uschi Pulley,
Urte Blankenstein, Elli, Rita, Dr.
Sabine als Überraschungsgast aus
meiner Kindheit, die treuen
Fligge-Fans, „Spätverlobter“
Uwe mit seinen schönen „Neffen“
(die von ihm schon gelernt haben,
wie man selbstbewusst ohne eine
kleine Aufmerksamkeit zu einem
Geburtstag geht), der Magdeburger und der Leipziger Untermieter, letzterer mit seiner Schwester
aus Los Angeles, die inzwischen
zum Judentum konvertiert ist,
mein Ex-Untermieter aus Kurdi-
stan, das junge australische Ehepaar, das hier einwandern will
und bei meinen Nachbarn wohnt
und der „Altherren-Verein“: der
feingeistige Wolle vom ViktoriaLuise-Platz, nach sechs Jahren
mal wieder der immer laut-fröhliche Pitti Plessow („Fabian“ von
Pittiplatsch und Schnatterinchen), der den nach 12 Jahren von
Lanzarote zurückgekehrten Fernando (einst Solotänzer am Friedrichstadtpalast) mitbrachte und
Micha, Ritas Lebensgefährte, der
wunderbar den Grill bedient hat.
Leider hat sich der Männerverein
dann in die Haare gekriegt, und
Micha will mit uns nie wieder was
zu tun haben. Ich war bei diesem
Streit nicht dabei, weil ich gerade
am Tisch der jungen Leute über
mein Prüfungsthema „Kabarett als
Integrationschance“ diskutierte,
aber es ging wohl – man glaubt es
nicht – um Ossi-Wessi-Vorwürfe
bis hin zu „Ich zahle für Euch den
Soli-Zuschlag!“ Mehr muss man
dazu wohl nicht sagen, außer: Ist
wohl besser für Micha, dass er
„uns“ nicht mehr ertragen muss.
Ich hoffe nur, dass mir meine Rita
die Treue hält.
Ja, das war mal wieder das Neueste aus dem multikulturellen Hause „Yellow“. Genießt den RestSommer!
Eure Daggie
14
jot w.d. 8/2014
Empfehlungen
Sommerhitparade im „Kofferradio“
Zu den Wunschinterpreten der Schlagerparty zählen auch weniger bekannte
Berlin – Jeden Sonnabend zwischen 14 und
15 Uhr ist Kofferradio-Zeit für Schlagerfreunde. Zu empfangen ist die Sendung über
das Berliner Kabelnetz 92,6, Antenne 88,4
und 90,7 bzw. per Internet: www.alex-berlin.
de, www.siggitrzoss.de, www.radio-today.de.
Am 9. August sind Original-Ausschnitte aus
der Rostocker Hafenbar „Klock 8, achtern
Strom“ zu hören. Zu den Interpreten zählen
Nina Lizell, Sandra Mo& Jan Gregor, Horst
Köbbert, Siegfried Koenig. Vielleicht gibt es
aber auch eine Überraschung. Die zweite
Runde der Sommer-Schlager-Party folgt am
16. August. Mit Hits und Raritäten von damals von Arite Mann, Rec Demont, Christel
Schulze, Gus Backus, Vico Torriani, Brigitte Ahrens, Herbert Klein u. a. Am 23. August geht die erste Sommer-Hit-Parade über
den Sender. Moderator Siggi Trzoss hat mehr
als Musik- bzw. Interpretenwünsche der Hörer gesichtet. Zu den Erstplatzierten bei den
Damen zählen: Nicole Felix, Bärbel Wachholz, Nina Lizell, Helga Brauer, Ingrid
Winkler, Dagmar Frederic, Britt Kersten, Ju-
Rec Demond, hier auf einer Plattenhülle, veröffentlichte zunächst noch in Ost und West.
lia Axen, Sonja Siewert und Ute Freudenberg. Bei den Herren sind es Hartmut Eichler,
Gerd Christian, Roland Neudert, Andreas
Holm, Peter Albert, Hansi Beyer, Frank
Schöbel, Paul Schröder und Rec Demont.
