Pressemappe zur Veranstaltung

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Pressemappe zur Veranstaltung
LVS Bayern
mit freundlicher Unterstützung durch die IHK Nürnberg für Mittelfranken
PRESSEMAPPE
3. Bayerischer Rechtspfleger – Sachverständigentag 03.06.2014
Kurzfassung Grußwort / Beiträge
1
Grußwort
Wolf-Michael Hölzel, Präsident Amtsgericht Nürnberg
2
Grußwort
Peter Hofmann, 1. Vorsitzender, Verband Bayerischer Rechtspfleger e.V.
Bamberg
3
Einführung
Anna Maria Tuscher-Sauer, Vizepräsidentin und Leiterin Fachbereich
Immobilienbewertung im LVS-Bayern
4
„Schnittmengen im Verfahrensablauf Zwangsversteigerung zwischen
Rechtspflegern und Sachverständigen“
Bernhard Fiehl, Rechtspfleger, AG Schweinfurt
5
Vorgehensweise in der Verkehrswertermittlung bei fehlender
Innenbesichtigung
Karl Grasruck, öbuv SV, Neumarkt i.d.Opf.
Werner Pregler, Rechtspfleger, AG Nürnberg
6
Anforderungen an ein Verkehrswertgutachten in der Zwangsversteigerung
Rainer Gisder, Rechtspfleger, AG Leverkusen
7
Erfahrungen mit dem neuen JVEG
Mirja Kapfer, Rechtspflegerin, Gruppenleiterin, AG München
8
Schlusswort
Frau Tanja Raab, 2. Vorsitzende, Verband Bayerischer Rechtspfleger e.V.,
Nürnberg
Wolf - Michael Hölzel - Präsident am Amtsgericht Nürnberg
Grußwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Thema Rechtspfleger fällt mir leider zunächst ein, dass wir bei dem AG Nürnberg
gegenwärtig deutlich unterbesetzt sind. Insbesondere das GBA (Grundbuchamt)
Nürnberg und auch die Vollstreckungsabteilungen haben erhebliche, eigentlich nicht
akzeptable Wartezeiten für die antragstellenden Justiz-kunden. Bei dem GBA kann
eine Eintragung 6 Wochen, bei Beantragung eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses bis zu 4 Monate dauern.
Meine Damen und Herren,
der Status des Rechtspflegers wird bestimmt von einem gewissen Spannungsfeld.
Einerseits ist er nicht Richter und genießt nicht den unmittelbaren Grundrechtsschutz,
wie ihn das Grundgesetz für den Richter formuliert.
Auf der anderen Seite ist seine Stellung doch weitgehend der eines Richters
angenähert.
Unabhängig von dieser – vornehmlich auf berufsständischen Verbandstagen
diskutierten - Grundsatzfrage ist in der Gerichtspraxis der Rechtspfleger eine
Institution, eine unverzichtbare Säule der Justiz.
Häufig ist folglich gerade der/die RechtspflegerIn die Person, die bei der Justiz für den
Ersteindruck bei dem Bürger verantwortlich ist,
so bei der Rechtsantragsstelle, in der Durchführung und Überwachung der Betreuer,
verstärkt nun in den Nachlasssachen, bei Grundbuch- und Kostensachen und sowieso
im Zwangsvollstreckungsrecht. Der Rechtspfleger steht hier an der Front, ist hier der
Spezialist in der Justiz. Gerade das Rechtsgebiet, das diese heutige Tagung
dominieren wird, die Zwangsversteigerung, ist fast ausschließlich in der Hand der
Rechtspfleger. Ich werde hier der einzige Richter sein.
Die Rechtspfleger tragen hier also Verantwortung für das Gesamtbild, das bei dem
Bürger über die Justiz entsteht.
Zwar hat die Evaluation 2011/2012 gezeigt, dass die Justiz insgesamt weitgehend als
Erfolgsmodell gesehen wird.
Jedoch gab es öffentlichkeitswirksame Verfahren, die die bayerische Justiz in den
Fokus medialer Berichterstattung geraten ließen. Ob zu Recht oder zu Unrecht.
(Zuletzt Gurlitt, Schottdorf). Auch wenn es um Einzelfälle geht, die nicht geeignet sind,
die Leistungen der Justizangehörigen insgesamt in Misskredit zu bringen, geben die
in der Bevölkerung hervorgerufenen Reaktionen Anlass, unsere Arbeit einer
selbstkritischen Würdigung zu unterziehen. Und über das Selbstverständnis der Justiz
nachzudenken. Wir sind es unserem Anspruch an uns als Dritte Staatsgewalt
schuldig, dem Rechtsgewährungsanspruch der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich
gerecht zu werden.
Dieser mittlerweile unter unserem neuen Justizminister forcierte Diskussionsprozess
um unser Selbstverständnis bedarf der Mitwirkung einer breiten Basis unserer
Mitarbeiter zur Prüfung eines Verbesserungsbedarfs. Dies läuft in erster Linie
gerichtsintern. Hier wird zum Beispiel diskutiert, ob die Justiz in den Medien –
Talkrunden o.ä. – stärker präsent sein sollte. Gerade was das Stichwort Transparenz
betrifft, tritt die Justiz bereits nach außen verstärkt auf. Hier kann ich mich auf die sehr
erfolgreichen ca. 800 Veranstaltungen in Bayern zur Woche der Justiz berufen.
Und diese Frage des Selbstverständnisses und der Selbstkritik eignet sich auch, in
diesem Kreis gestellt zu werden.
Gehen wir angemessen, rücksichtsvoll und verständlich mit unseren Kunden um, sind
wir nachvollziehbar? Nicht nur: eignen sich Begutachtung und Wertfestsetzung für das
Verfahren, sondern auch: Stellen wir es verständlich dar, versuchen wir zu
überzeugen. Hilfe im Rahmen der Begutachtung durch die SV ist der Justiz erwünscht.
Daher soweit möglich und nötig: Suchen Sie nicht nur materielle Verbesserungen,
sondern prüfen Sie auch Ihr Außenwirkung – wenn ich auch natürlich weiß, dass
Kontaktpflege und – suche für Sie heute im Vordergrund stehen dürfte.
Zum Verlauf Ihrer heutigen gemeinsamen Tagung wünsche ich viel Erfolg.
Wolf-Michael Hölzel
Peter Hofmann, Verband Bayerischer Rechtspfleger e.V.
Grußwort 3. Rpfl-SV Tag am 03.06.2014 in Nürnberg
„ Die Rolle der Rechtspfleger und Sachverständigen am
Justizstandort Bayern“ ist das Thema der heutigen Tagung.
Zur Rolle der Rechtspfleger kann ich als Landesvorsitzender
unseres Berufsverbandes natürlich einiges sagen.
Zur Rolle der Sachverständigen, besonders hinsichtlich der
Immobilienbewertung, fällt es mir schon schwerer, vor allem
wenn es um die Frage des Sachverständigen in Bayern geht.
Unterscheidet er sich von dem aus anderen Bundesländern z.B.
aus Thüringen oder Baden-Württemberg?
Dem ersten Anschein nach wohl nicht. Das Sachverständigengutachten in der
Zwangsversteigerung ist im Zwangsversteigerungsgesetz, also im Bundesrecht geregelt, das
wohl in allen Ländern gleichermaßen angewandt wird. Auch die Entschädigungsregelungen des
JVEG gelten im gesamten Bundesgebiet.
Soweit Sie aber, meine Damen und Herren Sachverständige, spezifisch bayerische Aspekte
Ihrer Tätigkeit sehen, können Sie dies für sich wohl am besten beurteilen.
Ich beschränke mich deshalb in meinen Ausführungen auf die Rolle der Rechtspfleger. Der
Rechtspfleger als sogenannte „zweite Säule der dritten Gewalt“ ist nach § 9 RpflG sachlich
unabhängig in seinen Entscheidungen, demnach nicht weisungsgebunden. Dies gilt im gesamten
Bundesgebiet, da Statusrecht Bundesrecht ist. Der Rechtspfleger ist damit grundsätzlich völlig frei in
der Entscheidung welchen Sachverständigen er beauftragt.
Das Berufsbild des Rechtspflegers wird jedoch seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 auch
sehr stark vom Landesrecht geprägt. Seitdem sind nämlich die Länder für die Rechte ihrer
Beamten, besonders für Besoldung und Versorgung zuständig.
