Alimenta: Und ewig lockt das Kägi fret

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Alimenta: Und ewig lockt das Kägi fret
FIRMEN & KÖPFE • DES ENTREPRISES & DES PERSONNES
Und ewig lockt das Kägi fret
Das Kägi fret gehört zur Schweiz Süsswarenwelt wie Ragusa, Toblerone
oder Kambly-Guetzli. Und auch im Ausland ist das Waffelgebäck sehr
beliebt. alimenta schaut hinter die Firmen-Kulissen im Toggenburg.
KARIN ISELI-TRÖSCH. Riesige Conchierma-
Feinste Schokolade als Erfolgsgarant
Ist dies nicht gar viel Aufwand für Schokolade,
die als Überzug für eine Waffel verwendet
wird? «Nein, kein bisschen», ist Tümmers überzeugt. «Klar könnten wir wie die meisten anderen Biscuits-Hersteller das Produkt bei einem
Couverture-Fabrikanten beziehen. Doch es ist
diese einzigartige Schokolade, die unserem
Kägi fret seinen typischen, unverwechselbaren
Geschmack verleiht.» Er entnimmt der Röstmaschine ein paar Bohnen, schält sie, riecht
daran und steckt sie sich dann in den Mund. Er
sei ursprünglich aus Hamburg, erzählt er, aber
auch im hohen Norden sei ihm Kägi fret ein
Begriff gewesen. Hier in der Schweiz verbinde
wohl fast jeder Erwachsene eine besondere
Geschichte mit der Schokoladenwaffel. Seit
80 Jahren gibt es das Kägi fret – seit 65 Jahren
hat die Rezeptur nicht einmal geändert. Das
werde auch so bleiben, sagt Marc T. Tümmers.
«Warum sollten wir etwas ändern, das so erfolgreich ist? Nicht einmal für das Ausland passen
wir die Zusammensetzung an. Wir sind zu klein,
um für jedes Land ein anderes Produkt und
eine andere Verpackung führen zu können.»
Sieben Varianten in diversen Grössen gibt
es mittlerweile von dem Fret: Von der herkömmlichen Variante mit Milchschokolade
über solche mit dunkler Schokolade als Über-
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Bilder: Kägi Söhne AG
schinen stehen im Untergeschoss der Produktionshalle der Kägi Söhne AG im toggenburgischen Lichtensteig. Rhythmisch bewegen die
mehrere Jahrzehnte alten Maschinen während
48 Stunden die Schokoladenmasse. Die dafür
benötigten Kakaobohnen wurden im Haus
geröstet und verarbeitet. Drei bis vier Tonnen
Schokolade werden so pro Tag produziert.
«Unsere Schokolade kann hinsichtlich Qualität
und Geschmack ohne weiteres mit jener namhafter Schokoladenhersteller mithalten», sagt
Marc T. Tümmers, der seit gut einem Jahr CEO
der Kägi Söhne AG ist.
«Im Ausland ist das Schweizer Kreuz ein wichtiges Kaufargument.» Marc T. Tümmers, CEO Kägi Söhne AG.
zug bis hin zu Haselnuss-, Kokosnuss-, Cappuccino- oder Rumcrème-Füllung. «Das erste
Mal überhaupt haben wir dieses Jahr eine Limited Edition ins Sortiment aufgenommen: Kägi
mini mit gefriergetrockneten Erdbeeren und
Schweizer Rahm», sagt Marc T. Tümmers. Ob
es im kommenden Jahr diese Sorte oder vielleicht etwas ganz anderes geben wird, lässt er
offen. Neben der mit Schokolade überzogenen
Waffel produziert das Unternehmen noch ein
einziges weiteres Produkt: Das «Kägi Toggenburger Butterbiscuit». Kägi-Chef Tümmers
schmunzelt: «Ja, ja, unser Biscuit. Ursprünglich
wurde es eingeführt, um während den Sommermonaten ein Schokoladen freies Produkt
anbieten zu können.» Obwohl das Buttergebäck keine strategische Rolle im Portfolio spielt,
will Trümmers daran festhalten.
sche Investmentgesellschaft Argos Soditic neue
Besitzerin, jedoch nur für zwei Jahre, danach
wurde die Kägi Söhne AG von der Burger
Söhne Holding AG mit Sitz im aargauischen
Burg übernommen. Diese ist vor allem als
Inhaberin des gleichnamigen weltweit tätigen
Tabakwarenkonzerns bekannt, der Zigarren
und Zigarillos vertreibt.
Pro Jahr produziert die Kägi Söhne AG
etwa 3500 Tonnen Kägi fret, den Umsatz gibt
Tümmers nicht bekannt. «Er steigt jedoch
dynamischer als das Absatzvolumen und zwar
im In- wie auch im Ausland.» Im Ausland ist
die Firma bereits seit fast 60 Jahren tätig. Lange
war der Auslandanteil am Geschäft eher
bescheiden, heute wird fast die Hälfte des
Umsatzes in 27 Ländern in Europa, dem Mittleren und dem Fernen Osten erzielt. «Im Mittleren Osten sind wir bereits seit 27 Jahren tätig.
In Ländern wie beispielsweise Saudi Arabien,
Nicht mehr in Familienbesitz
Viele Jahrzehnte lang war die Kägi Söhne AG den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait
ein reines Familienunternehmen – bis es im oder Katar sind wir heute Marktführerin im
Jahr 1996 an die Valora Holding AG verkauft Bereich der Schokoladenwaffeln.» Seiner
wurde. Zwölf Jahre später wurde die europäi- Firma sei es wichtig, nicht einfach als Lieferant
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ohne Gesicht aufzutreten und das Marketing
nicht aus zig tausenden Kilometern Entfernung zu steuern, sondern mit den Büros vor
Ort den Puls der dortigen Konsumenten fühlen zu können.
Angst vor der stetig wachsenden Konkurrenz in den asiatischen Ländern hat Tümmers
nicht. Konkurrenz gebe es überall, es gelte
diese mit hoher, gleich bleibender Qualität in
Schach zu halten. «Für den internationalen
Konsumenten ist das Schweizer Kreuz ein
wichtiges Kaufargument – gerade im oberen
Preissegment, in welchem das Kägi angesiedelt
ist.» Deshalb ist er froh, dass die neuen Auflagen bezüglich Gebrauch des Schweizer Kreuzes
für die Kägi-Produkte kein Hindernis darstellen werden. Lasse man die Schokolade ausser
Acht, seien weit mehr als 90 Prozent aller Rohstoffe, die für die Fabrikation verwendet würden, aus der Schweiz – im Falle der Butter und
des Milchpulvers gar von einem regionalen
Milchverarbeiter.
Beim Rundgang durch den Produktionsbetrieb
spürt man, dass der Kägi-Chef mit viel Herzblut seiner Arbeit nachgeht. «Das Kägi fret hat
noch viel Entwicklungspotenzial. Es hat die
letzten Jahre etwas im Dornröschen-Schlaf verbracht.» Nein, negativ sei dies nicht gemeint,
das Produkt sei immer gut gelaufen und beliebt
gewesen. Doch wenn eine Marke so gut laufe
wie eben das Kägi fret, bestehe etwas die Gefahr,
dass das Marketing vernachlässigt werde. Nun
wolle man wieder das «urschweizerische KägiGefühl» in den Konsumenten wecken. Es reiche langfristig nicht, dass sich die Mutter an
ihre Erlebnisse mit dem Kägi fret in ihrer Kindheit erinnere, sondern sie müsse diese auch an
ihre eigenen Kinder weitergeben.
Bereits hat die Kägi Söhne AG verschiedene Marketingmassnahmen eingeleitet, etwa
vor einem Jahr den Kägimat. Bei diesem Automaten kann statt mit Bargeld mit einem Selfie
von sich und dem Kägimaten ein Kägi fret
erstanden werden. «Der Kägimat ist ein voller
Erfolg. Wir bekommen sehr viele Anfragen von
Veranstaltern oder auch Museen, die den Kägimat gerne aufstellen würden. Ein Lächeln
gegen ein Kägi fret: Dieser Tausch kommt an
und wir können auf originelle Art und Weise
unseren aktuellen Werbeslogan transportieren:
Glück isst ein Kägi.»
Viel Zeit und finanzielle Ressourcen investiert Kägi in die sozialen Medien als Werbeplattform. Eine Vollzeitstelle ist eigens dafür
geschaffen worden. Mit Erfolg: Die Kägi-Facebookseite zählt über 130 000 aktive Fans. Und
im März dieses Jahres wurde sie im Rahmen
des zweiten worldwebforum Zürich mit dem
Award «Most Popular Swiss Facebook Page
2014» ausgezeichnet. «Das zeigt uns, dass wir
auf dem richtigen Weg sind», sagt Marc T.
Tümmers. «Wahrscheinlich ist unsere Seite so
Massgeschneiderte Handarbeit
Auch in Deutschland sind die Kägi-Produkte
äusserst beliebt. «Angefangen hat es mit dem
Grenzsgeschäft. Nun sind wir bei Edeka und
Rewe in Bayern und Baden-Württenberg gelistet. Noch haben wir Hamburg nicht erreicht,
doch ich bin guter Dinge, dass dies uns auch
noch gelingen wird», sagt Tümmers und
schmunzelt.
Rund 100 Männer und Frauen arbeiten in der
Fabrik in Lichtensteig. Während die Produktion der Waffelplatten, die etwa die Grösse
eines A3-Blattes haben, sowie die Herstellung
des Butterbiscuits fast ausschliesslich vollautomatisch abläuft, hat Handarbeit bei der Fertigung der Kägi fret noch Hochkonjunktur.
«Keine Maschine kann die Waffelplatten so
exakt auf den Crémefüllungen platzieren wie
die menschliche Hand», sagt Marc T. Tümmers.
Er nimmt eine der mit drei Schichten Crème
gefüllten, noch ungeschnittenen Waffeln in die
Hand und kontrolliert die Übergänge zwischen
den einzelnen Waffel-Blättern. «Sehen Sie, da
ist praktisch kein Spalt zu sehen. Das ist
menschliche Präzisionsarbeit!»
In der Halle, in der die gefüllten WaffelBlätter geschnitten werden, dominieren wieder
Maschinen die Arbeitsschritte. Ein Geheimnis
will Tümmers unter keinen Umständen preisgeben: Wie der Schokoladenüberzug seine wellenförmige Struktur erhält. Es sei ein spezielles
Die Kägi fret erhalten ihren Schokoladeüberzug. Die Schokolade wird bei Kägi Söhne AG im Haus produziert.
Verfahren mit Luftdüsen, verrät er einzig.
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beliebt, weil der Konsument merkt, dass wir Verjüngungskur für die Verpackung
selber dahinter stecken und nicht irgendeine Eine Neuerung steht in diesem Herbst an.
Werbeagentur.» Billig sei dieses Kommunikati- Dann wird es einen Relaunch bei den Verpaonsmittel nicht, doch dank Facebook habe ckungen geben. Eine solche Verjüngungskur
Kägi schon viel über die Vorlieben und Aversi- erhalten die Kägi-Verpackungen zwar alle drei
onen der Konsumenten gelernt, sagt Marc T. bis vier Jahre, doch dieses Mal sind grössere
Tümmers weiter. Es gebe keinen direkteren und Änderungen vorgesehen. Das dreissigjährige
ehrlicheren Kontakt zu den Leuten – zumin- Logo mit der Alphütte, dem Bächlein mitten
dest zu jenen, die Kägi fret mögen.
durch die Alpweide und dem übergrossen
Kägi fret, un succès qui ne faiblit pas
zvg / Kägi Söhne AG
populaire. alimenta lui a rendu visite dans le Toggenbourg.
Les machines à concher sont en activité depuis plusieurs décennies déjà.
au rhum. Pour la première fois cette année, l’asentreprise purement familiale, Kägi Söhne AG sortiment comporte une édition limitée aux
appartient aujourd'hui à la société argovienne fraises et à la crème suisse. L’entreprise produit
Burger Söhne Holding AG. Chaque année, elle un seul autre article: un biscuit au beurre, desproduit environ 3500 tonnes de gaufrettes tiné à l’origine à pouvoir proposer une friandise
d’après une recette qui n'a plus été modifiée sans chocolat pendant les mois d’été. Si les
depuis 65 ans. Les articles se déclinent en sept ventes à l’étranger sont longtemps restées confivariantes de diverses tailles, de la gaufrette tra- dentielles, elles représentent aujourd’hui près
ditionnelle au chocolat au lait à la version au de la moitié du chiffre d’affaires. Marc T.
chocolat noir, en passant par les fourrages aux Tümmers, CEO, ne dévoile pas de chiffres mais
noisettes, à la noix de coco, au cappuccino ou affirme ne pas craindre la concurrence crois-
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[email protected]
sante dans les pays asiatiques. «Pour les
consommateurs internationaux, la croix suisse
est un argument important, surtout dans le segment de prix supérieur dans lequel se situe
Kägi». Il est donc satisfait que les nouvelles
conditions réglant l’usage du symbole helvétique ne soient pas un obstacle. Hormis le chocolat, plus de 90% des matières premières utilisées pour la fabrication des gaufrettes
proviennent de Suisse.
La gaufrette Kägi fret fait partie des douceurs typiquement helvétiques
comme le Ragusa ou le Tobleron. A l’étranger, elle est également très
KARIN ISELI-TRÖSCH. Restée longtemps une
Steinbock auf den Churfirsten wird es nicht
mehr geben. «Wir wollen etwas von diesem
kleinteiligen Heidi-Image mit der traditionellen Herkunftswelt, die so rein faktisch ja auch
gar nicht stimmt, wegkommen», sagt Tümmers.
Prominenter soll nun dagegen das Schweizerkreuz platziert werden, um die Schweiz als
Herkunftsland noch mehr zu unterstreichen.
Artisanat et marketing
La fabrique de Lichtensteig occupe une centaine de collaborateurs. Si la production des
gaufrettes et du biscuit au beurre est presque
entièrement automatisée, le travail manuel
occupe encore une place importante dans la
finition du produit. «Aucune machine n’est
capable de placer la gaufrette sur le fourrage
avec la précision souhaitée», affirme Marc T.
Tümmers. Le CEO est convaincu que le potentiel de développement de l'entreprise est grand.
Quand une marque a du succès, le risque est de
négliger le marketing. L’objectif est désormais
de rappeler aux consommateurs helvétiques
que Kägi fait partie des valeurs typiquement
suisses. Diverses mesures ont ainsi été lancées,
à l’image du Kägimat. Cet automate permet
d'acheter une gaufrette en la payant avec un
autoportrait en lieu et place d’argent comptant.
Kägi investit beaucoup dans les réseaux
sociaux et a créé un poste à plein temps à cet
effet. Avec succès: la page Facebook de Kägi
compte plus de 130 000 fans actifs. Bien qu’onéreux, ce mode de communication a permis d'en
savoir davantage sur les préférences et les aversions des consommateurs, mais aussi d’établir
un contact direct avec eux, du moins avec ceux
qui aiment Kägi fret. Enfin, cet automne, les
emballages seront rajeunis. Le logo, qui évoque
la montagne, sera supprimé pour laisser la
place à la croix suisse, afin de mieux souligner
l’origine du produit.