Ausblick - Schroders

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Ausblick - Schroders
Nur für professionelle Investoren
Dezember 2011
Schroders
Ausblick
2012: Aussichten für US-Anleihen
Von David Harris, Senior-Portfoliomanager
„Wert gegen Volatilität“ – mit diesem Gegensatz lassen sich
die widerstreitenden Ziele der Anleihenfondsmanager im
laufenden und auch kommenden Jahr recht gut beschreiben. Anleger werden sich im kommenden Jahr mit enormer
Unsicherheit konfrontiert sehen, und viele der Faktoren, die
in diesem Jahr zuweilen heftige Kursänderungen ausgelöst
haben, dürften im neuen Jahr fortbestehen. Zudem werden
sich neue Impulsgeber hinzugesellen.
– „Wert gegen Volatilität“ – mit
diesem Gegensatz lassen sich
die widerstreitenden Ziele der
Anleihenfondsmanager im laufenden und auch kommenden
Jahr recht gut beschreiben.
– Unserer Einschätzung nach
sind Unternehmensanleihen
und einige verbriefte Anlagen
immer noch attraktiv.
– US-Treasuries sind, wie auch
die meisten anderen Staatsanleihen, ziemlich unattraktiv,
aber dennoch ein sicherer
Hafen.
– Wir werden weiterhin in Strategien investieren, die auf
unseren Fundamentaldatenanalysen beruhen, werden jedoch unsere Einschätzungen in
kleinerem Rahmen umsetzen,
um Beeinträchtigungen durch
negative Markteinwirkungen
zu mindern.
Fragen im Hinblick auf das schleppende Wirtschaftswachstum in den Vereinigten
Staaten werden begleitet von der noch umstritteneren politischen Debatte über
die Frage, mit welcher Verbindung aus Steuerreform und Ausgabensenkungen
sich das US-Haushaltsdefizit in den Griff bekommen lässt. Die Präsidentschaftswahlen im kommenden November werden die Lage zweifellos weiter erschweren.
Die Finanzlage der amerikanischen Verbraucher ist durch die geringe Zahl neuer
Arbeitsplätze, den geringfügigen Lohnanstieg und den Immobilienmarkt, der
seinen Tiefpunkt noch immer nicht erreicht hat, weiterhin angespannt. Europa
befindet sich auf dem Weg in eine Rezession, und die Wahrscheinlichkeit, dass
der Abschwung über das Finanzsystem auf Nordamerika übergreifen wird, stellt in
den ersten Monaten des kommenden Jahres ein erhebliches Risiko dar.
Jenseits der wirtschaftlichen Trends sind Ende 2011 jedoch zwei neue Faktoren
in den Vordergrund getreten, die das Anlageverhalten während des gesamten
kommenden Jahres beeinflussen dürften. Es scheint in der Tat, als habe der gesamte Markt für Anleihen im 3. Quartal eine Reihe von Erkenntnissen gehabt, die
die Anlagetätigkeit noch für geraume Zeit prägen dürften. Diese Faktoren sind
keineswegs auf die Vereinigten Staaten begrenzt.
Schuldenexpansion
Der erste Punkt ist die weitgehende Anerkennung der Tatsache, dass eine Schuldenexpansion nicht mehr der bedeutende Wachstumstreiber sein wird, wie sie
es in den vergangenen Jahrzehnten war. Die Finanzkrise von 2008 zwang erst
Unternehmen und anschließend Verbraucher dazu, den Gürtel in Bezug auf ihre
Haushaltsausgaben enger zu schnallen. Zunächst wurde die Flaute weitgehend
von Bundes- und Lokalregierungen aufgefangen, die als Starthilfe für erneutes
Wachstum eine Vielzahl von Ausgaben- und Anreizmaßnahmen beschlossen. Es
bestand die Hoffnung, mit diesen Mitteln den Verbrauch und das Arbeitsplatzangebot wieder auf das alte Niveau anzuheben. Immer wenn sich das Wachstum zu
stark abschwächte, schienen die Regierungen zur Unterstützung bereitzustehen.
