Entscheidung (30.03.2009)

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Entscheidung (30.03.2009)
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BUNDESKOMMUNIKATIONSSENAT
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www.bks.gv.at
GZ 611.976/0005-BKS/2009
BESCHEID
Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. PÖSCHL, die weiteren
Mitglieder Dr. PRIMUS, Dr. GITSCHTHALER, Dr. HOLOUBEK und Dr. KARASEK über die
Beschwerde der A. gegen den Österreichischen Rundfunk (ORF) wegen Verletzung des
ORF-Gesetzes wie folgt entschieden:
SPRUCH:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 36 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 37 Abs. 1 ORF-G in der
Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 102/2007 Folge gegeben und es wird festgestellt,
dass der Österreichische Rundfunk
1. am 15.11.2008 um ca. 18.59 Uhr im Fernsehprogramm ORF2 Kärnten durch die
Ausstrahlung eines kombinierten werblich gestalteten Spots für die „Save and
Cash-Card“
der
Volksbank,
verbunden
mit
einem
Hinweis
auf
Gewinnmöglichkeiten im Hörfunkprogramm R. K. , die Bestimmungen des § 13
Abs. 7 1. Satz sowie § 13 Abs. 9 ORF-G und durch Unterlassung der Trennung
dieser Werbung vom übrigen Programm § 13 Abs. 3 ORF-G verletzt hat;
2. am 16.11.2008 um ca. 18.59 Uhr im Fernsehprogramm ORF2 Kärnten durch die
Ausstrahlung eines kombinierten werblich gestalteten Spots für eine „Springer
Traumreise auf einem Traumschiff“, verbunden mit einem Hinweis auf weitere
diesbezügliche Informationen im Hörfunkprogramm R. K. , die Bestimmungen
des § 13 Abs. 7 1. Satz sowie § 13 Abs. 9 ORF-G und durch Unterlassung der
Trennung dieser Werbung vom übrigen Programm § 13 Abs. 3 ORF-G verletzt
hat.
-2–
II. Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, innerhalb von vier Wochen ab
Zustellung dieser Entscheidung
1. den Spruchpunkt I.1. der Entscheidung an einem Samstag zwischen 18.58 und
19.20 Uhr im Fernsehprogramm ORF2 Kärnten in folgender Weise durch
Verlesung zu veröffentlichen:
„Der Bundeskommunikationssenat hat aufgrund einer Beschwerde der A.
Folgendes festgestellt: Der ORF hat am 15. November 2008 um ca. 18.59 Uhr im
Fernsehprogramm ORF 2 Kärnten einen kombinierten Werbespot für ein
Sparprodukt der Volksbank samt Hinweis auf Gewinnmöglichkeiten auf R. K.
ausgestrahlt. Dadurch wurde das im ORF-Gesetz vorgesehene Verbot der
Bewerbung von Hörfunkprogrammen im Fernsehen verletzt. Ebenso wurde
dadurch das Verbot regionaler Fernsehwerbung verletzt. Zuletzt wurde durch die
Unterlassung der eindeutigen Trennung dieser Werbung vom übrigen Programm
das ORF-Gesetz verletzt.“
2. den Spruchpunkt I.2. der Entscheidung an einem Sonntag zwischen 18.58 und
19.20 Uhr im Fernsehprogramm ORF2 Kärnten in folgender Weise durch
Verlesung zu veröffentlichen:
„Der Bundeskommunikationssenat hat aufgrund einer Beschwerde der A.
