Noch nicht im Amt und schon adoptiert, neue - CAP

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Noch nicht im Amt und schon adoptiert, neue - CAP
MITTELBADISCHE PRESSE
www.bo.de
Freitag, 24. Mai 2013
BÜHL
KO M M E N TA R
Russisches-Roulette
Es ist wohl das ganz persönliche Schicksal von
Hertha Isenbart, dass mit
dem Bau ihres Schlosshotels Bühlerhöhe als Vermächtnis an ihren 1908
verstorbenen Mann und
ehemaligen preußischen
Offizier kein Glück beschieden sein sollte. Ihr
Leben endete in einer Tragödie: Die schöne, blitzgescheite Tochter jüdischer
Eltern wählte 1918 den
Freitod.
Heute, 101 Jahre nach
der Eröffnung des einstigen Kurhotels, liegt wieder
einmal Verwesungsgeruch
in der Luft. Über zweieinhalb Jahre hat das einstige Flaggschiff deutscher
Hotellerie keine Gäste
mehr gesehen. Auf absehbare Zeit wird sich daran
auch nichts ändern. Das
trifft im Übrigen auch für
das benachbarte PlättigHotel zu. Ein Haus aber,
das nicht atmet, stirbt.
Die Eigentümer scheint
dies offenbar nicht sonderlich zu kümmern. Außer
verbaler heißer Luft (»Luxury of Nature«), die sie verblasen ließen, haben sie
bislang nichts zu bieten.
Ja, sie haben sich nicht
einmal getraut, ihr Gesicht
zu zeigen. Da müssen sie
sich auch nicht wundern,
wenn sie von ihren mittel-
badischen »Mitbürgern«
mit Geldwäscherei in Verbindung gebracht werden.
Inzwischen müssen
selbst die notorischen
»Gutmenschen« eingestehen: Nicht alle Russen waren und sind für die Region
der gewünschte Gewinn.
Materiell vielleicht, wenn
die Umsätze der Immobilienvermittler, Friseure,
Boutiquenbesitzer oder
Gastronomen als das Maß
aller Dinge gelten. Beim
Schlosshotel Bühlerhöhe aber geht es nicht um
Tageskasse, nicht um eine Party-Location, sondern um klassische, denkmalgeschützte Baukultur,
um Geschichte, um Identität – und natürlich um
Mäzenatentum. Jetzt also bestimmt der Hausherr
persönlich das Geschehen
und hat sich bei der Industrie- und Handelskammer
als Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft eintragen lassen. Er ist nun in
der Pflicht, muss endlich
den Worten auch Taten folgen lassen. Wir begleiten
ihn dabei mit den besten
Wünschen auf Erfolg. Er
muss aber auch wissen:
Mit einem Edelstein wie
der Bühlerhöhe spekuliert
man nicht. Roulette wird in
Baden-Baden gespielt.
Gerold Hammes
Noch nicht im Amt
und schon adoptiert
CAP-Markt ab 1. Juni unter neuer Leitung
Bühl. »Den CAP-Markt zu
leiten, war das Schönste, was
mir passieren konnte«, sagte Sebastian Ayche kurz vor
seinem Eintritt ins Rentenalter. Unter seiner Leitung wurde das Lebensmittelgeschäft
in der Bühlertalstraße nicht
nur zu einem beliebten Außenarbeitsplatz der Werkstätten der Lebenshilfe, sondern
auch zu einem wichtigen Nahversorger.
Sein Nachfolger Stepháne Belami aus Karlsruhe ist
Agraringenieur mit Erfahrung im Einzelhandel und
freut sich darauf, am 1. Juni
die Marktleitung zu übernehmen: »Ich glaube, die Mannschaft hat mich schon adoptiert. Es ist toll, dass alle hier
so viel Freude an der Arbeit
haben.«
19 Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten im
CAP-Markt und besetzen verantwortungsvolle Positionen
wie die Kassen, die Lotto-Annahmestelle und die Bäckerei-Theke. »Sie zu so fördern,
damit sie sicher und selbstbewusst werden, das war
mir das Wichtigste«, sagte
Sebastian Ayche. Acht Jahre lang stand der 65-Jährige
jeden Morgen um 4 Uhr auf,
um von Bruchsal mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach
Bühl zu fahren. Er dankte er
seinen Mitarbeitern und Kollegen.
Außenarbeitsplätze
für
Menschen mit Behinderung
wie der CAP-Markt seien »der
Weg der Zukunft«, erklärt
Gudrun Bihlmaier, verantwortlich für den Bereich Soziales bei den Werkstätten der
Lebenshilfe.
Von diesem Übungsfeld sei
bisher zwei Menschen mit Behinderung der Sprung in den
allgemeinen
Arbeitsmarkt
gelungen.
