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1 Gestrickter Hüttenzauber Ihre neue Tiroler Heimat liefert der Textilgestalterin Isabella Giesswein die Motive für Handarbeiten aus kuschliger Wolle 32 1 Warm eingepackt stapft der kleine Skifahrer tapfer bergauf. So sind die Burschen aus den Bergdörfern – und die Urlaubsgäste – mit Steigfellen unter den Skiern unterwegs gewesen, lange bevor es Sessellifte und Gondelbahnen gab. 2 Unerschöpfliche Ideenquelle: die Landschaft der Wildschönau in Tirol, gesehen von der Terrasse des Giesswein’schen Hauses. 3 In ihrem Atelier bringt Isabella Giesswein ihre Ideen aufs Papier und zeichnet bis ins Detail die Entwürfe für Kissen und Plaids 2 3 4 Fotos: Isabella Giesswein/Produktion: Toillié + Hartmann/kostbaremomente.com D aheim“, sagt Isabella Giesswein, „ist der Ort, wo ich gern bin.“ Und mit ihrem Zuhause hat alles angefangen: Als sich abzeichnete, dass die Söhne bald flügge sein würden, beschlossen sie und ihr Mann Werner, noch einmal zu bauen. Ein Landhaus, ganz für sich. Sie fanden in Tirol ein Grundstück am Hang mit wunderschönem Blick über das weite Tal der Wildschönau. Dort entdeckte die frischgebackene Hausherrin eine neue Leidenschaft: Sie begann, die Einrichtung für ihr neues Heim selbst zu entwerfen und genoss es, nach ihrer „Familienpause“ wieder kreativ tätig zu sein. Schließlich fehlten nur noch ein paar Accessoires für das Wohnzimmer. Zum Beispiel Sofakissen. Doch weder in Einrichtungshäusern noch bei Raumausstattern fand sie, was sie suchte. Da half nur noch: selber machen. Die Inspiration wie auch die Materialien stammen aus der Natur Während ihres Textildesign-Studiums in Wien hatte sich Isabella Giesswein auf Stricken und Walken spezialisiert. Zu den Naturmaterialien in ihrem neuen Landhaus, dem vielen Holz und den Natursteinen, schien Wolle bestens zu passen. So entwarf und strickte sie ihre Sofakissen selbst. Als die ersten Freunde, die zu Besuch kamen, begeistert nach der Bezugsquelle für solche Kissen fragten, und auch der befreundete Möbelhändler Interesse anmeldete, wurde aus dem „nur für sich selbst stricken“ eine neue berufliche Aufgabe. Es war der Anfang ihrer Kollektion „Mei Dahoam“. 4 Stricken und Walken sind die Spezialgebiete der gelernten Textildesignerin – ein breites Experimentierfeld. Ständig probiert sie Farben und Muster aus, entwirft neue Strickbilder und testet Materialien für ihre Motive. So verwendet sie statt Pailletten Perlmuttknöpfe, die zu einem Edelweiß oder Hirschkopf aufgenäht werden. 5 5 Eine genaue Vorlage für die Strickerinnen, nach der sie die Kissen anfertigen. Trotzdem bleibt ihnen individueller Spielraum – so ist zum Beispiel der Übergang zwischen blauem Himmel und Schnee nie exakt gleich. 6 Jedes Detail wird einzeln gestrickt und dann aufgebracht. Hier bekommt die Jacke des kleinen Skifahrers ihre blaue Einfassung 6 1 Edelweiß zählt zu den traditionellen Tiroler Motiven. Hier schmückt es als Applikation das Wende-Plaid und die passenden Strümpfe. 2 Aus Walkstoff wurde dieses Kissen mit Edelweiß-Motiv gefertigt. Der Stoff entsteht, wenn Wollgewebe in einer Lauge gewalkt (geknetet) wird, bis sich die Fasern verfilzen. Walkstoffe sind wasserabweisend, strapazierfähig und warm. Zu ihnen gehört auch Loden, den man aus der Trachtenmode kennt 2 3 In ihrem Atelier zu Hause entwickelt und zeichnet Isabella Giesswein die Entwürfe für ihre Kissen und Plaids. Das jeweils erste Exemplar strickt sie selbst aus einer Mischung aus Merino- und Alpakagarn, das speziell nach ihren Vorgaben in einer Tiroler Spinnerei gefertigt und in den gewünschten Farben eingefärbt wird (siehe Kasten rechts). Danach übernimmt eine Gruppe von Frauen in Heimarbeit die „Serienproduktion“ nach der Vorlage. Manche Kissen wirken allein durch das Strickbild oder die eingesetzte melierte Wolle. Traditionelle Themen wie Edelweiß oder Hirsche, Motive wie der kleine Skifahrer oder Kuh „Moni“ werden aus Wolle, Baumwollstoff, Fell, Filz oder Leder aufgebracht. Jedes Detail wird von Hand gestrickt oder aus dem Material zugeschnitten und aufgenäht. Wie bei Hand arbeit zu erwarten, fällt das Motiv so jedes Mal ein bisschen anders aus, jedes Kissen oder Plaid wird so zum Unikat. Wenn’s etwas feiner sein und glitzern soll, greift die Gestalterin zu Perlmuttknöpfen. Da raus entsteht auf einem Wollkissen dann zum Beispiel ein Hirschkopf mit Geweih. Alle Kissenhüllen werden vorgewaschen, die Strapazierfähigkeit des Materials hat Familienhund Sheila, ein rehbrauner Labrador, getestet. Er darf auf mancher Decke „Probe liegen“. Fotos: Isabella Giesswein/Produktion: Toillié + Hartmann/kostbaremomente.com 1 Von der Wolle zum Garn 4 5 6 Für ihre Kissen und Plaids hat Isabella Giesswein eine Mischung aus Merino- und Alpakawolle ausgewählt. Die Wolle der Merinoschafe ist besonders fein. Dank ihrer Fähigkeit, gegen Kälte und Hitze zu isolieren und Wasserdampf aufzunehmen, wird sie viel für Outdoor- und Funktionsbekleidung eingesetzt. Die Wolle verschmutzt nicht leicht, lässt sich aber problemlos bei 40 °C in der Maschine waschen und trocknet schnell. Die hauptsächlich in den Anden lebenden Alpakas liefern eine besonders weiche Wolle mit sehr guten thermischen Eigenschaften – schließlich muss das Wollkleid die Tiere vor eisiger Kälte ebenso schützen wie vor Hitze. Alpakawolle eignet sich zum Stricken, Filzen und Weben gleicher- 3 Borten in unterschiedlicher Garndicke, in einem anderen Strickstil oder in Kontrastfarben machen ein Strickplaid lebendig – es muss nicht immer ein Motivbild sein. 4 In geselliger Runde geht die Arbeit leichter von der Hand. Jede Strickerin fertigt immer das ganze Kissen. So trägt jedes eine eigene „Handschrift“. 5 Mit dicken Nadeln werden vor allem die unifarbenen Kissen, die durch das Muster selbst wirken, gestrickt. Oft ergibt sich erst durch längeres Ausprobieren und Tüfteln, wie eine bestimmte Gestaltung am besten wirkt. 6 Schimmernde Knöpfe schließen die Kissenbezüge auf einer Seite. Zum Waschen kann man den Bezug aufknöpfen und abziehen maßen. Sie ist völlig frei von Knötchenbildung. Eine Tiroler Spinnerei fertigt aus den beiden Materialien das Garn für Isabella Giessweins Kollektion und färbt es nach ihren Vor gaben ein, meist in Grautönen, Erd farben und einem gebrochenen Weiß. 35 2 Inspiration für ihre Ideen findet die Textil-Spezialistin direkt vor der Haustür. Die Wildschönau ist eine bodenständige Gegend, ganz anders als manche mondänen Skiorte in der Nähe. Wenn sie aus dem Wohnzimmerfenster blickt, sieht sie sanfte Hänge, auf denen die Kinder mit Schlitten und Skiern unterwegs sind – ideale Vorlage für ein Motivkissen. Den Mittelpunkt der Dörfer im Tal bilden unter anderem die alten Wirtshäuser. Mit traditioneller Gaststube, niedriger Holzdecke und einem Kachelofen, an dem die Skifahrer und Wanderer im Winter ihre nassen Jacken trocknen. Behaglichkeit, Wärme und Geborgenheit – das ist das Flair, das „Mei Dahoam“ mit Barbara Toillié seinen Strickwaren vermittelt. Mei Dahoam Isabella Giesswein, Sonnhangweg 39, A-6314 Hopfgarten/ Wildschönau, Tel. 00 43/66 41 00 06 47, Onlineshop unter www.mei-dahoam.com 1 Blickfang auf dem Sofa ist das Strickkissen mit der Borte aus Fell. Es beweist zugleich, dass die Strickkissen nicht nur in einer rustikalen Umgebung wirken, sondern auch im eher eleganten Landhaus mit ganz klaren Linien, wie es Isabella Giesswein einge richtet hat. 2 Ganz ohne Motiv, nur durch das Strickmuster, bekommen diese Kissen ihre Ausstrahlung. Sie zieren Einrichtungen mit einer weniger alpinen Note. An der „Noppenstruktur“ des anthrazitfarbenen Kissens haben die Strickerinnen lange getüftelt. 3 Wärme zum Anfassen: Die gestrickte Oberfläche wirkt so kuschlig, man möchte ständig darüberstreichen 36 3 Fotos: Isabella Giesswein, Dorothee Hartmann/Produktion: Toillié + Hartmann/kostbaremomente.com 1