Astroteilchenphysik, Madison/Wisconsin

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Astroteilchenphysik, Madison/Wisconsin
Mein US-Aufenthalt
Vorbereitung und die Arbeit
Es wird jedem Student im Laufe seines Studiums geraten, mindestens einmal ins Ausland zu gehen,
um nicht nur die dortige Arbeitsweise seiner ausländischen Kollegen, sondern auch die Kultur und
Mentalität des jeweiligen Landes kennenzulernen. Mich hat meine Betreuerin,
darauf aufmerksam gemacht, meine Masterarbeit im Bereich der theoretischen
Astroteilchenphysik mit einem Besuch in die USA zu ergänzen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Da
unser Lehrstuhl TPIV und das IceCube Institut Madison Wisconsin einen gemeinsamen
Arbeitsschwerpunkt haben, stand für mich nach einigen Überlegungen, E-mails und Briefen fest,
dass mein Ziel diese Arbeitsgruppe sein wird.
Da ich nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, musste ich für meinen 2,5 monatigen
Aufenthalt ein Visum beantragen. Jeder kann nachvollziehen wie schwer es ist ein Visum für die
Staaten zu bekommen, wenn man aus dem arabisch-persischen Kulturraum kommt. Die Prozedur
hat mich insgesamt drei Monate und sehr viel Nerven gekostet, bis ich dann schließlich und etwas
genervt mein Visum erhalten hatte. Da ich mit dem Visum warten musste, haben sich
dementsprechend auch die anderen Pläne, wie Flugticket, Wohnung und Versicherung in die Länge
gezogen. Die Wohnungssuche war mit Abstand die schwierigste Aufgabe für mich gewesen, da
Madison eine Studentenstadt ist und dementsprechend Wohnungen sehr schwer zu finden sind.
Hinzu kommt noch, dass aufgrund der großen Zeitdifferenz die Kommunikation eher auf E-mail,
anstatt auf Telefonate konzentriert war. Es ist also sehr hilfreich früh genug mit der Wohnungssuche
zu beginnen, am besten mit der Zusage des Stipendiums, wenn man keine Visumprobleme haben
sollte. Zwei Wochen bevor ich Deutschland verlassen wollte, konnte ich nach langer Suche ein
Zimmer in einem privaten Haushalt finden. Der Preis war mit 520$ pro Monat sehr teuer, aber dies
war für mich die einzige Möglichkeit.
In Madison angekommen, musste ich mich erst einmal alleine zurecht finden, bürokratische
Angelegenheiten wie Versicherung und Studentenstatus klären, bevor ich mich an die Arbeit
machen konnte. Es war für mich faszinierend und zugleich auch ein wenig angsteinflößend so weit
von zu Hause entfernt zu sein und niemanden zu kennen, mit dem man nach der Arbeit was
unternehmen konnte.
Es blieb mir nicht viel Zeit darüber nachzudenken, da meine Arbeit schon am zweiten Tag nach der
Ankunft beginnen sollte. An meinem Arbeitsplatz angekommen, sollte ich mit
einige Berechnungen über aktive Galaxien durchrechnen und die Ergebnisse während eines
Vortrages präsentieren.
Diese Berechnungen sind ein Teil meiner Arbeit und werden auch in diese integriert und
festgehalten.
Es ist typisch und gut an naturwissenschaftlichen Fächern, dass Ergebnisse fast nie das sind was
man erwartet und so war das auch bei meinen Berechnungen der Fall, die andere Resultate lieferten
als erwartet. So musste dementsprechend überlegt und andere Modelle entworfen werden, die mit
den unerwarteten Ergebnissen übereinstimmten. Es war für mich besonders faszinierend, wie
Wissenschaftler aus anderen Ländern über Probleme denken und versuchen Ergebnisse zu liefern.
Die Zeit, in der der Naturwissenschaftler alleine in seinem Keller hockt und alleine Rechnungen
rechnet ist vorbei. In der heutigen Zeit sind Skype, E-mails und Gruppenarbeit von enormer
Bedeutung für das Vorankommen der Arbeit und dies konnte ich sehr gut in Madison feststellen, als
man mittels Skype und Mails, über zwei Kontinente, über meine Ergebnisse gesprochen und
diskutiert hat.
Nach der Fertigstellung der Berechnungen, konnte ich diese in einem Vortrag vor der gesamten
Gruppe präsentieren. Für mich persönlich war das ein tolles Gefühl, da ich zum aller ersten mal in
einem fremden Land und vor so vielen Wissenschaftlern über meine Ergebnisse einen Vortrag
halten sollte. Nach diesem Vortrag war die Hauptarbeit getan und ich hatte anschließend etwas mehr
Zeit, das Land und die Leute kennenzulernen.
Land, Leute und die Kultur
Auf der einen Seite ist es faszinierend aber gleichzeitig auch angsteinflößend so weit von zu Hause
entfernt zu sein und niemanden zu kennen. Am Anfang, als ich noch niemanden kannte wollte ich
unbedingt nach Hause, um wieder bei meiner Familie und Freunden zu sein. Die Situation wurde
noch zusätzlich dadurch erschwert, dass die Einrichtung in der ich gearbeitet habe nicht Teil des
Campus-Geländes war und ich somit nicht mit Studenten meines Alters in Kontakt kommen konnte.
Jedoch wollte ich diese einmalige Möglichkeit nicht dadurch entwerten und fing an abends
auszugehen und bewusst Leute in meinem Alter anzusprechen, um Freundschaften aufzubauen.
Nach ungefähr vier Wochen, unmittelbar nach meinem Vortrag fing ich an Leute kennenzulernen,
mit denen ich mich gut verstehen konnte, die mir das Gefühl gaben hier zu Hause zu sein. Sicher ist
es schwierig in einem neuen Land neue Leute kennenzulernen, aber unmöglich ist es nie. Kennt
man Menschen, so ist es auch wesentlich einfacher mit der Kultur des Landes in Kontakt zu
kommen.
Die amerikanische Kultur ist im Vergleich zur deutschen und europäischen Kultur ganz anders, das
sind zumindest meine Erfahrung, die nicht repräsentativ sein können. Zu einem ist der
Durchschnittsamerikaner etwas lockerer und sieht alles nicht so eng, was seine Vor- und Nachteile
hat. Die Infrastruktur ist in den Staaten, in den Städten die ich besucht habe im Vergleich zu
Deutschland wesentlich schlechter und gewisse Plätze, wie der Central Park in New York sollten bei
Nacht besser gemieden werden. Fast jede Stadt in der ich war, und es waren einige, hat Stadtteile,
die man bei Nacht, ja manchmal sogar bei Tag nicht betreten sollte. Kriminalität ist in den USA bei
weitem ein größeres Problem als hier und die bekannten Gang-Fights in den Filmen sind nicht so
realitätsfern wie man glaubt.
Wenn man jedoch auf sich aufpasst und sich bei Einheimischen erkundigt, was man tun und lieber
lassen sollte so ist man auf der sicheren Seite und kann das Land und die Kultur genießen. Die
Sehenswürdigkeiten sind atemberaubend und mit Europa nicht zu vergleichen. Der Grand Canyon
ist mit Abstand einer der schönsten Naturwunder und man sollte einmal dort gewesen sein.
New York, mit seiner tollen Küche und den vielen Museen sollte man einmal in Leben besucht
haben.
Chicago, eine sehr schöne und vor allem saubere Großstadt, die mit ihren Wolkenkratzern einem
den Atem rauben, Minneapolis eine mittelgroße Stadt, die durch die vielen Seen berühmt geworden
ist und Las Vegas. Darüber braucht man nicht viel zu sagen ;).
Der zehnwöchige Aufenthalt war nicht nur für meine Arbeit enorm wichtig, sondern auch, um mich
kulturell weiterzubilden. Man kann viele Informationen und Fakten über ein Land in einem Buch
lesen, aber solange man das Land nicht besucht und mit der Bevölkerung in Kontakt kommt, weiß
man nicht viel über dieses Land. Ein solcher Aufenthalt hilft auch Vorurteile abzuschaffen, denn
kommt man mit der Bevölkerung in Kontakt realisiert man schnell, dass einiges, was man gehört
und gelesen hat einfach nicht stimmt, aber andere Aspekte schon.
Ich habe nicht nur das Land kennenlernen und Wissenschaft betreiben dürfen, sondern habe, was
für mich genauso wichtig wie die Wissenschaft, wenn nicht gar wichtiger ist, Menschen
kennengelernt, die ich als meine Freunde bezeichnen würde, mit denen ich gerne den Kontakt
aufrecht erhalten, die ich gerne weiter besuchen möchte. Wenn man all die Erfahrungen und
schönen Momente zusammenfasst, dann hat sich der kleine Ärger mit dem Visum und das
Mutmachen meiner
der ich zu großem Dank verpflichtet bin, mehr als
gelohnt.
Lasst euch nicht entmutigen von den kleinen Rückschlägen und nimmt die Möglichkeit wahr, nicht
nur weil es auf dem Lebenslauf gut aussieht, sondern vielmehr weil man ungemein viel über die
Welt lernt und man realisiert wie schön und bunt unser Planet ist.
2012
Abbildung 1: Madison bei Nacht
Abbildung 2: Chicago bei Nacht
Abbildung 3: New York Central Park
Abbildung 4: Grand Canyon

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