HEIMATBRIEF - Weikersheim
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HEIMATBRIEF - Weikersheim
HEIMATBRIEF Nr. 17 2015 STADT WEIKERSHEIM Schutzgebühr 3 Euro Inhaltsverzeichnis Grußwort des Bürgermeisters 3 I. Architektenwettbewerb für ein Kultur- und Veranstaltungshaus 4 II. 150-jähriges Vereinsjubiläum des TSV 5 III. 20-jährige Städtepartnerschaft Dunaföldvár-Weikersheim 7 IV. Kultur in Weikersheim V. - Klavierkonzertreihe mit Martin Stadtfeld, exklusiv in Weikersheim 10 - Skulpturen.SCHAU! 11 Das Weikersheimer Stadtmuseum 13 – Gegenwart aus der Vergangenheit VI. Stadtentwicklung 2010 – 2015 15 Weikersheim und Teilorte VII. Wahlen – Wechsel – Wandel 17 VIII. Der Schlossgarten 23 Gedanken der Elise Nied – Kärwe 1952 25 IX. Weikersheimer Schulgeschichte 28 X. Weikersheimer Originale 31 XI. Judenverfolgung und Kriegsjahre 35 XII. Erinnerungen von Otto Mündlein 37 1 Herausgeber: Stadt Weikersheim Marktplatz 7 97990 Weikersheim www.weikersheim.de Texte: Stadt Weikersheim Helmut Herrmann Bildnachweis: Stadt Weikersheim, Otto Mündlein, Jürgen Knoll, Staatliche Schlösser & Gärten Baden-Württemberg Druck und Gestaltung: DruckPunkt GmbH Schäftersheim 2 Grußwort Heimatbrief 2015 Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, liebe Weikersheimer aus Nah und Fern, ich freue mich sehr, Ihnen den 17. Heimatbrief präsentieren zu können. Sie finden hier die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre. Meine Mitarbeiter im Rathaus haben recherchiert und das Wichtigste aus Stadtund Dorfentwicklung, Politik, Sport und Kultur zusammengetragen. Helmut Herrmann blickt zurück und erinnert an Weikersheimer Originale und an die Schule in früheren Zeiten, die er als Zeitzeuge selbst noch erlebt hat. Auch Otto Mündlein erinnert sich an seine Kindheit und ist damit ebenfalls ein wichtiger Zeitzeuge. Der Heimatbrief erscheint traditionell zur KÄRWE, unserem großen Fest immer am ersten Septemberwochenende. Darauf freuen wir uns sehr. Jedes Jahr sind wir gespannt auf den historischen Umzug mit all den schönen Kostümen und geschmückten Pferdekutschen, den vielen Reitern und Musikkapellen. Die Stadt Weikersheim steht aktuell wie viele andere Kommunen vor einer neuen großen Herausforderung, der Flüchtlingswelle. Auch wir werden Asylsuchende aufnehmen und sehen darin eine Chance, neue Mitbürgerinnen und Mitbürger zu bekommen, die sich hier ein neues Leben aufbauen möchten. In fünf Jahren werden wir dazu mehr sagen können. Zunächst betreten wir Neuland. Wenn Sie sich im weltweiten Netz bewegen, werden Sie über unsere Internetseite stets auf dem Laufenden gehalten. Auch der Heimatbrief ist hier veröffentlicht. Unsere Homepage wurde für Sie im vergangenen Jahr neu gestaltet. Ich grüße Sie ganz herzlich auch im Namen des Gemeinderates, der Ortsvorsteher sowie der Stadtverwaltung und wünsche Ihnen viel Spaß beim Blättern im Heimatbrief 2015. Ihr Klaus Kornberger Bürgermeister 3 I. Architektenwettbewerb für ein Kultur- und Veranstaltungshaus Für den Bau eines neuen Kultur- und Veranstaltungshauses an der Tauberwiese wurde ein Architekturwettbewerb im Juli 2013 ausgelobt. Diesem Wettbewerb ging ein Jahr zuvor ein Bürgerkongress voraus mit dem Ergebnis, dass eine neue Stadthalle für die Bürgerinnen, Bürger, Vereine und für die Musikakademie Schloss Weikersheim, aber auch für die heimische Wirtschaft dringend nötig ist, denn die alte Stadthalle ist wahrlich in die Jahre gekommen und entspricht in keinster Weise mehr den heutigen Ansprüchen. Ein 11-köpfiges Preisgericht, bestehend aus Architekten, Vertretern aus dem Gemeinderat, der Vereine und der Gastronomie, Stadtverwaltung und Landratsamt, prüften 15 eingegangene Entwürfe. Den Wettbewerb gewann das Büro HENN Architekten aus München. 4 Die Beurteilung des Preisgerichts über den Entwurf des Büro HENN lautete: „Das Konzerthaus als Solitär besticht durch sein schlichtes und reines Erscheinungsbild am Stadteingang mit seiner skulpturalen Gebäudeform und definiert einen markanten Auftakt. Insgesamt ist es den Bearbeitern gelungen, eine außergewöhnliche Landmarke zu schaffen, die angemessen auf das Tauberufer und die Stadt Weikersheim reagiert.“ Bürgermeister Klaus Kornberger freute sich, dass mit dem Preisträger die Chance gegeben wurde, das westliche Tauberufer mit einem signifikanten, urbanen wie funktionalen Entwurf aufzuwerten. „Das Gebäude wird sicherlich für überregionale Ausstrahlung sorgen und Weikersheim im Wettbewerb stärken, ihren Namen als „Kulturhochburg im Taubertal“ weiterhin gerecht werden“, bekräftigte Klaus Kornberger. Alle Entwürfe wurden einer interessierten Öffentlichkeit in der Alten Turnhalle vorgestellt. Mehr als 500 Bürgerinnen und Bürger informierten sich an einem Wochenende. Mit dem Bauprojekt kann begonnen werden, wenn die Finanzierung gesichert ist. Hierzu sind Spenden herzlich willkommen. Was beim Wiederaufbau des Gänsturms gelungen ist, sollte auch beim neuen Kultur- und Veranstaltungshaus möglich sein. Bei Baukosten in Höhe von 12,8 Millionen Euro dürfte es kein Problem sein, über die Bürgerinnen und Bürger sowie den vielen Freunden unserer Stadt 500.000 Euro als Zielmarke zu benennen. Bausteine ab 1000 Euro bedingen eine namentliche Nennung am Bau. Selbstverständlich werden Spendenbeiträge ausgestellt. II. 150-jähriges Vereinsjubiläum des TSV TSV Weikersheim feierte 2013 sein 150-jähriges Bestehen Der TSV Weikersheim ist im Jubiläumsjahr 2013 mit rund 1250 Mitgliedern der größte Verein der Stadt Weikersheim. Als typischer Mehrspartenverein gliedert er sich in sechs weitgehend selbstständig agierende Abteilungen mit vielfältigen sportlichen Betätigungsfeldern: Turnen, Fußball, Tennis, Ju-Jutsu, Volleyball und Badminton. Sie machen den Verein aus und leben ihn – manche sind gar in mehreren Abteilungen aktiv. Die größte Einheit „unter dem Dach der TSV-Familie“ ist die Turnabteilung mit 522 Mitgliedern. Danach kommen die Fußballer mit 374 verzeichneten „Anhängern“. Es folgen die Abteilungen Tennis (326 Mitglieder), Badminton (136), Ju Jutsu (77) und Volleyball (66), Stand 01.01.2013. 5 Sie alle bereichern das örtliche Vereinsleben Woche für Woche und treten im Jahreslauf mit kleineren oder größeren Veranstaltungen an die Öffentlichkeit. Da gibt es alle zwei Jahre die große Sportschau der Turnabteilung, die vom Team um Thomas Melzer wunderbar in Szene gesetzt wird. Sie ist zweifellos ein überregionales Aushängeschild für den Traditionsverein. Aber auch die Fußballer mit ihrem Hallenturnier im Januar und die internationalen B-Jugend Pfingstturniere, die Volleyballer und ihre Stadtmeisterschaften sowie die Schleifchenturniere in Badminton und Tennis sorgen für Abwechslung im Sportkalender. Der Familientag der „Fränkischen Nachrichten“ am 12. Mai 2012 war eine tolle Gemeinschaftsleistung, bei der der TSV seine Rolle als größter Verein der Stadt unter der Regie von TSV-Geschäftsführer Walter Frick sehr gut darstellen und ausfüllen konnte, voll akzeptiert auch durch die anderen Vereine, die engagiert mitgewirkt haben. Auch beim großen Schlossparkfest zum Jubiläum „50 Jahre Baden-Württemberg“ waren mehrere Abteilungen mit Verpflegungsständen aktiv. Bei Firmenjubiläen, beim autofreien Sonntag oder bei Festen der Jeunesses Musicales finden sich immer wieder Helfer der verschiedenen Abteilungen, um nicht zuletzt durch Bewirtungen die Abteilungskasse aufzubessern. Das 150-jährige Jubiläum wurde sodann in einem würdigen Rahmen mit Mitgliedern, Freunden und Förderern gleich mehrfach, an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten, gefeiert. Los ging es am Samstag, 29. Juni, mit einem