Und hier gibt es nun tatsächlich Unterschiede zwischen einem Rechtspfleger in Bayern und
dem in anderen Bundesländern. Dies mag auch für Sie von Interesse sein, weshalb ich auf
einige Wesentliche eingehe.
Der Rechtspfleger als gehobener Beamter (seit 2011 neues Dienstrecht in Bayern: 3. Qualifikationsebene)
bekommt ein Gehalt zwischen A 9 und A 16. Für den bayerischen Rechtspfleger gibt es keine
Dienstpostenbewertung, das heißt es kann ihnen passieren das im Versteigerungsgericht ein
Rechtspfleger nach A 9 (= in Bayern statt Justiz-/Rechtspflegeinspektor) und der andere bei gleicher
Tätigkeit nach A 12 (= Rechtspflegeamtsrat) besoldet wird. Auch wenn dieses Extrem in der Gerichtspraxis
selten sein wird, so legen wir doch als Berufsverband viel Wert auf diese Möglichkeit, die aber in anderen
Bundesländern stark diskutiert wird oder bereits abgeschafft ist. Dort, z.B. in Hamburg, ist der
Versteigerungsrechtspfleger mit seiner Tätigkeit bei A 12 eingestuft. Mit diesem Modell wird der
Rechtspfleger erster (Insolvenz, Versteigerung) und zweiter Klasse (Mahnsachen, Kostenfestsetzung in
Zivilsachen) geschaffen. Das wollen wir verhindern.
Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Ländern die für Rechtspfleger, und teilweise nicht nur für
diese, die freie Dienstzeit (ohne Arbeitszeitregelung wie bei den Richtern) eingeführt haben. Als
bayerischer Landesverband stehen wir dem sehr skeptisch gegenüber, da es sich bei den Ländern
mit freier Dienstzeit meist um solche mit einer sehr dünnen Personaldecke handelt und die Gefahr
besteht mit solch einer Lösung Personalengpässe zu verschleiern. Dies hat natürlich auch Folgen
für die Erreichbarkeit der Kolleginnen und Kollegen.
Eine bayerische Besonderheit, nämlich der Rechnungsbeamte, z.B. für die Berechnung des geringsten
Gebots in der Zwangsversteigerung, wurde durch Bundesrecht abgeschafft. Hier wurden bisher in der
Regel Kollegen für Rechnungsarbeiten nebenamtlich (8 Euro/Std.) bestellt. Dies schaffte für den
zuständigen Rechtspfleger Freiraum und Sicherheit, da er sich auf sein Verfahren konzentrieren konnte
und zudem nicht nur auf seine eigenen Berechnungen verlassen musste. Die angefallenen Gebühren
wurden dann im Versteigerungsverfahren als Auslagen angesetzt. Diese Möglichkeit ist seit dem
September vergangenen Jahres entfallen, mit der Folge gestiegener Belastung für die Kollegen in der
Zwangsversteigerung in Bayern.
Die Rechtspfleger unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern vor allem auch durch
unterschiedliche Zuständigkeiten. Der Bundesgesetzgeber hat hier durch sogenannte
Öffnungsklauseln in bestimmten Fällen Landesregelungen ermöglicht. So ist der bayerische
Rechtspfleger seit dem 1. Januar für das Nachlassverfahren und die Erteilung sämtlicher Erbscheine
– nicht nur für solche bei gesetzlicher Erbfolge wie bisher – zuständig.
Schrecklich ist für uns als Berufsverband die Vorstellung, dass die für die Länder geschaffene
Möglichkeit das Erbscheinsantragsverfahren auf die Notare zu übertragen, wahr werden könnte. Die
Bürger wären dann gezwungen solche Anträge zunächst vom Notar aufnehmen zu lassen. Das
Nachlassgericht würde dann den Erbschein erteilen. Die praktischen Schwierigkeiten dieser Lösung
können Sie sich vorstellen. Bürgerfreundlich ist das nicht!
Dies war ein kurzer Ausflug in aktuelle Fragen unseres Berufsstandes.
Ich habe Veränderungen unseres Berufsbildes aufgezeigt, die meines Erachtens weiter
voranschreiten werden und die auch Sie früher oder später betreffen werden – als
Sachverständiger oder als Erbe!?
Damit hoffe ich heute auch einen Beitrag zum gemeinsamen Kennenlernen und zum besseren
gegenseitigen Verstehen geleistet zu haben. Dies soll neben der Vermittlung von Fachwissen
auch Sinn und Zweck solch einer Tagung sein.
Uns allen wünsche ich in dieser Hinsicht eine gelingende Veranstaltung.
LVS Bayern
Anna Maria Tuscher-Sauer, Dipl.-Ing. (FH)
Vizepräsidentin und Vorsitzende Fachbereich Immobilienbewertung
Osterriedergasse 5
93326 Abensberg
tel: +49 (0) 9443 / 91490
fax: +49 (0) 9443 / 914921
eMail: [email protected]
internet: www.tuscher-sauer.de
LVS Bayern e.V. · Arcostraße 5 · 80333 München
3. Bayerischer Rechtspfleger– Sachverständigentag 03.06.2014
In Kooperation mit dem Verband Bayerischer Rechtspfleger
unterstützt von der IHK Nürnberg für Mittelfranken
Rolle der Rechtspfleger und Sachverständigen am
Justizstandort Bayern
Als Vizepräsidentin und Leiterin der Immobilienbewertung im LVS-Bayern darf ich
sie heute ganz herzlich willkommen heißen, zu unserem 3. Bayerischen
Rechtspfleger- Sachverständigentag hier in der IHK in Nürnberg.
Seit 2013 ist das bayerische Justizministerium mit Elan dabei, den Justizstandort
Bayern positiv zu präsentieren und die Effektivität innerhalb der Gerichte zu stärken.
Angefangen 2009 mit einer groß angelegten Umfrage und wissenschaftlichen
Auswertung der Ergebnisse hinsichtlich Zufriedenheit der Rechtssuchenden.
Man ist bestrebt, Lehren aus den Erkenntnissen zu ziehen, Verbesserungen auf den
Weg zu bringen.
Bis hin zu einer Woche der Justiz, um einer breiten Öffentlichkeit ein vorteilhaftes
und leistungsorientiertes Bild der Justiz zu vermitteln.
So wurde an allen großen Gerichten in Bayern, ein vielfältiges Programm geboten
mit unterschiedlichsten Themen und Rechtsfragen.
Der LVS Bayern ist eingebunden in den Arbeitskreis
Justizministerium, der Impulse und Anregungen erarbeitet.
vom
bayerischen
Nach den von Seiten der Justizverwaltung durchgeführten Erhebungen, wird nach
Möglichkeiten gesucht, die Verfahrensdauer gerade in Bauprozessen zu verkürzen.
Es wurde geprüft, wo der Sachverständige seinen Teil dazu beitragen kann, die
Verfahren zu beschleunigen.
Landesverband
Geschäftsstelle:
Bankverbindung:
öffentlich bestellter
und vereidigter
sowie qualifizierter
SACHVERSTÄNDIGER
Arcostraße 5, 80333 München
Tel.: +49 (0) 89/554595
Fax: +49 (0) 89/5503938
[email protected]
Postbank München
Kto. 3093-808 (BLZ 700 100 80)
Hypo Vereinsbank
Kto. 580-3436306 (BLZ 700 202 70)
LVS Bayern
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Datum: 10.06.2014
Bayerischer Rechtspfleger– Sachverständigentag 03.06.2014
In Kooperation mit dem Verband Bayerischer Rechtspfleger
unterstützt von der IHK Nürnberg für Mittelfranken
Rolle der Rechtspfleger und Sachverständigen am Justizstandort Bayern
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Die Justiz als Standortfaktor im Land Bayern steht auf dem Prüfstand.
Im Hinblick auf unsere heutige Veranstaltung stellen wir uns die Frage, welche Rolle
spielen denn die Rechtspfleger und Sachständigen am Justizstandort Bayern im
Hinblick auf das Zwangsversteigerungsverfahren?
Gerade in der Zwangsversteigerung hat selbstverständlich die Dauer des Verfahrens
auch eine große Bedeutung.
