Kamera nimmt nicht nur Ladendiebe ins Visier
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Kamera nimmt nicht nur Ladendiebe ins Visier
SÜDWEST Rhein-Neckar-Zeitung / Nr. 266 / Seite 21 NACHRICHTEN Tod auf dem Schießplatz Ein 36jähriger Hauptfeldwebel der BundeswehrElitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) ist bei einem Übungsschießen auf dem Truppen übungsplatz Heuberg auf der Schwäbi schen Alb ums Leben gekommen. Der Angehörige der Division Spezielle Ope rationen (DSO) hatte am Mittwoch abend das Übungsschießen mit Hand feuerwaffen einer kleinen Gruppe von Soldaten geleitet. Der Hauptfeldwebel soll von einem Geschoss tödlich am Oberkörper verletzt worden sein. Die Polizei geht nach derzeitigem Kennt nisstand von einer Verkettung unglück licher Umstände aus. Die genaue Ursa che soll schnellstmöglich geklärt wer den. Freitag, 17. November 2006 Kamera nimmt nicht nur Ladendiebe ins Visier Innenminister Rech will gegen Terror mit privaten Videokamera-Betreibern kooperieren – Opposition befürchtet „gläsernen Menschen“ Polizeigesetzes aus dem Jahr 2000 not wendig, sagte Rech. Stuttgart. Die Polizei in BadenWürttem „Die Polizei soll sich berg soll künftig die Überwachungskame in einem Einkaufszen ras privater Betreiber stärker nutzen kön trum aufschalten kön nen. Rund 95 Prozent der Videokameras nen, wenn da etwas stünden im privaten Bereich wie Banken, passiert. Und dann Tankstellen oder Einkaufszentren, sagte möchte ich wissen, wo Innenminister Heribert Rech (CDU) in im Umkreis des Tator Stuttgart. tes andere Kameras „Ich will die schon installierten Kame ras und Anlagen für polizeiliche Zwecke stehen.“ Bis dies kom nutzen und mich im Bedarfsfall aufschal plett technisch mög ten“, sagte Rech. Deswegen werde ein lich werde, sollen die „Atlas“ über die Kameras erstellt und privaten Betreiber die ein Kooperationsvertrag mit den Priva Bilddaten der Polizei ten geschlossen. Damit solle die Gefahr is im Bedarfsfall zur Ver Elton John in Iffezheim lamistischer Terroranschläge verringert fügung stellen. Der britische PopSänger Elton John werden. Rech erhofft sich tritt im kommenden Jahr auf seinem davon eine bessere Be Der Einzelhandelsverband begrüßte einzigen in Deutschland geplanten obachtung und Verfol Bilder von Überwachungskameras will Innenminister Rech im Bedarfsfall für polizeiliche Zwecke nutzen. Foto: dpa den Vorstoß. „Wenn dies den Nebeneffekt OpenAirKonzert in der Nähe von Ba gung von Straftätern hätte, dass unsere Schäden in Höhe von denBaden auf. Die Show soll am 8. Ju jährlich 600 Millionen Euro durch den La gültig mit dem Innenminister durch“, sag cher der SPD, Reinhold Gall, meinte, ei und Terroristen. Auf diese Weise könnten ni 2007 auf der Galopprennbahn Iffez dendiebstahl verringert werden, käme te der innenpolitische Sprecher der Grü ne solche Überwachung sei unter Daten eventuell auch die Besitzer von herrenlo heim über die Bühne gehen. Der Kom schutzgesichtspunkten höchst bedenk sen Koffern an Bahnhöfen aufgespürt uns das entgegen“, sagte Verbandsge nen, Uli Sckerl. ponist und Pianist werde live mit Band lich. „Diese Form der Kontrolle geht ein werden. Mit der neuen Technik wäre Ba Die Umsetzung würde vollständige schäftsführerin Sabine Hagmann. aus seinem neuesten Album „The Cap Die im Landtag oppositionellen SPD Bewegungsbilder von Tausenden von Bür deutig zu weit und macht die Bürger zu denWürttemberg bundesweit Vorreiter. tain & The Kid“ spielen, hieß es. Kar Die Videoüberwachung ist auch Thema und Grünen widersprachen heftig. „Jetzt gern im Lande ständig auf die Polizeibild gläsernen Menschen.