überregionalen Sportjugendtag der Bürgerinitiative „Pro-Region“. Es folgte ein Stadtparkfest für Kinder. Am Kärwemontag, 2. September 2013, organisierte die Turnabteilung zum 25. Mal ihre beliebte Kinderolympiade. Der offizielle Festakt mit geladenen Gästen fand am Samstag, 28. September 2013, in der Zehntscheuer Laudenbach statt. Eine Ausstellung mit dem Titel „150 Jahre TSV Weikersheim“ im Stadtmuseum rundete dieses besondere Jubiläum ab. 6 Weitere Vereinsjubiläen 2010: 40 Jahre Schützengilde Laudenbach 50 Jahre Landfrauen Neubronn 2011: 25 Jahre Theatergruppe Laudenbach 60 Jahre Landfrauen Nassau 60 Jahre TSV Laudenbach – Abteilung Fußball 2012: 40 Jahre SV Elpersheim – Abteilung Fußball 40 Jahre Verein für Tauberfränkische Volkskultur Weikersheim 50 Jahre Kleintierzuchtverein Laudenbach 50 Jahre TSV Weikersheim – Abteilung Tennis 175 Jahre Sängerbund Harmonie Weikersheim 2013: 25 Jahre Cafeteria des Gymnasiums Weikersheim 50 Jahre Schützengilde Weikersheim 100 Jahre DLRG-Ortsgruppe Weikersheim 150 Jahre TSV Weikersheim 2014: 50 Jahre AMC Laudenbach 150 Jahre Männergesangverein Laudenbach 2015: 80 Jahre Stadtkapelle Weikersheim III. 20-jährige Städtepartnerschaft Dunaföldvár-Weikersheim 20 Jahre Städtepartnerschaft wurde gefeiert Die 20-jährige Städtepartnerschaft zwischen Weikersheim und Dunaföldvár wurde 2013 gefeiert. Zunächst im Mai in Weikersheim und im September in Dunaföldvár. In Weikersheim war es besonders ein von den ungarischen Gästen geprägtes Programm. Majoretten aus Dunaföldvár marschierten zu Beginn der Feierstunde ein, Musikschüler aus der Partnerstadt sowie die Pianistinnen Erika Kún und Erzsébet Pevémi umrahmten das Programm musikalisch. Ein ungarischer Konditor hatte eigens Süßigkeiten mitgebracht. Neben guten Tropfen aus Weikersheim wurden Weine aus der Donaustadt angeboten, das Buffet war in den ungarischen Nationalfarben Grün, Weiß und Rot dekoriert. 7 Nicht nur die Weikersheimer Stadträte waren anwesend, auch der Dunaföldvárer Rat und viele Weikersheimer Bürgerinnen und Bürger – darunter erfreulicher Weise viele Jugendliche. Bürgermeister Klaus Kornberger würdigte die Europäische Union trotz aller Krisennachrichten als „Garant für Demokratie, Freiheit, Zivilcourage, individuellen Wohlstand, politische Stabilität und Frieden“. Er halte es für wichtig, sich daran zu erinnern, worauf diese Gemeinschaft fußt: „Auf dem Wunsch der Menschen nach Freundschaft und Miteinander.“ Dass Menschen sich begegnen und kennenlernen, Verständnis und Respekt füreinander aufbringen, genau da setze diese Städtepartnerschaft an. Das 20-jährige Bestehen sei Zeichen der Verbundenheit und der gegenseitigen Wertschätzung. Er sei überzeugt, „dass eine gelebte, inhaltlich angereicherte und mit neuen Zielen versehene Partnerschaft zwischen unseren beiden Städten auch in Zukunft Sinn macht. Eine Partnerschaft muss gepflegt werden. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten – Dunaföldvár und seine Menschen sind uns in Weikersheim wichtig“. Aus München war Konsul Mátyás Szürös angereist. Der Diplomat nannte die Städtepartnerschaft zwischen Weikersheim und Dunaföldvár einen erneuten Beweis der traditionell engen Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und Ungarn, die etwa in einer gemischten Regierungskommission ihren Ausdruck finde. Dunaföldvárs Bürgermeister Zsolt Horváth betonte, man habe in 20 Jahren voneinander gelernt und werde dies weiter tun. Städte und Länder lernten sich besser kennen, wenn die Partnerschaften ausgebaut würden. Dazu brauche es aber auch die Herzen und Seelen aktiver Einwohner, die sich dafür einsetzten. Weikersheimer Platz wurde in Dunaföldvár eingeweiht Im September dann fuhren rund 60 Gäste mit Bürgermeister Klaus Kornberger an der Spitze nach Dunaföldvár. Ein breit gefächertes Programm erwartete die deutschen Gäste. Das traditionelle Weinlesefest in der ungarischen Partnerstadt tat sein Übriges, den Aufenthalt abwechslungsreich zu gestalten. Die Delegation besuchte das Gymnasium und die Grundschule sowie die Burg, wo der Burghof neu gestaltet wurde. Darüber hinaus die frisch restaurierte Rókus-Kapelle mit anschließender Weinprobe im Rókus-Weinkeller. Besondere Attraktion war die Zubereitung des Essens, als in einer riesig großen Pfanne der „Földvárer Ratatouille WeinleseBraten“ zubereitet wurde. Der offizielle Festakt zur Bekräftigung der Partnerstadt fand am Sonntagvormittag statt. Bürgermeister Zsolt Horváth begrüßte die Gäste nochmals recht herzlich. 8 Klaus Kornberger unternahm in seiner Rede einen kleinen Rückblick: „Der Beginn der Partnerschaft 1993 stand noch unter dem euphorischen Eindruck der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Dankbarkeit zu Ungarn.“ Auch hob er die große Gastfreundschaft und die Warmherzigkeit der ungarischen Freunde hervor. Er lobte die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Feuerwehren, der DLRG und begrüßte den Austausch zwischen den Schulen. Auch die Begegnungen der Chöre hob er hervor. „Mag die Sprache ein kleines Hindernis sein, die Musik und der kulturelle Austausch kennt keine Grenzen!“ So freue er sich auf die weiteren Jahre, die Weikersheim gemeinsam mit Dunaföldvár gehen wird. Den Festakt umrahmten Musiker des Elpersheimer Posaunenchors und des Bezirksposaunenchors als auch die Pianistinnen Erika Kun und Erzsebet Peremi Hymnen sowie Schülerinnen und Schüler der Dunaföldvárer Schulen in deutscher Sprache. Zum 20-jährigen Jubiläum kam auch Landrat a.D. Georg Denzer mit einer kleinen Delegation, der seinerzeit den Kontakt zum Komitat Tolna herstellte. Auch er fühlt sich immer noch sehr mit Dunaföldvár verbunden. Als Sinnbild und Symbol für das Wachsen dieser ungarisch-deutschen Freundschaft brachte die Weikersheimer Delegation eine Eiche mit, die nach dem Festakt am „Weikersheimer Platz“ gepflanzt wurde. Diesen Platz hatte Dunaföldvár anlässlich dieses 20-jährigen Jubiläums neu geschaffen. Gemeinsam mit den Gästen und den Weinrittern wurde dieser Platz dann seiner Bestimmung übergeben. Anschließend staunten die Weikersheimer über den bunten Weinleseumzug mit den vielen herrlich geschmückten Pferdekutschen und den Volkstanzgruppen. Am Abend saßen alle beim gemeinsamen Abendessen im neu eröffneten Burgrestaurant nochmals in geselliger Runde zusammen. 9 IV. Kultur in Weikersheim Der Pianist Martin Stadtfeld gibt seit 2010 ein Klavierkonzert Die Stadt Weikersheim ist sehr stolz darauf, dass der Echo-Preisträger Martin Stadtfeld seit 2010 seinen Beethovenzyklus, den er ausschließlich in Weikersheim spielt, begann. Das Konzert findet im prächtigen Rittersaal statt und dank Sponsoren kann ein Konzertflügel mit hervorragendem Klangbild von der alten Oper Frankfurt nach Weikersheim transportiert werden. Den Saal hatte sich Martin Stadtfeld selbst gewünscht, nachdem er zuvor zwei Konzerte im Gewehrhaus gab. Insgesamt gibt er 10 Konzerte in Weikersheim, in denen er Beethoven-Sonaten spielt. 2015 bildet genau die Mitte. Der 1980 geborene Pianist gewann beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ und hatte seinen Höhepunkt im Jahre 2002, als er als erster bundesdeutscher Pianist den Internationalen Bach-Wettbewerb in Leipzig für sich entscheiden konnte. Der erste Preis dieses traditionsreichen Wettbewerbs, der 14 Jahre nicht vergeben worden war, öffnete dem jungen Künstler endgültig die Türen zu den wichtigsten Konzertpodien. Der überaus sympathische Musiker erhielt den Echo-Klassikpreis und ist auf nationalen wie internationalen Bühnen sehr gefragt. 