Folgendes festgestellt: Der ORF hat am 16. November 2008 um ca. 18.59 Uhr im
Fernsehprogramm ORF 2 Kärnten einen kombinierten Werbespot für eine
Springer Traumreise samt Hinweis auf weitere Informationen auf R. K.
ausgestrahlt. Dadurch wurde das im ORF-Gesetz vorgesehene Verbot der
Bewerbung von Hörfunkprogrammen im Fernsehen verletzt. Ebenso wurde
dadurch das Verbot regionaler Fernsehwerbung verletzt. Zuletzt wurde durch die
Unterlassung der eindeutigen Trennung dieser Werbung vom übrigen Programm
das ORF-Gesetz verletzt.“
Dem ORF wird ferner aufgetragen, dem Bundeskommunikationssenat gemäß § 36 Abs. 5
ORF-G iVm § 11 KOG binnen weiterer zwei Wochen über die Veröffentlichung einen
Nachweis in Form der Übermittlung von Aufzeichnungen zu erbringen.
Begründung:
-3–
Mit Schreiben vom 24.12.2008 erhob die A. (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gegen den
ORF Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 lit. d ORF-G. Als Beschwerdepunkte machte sie
geltend, dass der ORF durch die Ausstrahlung folgender Sendungen das ORF-Gesetz
verletzt habe:
1. Am
15.11.2008
sendete
der
ORF
gegen
18.59
Uhr
im
regionalisierten
Fernsehprogramm von ORF 2 Kärnten nach zwei Sendehinweisen einen Spot, in
dem durch einen Sprecher folgender Text wiedergegeben wurde:
„Schärfen Sie Ihre Sinne und wir füllen Ihr Konto auf. Hören Sie uns zu, spielen Sie
mit und gewinnen Sie eine ‚Save and Cash-Card’ – Die Sparkarte der Volksbank im
Wert von 7.300,- Euro. Das Angesparte ist jederzeit und weltweit verfügbar. Wissen
zahlt sich eben aus. Unser Monatspreis in den 1000 Fragen. Täglich ab 13.00 Uhr in
R. K. .“
Der Spot zeigt verschiedene Szenen des Geschehens in einer Filiale der Volksbank.
Gezeigt wird auch die Handhabung der Sparkarte an einem Geldautomat der
Volksbank. Im Spot ist ein Text mit dem auf die Sparkarte der Volksbank bezogenen
Text „Klein im Format – Groß in der Leistung“ zu lesen. Eingeblendet wird auch
mehrfach das Logo der Volksbank.
2. Am
16.11.2008
sendete
der
ORF
gegen
18.59
Uhr
im
regionalisierten
Fernsehprogramm von ORF 2 Kärnten nach einem Sendehinweis einen Spot, in dem
durch einen Sprecher folgender Text wieder gegeben wurde:
„Eine Springer-Traumreise auf einem Traumschiff zu einem Traumpreis. Erleben Sie
die Metropolen der Ostsee: Kiel, Tallinn, St. Petersburg und Kopenhagen. Mit den
ORF-Kärnten-Moderatoren U.P., W.G. und ‚Sommerfrischler“ K.K. auf dem ORFTraumschiff „MSC Orchestra“. Vom 14. bis 21. Juni 2009. Informationen unter
kaernten.orf.at und am 29. November in R. K. Wochenend’.“
Visuell werden verschiedene ansprechende Szenen einer Schiffsreise gezeigt.
In rechtlicher Hinsicht brachte die Beschwerdeführerin zu Sachverhaltsteil 1 vor, dass der
Spot sowohl vom Text als auch von seiner visuellen Gestaltung her eindeutig werblich
gestaltet sei. Der gesprochene Text enthalte qualitativ-wertende Aussagen, wie sie für
Werbespots üblich seien. Betont werde die jederzeitige und weltweite Verfügbarkeit der
angesparten Guthaben, eine Eigenschaft, die die „Save and Cash-Card“ der Volksbank etwa
von einer „einfachen“ Bankomatkarte unterscheide. Durch die Bewerbung des Gewinnspiels
mit einem Preis mit einem Wert von 7.300,- Euro werde neben der „Save and Cash-Card“
der Volksbank auch eine mittelbare Werbung für das Hörfunkprogramm von R. K.
bewirkt.
Der Inhalt der Sendung bleibe im Hintergrund bzw. werde konkret überhaupt nicht
-4–
angesprochen. Der Zuseher solle durch den in Aussicht gestellten attraktiven Gewinn ins
Programm von R. K.