Bihlmaier lobte Sebastian Ayche: »Er hat den Teamgedanken in den Mittelpunkt
gestellt und keinen Unterschied gemacht, ob sie nun eine Behinderung hatten oder
nicht.«
Einer von mehreren Architektenentwürfe für die »neue« Bühlerhöhe. Inzwischen alles Schnee von gestern.
Ratenzahlungen eines Milliardärs
Das Schlosshotel Bühlerhöhe: Reto Schumacher geht, aber die Ungewissheit bleibt
Nebelschwaden schleichen um das Schlosshotel. Dazu prasselt
kalter Regen pausenlos
hernieder. Passender
könnte das Wetter hier
oben nicht sein. Nebulöser war die Zukunft der
Bühlerhöhe selten. Und
an kritischen Momenten
hatte das Kulturdenkmal
in der Vergangenheit
wahrlich keinen Mangel.
VON G EROL D H A M M ES
Schwarzwaldhochstraße.
Heute fehlt nicht nur ein Konzept, was mit dieser einzigartigen Immobilie geschehen
soll, jetzt kam ihr auch noch
ihr »Gesicht« abhanden: Reto
Schumacher ist eigenen Angaben zufolge auf seinen Wunsch
hin als Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft »Anna
Maria« entbunden worden. Ihn
löst der Eigentümer, Igor Bakai, höchstpersönlich ab. Die
Begründung fasst Schumacher
in knappen Worten zusammen:
»Ich bin leidenschaftlicher Hotelier, ein Gestalter, kein Verwalter.«
Offenbar war seine Geduld
erschöpft, nachdem in die groß
angekündigten
Sanierungsund Umbaupläne keine Bewegung kommt.
Igor Bakai, der eigentlich Igkor Bakaidis heißt, hat
es im ukrainischen Gasgeschäft angeblich zu einem Milliardenvermögen
gebracht.
Später wurde er Leiter der
Staatskanzlei. Er soll einen
russischen und griechischen
Pass besitzen. Juristisch gese-
hen ist seine Ehefrau Natalia
Kozitskaya, eine frühere ukrainische Schönheitskönigin mit
angeblich russischem und kanadischem Pass, Eigentümerin
der Bühlerhöhe. Auf ihren Namen ist die Firma Folantez auf
der berüchtigten Geldwäscherinsel Zypern eingetragen.
Zum Bakai-Imperium gehören neben der Bühlerhöhe
auch die ehemalige GrundigVilla in Baden-Baden (zugleich
der
Deutschland-Wohnsitz),
das elfstöckige ehemalige Verwaltungsgebäude der französischen Streitkräfte in Oos
(Babo) und Schloss Rodeck in
Kappelrodeck.
In der stattlichen AchertalResidenz hat sich Vasyl Kozitzkyi eingerichtet, der Vater von
Natalia. Für das Schlosshotel Bühlerhöhe sollen die Bakais rund 40 Millionen Euro an
den früheren Eigentümer Dietmar Hopp hingeblättert haben.
Mit großem medialem Tamtam
war der Immobilien-Deal am 9.
Juli 2010 im Bühler Friedrichsbau inszeniert worden. »Luxus
auf Top-Niveau« wurde großspurig angekündigt. Ja, es fiel
sogar der Satz: »Das hat die
Welt noch nicht gesehen!« Bis
zu 120 Millionen Euro wollten
die neuen Besitzer investieren.
Zwei Anbauten aus der Grundig-Ära sollten abgerissen und
ersetzt werden.
Drunten im Tal war die Politik schon in Champagnerlaune: Eine Art »Task-Force« von
Baufachleuten der Stadt Bühl
und des Landratsamts wurde
flugs ins Leben gerufen.
Tatsächlich gaben auch
höchst renommierte Architekten ihre Visitenkarte an der
Schwarzwaldhochstraße
ab.
Der berühmteste von ihnen
war David Chipperfield, der in
London, Berlin und Mailand
Büros unterhält und unter anderem den Masterplan für die
Berliner Museumsinsel erstellte. Auch einen Arbeitstitel gab
es: »The Luxury of Nature«.
Superlative waren das mindeste, was man auf dem rhetorischen Leierkasten abspielte. Und in den Hotelzimmern
sollten Wasserkaskaden sprudeln; in Anlehnung an die benachbarten Gertelbach-Wasserfälle. Die Absurdität war
komplett, als im Frühjahr 2011
die Hinweistafeln »Baubüro«
und »Eröffnungsbüro« vor dem
Schlossportal installiert wurden, um den Planern, Ingenieuren und Bauhandwerkern
den Weg zu weisen. Längst hat
man sie wieder einkassiert.
Kein Architektenauftrag
Die Bühlerhöhe ist heute vielmehr in eine Sackgasse
geraten. Es gibt nach fast drei
Jahren Vorlaufzeit noch immer keinen Architektenauftrag.