Ausblick 2012: Aussichten für US-Anleihen
„Es wird zahlreiche Möglichkeiten zum Erzielen attraktiver Renditen geben,
solange Anleger kurz­
fristige Marktturbulenzen
als eine weitere Wertschöpfungsquelle nutzen und
sich von der Volatilität
nicht dazu verleiten lassen,
die Fundamentaldaten zu
vernachlässigen.“
Der erste schwere Rückschlag kam im Sommer dieses Jahres, als das mit
-1,0 % äußerst schwache BIP für das 2. Quartal zusammen mit den Korrekturen
für das 1. Quartal bekannt gegeben wurde, wodurch die Wachstumsdynamik
fast vollständig eliminiert wurde (von 1,9 % auf 0,4 % revidiertes BIP). Die Enttäuschung war groß, da diese Nachricht unmittelbar auf beträchtliche steuerliche
und geldpolitische Anreize folgte, die in den kommenden Monaten auslaufen
sollten. Diese Zahlen wurden veröffentlicht, als die umstrittene, bekanntermaßen
spöttisch beäugte amerikanische Haushaltsdebatte am heftigsten tobte. Was
optimistischen Anlegern deutlich vor Augen führte, dass die Wirtschaft in naher
Zukunft keineswegs auf eine staatliche Rettung hoffen durfte – zumindest nicht
auf eine mit der Durchschlagskraft früherer Anreizpakete. Die letzten Zweifel
verflogen Ende November, als der Kongress sich außerstande zeigte, überhaupt
irgendeine eine Einigung über ein kurzfristiges Anreizprogramm im Austausch für
langfristige Ausgabenkürzungen oder Einnahmensteigerungen zu erzielen.
Für den amerikanischen Anleihenmarkt bedeutet dies, dass das Wirtschaftswachstum bei geringeren Staatausgaben mit einem scharfen Gegenwind zu
rechnen hat, selbst wenn noch in letzter Minute ein Anreizpaket für 2012 auf
die Beine gestellt wird. Zwischen 2008 und 2011 hat der starke Anstieg der
Staatsausgaben die wachsenden Ersparnisse der Verbraucher und die geringere
Verschuldung der Unternehmen praktisch aufgewogen. Die Bruttostaatsverschuldung konnte damit zwar konstant gehalten werden, jedoch zu Lasten eines
stärkeren Wirtschaftswachstums.
Wird das Jahr 2012 anders verlaufen?
Können wir 2012 eine andere Dynamik erwarten? Es gibt einige Gründe, optimistisch zu sein. Die Verbraucher konnten ein kleines Polster von Ersparnissen
aufbauen, auf das sie zugreifen können. Die Sparquote stieg von rund 1 % im
Jahr 2005 bis Anfang 2011 auf 5 % an. Insgesamt ist sie jedoch im Vergleich zu
früheren Jahrzehnten mit Ausnahme des vergangenen Jahrzehnts immer noch
sehr gering. Die Anzahl neuer Arbeitsplätze dürfte ebenfalls steigen, weil die Kostensenkungen den Unternehmen wenig Spielraum zur Expansion bieten, sofern
sie nicht zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Im Vergleich zu der Zahl der verlorenen Arbeitsplätze während des Abschwungs dürfte die Anzahl neu geschaffener
Arbeitsplätze jedoch mäßig ausfallen. Es ist weiterhin ein starker Kostendruck zu
erwarten, und der Aufwärtsdruck auf die Löhne wird ebenfalls gering bleiben.
Insgesamt haben die strukturellen Hindernisse (Verschuldung der Verbraucher, Immobilien, Kostendruck für Unternehmen), die im Laufe der vergangenen Jahre ein
gesundes Wirtschaftswachstum verhinderten, wohl ihren Tiefpunkt überwunden.
Sie sind jedoch noch weitgehend vorhanden, und jetzt kommen auch noch ausgeprägte haushaltspolitische Probleme hinzu. Viele Anzeichen belegen unsere seit
langem vertretene Einschätzung, dass das Wirtschaftswachstum im historischen
Vergleich sehr schwach ausfallen wird. Doch das Ungleichgewicht, das häufig als
Vorbote einer Rezession auftritt, ist nicht vorhanden. In unserem Basisszenario
für das kommende Jahr gehen wir daher nicht von einem Ableiten in negatives
Wachstum aus. Dennoch ist das Sicherheitspolster gegen Enttäuschungen so
dünn, dass eine Rezession weiterhin ein beträchtliches Risiko darstellt.