„gezogen“ werden. Der inkriminierte Spot stelle kommerzielle
Werbung nach § 13 Abs. 1 ORF-G dar. Seine Ausstrahlung in einem regionalen
Fernsehprogramm wie ORF 2 Kärnten sei daher gemäß § 13 Abs. 7 erster Satz ORF-G
verboten. In Idealkonkurrenz dazu liege verbotene Cross-Promotion nach § 13 Abs. 9 ORFG vor, was der Bundeskommunikationssenat auch schon im Hinblick auf § 13 Abs. 3 ORF-G
ausgesprochen habe.
Bei Sachverhaltsteil 2 werde ebenfalls durch die Gestaltung des Spots der Tatbestand der
Werbung verwirklicht. Die Firma Springer Reisen sei ein in Kärnten bekannter
Reiseveranstalter. Der Werbespot bediene sich durch die qualitativ-wertenden Worte
„Traumreise“, „Traumschiff“ und „Traumpreis“ der in der Werbung häufig angewandten
Sprachfigur der Alliteration. Die erwähnten Adjektive seien zweifellos geeignet, bislang
unentschlossene oder uninformierte Zuseher für eine Buchung dieser Reise zu gewinnen,
woraus auf die Absatzförderungsabsicht zu schließen sei (vgl. zum Begriff der kommerziellen
Werbung Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze², Seite 62). Zur Frage,
ob der Spot gegen ein Entgelt ausgestrahlt wurde, sei nach der Rechtsprechung des VwGH
ein objektiver Maßstab anzulegen, da ansonsten der Umgehung Tür und Tor geöffnet wäre.
Entscheidend sei demnach, ob für die Ausstrahlung des jeweils konkret zu beurteilenden
Hinweises nach dem üblichen Verkehrsgebrauch ein Entgelt oder eine Gegenleistung zu
leisten wäre (VwGH vom 14.11.2008, GZ 2005/04/0172). Diese Frage sei im vorliegenden
Fall eindeutig zu bejahen. Mit der Ausstrahlung des Spots sei daher das regionale
Fernsehwerbeverbot gemäß § 13 Abs. 7 1. Satz ORF-G in Idealkonkurrenz mit dem CrossPromotion-Verbot nach § 13 Abs. 9 ORF-G verletzt worden.
Zur
Beschwerdelegitimation
brachte
die
Beschwerdeführerin
vor,
dass
sie
im
Versorgungsgebiet Kärnten kommerzielles terrestrisches Privatradio veranstalte und somit in
direktem Wettbewerb zum ORF auf dem regionalen Werbe- und Hörermarkt stünde. Durch
das Anbieten von Sonderwerbeformen könne sich der ORF einen Wettbewerbsvorteil
verschaffen, wobei Auswirkungen auf die Verschiebung der Marktanteile möglich seien. Der
inkriminierte
Spot
schädige
die
rechtlichen
und
wirtschaftlichen
Interessen
der
Beschwerdeführerin.
Der ORF trat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in seiner Stellungnahme vom
20.01.2009 entgegen. In der Sache brachte der ORF vor, dass es sich bei Sachverhaltsteil 1
um einen Programmhinweistrailer auf ein Gewinnspiel handle, bei dem Geld in Form einer
Sparkarte gewonnen werden könne. Die Darstellung beschränke sich auf die Nennung des
Preises selbst und auf neutrale Zusatz-Informationen, was unter einer Sparkarte zu
-5–
verstehen sei. Eine werbliche Gestaltung liege daher nicht vor. Da schon der Spot nicht
werblich gestaltet sei, könne auch keine Verletzung des Cross-Promotion-Verbotes
vorliegen. Es handle sich um einen neutralen Hinweis auf die Sendung „Tausend Fragen“ in
R. K.
. Selbiges gelte für Sachverhaltsteil 2, der ebenfalls nur einen Sendungshinweis
darstelle. Der Spot beschreibe einen Sendungsinhalt, nämlich eine ORF-Reise zu den
Metropolen der Ostsee, wobei die Darstellung insgesamt nicht in werblicher Weise erfolge.