Auch Gesangspaare, -gruppen und Orchester
wurden vorgeschlagen – u. a. Sonja Siewert
& Herbert Klein, Chris & Frank, die Ping
Pongs, die Kolibris und die Flamingos, das
RTO Leipzig und Berlin, die Sputniks. Gespielt werden jeweils die meistgewünschten
Titel und Interpreten. Am 30. August gibt es
wieder eine Geburtstags- und Erinnerungsrunde für den Monat. Zur Auswahl stehen
u.a. Wilfried Peetz, Djon Delusa, Armin
Kämpf, Burkhard Lasch, Gerd Natschinski,
Alo Koll, Herbert Klein, Hansi Beyer, Siegfried Mai.
Am 6. September heißt es wieder „Vom Hörer für den Hörer“. Elke Röder stellt ihre
Lieblingsschlager von Siegfried Uhlenbrock
vor und plaudert mit Moderator Siggi Trzoß
über den von ihr verehrten Künstler.
I. Dittmann
Das „Land der Morgenfrische“
Hoher Salon über Korea mit Musik und Tanz
Hohenschönhausen – Am 29. August ist das
„Land der Morgenfrische“ zu Gast im Humboldt-Haus an der Warnitzer Straße 13 A. Der
literarisch-musikalische „Hohe Salon“, veranstaltet vom Kulturring in Berlin e.V., will
seine Besucher mit Kultur, Tradition und
Alltag in Korea bekannt machen. Gastgeberin Alina Martirosjan-Pätzold stellt u. a. die
Tanzgruppe Kaya (Foto: Kulturring) vor, de-
ren Repertoire traditionelle koreanische, höfische und religiöse Tänze und Trommelstücke umfasst. Original-Kaligraphien von
Kyongsoo Shin-Nolte werden ausgestellt und
können käuflich erworben werden. Kulinarische Spezialitäten aus Korea stimmen auf den
Abend ein, der 19.30 Uhr beginnt. Der Eintritt beträgt 18 Euro (einschließlich Speisen),
Karten Telefon 553 22 76.
I.D.
Eine Liebeserklärung an Brandenburg
Günter de Bruyn hofft auf eine Zukunft für Schloss Kossenblatt
Selten ist mir ein Buch vor Augen gekommen, das besser recherchiert war als dieses. Mit „Kossenblatt“ festigt Günter de
Bruyn einmal mehr seinen Ruf, zu den
besten Kennern preußischer Geschichte zu
gehören. Gute Gründe also dafür, dass sich
das Buch schon seit Monaten auf den vorderen Plätzen der Verkaufslisten der Buchhandlungen hierzulande behauptet.
Kossenblatt galt als Lieblingsschloss des
preußischen Soldatenkönigs. Vor drei Jahren wurde es von der Gemeinde Tauche
erfolgreich verkauft – jetzt will die Besitzerin den Vertrag rückgängig machen, weil
nach ihrer Darstellung Zusagen nicht eingehalten wurden. Die Gemeinde will den
Bau aber unter keinen Umständen zurück.
Ein Fall für die Justiz. In schöner Regelmäßigkeit treffen sich Käuferin und Gemeinde vor dem Frankfurter Landgericht.
Der mittlerweile 88-jährige de Bruyn
glaubt nicht mehr daran, dass er noch eine
für alle befriedigende Lösung erleben wird.
Theodor Fontane war nicht so begeistert von
Schloss Kossenblatt. In seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ beschreibt er es als „imposantes Nichts, eine
würdevolle Leere, mit hechtgrau gestrichenen Türen, den Dimensionen eines Schlosses und der Nüchternheit einer Kaserne“.
Vielleicht galt Schloss Kossenblatt wegen
seiner vermeintlichen Ähnlichkeit mit einer Kaserne als Lieblingsschloss des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm
I., der dort gern abstieg, wenn er in der
Gegend war. Aber auch der „Schloss Kossenblatt GmbH“ gefiel das Barockensemble aus dem Jahr 1712, sie kaufte es vor
drei Jahren der Gemeinde Tauche (Landkreis Oder-Spree) für 240 000 Euro ab.
Das denkmalgeschützte preußische Residenzschloss beherbergte zu DDR-Zeiten
die Zentralstelle für Reprografie. Nach der
politischen Wende wollte ein Westberliner
Unternehmer mit einem Teil der zuvor in
der Zentralstelle Tätigen mit einem Mikrofilmcenter sein Geld verdienen, musste
jedoch nicht viel später wegen fehlender
Aufträge aufgeben. Seit 1994 steht das
Schloss leer. Auch andere Nutzungskonzepte wie die Einrichtung einer Ausbildungsstätte für ausländische Ärzte blieben
nur Gedankenspiele.
Lesenswert wird das Buch vor allem dadurch, dass de Bruyn, der in Görsdorf bei
Beeskow, ebenfalls ein Ortsteil der Gemeinde Tauche, lebt, bemüht ist, nicht nur
vom Schloss, sondern auch vieles aus der
Geschichte des erstmals 1208 urkundlich
erwähnten Dorfes zu erzählen. Da geht es
um die einstmaligen Besitzer von Oppen
und von Barfus ebenso wie um die Entwicklung nach 1945 mit der nicht immer
konfliktfreien Herstellung sozialistischer
Produktionsverhältnisse in der Landwirtschaft.
Eine „Liebeserklärung an die brandenburgische Heimat und eine sehr persönliche,
gelassen-melancholische Betrachtung über
das Leben im Abseits, über Abschied und
Vergessen – und die Kraft der Erinnerung“
verspricht der Klappentext und übertreibt
damit nicht.
Hans Sandow
Günter de Bruyn: Kossenblatt, S. Fischer,
18.99 Euro
Auch wenn sich im Streit um Schloss Kossenblatt (Aufnahme von 2007) eine Lösung andeutet, lohnt sich de Bruyns Buch allemal, denn es erzählt mehr als nur vom Geld. Foto: Peters
direkt – Briefe & Antworten
jot w.d. 8/2014
15
Die DDR
war nicht pleite
TVO jetzt und in der
Kompromissvariante
Zu: Keine Belege für Kollaps-These, jot w.d. 7/2014
Zu: Nicht vor 2018, jot w.d. 7/2014
Hans Sandow vermerkt in seinem
Bericht über eine Lesung zu dem
Buch „Die DDR-Kombinatsdirektoren – Jetzt reden wir“, dass es für die
gängige Behauptung „ohne den Wendeherbst 1989 wäre der Kollaps der
DDR-Wirtschaft eingetreten“, keinen
Beleg gibt. Er kritisiert aber auch,
dass im Buch diese These nicht überzeugend widerlegt werden konnte.
Tatsächlich ist die Kollaps-Behauptung seit langem widerlegt, unter anderem durch den Bericht der Bundesbank 1990 und Publikationen von
Ökonomen aus Ost und West. Seriöse Belege für die Kollaps-These hingegen hat bis heute niemand geliefert.
Wahr ist, dass die DDR Ende der
1980-er Jahre ernsthafte Probleme
hatte, ihren internationalen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Aber
war sie deshalb pleite, drohte ihr der
Kollaps?
Die Fakten: Die offenen Zahlungsverpflichtungen der DDR beliefen sich
1990 auf etwa 50 Milliarden DM.
Zugleich aber hatte die DDR Guthaben und Forderungen von rund 30
Milliarden DM im westlichen Währungsgebiet, von 10 Milliarden DM in
der Sowjetunion und anderen Ländern.
Verblieben also Schulden in Höhe von
10 Milliarden DM, das sind 5 Milliarden Euro. Als Sicherheit für ihre
Zahlungsverpflichtungen und neue
Kredite verfügte die DDR über beträchtliche Vermögenswerte – volkseigene Betriebe, Acker- und Waldflächen, Immobilien, Wohnungen,
hoch qualifizierte Fachkräfte. Von der
Bundesbank wurde das Staatsvermögen der DDR auf 1,5 Billionen DM,
also 750 Milliarden Euro geschätzt.
Das war das 150-fache der Schulden
des Staates DDR. Muss eine solche
Wirtschaft kollabieren? Nein – es sei
denn, es ist politisch gewollt.
Die Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland betragen heute 2147
Milliarden Euro, d.h. jeder Bürger der
Bundesrepublik ist mit 25 948 Euro
belastet.In den 1990-er Jahren haben
viele Betriebe im Osten unter den Händen der Treuhandanstalt kollabiert.
Aber das ist ein anderes Thema.
Prof. Erika Maier, Biesdorf
Die „beträchtlichen Vermögenswerte“ von damals (hier: Berlin 1989) sind
noch vorhanden, sie gehören jetzt allerdings jemand anderem. Foto: Archiv
Gut, dass es
jot w.d. gibt
Gratulation
zum 94.
An 23. Juli brachte das ARD-Magazin „Plusminus“ in einem Beitrag
über das TISA-Abkommen eine Sequenz über den „Berliner Wassertisch“ und dessen Engagement gegen
die Privatisierung „öffentlicher Güter“. Die BWT-Community war natürlich hell begeistert und begriff gar
nicht, dass der Kommentar der saarländischen Moderatorin Karin Lambert-Butenschön „Das Berliner Wasser ist inzwischen wieder komplett in
öffentlicher Hand. Die Bürgerinitiative war erfolgreich. 98 Prozent der
Berliner Bevölkerung stimmten für
den Rückkauf.“ gleich drei Falschaussagen beinhaltet. So ähnlich professionell arbeiten ja auch unsere „Qualitätsmedien“ Morgenpost und Tagesspiegel. Gut, dass es jot w.d. gibt, wo
die Fakten richtig dargestellt werden.
Hermann Wollner, Hellersdorf
Am 26. August wird Schlagersenior
Herbert Klein 94 Jahre alt. Der mit
seiner Ehefrau, der Sängerin Sonja
Siewert, nahe der Schönhauser lebende Gitarrist und Sänger hatte seine
Karriere 1945 als Orchestersänger
begonnen und in den folgenden Jahrzehnten als Solist und im Duett mit
seiner Frau zahlreiche Titel bei Funk
und Platte veröffentlicht. Bis ins hohe
Alter trat er bei Veranstaltungen als
Sänger auf oder las aus seinem 2003
erschienenen Buch „Im Schlageralbum geblättert“. Wir gratulieren
Herbert ganz herzlich zu seinem Geburtstag und senden beste Wünsche
für seine Gesundheit.
Red.
Mehr über Herbert und Sonja in den
„Musiklegenden des Ostens“, nachzulesen in jot w.d. 9/2004 und 8/2010, zu finden auch hier: www.jotwede-online.de/
spezial/musiklegenden.htm
Soll der Bau des fehlenden Teilstücks der TVO
tatsächlich erst im Jahr 2018 beginnen, wie
Staatssekretär Christian Gaebler behauptet?
Gespräche in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vermitteln mir den
Eindruck, dass dies nicht das letzte Wort sein
muss. Sollte aber doch ein Baubeginn erst im
Jahre 2018 ins Auge gefasst werden, fordert das
unseren scharfen Protest heraus. Es würde auch
die Frage aufwerfen, ob die Landesregierung
tatsächlich hinter dem Verkehrsprojekt steht.
Zehntausende Menschen erwarten dringlich den
Bau des TVO-Teilstücks, das Entlastung vom
überhandnehmenden Verkehr in den Siedlungsgebieten bringen wird. Wir fordern ganz klar
den Baubeginn 2016 und eine Streckenführung,
wie sie in der so genannten Kompromissvariante
von den Stadtbezirken Marzahn-Hellersdorf,
Lichtenberg und Treptow-Köpenick favorisiert
wird. Herr Gaebler hingegen beharrt bisher auf
der sogenannten Ostvariante, die auf der
Biesdorfer Seite des Bahndamms zwischen
Biesdorf und Karlshorst laufen soll und der einige Wohnhäuser zum Opfer fallen würden.
Peter Ohm, Präsident des Verbandes
Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)
Peter-Weiss-Bibliothek hat guten Freund verloren
Zum Tod des Historikers Dr. Norbert Podewin.
Für den 19. Juni hatte die Peter-Weiss-Bibliothek
eine Buchvorstellung zur Berliner Architektur im
Kalten Krieg angekündigt, die wegen Erkrankung
des Autors leider ausfallen musste. Nun erreichte
uns die schmerzliche Nachricht, dass Dr. Norbert
Podewin am 10. Juli verstorben ist. Die Bibliothek
und ihre Leser haben einen guten Freund, Autor
zahlreicher Publikationen von bleibender Aktualität, verloren. Hier sei nur an einige Veranstaltungen zur Vorstellung seiner Bücher – über Otto
Ostrowski, den bis heute von der SPD verleugneten sozialdemokratischen Oberbürgermeister im
Nachkriegsberlin, über die beiden Friedrich Ebert,
Vater und Sohn, oder die Neuauflage des von ihm
mit herausgegebenen Braunbuchs „Kriegs- und
Naziverbrecher in der Bundesrepublik“ – erinnert.
Auch mit seinem letzten Buch „Stalinallee und
Hansaviertel. Berliner Baugeschehen im Kalten
Krieg“ hatte er sich einem politisch bedeutsamen
Gegenstand zugewandt. Sein Anliegen war, die
Aufnahme der Karl-Marx-Allee und des Hansaviertels in die Liste des Weltkulturerbes zu befördern. Politische Brisanz gewinnt das Thema vor
dem Hintergrund der ständigen Auseinandersetzungen um städtebauliche Entscheidungen: Um die Gestaltung des Stadtzentrums ebenso wie um die Frage des „Wie und Wo“ für den dringend notwendigen Bau neuer Wohnungen.
Heute wie damals in der Nachkriegszeit geht es
darum, bezahlbaren Wohnraum und ein lebenswertes Umfeld für die ständig wachsende Zahl der
Bewohner unserer Stadt zu schaffen. Der Kampf
gegen Mietwucher und gewissenlose Spekulationen mit Wohnraum sorgt zusätzlich für die Aktualität des Themas. Vielleicht gelingt es, die ausgefallene Veranstaltung in anderer Form nachzuholen und damit auch das Andenken unseres verstorbenen Freundes zu ehren.
Gertraude Sumpf
jot w.d. 8/2014
Hallo Idioten! Es gibt auch
noch Leute ohne Handy!
5
Entdeckt an der Straße Am Rosenhag, gleich neben der Kreuzung zur Hönower Straße.
Quadratisch, praktisch, verführerisch
Der Kiez gefaltet (3. Teil)
Die Abteilung Stadtentwicklung hat eine fünfteilige
Reihe Faltblätter „Stadtumbau für die Hosentasche“
heraus gegeben. Unser Autor durchleuchtet jenes
für den Kiez Marzahn NordWest. (Die Teile 1 und 2
erschien in den Ausgaben 6 und 7/2014).
Der Taschenstadtplan für Marzahn NordWest – so
ansehnlich und einladend er daher kommt – ist
ein Produkt selektiver Wahrnehmung. Er zeigt, das
wurde mehrfach festgestellt, welche positiven Auswirkungen der Stadtumbau Ost auf das Erscheinungsbild und die Lebensqualität in diesem Stadtquartier hatte. Was er nicht zeigt bzw. nicht erwähnt, ist das Riesenpotenzial an Mitteln und Möglichkeiten, das zur gleichen Zeit aus dem Programm
„Soziale Stadt“ für die Entwicklung des Kiezes an
der nordöstlichen Grenze zu Brandenburg eingesetzt wurde. Allein in den ersten 10 Jahren
Quartiersmanagement waren das mehr als 11 Millionen Euro. Damit wollte sich das Bezirksamt natürlich nicht schmücken.
Nur: wenn das ganze Papier mit seinen Glanzstücken (insgesamt rund 10
Millionen Euro) lediglich das Schmuckstück des Herausgebers sein soll, vermittelt es ein schiefes Bild von dem
hier in Rede stehenden Lebensraum
und erst gar keins, von den hier lebenden Menschen und ihrem Anteil daran.
Die Abenteuerspielplätze waren bereits angesprochen worden. Der Faltplan aus dem Hause Gräff
würdigt sie als bedeutende geschichts- und
geografisch orientierte Lernorte. „Dort können Kinder u.a. alte Handwerkstechniken erlernen, Stockbrot backen und mehr.“ Als „besonderer Ort, der
Besuchern tagsüber und abends für unterschiedliche Nutzungen offen steht“, wird die 1994 in ökologischer Bauweise errichtete „Umweltstation Alpha
II“ hervorgehoben, die auf dem Platz nahe der
Straßenbahnwendeschleife zu finden ist. Ihr Juwel
aber im Inneren blieb unerkannt, obwohl bereits
vor sieben Jahren hingebungsvoll „besungen“, der
Spaß „in der taufrischen Umweltstation ALPHA II
oder am größten Lehmofen Deutschlands, der sich
ebenfalls unter der silbernen Riesenkuppel befindet.“ Und gerade um diesen Ofen hat der Trägerverein „Spielplatzinitiative Marzahn e.V.“ engagiert
gerungen. In der damaligen Quartiersagentur fand
sie – nicht zuletzt auch im agilen Bewohnerbeirat –
die potenten Unterstützer, die dem Projekt zum Erfolg verhalfen.
Ähnlich verhielt es sich mit den Schulhöfen. Der
„Stadtumbau im Hosentaschenformat“ hebt vier als
„Förderprojekte“ hervor. Mithilfe des Programms
„Soziale Stadt“ und dessen Sachwaltern im Quartiersmanagement konnte aber allen Höfen – beginnend in der Falken-Grundschule in Marzahn West –
der Hof gemacht werden (9 oder 10 an der Zahl).
Das Beispiel Schwarzwurzelpark unterstreicht indes, warum dieser kleine Stadtteilplan
trotz aller Lücken das Prädikat „wertvoll“ verdient. Seit zehn Jahren liegt auf
dieser ehemaligen Kitabrache der Nebel des Vergessens. Der „Stadtumbau
für die Hosentasche“ hat ihn faltenweise weggeblasen und damit ein stiefmütterlich behandeltes Anschauungsbeispiel für erfolgreiches Kiezmanagement verdientermaßen ans Licht gehoben, wenn auch die
Überschrift 4 „Neugestaltung Schwarzwurzelplatz“
irritierend ist, denn es gab keinen alten, der neu
gestaltet hätte werden müssen, und so vermerkt
der Text zutreffend: „Der Schwarzwurzelplatz ... ist
ein gelungenes Beispiel für einen mit intensiver Beteiligung neu angelegten Quartiersplatz in MarzahnHellersdorf.“ Allerdings ist er auch der einzige Platz
weit und breit, der – trotz Fertigstellung vor 10 Jahren – nicht offiziell eingeweiht wurde.
Torsten Preußing
(Teil 4 in der nächsten Ausgabe)
Letzte Seite
Berliner Großprojekte
endlich im Gleichklang!
Als überzeugter Berliner mit fremden Wurzeln machte ich mir bisher Sorgen, ob es überhaupt eine Zukunft gibt. Ohne Großflughafen, S-Bahn-Neuvergabe
und Olympia. Doch nun kann ich Hoffnung schöpfen. Es gibt zumindest dafür Signale. Und die haben
nichts mit Berlin zu tun als Weltmetropole, sondern
mit unserem unbedeutendem kleinen Ostbezirk am
Rande der Stadt. Hier gibt es schließlich mit dem
Clean Technic Park in Marzahn, der Ahrensfelder
Ortsumgehung und nicht zuletzt der Tangentialen
Verbindung Ost (TVO) bedeutsame Großvorhaben,
die weit über das lokale Politikgerassel hinaus hörbar sind. Wir haben die große Chance, dass diese
Projekte gemeinsam fertig werden! Zum einen wurde für diese oben genannten Vorhaben kein Eröffnungstermin genannt. Da kann sich die Internationale Gartenschau IGA 2017 eine Scheibe abschneiden, denn hier steht schon die Jahreszahl im Namen. Bei den Olympischen Spielchen sind immerhin
Termine alle vier Jahre möglich. Und wenn wir die
schon wieder gnädig aus dem Gedächtnis entfernten ursprünglichen Eröffnungstermine des BBI „Willy
Brandt“ ins Feld führen würden.
Aber jetzt wird endlich alles aufeinander abgestimmt,
synchronisiert also: Die Notwendigkeit der TVO wurde bekanntlich mit der „schnellen Anbindung“ der
künftigen Großindustrie im Clean Technic Park an
den Fluchhafen begründet. Und mit der Sorge der
Lokalpolitiker um die Ruhe für die geplagten Anwohner an der Köpenicker Straße. Und mit der kleinen Lücke zwischen der bereits gebauten TVO in
Köpenick und der dreispurigen Märkischen Allee,
freilich samt Ortsumgehung Ahrensfelde.
Dank oppositioneller Nachfrage im Abgeordnetenhaus kurz vor dem Sommerloch können wir uns jetzt
sorgenfrei zurücklehnen bzw. in den Badesee abtauchen: Anders als von den Großparteien versprochen, wird es so bald eine TVO nicht geben, Baubeginn „ab 2018“, das heißt also: irgendwann. Zudem sind für das Projekt die Quellverkehre eher
tröpfchenweise möglich. Das
liegt an der völlig ominösen
Planung einer Ahrensfelder
Ortsumfahrung, einem erst
in ferner Zukunft produzierendem Clean Tech Park
(Klärwerksabriss ist noch
voll im Gange), über das
BBI-Luftkreuz brauche ich
mich nicht mehr auszulassen. Apropos Tröpfchen.
Der neue Tierparkchef steht der SPD-Idee für einen weiteren Quellverkehr durch Errichtung eines
Großspaßbades am nördlichen Startpunkt der TVO
in Tierparknähe durchaus ablehnend gegenüber.
Auch das von der Lokalpolitik gern in den Vordergrund gerückte Ziel „ruhiges Wohnen im Grünen an
der Köpenicker“ ist durchaus verlockend, aber wohl
eher eine Fata Morgana. Alle Verkehrszählungen
ergaben: Der Quellverkehr aus den Wohngebieten
ist der entscheidende, nicht so sehr der Durchgangsverkehr. Zumal es möglichst zur Trasse der TVO keine
Anbindungen durch noch ruhige Straßen in Biesdorf
Süd geben soll. Damit bleibt vermutlich die Masse
des Verkehrs dort, wo sie sich schon heute staut.
Nämlich auf der Köpenicker.
Fassen wir zusammen: Die Berliner Politik hat endlich alle Großprojekte synchronisiert, dank Terminstellung „irgendwann“ für die Inbetriebnahme. Von
Mehdorn lernen heißt siegen lernen! Und sollten
„irgendwann“ vor allem Pkw und Lkw die TVO als
„Transitverbindung Ost“ zur mautfreien Abkürzung
durch Berlin nutzen, wird am Clean Technic Park
Station gemacht. Ein „Clean Technic Discount Puff“
hat eine magische Anziehungskraft für osteuropäische Trucker durch seine Kombination mit einer
Clean technic Oben Ohne Waschanlage für Lkw. Solche Hochtechnologie-Angebote vor Ort werden aus
Steuermitteln garantiert gefördert, wie auch TVO,
BBI und Ahrensfelder Ortsumfahrung.
Euer Schwejk
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Heimatländisches jot w.d.-Preisrätsel
1
E N
E B
U T
S T
2
3
4
5
6
7
8
9
10
I T
I D
L S
R E
S E
R G
Es sind Orte mit zehn Buchstaben folgender Bedeutung zu finden: 1. historische Kleinstadt an der Tauber, 2.
hier befindet sich der Führungsbunker
Harnekop, 3. Ort mit Bergbauwanderpfad in Thüringen, 4. hier steht Brandenburgs schönste Burg, 5. sehn wir
uns nicht in dieser Welt, dann sehn
wir uns in ..., 6. Ziel (fast) aller Touristen aus den USA, 7. Berliner Stadtteil mit deutsch-russ. Museum, 8.
Oberst Petershagen rettete diese
Stadt, 9. hier gibts zum Einkaufen die
„Kö“, 10. hier steht Europas längste
Burganlage.
Die Buchstaben in den markierten
Feldern ergeben – neu sortiert – eine
andere Bezeichnung für überall.
Schicken Sie Ihre Lösung bis 29. August (Poststempel) an jot w.d., Müllerstr. 45,
12623 Berlin, Kennwort Rätsel, und gewinnen Sie u.a. ein Plakat zu einer interessanten Plakatausstellung.
Auflösung des Preisrätsels aus jot w.d. 7/2014: 1. Ferienzeit, 2. Ozeanriese, 3. Schnorchel, 4. Badestelle, 5. Kurzurlaub, 6. Flugpreise, 7. Tandemtour, 8. Ballermann, 9.
Reisebuero, 10. Handgepäck. Das Lösungswort lautete: Kreuzfahrt.
Die Preise gingen per Post an die Gewinner. Herzlichen Glückwunsch!
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Hallo Hubertus Knabe, ist das etwa auch „DDR-Werbung“?