Organisationsentwicklung von Bildungsträgern - f
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Organisationsentwicklung von Bildungsträgern - f
3/2003 Forschungsinstitut Betriebliche Bildung Organisationsentwicklung von Bildungsträgern innovativ – kundenorientiert – erfolgreich Editorial Bildungsträger agieren heute in einer sich schnell und radikal verändernden Umwelt. Lange für sicher gehaltene Überzeugungen und bewährte organisatorische Konzepte haben sich überlebt. Nicht der nostalgische Rückblick auf alte Zeiten ist in dieser Situation gefragt, sondern eine realistische Einschätzung sich wandelnder Markterfordernisse. Nur verstärkte Orientierung auf die Bedürfnisse der Kunden kann den wirtschaftlichen Erfolg gewährleisten. Optimale Qualität muss sich mit effizientem und effektivem Ressourceneinsatz verbinden. Für die erfolgreiche Positionierung von Bildungsträgern reichte es in der Vergangenheit häufig aus, Standardseminare für öffentliche Kostenträger anzubieten. Vielleicht gelang es dann noch, diese Produkte leicht modifiziert in der betrieblichen Bildung zu platzieren. Heute erwarten die Kunden von einem Bildungsträger jedoch maßgeschneiderte und umfassende Dienstleistungen, die Integration unterschiedlichster Teilleistungen in nachfrageorientierte Konzepte und eine deutlich höhere Kosteneffizienz. Folgerungen, die sich daraus ergeben, sind u. a.: gruppen aufgestellt werden. Es geht um die Schaffung klarer Strukturen, die auf eine Integration unterschiedlicher Teilleistungen in einheitliche Prozesse zielen – auch quer zu bestehenden Abteilungen. Überschneidungen im Angebot werden beseitigt, unproduktive Kosten reduziert, neue Marktnischen und innerbetriebliche Reserven erschlossen. Dadurch eröffnen sich zweitens Spielräume, die es möglich machen, sich im immer stärker unter Preisdruck stehenden Marktsegment des klassischen Seminargeschäfts zu behaupten und darüber hinaus auch in neue Geschäftsfelder mit besseren Ertragsmöglichkeiten zu expandieren. Die Kunden wünschen sich heute Systemlieferanten, die klassische Bildungsdienstleistungen mit Beratung, Organisationsentwicklung und Integration von neuen Lernformen und -medien anzureichern vermögen. Die Arbeitsverwaltung und andere öffentliche Kostenträger fordern die unmittelbare Verknüpfung von Bildungsmaßnahmen mit Beratungs- und Vermittlungsdienstleistungen. Es wird nicht mehr zwischen Bildung, Beratung und Vermittlung unterschieden. Und die Unternehmen erwarten eine kontinuierliche Begleitung bei der Lösung ihrer betrieblichen Aufgabenstellungen. Lehrgänge und Seminare sind mit Personal- und Organisationsentwicklung oder Qualitätssicherung zu verbinden. Was bedeutet das für die Personal- und Organisationsentwicklung von Bildungsträgern? Verknüpfung bisher vor- und nachgelagerter Dienstleistungen mit traditioneller Weiterbildung und Ein Angebotsspektrum, das ausschließlich die Low-Cost-Bereiche einbezieht, ist chancenlos. erfolgsbezogene Bezahlung der Dienstleistungen. Der Kundennutzen zählt. Daher kann sich auch intern für die einzelnen Bereiche eine Orientierung auf erfolgsorientierte Vertriebsstrukturen als nützlich erweisen. Um auf veränderte Erwartungen der Kunden adäquat reagieren zu können, ist eine Doppelstrategie der Organisationsentwicklung erforderlich: Erstens müssen die Geschäftsfelder entlang des Bedarfes der Kunden- Für die Entwicklung innovativer Produkte reichen isolierte „gute Einfälle“ nicht aus. Systematische Organisationsentwicklung Inhalt Editorial Seite 1 Praxisbezug ist wichtiger als Gütesiegel – Ansprüche betrieblicher Kunden an die Qualität von Bildungsdienstleistungen Seite 2 Die Einführung von eLearning managen – eine aktuelle Aufgabe des Innovationsmanagements von Bildungsträgern Seite 3 Wissensmanagement – auch bei Bildungsträgern? Seite 4 Selbstlernzentren – neue Dienstleistungen brauchen neue Organisationsstrukturen Seite 5 Bildungsträger in regionalen Netzwerken Seite 6 Nachlese Seite 7 Veröffentlichungen Seite 8 Veranstaltungen Seite 8 ist gefordert, die die kontinuierliche Prüfung, Begleitung und Transfersicherung innovativer Projekte unter strategischen Gesichtspunkten einschließt. Innovation als dezentraler Prozess, der von kreativen 3/2003 1 Abteilungen und Mitarbeitern an verschiedenen Stellen im Unternehmen vorangetrieben wird, ist ergänzungsbedürftig durch zentrale Funktionen, die die Privatisierung der Innovationen verhindern, Informationsaustausch, Synergien und Ergebnistransfer fördern, die Qualität von Projekten sichern und ihre Außendarstellung koordinieren. Je weiter ein Bildungsträger verzweigt ist, desto höher die Anforderungen an das Wissensmanagement. Neue Bildungsdienstleistungen verlangen einen Einstellungswandel bei den pädagogischen Akteuren. Anforderungsprofile verändern sich. Die Mitarbeiter müssen die Seminargebäude verlassen und gemeinsam mit ihren Kunden lernen. Sie müssen Transferhelfer werden, Lösungswege für betriebliche Probleme anbieten können und in der Lage sein, in Büros und Fabriken selbst gesteuerte Lernprozesse zu organisieren. Darum verlangen neue Bildungsdienstleistungen auch neue Formen der Weiterbildung für Trainer und Dozenten. Praxisbezug der Weiterbildung 81,8 % Kompetenz der Dozenten 49,7 % Didaktisch/methodische Aspekte 37,8 % Technische und organisatorische Rahmenbedingungen 0% 30,3 % 10% 20% 30% 40% 50% Praxisbezug ist wichtiger als Gütesiegel – Ansprüche betrieblicher Kunden an die Qualität von Bildungsdienstleistungen Die bfz Bildungsforschung führte im Jahr 2002 eine Studie zur „Qualität beruflicher Weiterbildung aus Unternehmenssicht“ im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durch, in deren Rahmen sich 80 Unternehmen an einer eingehenden schriftlichen Befragung beteiligten. Deren Ergebnisse zeigen den starken Praxisbezug betrieblicher Entscheidungsprozesse bei der Auswahl von Weiterbildung. Externe Anbieter von Bildungsdienstleistungen sind wichtige Partner für die Unternehmen in Deutschland. Nahezu alle befragten Firmen nehmen Leistungen von Institutionen oder freien Trainern in 3/2003 60% 70% 80% 90% 80% 90% Formale Indikatoren für Qualität Der Ruf (guter Name) des Weiterbildungsanbieters Ottmar Döring/Eckart Severing 2 Qualitätskriterien der Unternehmen 64,3 % „Wirtschaftsnähe“ des Weiterbildungsanbieters Zertifizierung des Trägers nach anerkannten QM-Systemen, z. B. DIN-ISO 9000 ff., EFQM Gütesiegel des Weiterbildungsanbieters, Zugehörigkeit zu Qualitätsringen 0% 65,2 % 20,3 % 18,5 % 10% 20% 30% Anspruch. Somit können Weiterbildungsveranstaltungen, die mit Hilfe externer Anbieter in Unternehmen durchgeführt werden, als die in der Praxis am weitesten verbreitete Form der betrieblichen Weiterbildung angesehen werden. Im Durchschnitt decken die Unternehmen circa die Hälfte ihres Weiterbildungsbedarfs mit Hilfe von Bildungsträgern ab. Wichtigstes Qualitätskriterium stellt dabei für die Befragten der Praxisbezug der Angebote dar: Seminare sollen nicht zu theorielastig, möglichst exakt an die Bedarfe des Betriebs und der Teilnehmer angepasst und transfertauglich sein. Zweitwichtigstes Kriterium ist die Qualifikation der Dozenten. Um geeignete Bildungsträger und Maßnahmen zu finden, die diesen Kriterien entsprechen, verwenden die Unternehmen eine Vielzahl von Instrumenten, Indikatoren und Informationsquellen. Schriftliche Materialien wie Kataloge, Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien verschiedener Bildungsträger spielen eine wichtige Rolle bei der Auswahl, in Gesprächen wird eine möglichst exakte Anpassung an den Bedarf angestrebt. Wichtigste Informationsquelle 40% 50% 60% 70% (für fast 90 % der Befragten) sind aber die eigenen „guten Erfahrungen“, während Instrumente einer vergleichenden und systematischen Auswahl wie Checklisten, Weiterbildungsdatenbanken und Beratungseinrichtungen selten genutzt werden. Und der Träger, der sich einmal bewährt hat, hat gute Chancen, auch das nächste Mal mit einem Seminar betraut zu werden: 60 % geben an, dass sie seit Jahren mit einem oder mehreren bewährten Bildungsträgern zusammen arbeiten, die auch bei neuen Maßnahmen erste Wahl sind. Zum eher pragmatischen Stil der Beurteilung passt dann auch, dass bei der Auswahl eher „weiche“ Faktoren wie der „gute Ruf“ und die „Wirtschaftsnähe“ eines Anbieters für zwei Drittel von Bedeutung sind, während „harte“, dokumentierte Kriterien wie Gütesiegel und Zertifizierung nach anerkannten QM-Systemen nur für ein Fünftel eine wichtige Rolle spielen. Bei der Evaluation des Lernerfolgs verlässt sich die Mehrheit der Befragten auf die subjektive Einschätzung der Mitarbeiter bzw. deren Vorgesetzten. Eine systematische Auswertung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten findet in weniger als einem Drittel der Unternehmen statt, und nur 7 % versuchen, den Transfererfolg über betriebliche Kennziffern zu ermitteln. Es ist festzuhalten, dass Unternehmen eine Vielfalt von Instrumenten nutzen, um sich ein Bild von der Qualität des Angebots eines Bildungsdienstleisters zu machen. Wichtiger als formelle Kriterien sind aber der persönliche Kontakt und die Fähigkeit, im Gespräch mit den Unternehmen passgenaue Angebote zu erstellen. Diese Fähigkeit zahlt sich auch in der Zukunft aus. Roland Geldermann/João Filipe Baigger Die Einführung von eLearning managen – eine aktuelle Aufgabe des Innovationsmanagements von Bildungsträgern Im Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft werden bereits seit Mitte der Neunzigerjahre eLearningModule für das Lernen via Internet entwickelt. In der Forschungsabteilung des Bildungswerks, der bfz Bildungsforschung, entstanden eLearning-Produktlinien für die betriebliche Weiterbildung und für SGB-III-geförderte Maßnahmen. Im Juli 2003 wurde ein Produktmanagement eLearning als Zentralabteilung der bfz gGmbH eingerichtet. Die neue Abteilung vermarktet die Produkte der Pilotprojekte intern und extern und überführt die vorhandenen Erfahrungen mit netzgestütztem Lernen in das Regelgeschäft der Unternehmensgruppe. Das f-bb begleitet diesen Prozess der Organisationsentwicklung durch eine Innovationsberatung, die im Themenbereich „Lernen in und von beruflichen WeiterbildungsEinrichtungen“ des Forschungs- und Entwicklungsprogrammes „Lernkultur Kompetenzentwicklung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durch die Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V. gefördert wird. Für den Übergang zu Formen netzgestützten Lernens in der beruflichen Bildung sprechen vielfältige Gründe: Steigender Weiterbildungsbedarf muss bei tragbaren Kosten gedeckt werden; bequeme Zugänglichkeit von Bildungsangeboten aus Arbeitskontexten heraus, Flexibilisierung und Modularisierung sind gefragt; es gilt, Standardisierung von Lernmedien mit rascher Aktualisierbarkeit, individualisiertes Lernen mit personaler Betreuung zu verbinden. Welche Vorteile netzgestütztes Lernen angesichts dieser Anforderungslage bietet, ist oft beschrieben worden. Im Folgenden soll es nicht um die Potenzialanalyse von eLearning gehen, sondern darum, welchen neuen Anforderungen sich Bildungsanbieter gegenübersehen, die ihr traditionelles Lehrgangsgeschäft um eLearning-Angebote erweitern und ergänzen. Wie grundsätzlich der Wandel ist, wird an drei Feldern des Managements von Bildungsdienstleistungen erläutert. Betriebswirtschaftliche Aspekte Zunächst gestalten sich Kostenstruktur und Vorschüsse grundsätzlich anders als beim Präsenzseminar. Hier ist die Höhe der zu tätigenden Vorschüsse stark domänenabhängig. Entsprechend dem Charakter der zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten sind Lern-Arbeitsmittel zu beschaffen – von der Seminarraum-Ausstattung bis hin zur Einrichtung von Lehrwerkstätten und Übungsfirmen. Die Personalkosten sind weitgehend von der Teilnehmerzahl abhängig. Grundsätzlich gilt bei lehrgangsförmigen Angeboten: je größer die Zahl der durchgeführten Seminare, desto höher der Aufwand für Personal- und Sachkosten. Dabei sind die nötigen Vorschüsse oft im Vorfeld der jeweiligen Maßnahme für relativ kurze Zeit zu tätigen. Zu einer gewissen Senkung der Umlaufgeschwindigkeit hat erst die allgemeine Tendenz zur Technisierung von Seminaren und Trainings geführt, die bereits vor der PC-Ära einsetzte. Zum SeminarraumMobiliar traten Overhead und Video hinzu. Für die Einrichtung eines Sprachlabors waren bereits hohe investive Kosten zu veranschlagen. Beim Aufbau einer vollständigen autonomen eLearning-Struktur (Server, breitbandiger Zugang, Learning Management System und eigener Content) ist dies, unabhängig vom Lehrgegenstand, der Normalfall: Erheblichen Vorschüssen in der Initialisierungsphase steht ein vergleichsweise geringer Pflegeaufwand in der Folgezeit gegenüber: Der Return on Investment wird erst bei größeren Teilnehmerzahlen erreicht. Gewinne stellen sich über Skaleneffekte ein. Bei den Bildungsanbietern ergeben sich daraus neue Anforderungen an Kapitalgröße, Finanz- und Kooperationsmanagement. Bei der Bereitstellung der Inhalte wird „make or buy?“ zur erfolgskritischen Frage. Veränderungen am Produkt Bildung Die Planung von Bildungsmaßnahmen setzt klare Vorstellungen von objektivem Bedarf und empfundenen Bedürfnissen der Lernenden, von ihrer subjektiven Verfasstheit, von Potenzialen, Vorkenntnissen und möglichen Lernbarrieren voraus. Bildungsträger und Dozenten, die Seminare vorbereiten, konzipieren ihre pädagogischen Interventionen entsprechend diesen Vorannahmen. Dabei wird auf Forschungsergebnisse zurückgegriffen, die von der Marktforschung über Zielgruppenanalysen bis hin zu pädagogischer und psychologischer Grundlagenforschung reichen. Ob und in welchem Maße die so entwickelten Konzepte durch die lebendige Erfahrung von Unterricht und Seminar korrigiert und erweitert werden, ist nicht zuletzt eine Frage der individuellen Sensibilität und Lernbereitschaft von Lehrern oder Dozenten. Wenn aus Seminaranbietern (auch) Medienentwickler werden, erhält die Planungsphase ein neues Gewicht. Nicht nur ist die Erstellung der Lernmedien ohne Vorannahmen über Adressaten und Umfeldbedingungen des Bildungsangebots schlechterdings unmöglich. Diese Vorannahmen sind, einmal im Mediendesign objektiviert, – anders als in Lehr-Lernszenarien, deren Mittelpunkt kommunikative Prozesse bilden – nicht mehr ohne Weiteres im Wechselspiel pädagogischer Interaktionen revidierbar. Fehlentscheidungen in der Planungsphase sind für die Lernenden frustrierend und können für den Anbieter ökonomisch ruinös sein. Für die Akteure der Planungsphase bedeutet das: Sie haben den ökonomisch erforderlichen hohen Standardisierungsgrad der Medien mit individualisierten Bedarfslagen der Lernenden auszubalancieren. Kernbestände beruflich benötigten Wissens sollen standardisiert werden. Dazu sind präzise Recherchen im Vorfeld der Medienproduktion erforderlich. Daneben sind Individualisierungsmöglichkeiten vorzusehen. Für den betrieblichen Einsatz standardisierter Produkte wird häufig ein Customizing die unerlässliche Voraussetzung sein. Der Adaptierbarkeit, den Möglichkeiten der Veränderung und Ergänzung von Lernmedien aufgrund gruppenspezifischer Interessen und berufspraktischer Erfordernisse, kommt große (immer noch nicht hinreichend erkannte) Bedeutung zu. Zusätzlich müssen die objektivierten Lernmedien auf intelligente Weise mit pädagogischen Interaktionen verknüpft werden (Teletutoring und -coaching, virtuelle Seminare). Bei der Vorstrukturierung dieser Interaktionen fallen wiederum technische und organisatorische Grundsatzentscheidungen, die später nur noch mit großem Aufwand korrigierbar sind. Mit der Verknüpfung von Multimedia und netzgestütztem Lernen erweitern sich schließlich die didaktischen Potenziale. Die Band- 3/2003 3 Kostenentwicklung beim eLearning im Vergleich zu seminaristischer Weiterbildung Kosten in T€ Multimediales Selbstlernprogramm: Produktion und Pflege 70 Hauptteil des Vorschusses vor erstem Einsatz 40 Präsenzseminar Fremdprodukt: Lizenzen 10 100 250 400 500 Teilnehmerzahl breite möglicher Mediendesigns reicht vom schlanken, arbeitsintegriert nutzbaren Informationstool bis zur aufwändigen Simulation von Verrichtungen und Prozessen. Innerhalb dieses Spektrums Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln erfordert umfassende Marktkenntnis, betriebswirtschaftliches Augenmaß und viel pädagogisch-didaktisches Know-how. Human Resources Management Dieses Know-how zu entwickeln gehört zu den zentralen Herausforderungen, die sich dem Innovationsmanagement in Bildungsorganisationen heute stellen. Aus Dozenten müssen Teledozenten werden: medienkompetent, mit den eingesetzten Medien inhaltlich vertraut und fähig, Lernprozesse „auf Distanz“ zu unterstützen. Entsprechendes gilt für Fachautoren, die als Drehbuchautoren fungieren. Ihre Aufgaben verlangen das Denken in Geschichten, Situationen und Bildern ebenso wie die Kenntnis des Internets und Vertrautheit mit der Metadaten-Problematik. Schulungen des Bildungspersonals haben auch die Aufgabe, Widerstände und Rationalisierungsängste abzubauen, die die Verankerung von eLearning in traditionellen Bildungsorganisationen behindern können. eLearning-Produkte entstehen in Kooperationsprozessen, die Bildungsmanagement, Fachexperten, betriebliche Praktiker und Drehbuchautoren, Programmierer, Didaktiker, Screen-Designer und andere Fachspezialisten zusammenführen. Dies hat ein Projektmanagement von hoher Komplexität – und mit spezifischen Problemlagen – zur Folge. (Die relevanten Besonderheiten der Prozessund Produktqualität werden jetzt in einer Spezifikation zum eLearning beschrieben. Sie ist in einer Arbeitsgruppe beim DIN e. V. entstanden, an der sich der Autor beteiligt hat.) Das Produkt Bildung lebt von einem 4 3/2003 hohen Identifikationsgrad aller an der Produkterstellung Beteiligten. Der Entscheidung, welche Kompetenzen im Haus gehalten und an welchen Stellen externe Lieferanten zugezogen werden sollten, kommt deshalb besonderes Gewicht zu. Die Erweiterung des Dienstleistungsspektrums um eLearning wird nur bei jenen Bildungsträgern zum Erfolg führen, die sie als Prozess organisationalen Lernens verstehen. Anbieter, die das berücksichtigen, müssen die neuen (nationalen und transnationalen) Wettbewerber nicht fürchten, denen sie sich in den Zeiten des Internets auch gegenübersehen – ob sie die Herausforderung annehmen oder nicht. Thomas Reglin Wissensmanagement – auch bei Bildungsträgern? Die öffentlichen Mittel für die berufliche Weiterbildung werden erheblich reduziert. Auch die Budgets in den Unternehmen für die betriebliche Weiterbildung werden immer knapper. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind besonders Personalentwicklungsmaßnahmen vom Rotstift bedroht. Die Angebote und die Qualität von Bildungsträgern werden in dieser Situation kritischer als in der Ver- gangenheit betrachtet. Bildungsträger müssen sich daher künftig anders aufstellen und sich vor allem durch eine verstärkte Kundenorientierung auszeichnen. Hier setzt der Modellversuch „Bildungsträger in der Wissensgesellschaft“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) an, der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. In Zusammenarbeit mit Bildungsträgern werden Strategien zur Einführung neuer Bildungsdienstleistungen und, darauf aufbauend, Konzepte zur Organisations- und Personalentwicklung von Bildungsträgern entwickelt und evaluiert. Neue Strukturen bei Bildungsdienstleistern für maßgeschneiderte und flexible Bildungsdienstleistungen Für wechselnde Anforderungen der Arbeitswelt werden von Bildungsträgern statt Standardangeboten zunehmend flexibel einsetzbare Konzepte von öffentlichen Kostenträgern und Betrieben gefordert, die sich am Bedarf der Lernenden orientieren und effektiver als Kurse sind. Zudem soll der Lerner selbst eine größere Verantwortung für die Planung, Durchführung und Bewertung seiner kontinuierlichen Weiterbildung übernehmen. Um dafür neue Bildungsdienstleistungen entwickeln zu können und diesen betrieblichen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es adäquater interner Strukturen bei Bildungsdienstleistern. Die Formen des Innovations- und Wissensmanagements müssen die Entwicklung, Gestaltung und den Vertrieb maßgeschneiderter Bildungsangebote ermöglichen und unterstützen. Bildungsträger sind jedoch noch immer in erster Linie Seminaranbieter, an denen die Modernisierung der Lernformen und der Kundenorientierung vorbeigehen, weil sie diese nicht mit ihrer üblichen Organisationsform und ihrem traditionellen Wissensmanagement bewältigen können. Die Voraussetzung, dass Bildungsträger in der Lage sind, neue Bildungsdienstleistungen zu entwickeln, sind veränderte Organisationsstrukturen und eine gesteigerte Innovationsfähigkeit. Im Modellversuch „Bildungsträger in der Wissensgesellschaft“ ist ein Geschäftsmodell entwickelt worden, das es Bildungsträgern ermöglicht, unter den herrschenden diffusen Bedingungen adäquate interne Strukturen zur Gestaltung und Verbreitung maßgeschneiderter Angebote zu entwickeln. Flexible Weiterbildungslösungen sind Rahmenkonzeptionen, die eine individuelle thematische Schwerpunktsetzung und maßgeschneiderte Gestaltungsmöglichkeiten des Trainingsablaufs entsprechend den betrieblichen Anforderungen zulassen. Das endgültige Weiterbildungsangebot ist daher zum Großteil Resultat eingehender Beratungsgespräche des Bildungsberaters mit dem betrieblichen Kunden. Die Aufgabe für das Bildungspersonal besteht demnach zunehmend in der Entwicklung und Anpassung von Konzepten, die je nach Kundenbedarf gestaltet sind. Für flexible Bildungsdienstleistungen sind die herkömmlichen Methoden und die standardisierten Wege beim Bildungsträger für die Produktentwicklung und -verbreitung sowie für das Marketing untauglich. Für Weiterbildungsangebote, die keine feste Struktur mehr aufweisen, bei denen das Seminarfeld das Gleiche bleibt, aber Ablauf, Dauer, Ort, Teilnehmerzahl und die gewählten Methoden sich je nach Kundenwunsch und Schwerpunktsetzung der Qualifizierung ändern, können geeignetere Methoden zur internen und externen Verbreitung geschaffen werden. Die strikte Trennung der Aufgaben von Dozent, Bildungsberater und Konzeptentwickler beim Bildungsträger ist bei neuen Lernformen obsolet. Die Zusammenarbeit aller am Weiterbildungsprozess Beteiligten bei der Gestaltung einer Maßnahme stellt nun die Grundlage der Arbeitsteilung dar. Es empfehlen sich daher moderne Formen und Strukturen des Wissens- und Innovationsmanagements, die trotz flexibler Bildungsangebote einen systematischen und zielorientierten Umgang mit Wissen ermöglichen, um so die Entwicklung und Verbreitung von neuen Bildungsdienstleistungen zu gewährleisten. Es ist das Wissen und die Erfahrungen mit der Gestaltung maßgeschneiderter Bildungsangebote sowie mit der Akquise und Beratung von Betrieben, die zukünftig statt fertiger Weiterbildungsangebote innerhalb des Bildungsdienstleisters verstärkt weitergegeben werden müssen. Maßgeschneiderte und flexible Angebote in marktgerechter Breite verfügbar zu haben, damit sie jederzeit einsetzbar sind, darin besteht für den Bildungsträger die Herausforderung. Produktschulungen als eine neue Form des Wissens- und Innovationsmanagements Eine Form des Wissens- und Innovationsmanagements, die den Ansprüchen an Entwicklung, Gestaltung und Verbreitung von neuen Bildungsdienstleistungen gerecht wird, können Produktschulungen sein. Dabei handelt es sich nicht um Produktschulungen im klassischen Sinn, sondern um eine Form des Wissensaustauschs über maßgeschneiderte Lernarrangements. Hier werden nicht nur erste Erfahrungen aus der Praxis, sondern auch konzeptionelle Variationsmöglichkeiten, Angebotsformen und Zielgruppenansprachen diskutiert und ausgetauscht. Charakteristika von Produktschulungen Ziel: Entwicklung und Anpassung neuer Bildungsdienstleistungen, die nachfrageorientiert, passgenau und maßgeschneidert sind. In diesen Leistungserstellungsprozess werden Aspekte des Marketings und der Kundengewinnung integriert. Zielgruppe: Alle Personen und Institutionen, die am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind, zum Beispiel Bildungsberater, Seminarleiter, Koordinatoren, Leiter von Standorten und Kunden, können zur Zielgruppe gehören. Unterschieden wird in interne Treffen, beteiligt sind das Bildungspersonal und Verantwortliche beim Bildungsdienstleister und externe Treffen, hier sind zusätzliche interessierte Betriebe und vor allem Unternehmen eingeladen, die von ihren praktischen Erfahrungen mit flexiblen Weiterbildungslösungen berichten. Struktur: Punktuelle Workshops zur Anbahnung von Kundenkontakten, Erstellung von „Werbematerial“, Standortspezifische Gestaltung und Anpassung neuer Bildungsdienstleistungen usw. Methode: Wissens - und Erfahrungsaustausch zwischen allen Personen und Institutionen, die am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind, d.h. den Experten für betriebliche Bildung beim Bildungsträger selbst. Inhalte: Gegenstand sind neue Bildungsdienstleistungen (eLearning, Unterstützung selbst organisierter Lernprozesse in Betrieben, neue Formen von Lernangeboten für ältere Arbeitnehmer etc.) Es erfolgt dabei eine Verschränkung von Elementen der Produktentwicklung, des Wissens- und Innovationsmanagements, der Kundenakquise und der Erarbeitung von Marketingstrategien. Produktschulungen sind eine Möglichkeit den veränderten Anforderungen der Betriebe gerecht zu werden und individuelle und maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote zu entwickeln. Sie sind eine adäquate Form des internen Wissens- und Erfahrungsaustauschs und auf Grund ihrer flexiblen Strukturen durchaus für die Entwicklung und Vermarktung von neuen Bildungsdienstleistungen geeignet. Julia Busse Selbstlernzentren – neue Dienstleistungen brauchen neue Organisationsstrukturen Im individuellen und selbst organisierten Lernen, das „just in time“ erfolgt, liegt nach Ansicht vieler Experten die Zukunft der persönlichen und beruflichen Weiterbildung. Allerdings sind die meisten Beschäftigten oder auch Arbeitsuchenden auf selbst organisiertes und eigenverantwortliches Lernen nicht vorbereitet. Das betrifft die technisch-organisatorische Seite – kaum ein Lernwilliger verfügt über ein komplettes Spektrum an Lernmaterialien und -medien und nicht immer steht ein geeigneter Lernort zur Verfügung – vor allem aber die Kenntnisse und Erfahrungen, wie Lernprozesse zu planen und zu gestalten sind. Hier brauchen Weiterbildungswillige professionelle Unterstützung. Diese können sie in sogenannten Selbstlernzentren finden, die bereits von einigen Bildungsträgern installiert und erfolgreich betrieben werden. Wie funktioniert ein Selbstlernzentrum? Selbstlernzentren sind Bildungsangebote zu unterschiedlichsten – meist berufsbezogenen – Themenfeldern (kaufmännischer Bereich, EDV, Sprachen, etc.), bei denen die Teilnehmer ihren Lernprozess, Inhalte, Lernform, Zeitund Terminplanung, zu einem großen Teil frei gestalten können. Der Betreiber, in der Regel ein Bildungsträger, stellt dazu eine Palette unterschiedlicher Lernmedien, vom traditionellen Fachbuch bis hin zu eLearningProgrammen zur Verfügung. Die Lerninhalte sind in frei kombinierbaren Modulen aufbereitet. Offene Lernformen können mit flexiblen Präsenzveranstaltungen (z. B. Bewerbungstraining, Kommunikationstraining, Marketing-Praxis und Präsentation etc.) zu Blended-Learning-Lösungen verbunden werden. Es bietet sich somit die Möglichkeit, Trainings und Seminare individuell, modular und flexibel zu gestalten. Der Lernende wählt die für ihn relevanten Themen und Lernmedien aus und stellt sich so sein persönliches Lernprogramm zusammen. 3/2003 5 Die Angebote eines Selbstlernzentrums richten sich zum einen an Arbeitsuchende, zum anderen an Mitarbeiter in Unternehmen als Alternative zur „klassischen“ Mitarbeiterschulung sowie an Privatpersonen (Selbstzahler), die sich weiterbilden möchten, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern oder um den Wiedereinstieg in den Beruf vorzubereiten. Der völlig flexible Einstieg und die frei einteilbare Zeit ist besonders für Frauen in der Familienphase interessant: das Buchen einzelner Module ermöglicht die Einlösung von Bildungsgutscheinen. Ein Selbstlernzentrum ist mehr als ein Internet-Cafe: Unterstützung bei der Gestaltung des Lernprozesses Die Angebote eines Selbstlernzentrums gehen weit über das Bereitstellen von Equipment und das Schaffen von Rahmenbedingungen für selbstständiges Lernen hinaus: Die Besonderheit und damit der große Nutzen für die Teilnehmer liegt in der Beratung und Unterstützung bei der Planung von Selbstlernprozessen und Strategien zur Weiterqualifizierung. Nach einem eingehenden Beratungsgespräch, eventuell unterstützt durch einen Einstufungstest (Sprachen, EDV), legen Lernender und Bildungsberater gemeinsam Ziele, Inhalte, Strategie und Umfang der Weiterbildung fest. Gegebenenfalls werden hierbei auch der Arbeitgeber oder der Arbeitsberater einbezogen. Das individuelle Kompetenzprofil führt zu einem persönlichen und maßgeschneiderten Lernkonzept, bei dem Unter- oder Überforderungen vermieden werden Beratungsaktivitäten umfassen Laufbahnberatung: Synchronisation von Lernen und biographischer Entwicklung Lernberatung: Hilfestellung bei der Auswahl und Kombination geeigneter Module und Medien Methodische Beratung zur Auswahl von Lernstrategien und bei Lernproblemen Vom Schulungszentrum zum Selbstlernzentrum - vom Kursleiter zum Lernberater und Lernprozessbegleiter Der Erfolg selbst organisierten Lernens hängt nicht zuletzt davon ab, dass der Lernende professionelle Beratung und Unterstützung bei der Planung, Gestaltung und Absolvierung des Lernprozesses erhält. Die Rolle 6 3/2003 des Lernberaters und Lernprozessbegleiters bekommt damit besonderes Gewicht. Die Kernaufgaben des Personals im Selbstlernzentrum umfassen neben der bereits beschriebenen Eingangsberatung und begleitenden Lernberatung und Betreuung die technisch-organisatorische Unterstützung im Lernprozess. Letzteres betrifft vor allem die Sicherung der technischen Voraussetzungen sowie Hilfestellung bei der Materialauswahl und der Gerätebedienung. Anforderungen an das Personal im Selbstlernzentrum Lernberatung: Eingangsberatung und Einstufungstests Aufzeigen von Lernwegen Auswahl der Lerninhalte Auswahl der Lernfomen und -medien Beratung hinsichtlich möglicher Abschlüsse Lernprozessbegleitung: Ansprechpartner bei Fragen und Verständnisproblemen Ansprechpartner bei technischen Problemen Das Aufgabenspektrum des Personals im Selbstlernzentrum ist aber noch viel weiter: Neben den pädagogischen Anforderungen kommen auf die Mitarbeiter organisatorische Tätigkeiten zu. So müssen die individuellen Lernpläne der Teilnehmenden aufeinander abgestimmt werden, um eine optimale Auslastung der Räumlichkeiten zu gewährleisten (z. B. Computerbelegung im EDV-Raum). Ähnliches gilt für Inhalte, die als Präsenzveranstaltung angeboten werden. Hier müssen Teilnehmer mit vergleichbarem Kenntnisstand zusammengebracht werden. Dies alles ist weitgehend Neuland für die Mitarbeiter beim Bildungsträger. Auch sie brauchen eine systematische Vorbereitung und Unterstützung bei diesen neuen Tätigkeitsfeldern. Die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gGmbH werden in den nächsten Monaten mit dem Betrieb der ersten Selbstlernzentren starten. Zur Vorbereitung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die dort die Beratung und Organisation übernehmen werden, konzipiert der Modellversuch „Bildungsträger in der Wissensgesellschaft“ eine Schulungssequenz: „Vom Kursleiter zum Lernberater“. Ottmar Döring/Barbara Mohr Bildungsträger in regionalen Netzwerken Kooperationen in der Bildung sind nicht neu, sie haben aber in der aktuellen Krise der Branche einen besonderen Stellenwert bekommen und werden durch die engere und spezifischere Nachfrage auf dem Markt mehr und mehr zur Überlebensbedingung von Einrichtungen. Der Boom des Bildungssektors in den letzten Jahrzehnten hat zu einer Vielfalt und Unübersichtlichkeit des Marktes geführt, die durch die aktuellen Einbrüche keineswegs gemindert wird. Dies behindert für die einzelne Institution die Profilierung und Vermarktung des eigenen Angebots. Ihre spezifischen Kompetenzen werden nur schwer wahrgenommen. Weiterbildungsverbünde werden zum Teil mit dem einzigen Ziel gegründet, das in einer Region vorhandene Angebot wenigstens auf einer gemeinsamen Website zu präsentieren, um so dem Nachfrager eine unaufwändige erste Orientierung zu ermöglichen. Dieser Nachfrager – Unternehmen sowohl wie Individuum - ist immer weniger mit Standardprodukten zufrieden. Die Entwicklung neuer, auf individuelle Bedarfe flexibel zuschneidbarer Angebote ist jedoch mit Vorlauf- und Investitionskosten verbunden, die die einzelne Institution häufig überfordern. Dazu gehören die Konzipierung von Angeboten, für die unter Umständen erst einmal das nötige Know-how beschafft werden muss, die technische Umsetzung bei medialen Programmen, die Rekrutierung und Schulung von Trainern und Beratern für neue Lernformen, Erstellung und Unterhalt von Infrastrukturen wie Selbstlernzentren usw. Die Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen aber auch mit Kommunen, Betrieben, Verlagen, Software-Entwicklern kann helfen, Ressourcen zu bündeln und die Kosten zu verringern. Die notwendige Diversifizierung führt dazu, dass es nur noch im Netzwerk wirtschaftlich möglich ist, das ganze Spektrum von Kompetenzen ständig vorzuhalten, mit dem bei Bedarf rasch auf jedes beliebige Bedürfnis reagiert werden kann. Die einzelnen Einrichtungen müssen sich spezialisieren und mit komplementären Anbietern zusammenarbeiten. Weiterbildungsverbünde sind – unterstützt durch eine entsprechende Förderkulisse – in den letzten Jahren geradezu aus dem Boden geschossen. Sie ermöglichen eine bessere Ressourcennutzung sei es von Bildungseinrichtungen oder von Betrieben und damit die Realisierung von flexibleren und differenzierteren Angeboten. Informationsfluss und Bedarfsermittlung können im Verbund optimiert werden, und ein abgestimmtes Marketing, eventuell auch verbunden mit Qualitätsstandards oder als Gütesiegelgemeinschaft verbessert die Sichtbarkeit des einzelnen Trägers und Angebots. Das Konzept der Lernenden Region beinhaltet ebenfalls die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen untereinander, aber auch mit Betrieben, Kommunen, Kammern usw. Ziel dabei ist die Entfaltung der „endogenen Ressourcen“ einer Region mit dem Ziel, Innovation und wirtschaftliche Entwicklung zu befördern. In Nürnberg, Fürth und Erlangen wird eine solche Initiative gegenwärtig mit einer Vielzahl von Partnern unter Geschäftsführung des Bildungszentrums der Stadt Nürnberg und Wissenschaftlicher Begleitung durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung durchgeführt. Die einzelne Organisation verliert durch Netzwerkbezüge tendenziell ihre Abgeschlossenheit und Außengrenzen. Damit kann eine Verschiebung des Kompetenz- und Hierarchiegefüges im Inneren einhergehen, das zunächst zu Irritationen führt. Auch die Öffnung nach außen, was zum Beispiel die Preisgabe von Konzepten, den Zugriff auf Personal betrifft, kann Schwierigkeiten mit sich bringen und verlangt neue Regelungen. Dies sind Hinweise darauf, dass die Organisationsentwicklung einer modernen Bildungseinrichtung, die sich auf den Weg zum Bildungsdienstleister macht, auch die Entwicklung von Kooperationsstrukturen und einer Kooperationskultur beinhaltet. wirtschaftlich angespannten Zeiten dar. Wenn viele Betriebe knapp „unter der Insolvenzgrenze“ operierten, so Götzl, gehöre die Ausbildung zu den Posten, deren Einsparung schnell Wirkung zeige. Ein Rückzug aus der Ausbildung sei aber keine Antwort auf die Situation, da ausgebildete Facharbeiter das Kapital der Zukunft darstellten. Aus diesem Grund unterstütze der Unternehmensverband mit einer erneuten Lehrstelleninitiative die Entstehung von 1.100 zusätzlichen Ausbildungsplätzen. Georg Schilfahrt von der Siemens AG stellte bei den zukünftigen Azubis ein Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit fest. „Die Wünsche der jungen Leute passen nicht unbedingt zum Bedarf,“ bedauerte er. Prof. Dr. Peter Dehnbostel von der Universität der Bundeswehr Hamburg betonte, wie wichtig es sei, prozessorientiertes Denken und Handeln in die Ausbildung zu integrieren und die Jugendlichen frühzeitig an die betriebliche Realität und an Kundenaufträge heran zu führen. Betriebe kamen zu Wort Arbeitsatmosphäre herrschte insbesondere am Nachmittag in den vier Workshops zu den Themen Ausbildung als Kostenfrage, betriebliche Prüfungen, Anforderungen an das Umfeld der Ausbildung und Integration von Benachteiligten in das duale System. Ausbildungsunterstützung und Ausbildungsmanagement als externe Dienstleistung für ausbildungswillige Betriebe standen dabei im Mittelpunkt der engagierten Diskussionen. Brigitte Geldermann Nachlese Expertendiskussion in Nürnberg Tagung: Ausbildung in Bayern Am 16. Juli 2003 führte das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) die Fachtagung „Ausbildung in Bayern“ durch. Mehr als 170 Vertreter von Forschungsinstituten, Berufsschulen, Unternehmen sowie Bildungsanbieter und politische Akteure folgten der Einladung ins DB-Museum in Nürnberg. Experten im Gespräch Stephan Götzl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Unternehmensverbandes Metall und Elektro (BayME) und des Verbandes der Bayerischen Metall- und ElektroIndustrie (VBM), stellte die Herausforderungen der Ausbildung für Unternehmen in Anbieten könne man den Unternehmen z. B. Bewerbervorauswahl, Beratung bei der Aufnahme der Berufsausbildung und Vermittlung von Verbundpartnern. „Der Verbund ist ein leistungsstarkes Modell, das die Kosten auch für kleine und mittlere Unternehmen kalkulierbar macht,“ hob Rudolf Fulde, Leiter des Zentrums für Aussbildungsmanagement Bayern (zab), hervor. Einig war man sich, dass die klare Definition der Arbeitsteilung zwischen den Verbundpartnern eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit darstelle. Thema Ausbildung aktueller denn je Auch auf den aktuellen Ausbildungsstellenmarkt wurde im Verlauf des Tages eingegangen. Zwar lägen in Bayern die gemeldeten freien Plätze derzeit ca. 10% unter dem Vorjahresniveau. In wenigen Jahren würden jedoch die Bewerber schlagartig wegbrechen. „Ein dramatischer Wandel vom Lehrstellenzum Lehrlingsmangel“, so Dr. Eckart Severing vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung. Selbst 500.000 Zuwanderer verschöben das demografische Problem nur um ein Jahr. Auch Dr. Christoph Prechtl, Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung von BayME und VBM, appellierte zum Abschluss an die Unternehmen, bereits jetzt an den zukünftigen Fachkräftebedarf zu denken und antizyklisch auszubilden. Der Verband stehe seinen Mitgliedern dabei mit einer Vielzahl von Projekten zur Seite. Unter www.zab-bayern.de finden sich ausführliche Berichte und Materialien zu den Arbeitsschwerpunkten der Veranstaltung. Workshop „Soziale Verantwortung in der Unternehmenspraxis – Corporate Social Responsibility (CSR)“ am 7. Oktober 2003 Soziales Handeln und unternehmerischer Gewinn sind kein Gegensatz. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer eines Workshops der bfz Bildungsforschung und des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb), bei dem Verantwortungsträger bedeutender deutscher Unternehmen, Verbandsvertreter und Bildungsberater den aktuellen Stand der Umsetzung des Konzepts der Corporate Social Responsibility in Deutschland diskutierten. Der Workshop fand im Rahmen des EU-Projekts Rebus statt, das durch die Europäische Gemeinschaft, Artikel 6, innovative Maßnahmen des ESF gefördert wird. Zunehmend verstehen Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht nur als Reaktion auf Anforderungen von außen. Sie wissen, dass verantwortliches Verhalten zu andauerndem Erfolg führt und folgen mit ihrem persönlichen Einsatz einer gewachsenen Unternehmenskultur. Auf freiwilliger Basis integrieren sie soziale und ökologische Belange in die Alltagspraxis und engagieren sich in den Gemeinden an ihren Standorten. Die Präsentation der sehr unterschiedlichen Aktivitäten der anwesenden Unternehmen spiegelte das breite Spektrum an Möglichkeiten sozialen Handelns wieder. Auf Basis dieser vielfältigen Ausprägungen ließen sich die Aktivitäten zu einem gemeinsamen Verständnis von nachhaltiger Unter3/2003 7 nehmensführung zusammenfassen: Verantwortliches unternehmerisches Handeln erfordert ökonomisches, ökologisches und soziales Engagement. Analysebogens für Lernsoftware ein, der an zehn Produkten exemplarisch erprobt wird. Als zentrale Anforderungen werden hervorgehoben und begründet: Zugänglichkeit benötigter Inhalte (z. B. durch Modularität und geeignete Metadaten); Offenheit für unterschiedliche Lerntypen und -interessen; soziale Anschlussfähigkeit (insbesondere im Kontext arbeitsplatznahen Lernens) und das Aufzeigen individueller Entwicklungspotenziale (z. B. durch Anregen von Selbstevaluationen der Lernenden). Reihe „Leitfaden für die Bildungspraxis“ Die Teilnehmer des Workshops waren sich einig: Eine Verbreiterung nachhaltiger unternehmerischer Tätigkeit hängt in weiten Teilen daran, inwieweit es gelingt, kleine und mittlere Unternehmen für Aktivitäten der Corporate Social Responsibility zu motivieren. Dafür gibt es bereits eine Reihe von Initiativen, in denen sich auch Großunternehmen betätigen. Es handelt sich dabei um Unternehmensnetzwerke, die für interessierte Unternehmen offen sind. Informationen: http://www.rebus-csr.org Gabriele Fietz/Walter Schadhauser Neue Veröffentlichungen Reihe „Wirtschaft und Weiterbildung“ Band 29 Roland Geldermann, João Filipe Baigger, Brigitte Geldermann: Qualitätssicherung in der betrieblichen Bildung, Eine Studie mit sechs Fallbeispielen, Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, Juli 2003, ISBN 3-7639-3090-6 Band 6 Gabriele Fietz, Walter Schadhauser: Soziale Verantwortlichkeit in Unternehmen — Erfahrungen mit „Corporate Social Responsibility“ (CSR) in Deutschland, Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2003 BMBF Publik Veranstaltungen Berufliche Weiterbildung – eine Frage des Alters? Fachtagung, Juni 2004, Nürnberg Weitere Informationen im Internet: www.aqua-nordbayern.de eLearning in der Aus- und Weiterbildung. Strategien, Konzepte und Best Practice Expertenworkshop Do., 04.12.2003, Nürnberg Wöhrdersee-Hotel-Mercure Kontakt: Nicolas Schöpf Telefon: +49 (911) 27 77 9 - 98 E-Mail: [email protected] Impressum Gabriele Fietz, Helmut Kuwan, Eckart Severing u. a.: Deutsche Weiterbildungsanbieter auf internationalen Märkten Daten – Fallstudien – Perspektiven Bonn, Juli 2003 Herausgeber (V.i.S.d.P.): Dr. Eckart Severing Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH, Obere Turnstraße 8, 90429 Nürnberg http://www.f-bb.de Der Sammelband fasst die Ergebnisse der empirischen Erhebung zum Stand der internationalen Markttätigkeit deutscher Weiterbildungsanbieter zusammen und zeigt an zahlreichen Beispielen Strategien erfolgreicher Markterschließung auf. Darüber hinaus diskutieren Experten zentrale Fragen internationalen Engagements im Weiterbildungssektor. Anfragen zum Newsletter Zu beziehen unter: [email protected] Julia Busse Telefon: +49 (911) 27 77 9 - 15 Fax: +49 (911) 27 77 9 - 50 E-Mail: [email protected] Bestellung Der Newsletter kann unter folgender Adresse kostenlos abonniert werden: http://www.f-bb.de http://www.f-bb.de Band 32 Thomas Reglin, Gerhart Hölbling: Computerlernen und Kompetenz, Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, Dezember 2003, ISBN-Nr.: 3-7639-3114-7 Welchen Beitrag kann eLearning zur Kompetenzentwicklung im betrieblichen Umfeld leisten? Die Studie nähert sich dieser Frage durch detaillierte Produktanalysen. Sie resümiert vorhandene Resultate der eLearning-Forschung und bewertet sie unter kompetenzanalytischen Gesichtspunkten. Die Ergebnisse gehen in die Konzeption eines Weitere Informationen zum Forschungsinstitut Betriebliche Bildung finden sie auf unserer neugestalteten Website 8 3/2003