Privacy in the Workplace EACC [Name der Veranstaltung] March 26

Transcription

Privacy in the Workplace EACC [Name der Veranstaltung] March 26
Der Umgang mit einer alternden
Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte
Senat der Wirtschaft
25.6.2015
Dr. Gerlind Wisskirchen, Partnerin, CMS Hasche Sigle
E: [email protected]
T: + 49 221 7716 345
Inhalt
1. Unzeitgemäße AN
2. Umgang mit altersbedingten Problemen
3. Anpassung der Arbeitsbedingungen
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
5. Fortbeschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus
6. Aktuelle Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung im
Erwerbsleben
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
2
Einführung
− Demografischer Wandel/geburtenschwache Jahrgänge verstärken
Fachkräftemangel in Zukunft
• Statistisches Bundesamt: rückläufige Bevölkerungszahlen bis 2050 –
vor allem zwischen 20 – 49 Jahre
− Herausforderung für Unternehmen: Fach- und Erfahrungswissen
erhalten
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
3
1. Unzeitgemäße AN
a. Ausgangslage
Weiterentwicklung
der Erwerbswelt
Folgen:
Neuorganisation
von Unternehmen,
Änderung der
Anforderungen der
Berufsbilder
Problem: Insb.
ältere AN nicht in
der Lage/willens,
den neuen
Anforderungen zu
entsprechen
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
Lösung: gezielte
Fort- und
Weiterbildungen
für ältere AN
4
1. Unzeitgemäße AN
b. Fort- und Weiterbildung des AN
− Pflicht des AN zur Fortbildung (+), wenn Qualifikation erforderlich
• idR durch Weisung des AG
• Reaktionsmöglichkeiten bei Weigerung des AN
− Abmahnung
− Bei wiederholter Weigerung  verhaltensbedingte Kündigung
− Anspruch des AN auf Fortbildung grds. (-)
• Ggf. Pflicht zur Erörterung der Anpassung des Qualifikationsstandes
• Ausnahmsweise Anspruch des AN zu Fortbildung aus: TV/BV,
Arbeitsvertrag, Gleichbehandlungsgrundsatz
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
5
1. Unzeitgemäße AN
b. Fort- und Weiterbildung des AN
− Kostentragung verpflichtender Fortbildungen durch den AG
• Obliegenheit des AG aus § 1 II 3 KSchG
• Vermeidung/Minimierung der Kosten durch Vereinbarung
− Fortbildung außerhalb der Arbeitszeit oder während unbezahltem Urlaub
− Rückzahlungsklauseln zulässig, wenn entstehende Kosten dem Grunde
und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren
• AGB-Recht beachten  Transparenzgebot
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
6
2. Umgang mit altersbedingten Problemen
a. Verminderte Leistungsfähigkeit
− „Low Performance“: Minder-, Schlecht- oder Schwachleistung im
Arbeitsverhältnis  negatives Abweichen der Ist- von der SollLeistung
• Soll-Leistung: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so
gut, wie er kann“  dynamisch und an der Leistungsfähigkeit des
Arbeitnehmers orientiert
• Ist-Leistung: Vergleich mit früherer Leistung und Leistungen
vergleichbarer Arbeitnehmer
− 1/3 Minderleistung
− Dauerhafte/längerfristige Schlechtleistung  Dauer einzelfallabhängig
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
7
2. Umgang mit altersbedingten Problemen
a. Verminderte Leistungsfähigkeit – Reaktionsmöglichkeiten
Versetzung
Änderungskündigung
Beendigungskündigung:
Low-Performance als
(personenbedingter)
Kündigungsgrund, wenn
•Gleichwertiger oder – sofern nicht vorhanden –
geringerwertiger Arbeitsplatz, auf dem AN einsetzbar ist
• Milderes Mittel im Vergleich zur Beendigung
• Änderungskündigung darf nur in Extremfällen unterbleiben
• z.B., wenn mit Annahme des neuen Angebots nicht gerechnet
werden kann (Angebot einer Pförtnerstelle an Personalchef)
• Leistungsniveau dauerhaft deutlich unterschritten wird  2/3
der Normalleistung
• Keine Behebung der Störung in Aussicht (negative Prognose)
• Verhältnismäßigkeit  kein milderes Mittel
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
8
2. Umgang mit altersbedingten Problemen
b. Höherer Krankenstand – Reaktionsmöglichkeiten
Versetzung
• auf gleich(- oder geringerwertigen) freien Arbeitsplatz
kraft Direktionsrecht
Änderungskündigung
• Angebot einer zumutbaren ”leidensgerechten”
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
• Nur freie Arbeitsplätze (keine ”Freikündigung”)
Beendigungskündigung
• Negative Gesundheitsprognose
• Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen
Interessen
• Verhältnismäßigkeit  kein milderes Mittel
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
9
2. Umgang mit altersbedingten Problemen
b. Höherer Krankenstand – Prävention
− Präventionsmaßnahmen
• Verhältnisprävention: Änderung der Arbeitsbedingungen; Vermeidung
von Fehlbelastungen
• Verhaltensprävention: Veränderung der individuellen Einstellung der
Beschäftigten zu ihrer Belastungssituation
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
10
3. Anpassung der Arbeitsbedingungen
a. Anpassung der Arbeitszeit – Altersteilzeit
− Altersteilzeit (Altersteilzeitgesetz, AltTzG): AN halbiert die
wöchentliche Arbeitszeit bis zum Renteneintritt
• Anspruch des AN/AG (-) beide Seiten müssen zustimmen
− Anspruch/Pflicht kann sich aus TV/BV ergeben
• Nachteile:
− Aufstockung des Arbeitsentgelts um 20%
− Zusatzbeiträge zur Rentenversicherung
• Förderung der zusätzlichen Kosten durch BA nur, wenn AltTz vor 1.1.2010
begonnen wurde
• Vorteile: Aufstockungs- und Zusatzbeiträge steuer- und
sozialversicherungsfrei
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
11
3. Anpassung der Arbeitsbedingungen
a. Anpassung der Arbeitszeit – Teilzeit
− Teilzeit (Teilzeit- und Befristungsgesetz, TzBfG): Verringerung der
Arbeitszeit unter Anpassung des Gehalts (pro rata temporis)
• Anspruch des AN (+)
− AG kann nur bei betrieblichen Gründen ablehnen
• Ablehnung: schriftlich, 1 Monat vor gewünschtem Beginn
• Anspruch des AN auf Rückkehr zu Vollzeit (-) lediglich bevorzugte
Berücksichtigung bei Neubesetzung
− Befristung der Teilzeit kann vereinbart werden
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
12
3. Anpassung der Arbeitsbedingungen
a. Anpassung der Arbeitszeit – Flexible Arbeitszeitmodelle
− Umfang und Lage grds. im
Arbeitsvertrag festgelegt
• Einführung durch:
− Änderung des Arbeitsvertrags
− TV
− BV
• MBR bzgl. Lage der Arbeitszeit
bei kollektivem Bezug
Verschiedene Modelle
• Gleitzeit: Anwesenheitspflicht nur in festen
Kernarbeitszeiten – ansonsten kann AN frei
disponieren
• Vertrauensarbeitszeit: keine
Kernarbeitszeiten, keine Arbeitszeiterfassung
• Arbeitszeitkonten: AN kann Arbeitszeit
individuell innerhalb eines bestimmten
Rahmens variieren und längerfristig über den
festgelegten Ausgleichszeitraum (Monat, Jahr,
Leben) mittels Zeitguthaben und Zeitschulden
ausgleichen
• Wertguthabenvereinbarungen
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
13
3. Anpassung der Arbeitsbedingungen
b. Anpassung sonstiger Bedingungen
− Änderung des Aufgabenbereichs
• Einsatz in abwechslungsreichen Bereichen
• Gleichmäßige körperliche Belastung
• Technische Hilfsmittel
− Ausgleich für Nacht- und Mehrarbeit durch Freizeit
− Schichtarbeit umgestalten
• Vorwärtsrotation
• Wenige aufeinanderfolgende Nachtschichten (ca. 3)
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
14
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
a. Einstellungen
− Einstellung älterer AN als positive Maßnahme (§ 5 AGG)
− Besondere Befristungsmöglichkeit: bis zu 5 Jahre auch ohne
sachlichen Grund
− Stellenausschreibung gezielt auf jüngere AN: Diskriminierung wg.
Alter, wenn an Alter angeknüpft
• BAG: an Berufsanfänger gerichtete Ausschreibung als Indiz für
Altersdiskriminierung
• Aber: ausgewogene Altersstruktur grds. legitimes Ziel
− AG muss dann aber die angestrebte Personalstruktur und ansonsten
drohende Nachteile im Prozess darlegen können
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
15
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
b. Entlassungen
− Je älter der AN, desto schlechter Chancen auf dem Arbeitsmarkt 
höherer kündigungsrechtlicher Begründungsbedarf
− Lebensalter allein kein Kündigungsgrund
• Lebensalter muss bei betriebsbedingten Kündigungen in der
Sozialauswahl ausreichend berücksichtigt werden (§ 1 III 1 KSchG)
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
16
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
b. Entlassungen – Altersgruppen
− AG hat ein berechtigtes
Interesse am Erhalt einer
gesunden Altersstruktur
• Nur Erhalt – keine
"Verjüngung" durch
Personalabbau
Altersgruppen
•Alle vergleichbaren AN werden in
Gruppen unterteilt – innerhalb dieser
Gruppen wird mit gleicher Quote das
Arbeitsverhältnis des am wenigsten
sozial schutzwürdigen AN gekündigt
− "Schaffung" einer
ausgewogenen
Personalstruktur nur in
Insolvenz möglich
 Bildung von Altersgruppen
zulässig
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
•proportionale Beteiligung aller
Altersgruppen an den Entlassungen
innerhalb der einzelnen
Vergleichsgruppen
•5- bzw. 10-Jahres-Rhythmus; 3
Altersgruppen (jung, mittel, alt)
17
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
c. Befristung und das Regelrenteneintrittsalter
− Erreichen des
Renteneintrittsalters allein kein
Kündigungsgrund
Vertretung eines
anderen (z.B.