Die Beschwerdeführerin replizierte mit Schreiben vom 09.02.2009 auf dieses Vorbringen und
legte hinsichtlich Sachverhaltsteil 1 dar, dass sich der ORF auf eine pauschale Bestreitung
der Werblichkeit beschränke, ohne auf die dargestellten Sachverhaltselemente einzugehen.
Sie wies außerdem darauf hin, dass der Spot zumindest auch am 18.11.2008 und am
24.11.2008 jeweils gegen 19.00 Uhr im regionalisierten Programm von ORF2 Kärnten
ausgestrahlt worden sei. Auch bei Sachverhaltsteil 2 fehle ein detailliertes Vorbringen des
ORF zur Werblichkeit des Spots. Weiters sei auszuführen, dass auch dieser Spot, und zwar
offenbar teilweise auch in Kenntnis der Beschwerde, am 17.11.2008, 22.12.2008,
26.12.2008, 29.12.2008, 01.01.2009, 02.01.2009, 04.01.2009. 05.01.2009 und 06.01.2009
neuerlich gegen 19.00 Uhr im regionalisierten Programm von ORF2 Kärnten ausgestrahlt
worden sei. Die Werblichkeit des Spots ergebe sich neben seinem Inhalt auch aus der durch
die Häufigkeit seiner Ausstrahlung erzeugten Werbepenetranz.
Der ORF erstattete hierauf mit Schreiben vom 05.03.2009 eine weitere Stellungnahme. In
dieser brachte er einleitend vor, dass ein Hinzufügen bislang unerwähnter Sachverhalte zu
einer laufenden Beschwerde nach § 36 Abs. 4 ORF-G unzulässig sei und insoweit ein
Neuerungsverbot bestehe. Nachträglich hinzugefügte Sachverhalte könnten nur dann als
neue Beschwerde eingestuft werden, wenn für sie die sechswöchige Frist noch nicht
abgelaufen sei. Dementsprechend sei es mit Blick auf Sachverhaltsteil 1 unzulässig, der
ursprünglichen Beschwerde die Ausstrahlungen des Spots am 18.11.2008 und am
24.11.2008 hinzuzufügen. Die Beschwerdefrist hierfür sei zudem am 30.12.2008 bzw. am
05.01.2009
abgelaufen.
Selbiges
gelte
für
Sachverhaltsteil
2:
Die
behaupteten
Ausstrahlungen am 17.11.2008, 22.12.2008 und 26.12.2008 seien verfristet, da die
sechswöchige Frist für die Beschwerde am 29.12.2008, 02.02.2009 bzw. 06.02.2009
geendet habe. Am 26.12.2008 sei der Spot zudem gar nicht ausgestrahlt worden, was durch
Zeugen zu belegen wäre.
Allgemein sei auszuführen, dass die Werblichkeit eines Spots sich nicht anhand der
Häufigkeit der Ausstrahlung bemesse, sondern stets nur am Inhalt der Botschaft, wobei hier
auf verkaufsfördernde Anreize, wie Darstellung von Produkteigenschaften, qualitativwertende Aussagen sowie den Gesamteindruck abgestellt werde. Folgte man der
-6–
Argumentation der Beschwerdeführerin, würde auch die Häufigkeit der Ausstrahlung eines
Programmelements ein Indiz für dessen Werblichkeit darstellen, was insbesondere bei
Programmhinweisen zu absurden Ergebnissen führen würde. Die Beschwerdeführerin bleibe
darüber hinaus eine Darlegung schuldig, nach welchen genauen Parametern die Häufigkeit
der Darstellung eine werbliche Einordnung bedingen solle, zumal es auf die Rezipientensicht
ankommen müsse. Die Rechtsfolgen würden somit vom für jeden Konsumenten im Einzelfall
zu beurteilenden und für den Rundfunkveranstalter daher nie eruierbaren Konsumverhalten
abhängen, sodass das Kriterium der Häufigkeit der Ausstrahlung denkbar ungeeignet sei,
werbliche von nicht-werblichen Programmelementen abzugrenzen.