Dabei sollte das »einzigartige Juwel auf Weltniveau, das
den Zeitgeist trifft«, längst geschliffen und eingefasst sein.
Als spätester Wiedereröffnungstermin galt das Frühjahr 2013. Stattdessen werden
unterm Schwarzwaldtann hin
und wieder opulente Geburtstage und Partys gefeiert.
Dann lässt man es richtig
krachen – mit bombastischen
Feuerwerken, damit auch die
Bewohner unten im Bühlertal
zu vorgerückter Stunde was
davon mitbekommen. Geld, so
hat man den Eindruck, spielt
bei der Oligarchen-Familie
keine Rolle. Bei der skurrilen
Pressekonferenz 2010 in Bühl
hieß es schließlich: Die Millionen lägen in den Schubladen
bereit (vermutlich in Zypern).
Hohe Heizkosten
Tatsächlich aber soll nach
Zeitungs-Informationen
nur
ein Teil der Kaufsumme bar
bezahlt und für die Restsumme
eine Ratenzahlung vereinbart
worden sein. Ein Milliardär,
der »läppische« 40 Millionen
in Raten abstottern muss? Wie
passt denn das zusammen? Wie
so vieles dort oben: eben nicht.
Ziemlich seriös überliefert ist,
dass die jährlichen Leerstandskosten im Schlosshotel rund
1,2 Millionen Euro ausmachen.
Vor allem die Heizkosten gehen
aufgrund veralteter Technik
ins Geld, Mitarbeiter-Löhne
sollen angeblich nicht immer
pünktlich bezahlt worden sein.
Inzwischen sprechen viele
Anzeichen dafür, dass sich das
Interesse der Russen an einer
Generalsanierung der Bühlerhöhe abgekühlt hat. Bis heute
ist eine Kontaktaufnahme mit
ihnen nicht möglich. Nicht einmal mit dem Oberbürgermeister der Stadt Bühl haben sie
ein persönliches Gespräch gesucht.
Das fortgesetzte Trauerspiel beenden könnte vermutlich nur ein weiterer Besitzerwechsel. Ein Insider ist der
festen Überzeugung: »Ein neuer Eigentümer muss her. Sonst
blüht der Bühlerhöhe das gleiche Schicksal wie vielen anderen Hotels an der Schwarzwaldhochstraße.«
Veterinäramt richtet Sperrbezirke ein
»Amerikanische Faulbrut« nun auch in Altschweier und Bühlertal ausgebrochen
Gudrun Bihlmaier mit Sebastian Ayche, Stepháne Belami und
Cornelia Lecouvey (von rechts).
Bühl/Bühlertal/Rastatt. Die
»Amerikanische Faulbrut« bei
Bienen ist nun auch im Landkreis Rastatt amtlich festgestellt worden. Wie das Amt für
Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
mitteilt,
ist die Faulbrut der Bienen eine
anzeigepflichtige Tierkrankheit und wird durch das sporenbildende Bakterium Paenibacillus larvae hervorgerufen.
Dieser Erreger befällt die Brut
der Bienen, wodurch die Bienenvölker nach und nach absterben, da keine jungen Bie-
nen nachwachsen. Erwachsene
Bienen erkranken nicht, können den Erreger aber weiterverbreiten. Dies geschieht vor
allem durch den Kontakt von
Bienen zu sporenverseuchten Waben, Bienenwohnungen
oder Honig (z.B. Honigabfüllstellen, Mülldeponien, Importhonig).
Aufgrund der Bienenkrankheit in einem Wanderimkerstand hat das Veterinäramt
Rastatt zwei Sperrbezirke mit
einem Radius von je einem Kilometer in Bühlertal-Ober-
tal und in Altschweier (Brombach) eingerichtet.
Wie die Behörde weiter mitteilt, müssen Bienenhalter im
Sperrbezirk ihre Bienenhaltung unverzüglich beim Veterinäramt Rastatt anzeigen sowie ihre Völker und Stände
durch Bienensachverständige
untersuchen lassen.
Eine Tötung der Bienenvölker ist in der Regel nur bei sehr
geschwächten Völkern nötig,
zumeist erfolgt eine Behandlung mit dem sogenannten offenen Kunstschwarmverfah-
ren. Dabei werden die Bienen
am alten Standplatz des Volkes
in eine desinfizierte, sporenfreie Beute umgesiedelt. Zwei
Monate nach erfolgreicher Sanierung werden die betroffenen Völker erneut beprobt.Die
Erkrankung ist für den Menschen und andere Tiere ungefährlich, der Honig kann bedenkenlos verzehrt werden.
Nähere Erläuterungen sowie die genauen Grenzen der
Sperrbezirke finden sich auf
der Homepage des Kreises unter www.landkreis-rastatt.de.

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