Die Zinsen laufen weiter, der Schuldenstand erhöht sich, der Schuldner kämpft mit
seinem Scheitern und den Gläubigern.
Wir alle wissen, das Zwangsversteigerungsverfahren ist für die Betroffenen ein tief,
in die Existenz eingreifendes Verfahren.
Der Rechtspfleger als Herr des Verfahrens hat über riesige Werte, die in die
Hunderttausende und oft in die Millionen gehen, zu befinden.
Schon aus den Geldwerten heraus, ist die Bedeutung des Rechtspflegers und
Sachverständigen nicht hoch genug einzuschätzen.
Wie sehen Außenstehende diese Personengruppen?
Zur Vorbereitung dieser Rede, habe ich auch mit der Seite gesprochen, die i. d. R.
ein Zwangsversteigungsverfahren beantragt.
Dem Vertreter der Rechtsabteilung einer Kreissparkasse ist wichtig, dass eine
realistische Einschätzung des Verkehrswertes vorgenommen wird, die mit der vom
Kreditinstitut zusammen passt.
Nach seiner Auffassung sind die Gutachten solide und gut gemacht, er hat
überwiegend positive Erfahrungen.
Sehr positiv stellt er heraus, das die junge Generation der Rechtspfleger es sehr
wohl versteht, den nicht Fachleuten bei einer Versteigerung das Verfahren näher zu
bringen.
Er sieht die Rechtspfleger als sehr engagiert und empfindet die Dauer der Verfahren
als in Ordnung.
LVS Bayern
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Datum: 10.06.2014
Bayerischer Rechtspfleger– Sachverständigentag 03.06.2014
In Kooperation mit dem Verband Bayerischer Rechtspfleger
unterstützt von der IHK Nürnberg für Mittelfranken
Rolle der Rechtspfleger und Sachverständigen am Justizstandort Bayern
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Mein zweiter Gesprächspartner war ein Rechtspfleger am Amtsgericht Regensburg.
Er führte aus, dass für den Bietinteressenten das Gutachten selbstverständlich
essentiell ist und damit sind die Anforderungen an die Auswahl der Gutachter
entsprechend hoch.
Wenn ein Gutachten nicht passt, sind die Probleme vorprogrammiert.
Insofern ist die Rolle des Sachverständigen eine sehr Wichtige im Rahmen des
Zwangsversteigerungsverfahrens.
Das vom Sachverständigen gelieferte Gutachten muss auch standhalten, wenn ein
Beteiligter am Verfahren alle Rechtsmittel ausschöpft und alle Beschwerdeinstanzen
beschreitet. Dies sind jedoch Ausnahmefälle.
Man ist als Rechtspfleger daran interessiert, ein Verfahren zügig durchzuführen, um
für den Schuldner den Schuldenberg nicht größer werden zu lassen.
Die Rolle des Rechtspflegers ist hier sicher sehr bedeutsam, gerade was den
Zeitfaktor angeht, weil er die Fristen vorgibt.
Auf der anderen Seite steht der Sachverständige in der Pflicht, diese Fristen
einzuhalten.
Zusammenfassend
ist
zu
konstatieren,
dass
es
beim
Zwangsversteigerungsverfahren um ein spezielles Verfahren geht, bei dem
beide
Seiten,
der
Rechtspfleger
und
der
Sachverständige
der
Immobilienbewertung umfassendes Spezialwissen benötigt.
Deshalb ist es unverständlich, dass häufig Rechtspfleger mit diesem
Spezialwissen zu einer schwierigen Thematik schon nach ein paar Jahren
wieder versetzt werden in ein anderes Fachgebiet.
Andererseits benötigt auch der Sachverständige besondere Kenntnisse,
sodass das IfS (Institut für Sachverständigenwesen der IHKen) 2011 ein
Kompendium zu rechtlichen Grundlagen mit Praxishinweisen herausgebracht
hat für die Gutachtenerstellung in der Zwangsversteigerung.
Schließlich freue ich mich, auf die heutigen Vorträge, die Impulsreferate und die
anschließenden Diskussionen.
Wir werden sicher, den einen oder anderen Gedanken neu aufnehmen und positiv in
unsere Arbeit einfließen lassen.