10 Skulpturen.SCHAU! kommt gut an Dank (treuer) Sponsoren, aber auch durch die finanzielle Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern ist es möglich, weiterhin im Rahmen der seit 2008 stattfindenden „Skulpturen.SCHAU!“ Plastiken von renommierten Bildhauerinnen und Bildhauern in der gesamten Stadt zu zeigen. In den Monaten von Mitte Mai bis Ende September hat jeweils ein Künstler die Möglichkeit, seine Skulpturen einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen. So war es 2011 Professor Eberhard Linke aus Saulheim, 2012 Professor Karl-Henning Seemann aus Löchgau, 2013 Hilde Würtheim aus Würzburg, 2014 Professor Karl-Ulrich Nuss aus Weinstadt-Strümpfelbach und in diesem Jahr ist es Professor Gunther Stilling aus Güglingen. Da sie sich in der Reihe renommierter Künstler wissen, waren alle sofort bereit, die Ausstellung mit ihren Figuren zu bestücken. Im Freien sind es zumeist große Figuren, die das Mensch-Sein an sich in den Mittelpunkt stellen. Bis auf Hilde Würtheim, die mit Terrakotta arbeitet, sind es zumeist Bronzeplastiken. Auch Kleinplastiken werden zum Teil im Sitzungssaal des Rathauses ausgestellt. Die Skulpturen.SCHAU!, die in diesem Jahr zum 8. Mal stattfindet, hat sich einen Namen in der Region, aber auch in der Kunstwelt geschaffen und wird deshalb auch von vielen kunstinteressierten Menschen besucht. „Wir sind davon überzeugt, dass sich Qualität immer durchsetzt und laden deshalb auch nur professionelle Künstler ein“, unterstreicht Bürgermeister Klaus Kornberger. Wer die wunderbaren Skulpturenausstellungen unterstützen möchte, ist eingeladen, seinen wertvollen Beitrag zu leisten. Selbstverständlich wird eine Spendenquitttung ausgestellt. Stadtkasse Weikersheim Bankverbindungen: Sparkasse Tauberfranken IBAN DE28 6735 2565 0000 4000 10 BIC SOLADES1TBB Volksbank Vorbach-Tauber IBAN DE16 6239 1420 0070 3650 08 BIC GENODES1VVT 11 Gunther Stilling: Große Ofelia, Bronze, 2001 12 V. Das Weikersheimer Stadtmuseum – Gegenwart aus der Vergangenheit Neben dem prächtigen Weikersheimer Schloss und dem bäuerlichen Tauberländer Dorfmuseum bekam die Stadt Weikersheim nach dem erfolgreichen Wiederaufbau und der Renovierung des Gänsturms im Jahre 2003 (siehe Heimatbrief 2005) ein weiteres kleines Museum. Eine einfache Chronologie der Stadtgeschichte wird dem Besucher beim Hinaufsteigen auf den Turm seit der feierlichen Eröffnung am 19. Juni 2004 dargestellt. Belohnt wird er mit einem wunderschönen Blick über die Dächer der Altstadt bis hin zu den Weinbergen und den neuen Baugebieten. Durch einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss konnte 2006 noch die dem Turm angebaute Bäckerei Dunkel erworben werden und zur Nutzung für die Erweiterung der Stadtgeschichte renoviert und museumsgerecht ausgebaut werden. Ein kleines, aber feines Museum, welches auf zwei Etagen das kleinstädtische Wohnen und Leben präsentiert. Wesentliche Fakten der Stadtgeschichte wurden zunächst zugrunde gelegt, um diese dann mit möglichst authentischen und anschaulichen Belegen und Exponaten aus dem Besitz von Weikersheimer Bürgern zu gestalten. Ein kleines Lapidarium ergänzt die Ausstellung im Innenhof. 13 Für Abwechslung sorgen die wechselnden Sonderausstellungen, die sich zusätzlich mit der Weikersheimer Geschichte befassen. So wurden in den letzten Jahren zu folgenden Themen interessante Ausstellungen gezeigt: - Schäftersheim im 19. Jahrhundert - Kindheit in Weikersheim - TSV – mein Verein! - Kochbücher im Wandel der Zeit - Backlust - Licht und Lampen - Jugendstil - Spielzeug gestern und heute - Postkarten aus Weikersheim Besonderes Interesse fand die Ausstellung zum Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Über 100 Feldpostbriefe und Postkarten sowie Exponate aus dieser Zeit lockten viele Besucher an. Auch die Ausstellung über die historische Wasserversorgung in Weikersheim stieß bei der Bevölkerung auf große Resonanz. Pünktlich zur 596. Kärwe eröffnet eine Ausstellung über die Weikersheimer Schützen. Seit fast 500 Jahren hat das Schießen in Weikersheim Tradition. Inzwischen ist die Schützengilde Weikersheim 1528 e.V. in erster Linie ein Sportverein, der es seinen Mitgliedern ermöglicht die Schießdisziplinen auszuüben. Zur Tradition gehört aber nach wie vor in jedem Jahr das Kärweschießen bei dem der Schütze mit dem „perfekten Zehner“ eine der handbemalten Schützenscheiben gewinnen kann. Einige dieser wunderschönen Schützenscheiben und sonstige Exponate aus der Vereinsgeschichte werden bis Ende September 2015 in einer Sonderausstellung einen Platz im Stadtmuseum finden. Durch den ehrenamtlichen Einsatz einiger Weikersheimer Bürger ist es möglich, das Museum zwischen April und Oktober jeden Sonntag am Nachmittag zu öffnen. 14 VI. Stadtentwicklung 2010 – 2015 Stadt- und Dorfentwicklung in Weikersheim und den Teilorten von 2010 bis 2015 in Stichworten WEIKERSHEIM Weiterentwicklung Schulen: Gymnasium – Erweiterung Cafeteria (2014) Gemeinschaftsschule – Energetische Sanierung (2011) sowie Sanierung Werkraum (2014) Weiterentwicklung Innenstadt: Neugestaltung der Bad-, Wilhelm- und Kronenstraße mit Austausch Kanal- und Wasserversorgung (2013) Kläranlage – Erneuerung des Prozessleitsystems (2014/2015) Umbau Knotenpunkt K 2858 / Hauptstraße zu einem Kreisverkehrsplatz (Volksbank/Stadtbücherei – 2013) Energieeffiziente Umrüstung von Straßenbeleuchtung und Beleuchtung der öffentlichen Gebäude Altstadtsanierung: Erwerb des Busch/Bail Areals in der Hauptstraße 5 Abbruch des ehemaligen Netto-Supermarktes. Hier wird zurzeit ein Dienstleistungszentrum zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung gebaut. Vier Praxen entstehen im 1. OG. Eine Apotheke, eine Konditorei, Galerie und logopädische Praxis beinhaltet das Erdgeschoss. 4 Wohnungen runden den Bau im 2. OG ab. 15 ELPERSHEIM Friedhof Elpersheim: Bau einer Urnenwand (2012) Baugebiet: Erschließung neues Baugebiet – „Elpersheim - Leitenäcker Süd“ (11 Bauplätze - 2013) Verbesserung Abwasserbeseitigung durch Neubau eines Regenüberlaufbeckens (2014/2015) Erschließung Gewerbegebiet Tauberhöhe – Biogasanlage Flurbereinigung Elpersheim-Wald LAUDENBACH Zukunftswerkstatt Laudenbach Hier wurde das Wohnumfeld am Marktplatzgässle mit einer neuen Platzgestaltung neu errichtet und neu begrünt (2014/ 2015). Flurneuordnung mit Wegebau und Besitzeinweisung. NASSAU Erneuerung Brücke in der Ränklestraße (gefördert über ELR – 2014) Bau zweier Windenergieanlagen (2014) NEUBRONN/OBERNDORF Im Freibad wurde ein Kinderplanschbecken in Zusammenarbeit mit dem Förderverein „Kinderplanschbecken“ neu gebaut (2012). QUECKBRONN L 1003, Umbau der Ortsdurchfahrt Queckbronn mit Anlage von Gehwegen (2011) SCHÄFTERSHEIM Sanierung und Anbau des kommunalen Kindergartens mit Umgestaltung der Außenanlage (2014) Insgesamt 900 Meter Straßen-Kanal-Wasser in der Klosterstraße, Hadergasse, Rinnengasse und Bachgasse Erschließung Gewerbegebiet „Feldertor Süd“, Wohngebiet „Kohlplatte” Photovoltaikanlage (1.9 ha) im „Langen Tal“ Energetische Sanierung „Klosterhof” „Hof 8” – Revitalisierung einer Hofbrache 16 VII. Wahlen – Wechsel – Wandel BÜRGERMEISTERWAHL 2013 Um das Amt des Bürgermeisters der Stadt Weikersheim bewarben sich neben Bürgermeister Klaus Kornberger die Herren Ralf Reupsch (Laudenbach), Alexander Bruch (Neubronn), Günter Köhnlechner (Weikersheim) und Marius Augustin (Poing). Bei der Bürgermeisterwahl am 10. November 2013 erreichte keiner der 5 Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit. Amtsinhaber Klaus Kornberger erreichte mit 45,8 % die meisten Stimmen. Daher war eine Neuwahl erforderlich, die am 1. Dezember 2013 durchgeführt wurde. Bei der Neuwahl trat Günter Köhnlechner nicht mehr an, dafür bewarb sich Gisbert Franz Gerlinger-Schuster aus Nassau. Hierbei setzte sich Bürgermeister Klaus Kornberger mit 58,43 % der Stimmen gegen seine 4 Mitbewerber klar durch und wurde so für eine dritte Amtszeit wieder gewählt. GEMEINDERATSWAHL 2014 Bei der Gemeinderatswahl am 25. Mai 2014 erhielten folgende Damen und Herren ein Mandat: Bauer, Marcel, Weikersheim Ehrmann, Eberhard, Honsbronn Beck, Norbert, Weikersheim Lotz, Anja, Elpersheim Geier, Christiane, Weikersheim Nase, Rainer, Elpersheim Heiligers, Wolfgang, Weikersheim Menzel, Matthias, Laudenbach Köhnlechner, Günter, Weikersheim Rüttler, Martin, Laudenbach Moschüring, Karl-Heinz, Weikersheim Silberzahn, Volker, Laudenbach Neumann, Jürgen, Weikersheim Hein, Waldemar, Neubronn Seyfer, Martina, Weikersheim Deeg, Volker, Nassau Spitzley, Rosemarie, Weikersheim Gutöhrlein, Oliver, Schäftersheim Vossler, Jürgen, Weikersheim Rösch, Peter, Schäftersheim Ihre Verpflichtung erfolgte in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates am 24.07.2014. 