Die Beschwerdeführerin replizierte mit Schreiben vom 13.03.2009 und brachte vor, dass die
in der Stellungnahme vom 09.02.2009 angeführten Daten der weiteren Ausstrahlungen der
Spots nicht zum Zweck einer Ausdehnung der Beschwerde, sondern zur Unterstützung des
Arguments der verbotenen Ausstrahlung regionaler Werbung bekannt gegeben worden
seien. Sie wären allerdings schon bei einmaliger Ausstrahlung als werblich zu beurteilen.
Unbestritten dürfte die Tatsache sein, dass die in kurzen Abständen buchstäblich dutzende
Male erfolgte Ausstrahlung des Spots – wie dies bei Werbespots typisch sei – eine
besondere Werbepenetranz auslöse und einen weiteren Hinweis auf die Qualifikation des
Spots als Werbespot biete.
Der Bundeskommunikationssenat hat in die vorgelegten Aufzeichnungen und Unterlagen
Einsicht genommen. Der oben wiedergegebene Sachverhalt entspricht den Wahrnehmungen
des Bundeskommunikationssenates und wurde auch vom ORF nicht bestritten. Der
Bundeskommunikationssenat hat zudem betreffend Sachverhaltsteil 2 am 19.03.2009
Einsicht in die Webseite http://kaernten.orf.at/magazin/aktionen/stories/320143/ genommen.
Unter dieser Adresse kann unter anderem ein Prospekt einschließlich Preisinformationen zu
der Reise abgerufen werden und werden als weitere Kontaktmöglichkeiten das Springer
Reisen Lufthansa City Center in Klagenfurt sowie der ORF-Shop Kärnten angegeben.
Rechtlich folgt:
Zur Beschwerdelegitimation:
-7–
Gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. d ORF-G entscheidet der Bundeskommunikationssenat über die
Verletzung
von
Bestimmungen
des
ORF-G
aufgrund
von
Beschwerden
eines
Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete
Verletzung berührt werden. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde legitimiert, weil sie
mit dem ORF auf dem regionalen Werbekundenmarkt in Wettbewerb steht und beide um das
gleiche regionale Publikum konkurrieren. Durch das Anbieten gesetzwidriger Werbung
könnte sich der ORF einen Einnahmenvorteil gegenüber privaten Mitbewerbern schaffen.
Dieser Vorteil, ausgenützt zu einer attraktiven Sendezeit, kann auch Auswirkungen auf die
Verteilung der Marktanteile zwischen Fernsehen und Radio haben. Weiters wird durch die
behauptete gesetzwidrige Bewerbung der Hörfunkprogramme des ORF in seinen
Fernsehprogrammen ein Wettbewerbsvorteil erzielt, der ebenfalls Auswirkungen auf die
Marktanteile der Beschwerdeführerin haben kann. Die wirtschaftlichen Interessen der
Beschwerdeführerin sind daher durch den Beschwerdesachverhalt iSd § 36 Abs. 1 Z 1 lit. d
ORF-G jedenfalls berührt.
Zum Beschwerdegegenstand:
Hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes ist auszuführen, dass dieser sich grundsätzlich
nach dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz richtet. Hinsichtlich der Sendungen am 15. und
16.11.2008 sind die Fristen des § 36 Abs. 4 ORF-G jedenfalls gewahrt. Nachträglich
hinzugefügte
Sachverhalte,
beschwerdegegenständlichen
insbesondere
Sendung,
sind
weitere
Ausstrahlungen
grundsätzlich
als
neue
einer
bereits
Beschwerden
einzustufen und können – sofern die sechswöchige Beschwerdefrist des § 36 Abs. 4 ORF-G
für sie gewahrt ist – auch gemeinsam mit der ursprünglichen Beschwerde unter den
Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AVG erledigt werden (vgl. Kogler/Traimer/Truppe,