Politische Entscheidungen übertrumpfen Fundamentaldaten
Der zweite Punkt, der seit Neuestem die Märkte beeinflusst, besteht darin, dass
Wirtschafts- und Kreditfundamentaldaten häufig von der Verkündung politischer
Maßnahmen in den Hintergrund gedrängt werden. Wie bei der Erkenntnis über
die Auswirkungen der Entschuldung auf das Wachstum hat sich auch in diesem
Fall der Sommer 2011 als Wendepunkt erwiesen. Neben der Haushaltsdebatte
in den USA wurden die Schlagzeilen im Sommer von den politischen Maßnahmen zur Eindämmung der eskalierenden Schuldenkrise in Europa dominiert.
Das vorläufige Ergebnis besteht derzeit und voraussichtlich auch in Zukunft in
weiteren staatlichen Anleihenkäufen und verschiedenen Sparmaßnahmen zur
Ausblick 2012: Aussichten für US-Anleihen
Senkung der Haushaltsdefizite. Die regelmäßigen Änderungen der offiziellen
politischen Maßnahmen und die anhaltenden Spekulationen über die nächste
Änderung haben jedoch die Oberhand über die wirtschaftlichen Auswirkungen
behalten. Selbst wenn sich nun abzeichnet, dass 2012 eine nachhaltigere Lösung gefunden werden wird, dürfte die Lage in Europa im kommenden Jahr für
erhebliche Unsicherheit und Volatilität sorgen.
Zur amerikanischen und europäischen Schuldenpolitik kommen die vielen regio­
nal begrenzten politischen Kurswechsel hinzu, die das Wachstum ankurbeln
sollen, gleichzeitig jedoch das Anlageumfeld verzerren. Ein Paradebeispiel findet
sich auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt. Dort haben Änderungen am
Refinanzierungsprogramm HARP (Home Affordable Refinance Program) zusammen mit laufenden und möglichen zukünftigen quantitativen Lockerungsprogrammen die Bedeutung fundamentaler Wertschöpfungsfaktoren reduziert.
David Harris
David Harris kam 1992 als USRentenfondsmanager zu Schroders
in New York. Zuvor war er als Finanzanalyst für die Irwin Management
Company tätig und davor für die
Weston Financial Group. Er begann
seine Karriere 1986 bei der State
Street Bank & Trust. David Harris besitzt einen MBA von der J.L. Kellogg
Graduate School of Management
und einen BBA von der University of
Massachusetts, Amherst.
Die nun seit mehr als zwei Jahren andauernde unkonventionelle Geldpolitik ist
eine eigene Anmerkung wert. Weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen sind
im kommenden Jahr durchaus denkbar, falls das Wachstum stocken sollte. Auch
weitere Änderungen im Hinblick auf Vorgaben für Inflationsziele sind möglich.
Dennoch wird die Regierung mit ihren geldpolitischen Maßnahmen weiterhin
darum bemüht sein, die Auswirkungen der kalten Progression auszugleichen.
Wir rechnen jedoch nicht mit einem signifikanten Wachstumsschub, und unbeabsichtigte Folgen wie eine Inflation müssen aufmerksam beobachtet werden.
Anlagethemen für 2012
Wir sehen in Unternehmensanleihen und einigen verbrieften Anlagen weiterhin
attraktive Anlagemöglichkeiten. Bei amerikanischen Portfolios bieten bieten Anleihen mit niedrigem Investment-Grade (BBB) und Hochzinsanleihen mit relativ
guter Bonitätseinstufung (BB) die beste Kombination von Renditeaufschlägen,
Bonitätsverbesserung und Potenzial zur Spreadverengung.
Allokationen in vergleichbar bewerteten Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sind ebenfalls attraktiv. Bei der Auswahl der Branchen und Wertpapiere
im Bereich Unternehmensanleihen bevorzugen wir weiterhin Unternehmen mit
positiven freien Cashflows, deren Geschäftsleitungen ein umsichtiges Finanzmanagement betreiben. Bei so viel Unsicherheit ist die Fehlertoleranz für Unternehmen zudem sehr gering.
Unter den hypothekenbesicherten Wertpapieren (MBS) bieten von der GNMA
emittierte Wertpapiere mit niedriger Verzinsung eine sehr gute Rendite bei geringem Refinanzierungsrisiko. Ihre Attraktivität ist umso größer, da sie relativ immun
gegen die Manipulation von Refinanzierungsprogrammen und Kreditvergaben
sind und daher eine gute, stabile Alternative zu Staatspapieren mit geringen Renditen darstellen. Nicht-staatliche verbriefte Emissionen werden möglicherweise
im kommenden Jahr von größerer Bedeutung sein, allerdings erst, nachdem
mehr Sicherheit auf politischer Ebene besteht. Kommunale Wertpapiere, die von
vielen Anlegern oftmals übersehen werden, könnten im kommenden Jahr ebenfalls attraktiv werden, weil bundesstaatliche und lokale Regierungen ihre Haushaltsprobleme in unterschiedlichem Tempo angehen werden. US-Treasuries sind,
wie auch die meisten anderen Staatsanleihen, ziemlich unattraktiv, aber dennoch
ein sicherer Hafen. Niedrig verzinste Papiere bieten jedoch im Falle schwerwiegender politischer Fehler oder einem Vertrauensverlust in die USA nur eine geringe Absicherung.
Ausblick 2012: Aussichten für US-Anleihen
Portfoliostrategie
Mit Blick auf unsere Gesamtportfoliostrategie halten wir aufgrund der Unsicherheiten, die durch ungewöhnliche haushaltspolitische Maßnahmen oder die sich
rasch ändernde politische Landschaft verursacht werden, an unseren langfristi­
gen Themen fest. Wir sind uns sicher, dass diese Faktoren auch im nächsten
Jahr fortbestehen werden und die Märkte infolgedessen weitaus volatiler als gewöhnlich sein werden. Anlagemöglichkeiten werden jedoch reichlich vorhanden
sein. Es wird ein Kompromiss erforderlich sein zwischen der Umsetzung einer
starken, auf langfristigem Wert beruhenden Strategie und der Notwendigkeit,
das Portfoliokapital vor kurzfristigen heftigen Schwankungen zu schützen, die als
unbeabsichtigte Folgen gut gemeinter politischer Kurswechsel auftreten könnten.
Wir werden weiterhin in Strategien investieren, die auf unseren Fundamentaldatenanalysen beruhen, dabei jedoch unsere Einschätzungen in kleinerem Rahmen umsetzen, um Beeinträchtigungen durch negative Markteinwirkungen zu
mindern. Wir werden häufig Strategien auswählen, die sich ergänzen und eine
geringere Korrelation aufweisen oder während Zeiten höherer Volatilität als Absicherung fungieren. Von politischen Maßnahmen beeinflusste Abweichungen
werden zudem häufig Chancen für kurzfristigere Strategien bieten, die vorübergehende Marktverwerfungen nutzen und langfristigere Strategien ausgleichen.
Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit im kommenden
Jahr könnte sich 2012 für Anleihenanleger als ebenso frustrierend wie das Jahr
2011 erweisen. Dennoch wird es zahlreiche Möglichkeiten zur Erwirtschaftung
attraktiver Renditen geben, solange Anleger kurzfristige Marktturbulenzen als
eine weitere Wertschöpfungsquelle nutzen und sich von der Volatilität nicht dazu
verleiten lassen, die Fundamentaldaten zu vernachlässigen. Es gilt, besonnen zu
verfahren und das richtige Gleichgewicht zwischen Wert und Volatilität zu finden.
Wichtiger Hinweis: Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von David Harris, Senior Portfolio Manager – US Fixed Income, und stellen nicht
notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Nur für professionelle
Anleger und Berater. Dieses Dokument ist nicht für Privatkunden geeignet. Dieses Dokument dient nur Informationszwecken und ist keinesfalls als Werbematerial
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Strategieentscheidungen sollten nicht auf Basis der Ansichten und Informationen in diesem Dokument erfolgen. Herausgegeben von Schroder Investment Management Limited,
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