erkrankten) AN
− Altersgrenzen: Beendigung mit
Erreichen des
Regelrenteneintrittsalters
(Befristung)
Einarbeitung einer
Nachwuchskraft
(konkrete
Nachwuchsplanung)
• Erst die nachträgliche Befristung
bedarf eines Sachgrundes
• Schriftform
Anerkannte Sachgründe
• Sonst: unbefristetes
für die nachträgliche
Arbeitsverhältnis
Befristung
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
gerichtlicher Vergleich,
der die befristete
Fortführung des
Arbeitsverhältnisses
enthält.
18
4. Alternde Belegschaft und Personalstruktur
d. Aktuelle Rechtsprechung zu Altersgrenzen
− Altersgrenzen: Beendigung mit Erreichen des
Regelrenteneintrittsalters (Befristung)
• EuGH: früheste zulässige Altersgrenze ist das Renteneintrittsalter
• BAG: sachlicher Grund erforderlich, wenn der Arbeitsvertrag ursprünglich
keine Beendigung bei Erreichen des Renteneintrittsalters vorsah
• EuGH: Zulässigkeit der Altersgrenze ist unabhängig von der Höhe der
Rente
• BAG: Einführung durch TV/BV möglich – selbst, wenn der Arbeitsvertrag
keine Regelung enthält
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
19
5. Fortbeschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus
− Mehr Flexibilität durch neue Gesetzeslage  § 41 S. 3 SGB VI
• Beendigungszeitpunkt kann durch Vereinbarung weiter
hinausgeschoben werden – auch ohne Sachgrund
• Voraussetzungen
− Wirksame einzel- oder kollektivvertraglich vereinbarte Altersgrenze
− Keine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses
− Schriftliche Verlängerungsabrede
• Keine Änderung sonstiger Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeitszeit oder entgelt) – hierfür ist Neuvertrag erforderlich, der eines Sachgrundes bedarf
• Beschränkungen bzgl. Anzahl/Dauer der Verlängerungen? (-) Nach
Wortlaut weder Mindest- noch Höchstgrenze
− Europarechtliche Konformität fraglich
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
20
6. Aktuelle Rechtsprechung zur
Altersdiskriminierung im Erwerbsleben
a. Staffelung der Urlaubstage nach Alter
− BAG: allgemeine Verknüpfung von Urlaubstagen und Alter ist
rechtfertigungsbedürftige Diskriminierung
• Rechtfertigung (+), wenn die Regelung dem Schutz älterer AN dient
− z.B.: altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis bei körperlich
schwerer Arbeit nachvollziehbar ab 50 Jahre
• Staffelung muss konsequent sein
− Unzulässige Staffelung: Alter
Urlaubstage
< 30
26
< 40
29
> 40
30
• Gesundheitsschutz würde Steigerung für 50 – 60-jährige AN
erforderlich machen
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
21
6. Aktuelle Rechtsprechung zur
Altersdiskriminierung im Erwerbsleben
b. Differenzierung nach Alter in Sozialplänen
− BAG: Alterszuschläge ab Erreichen des 45./50. Lebensjahres
zulässig
• Grund: Ausgleich für befürchtete wirtschaftliche Nachteile infolge des
Arbeitsplatzverlustes – ältere AN stärker betroffen
− BAG: Anspruchsausschluss ab frühestmöglichem
Renteneintrittsalter zulässig
− EuGH: Kürzung der Sozialplanabfindung für rentennahe
Jahrgänge zulässig
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
22
Kontakt
Dr. Gerlind Wisskirchen
CMS Hasche Sigle
Kranhaus 1
Im Zollhafen 18
50678 Köln
T +49 221 7716 345
F +49 221 7716 334
E [email protected]
Der Umgang mit einer alternden Belegschaft – arbeitsrechtliche Aspekte | 25.6.2015
23

Documents pareils