Österreichische
Rundfunkgesetze²,
S. 163).
Im
vorliegenden
Fall
hat
aber
die
Beschwerdeführerin selbst in ihrer Replik vom 13.03.2009 ausdrücklich erklärt, dass sich ihre
Beschwerde nur auf die Ausstrahlungen am 15. und 16.11.2008, nicht aber auf die übrigen
im Schriftsatz vom 09.02.2009 genannten Ausstrahlungstermine beziehe (wenngleich für die
nach dem 28.12.2008 liegenden sechs Termine die Beschwerdefrist noch offen gewesen
wäre). Insoweit ist aber der Gegenstand des Verfahrens auf diese beiden Sendungen
beschränkt.
Zu Spruchpunkt I.1. (Sachverhaltsteil 1):
Der Bundeskommunikationssenat kann sich der Auffassung des ORF nicht anschließen,
dass es sich bei der Präsentation der „Save and Cash-Card“ im Rahmen des Spots um eine
bloße Darstellung und Nennung des Preises und neutrale Zusatz-Informationen zur Spar-
-8–
Karte handelt. Vielmehr ist festzuhalten, dass die Darstellung mehrere Elemente beinhaltet,
die die Grenze zur Werbung überschreiten: Einerseits wird mit dem Hinweis, dass bei der
„Save and Cash-Card“ das Angesparte jederzeit und weltweit verfügbar sei, eine bestimmte
Eigenschaft des Produktes hervorgehoben. Es handelt sich insofern um eine qualitativwertende Aussage, als bei anderen Veranlagungsformen, namentlich dem klassischen
Sparbuch, weder eine jederzeitige Verfügbarkeit noch eine weltweite Behebbarkeit des
Angesparten im Sinne der auch bildlich gezeigten Behebung am Bankomaten bzw.
Geldausgabeautomaten in den SB-Zonen der Volksbanken möglich ist. Damit wird ein
besonderer Produktvorteil, nämlich die hybride Stellung der „Save and Cash-Card“ zwischen
Konto
und
Sparbuch,
vergleichend
hervorgehoben
und
damit
ein
Anreiz
zur
Inanspruchnahme auf Seiten des Konsumenten verwirklicht. Hinzu tritt die optische
Hervorhebung des Vorteils der „Selbstbedienungsfunktion“ des Produktes durch die
Darstellung im Gebrauch bei der Auszahlung in einer Volksbank-Filiale (vgl. zum
Herausstreichen des Leistungsangebotes oder besonderer Produkteigenschaften schon
BKS 23.06.2005,
GZ
611.001/0002-BKS/2005,
oder
jüngst
BKS
17.11.2008,
GZ 611.009/0014-BKS/2008, auch speziell sachverhaltsähnlich im Hinblick auf OnlineBanking). Der Darstellung wohnt daher insgesamt die objektive Eignung inne, den bislang
uninformierten oder unentschlossenen Zuseher für die Inanspruchnahme der Dienstleistung
zu gewinnen, woraus auf das Ziel der Absatzförderungseignung zu schließen ist (vgl. VwGH
14.11.2007, Zl. 2005/04/0167; 12.12.2007, Zl. 2005/04/0244; 29.02.2008, Zl. 2005/04/0275).
Weder an der Entgeltlichkeit des beworbenen Produktes noch an einer Gegenleistung zu
Gunsten des ORF, insbesondere durch die Zurverfügungstellung des Preises, können
Zweifel bestehen; auch vom ORF wurden diese Tatbestandselemente nicht bestritten. Der
beschwerdegegenständliche Spot erfüllt daher den Tatbestand der kommerziellen Werbung
im Sinne des § 13 Abs. 1 ORF-G, woran die Kombination mit einer Gewinnmöglichkeit nichts
zu ändern vermag. Aufgrund der regionalisierten Ausstrahlung im Fernsehprogramm ORF2
Kärnten wurde daher gegen das Verbot des § 13 Abs. 7 1. Satz ORF-G verstoßen.