17 Bei dieser Sitzung wurden folgende Gemeinderäte zu Stellvertretern des Bürgermeisters gewählt: 1. Stellvertretender Bürgermeister: Norbert Beck 2. Stellvertretender Bürgermeister: Wolfgang Heiligers 3. Stellvertretende Bürgermeisterin: Rosemarie Spitzley. (von links: Wolfgang Heiligers, Rosemarie Spitzley, Norbert Beck, Bürgermeister Klaus Kornberger) Folgende Gemeinderäte sind nach dem Ende ihrer Amtszeit ausgeschieden und wurden am 03.07.2014 feierlich verabschiedet: • Osmund Schneider, Schäftersheim Gemeinderat von 2011 bis 2014 Zum 01.08.2011 nachgerückt für den ausgeschiedenen Stadtrat Bernd Gutöhrlein • Markus Reuter, Honsbronn Gemeinderat von 2009 bis 2014 • Stefan Thürauf, Weikersheim Gemeinderat von 2009 bis 2014 • Klaus Wagner, Queckbronn Gemeinderat von 1999 bis 2004 und von 2010 bis 2014 Zum 01.08.2010 nachgerückt für den ausgeschiedenen Stadtrat Eugen Hein 18 • Gerhard Schwarz, Weikersheim Gemeinderat von 2004 bis 2014 Stv. Bürgermeister von 2004 bis 2014 • Angelika Barth, Weikersheim Gemeinderätin von 1975 bis 1984 und von 2009 bis 2014 • Karl Stirnkorb, Weikersheim Gemeinderat von 1999 bis 2014 • Helmut Paul, Laudenbach Gemeinderat von 1999 bis 2014 • Josef Diemer, Laudenbach Gemeinderat von 1994 bis 2014 • Helmut Schwarz, Weikersheim Gemeinderat von 1989 bis 2014 Stv. Bürgermeister von 1989 bis 2014 • Günter Breitenbacher, Weikersheim Gemeinderat von 1980 bis 2014 Stv. Bürgermeister von 1984 bis 2009 (von links: Bürgermeister Klaus Kornberger, Osmund Schneider, Günter Breitenbacher, Angelika Barth, Helmut Schwarz, Helmut Paul, Karl Stirnkorb, Josef Diemer, Stefan Thürauf, Markus Reuter, Gerhard Schwarz) 19 WAHL DER ORTSVORSTEHER 2014 Auf Vorschlag der jeweiligen Ortschaftsräte wählte der Gemeinderat am 18.09.2014 zum Ortsvorsteher: Elpersheim Haas, Hans-Joachim Haagen Feidel, Marco Honsbronn/Bronn Dertinger, Franz Josef Laudenbach Rüttler, Martin Nassau Kröttinger, Kurt Neubronn/Oberndorf Habel, Hans-Jörg Queckbronn Stürzenhofäcker, Paul Schäftersheim Lang, Markus Aufgrund der Ergebnisse der Ortschaftsratswahlen am 25.05.2014 schieden 5 der 8 bisherigen Ortsvorsteher aus ihrem Amt aus und wurden daher am 18.09.2014 feierlich verabschiedet: • Rudolf Belschner aus Elpersheim Herr Belschner war seit dem 16.09.2004, also 10 Jahre, Ortsvorsteher von Elpersheim. • Thomas Wirth aus Haagen Herr Wirth war seit dem 05.09.1994, also 20 Jahre, Ortsvorsteher von Haagen. • Helmut Paul aus Laudenbach Herr Paul war seit dem 05.09.1994, also 20 Jahre, Ortsvorsteher von Laudenbach. • Hans-Gerd Buchwald aus Queckbronn Herr Buchwald war seit dem 28.03.1996, also 18 Jahre, Ortsvorsteher von Queckbronn. • Albert Herrmann aus Schäftersheim Herr Herrmann war seit dem 07.12.1989, also 25 Jahre, Ortsvorsteher von Schäftersheim. Alte und neue Ortsvorsteher (von links: Marco Feidel, Hans-Jörg Habel, Martin Rüttler, Paul Stürzenhofäcker, Markus Lang, Franz Josef Dertinger, Hans-Joachim Haas, Kurt Kröttinger, Bürgermeister Klaus Kornberger, Thomas Wirth, Hans-Gerd Buchwald, Albert Herrmann, Rudolf Belschner, Helmut Paul). 20 Von tiefen Einschnitten und Wehmut sprach Bürgermeister Klaus Kornberger in der Gemeinderatssitzung angesichts der langen Verabschiedungsliste, denn hier verlasse große politische Erfahrung die Bühne. Später ergriff auch Franz Josef Dertinger noch das Wort und bedankte sich namens aller Ortschaftsräte bei den Ausscheidenden, von denen Helmut Paul (Laudenbach) und Thomas Wirth (Haagen) freiwillig den Rückzug aus dem Ortschaftsrat antraten, während Rudolf Belschner (Elpersheim), Hans-Gerd Buchwald (Queckbronn) und Albert Herrmann (Schäftersheim) im Mai nicht wieder in ihre Gremien gewählt wurden. „Der Wechsel von fünf Ortsvorstehern auf einmal, ist noch nie dagewesen und bleibt hoffentlich einmalig", erklärte Dertinger mit Blick auf die persönlichen Entscheidungen und auf das überraschende Ergebnis der Kommunalwahlen. Er betonte weiter: „Zusammengezählt 93 Jahre Erfahrung als Ortsvorsteher gehen hier! Ich danke Euch allen für das faire, kollegiale und freundschaftliche Miteinander und danke für eine lange, lange Zeit, die Ihr zum Wohl Eurer Ortschaften tätig wart." Als Ende einer Ära in Schäftersheim bezeichnete Bürgermeister Kornberger den Abschied von Albert Herrmann, der stolze 25 Jahre Ortsvorsteher war und sogar 34 Jahre im Ortsgremium saß. Von 580 auf heute 750 Einwohner sei Schäftersheim gewachsen und ein echter Entwicklungsort, lobte Kornberger die geleistete Arbeit. Knapp sechs Millionen Euro habe man im vergangenen Vierteljahrhundert investiert und es habe sich viel getan. Herrmann sei für seinen Blick auf die wesentlichen Dinge bekannt gewesen, meinte Kornberger und würdigte auch seine langen Jahre als Feuerwehrkommandant im Ort. „20 Jahre prägte Helmut Paul sein Laudenbach als Ortsvorsteher", fuhr Kornberger fort und attestierte ihm, große Fußstapfen zu hinterlassen, so wie einst sein Vorgänger. „Eine unglaubliche Liste" an Entwicklungen könne man aufzählen, so der Rathaus-Chef, der an Paul gewandt sagte: „Sie haben die Themen hervorragend gemeistert!" Wie Helmut Paul habe auch Thomas Wirth keine neue Amtszeit angestrebt und den Posten in jüngere Hände übergeben wollen, sagte Kornberger und würdigte auch dessen Verdienste: 29 Jahre im Rat, 20 davon als Ortsvorsteher. Viel sei angepackt worden. „Auf Thomas Wirth konnte man sich immer verlassen!" Auf immerhin 18 Jahre als Chef der Ortsvertretung Queckbronn könne Hans-Gerd Buchwald zurückblicken. Er übernahm auf Wunsch der Einwohner als Zugezogener und anfängliches Nicht-Mitglied des Rates Verantwortung, nachdem sein Vorgänger überraschend gestorben war, lobte Kornberger und betonte, dass Queckbronn seither an vielen Stellen gut vorangekommen sei. Mit viel Herzblut sei auch Rudolf Belschner in Elpersheim zu Werke gegangen, in den zehn Jahren als Ortsvorsteher, so Kornberger. 20 Jahre gehörte er dem Rat vor Ort an und sehr viel sei passiert. Elpersheim sei attraktiv dank guter Infrastruktur wie Kindergarten und Grundschule und aufgrund vieler erledigter Hausaufgaben. Großer Applaus brandete jeweils auf, wenn der Bürgermeister seine lobenden Ausführungen zu den einzelnen Persönlichkeiten beendet hatte. 21 Mit einem Blumenstrauß würdigte Kornberger auch die Ehefrauen, die ertrugen, dass ihre Männer stark beansprucht werden, viele heikle Themen bewältigen müssen und ganz nah dran waren an den Bürgern und ihren Sorgen. © Fränkische Nachrichten, 20.9.2014 EHRUNGEN Bürgermedaille und Bürgerehrennadel der Stadt Weikersheim Nach den Richtlinien über die Ehrungen der Stadt Weikersheim wurden seit der Veröffentlichung des letzten Heimatbriefes, also innerhalb der letzten 5 Jahre, folgende Bürger geehrt: Name Harald Wilckens Margareta Schönle Helmut Deeg Hans Walter Selig Erich Gührer Art der Ehrung Bürgerehrennadel Bürgermedaille Bürgerehrennadel Bürgerehrennadel Bürgerehrennadel Datum 19.02.2011 19.12.2011 09.03.2012 07.04.2013 12.12.2013 († 31.03.2015) Mit der Bürgermedaille werden Personen geehrt, die sich in hohem Maße zum Wohle der Stadt Weikersheim verdient gemacht haben. Die Bürgerehrennadel ist eine Auszeichnung für ehrenamtliche Tätigkeit. 22 VIII. Der Schlossgarten Schloss Weikersheim Aus der Not heraus: Der Schlossgarten Weikersheim wird sich verändern Buchspilz und Zünsler-Raupen: Die Buchsbaum-Bestände in den Schlossgärten sind in ernster Gefahr – und das schon eine ganze Weile. Der Schädlingsbefall zwingt derzeit in allen Schlossgärten dazu, über Ersatz nachzudenken. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg arbeiten an Lösungen für die veränderte Situation in den Gärten. Im Schlossgarten Weikersheim musste diese Rahmenpflanzung bereits vor bald drei Jahren wegen des Schädlingsbefalls vollständig gerodet werden. Seither werden im Orangerieparterre mögliche Ersatzpflanzen in einem mehrere Jahre dauernden Freilandversuch unter Realbedingungen erprobt. Mindestens genauso wichtig für den Eindruck des barocken Gartens sind die kunstvoll in geometrische Formen gestutzten Kübelpflanzen – und auch dabei handelt es sich häufig um Buchsbaum. Für diese Formbäumchen konnten jetzt die Fachwissenschaftler der Staatlichen Schlösser und Gärten, die die historischen Gärten betreuen, eine ganz andere historische Situation ermitteln. Mittelmeer und duftende Gewächse standen hier im 18. Jahrhundert auf der Pflanzliste der Gärtner! Rosmarin und Zypressen – das fand Prof. Dr. Hartmut Troll, der Leiter der historischen Gärten bei den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, mit seinem Team in den Inventaren. Der Weikersheimer Schlossgarten ist berühmt für seinen Reichtum auf kleinem Raum. Graf Carl Ludwig von Hohenlohe Weikersheim und seine Frau Elisabeth Friederike Fürstin von Öttingen-Öttingen schufen in der Mitte des 18. Jahrhunderts in der ländlichen Abgeschiedenheit der Hohenlohe einen barocken Garten nach allen Regeln der Zeit. Ein Glück, dass im Hohenlohe-Zentralarchiv viele Dokumente aus der Zeit vorliegen. Bei der Suche nach einer Problemlösung für die Buchspflanzungen im Schlossgarten von Weikersheim gelang eine erstaunliche Entdeckung. Ein Familienporträt offenbart, dass hier keine Buchsbäume standen, sondern schlanke, blaugrüne Säulen – eindeutig Zypressen. Den optischen Verdacht konnten die Fachleute auch anhand der Inventarlisten für die Weikersheimer Orangerie von 1757 und 1769 bestätigen. „Der Garteneindruck wird sich verändern“, sagt Prof. Hartmut Troll: „Die vertikalen Akzente der Kübelpflanzen verdichten und ergänzen die skulpturale Ausstattung des Gartens“. Mit den Zypressen und Rosmarinbüschen werde vielleicht sogar eine leicht mediterrane Stimmung aufkommen. Jetzt soll mit der Neupflanzung begonnen werden. Der Abschluss der Arbeiten wird im Jahr 2016 sein. 23 24 Gedanken der Elise Nied (Anlässlich ihres Hierseins zur goldenen Konfirmation) Kärwe 1952 Auch ich kam her, ihr wisst es schon zur goldenen Konfirmation. Als ich so lief vom Bahnhof rein und kam ins Heimatstädtchen mein, ganz ehrlich muss ich es gestehn, ich dacht: Wie bist du doch so schön! So wandert´ ich, tagaus – tagein vom Städtchen raus, ins Städtchen rein und wo ich geh´ – und wo ich lauf taucht das Vergangne in mir auf. Ja es erwacht Vergangenheit – die Kindheit und die Jugendzeit. Wenn ich so übern Marktplatz geh´, wie einst die Kinderschule seh´, kann plötzlich ich ganz deutlich sehn vor mir die Schwester Margret stehn. Und ich als kleines Mägdelein geh´ brav ins Kinderschüle rein. Und, wie das Negerle genickt, wenn er von mir ´nen Pfennig kriegt, auch wie wir alle machten brav am Spreusack den Mittagsschlaf. Einmal, das hab´n sie mich vergessen; Hatt´ ich alleine noch dringesessen. Wie schnell vergehn die Jahre doch – leis ruft es in mir: Weißt du noch? Schon seh´ ich mich die Schulbank drücken die Lehrerin spricht voll Entzücken von fremden Ländern, hier und da sie ging dann auch nach Afrika. Und ach, der Lehrer Seber dann, er was so´n dicker, schwarzer Mann. Musik gefiel ihm gar zu gut er hatte fast Zigeunerblut denn war´n Zigeuner in der Stadt, ihn gar nichts mehr gehalten hat. Hört´er Zigeunerweisen klingen das konnt ihn aus der Fassung bringen. Und dann, der Lehrer Wolfart, ach der machte mit uns gerne Krach, das Schimpfen, das war seine Art und dann – sein fürchterlicher Bart den hatte dauernd er im Mund und kaute dran, die ganze Stund´. Herr Löffler noch, vor allen Dingen legte besondern Wert aufs Singen. Das Abendsingen hatt´ uns allen noch ganz besonders gut gefallen. So durften wir, und das war fein, auch einmal länger draußen sein. Doch unsre Buben, ach du Schreck, war´n manchmal schon ein bissel keck. Hab´n die uns Hefte korrigiert, haben sie uns Fehler reingeschmiert. Sie waren zum größten Teil gescheit da hatten sie zu keck sein keine Zeit. Bloß Herrmanns Karl, der war recht brav und war trotzdem bestimmt kein Schaf. So ruft ein jedes Eckchen – ach in mir Erinnerungen wach. Da ging ich neulich, nichts im Sinn die Kronenstraße so dahin. Und deutlich konnt ich wieder seh´n von einst das Schneehaus vor mir stehn, was Karles Fritz geschaufelt hatt´. Ach so, das war ja auch so glatt. 25 Zu gerne spielten Hochzeit wir, mein Bräutigam war Paile Gier. Wir luden uns auch Gäste ein, machten den Trockenboden rein, und dann musste vor allen Dingen, ein jeder Gast 2 Pfennig bringen; so war die Feier finanziert, und man konnt essen ungeniert. Mit Fischers Marie unterdessen, tat ich zu gerne Kipfle essen. Doch stand die Kärwe vor der Tür dann sparte alles nur dafür, und kam das Karussell heran dann fing für uns die Kärwe an. Ach war das Karussell so schön wir konnten uns nicht satt dran sehn; und ging der Rummel erst mal los, dann wollten wir zum Wasen bloß. Da konnte man´s nicht mehr erwarten und Marie Frosch, die hatte Karten. Zum Karussell, wie man´s kaum denkt, mir hatt´ sie oft welche geschenkt. Viel gab´s zu hören und zu sehn, die Kärwe war schon immer schön. Und seh den Winterberg ich jetzt, fühl ich mich in den Mai versetzt, mit Gerstners Elis ging ich bald schon früh um 4 Uhr in den Wald. Längst vor der Kirch war´n wir zu Haus mit einem Maienblumenstrauß. So fiel mir noch gar vieles ein, doch will ich auch mal stille sein, es ist genug, ich will mich setzen. denn andre wollen auch mal schwätzen! 26 27 IX. Weikersheimer Schulgeschichte Abriss zur Weikersheimer Schulgeschichte Schon im Mittelalter – genauer im 14. Jahrhundert – hatte Weikersheim eine Lateinschule, über die jedoch wenig bekannt ist, da die Quellen sehr spärlich sind. Die früheste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1376 als ein Leypoldus de Wyggersheim sich an der Universität in Prag einschreiben ließ. Einen Aufschwung erlebte das Schulwesen durch den Grafen Wolfgang II (1546-1610), dem Erbauer des Renaissanceschlosses. Bei seinen ausgedehnten Reisen, die er in jungen Jahren unternahm, lernte er fast alle Staaten Westeuropas kennen sowie deren Schulsysteme. Insbesondere beeindruckten ihn die Schulformen in den Niederlanden, die bereits die allgemeine Schulpflicht kannten. Nicht zuletzt dürfte ihn seine Gemahlin Magdalena von Nassau Katzenellbogen-Dillenburg-Dietz beeinflusst haben. Sie war die Schwester Wilhelms von Oranien, des Freiheitshelden der Niederlande. Bei seiner Rückkehr von der Cavalierstour, wie man die „Bildungsreisen“ der Adeligen nannte, kaufte er für die Weikersheimer Schule ein eigenes Haus – heute das Hotel Laurentius – und ließ es zurichten mit je einer eigenen Stube für den Präzeptor und diejenigen Knaben „ die Lust zum Studieren zeigten“. Im 15. und 16. Jahrhundert finden sich Studenten aus Weikersheim in Erfurt, Wittenberg, Heidelberg und Tübingen. Zu den Leistungen des jungen Grafen gehört auch die Anstellung des Renaissance-Komponisten Erasmus Widmann, den er den Schwäbisch Hallern abwarb. Widmann musste seine Zöglinge in Latein und Singen unterrichten, wenn er nicht gerade auf dem „Lerchenstriuch“ lag oder seinen Kompositionen fröhnte. Um der eventuellen Strafe zu entgehen, belieferte der schlaue Fuchs die gräfliche Küche mit Finken, Lerchen und Wachteln, um so seiner verbotenen Leidenschaft nachgehen zu können. Ob unter seinen Schülern sich auch der „Sohn“ des Kammerdieners Jörg Weber befand, der kleine Wolfgang Weber, aus dem später der hohenlohische Hofrat Textor und Ur-ur-Großvater Goethes wurde, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Auch der Graf Carl Ludwig (1674-1756) war ein beachtlicher Förderer des Schulwesens in Weikersheim. Er spielte selbst Waldhorn und förderte vor allem den Musikunterricht. Im Jahre 1745 ließ er das Spital in der Schulstraße erbauen, das 200 Jahre später – nach dem II. Weltkrieg – die wiedereröffnete Weikersheimer Oberschule beherbergen sollte. Die Schule wurde kriegsbedingt 1942 geschlossen, nachdem der letzte Lehrer zum Wehrdienst eingezogen wurde und dort seinen ersten Schuss abgegeben hatte. 28 „Schuß“ war auch der Spitzname des letzten Lateinlehrers an der Weikersheimer „Oberschule für Jungen“ wie aus dem Schulstempel des Jahres 1942 hervorgeht. Nach den Osterferien, die vom Palmsamstag 1945 bis zum Erscheinungsfest 1946 dauerten, wurde die Weikersheimer Oberschule am 7. Januar 1946 wieder eröffnet. Als Pädagoge konnte der vom NS-Staat unbelastete Gymnasiallehrer Erich Bopp gewonnen werden. Er unterrichtete die Geburtsjahrgänge 1932-1937 in allen Fächern, nicht nur in seinen Hauptfächern Mathematik und dem Nebenfach Physik, das es nur auf der amtlichen Stundentafel gab. Unvergesslich sind die Deutschstunden, in denen Erich Bopp seine Schüler mit der Weimarer Klassik und den im Dritten Reich verfemten Dichtern Heine und Brecht vertraut machte. Da es damals keine entnazifizierten Schulbücher gab, belieferte das US-Verteidigungsministerium das einklassige Weikersheimer Gymnasium tonnenweise mit Reeduction-Literatur. So lernten die Schüler mit der World-History aus Washington sowohl die Grundbegriffe des Englischen als auch der „Geschichte made in USA“. Im kalten Winter 1945/46 musste man zwei Stück Holz und ein Brikett zur Fütterung des gußeisernen Ofens aus dem 19. Jahrhunderts mitbringen, der unersättlich gefräßig war. Alle sehnten sich das Frühjahr herbei, das sich mit Hochwasser und wilden Stürmen ankündigte. Als die ersten sonnigen Tage das Frühjahr begannen, verlegten die Schüler des ersten Nachkriegsjahrgangs den Unterricht in den Weikersheimer Hofgarten. Der einzige Lehrer der Oberschule Erich Bopp musste dann den weißen Schulmantel mit seinem blauen Leinenkittel vertauschen und seine Schäfchen suchen. Er fand sie meist friedlich weidend unter einem der uralten Kastanienbäume. Er gesellte sich zu ihnen und fütterte sie mit klassischen Gedichten und spannenden Balladen, die er fast alle auswendig rezitieren konnte. Vom Erlkönig bis zu des Sängers Fluch, von der Bürgschaft bis zur Glocke reichte das fast unerschöpfliche Reservoir dieses Gymnasiallehrers. Dann mussten wir Schüler einige der Gedichte von Goethe, Schiller, Uhland oder Heine auswendig lernen. Weniger als Strafe als vielmehr zur geistigen Erbauung. Dort, wo einst Erich Bopp seine Schäflein weidete, steht unweit des Kastanienbaums im Stadtpark von Weikersheim die Erich-Bopp-Linde, die der erste Nachkriegsjahrgang zur Erinnerung und zum Dank an den beliebten Gymnasiallehrer Erich Bopp pflanzte. In ihrem Schatten treffen sie sich wie einst im Frühsommer des Jahres 1946! Helmut Herrmann 29 Allee im Weikersheimer Stadtpark 30 X. Weikersheimer Originale - eine Auswahl Helmut Herrmann erinnert sich Wer in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch die Gassen des ehemaligen Residenzstädtchens ging, dem konnten gleich drei „Weigerschmer Originale“ begegnen, die eine Reihe gemeinsamer Merkmale aufweisen: alle drei sind zwischen 1897 und 1907 geboren. Sie sind alle echte Hohenloher und schwätzten wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Alle drei übten den ehrenvollen Beruf eines Schuhmachers aus. So wie Nürnberg seinen Hans Sachs hat, so hat Weikersheim gleich drei Originale aus der Zunft der Schuhmacher, die sich ins Gedächtnis vor allem von uns Kindern und Jugendliche eingeprägt haben. Da wäre zuerst der „Steins Heiner“ zu nennen. Er ist der älteste unserer drei Originale, die hier in einer exemplarischen Auswahl dargestellt werden sollen: Geboren 1897 in einer kinderreichen – doch ansonsten armen Familie – wohnte er fast sein ganzes Leben lang am Anfang der Hohenloher Straße in der Altstadt von Weikersheim. Die KÄRWE war für ihn ein besonderes Fest- und zugleich ein wichtiger Arbeitstag besonderer Art, vor allem wenn der KÄRWE-Festzug die Straße passiert hatte. Dann sah man ihn mit seinem kleinen Handwagen, auf dem ein rostiges Blechfass stand, die Fahrtroute abschreiben, die der KÄRWE-Festzug genommen hat. Mit einer kleinen Kohleschaufel sammelte er die Äpfel auf, welche die Pferde des Festzugs verloren hatten. „Dampfen müssen sie noch, dann sind sie am besten“, erklärte er mir und rührte genüsslich mit seiner Schaufel in dem rostigen Blechfass herum. Anschließend zuckelte er mit dem kleinen Handwägelchen über die „Mittlere Steige“ zu dem steinigen Äckerchen am Winterberg , wo er jedem seiner Bäumchen und Büsche mit der Schaufel drei Pferdeäpfel verpasste, dabei murmelte er in einer mir nicht verständlichen Sprache vor sich hin. Als er mich bemerkte, sagte er zu mir: „Da soll mir anner noch socha, di dümmste Bauwere hätte die gräschte Eebiere.“ Von Zeit zu Zeit 31 zog er ein rotkariertes Taschentuch aus der Hose und wischte die Schweißperlen von der Stirne. Für die nächste Geschichte brauchte der Heiner gleich zwei rotkarierte Taschentücher. Die legte er so diagonal zusammen, dass jeweils zwei Dreiecke entstanden. Anschließend verknotete er die stumpfen Enden der Dreiecke, in der Mitte „damit nichts rausfällt“. Jetzt brauchte er nur noch die spitzen Ecken der beiden Taschentücher über der linken und rechten Hüfte zusammenknoten und schon konnte er zum erfrischenden Bad in die Tauber hüpfen, was er sichtlich genoss. Das war 30 Jahre vor Erfindung des Bikinis! Wenn der Heiner eine Schuhreparatur fertig hatte, was zuweilen vorkommen sollte, dann schrieb er den Preis für seine Arbeit mit weißer Kreide auf die Innenseite des Fensterladens seiner Werkstatt, anderntags wenn er den Fensterladen öffnete, konnte jedermann Einsicht in seine Buchführung nehmen. Das zweite Original, der „Schuhmacher Nied”, wohnte in der unteren Hauptstraße neben dem Fischbrunnen, in Sichtweite des Gänsturms. Er hatte die Gestalt einer dürren lang aufgeschossenen Bohnenstange“, geschmückt mit einer riesigen blauroten Nase in Form eines Papageienschnabels. Die langen Arme, mit denen er seine Reden wirkungsvoll unterstrich, baumelten in Höhe der Kniegelenke. Doch meist brauchte er sie zur Untermalung seiner Erzählungen. Angezogen war er meist mit einer schwarzen Cordhose und einem blauen Schurz, der nach viel Arbeit aussah. In der Regel stand er am Fischbrunnen umgeben von ein paar jungen Burschen, die gebannt an seinen Lippen hingen, denn er war ein begnadeter Erzähler. Die jugendlichen Zuhörer brauchte er, damit der Redestrom floss. Sie mussten ihm nur Stichworte geben und dann war für ein bis zwei Stunden Unterhaltung gesorgt. Der Erste Weltkrieg dauerte bei den Erzählungen des Schusters Nied eine gute Stunde. Für den Zweiten Weltkrieg musste man zumindest zwei Stunden veranschlagen, dann war aber der Versailler Vertrag und die Weimarer Republik mitsamt ihrem unrühmlichen Ende dabei. 32 Das dritte und liebenswerteste Original in der Weikersheimer Altstadt der frühen 50-er Jahre des 20. Jahrhunderts war der „Neuberts Schorsch“. Zusammen mit seiner uralten Mutter wohnte er in einem kleinen Häuschen am Ende der Hohenloher Straße. Dort, wo früher eine Zugbrücke über den versumpften Graben zu dem mittelalterlichen Wasserschloss der Grafen von Hohenlohe führte. Auch der Neuberts Schorsch gehörte der ehrsamen Schuhmacherzunft an und war die Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit in Person, was man von den beiden andern nicht unbedingt behaupten kann. Ihn lernte ich schon als vierjähriger Bub kennen, denn sein Obstbaumgrundstück lag unter unserem ehemaligen Weinberg am Schmecker, exakt gegenüber dem „Roten Steg“, den bereits Eduard Mörike in seinen Erzählungen erwähnt hat. Den unteren Teil des mit Äpfel-, Birnenund Zwetschgenbäumen bepflanzten Grundstücks hat der Neuberts Schorsch als Garten genutzt oder genauer, das war ein Garten EDEN. Ein kleines aber feines Paradies. Hier gediehen allerlei Salate, Gemüseund Kohlsorten, die der Schorsch, der unermüdliche Gartenfreund, mit viel Liebe und Fleiß kultivierte. Am Zaun entlang der Taubertalstraße stand ein Dahlienstrauch neben dem andern und vom frühen Sommer bis zum Spätherbst blühte es in allen Farben des Regenbogens. Diese Gartenpracht war nur möglich, weil am Fuße des Grundstücks ein Pumpbrunnen installiert war, mit welchem das Wasser in einen echten Viehtrog gepumpt werden konnte. So stand es immer zum Gießen bereit. Da wir den kleinen Fußweg an der Grenze zu Neuberts Garten benutzen durften, kam es oft zu einem kurzen Plausch, zumal ein kleines Bänkchen geradezu dafür einlud. Ich war etwa zehn Jahre alt und sollte aus unserem Berggrundstück ein paar Äpfel für den KärweBlootz holen. Der Schorsch saß auf seinem Bänkchen in halber Höhe seines steilen Berggrundstücks. Ich durfte neben ihm Platz nehmen und mit ihm die Aussicht auf den Hofgarten und das Schloss genießen. Da er mir schon oft „von der guten alten Zeit vor dem Krieg“ und von dem Schloss und seinen Bewohnern erzählte, in dessen Schatten 33 er als Halbwaise aufwuchs, frage ich ihn nach dem „Fräulein Adelheid“, einen Namen, den ich irgendwo aufgeschnappt hatte und mit dem ich nichts anfangen konnte. Der Schorsch schaute mich mitleidig an ob meines Unwissens und sagte dann „ja, waascht du net, dass des die Maîtress vom Ferscht Ernscht wor?“ Jetzt schaute ich ihn groß an, denn dieses Wort hatte ich noch nie gehört. Dann meinte er „do bischt du noch viel zu kloa, um des zu verstehe. Das Wort kommt aus dem Französischen und haast soviel wie „Matratz“. Der Ferscht Ernst is immer im Summr nach Weigerschi kumma, um sich vom Nixdona auszuruhe. Bei uns hat man früher gsocht: Muader, sperr Marie ei, der Ferscht kummt. Amol hat er die Adelheid mitbrocht und dann vergesse sie wieder mitzunehme. Seitdem hat sie im Schlouß Führungen gmacht.“ Jetzt wusste ich also, wer das Fräulein Adelheid war, über das ich später als Aushilfsschlossführer gar manch lustige Geschichte hörte. Bis Anfang 50-er Jahre gab es auch noch in der Wilhelmstraße den „Schuster Gerstner” Bilder aus der Sammlung von Jürgen Knoll 34 XI. Judenverfolgung und Kriegsjahre Zeitzeugen berichten: Die Weikersheimer Otto Mündlein und Rudi Abendschein Was für ein einschneidendes Erlebnis der zweite Weltkrieg und die Zeit des Nationalsozialismus war, zeigt ein Gespräch mit den beiden Weikersheimern Otto Mündlein (Winzer, geb. 1927) und Rudi Abendschein (ehemaliger Stadtgärtner, geb. 1931). Auch 70 Jahre nach Kriegsende können sie sich noch genau an Details aus dieser Zeit erinnern, besonders was die Judenverfolgung betrifft. Rudi Abendschein, dessen Elternhaus in der Hauptstraße beim Gänsturm stand erinnert sich, wie er als kleiner Junge zugeschaut hat, dass SA-Männer von auswärts das Textilgeschäft des Juden Aschers in der Nachbarschaft stürmten. „Sie haben die Scheiben eingeworfen und alles verwüstet. Frau Ascher hat sich danach das Leben genommen“. Auch Otto Mündlein berichtet über eine Begegnung mit Jakob Ascher: „Ich war mit meinem Vater in den Weinbergen spazieren, als wir Jakob Ascher trafen und bei ihm stehen blieben. Mein Vater hat mit ihm geredet. Er sagte, wir sollen lieber weitergehen und nicht mit ihm reden, damit wir keine Schwierigkeiten bekommen.“ Dazu zur Information über die Weikersheimer Juden aus den Aufzeichnungen des Stadtmuseums: Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft (1933) hatte sich die Zahl der Weikersheimer Juden durch starke Abwanderung auf ein halbes Dutzend vermindert. Der Boykott der jüdischen Geschäfte kurz nach der „Machtergreifung“ ließ Schlimmes ahnen. Von Jahr zu Jahr verschlechterte sich die Situation der Juden – auch in Weikersheim. Die Nürnberger Gesetze beraubten sie ihrer materiellen Grundlagen und stempelten sie zu Menschen zweiter Klasse. Noch hielten Sigmund Emmerich und Jacob Ascher durch! Der eine, der am Marktplatz wohnte, wo viele der unter dem Grafen Carl-Ludwig erbauten repräsentativen Bürgerhäuser mit jüdischem Geld finanziert waren, weil er seine betagten Eltern nicht im Stich lassen wollte. Der andere, weil er als Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg und Träger des Eisernen Kreuzes einfach nicht glauben konnte, dass der Staat, für den er einst sein Leben eingesetzt hatte, ihm einmal dieses Leben nehmen würde. Nach der Reichskristallnacht (1938) fristeten sie ihr Dasein als Zwangsarbeiter, dann verlieren sich ihre Spuren in der Deportation und im Inferno des Holocaust. Damit schließt sich die jüngere Geschichte der Weikersheimer Juden, die 1637 mit Moses begann und die 300 Jahre später mit der Ermordung von Jacob endete! 35 Auch in den Aufzeichnungen von Otto Mündleins Vater ist der Kornbau und die Fruchtschranne (heute Tauberländer Dorfmuseum) erwähnt, die vom Juden Emmerich betrieben worden ist. Der Vater von Rudi Abendschein, aus Finsterlohr stammend, hat bei Emmerich in der Fruchtschranne gearbeitet. Dadurch ist er nach Weikersheim gekommen und hat hier seine Frau kennen gelernt. Beide berichten auch vom Vater ihres Bekannten Karl Jäger. Er war Pferdeknecht beim Juden Wolfsheimer. Dieser hatte eine Pferdehandlung im Bereich des späteren Gehringer Areals in der Laudenbacher Straße (heute steht hier ein Mehrfamilienhaus). Die Pferde wurden damals bis nach München verkauft. Auch das Gasthaus „Zum Stern“ mit Kegelbahn stand auf diesem Gelände. Später wurde dann alles abgerissen. Die Familie Wolfsheimer konnte sich noch rechtzeitig nach Amerika absetzen. Der Sohn kam später unter amerikanischer Besatzung als Dolmetscher ab und zu nach Deutschland. Auch das Gebäude vom späteren Modehaus Wieland (Friedrichstraße) war im Besitz eines Juden. Ferdinand Selz betrieb dort ein Modegeschäft. Otto Mündlein berichtete, dass sein Vater ihm verboten hatte zur Plünderung des Geschäftes zu gehen und sich etwas zu holen. Sie hatten immer ein gutes Verhältnis und wollten die hilflose Lage nicht ausnutzen. Den Angriff auf die Stadt in den letzten Kriegstagen erlebte der damals 14-jährige Rudi Abendschein im Gewölbekeller der Scheune neben dem Elternhaus in der Hauptstraße. Das Wohnhaus neben der Scheune brannte ab. Da die Decke des Stalls sehr massiv war, blieb das Gebäude stehen. Sie ernährten sich drei bis vier Tage nur von der Milch, da sie noch Kühe hatten. „Ein Pferd ging durch und ein weiteres wurde von einem Granatsplitter getroffen und ist deshalb von einem Soldat erschossen worden,“ erinnert sich Rudi Abendschein. Das Haus hatte noch meterdicke Mauern, vielleicht von einer früheren Befestigung. Dadurch blieb die Waschküche stehen, in der sie dann wohnen konnten, bis 1951 das neue Haus gebaut wurde. Otto Mündlein, der schon älter war und zum Kriegsdienst eingezogen wurde, erzählte, dass er mit zehn Jahren zum Jungvolk als ‚Pimpf‘ musste. Damals gab es eine Uniform. „Das fanden wir alle toll“ meint er, „auch wenn es im Nachhinein dann doch nicht so gut war“. Seinen Hitlerjugendausweis hat er dem Stadtmuseum überlassen. Auch an das kleine Haus am Mühlkanal können sich beide erinnern. Es steht nicht mehr. „Das Haus hat der Stadt gehört und es war der Treffpunkt der Hitlerjugend“ wissen noch beide. „Und es gab ein Schleiftürle“, so nennt man einen kleinen Durchgang zwischen den Häusern. Dieser war an der Stelle, wo heute der Fußweg neben dem Stadtmuseum ist. Otto Mündlein weiß noch genau, dass es in Weikersheim das NSFK, das nationalsozialistische Fliegerkorps gab. Diese Männer kamen dann zur „Fliegenden Einheit“. Er selbst kam zum NSFK, dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps. Hier durfte er mit siebzehn Jahren schon den Motorradführerschein machen und hat das Fahren gelernt. „Und oben am Galgen ist geübt worden“ ergänzt er noch. „Die SA hatte dort zur militärischen Ausbildung eine Kletterwand, Grube und Stacheldraht aufgebaut.“ 36 Auch über die Besatzungszeit wissen beide noch zu berichten: „Zuerst waren die Engländer da, dann die Amis“. Die Wirtschaften wurden beschlagnahmt. Wilhelm Laukhuff wurde aufgrund seiner Englischkenntnisse als Bürgermeister eingesetzt. Vieles gäbe es noch zu berichten. Otto Mündlein macht sich die Mühe, seine Erinnerungen und Erlebnisse aufzuschreiben. Er meint: „Es gibt nicht mehr viele Weikersheimer, die das alles noch wissen, deshalb müssen wir es für die Nachwelt erhalten“. Wie wahr! Aufgezeichnet im April 2015 von Christel Nowak XII. Erinnerungen von Otto Mündlein Kindheit in den 30er Jahren Als 87-jähriger hält man gerne Rückschau auf das Erlebte. Besonders der Weinbau hat von klein auf mein Leben geprägt. Aufgewachsen in einer Häckerfamilie habe ich mein ganzes Leben bis zum heutigen Tag in Weikersheim verbracht. Ein Leben für den Weinbau – und das mit großer Freude. 37 Im Jahre 1927 bin ich im Hause meiner Eltern in Weikersheim geboren. In diesem Haus wohnten meine Vorfahren seit 1763 als Häcker und Weingärtner. Aus dem Güterheft meiner Großeltern geht hervor, dass meine Großeltern väterlicherseits in das bestehende Häckerhaus um 1895 einzogen sind. Die Kindheits- und Jugendjahre erlebten meine Schwester und ich mit unseren Eltern und Großeltern. Bei diesem Bild erinnere ich mich an folgendes: Im vorderen Haus wohnten die Wolfarths, im linken Haus mit der auffallenden Dacheindrehung die Familien Sorg und Leidig. Das rechte verdeckte Haus ist das Haus meiner Großeltern Karl und Sophie Mündlein (geb. Reichert, *1860). Hier ist mein Vater Friedrich Mündlein 1896 geboren. Es waren schwere Zeiten für die Familien, da der Erlös aus dem Weinverkauf weggebrochen ist. Das von meinem Vater geschriebene Häckertagebuch gibt mir ab 1914 viele Aufschlüsse zu den Arbeiten und den Einkünften der Familie: 1927 wurde ich und 1930 meine Schwester Anna geboren. Als Kinder wurden wir zur Sparsamkeit erzogen. 1931 gingen viele Weikersheimer Kinder wie ich auch in die Kinderschule zu Schwester Mina. Die finanzielle Lage in den Familien war schlecht. 1933 (Machtergreifung Hitler) Mit dem Schuleintritt beginnt der ‚Ernst des Lebens‘. Bei Lehrer Kromer lernte ich im 1. und 2. Schuljahr das Schreiben, Lesen und Rechnen. Außerdem hatten wir noch Religionsunterricht und lernten Lieder und Gedichte. 38 Der Religionsunterricht wurde mit der Machtergreifung Hitlers abgeschafft. An Weihnachten 1936 bekam ich vom Christkind einen Rodelschlitten und für die langen Winterabende das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“. Meine Schwester bekam einen Kaufladen und eine große Puppe. 1937 Als Zehnjähriger musste ich ins Jungvolk als ‚Pimpf‘ eintreten 1.9.1939 Beginn des 2. Weltkrieges Heilig Abend 1939 Das von den Nazis eingeführte Singen unter dem Volksweihnachtsbaum wurde vom Kirchenchor und den Gottesdienstbesuchern durch das traditionelle Weihnachtssingen vor der Kirche gestört. Der damalige Lehrer Häussler bekommt aus diesem Grund eine Strafanzeige wegen Verübung groben Unfugs. Vielen alten Weikersheimern ist sicher noch in Erinnerung, dass es kein offizielles Marktplatzsingen mehr gab. (Ein schöner Brauchtum in Weikersheim) Durch den Krieg musste alles verdunkelt sein. Nur in der Kirche war spärlicher Kerzenschein und die gewohnten Weihnachtslieder wurden gesungen. Zuhause war das „Christkind“ da und die Kerzen am Christbaum brannten vor verdunkelten Fenstern. Bei der Bescherung gab es manches Gewünschte nicht. Es war Krieg! Wir hatten unsere Freude an den Sachen vom vorigen Jahr, die wieder da waren. Es gab von der Mutter gestrickte warme Pullover und Mützen. Darüber war man froh. Gebackene Weihnachtsplätzle, Lebkuchen, Springerle und Hutzelbrot aus gedörrten Birnen und Zwetschgen waren etwas sehr Gutes. Zur Überraschung gab es an der ersten Kriegsweihnacht Lebensmittelkarten für die Bürger. Dadurch gab es Einschränkungen in den Lebens- und Essensgewohnheiten. Der gewohnte Festtagesbraten oder die Gans – alles fiel weg. Auch Kleidung gab es fast nicht mehr. Die Marken bezogen sich auf 100 g Brot, Mehl, Zucker, Salz, Öl, Fett, Butter, Milch und Hülsenfrüchte pro Person. Kinderschule: Otto Mündlein, 1 Reihe, 7. von rechts 39 Außerdem gab es Bezugsscheine für Kleidung und Schuhe. Die kalten Winter brachten viel Schnee und wir Kinder konnten wochenlang Schlitten und Schlittschuh fahren. An den Steigungen im „Städtle“, am „Harpfe Bugg“ am Stadelhof oder an der Pfitzinger Steige sausten wir oft mit dem Schlitten, der mit Schlittschuhen gelenkt wurde, den Berg hinunter. Brauerei Denninger Die alte Brauerei Denninger hatte den Seegarten im Heiligen Wöhr bei der Stadtmitte mit Wasser geflutet. Bei minus 20 Grad gefror dieser und so fand mit den Schlittschuhen ein lustiges Treiben auf dem Eis statt. Jung und alt drehten ihre Runden. Bei auftauendem Wetter wurde „geeist“. Das Eis wurde zur Brauerei in den tiefen Eiskeller gefahren (Heute Metzgerei Vogt) Der schlimmste Winter war 1941-42 und dauerte bis März. Im Februar gab es minus 30 Grad. Das hinterließ an den Obstbäumen tiefe Risse. 1939 gab es bei den Polenüberfällen den ersten Gefallenen aus Weikersheim, Ernst Hohl. 1940 war der Frankreich Feldzug siegreich für die deutschen Truppen. Zum Siegesläuten wurden die Glocken missbraucht. Ich selbst läutete eine Stunde lang oben im Turm. 1941/42 wurden vom Turm vier Glocken als Reserve zum Einschmelzen für Kanonen herunter geholt. Eine blieb noch zum Läuten übrig. Da sagte unser Ortsgruppenleiter „Jetzt hat das Geschälle ein Ende.“ 1948 kehrten die Glocken zurück, den Heiligen Abend konnten sie in Frieden einläuten. 40 HEIMATBRIEF Nr. 17 2015 STADT WEIKERSHEIM Schutzgebühr 3 Euro