“ ten für dieses Konzert sind bei allen be Für die Pläne sei eine Änderung des bei der zweitägigen Innenministerkonfe gehen die Überwachungsfantasien end schirme holen. Der innenpolitische Spre kannten Vorverkaufsstellen erhältlich. renz in Nürnberg. Laut Rech soll die Videoüberwachung künftig nicht nur an Kriminalitäts schwerpunkten eingesetzt werden, son dern generell auch an Plätzen mit großen Menschenansammlungen wie Bahnhö fen, Flughäfen, Volksfesten und Open Verteidiger der ehemaligen Justizministerin meldet Zweifel an Stuttgarter Anklagebehörde an – Austausch der Staatsanwaltschaft gefordert AirVeranstaltungen. Geplant sei eine an lassbezogene Mischung aus bloßer Beob Die 5. Strafkammer des Landgerichts nis“, die Anklagebehörde habe das Postu des HunzingerProzesses. Döring habe achtung und Aufzeichnung durch Kame Von Bettina Wieselmann ras, sagte Rech. „Eine Aufzeichnung soll Stuttgart, vor der am gestrigen dritten lat der Objektivität verletzt. Es gebe ei dort die falschen Angaben wiederholt. Die Anklage wirft der ExMinisterin es nur bei konkretem Verdacht geben.“ Stuttgart. Am dritten Prozesstag kam es Verhandlungstag die Anklage verlesen nen „Anfangsverdacht auf Strafvereite vor, „billigend in Kauf genommen zu ha gestern zur Anklageverlesung im Fall der wurde, soll die Wahrheit herausfinden. lung im Amt“. Konkret hält die Verteidigung der ben“, dass durch die Telefonate mit Dö ExJustizministerin WerwigkHertneck. Geht es nach der Verteidigung, die erfolg Die Verteidigung will die Anklagebehör los versucht hatte, den Prozess wegen Staatsanwaltschaft vor, gegen Döring ring in einem Fall Verdunklungsgefahr „Orwell ist nicht mein Vorbild“ NichtZuständigkeit des Gerichts plat nicht wegen erneuter Falschaussage – provoziert wurde. Die freilich nicht einge de ersetzt haben. Hat die ehemalige Justizministerin Co zen zu lassen, soll die Stuttgarter Staats nämlich als Zeuge im HunzingerProzess treten sei. Auf jeden Fall aber sei das „Ver Bei der verstärkten Videoüberwa rinna WerwigkHerneck (FDP) Dienstge anwaltschaft bei der Wahrheitsfindung im März 2006 – ermittelt zu haben. Dö trauen in die Verschwiegenheit und Inte chung solle das Land nicht mit Kameras ring, im Verfahren gegen WerwigkHert grität“ der Ministerin erschüttert wor überzogen werden. „George Orwell ist heimnisse verletzt, als sie ihrem Partei aber nicht mehr mitwirken. freund, mit dem damaligen Wirtschafts WerwigkHertnecks Anwalt Bernd neck Hauptzeuge der Anklage, war Ende den. nicht mein Vorbild und auch nicht Groß Der Kammervorsitzende Claus Berg britannien.“ Eine zusätzliche Belastung minister Walter Döring, in drei Telefona Schneider hat beim Generalstaatsanwalt 2005 rechtskräftig verurteilt worden we ten im Sommer 2004 über staatsanwalt Antrag auf Ersetzung der Anklagebehör gen Falschaussage, begangen vor dem mann erhofft vom Generalstaatsanwalt der „auf dünnem Saum genähten“ Perso Klärung bis zum nächsten regulären Ver naldecke der Polizei sieht Rech nicht. schaftliche Ermittlungen gegen ihn und de in diesem Fall gestellt. Begründet wird Landtagsuntersuchungsausschuss 2004. Die Verteidigung stützt sich auf die handlungstermin am 7. Dezember, „wie „Die Polizeibeamten werden weiter im seine Büroleiterin Margot Haussmann der Antrag, über den Schneider gestern Straßenbild präsent sein. sprach? das Gericht informierte, mit der „Besorg Lektüre der von ihr angeforderten Akten und ob“ der Prozess weitergeht. Von Tatjana Bojic Fall Werwigk-Hertneck: Wie objektiv ist der Staatsanwalt? Wir können alles. Auch vorlesen? Nur wenige Landespolitiker machen im „Kinderland“ beim Vorlesetag mit – Aber vier aus der Region Von Roland Muschel ten, etliche Landesregierungen mit Minis tern oder wie Hessen mit Koch und Rhein landPfalz mit Kurt Beck mit den Regie rungschefs. Hessen ist sogar stolz darauf, dass sich ausnahmslos alle Minister und Staatssekretäre an der Aktion beteiligen. Man könnte meinen, die badenwürt tembergischen Landespolitiker würden dem Beispiel des nördlichen Nachbarn nacheifern. Immerhin will die CDU FDPKoalition BadenWürttemberg Stuttgart. Am Vorlesetag „Große für Klei ne“ beteiligen sich über 2000 Prominen te. Ausgerechnet im „Kinderland“ Ba denWürttemberg nehmen sich indes nur wenige Landespolitiker die Zeit. Am Mittwoch hat Hessens Minister präsident Roland Koch (CDU) im Kinder garten von Eltville die Geschichte „Mu tig, mutig“ von Lorenz Pauli und Kathrin Schä fer vorgelesen und damit den Vorlesetag eingeläu tet. Der findet heute bun desweit statt und des halb lesen quer durch die Republik Prominente in Kindergärten, Schulen und Buchhandlungen vor. „Lesefähigkeit und Hans-Ulrich Sckerl Lesebereitschaft sind der Theresia Bauer F.: p Werner Pfisterer Schlüssel zur Kultur und das A und O in unserer Informationsge (Landesslogan: „Wir können alles. Außer sellschaft“, sagt Bundespräsident Horst Hochdeutsch“) als das „Kinderland“ po Köhler, Schirmherr der von der Stiftung sitionieren und sieht es bereits als „das Lesen und der Wochenzeitung „Die Zeit“ Land des Ehrenamts“. Zudem hat der initiierten Aktion. Über 2000 Prominente Landtag diese Woche sitzungsfrei. Doch während Inken Oettinger, die stellen sich in diesem Jahr als Vorlespa ten zur Verfügung, darunter auch hunder Frau des Regierungschefs, an einer Schu te Bundes und Landespolitiker. Die Bun le aus Gudrun Pausewangs „Ich habe desregierung ist unter anderen mit Bil Hunger, ich habe Durst“ liest, bevorzu dungsministerin Annette Schavan vertre gen die Landespolitiker offenbar lieber die Lektüre von Aktennotizen. Das Kabi nett vertritt am Vorlesetag allein Kunst staatssekretär Dietrich Birk und von den 139 angefragten Landtagsabgeordneten widmen sich lediglich elf der Aktion, die (Vor)Lesen populärer machen soll. Die Grünen sind mit sechs von 17 Par lamentarier noch gut vertreten, die CDU mit sieben von 69 und die SPD mit einem von 38 weniger, die 15köpfige FDPFrak tion überhaupt nicht. Dafür geben die die Landtags abgeordneten aus der Metropol region RheinNe ckar ein leuchten des Beispiel: Die Heidelberger Ab geordnete der Grünen, Theresia Bauer, liest aus Hans Georg Junginger „Der Grüffelo“ von Axel Scheff ler, ihr Parteikollege HansUlrich Sckerl (Weinheim) aus „Quap und der Wasser kristall“ von Rebecca Rupp. Was der Heidelberger CDUParlamen tarier Werner Pfisterer vorlesen wird, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Der Weinheimer SPDAbgeordnete Hans Georg Junginger wird aus dem Buch von Peter Härtling „Sophie macht Geschich ten“ vorlesen. Höchststrafe für Mord an Mitschüler Zehn Jahre Haft für 18-Jährigen wegen Mordes und versuchter Anstiftung zum dreifachen Mord Von Birgitta von Gyldenfeldt Ulm/Schelklingen. Er musste sterben, weil sich sein Mörder wegen einer klei nen Geste missachtet fühlte. Am frühen Morgen des 17. Mai fand ein Mitschüler den 16jährigen Schüler des renommier ten Internats Urspringschule in Schel klingen bei Ulm blutend vor der Tür der kleinen Wohnanlage. Das Opfer hatte ei nem ein Jahr älteren Probeschüler der Einrichtung 50 Euro geschuldet. Als die ser das Geld im Beisein von Bekannten zurückforderte, sagte der Zehntklässler, dass er es nicht habe, drehte sich weg und ging in den Unterricht. Einen Tag später war er tot – im Schlaf heimtückisch mit vier Messer stichen in den Rücken umgebracht. Am Donnerstag wurde der Täter nun zur höchsten Jugendstrafe von zehn Jahren Haft wegen Mordes von der Jugendkam mer des Landgerichts Ulm verurteilt. Das Verhalten des 16Jährigen am Vortag der Tat habe der Probeschüler als Demütigung vor den Augen von Bekann ten angesehen, sagte Richter Wolfgang Tresenreiter. Spätestens seit diesem Mo ment sann der heute 18Jährige, der sich ein Image als „harter Hund“ und Drogen dealer aufbauen wollte, nach Ansicht des Gerichts auf Rache. Zeugen zufolge woll te er sein Opfer zunächst mit einem Feuer im Schlaf töten, entschied sich dann aber, es zu erstechen. Die Details, die das Gericht am Don nerstag aus der nicht öffentlichen Ver handlung preisgab, lassen auf eine kalt blütig geplante Tat schließen. So hatte der 18Jährige am Abend vor der Tat den geplanten Mord mit einem Freund geübt. Der andere Junge musste sich dazu wie ein Schlafender auf das Bett legen. Die Jugendkammer sprach den Ange klagten auch wegen versuchter Anstif tung zum dreifachen Mord schuldig. Denn in der Untersuchungshaft hatte er in mehreren Gesprächen versucht, einen Mithäftling dafür zu gewinnen, für 150 000 Euro drei der ihn belastenden Zeugen umzubringen. Mit dem Urteil hofft Schulleiter Mi chael Deckwerth ein Stück weit zur Nor malität zurückkehren zu können. Aller dings frage er sich auch, ob die Tat nicht hätte verhindert werden können: „Viel leicht hätte das ganze Geschehen nicht sein müssen, wenn wir vorher über die Straftaten und Schulverweise (des 18Jährigen) informiert gewesen wären.“ ANZEIGE