Hinzu tritt im vorliegenden Fall der Umstand, dass der Spot die Bewerbung des Preises mit
einem Hinweis auf die Sendung „Tausend Fragen“ im ORF-Hörfunkprogramm R. K.
kombiniert. Hierzu ist auf die sich im Sachverhalt nur unwesentlich unterscheidenden
Entscheidungen BKS 17.11.2008, GZ 611.009/0014-BKS/2008, sowie BKS 15.12.2008,
GZ 611.973/0005-BKS/2008,
zu
verweisen,
wonach
eine
„Kombination“
aus
einer
bewerbenden Gewinnpräsentation mit einem neutral gehaltenen Hinweis auf eine sich mit
dem Gewinn befassende Sendung im Hörfunkprogramm dazu führt, dass die qualitativwertenden Aussagen zugunsten des Preises auf den sonstigen Inhalt des Spots
durchschlagen. Das Verbot der Cross-Promotion nach § 13 Abs. 9 ORF-G kann nicht
-9–
dadurch umgangen werden, dass anstelle der Bewerbung der Sendung die – in
untrennbarem Zusammenhang gesendete – Bewerbung des ihr zugrunde liegenden Inhalts,
nämlich im vorliegenden Fall der Gewinnmöglichkeit des Preises tritt, und insoweit ein
Transfer der Werbewirkung auf das Hörfunkprogramm bewirkt wird. Es ist daher auch eine
Verletzung des Verbots der Cross-Promotion nach § 13 Abs. 9 ORF-G festzustellen.
Der Spot war weiters nicht vom sonstigen Programm durch optische oder akustische Mittel
getrennt, sodass auch eine Verletzung des § 13 Abs. 3 ORF-G vorliegt (vgl. wiederum BKS
17.11.2008, GZ 611.009/0014-BKS/2008, sowie BKS 15.12.2008, GZ 611.973/0005BKS/2008).
Zu Spruchpunkt I.2. (Sachverhaltsteil 2):
Auch im Fall der „Springer Traumreise“ überschreitet die Darstellung die Grenze zur
Werbung. Bereits durch die Aussage, dass die Reise „zu einem Traumpreis“ verfügbar wäre,
wird ein geradezu lehrbeispielhaftes Element kommerzieller Werbung eingesetzt, nämlich die
Herausstellung eines besonders günstigen Preis-/Leistungsverhältnisses eines Angebotes.
Überdies stellt auch die Begriffswahl der „Traumreise“ und des „Traumschiffs“ eine qualitativwertende Darstellung der Eigenschaften der Dienstleistung dar, mit der besondere
Produkteigenschaften herausgestrichen werden. Auch die Dauer der optischen Darstellung
der Eigenschaften des Schiffs – darunter etwa die mehrmalige Außenansicht, der Blick in die
ansprechend ausgestalteten Aufenthaltsräume und Kabinen sowie die Demonstration der
sportlichen Betätigungsmöglichkeiten – mit insgesamt rund 30 Sekunden von 45 Sekunden
Gesamtdauer überschreitet die Grenze einer zulässigen neutralen Darstellung bei weitem,
sodass ein übermäßiges Herausstreichen des Waren- und Leistungsangebotes vorliegt (vgl.
diesbezüglich schon BKS 01.06.2005, GZ 611.009/0016-BKS/2005). Die Darstellung ist
daher insgesamt objektiv geeignet, den bislang uninformierten oder unentschlossenen
Zuseher für den Erwerb bzw. die Inanspruchnahme der Dienstleistung zu gewinnen, woraus
auf das Ziel der Absatzförderungseignung zu schließen ist (vgl. VwGH 14.11.2007, Zl.
2005/04/0167; 12.12.2007, Zl. 2005/04/0244; 29.02.2008, Zl. 2005/04/0275).
Unerheblich ist, dass der Werbespot in Teilen als Werbung zugunsten von Springer Reisen
(vgl. zum objektiven Maßstab des üblichen Verkehrsgebrauchs VwGH 14.11.2008,
2005/04/0172), in Teilen aber auch als Eigenwerbung für den ORF anzusehen sein mag, da
der Tatbestand des § 13 Abs. 1 ORF-G beide Erscheinungsformen erfasst. Die
Entgeltlichkeit der Dienstleistung selbst steht – wie der Bundeskommunikationssenat durch
Einsichtnahme
in
die
Webseite
http://kaernten.orf.at/magazin/aktionen/stories/320143
feststellen konnte – schon im Lichte der Preisangaben und der Kontakt- und
Buchungsmöglichkeiten im Wege des Reisebüros bzw. des ORF-Shops fest. Da die
- 10 –
Werbung im regionalisierten Fernsehprogramm ORF2 Kärnten ausgestrahlt wurde, war
daher ein Verstoß gegen das Verbot des § 13 Abs. 7 1. Satz ORF-G festzustellen.
Ebenso wie bei Spruchpunkt 1 tritt hinzu, dass der Spot die Bewerbung der Kreuzfahrt mit
einem Hinweis auf eine Sendung im ORF-Hörfunkprogramm R. K.
(„Wochenend’“)
kombiniert. Der im Kern gleiche Sachverhalt lag auch Spruchpunkt III.2. der Entscheidung
BKS 17.11.2008, GZ 611.009/0014-BKS/2008, (Radio Niederösterreich Hörerreise) sowie
Spruchpunkt I.2. der Entscheidung BKS 15.12.2008, GZ 611.973/0005-BKS/2008, zu
Grunde (ORF Hörerreise), wo ebenfalls die Bewerbung einer Reise mit einem neutral
gehaltenen Hinweis auf eine sich mit der Reise befassende Sendung im Hörfunkprogramm
als mit § 13 Abs. 9 ORF-G unvereinbar festgestellt wurde. Wie zu Spruchpunkt I.1. bereits
ausgeführt, kann das Verbot der Cross-Promotion nach § 13 Abs. 9 ORF-G nicht dadurch
umgangen werden, dass anstelle der Bewerbung der Sendung die – in untrennbarem
Zusammenhang gesendete – Bewerbung eines ihr zugrunde liegenden Inhalts, nämlich im
vorliegenden Fall der Traumreise tritt, und insoweit ein Transfer der Werbewirkung auf das
Hörfunkprogramm bewirkt wird. Wiederum liegt daher eine Verletzung des Verbots der
Cross-Promotion nach § 13 Abs. 9 ORF-G vor. Weiters war der Spot nicht ordnungsgemäß
vom sonstigen Programm getrennt, sodass auch eine Verletzung des § 13 Abs. 3 ORF-G
vorliegt.
Zu Spruchpunkt II.:
Der
Ausspruch
über
die
Veröffentlichung
der
Entscheidung
des
Bundeskommunikationssenates stützt sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G und seine Auslegung im
Sinne von VfSlg. 12.497/1990 und VwGH 15.09.2004, Zl. 2003/04/0045. Mit der
Veröffentlichung einer Kurzfassung der Entscheidung zu vergleichbaren Sendezeiten soll im
Sinne eines „contrarius actus“ der gleiche Veröffentlichungswert erzielt werden. Die
Verpflichtung zur Vorlage der Aufzeichnung stützt sich auf § 11 KOG iVm § 36 Abs. 5 ORFG (vgl. dazu VwGH 23.05.2007, Zl. 2006/04/0204).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde
- 11 –
muss iS des § 24 Abs. 2 VwGG bzw. iS des § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 VfGG
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung der
Beschwerde ist eine Gebühr von 220,- Euro zu entrichten.
30. März 2009
Der Vorsitzende:
PÖSCHL
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung: