"zur privaten Nutzung" downloaden
Transcription
"zur privaten Nutzung" downloaden
REISE Wiesen, Wälder, Weiher Über Saarkanal und Rhein-Marne-Kanal an den Rand der Vogesen. Eine Tour für Genießer. Faszinierende Seen: Zu den größten lothringischen Weihern gehört der Étang du Stock. Der Saarkanal (r.) verläuft hier über eine Brücke. E s langsamer angehen lassen, mal müßig sein. Innehalten und feststellen, wie sich der Blickwinkel weitet, wenn Zeit zum Wahrnehmen und Betrachten bleibt. Dinge entdecken, die sich dem Vorbeihastenden niemals erschließen würden. Einfach die Leinen lösen und einem anderen, leichteren Rhythmus folgen – das ist Hausbootfahren. Dieser Zustand äußerer und innerer „Entschleunigung“ erwartet uns in den nächsten 88 boote 10/08 sieben Tagen an Bord einer Cirrus, die wir für eine Tour durch Lothringen und Elsass bei Le Boat/Crown Blue Line gebucht haben. An einem Freitagnachmittag im Juni übernehmen wir das Boot bei S.A.L.T. Yacht am Le-Boat-Abfahrtsort Saarbrücken. Heinrich Meyer, zuständig für den Empfang, hat jede Menge guter Tipps parat und zwinkert uns zum Abschied vielsagend zu: „Sie haben keine Hektik – es sei denn, Sie machen sich welche …“ Wir schaffen unsere Sachen auf die Cirrus und zapfen den obligatorischen „Anlegeschluck“ – ankommen ist schließlich ankommen, auch wenn es heute noch per Auto war. Am Kajüttisch planen wir unsere Reise. Via Saar, Saarkanal und Rhein-Marne-Kanal soll es ins französische Hesse gehen. Von dort wollen wir (in aller Gemütlichkeit,versteht sich) noch einen Abstecher machen: durch zwei Kanaltunnel und dann mitten hinein in den mächtigen Trog des Schiffshebewerks von Arzviller. Für erste Spannung in einem unbekannten Revier sorgt traditionell die „Schleusenfrage“: Wie wird es hier gehandhabt – manuell, automatisch oder mit Schleusenwärter? Uns erwarten auf dieser Tour sowohl bediente Schleusen als auch solche,die wir in Gang setzen müssen. Bereits wenige Minuten nach unserem Start in Saarbrücken beginnt die Kletterei. In der Schleuse Güdingen werden wir Abwechslungsreiche Route: Die Kanalstrecke durch das Weihergebiet ist etwa 20 km lang. Dass der Saarkanal bisweilen höher liegt als die Umgebung, sorgt für interessante Perspektiven. Alte Wasserwege: Der Rhein-Marne-Kanal entstand während der Industrialisierung. Heute ist er ein beliebtes Sportbootrevier. boote 10/08 89 REISE Landpartie: Der Saarkanal besticht durch seine Naturnähe. Wie hier bei Wittring vermittelt er auch immer wieder ein Gefühl von Weite. Keramik aus Sarreguemines ist in der ganzen Welt bekannt noch bedient, danach ist „Selbermachen“ angesagt. Dabei soll uns ein knallgelbes Bedienungsteil helfen, das wir in Güdingen erhalten haben. Taste „M“ leitet den Aufstieg ein, Taste „A“ den Abstieg. Etwa einen Kilometer hinter Güdingen erreichen wir die deutsch-französische Staatsgrenze, die bis Sarreguemines exakt in Flussmitte verläuft. Eine neue Kilometrierung setzt ein, und die Saar nennt sich fortan „Sarre“. Die Schleusen heißen jetzt „écluses“, und die Pittoreskes Plätzchen: Das „Café du 90Port“ boote am10/08 Mittersheimer Hafen ist einfach, zieht aber alle Blicke auf sich. nächsten 15 sind automatisiert. Den Reigen eröffnet „Écluse 30“ in Grosbliederstroff. Ich ziehe das Bedienungsteil hervor und blinzle zum Ufer, wo der Gegenspieler unseres knallgelben Kästchens steht. Kaum habe ich Taste „M“ betätigt, blinkt es auch schon an Land. Bald darauf öffnen sich die Schleusentore, wir können in die Kammer einfahren und die Leinen ausbringen. Jetzt noch fix die blaue Stange hochgeschoben, und schon läuft der Schleusenvorgang ab. Perfekt. Auch später, als uns längst wieder ein „éclusier“ zur Seite steht, verläuft die Schleusenarbeit reibungslos. Mit einem Postkartenmotiv empfängt uns Sarreguemines: am Ufer das Casino, davor die Anlage des Club Nautique L’Eau Reine mit der schmucken „Pauline“, einer Péniche, die Stadtverkehr: Der Rhein-Marne-Kanal durchquert das Zentrum von Saverne. Der malerische Ort lohnt einen Besuch. heute als Clubschiff und Capitainerie dient. Etwa 100 m weiter befinden sich städtische Liegeplätze. Beide Haltepunkte liegen zentrumsnah und verfügen über Trinkwasser, Strom sowie Sanitäranlagen. „Casino“ – das war dem Wortursprung nach eine venezianische Örtlichkeit, an der man zusammenkam, um Zerstreuung zu finden. Diesen Zweck verfolgt auch das Casino von Sarreguemines, das keine Spielbank ist,sondern ein Treffpunkt im eigentlichen Sinne.In den Räumen des ansehnlichen Baus sind ein Restaurant und ein Veranstaltungsraum untergebracht. Sarreguemines’ Casino, das Ende des 19. Jahrhunderts entstand, war als Begegnungsstätte für die Beschäftigten der örtlichen Keramikindustrie errichtet worden. Die trug einst Attraktiver Ausgangspunkt: In Saarbrücken gibt es viel zu entdecken, unter anderem den Alten Saarkran recht voraus. den Namen der Stadt in die Welt hinaus. Das „Musée de la Faïence“ beispielsweise lässt jene großartige Vergangenheit noch einmal lebendig werden. 1790 nimmt in Sarreguemines die erste Steingutmanufaktur ihren Betrieb auf, wenige Jahr- zehnte später erfolgt ein weiterer,entscheidender Schritt: Statt Holz wird jetzt Steinkohle verfeuert – Letztere ist kein knappes Gut mehr, seit in der Region des heutigen Saarlandes der Steinkohlebergbau boomt. Die Kohle findet etliche andere in- dustrielle Abnehmer in Frankreich, aber die Transportfrage bereitet noch Kopfzerbrechen. Mit der Fertigstellung des SaarKohlen-Kanals im Jahre 1866 ist auch dieses Problem (zumindest vorerst) zufriedenstellend gelöst. Der „Canal des Houillères de la Sarre“, so die französische Bezeichnung des Wasserwegs, knüpft oberhalb von Sarreguemines an die kanalisierte Saar an und trifft nach 63 km auf den RheinMarne-Kanal. 2002 bekommt der Saar-Kohlen-Kanal einen neuen Namen: Saarkanal. Zu Recht, denn nirgends findet sich eine Spur dessen, was die alte Bezeichnung vermuten lässt. Der Saarkanal ist heute ein idyllisches Bootsrevier, und statt einer düsteren Industrieszenerie erwartet uns eine Melange aus Wiesen,Wäldern und Weihern. boote 10/08 91 REISE Rhein-Marne-Kanal: Komfortabel befördert das Schiffshebewerk Arzviller Boot und Mannschaft zu Tal oder zu Berg. Von Sarreguemines schlängelt sich der Saarkanal in sanften Windungen nach Süden, begleitet von einer munter sprudelnden Saar, die sich erst in Harskirchen von uns verabschieden wird.Schön ist es hier! Libellen umflirren den Bug unserer Cirrus, Vogelgezwitscher liegt in der Luft, und vom Treidelpfad am Ufer winken uns Radler zu: „Bon voyage – gute Reise!“ Die endet für heute in Wittring, wo wir am Kai (Trinkwasser, Strom) festmachen. Ein ordentliches Lokal,das „Victoria“, befindet sich gleich nebenan. Über Wittring liegen Ruhe und Beschaulichkeit, und außer uns ist an diesem Samstagnachmittag niemand unterwegs. Hinter zugezogenen Fensterläden vermuten wir die eine oder andere Einkaufsmöglichkeit. Bevor mich das verschlafene Nest 92 boote 10/08 Vom Ufer winken uns Radfahrer fröhlich zu kribbelig macht, schießt mir wieder dieser Satz durch den Kopf:„Sie haben keine Hektik – es sei denn, Sie machen sich welche …“ Unaufgeregt geht es anderntags weiter. Die Gegend bleibt ländlich, Wälder wechseln sich mit Weiden ab, Weizenfelder tun sich auf. „Alles Baguettes“, kommentiert der Skipper mit stiller Wehmut, die darin begründet ist,dass wir in Wittring keins dieser herrlich duftenden und knackig-frischen Stangenbrote erstehen konnten. Bald Technik, die beeindruckt: Der quer liegende Trog des Schiffshebewerks Arzviller bewegt sich auf einer schiefen Ebene. lugt der Kirchturm von Herbitzheim hinter Baumkronen hervor, und wenig später passieren wir auch mal einen eher nüchternen Kanalabschnitt – Gewerbeanlagen nördlich von Sarralbe. Eine Kanalbrücke führt uns über die Albe, und bald verlassen wir wieder einmal unmerklich die Region Lothringen, um für eine Weile durch den benachbarten Landstrich – das Elsass – zu schippern. Verwitterter Beton, finster, bedrohlich und von eindeutiger Bestimmung: ein Bunker. Er lag an unserem Weg heute, irgendwo.Die Geschossöffnungen waren aufs gegenüberliegende Ufer gerichtet. Für einen Moment trat die ganze Schönheit und Prosperität der Gegend für uns in den Hinter- Touristenattraktion: Schiffshebewerk Arzviller. grund, und wir hatten die andere, tragische Seite von Lothringen und Elsass vor Augen – die zweier französischer Grenzregionen,missbraucht als Kriegsschauplatz, geteilt, be- setzt und einverleibt. Dunkle Kapitel der deutsch-französischen Vergangenheit. Auf einer Art Hochebene nähern wir uns Harskirchen. Hier treffen wir auf einen nett gestalteten Anleger, an dem Trinkwasser und Strom verfügbar sind. Eine Brasserie befindet sich im Ort. Weiter geht’s. Immer noch haben wir dieses Gefühl von Weite. Und von Höhe – die Hügel sind Vorboten der nahen Vogesen und wohl ein Grund,warum die Gegend „Krummes Elsass“ heißt. Recht voraus taucht „Écluse 16“ auf, die mit ein paar Besonderheiten aufwarten kann: Es gibt schöne Liegemöglichkeiten sowie ein gutes Restaurant, außerdem ist sie für uns die letzte automatisierte Schleuse auf dem Saarkanal. Die verblei- benden 15 „écluses“ bis zum Rhein-Marne-Kanal bedient ein Schleusenwärter, die erforderliche Voranmeldung haben wir vorschriftsmäßig am Vortag vor 16 Uhr abgesetzt. Vor Schleuse 15 liegen zwei Boote am Ufer fest, bald wissen wir warum: Der „éclusier“ hat Kundschaft aus der Gegenrichtung und braucht noch eine Weile. Wir vertäuen die Cirrus hinter ihren Kolleginnen, was bei der Crew vor uns für einen heftigen Anflug von Nervosität sorgt. „Sind Sie überhaupt angemeldet?“ fährt uns ein Landsmann grußlos an. Wir nicken artig. So schnell gibt sich unser aufgebrachter Reisebegleiter aber nicht geschlagen: „In die Schleuse passen aber nur zwei Boote rein …“ Wie war das noch gleich mit der Hek- Versicherungsschutz von Anlandnehmen bis Zuwasserlassen. Ganz gleich was passiert, der esa-Allgefahrenschutz mit umfangreichem Reise- und Gesundheitsservice bietet Ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit für Sie und Ihre Yacht. Und als Kompetenzcenter der Allianz für Schiffs- und Yachtversicherungen stehen wir mit unserem Know-how an Ihrer Seite. esa EuroShip – Ihr Spezialist für Yachtversicherungen – von A bis Z. esa Schiffs- und Yachtversicherungen e-mail: [email protected] www.esa-marine.de oder wenden Sie sich an Ihren Allianz-Fachmann vor Ort. Ein Unternehmen der REISE Tunnelpassage: Die Kanalröhren von Niderviller und Arzviller gehören zu den Höhepunkten auf dem Rhein-Marne-Kanal. tik, die man sich selber macht? Der Schleusenwärter packt schließlich alle drei Boote mit leichter Hand und ohne großes Aufsehen in die Kammer, derweil der Herr von eben mit seinem Diesel um die Wette grummelt. Hinter „Écluse 14“ ist er uns los.Wir beschließen den Tag in Mittersheim, nicht ohne dem „éclusier“ zuvor unsere morgige Weiterfahrt avisiert zu haben. Der „Port communal“ von Mittersheim ist sehr schön angelegt und hat ordentliche Liegeplätze (Trinkwasser, Strom). Ein modernes Gebäude mit Grillvorrichtung, Außenspülbecken und Sanitäranlage wirkt gefällig, über seine Reinlichkeit decken wir lieber diskret den Mantel des Schweigens. „Ach Kind“,pflegte meine Großtante bei solchen Gelegenheiten zu seufzen, „das ist eben französisch …“ Und dabei schwang in ihrer Stimme eine klammheimliche Bewunderung für so viel Leichtfertigkeit mit, die sie sich als teutonische Hausfrau niemals herauszunehmen gewagt hätte. Wie dem auch sei: Ich mag mich nicht an dieses angeschmuddelte Örtchen zurückziehen. 94 boote 10/08 In wenigen Gehminuten gelangt man vom Liegeplatz ins Zentrum von Mittersheim, wo wir auf Einkaufsmöglichkeiten stoßen, darunter zur besonderen Freude des Skippers eine zünftige „Boulangerie – Pâtisserie“. Praktisch: Anderntags steuert auch ein Bäckerwagen den Hafen an. Im „Port communal“ selbst befindet sich das einfache „Café du Port“. Über den Treidelpfad sind es etwa fünf Gehminuten bis zum Restaurant „l’Escale“,das regionale Schlemmereien serviert. Fisch aus den umliegenden Seen, den „étangs“, gehört hier, wie in anderen Lokalen der Gegend, dazu. Mittersheim liegt am „Grand Étang de Mittersheim“, einem Weiher,der als Dorado für Wassersportler gilt.Das Gewässer ist Teil einer Seenplatte, die in weiten Bereichen zum „Parc Naturel régional de Lorraine“ gehört, vom Saarkanal aus aber nicht per Boot angelaufen werden kann. Bis Gondrexange am Rhein-Marne-Kanal wird uns diese fantastische „Teichlandschaft“ begleiten. Um unser nächstes Tagesziel, „Port du Houillon“ am „Étang de Gondrexange“ zu erreichen, Zum Betrachten der Dinge um uns herum ist genügend Zeit müssen wir die gestern unterbrochene Schleusentour zu Ende bringen. 13 „écluses“ stehen noch aus,die letzten bis zur Einmündung des Saarkanals in den Rhein-Marne-Kanal. Zwischen „Écluse 13“ und „Écluse 1“ erstrecken sich gerade einmal 14 km, ein strammer Naturerlebnis: Die Strecke führt durch ruhige, ländliche Gegenden – ideal zum Entspannen. Parcours. Den bewältigen wir dank eines emsigen „éclusier“ ruck, zuck. Und das Schöne ist: Es bleibt Zeit zum Wahrnehmen und Betrachten der Dinge um uns herum. Da ist das verlassene Schleusenwärterhäuschen mit schief getretener Eingangsstufe, die Fensterläden verwittert, das Dach brüchig. Vor dem alten Gemäuer ist ein Rosenstock erblüht – Sinnbild für Entschlossenheit und Zuversicht. Oder jeder Schleusengang: Rauschend fährt das Wasser in die leere Kammer, wild und sprudelnd, bis ihm allmählich die Kraft auszugehen scheint. Die Schleusenkammer ist jetzt nahezu gefüllt, und das Wasser strömt nur noch leise glucksend nach, bildet kleine Strudel und wird schließlich zu einem stillen See. Ein Brummer fliegt vorbei, Spatzen zirpen. Kein Autolärm,kein lautes Gespräch, einfach Ruhe. Mit einem gedämpften Quietschen öffnen sich die Schleusentore, und die Reise kann weitergehen. Wir kommen zum „Étang du Stock“, wo uns eine Kanalbrücke über den See leitet. Seit 1920 versorgt der Stockweiher den Saarkanal mit Wasser. Das Restaurant „Auberge de l’Écluse“ oberhalb von Schleuse 1 finden wir geschlossen vor, den Anlegesteg verwaist.Wir fahren weiter und bringen im etwa 3 km entfernten „Port du Houillon“ die Festmacher aus. Die kleine Marina bietet vernünftige Liegeplätze (Trinkwasser, Strom), Sanitäranlage, Dieseltankstelle und Werkstatt. Die Übernachtung kostet uns 12 Euro. Wir liegen hier sozusagen mit der Natur vereint – man kann auch sagen: wo sich Fuchs und Hase zum Gute-Nacht-Sagen still die Pfote reichen. Gleich hinter dem Hafen erstreckt sich der „Étang de Gondrexange“. Mönche legten den Weiher im Handarbeit: Zwischen Saarbrücken und Hesse sind 31 Schleusen zu bewältigen. Mittelalter an, um Fische zu züchten.Heute dient der „Étang de Gondrexange“ als Wasserreservoir für Saarkanal und Rhein-Marne-Kanal. Bei unserem Besuch schlummert der See, auch ein Freizeitzentrum mit Badestrand, tief und fest, was unsere „Entschleunigung“ weiter vorantreibt. Wem der Sinn nach Abwechslung steht, der kann sich gratis zu einem Restaurant abholen und wieder zurückbringen lassen.Auch das ist ein angenehmer Service: Morgens erwerben wir im Marinabüro frische Baguettes und Croissants, die wir tags zuvor bestellt haben. Wir nehmen Kurs auf den Rhein-Marne-Kanal Nach dem Frühstück nehmen wir die letzten beiden Kilometer auf dem Saarkanal unter den Kiel der Cirrus. Der Wasserweg war, in der Rückschau betrachtet, bequem zu befahren, ohne grelle Highlights, dafür mit umso mehr Natur. Bei Saarkanal-km 0 biegen wir auf den Rhein-Marne-Kanal ein, Kurs Hesse. Der „Canal de la Marne au Rhin“, wie der Rhein-Marne-Kanal im Französischen heißt, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut. Er führt von der Marne bei Vitryle-François – präziser: von „Canal latéral à la Marne“ und „Canal de la Marne à la Saône“ – zum Rhein nach Straßburg. Sportbootfahrer sind auf dem Rhein-Marne-Kanal heute nahezu unter sich. Die nächsten Kilometer gestalten sich nicht gerade aufregend. Ein hübscher Anblick ist da schon Xouaxange, das einen einfachen, aber netten Anleger besitzt. In fußläufiger Entfernung befindet sich das Restaurant „Auberge du Mesnil“. Einkaufsmöglichkeiten haben wir im Dorf nicht entdeckt. Diejenigen, die den Namen des Örtchens für schier unaussprechlich halten, sollten wissen, dass sich Xouaxange in seiner 2000 Jahre alten Geschichte schon weitaus zungenbrecherischer nannte. Denn wem geht bloß „Xawaiquesaingen“ problemlos über die Lippen? Nicht in Vergessenheit gerieten auch die deutschen Entsprechungen vieler Ortsbezeichnungen. Die von Sarreguemines („Saargemünd“) zum Beispiel oder Xouaxange („Schweixingen“) – Erbe einer wechselvollen Geschichte.Hesse hieß einst „Hessen“ und soll unser Tagesziel sein. Wir machen im Hafen unseres Vercharterers fest, ein kurzes Etmal, aber wir haben für heute einen ausgiebigen Ausflug ins etwa 5 km entfernte Sarrebourg geplant. Eine freundliche Provinzstadt ist dieses Sarrebourg, mit einer Historie, die bis in römische Zeit zurückreicht. Sarrebourg hat einige Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten, aber deshalb allein sind wir nicht gekommen. Uns lockt ein fragiles Meisterstück, bunt und voller Esprit: Marc Chagalls Glasfens- NAVnet 3D Navigieren in der dritten Dimension! TimeZeroTM r benutzer- und funktionsoptimiertes Navigationssystem r stufenloses Zoomen und Schwenken ohne Zeitverzögerung r Visualisierung in Raster-, Vektorund Unterwasserkarten r Satellitenkarten-Darstellung mit PhotoFusionTM Dual Radar r simultane Darstellung zweier unabhängiger Radarbilder r Echtzeit-Scan ohne Wartezeit RotoKeyTM r intuitive benutzerfreundliche Systemsteuerung r einsteiger-, standard- oder benutzerdefinierte Menüführung www.furuno.de Tel: 04101/838-0 Agentur: www.hqhh.de Jetzt lieferbar! REISE ZEICHNUNG: HEINZ HUCHTMANN WAS SKI PPER WISSEN MÜSSEN Saarbrücken D E U T S C H L A N D Saa r Grosbliederstr0ff Sarreguemines Wittring Hamburg Berlin Frankfurt Hilfsbereit und kompetent: Heinrich Meyer empfing uns an der Saarbrücker Basis. Saarbrücken München Herbitzheim Saaralbe Sarre-Union Harskirchen Canal des Houillères de la Sarre (Saarkanal) F R A N K R E I C H Mittersheim nach Saverne Grd. Etg. de Mittersheim Lutzelbourg Etg. du Stock Houillons Gondrexange Etg. de Canal de la Marne au Rhin Canal de la Marne au Rhin Sarrebourg Arzviller Tunnel von Arzviller Hesse Xouaxange Gondrexange 0 10 km Rechicourt F I R M A , B O OT U N D P R E I S E Die Firma Der Name „Le Boat“ verbindet drei bekannte Größen auf dem Chartermarkt: Crown Blue Line, Connoisseur und Emerald Star. Le Boat bietet Bootsferien in acht europäischen Ländern an. Das Programm umfasst 41 Abfahrtshäfen und ein Hausboot-Angebot, das wohl jeden Geschmack und Bedarf trifft. Wer sich für Einwegtouren interessiert, wird bei Le Boat schnell fündig werden. Wir starteten in Saarbrücken und gaben unser Boot in Hesse zurück. Die Basis Saarbrücken (S.A.L.T. Yacht) liegt etwa 3 km von der 96 boote 10/08 City entfernt. Rund zehn Autominuten sind es bis zu einem großen Einkaufszentrum. Unweit des Charterstützpunktes befinden sich drei Lokale. Der Pkw kann gegen 5,15 Euro/Tag (2008) auf einem abgeschlossenen Gelände in Basisnähe geparkt werden. Von Hesse zurück nach Saarbrücken nahmen wir (2 Personen) ein Taxi. Kosten: etwa 100 Euro. Das Boot Wir waren mit einer Cirrus aus der Crown-Blue-LineFlotte unterwegs, ein Boot, das sich als gemütliches Urlaubsdomizil für zwei Personen er- wies. In der Heckkabine sind zwei feste Kojen, die Sitzgelegenheiten im Salon können zu zwei weiteren Schlafplätzen umgewandelt werden. Somit eignet sich das Boot für bis zu vier Reisende. Die Cirrus wird mit zwei unterschiedlichen Raumkonzepten angeboten. Wir fuhren Modellvariante 2 mit einer Doppelkoje achtern, einer Nasszelle (Dusche/WC/Waschbecken) sowie zwei (mobilen) Einzelbetten im Salon. Im Unterschied dazu verfügt Modellvariante 1 beispielsweise über zwei getrennte Kabinen für Dusche und WC/Waschbecken. Die Pantry der Cirrus ist komplett eingerichtet. Heizung, Ventilator und Radio/CD-Spieler sind Teil der Bordausstattung. Warmes Wasser wird über den Motor erzeugt. Das Boot besitzt einen Innenund Außensteuerstand. Ein Plätzchen zum Träumen unter freiem Himmel gibt es auch: auf den Sitzbänken in der Bugspitze. Unsere Cirrus, Baujahr 1999, befand sich in einem sauberen und ordentlichen Zustand. Technische Daten: Länge 8,80 m, Breite 3,60 m, Motorisierung 31,6-kW-Diesel (43 PS),Trinkwassertank etwa 460 l, Kraftstofftank etwa 300 l. Die Preise Die Cirrus (2+2) kostet je nach Saisonzeitraum zwischen 970 und 1675 Euro/Woche (Bettwäsche und Handtücher inklusive). Kurzmieten und verlängerte Wochen sind möglich. Die Firma räumt diverse Ermäßigungen ein, darunter einen Familienrabatt. Darüber hinaus lohnt es sich, nach Sonderangeboten Ausschau zu halten. Zum Wochenpreis hinzu kommen die entsprechenden Betriebskosten (5,14 Euro pro Motorstunde, Stand Juni 2008). Haftung für Schäden an der Cirrus: Option 1 – erstattbare Kaution in Höhe des Selbstbehalts Angenehm zu fahren und gemütlich ausgestattet: die Cirrus (2+2). ter „La Paix“ in der „Chapelle des Cordeliers“.Das etwa 90 qm große Kunstwerk entstand zwischen 1974 und 1976.In seinem Mittelpunkt steht ein Blumengebinde von großer Leuchtkraft, in Blau und Grün,Violett und flammendem Rot.Ein Paar zieht die Blicke auf sich, augenscheinlich Adam und Eva, geborgen in der Farbenpracht Bequem und leicht: Schleusen war nirgendwo ein Problem. (1500 Euro), Option 2 – nicht erstattbarer Aufpreis für Haftungsausschluss im Schadensfall (bis 7 Tage Reisedauer 79 Euro, ab 8 Tagen 115 Euro). An der Basis ist eine Sicherheitskaution (150 Euro) zu hinterlegen, die bei der Rückgabe des Bootes unter anderem mit den angefallenen Betriebskosten verrechnet wird. Zu den optionalen Extras gehören zum Beispiel Fahrräder (Standardfahrrad 40 Euro/Woche). Für Einwegfahrten erhebt die Firma einen Zuschlag von 100 Euro. (Preise Stand 2008). Information und Buchung Le Boat, c/o Crown Blue Line, Theodor-Heuss-Straße 53 – 63, 61118 Bad Vilbel. Tel. 06101557 91 75, Fax 06101-557 91 22. www.leboat.de TI P P S F Ü R D E N TÖ R N Führerschein Für die von uns gefahrene Chartertour ist kein Sportbootführerschein Binnen erforderlich. Der deutsche Abschnitt der Saar von Saarbrücken (km 87,6) bis zur deutsch-französischen Grenze kann mit Charterbescheinigung befahren werden. In Frankeich sind Charterboote führerscheinfrei. Liegeplätze Außer den im Text genannten Sportbootanlegern gibt es noch weitere Liegemöglichkeiten entlang der Strecke. Infos dazu sowie über Serviceeinrichtungen siehe Törnliteratur. Höchstgeschwindigkeit Auf dem von uns befahrenen Abschnitt der Saar 10 km/h bzw. 8 km/h (ab Grenze); Saarkanal 8 km/h (< 20 t); Rhein-Marne-Kanal 8 km/h (Sportboote). Durchfahrtshöhe Auf der beschriebenen Strecke sind die Durchfahrtshöhen an Saarkanal (max. erlaubte Bootshöhe 3,50 m) und Rhein-Marne-Kanal (3,50 m) maßgeblich. Vignette Wer den Törn mit dem eigenen Boot macht, muss für das Befahren der französischen Gewässer eine Bootsvignette erwerben. Vor Ort erhältlich an Schleuse 27 (Sarreguemines). TÖ R N F Ü H R E R U N D K A RTE N David Edwards-May: Binnengewässer Frankreichs. Alle schiffbaren Flüsse und Kanäle. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978-3-89225-409-6. ■ Manfred Fenzl: Die Mosel. Mit Saar, Saarkanal, RheinMarne-Kanal und Lahn. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 9783-89225-500-0. ■ Konrad Nussbaum (Bearb.): Gewässerkarte Frankreich. Mit den Hauptwasserstraßen der Benelux-Länder. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978 -3-89225-367-9. ■ Carto Guide Vagnon de Tourisme fluvial 12: Lorraine – Alsace. Les éditions du Plaisancier, Miribel. ■ Navicarte 17: Canal de la Marne au Rhin – Canal des Houillères de la Sarre. Éditions Grafocarte, Issy-les-Moulineaux. ■ Kanaltunnel und das Arzviller Schiffshebewerk liegen vor uns und einander umarmend. Eine Allegorie der Eintracht, die dazu anhält, ein hohes Gut zu pflegen: den Frieden,„La Paix“. Eine eindringliche Botschaft in einer Region,die immer wieder mit Krieg überzogen wurde. Uns bleiben noch zwei Törntage, bevor wir die Cirrus Freitag früh in Hesse zurückgeben müssen. Also legen wir wieder ab und folgen dem Rhein-Marne-Kanal ein weiteres Stück in Richtung Straßburg. Als Übernachtungsort peilen wir Lutzelbourg an. Der etwa 315 km lange Rhein-Marne-Kanal überwindet zwei Wasserscheiden; eine davon – die zwischen den Flüssen Meurthe und Zorn – werden wir heute passieren. Zwei Kanaltunnel machen die „Vogesen-Scheitelstrecke“ zu etwas Besonderem. Etwa sieben Kilometer nordöstlich von Hesse treffen wir auf die erste Kanalröhre, den „Souterrain de Niderviller“.Der Tunnel darf,wie auch der nachfolgende „Souterrain d’Arzviller“, nur im Einbahnverkehr durchquert werden.Eine Lichtzeichenanlage regelt jeweils die Einfahrt. REISE Vor historischer Kulisse: In Sarreguemines finden Skippper schön gelegene und gut ausgestattete Bootsliegeplätze vor. Die Ampel am 475 m langen Tunnel von Niderviller steht bei unserer Ankunft schon auf Grün, wir dürfen also sofort hinein. Und sind für unser Empfinden rasch wieder unter freiem Himmel. Doch dann: Vor der Einfahrt in den nur wenige Hundert Meter entfernten „Souterrain d’Arzviller“ sehen wir „Rot“ – irgendwer ist wohl noch in unsere Richtung unterwegs. Gut, dass wir jetzt kurz an Pollern festmachen können. Bald tauchen aus dem Dunkel des 2306 m langen ArzvillerTunnels zwei Hausboote auf. „Wie war’s?“,rufe ich den Crews auch zum chartern zu und bekomme ein gedehntes „Lang ...“ zurück. Die Ampel springt um, nun sind wir dran. Kühl ist es und düster. Der karge Schein der Tunnelbeleuchtung fällt auf geziegelte Wände, manchmal auf bizarr geformten Fels. Die Röhre reflektiert jedes Geräusch, und allmählich beginnen auch wir, über den Unterschied zwischen tatsächlicher und gefühlter Distanz nachzudenken. Unwohl fühlen wir uns zu keinem Zeitpunkt, dafür sorgen schon die Sicherheitsvorkehrungen, beispielsweise ordentliche Gebläse. Auch der Weg neben uns gibt ein gutes Gefühl. Schienen erinnern daran, dass dort einst Schmalspurlokomotiven verkehrten,eingesetzt zum Schleppen der Lastkähne. Knapp 4 km weiter steuern wir auf den Glanzpunkt unserer Reise zu: das Schiffshebewerk von Arzviller. Im Oberwasser erscheint es noch recht unspektakulär. Doch kaum sind wir in den 41,50 m langen und 5,50 m breiten Trog eingefahren, da erhöht sich auch schon unser Pulsschlag: Wir befinden uns hoch über dem Tal der Zorn, in einer Wanne, die gleich mit Mann und Maus über eine Schräge 44,55 m in die Tiefe gleiten wird.Während der Trog durch sein Eigenge- ser i u r C A H VE wicht sachte abwärtssinkt, beobachten wir gigantische Gegengewichte, die an Stahlseilen nach oben wandern. Bei der Bergfahrt wird das Gewicht des Troges über die zugeführte Wassermenge so reguliert, dass ihn die Gegengewichte aufwärtsziehen können. Zwei Elektromotoren unterstützen das System. Das Schiffshebewerk, 1969 fertiggestellt, ersetzt 17 Schleusen, die sich nebenan auf einer Strecke von etwa 3,5 km aneinanderreihen. Um sie zu bewältigten, brauchten die Schiffer früher einen Tag. Wir bringen den Höhenunterschied in wenigen Minuten hinter uns. Elsässischer Charme und ein Château Weitere vier Schleusen, dann ist Lutzelbourg erreicht,ein idyllischer Flecken mit Einkaufsund Einkehrmöglichkeiten sowie Bootsliegeplätzen, unter anderem im „Port communal“ (Trinkwasser, Strom, Sanitäranlage).Wer Zeit hat, sollte sich unbedingt noch den nächsten Kanalabschnitt gönnen. Die Strecke führt durch das bewal- dete Tal der Zorn und bringt geradewegs in die „Stadt der Rosen“, nach Saverne. Anlegeplätze (Trinkwasser, Strom, Sanitäranlage) befinden sich gegenüber dem „Château des Rohan“. Saverne ist eine schöne und lebendige Stadt, mit Geschäften, Lokalen und viel elsässischem Charme. Den meinen wir auch schon in Lutzelbourg ausmachen zu können, obwohl wir hier noch im Lothringischen sind. Aber die Grenze zur Nachbarregion ist wieder nah, da liegt der Duft von Gugelhupf und Baeckeoffe – elsässischen Spezialitäten – sozusagen schon in der Luft. Und jene geschmackliche Nuance quasi auf der Zunge, die „Quiche Lorraine“ von „Quiche Alsacienne“ unterscheidet.Die Lothringer dulden auf der herzhaften Torte nur geräucherten Speck und eine Mischung aus Eiern und Rahm. Zwiebeln hinzuzufügen käme ihnen nicht in den Sinn – aber den Elsässern, die so ihre eigene Quiche-Variante schufen. Beides schmeckt ganz wunderbar,aber es bleibt ein feiner Unterschied.Irgendwie typisch für Lothringen und Elsass. TEXT UND FOTOS: INGRID BARDENHEUER Länge Breite Tiefgang Durchfahrtshöhe 10.70 3.50 0.95 2.45 m m m m Tel. 0031 - (0)50 311 77 11 www.veha-motoryachten.nl