Die goldene Gans - henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin
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Die goldene Gans - henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin
Pe t e r B r a s c h Die goldene Gans frei nach den Brüdern Grimm © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 1 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2006 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße 28 10405 Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH PERSONEN 1. Erzähler als Männchen Bauer Gutsherr König 2. Erzähler als 1. Sohn 2. Sohn Rudolf 2 Wirtstöchter Prinzessin © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 3 1. Erzähler Heute erzählen wir das Märchen von dem Mann mit den drei Söhnen … Es war also mal ein Mann, der hatte drei Söhne. 2. Erzähler Und der dritte Sohn war ein Dummkopf. 1. Erzähler Warum verrätst du alles vorher. 2. Erzähler Ein Sohn ist immer der Dummkopf. 1. Erzähler Ja, aber red mir nicht weiter dazwischen … Es war also Winter und sehr kalt. Da schickte der Vater seinen ältesten Sohn zum Holzhacken in den Wald. Die Mutter buk ihrem Sohn einen feinen Eierkuchen und gab ihm eine gute Flasche Wein mit auf den Weg. Als der Junge im Wald angekommen war, begegnete ihm ein kleines graues Männchen, das fragte ihn: (Als Männchen.) Würdest du wohl so freundlich sein, mir ein kleines Stück von deinem Eierkuchen und einen winzigen Schluck von deinem Wein abzugeben, sonst verhungere und verdurste ich. 2. Erzähler Und der Junge hats dem Männchen gegeben. 1. Erzähler Hat er nicht. Weder Kuchen noch Wein. 2. Erzähler Also nicht. Er ist ja auch ein kluger und kein dummer Junge. Er hat gesagt: (Als 1. Sohn.) Kommt gar nicht in Frage. Den Kuchen und den Wein brauche ich für mich alleine. Scher dich zum Teufel. 1. Erzähler Genau das hat er gesagt. Und das Männchen ist mit einem Mal verschwunden. Der Junge begann, einen Baum umzuschlagen. Und dabei schlug er sich in den Arm. (Hieb.) 2. Erzähler (Als 1. Sohn.) Aua, aua … schrie der Junge und rannte nach Hause. 1. Erzähler Und am nächsten Tag schickte der Vater seinen zweiten Sohn in den Wald. 2. Erzähler Und wieder gab die Mutter ihm natürlich einen feinen Eierkuchen und eine Flasche Wein mit auf den Weg. Und wieder erschien das Männchen und fragte: 1. Erzähler (Als Männchen.) Würdest du wohl so freundlich sein, mir ein kleines Stück von deinem Eierkuchen und einen kleinen Schluck von deinem Wein zu geben, sonst verhungere und verdurste ich. 2. Erzähler (Als 2. Sohn.) Kommt gar nicht in Frage, den Kuchen und den Wein brau- che ich für mich selber. Scher dich zum Teufel. © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 5 1. Erzähler Und wieder verschwand das Männchen, wieder begann der Junge einen Baum umzuschlagen … 2. Erzähler … und wieder schlug er sich in den Arm und schrie (Als 2. Sohn.) Aua. Rannte nach Hause und weinte … Jetzt kommt der dumme Sohn aus seiner Dummkopfsecke, wo er immer sitzen mußte, damit ihn keiner sah. 1. Erzähler Und der Dummkopf sagte: 2. Erzähler Vater, laß mich in den Wald gehen und Holz schlagen. 1. Erzähler Aber der Vater lachte nur und die Mutter lachte und die beiden Brüder lachten. 1. & 2. Erzähler Du bist doch viel zu dumm dazu. 2. Erzähler Nein, bin ich nicht. Ihr werdet sehen. 1. Erzähler Und die Mutter gab ihm ein altes, trockenes Brot und eine Flasche saures Bier und alle lachten hinter ihm her, als er sich auf den Weg in den Wald machte. (1. & 2. Erzähler lachen laut.) 2. Erzähler Der Junge kam in den Wald und wem begegnete er da … Natürlich dem kleinen grauen Männchen. Und das Männchen fragte: 1. Erzähler Würdest du wohl so freundlich sein, mir ein kleines Stück von deinem Eierkuchen und einen kleinen Schluck von deinem Wein abzugeben, sonst verhungere und verdurste ich. 2. Erzähler Kommt gar nicht in Frage! 1. Erzähler Falsch. Ganz falsch. 2. Erzähler Wieso … Ach, so. Nein. Er ist ja der Dumme. Und er sagte: (Als 3. Sohn.) Natürlich gern, kleiner Mann. Nur ist das leider kein Eierkuchen, den ich habe, sondern altes Brot, und auch Wein habe ich nicht, sondern bloß saures Bier. 1. Erzähler Hihihi, lachte das Männchen. Sieh einmal nach, ob du dich nicht irrst. (Zaubergeräusch.) 2. Erzähler Da guckte der Junge in seinen Beutel. Und was fand er da … Na, na … 1. Erzähler Einen feinen Eierkuchen und eine gute Flasche Wein. 6 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2. Erzähler Eine Hühnerkeule für jeden war auch noch drin. 1. Erzähler Na sowas. 2. Erzähler Also, die beiden aßen sich satt, bis sie nicht mehr konnten, und als sich das Männchen den Mund abgewischt hatte, sagte es: 1. Erzähler Das war aber fein. Und weil du mit mir dein Essen geteilt hast, werde ich dich belohnen. Dort drüben steht ein alter Baum. Den schlage um und unter den Wurzeln wirst du etwas finden, womit du glücklich werden wirst. 2. Erzähler Das Männchen sagte: 1. Erzähler Aufwiedersehen! 2. Erzähler zu dem Dummling, und der Dummling ging zum Baum und schlug ihn um. (Geräusch.) 1. Erzähler Und was fand er unter den Wurzeln, der Dummling? 2. Erzähler Einen riesengroßen Schatz, Gold und Edelsteine, Diamanten und Brillanten … 1. Erzähler Falsch. Ganz falsch. Gans. 2. Erzähler Gans, was Gans? 1. Erzähler Eine ganze Gans. 2. Erzähler Interessant. War die Gans geschmort, gebraten oder gekocht? 1. Erzähler Die Gans war weder geschmort, noch gebraten, noch gekocht. Es war eine richtige lebendige Gans und sie war ganz aus Gold. 2. Erzähler Eine richtige goldene Gans also. 1. Erzähler Ja. Mit goldenen Federn, einem goldenen Kopf und einem goldenen Schwanz. 2. Erzähler Und einer goldenen Nase. 1. Erzähler Eine Gans hat keine Nase. 2. Erzähler Wieso nicht. Jeder Mensch hat eine Nase. © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 7 1. Erzähler Eine Gans ist kein Mensch. 2. Erzähler Ein Affe ist auch kein Mensch und trotzdem hat er eine Nase. 1. Erzähler Hör jetzt auf damit. Wir wollen das Märchen erzählen und du bringst mich laufend durcheinander … Wie geht es also weiter. 2. Erzähler Naknak, sagte die Gans. 1. Erzähler Die Gans sagte nicht Naknak, sondern war ganz still. 2. Erzähler Dann nahm der Junge die Gans auf den Arm und ging nach Hause. 1. Erzähler Er ging eben nicht nach Hause. Er wollte nicht zurück in seine Dummkopfsecke und dauernd ausgelacht werden. 2. Erzähler Dann ging er in die weite Welt. 1. Erzähler Erst mal ging er in ein Gasthaus, denn es war schon dunkel, er war müde und hatte Hunger. 2. Erzähler Wenn er dem Männchen nichts gegeben hätte, dann hätte er jetzt wenigstens sein altes Brot essen können. 1. Erzähler Ja, aber dann hätte er keine goldene Gans. 2. Erzähler Das ist wahr. 1. Erzähler Der Junge aß also einen Happen und legte sich dann in sein Bett. Und in der Nacht … 2. Erzähler … in der Nacht kamen die bösen Räuber aus dem Wald und stahlen ihm die goldene Gans. 1. Erzähler Nein. In der Nacht kamen die beiden Wirtstöchter, die sehr neugierig waren. Sie wollten wissen, was der Dummling da wohl unter seinem Arm getragen hatte. 2. Erzähler Eine goldene Gans natürlich. 1. Erzähler Ja, das weißt du. Aber die Mädchen wußten es nicht. Und sie entdeckten die Gans, und die erste Tochter sagte: 2. Erzähler Oh, wie hübsch diese goldene Gans ist. Ich ziehe mir jetzt eine goldene Feder aus ihr heraus, und dann stecke ich mir die Feder in die Haare, dann bin ich das schönste Mädchen im Dorf. 8 © henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH