Organisationsentwicklung von Bildungsträgern - f

Transcription

Organisationsentwicklung von Bildungsträgern - f
3/2003
Forschungsinstitut
Betriebliche Bildung
Organisationsentwicklung von Bildungsträgern
innovativ – kundenorientiert – erfolgreich
Editorial
Bildungsträger agieren heute in einer sich
schnell und radikal verändernden Umwelt.
Lange für sicher gehaltene Überzeugungen
und bewährte organisatorische Konzepte
haben sich überlebt. Nicht der nostalgische
Rückblick auf alte Zeiten ist in dieser Situation
gefragt, sondern eine realistische Einschätzung
sich wandelnder Markterfordernisse. Nur
verstärkte Orientierung auf die Bedürfnisse
der Kunden kann den wirtschaftlichen Erfolg
gewährleisten. Optimale Qualität muss sich
mit effizientem und effektivem Ressourceneinsatz verbinden.
Für die erfolgreiche Positionierung von
Bildungsträgern reichte es in der Vergangenheit häufig aus, Standardseminare für
öffentliche Kostenträger anzubieten. Vielleicht gelang es dann noch, diese Produkte
leicht modifiziert in der betrieblichen Bildung
zu platzieren.
Heute erwarten die Kunden von einem
Bildungsträger jedoch
maßgeschneiderte und umfassende
Dienstleistungen,
die Integration unterschiedlichster
Teilleistungen in nachfrageorientierte
Konzepte und
eine deutlich höhere Kosteneffizienz.
Folgerungen, die sich daraus ergeben,
sind u. a.:
gruppen aufgestellt werden. Es geht um die
Schaffung klarer Strukturen, die auf eine
Integration unterschiedlicher Teilleistungen
in einheitliche Prozesse zielen – auch quer
zu bestehenden Abteilungen. Überschneidungen im Angebot werden beseitigt,
unproduktive Kosten reduziert, neue Marktnischen und innerbetriebliche Reserven
erschlossen. Dadurch eröffnen sich zweitens
Spielräume, die es möglich machen, sich im
immer stärker unter Preisdruck stehenden
Marktsegment des klassischen Seminargeschäfts zu behaupten und darüber hinaus
auch in neue Geschäftsfelder mit besseren
Ertragsmöglichkeiten zu expandieren. Die
Kunden wünschen sich heute Systemlieferanten, die klassische Bildungsdienstleistungen
mit Beratung, Organisationsentwicklung
und Integration von neuen Lernformen und
-medien anzureichern vermögen.
Die Arbeitsverwaltung und andere öffentliche
Kostenträger fordern die unmittelbare
Verknüpfung von Bildungsmaßnahmen mit
Beratungs- und Vermittlungsdienstleistungen.
Es wird nicht mehr zwischen Bildung, Beratung und Vermittlung unterschieden. Und
die Unternehmen erwarten eine kontinuierliche Begleitung bei der Lösung ihrer betrieblichen Aufgabenstellungen. Lehrgänge und
Seminare sind mit Personal- und Organisationsentwicklung oder Qualitätssicherung
zu verbinden.
Was bedeutet das für die Personal- und
Organisationsentwicklung von Bildungsträgern?
Verknüpfung bisher vor- und nachgelagerter Dienstleistungen mit traditioneller
Weiterbildung und
Ein Angebotsspektrum, das ausschließlich
die Low-Cost-Bereiche einbezieht, ist
chancenlos.
erfolgsbezogene Bezahlung der
Dienstleistungen.
Der Kundennutzen zählt. Daher kann
sich auch intern für die einzelnen Bereiche
eine Orientierung auf erfolgsorientierte
Vertriebsstrukturen als nützlich erweisen.
Um auf veränderte Erwartungen der Kunden
adäquat reagieren zu können, ist eine Doppelstrategie der Organisationsentwicklung
erforderlich: Erstens müssen die Geschäftsfelder entlang des Bedarfes der Kunden-
Für die Entwicklung innovativer Produkte
reichen isolierte „gute Einfälle“ nicht aus.
Systematische Organisationsentwicklung
Inhalt
Editorial
Seite 1
Praxisbezug ist wichtiger als
Gütesiegel – Ansprüche betrieblicher Kunden an die Qualität von
Bildungsdienstleistungen
Seite 2
Die Einführung von eLearning
managen – eine aktuelle Aufgabe
des Innovationsmanagements von
Bildungsträgern
Seite 3
Wissensmanagement – auch bei
Bildungsträgern?
Seite 4
Selbstlernzentren – neue
Dienstleistungen brauchen neue
Organisationsstrukturen
Seite 5
Bildungsträger in regionalen
Netzwerken
Seite 6
Nachlese
Seite 7
Veröffentlichungen
Seite 8
Veranstaltungen
Seite 8
ist gefordert, die die kontinuierliche Prüfung, Begleitung und Transfersicherung
innovativer Projekte unter strategischen
Gesichtspunkten einschließt. Innovation
als dezentraler Prozess, der von kreativen
3/2003
1
Abteilungen und Mitarbeitern an verschiedenen Stellen im Unternehmen vorangetrieben wird, ist ergänzungsbedürftig
durch zentrale Funktionen, die die Privatisierung der Innovationen verhindern,
Informationsaustausch, Synergien und
Ergebnistransfer fördern, die Qualität von
Projekten sichern und ihre Außendarstellung koordinieren. Je weiter ein Bildungsträger verzweigt ist, desto höher die Anforderungen an das Wissensmanagement.
Neue Bildungsdienstleistungen verlangen
einen Einstellungswandel bei den pädagogischen Akteuren. Anforderungsprofile
verändern sich. Die Mitarbeiter müssen
die Seminargebäude verlassen und gemeinsam mit ihren Kunden lernen. Sie müssen
Transferhelfer werden, Lösungswege für
betriebliche Probleme anbieten können
und in der Lage sein, in Büros und Fabriken
selbst gesteuerte Lernprozesse zu organisieren. Darum verlangen neue Bildungsdienstleistungen auch neue Formen der
Weiterbildung für Trainer und Dozenten.
Praxisbezug der Weiterbildung
81,8 %
Kompetenz der Dozenten
49,7 %
Didaktisch/methodische
Aspekte
37,8 %
Technische und organisatorische
Rahmenbedingungen
0%
30,3 %
10% 20%
30%
40%
50%
Praxisbezug
ist wichtiger als
Gütesiegel –
Ansprüche betrieblicher Kunden an
die Qualität von
Bildungsdienstleistungen
Die bfz Bildungsforschung führte im
Jahr 2002 eine Studie zur „Qualität
beruflicher Weiterbildung aus Unternehmenssicht“ im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung durch, in deren Rahmen
sich 80 Unternehmen an einer eingehenden schriftlichen Befragung
beteiligten. Deren Ergebnisse zeigen
den starken Praxisbezug betrieblicher Entscheidungsprozesse bei der
Auswahl von Weiterbildung.
Externe Anbieter von Bildungsdienstleistungen sind wichtige Partner für die
Unternehmen in Deutschland. Nahezu alle
befragten Firmen nehmen Leistungen von
Institutionen oder freien Trainern in
3/2003
60%
70%
80%
90%
80%
90%
Formale Indikatoren für Qualität
Der Ruf (guter Name) des
Weiterbildungsanbieters
Ottmar Döring/Eckart Severing
2
Qualitätskriterien der Unternehmen
64,3 %
„Wirtschaftsnähe“ des
Weiterbildungsanbieters
Zertifizierung des Trägers nach
anerkannten QM-Systemen,
z. B. DIN-ISO 9000 ff., EFQM
Gütesiegel des Weiterbildungsanbieters, Zugehörigkeit
zu Qualitätsringen
0%
65,2 %
20,3 %
18,5 %
10% 20%
30%
Anspruch. Somit können Weiterbildungsveranstaltungen, die mit Hilfe externer
Anbieter in Unternehmen durchgeführt
werden, als die in der Praxis am weitesten
verbreitete Form der betrieblichen Weiterbildung angesehen werden. Im Durchschnitt
decken die Unternehmen circa die Hälfte
ihres Weiterbildungsbedarfs mit Hilfe von
Bildungsträgern ab.
Wichtigstes Qualitätskriterium stellt dabei
für die Befragten der Praxisbezug der
Angebote dar: Seminare sollen nicht zu
theorielastig, möglichst exakt an die Bedarfe
des Betriebs und der Teilnehmer angepasst
und transfertauglich sein. Zweitwichtigstes
Kriterium ist die Qualifikation der Dozenten.
Um geeignete Bildungsträger und Maßnahmen zu finden, die diesen Kriterien
entsprechen, verwenden die Unternehmen
eine Vielzahl von Instrumenten, Indikatoren
und Informationsquellen. Schriftliche
Materialien wie Kataloge, Lehrpläne und
Unterrichtsmaterialien verschiedener
Bildungsträger spielen eine wichtige Rolle
bei der Auswahl, in Gesprächen wird eine
möglichst exakte Anpassung an den Bedarf
angestrebt. Wichtigste Informationsquelle
40%
50%
60%
70%
(für fast 90 % der Befragten) sind aber die
eigenen „guten Erfahrungen“, während
Instrumente einer vergleichenden und
systematischen Auswahl wie Checklisten,
Weiterbildungsdatenbanken und Beratungseinrichtungen selten genutzt werden.
Und der Träger, der sich einmal bewährt hat,
hat gute Chancen, auch das nächste Mal
mit einem Seminar betraut zu werden: 60 %
geben an, dass sie seit Jahren mit einem oder
mehreren bewährten Bildungsträgern zusammen arbeiten, die auch bei neuen Maßnahmen
erste Wahl sind.
Zum eher pragmatischen Stil der Beurteilung passt dann auch, dass bei der Auswahl
eher „weiche“ Faktoren wie der „gute Ruf“
und die „Wirtschaftsnähe“ eines Anbieters
für zwei Drittel von Bedeutung sind, während
„harte“, dokumentierte Kriterien wie Gütesiegel und Zertifizierung nach anerkannten
QM-Systemen nur für ein Fünftel eine
wichtige Rolle spielen.
Bei der Evaluation des Lernerfolgs verlässt
sich die Mehrheit der Befragten auf die
subjektive Einschätzung der Mitarbeiter bzw.
deren Vorgesetzten. Eine systematische
Auswertung unter betriebswirtschaftlichen
Gesichtspunkten findet in weniger als einem
Drittel der Unternehmen statt, und nur 7 %
versuchen, den Transfererfolg über betriebliche Kennziffern zu ermitteln.
Es ist festzuhalten, dass Unternehmen eine
Vielfalt von Instrumenten nutzen, um sich
ein Bild von der Qualität des Angebots eines
Bildungsdienstleisters zu machen. Wichtiger
als formelle Kriterien sind aber der persönliche Kontakt und die Fähigkeit, im Gespräch
mit den Unternehmen passgenaue Angebote
zu erstellen. Diese Fähigkeit zahlt sich auch
in der Zukunft aus.
Roland Geldermann/João Filipe Baigger
Die Einführung
von eLearning
managen – eine
aktuelle Aufgabe
des Innovationsmanagements von
Bildungsträgern
Im Bildungswerk der Bayerischen
Wirtschaft werden bereits seit Mitte
der Neunzigerjahre eLearningModule für das Lernen via Internet
entwickelt. In der Forschungsabteilung des Bildungswerks, der
bfz Bildungsforschung, entstanden
eLearning-Produktlinien für die
betriebliche Weiterbildung und für
SGB-III-geförderte Maßnahmen.
Im Juli 2003 wurde ein Produktmanagement eLearning als Zentralabteilung der bfz gGmbH eingerichtet. Die neue Abteilung vermarktet
die Produkte der Pilotprojekte intern
und extern und überführt die vorhandenen Erfahrungen mit netzgestütztem Lernen in das Regelgeschäft der Unternehmensgruppe.
Das f-bb begleitet diesen Prozess der
Organisationsentwicklung durch
eine Innovationsberatung, die
im Themenbereich „Lernen in und
von beruflichen WeiterbildungsEinrichtungen“ des Forschungs- und
Entwicklungsprogrammes „Lernkultur Kompetenzentwicklung“
des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung (BMBF) durch
die Arbeitsgemeinschaft Betriebliche
Weiterbildungsforschung e.V.
gefördert wird.
Für den Übergang zu Formen netzgestützten
Lernens in der beruflichen Bildung sprechen
vielfältige Gründe: Steigender Weiterbildungsbedarf muss bei tragbaren Kosten gedeckt
werden; bequeme Zugänglichkeit von
Bildungsangeboten aus Arbeitskontexten
heraus, Flexibilisierung und Modularisierung
sind gefragt; es gilt, Standardisierung von
Lernmedien mit rascher Aktualisierbarkeit,
individualisiertes Lernen mit personaler
Betreuung zu verbinden. Welche Vorteile
netzgestütztes Lernen angesichts dieser
Anforderungslage bietet, ist oft beschrieben
worden. Im Folgenden soll es nicht um die
Potenzialanalyse von eLearning gehen, sondern darum, welchen neuen Anforderungen
sich Bildungsanbieter gegenübersehen, die
ihr traditionelles Lehrgangsgeschäft um
eLearning-Angebote erweitern und ergänzen.
Wie grundsätzlich der Wandel ist, wird an
drei Feldern des Managements von Bildungsdienstleistungen erläutert.
Betriebswirtschaftliche Aspekte
Zunächst gestalten sich Kostenstruktur und
Vorschüsse grundsätzlich anders als beim
Präsenzseminar. Hier ist die Höhe der zu
tätigenden Vorschüsse stark domänenabhängig. Entsprechend dem Charakter der zu
vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten
sind Lern-Arbeitsmittel zu beschaffen – von
der Seminarraum-Ausstattung bis hin zur
Einrichtung von Lehrwerkstätten und
Übungsfirmen. Die Personalkosten sind
weitgehend von der Teilnehmerzahl abhängig.
Grundsätzlich gilt bei lehrgangsförmigen
Angeboten: je größer die Zahl der durchgeführten Seminare, desto höher der Aufwand
für Personal- und Sachkosten. Dabei sind die
nötigen Vorschüsse oft im Vorfeld der
jeweiligen Maßnahme für relativ kurze Zeit
zu tätigen. Zu einer gewissen Senkung der
Umlaufgeschwindigkeit hat erst die allgemeine Tendenz zur Technisierung von Seminaren und Trainings geführt, die bereits vor
der PC-Ära einsetzte. Zum SeminarraumMobiliar traten Overhead und Video hinzu.
Für die Einrichtung eines Sprachlabors waren
bereits hohe investive Kosten zu
veranschlagen.
Beim Aufbau einer vollständigen autonomen
eLearning-Struktur (Server, breitbandiger
Zugang, Learning Management System und
eigener Content) ist dies, unabhängig vom
Lehrgegenstand, der Normalfall: Erheblichen
Vorschüssen in der Initialisierungsphase steht
ein vergleichsweise geringer Pflegeaufwand
in der Folgezeit gegenüber: Der Return on
Investment wird erst bei größeren Teilnehmerzahlen erreicht. Gewinne stellen sich über
Skaleneffekte ein. Bei den Bildungsanbietern
ergeben sich daraus neue Anforderungen
an Kapitalgröße, Finanz- und Kooperationsmanagement. Bei der Bereitstellung der
Inhalte wird „make or buy?“ zur erfolgskritischen Frage.
Veränderungen am Produkt Bildung
Die Planung von Bildungsmaßnahmen setzt
klare Vorstellungen von objektivem Bedarf
und empfundenen Bedürfnissen der Lernenden, von ihrer subjektiven Verfasstheit, von
Potenzialen, Vorkenntnissen und möglichen
Lernbarrieren voraus. Bildungsträger und
Dozenten, die Seminare vorbereiten, konzipieren ihre pädagogischen Interventionen
entsprechend diesen Vorannahmen. Dabei
wird auf Forschungsergebnisse zurückgegriffen, die von der Marktforschung über
Zielgruppenanalysen bis hin zu pädagogischer
und psychologischer Grundlagenforschung
reichen. Ob und in welchem Maße die so
entwickelten Konzepte durch die lebendige
Erfahrung von Unterricht und Seminar korrigiert und erweitert werden, ist nicht zuletzt
eine Frage der individuellen Sensibilität und
Lernbereitschaft von Lehrern oder Dozenten.
Wenn aus Seminaranbietern (auch) Medienentwickler werden, erhält die Planungsphase
ein neues Gewicht. Nicht nur ist die Erstellung der Lernmedien ohne Vorannahmen
über Adressaten und Umfeldbedingungen
des Bildungsangebots schlechterdings unmöglich. Diese Vorannahmen sind, einmal
im Mediendesign objektiviert, – anders als in
Lehr-Lernszenarien, deren Mittelpunkt
kommunikative Prozesse bilden – nicht mehr
ohne Weiteres im Wechselspiel pädagogischer
Interaktionen revidierbar. Fehlentscheidungen in der Planungsphase sind für die Lernenden frustrierend und können für den Anbieter
ökonomisch ruinös sein.
Für die Akteure der Planungsphase bedeutet
das: Sie haben den ökonomisch erforderlichen
hohen Standardisierungsgrad der Medien mit
individualisierten Bedarfslagen der Lernenden
auszubalancieren. Kernbestände beruflich
benötigten Wissens sollen standardisiert
werden. Dazu sind präzise Recherchen im
Vorfeld der Medienproduktion erforderlich.
Daneben sind Individualisierungsmöglichkeiten vorzusehen. Für den betrieblichen
Einsatz standardisierter Produkte wird häufig
ein Customizing die unerlässliche Voraussetzung sein. Der Adaptierbarkeit, den
Möglichkeiten der Veränderung und Ergänzung von Lernmedien aufgrund gruppenspezifischer Interessen und berufspraktischer
Erfordernisse, kommt große (immer noch
nicht hinreichend erkannte) Bedeutung zu.
Zusätzlich müssen die objektivierten Lernmedien auf intelligente Weise mit pädagogischen Interaktionen verknüpft werden
(Teletutoring und -coaching, virtuelle
Seminare). Bei der Vorstrukturierung dieser
Interaktionen fallen wiederum technische
und organisatorische Grundsatzentscheidungen, die später nur noch mit großem
Aufwand korrigierbar sind.
Mit der Verknüpfung von Multimedia und
netzgestütztem Lernen erweitern sich schließlich die didaktischen Potenziale. Die Band-
3/2003
3
Kostenentwicklung beim eLearning im Vergleich zu seminaristischer Weiterbildung
Kosten in T€
Multimediales Selbstlernprogramm:
Produktion und Pflege
70
Hauptteil des
Vorschusses vor
erstem Einsatz
40
Präsenzseminar
Fremdprodukt: Lizenzen
10
100
250
400
500
Teilnehmerzahl
breite möglicher Mediendesigns reicht vom
schlanken, arbeitsintegriert nutzbaren
Informationstool bis zur aufwändigen Simulation von Verrichtungen und Prozessen.
Innerhalb dieses Spektrums Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln erfordert umfassende Marktkenntnis, betriebswirtschaftliches
Augenmaß und viel pädagogisch-didaktisches
Know-how.
Human Resources Management
Dieses Know-how zu entwickeln gehört zu
den zentralen Herausforderungen, die sich
dem Innovationsmanagement in Bildungsorganisationen heute stellen. Aus Dozenten
müssen Teledozenten werden: medienkompetent, mit den eingesetzten Medien inhaltlich
vertraut und fähig, Lernprozesse „auf Distanz“
zu unterstützen. Entsprechendes gilt für Fachautoren, die als Drehbuchautoren fungieren.
Ihre Aufgaben verlangen das Denken in
Geschichten, Situationen und Bildern ebenso
wie die Kenntnis des Internets und Vertrautheit mit der Metadaten-Problematik. Schulungen des Bildungspersonals haben auch die
Aufgabe, Widerstände und Rationalisierungsängste abzubauen, die die Verankerung von
eLearning in traditionellen Bildungsorganisationen behindern können.
eLearning-Produkte entstehen in Kooperationsprozessen, die Bildungsmanagement,
Fachexperten, betriebliche Praktiker und
Drehbuchautoren, Programmierer, Didaktiker, Screen-Designer und andere Fachspezialisten zusammenführen. Dies hat ein Projektmanagement von hoher Komplexität – und
mit spezifischen Problemlagen – zur Folge.
(Die relevanten Besonderheiten der Prozessund Produktqualität werden jetzt in einer
Spezifikation zum eLearning beschrieben.
Sie ist in einer Arbeitsgruppe beim DIN e. V.
entstanden, an der sich der Autor beteiligt
hat.) Das Produkt Bildung lebt von einem
4
3/2003
hohen Identifikationsgrad aller an der
Produkterstellung Beteiligten. Der Entscheidung, welche Kompetenzen im Haus gehalten
und an welchen Stellen externe Lieferanten
zugezogen werden sollten, kommt deshalb
besonderes Gewicht zu.
Die Erweiterung des Dienstleistungsspektrums um eLearning wird nur bei jenen
Bildungsträgern zum Erfolg führen, die sie
als Prozess organisationalen Lernens verstehen. Anbieter, die das berücksichtigen,
müssen die neuen (nationalen und transnationalen) Wettbewerber nicht fürchten,
denen sie sich in den Zeiten des Internets
auch gegenübersehen – ob sie die Herausforderung annehmen oder nicht.
Thomas Reglin
Wissensmanagement – auch bei
Bildungsträgern?
Die öffentlichen Mittel für die berufliche Weiterbildung werden erheblich
reduziert. Auch die Budgets in den
Unternehmen für die betriebliche
Weiterbildung werden immer knapper.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten
sind besonders Personalentwicklungsmaßnahmen vom Rotstift bedroht.
Die Angebote und die Qualität von
Bildungsträgern werden in dieser
Situation kritischer als in der Ver-
gangenheit betrachtet. Bildungsträger müssen sich daher künftig
anders aufstellen und sich vor allem
durch eine verstärkte Kundenorientierung auszeichnen. Hier setzt der
Modellversuch „Bildungsträger in
der Wissensgesellschaft“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)
an, der durch das Bundesministerium
für Bildung und Forschung gefördert
wird. In Zusammenarbeit mit Bildungsträgern werden Strategien zur
Einführung neuer Bildungsdienstleistungen und, darauf aufbauend,
Konzepte zur Organisations- und
Personalentwicklung von Bildungsträgern entwickelt und evaluiert.
Neue Strukturen bei Bildungsdienstleistern für maßgeschneiderte und flexible
Bildungsdienstleistungen
Für wechselnde Anforderungen der Arbeitswelt werden von Bildungsträgern statt Standardangeboten zunehmend flexibel einsetzbare Konzepte von öffentlichen Kostenträgern
und Betrieben gefordert, die sich am Bedarf
der Lernenden orientieren und effektiver
als Kurse sind. Zudem soll der Lerner selbst
eine größere Verantwortung für die Planung,
Durchführung und Bewertung seiner kontinuierlichen Weiterbildung übernehmen.
Um dafür neue Bildungsdienstleistungen
entwickeln zu können und diesen betrieblichen Anforderungen gerecht zu werden,
bedarf es adäquater interner Strukturen bei
Bildungsdienstleistern. Die Formen des
Innovations- und Wissensmanagements
müssen die Entwicklung, Gestaltung und den
Vertrieb maßgeschneiderter Bildungsangebote
ermöglichen und unterstützen. Bildungsträger
sind jedoch noch immer in erster Linie
Seminaranbieter, an denen die Modernisierung der Lernformen und der Kundenorientierung vorbeigehen, weil sie diese nicht mit
ihrer üblichen Organisationsform und ihrem
traditionellen Wissensmanagement bewältigen
können. Die Voraussetzung, dass Bildungsträger in der Lage sind, neue Bildungsdienstleistungen zu entwickeln, sind veränderte
Organisationsstrukturen und eine gesteigerte
Innovationsfähigkeit.
Im Modellversuch „Bildungsträger in
der Wissensgesellschaft“ ist ein Geschäftsmodell entwickelt worden, das es Bildungsträgern ermöglicht, unter den herrschenden
diffusen Bedingungen adäquate interne
Strukturen zur Gestaltung und Verbreitung
maßgeschneiderter Angebote zu entwickeln.
Flexible Weiterbildungslösungen sind
Rahmenkonzeptionen, die eine individuelle
thematische Schwerpunktsetzung und maßgeschneiderte Gestaltungsmöglichkeiten des
Trainingsablaufs entsprechend den betrieblichen Anforderungen zulassen. Das endgültige Weiterbildungsangebot ist daher zum
Großteil Resultat eingehender Beratungsgespräche des Bildungsberaters mit dem
betrieblichen Kunden. Die Aufgabe für das
Bildungspersonal besteht demnach zunehmend in der Entwicklung und Anpassung
von Konzepten, die je nach Kundenbedarf
gestaltet sind.
Für flexible Bildungsdienstleistungen sind
die herkömmlichen Methoden und die standardisierten Wege beim Bildungsträger für
die Produktentwicklung und -verbreitung
sowie für das Marketing untauglich. Für
Weiterbildungsangebote, die keine feste
Struktur mehr aufweisen, bei denen das Seminarfeld das Gleiche bleibt, aber Ablauf, Dauer,
Ort, Teilnehmerzahl und die gewählten
Methoden sich je nach Kundenwunsch und
Schwerpunktsetzung der Qualifizierung
ändern, können geeignetere Methoden zur
internen und externen Verbreitung geschaffen
werden. Die strikte Trennung der Aufgaben
von Dozent, Bildungsberater und Konzeptentwickler beim Bildungsträger ist bei neuen
Lernformen obsolet. Die Zusammenarbeit
aller am Weiterbildungsprozess Beteiligten
bei der Gestaltung einer Maßnahme stellt
nun die Grundlage der Arbeitsteilung dar. Es
empfehlen sich daher moderne Formen und
Strukturen des Wissens- und Innovationsmanagements, die trotz flexibler Bildungsangebote einen systematischen und zielorientierten Umgang mit Wissen ermöglichen,
um so die Entwicklung und Verbreitung von
neuen Bildungsdienstleistungen zu gewährleisten. Es ist das Wissen und die Erfahrungen
mit der Gestaltung maßgeschneiderter
Bildungsangebote sowie mit der Akquise und
Beratung von Betrieben, die zukünftig statt
fertiger Weiterbildungsangebote innerhalb
des Bildungsdienstleisters verstärkt weitergegeben werden müssen. Maßgeschneiderte
und flexible Angebote in marktgerechter
Breite verfügbar zu haben, damit sie jederzeit
einsetzbar sind, darin besteht für den Bildungsträger die Herausforderung.
Produktschulungen als eine neue Form des
Wissens- und Innovationsmanagements
Eine Form des Wissens- und Innovationsmanagements, die den Ansprüchen an
Entwicklung, Gestaltung und Verbreitung
von neuen Bildungsdienstleistungen gerecht
wird, können Produktschulungen sein. Dabei
handelt es sich nicht um Produktschulungen
im klassischen Sinn, sondern um eine Form
des Wissensaustauschs über maßgeschneiderte
Lernarrangements. Hier werden nicht nur
erste Erfahrungen aus der Praxis, sondern
auch konzeptionelle Variationsmöglichkeiten,
Angebotsformen und Zielgruppenansprachen
diskutiert und ausgetauscht.
Charakteristika von Produktschulungen
Ziel: Entwicklung und Anpassung neuer
Bildungsdienstleistungen, die nachfrageorientiert, passgenau und maßgeschneidert
sind. In diesen Leistungserstellungsprozess
werden Aspekte des Marketings und der
Kundengewinnung integriert.
Zielgruppe: Alle Personen und
Institutionen, die am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind, zum Beispiel
Bildungsberater, Seminarleiter, Koordinatoren, Leiter von Standorten und Kunden,
können zur Zielgruppe gehören. Unterschieden wird in interne Treffen, beteiligt
sind das Bildungspersonal und Verantwortliche beim Bildungsdienstleister und
externe Treffen, hier sind zusätzliche
interessierte Betriebe und vor allem Unternehmen eingeladen, die von ihren praktischen Erfahrungen mit flexiblen Weiterbildungslösungen berichten.
Struktur: Punktuelle Workshops zur
Anbahnung von Kundenkontakten, Erstellung
von „Werbematerial“, Standortspezifische
Gestaltung und Anpassung neuer Bildungsdienstleistungen usw.
Methode: Wissens - und Erfahrungsaustausch zwischen allen Personen und
Institutionen, die am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind, d.h. den Experten
für betriebliche Bildung beim Bildungsträger
selbst.
Inhalte: Gegenstand sind neue Bildungsdienstleistungen (eLearning, Unterstützung
selbst organisierter Lernprozesse in Betrieben,
neue Formen von Lernangeboten für ältere
Arbeitnehmer etc.) Es erfolgt dabei eine Verschränkung von Elementen der Produktentwicklung, des Wissens- und Innovationsmanagements, der Kundenakquise und der
Erarbeitung von Marketingstrategien.
Produktschulungen sind eine Möglichkeit
den veränderten Anforderungen der Betriebe
gerecht zu werden und individuelle und
maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote
zu entwickeln. Sie sind eine adäquate Form
des internen Wissens- und Erfahrungsaustauschs und auf Grund ihrer flexiblen
Strukturen durchaus für die Entwicklung
und Vermarktung von neuen Bildungsdienstleistungen geeignet.
Julia Busse
Selbstlernzentren
– neue Dienstleistungen brauchen
neue Organisationsstrukturen
Im individuellen und selbst organisierten Lernen, das „just in time“
erfolgt, liegt nach Ansicht vieler
Experten die Zukunft der persönlichen und beruflichen Weiterbildung. Allerdings sind die meisten
Beschäftigten oder auch Arbeitsuchenden auf selbst organisiertes
und eigenverantwortliches Lernen
nicht vorbereitet. Das betrifft die
technisch-organisatorische Seite –
kaum ein Lernwilliger verfügt über
ein komplettes Spektrum an Lernmaterialien und -medien und nicht
immer steht ein geeigneter Lernort
zur Verfügung – vor allem aber die
Kenntnisse und Erfahrungen, wie
Lernprozesse zu planen und zu gestalten sind. Hier brauchen Weiterbildungswillige professionelle Unterstützung. Diese können sie in sogenannten Selbstlernzentren finden,
die bereits von einigen Bildungsträgern installiert und erfolgreich
betrieben werden.
Wie funktioniert ein Selbstlernzentrum?
Selbstlernzentren sind Bildungsangebote zu
unterschiedlichsten – meist berufsbezogenen
– Themenfeldern (kaufmännischer Bereich,
EDV, Sprachen, etc.), bei denen die Teilnehmer ihren Lernprozess, Inhalte, Lernform, Zeitund Terminplanung, zu einem großen Teil
frei gestalten können. Der Betreiber, in der
Regel ein Bildungsträger, stellt dazu eine
Palette unterschiedlicher Lernmedien, vom
traditionellen Fachbuch bis hin zu eLearningProgrammen zur Verfügung. Die Lerninhalte sind in frei kombinierbaren Modulen
aufbereitet. Offene Lernformen können mit
flexiblen Präsenzveranstaltungen (z. B.
Bewerbungstraining, Kommunikationstraining, Marketing-Praxis und Präsentation
etc.) zu Blended-Learning-Lösungen
verbunden werden. Es bietet sich somit die
Möglichkeit, Trainings und Seminare individuell, modular und flexibel zu gestalten.
Der Lernende wählt die für ihn relevanten
Themen und Lernmedien aus und stellt sich
so sein persönliches Lernprogramm
zusammen.
3/2003
5
Die Angebote eines Selbstlernzentrums
richten sich zum einen an Arbeitsuchende,
zum anderen an Mitarbeiter in Unternehmen
als Alternative zur „klassischen“ Mitarbeiterschulung sowie an Privatpersonen (Selbstzahler), die sich weiterbilden möchten, um
ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu
verbessern oder um den Wiedereinstieg in
den Beruf vorzubereiten. Der völlig flexible
Einstieg und die frei einteilbare Zeit ist
besonders für Frauen in der Familienphase
interessant: das Buchen einzelner Module
ermöglicht die Einlösung von Bildungsgutscheinen.
Ein Selbstlernzentrum ist mehr als
ein Internet-Cafe: Unterstützung bei der
Gestaltung des Lernprozesses
Die Angebote eines Selbstlernzentrums gehen
weit über das Bereitstellen von Equipment
und das Schaffen von Rahmenbedingungen
für selbstständiges Lernen hinaus: Die
Besonderheit und damit der große Nutzen
für die Teilnehmer liegt in der Beratung und
Unterstützung bei der Planung von Selbstlernprozessen und Strategien zur Weiterqualifizierung.
Nach einem eingehenden Beratungsgespräch,
eventuell unterstützt durch einen Einstufungstest (Sprachen, EDV), legen Lernender
und Bildungsberater gemeinsam Ziele,
Inhalte, Strategie und Umfang der Weiterbildung fest. Gegebenenfalls werden hierbei
auch der Arbeitgeber oder der Arbeitsberater
einbezogen.
Das individuelle Kompetenzprofil führt zu
einem persönlichen und maßgeschneiderten
Lernkonzept, bei dem Unter- oder Überforderungen vermieden werden
Beratungsaktivitäten umfassen
Laufbahnberatung: Synchronisation von
Lernen und biographischer Entwicklung
Lernberatung: Hilfestellung bei der
Auswahl und Kombination geeigneter Module
und Medien
Methodische Beratung zur Auswahl
von Lernstrategien und bei Lernproblemen
Vom Schulungszentrum zum Selbstlernzentrum - vom Kursleiter zum Lernberater
und Lernprozessbegleiter
Der Erfolg selbst organisierten Lernens hängt
nicht zuletzt davon ab, dass der Lernende
professionelle Beratung und Unterstützung
bei der Planung, Gestaltung und Absolvierung des Lernprozesses erhält. Die Rolle
6
3/2003
des Lernberaters und Lernprozessbegleiters
bekommt damit besonderes Gewicht.
Die Kernaufgaben des Personals im Selbstlernzentrum umfassen neben der bereits
beschriebenen Eingangsberatung und
begleitenden Lernberatung und Betreuung
die technisch-organisatorische Unterstützung
im Lernprozess. Letzteres betrifft vor allem
die Sicherung der technischen Voraussetzungen sowie Hilfestellung bei der Materialauswahl und der Gerätebedienung.
Anforderungen an das Personal im
Selbstlernzentrum
Lernberatung:
Eingangsberatung und Einstufungstests
Aufzeigen von Lernwegen
Auswahl der Lerninhalte
Auswahl der Lernfomen und -medien
Beratung hinsichtlich möglicher Abschlüsse
Lernprozessbegleitung:
Ansprechpartner bei Fragen und
Verständnisproblemen
Ansprechpartner bei technischen Problemen
Das Aufgabenspektrum des Personals im
Selbstlernzentrum ist aber noch viel weiter:
Neben den pädagogischen Anforderungen
kommen auf die Mitarbeiter organisatorische
Tätigkeiten zu. So müssen die individuellen
Lernpläne der Teilnehmenden aufeinander
abgestimmt werden, um eine optimale Auslastung der Räumlichkeiten zu gewährleisten
(z. B. Computerbelegung im EDV-Raum).
Ähnliches gilt für Inhalte, die als Präsenzveranstaltung angeboten werden. Hier müssen
Teilnehmer mit vergleichbarem Kenntnisstand
zusammengebracht werden.
Dies alles ist weitgehend Neuland für die
Mitarbeiter beim Bildungsträger. Auch sie
brauchen eine systematische Vorbereitung
und Unterstützung bei diesen neuen
Tätigkeitsfeldern.
Die Beruflichen Fortbildungszentren der
Bayerischen Wirtschaft (bfz) gGmbH werden
in den nächsten Monaten mit dem Betrieb
der ersten Selbstlernzentren starten. Zur
Vorbereitung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die dort die Beratung und Organisation übernehmen werden, konzipiert der
Modellversuch „Bildungsträger in der
Wissensgesellschaft“ eine Schulungssequenz:
„Vom Kursleiter zum Lernberater“.
Ottmar Döring/Barbara Mohr
Bildungsträger in
regionalen
Netzwerken
Kooperationen in der Bildung sind
nicht neu, sie haben aber in der
aktuellen Krise der Branche einen
besonderen Stellenwert bekommen
und werden durch die engere und
spezifischere Nachfrage auf dem
Markt mehr und mehr zur Überlebensbedingung von Einrichtungen.
Der Boom des Bildungssektors in den letzten
Jahrzehnten hat zu einer Vielfalt und Unübersichtlichkeit des Marktes geführt, die durch
die aktuellen Einbrüche keineswegs gemindert
wird. Dies behindert für die einzelne Institution die Profilierung und Vermarktung des
eigenen Angebots. Ihre spezifischen Kompetenzen werden nur schwer wahrgenommen.
Weiterbildungsverbünde werden zum Teil
mit dem einzigen Ziel gegründet, das in einer
Region vorhandene Angebot wenigstens auf
einer gemeinsamen Website zu präsentieren,
um so dem Nachfrager eine unaufwändige
erste Orientierung zu ermöglichen.
Dieser Nachfrager – Unternehmen sowohl
wie Individuum - ist immer weniger mit
Standardprodukten zufrieden. Die Entwicklung neuer, auf individuelle Bedarfe flexibel
zuschneidbarer Angebote ist jedoch mit
Vorlauf- und Investitionskosten verbunden,
die die einzelne Institution häufig überfordern. Dazu gehören die Konzipierung von
Angeboten, für die unter Umständen erst
einmal das nötige Know-how beschafft
werden muss, die technische Umsetzung bei
medialen Programmen, die Rekrutierung und
Schulung von Trainern und Beratern für neue
Lernformen, Erstellung und Unterhalt von
Infrastrukturen wie Selbstlernzentren usw.
Die Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen aber auch mit Kommunen,
Betrieben, Verlagen, Software-Entwicklern
kann helfen, Ressourcen zu bündeln und die
Kosten zu verringern.
Die notwendige Diversifizierung führt dazu,
dass es nur noch im Netzwerk wirtschaftlich
möglich ist, das ganze Spektrum von Kompetenzen ständig vorzuhalten, mit dem bei
Bedarf rasch auf jedes beliebige Bedürfnis
reagiert werden kann. Die einzelnen Einrichtungen müssen sich spezialisieren und mit
komplementären Anbietern zusammenarbeiten.
Weiterbildungsverbünde sind – unterstützt
durch eine entsprechende Förderkulisse – in
den letzten Jahren geradezu aus dem Boden
geschossen. Sie ermöglichen eine bessere
Ressourcennutzung sei es von Bildungseinrichtungen oder von Betrieben und damit
die Realisierung von flexibleren und differenzierteren Angeboten. Informationsfluss
und Bedarfsermittlung können im Verbund
optimiert werden, und ein abgestimmtes
Marketing, eventuell auch verbunden mit
Qualitätsstandards oder als Gütesiegelgemeinschaft verbessert die Sichtbarkeit des
einzelnen Trägers und Angebots.
Das Konzept der Lernenden Region beinhaltet ebenfalls die Zusammenarbeit von
Bildungseinrichtungen untereinander, aber
auch mit Betrieben, Kommunen, Kammern
usw. Ziel dabei ist die Entfaltung der
„endogenen Ressourcen“ einer Region mit
dem Ziel, Innovation und wirtschaftliche
Entwicklung zu befördern. In Nürnberg,
Fürth und Erlangen wird eine solche Initiative
gegenwärtig mit einer Vielzahl von Partnern
unter Geschäftsführung des Bildungszentrums der Stadt Nürnberg und Wissenschaftlicher Begleitung durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung durchgeführt.
Die einzelne Organisation verliert durch
Netzwerkbezüge tendenziell ihre Abgeschlossenheit und Außengrenzen. Damit kann eine
Verschiebung des Kompetenz- und Hierarchiegefüges im Inneren einhergehen, das
zunächst zu Irritationen führt. Auch die
Öffnung nach außen, was zum Beispiel die
Preisgabe von Konzepten, den Zugriff auf
Personal betrifft, kann Schwierigkeiten
mit sich bringen und verlangt neue Regelungen. Dies sind Hinweise darauf, dass die
Organisationsentwicklung einer modernen
Bildungseinrichtung, die sich auf den Weg
zum Bildungsdienstleister macht, auch die
Entwicklung von Kooperationsstrukturen
und einer Kooperationskultur beinhaltet.
wirtschaftlich angespannten Zeiten dar. Wenn
viele Betriebe knapp „unter der Insolvenzgrenze“ operierten, so Götzl, gehöre die
Ausbildung zu den Posten, deren Einsparung
schnell Wirkung zeige. Ein Rückzug aus der
Ausbildung sei aber keine Antwort auf die
Situation, da ausgebildete Facharbeiter das
Kapital der Zukunft darstellten. Aus diesem
Grund unterstütze der Unternehmensverband mit einer erneuten Lehrstelleninitiative
die Entstehung von 1.100 zusätzlichen Ausbildungsplätzen.
Georg Schilfahrt von der Siemens AG stellte
bei den zukünftigen Azubis ein Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit fest.
„Die Wünsche der jungen Leute passen nicht
unbedingt zum Bedarf,“ bedauerte er.
Prof. Dr. Peter Dehnbostel von der Universität der Bundeswehr Hamburg betonte,
wie wichtig es sei, prozessorientiertes Denken
und Handeln in die Ausbildung zu integrieren
und die Jugendlichen frühzeitig an die betriebliche Realität und an Kundenaufträge heran
zu führen.
Betriebe kamen zu Wort
Arbeitsatmosphäre herrschte insbesondere
am Nachmittag in den vier Workshops zu
den Themen Ausbildung als Kostenfrage,
betriebliche Prüfungen, Anforderungen an
das Umfeld der Ausbildung und Integration
von Benachteiligten in das duale System.
Ausbildungsunterstützung und Ausbildungsmanagement als externe Dienstleistung für
ausbildungswillige Betriebe standen dabei im
Mittelpunkt der engagierten Diskussionen.
Brigitte Geldermann
Nachlese
Expertendiskussion in Nürnberg
Tagung: Ausbildung in Bayern
Am 16. Juli 2003 führte das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) die
Fachtagung „Ausbildung in Bayern“ durch.
Mehr als 170 Vertreter von Forschungsinstituten, Berufsschulen, Unternehmen sowie
Bildungsanbieter und politische Akteure
folgten der Einladung ins DB-Museum in
Nürnberg.
Experten im Gespräch
Stephan Götzl, Hauptgeschäftsführer des
Bayerischen Unternehmensverbandes
Metall und Elektro (BayME) und des Verbandes der Bayerischen Metall- und ElektroIndustrie (VBM), stellte die Herausforderungen der Ausbildung für Unternehmen in
Anbieten könne man den Unternehmen
z. B. Bewerbervorauswahl, Beratung bei der
Aufnahme der Berufsausbildung und
Vermittlung von Verbundpartnern. „Der
Verbund ist ein leistungsstarkes Modell, das
die Kosten auch für kleine und mittlere
Unternehmen kalkulierbar macht,“ hob
Rudolf Fulde, Leiter des Zentrums für
Aussbildungsmanagement Bayern (zab),
hervor. Einig war man sich, dass die klare
Definition der Arbeitsteilung zwischen den
Verbundpartnern eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit
darstelle.
Thema Ausbildung aktueller denn je
Auch auf den aktuellen Ausbildungsstellenmarkt wurde im Verlauf des Tages eingegangen. Zwar lägen in Bayern die gemeldeten
freien Plätze derzeit ca. 10% unter dem
Vorjahresniveau. In wenigen Jahren würden
jedoch die Bewerber schlagartig wegbrechen.
„Ein dramatischer Wandel vom Lehrstellenzum Lehrlingsmangel“, so Dr. Eckart
Severing vom Forschungsinstitut Betriebliche
Bildung. Selbst 500.000 Zuwanderer verschöben das demografische Problem nur um
ein Jahr.
Auch Dr. Christoph Prechtl, Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung von BayME
und VBM, appellierte zum Abschluss an die
Unternehmen, bereits jetzt an den zukünftigen Fachkräftebedarf zu denken und antizyklisch auszubilden. Der Verband stehe
seinen Mitgliedern dabei mit einer Vielzahl
von Projekten zur Seite.
Unter www.zab-bayern.de finden sich
ausführliche Berichte und Materialien zu den
Arbeitsschwerpunkten der Veranstaltung.
Workshop „Soziale Verantwortung in der
Unternehmenspraxis – Corporate Social
Responsibility (CSR)“ am 7. Oktober 2003
Soziales Handeln und unternehmerischer
Gewinn sind kein Gegensatz. Zu diesem
Ergebnis kamen die Teilnehmer eines
Workshops der bfz Bildungsforschung und
des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung
(f-bb), bei dem Verantwortungsträger
bedeutender deutscher Unternehmen, Verbandsvertreter und Bildungsberater den
aktuellen Stand der Umsetzung des Konzepts
der Corporate Social Responsibility in
Deutschland diskutierten. Der Workshop
fand im Rahmen des EU-Projekts Rebus
statt, das durch die Europäische Gemeinschaft, Artikel 6, innovative Maßnahmen des
ESF gefördert wird.
Zunehmend verstehen Unternehmen ihre
gesellschaftliche Verantwortung nicht nur als
Reaktion auf Anforderungen von außen. Sie
wissen, dass verantwortliches Verhalten zu
andauerndem Erfolg führt und folgen mit
ihrem persönlichen Einsatz einer gewachsenen Unternehmenskultur. Auf freiwilliger Basis
integrieren sie soziale und ökologische
Belange in die Alltagspraxis und engagieren
sich in den Gemeinden an ihren Standorten.
Die Präsentation der sehr unterschiedlichen
Aktivitäten der anwesenden Unternehmen
spiegelte das breite Spektrum an Möglichkeiten sozialen Handelns wieder.
Auf Basis dieser vielfältigen Ausprägungen
ließen sich die Aktivitäten zu einem gemeinsamen Verständnis von nachhaltiger Unter3/2003
7
nehmensführung zusammenfassen: Verantwortliches unternehmerisches Handeln
erfordert ökonomisches, ökologisches und
soziales Engagement.
Analysebogens für Lernsoftware ein, der an
zehn Produkten exemplarisch erprobt wird.
Als zentrale Anforderungen werden hervorgehoben und begründet: Zugänglichkeit
benötigter Inhalte (z. B. durch Modularität
und geeignete Metadaten); Offenheit für
unterschiedliche Lerntypen und -interessen;
soziale Anschlussfähigkeit (insbesondere im
Kontext arbeitsplatznahen Lernens) und das
Aufzeigen individueller Entwicklungspotenziale (z. B. durch Anregen von Selbstevaluationen der Lernenden).
Reihe „Leitfaden für die Bildungspraxis“
Die Teilnehmer des Workshops waren sich
einig: Eine Verbreiterung nachhaltiger
unternehmerischer Tätigkeit hängt in weiten
Teilen daran, inwieweit es gelingt, kleine und
mittlere Unternehmen für Aktivitäten der
Corporate Social Responsibility zu motivieren. Dafür gibt es bereits eine Reihe von
Initiativen, in denen sich auch Großunternehmen betätigen. Es handelt sich dabei um
Unternehmensnetzwerke, die für interessierte
Unternehmen offen sind.
Informationen: http://www.rebus-csr.org
Gabriele Fietz/Walter Schadhauser
Neue
Veröffentlichungen
Reihe „Wirtschaft und Weiterbildung“
Band 29
Roland Geldermann, João Filipe Baigger,
Brigitte Geldermann: Qualitätssicherung in
der betrieblichen Bildung, Eine Studie mit
sechs Fallbeispielen, Bielefeld: W. Bertelsmann
Verlag, Juli 2003, ISBN 3-7639-3090-6
Band 6
Gabriele Fietz, Walter Schadhauser:
Soziale Verantwortlichkeit in Unternehmen
— Erfahrungen mit „Corporate Social
Responsibility“ (CSR) in Deutschland,
Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2003
BMBF Publik
Veranstaltungen
Berufliche Weiterbildung – eine Frage
des Alters?
Fachtagung, Juni 2004, Nürnberg
Weitere Informationen im Internet:
www.aqua-nordbayern.de
eLearning in der Aus- und Weiterbildung.
Strategien, Konzepte und Best Practice
Expertenworkshop
Do., 04.12.2003, Nürnberg
Wöhrdersee-Hotel-Mercure
Kontakt: Nicolas Schöpf
Telefon: +49 (911) 27 77 9 - 98
E-Mail: [email protected]
Impressum
Gabriele Fietz, Helmut Kuwan, Eckart
Severing u. a.: Deutsche Weiterbildungsanbieter auf internationalen Märkten
Daten – Fallstudien – Perspektiven
Bonn, Juli 2003
Herausgeber (V.i.S.d.P.): Dr. Eckart Severing
Forschungsinstitut Betriebliche Bildung
(f-bb) gGmbH,
Obere Turnstraße 8, 90429 Nürnberg
http://www.f-bb.de
Der Sammelband fasst die Ergebnisse der
empirischen Erhebung zum Stand der internationalen Markttätigkeit deutscher Weiterbildungsanbieter zusammen und zeigt an
zahlreichen Beispielen Strategien erfolgreicher
Markterschließung auf. Darüber hinaus
diskutieren Experten zentrale Fragen internationalen Engagements im Weiterbildungssektor.
Anfragen zum Newsletter
Zu beziehen unter: [email protected]
Julia Busse
Telefon: +49 (911) 27 77 9 - 15
Fax: +49 (911) 27 77 9 - 50
E-Mail: [email protected]
Bestellung
Der Newsletter kann unter folgender Adresse
kostenlos abonniert werden:
http://www.f-bb.de
http://www.f-bb.de
Band 32
Thomas Reglin, Gerhart Hölbling:
Computerlernen und Kompetenz, Bielefeld:
W. Bertelsmann Verlag, Dezember 2003,
ISBN-Nr.: 3-7639-3114-7
Welchen Beitrag kann eLearning zur Kompetenzentwicklung im betrieblichen Umfeld
leisten? Die Studie nähert sich dieser
Frage durch detaillierte Produktanalysen.
Sie resümiert vorhandene Resultate der
eLearning-Forschung und bewertet sie unter
kompetenzanalytischen Gesichtspunkten.
Die Ergebnisse gehen in die Konzeption eines
Weitere Informationen zum Forschungsinstitut Betriebliche Bildung finden
sie auf unserer neugestalteten Website
8
3/2003

Documents pareils