Das Miteinanderreden ist immer noch die beste Möglichkeit sich weiter zu bilden,
indem man die Denkweise und die Probleme des anderen kennenlernt.
LVS-Bayern
Vizepräsidentin und Vorsitzende Fachbereich Immobilienbewertung
Anna Maria Tuscher-Sauer
SchnittmengenimVerfahrensablaufZwangsversteigerung
zwischenRechtspflegernundSachverständige
Referent: Bernhard Fiehl, Rechtspfleger, AG Schweinfurt Gliederung: 1. Überblick über den Ablauf eines Versteigerungsverfahrens a) Anordnungsverfahren b) Verkehrswertermittlung c) Terminsbestimmung d) Versteigerungstermin e) Verteilungstermin 2. Überblick über den Ablauf eines Verfahrens zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft 3. Überblick über den Ablauf eines Zwangsverwaltungs‐verfahrens 4. Wozu wird ein Verkehrswert benötigt? 5. Wo der Sachverständige für den Rechtspfleger wichtig wird 6. Wo der Sachverständige für den Rechtspfleger wichtig wird 7. Wichtige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs 1 Wozu wird ein Verkehrswert in der Zwangsversteigerung hauptsächlich benötigt? •
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Feststellung des Maximalbetrags der Rangklasse 2, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG Höhe der Sicherheitsleistung für ein Gebot, § 68 Abs. 1 ZVG Wert für die Gebührenberechnung, § 54 Abs. 1 S. 1 GKG Festlegung der 5/10‐ bzw. 7/10‐Grenze, § 85 a Abs. 1 ZVG bzw. § 74 a Abs. 1 S.1 ZVG Prüfung der „Verschleuderung“ entsprechend Art. 14 GG Verteilung von Grundpfandrechten gemäß § 64 Abs. 1 und § 112 Abs. 2 ZVG Wo der Sachverständige für den Rechtspfleger wichtig wird •
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Besonderheiten bei der Bauausführung Überbauermittlung Feststellung von subjektiv dinglichen Rechten Ermittlung der derzeitigen Nutzung des Objekts Kontakt mit dem Schuldner Grundlage für die Bestimmung eines Zuzahlungsbetrages gemäß § 51 ZVG Rechenbetrag bei Doppelausgebot nach § 9 EGZVG Grundlagen zur Ermittlung für die Festsetzung nach § 46 ZVG Zubehörfeststellung gemäß § 74 a Abs. 5 S.2 ZVG Feststellung hinsichtlich Brandversicherungsschutz Einschätzung, ob ein Altlastenverdacht besteht Stellungnahme zu Einwänden bei Verkehrswertanhörung Stellungnahme bei sofortiger Beschwerde gegen Wertfest‐setzungsbeschluss zur Entscheidung über Abhilfe Wo der Rechtspfleger für den Sachverständigen wichtig wird •
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Weitergabe von Informationen, die durch Beteiligte überlassen worden sind. Weitergabe von Erkenntnissen aus parallel laufender Zwangsverwaltung Umgehende Information bei Einstellung bzw. Aufhebung des Verfahrens bei laufender Wertermittlung Übersendung des Zuschlagsbeschlusses??? Wichtige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Verkehrswertfestsetzung: •
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Altlastenverdacht: BGH vom 19.06.2008, Az: V ZB 129/07 Zubehör: BGH vom 20.11.2008, Az: IX ZR 180/07 Haftung des Sachverständigen: BGH vom 10.10.2013, Az: III ZR 345/12 Verschleuderung: BGH vom 05.11.2004, Az: IXa ZB 27/04 2 Büroanschrift: Wielandstraße 22, 92318 Neumarkt i.d.OPf.
Telefon: 09181/905098; Telefax: 09181/9844; E-mail: [email protected]
Thema:
Verkehrswertermittlung im Rahmen der Zwangsversteigerung,
fehlende Innenbesichtigung des betreffenden Objekts
Veranstaltung:
Zeitpunkt:
Ort:
3. Bayerischer Rechtspfleger- und Sachverständigentag
03.06.2014
IHK Nürnberg für Mittelfranken, Ulmenstraße 52, 90443 Nürnberg
Vorbemerkungen zum Sachverhalt:
Wesentliche bzw. zentrale Grundlage für die Begutachtung von Immobilien ist die Ortsbesichtigung einschließlich vollständiger Innenbesichtigung der Gebäude und Begehung des
Grundstücks.
Konkret ist dieser Sachverhalt bei einem Wertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren
von besonderer Bedeutung, da hier der Schuldner bzw. Eigentümer nicht verpflichtet ist, Zugang zum Objekt zu verschaffen. In solchen Fällen hat weder das Gericht noch der Sachverständige die Möglichkeit, den Zutritt zum Grundstück bzw. zu den Gebäuden zu erzwingen.
Der Sachverständige ist nach dem gerichtlichen Auftrag gehalten, das Gutachten und die
Wertermittlung nach dem äußeren Augenschein und auf der Grundlage der sonst mit vertretbarem Aufwand erreichbaren Daten zu erstellen.
Für den Sachverständigen ergeben sich dabei für die Durchführung des gerichtlichen
Schätzauftrages und für die Festsetzung des Verkehrswerts im ZV-Verfahren vor allem folgende Fragen:
a) Verhalten beim Ortstermin, wenn Zugang zum Objekt nicht gewährt wird;
b) Auswirkungen auf das Gutachten bzw. auf den zu schätzenden Verkehrswert aufgrund
der fehlenden Innenbesichtigung;
Karl Grasruck
ö.b.u.v. Sachverständiger
1
Seite 2
Vortrag 03.06.2014 LVS
Thema: Fehlende Innenbesichtigung, Auswirkung auf den Verkehrswert
Zur Ortsbesichtigung, fehlende Innenbesichtigung:
Ladung zum Ortstermin, 2 Möglichkeiten:
(1) SV setzt Termin einseitig fest und verständigt Verfahrensbeteiligte;
(2) SV setzt versucht vorher, Termin telefonisch zu vereinbaren;
Bei Variante (2) höhere Chance, auch Zugang zum Objekt zu erhalten;
Schuldner gewährt keinen Zugang zum Objekt, auch hier 2 Fälle:
(1) Er äußert bereits vorab, dass der Zugang verweigert wird;
(2) SV kommt zum Termin und es wird nicht geöffnet bzw. es ist niemand da, Objekt
ist nicht zugänglich;
Verhalten des SV zum Ortstermin:
• Bei Fall (1) sollte ein Grundstück, auch wenn es offen zugänglich ist, nicht betreten
werden, grundsätzlich nur von außen (öffentliche Straße) aus besichtigen;
• Bei Fall (2), d.h. es ist der Zugang nicht untersagt, sind folgende Varianten denkbar:
Ist das Grundstück eingezäunt und die Zugangstüre verschlossen, so kann das
Grundstück nicht betreten werden (nicht über den Zaun steigen o.ä.);
Ist das Grundstück nicht eingezäunt, so kann es auch betreten und begangen werden.
Grenzfall: Grundstück ist eingezäunt, Gartentüre ist nicht versperrt, so dass der SV
das Grundstück auch betreten kann. Bei unübersichtlicher Situation jedoch evtl.
draußen bleiben. Im Einzelfall vor Ort entscheiden, kein Risiko eingehen!
Wenn das Objekt unter Zwangsverwaltung steht:
Es ist von Vorteil, wenn ein Zwangsverwalter da ist, der in der Regel Zugang verschaffen kann oder mit dem Schuldner oder mit einem vorhandenen Mieter einen Termin
vereinbart. Dies wird im Normalfall auch funktionieren. Der Zwangsverwalter hat allerdings nur ein Zugangsrecht zur Ausübung der Zwangsverwaltungstätigkeit, kann also
den Zugang für den SV im ZV-Verfahren auch nicht erzwingen.
2
Fehlende Innenbesichtigung: Auswirkungen auf die Gutachtenserstellung
im Allgemeinen und konkret auf die Verkehrswertermittlung:
Für den Fall, dass der Schuldner die Besichtigung nicht zulässt, ist er i.d.R. auch sonst
nicht kooperativ, d.h. es stehen dann im Regelfall keine schriftlichen Informationen zur
Verfügung. Um dieses Informationsdefizit zumindest teilweise auszugleichen, ist ein
höherer Rechercheaufwand des SV erforderlich (Planunterlagen bei Gemeinde oder
Bauamt, Informationen der Versorgungsunternehmen etc.). Aus diesem Grund ist auch
der Aufwand, den der SV für das Gutachten zu erbringen hat, i.d.R. nicht sehr viel geringer, als wenn er vor Ort vollständige Feststellungen machen kann.
Hinweise im Gutachten:
Die unvollständige Objektbesichtigung bzw. fehlende Innenbesichtigung und die
dadurch ggf. bestehenden Risiken sind im Gutachten sehr deutlich kenntlich zu machen, damit ein Leser bzw. Verwender des GA dies sofort erkennt.
Konkret ist anzuraten, dies an mehreren exponierten Stellen herauszustellen, z.B.
• Beim Pkt. Ortsbesichtigung (Allgemeine Grundlagen des GA);
• Bei der Bau- bzw. Grundstücksbeschreibung;
• Bei der Zusammenfassung des Verkehrswerts;
Karl Grasruck
ö.b.u.v. Sachverständiger
Seite 3
Vortrag 03.06.2014 LVS
Thema: Fehlende Innenbesichtigung, Auswirkung auf den Verkehrswert
Auswirkungen auf die Verkehrswertermittlung:
Ein Erwerber, der ein Objekt auf der Grundlage eines Gutachtens ohne Innenbesichtigung ersteigert, erwirbt sozusagen „die Katze im Sack“ und geht damit erhebliche Risiken ein. Er wird deshalb bei seiner Preisbildung sicherlich entsprechende Risikoabschläge vornehmen.
Häufige Praxis ist es deshalb, vor dem Hintergrund des Tatbestands der „fehlenden Innenbesichtigung“ auch im Rahmen des Gutachtens einen entsprechenden Risikoabschlag vorzunehmen, nachdem die Verkehrswertermittlung definitionsgemäß die Erwerbersicht nachbilden soll. Andererseits entspricht jedoch die Situation im ZVVerfahren nicht den Verhältnissen des sog. „gewöhnlichen Geschäftsverkehrs“.
Dieser Risikoabschlag wird durch den SV i.d.R. nach Rücksprache mit dem Rechtspfleger (der sein Verfahren besser kennt) vorgenommen und liegt im Normalfall in der
Größenordnung von 5 bis 15 %. Bei höheren Abschlägen sollten konkrete Anhaltspunkte für entsprechende größere bauliche oder sonstige Defizite vorliegen.
Hierzu schreibt jedoch z.B. Jochem Kierig (Sprengnetter):
„M.E. beeinflusst die Nichtbesichtigungsmöglichkeit nicht den Wert der Immobilie. Lediglich die Aussagekraft des GA wird hierdurch gemindert. Für den Ersteigerer erhöht
sich dadurch das Risiko, weshalb er beim Steigern vorsichtiger vorgehen wird. Die
Nichtbesichtigungsmöglichkeit beeinflusst somit nur den Versteigerungserlös und nicht
den Wert. Im GA muss nur unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass
eine Innenbesichtigung nicht möglich war.“
Gegen einen (fiktiven) Risikoabschlag sprechen auch folgende Argumente:
• Es ist rechtlich zumindest fragwürdig, ob der Schuldner mit einem Wertabschlag
„bestraft“ werden darf, ohne dass für den festgestellten Minderwert konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
• Aus praktischer Sicht wird ein Schuldner eines intakten Objektes, der ein gutes Versteigerungsergebnis erzielen will, die Besichtigung ermöglichen und kooperativ mitwirken. Anders ist es, wenn er ein möglichst niedriges Ergebnis im Auge hat (aus
welchen Gründen auch immer), dann wird er die Besichtigung verweigern.
Frage: Wird er dann durch einen Risikoabschlag nicht eher für seine Verweigerungshaltung belohnt?
• Bei einem fiktiven Risikoabschlag besteht die Gefahr, dass der Ersteigerer weitere
Abschläge vornimmt, so dass möglicherweise ein Risiko doppelt berücksichtigt wird.
• Auch der Gläubiger hat ein Anrecht, dass möglichst ein finanzieller Schaden vermieden wird. Tendenziell wird durch einen aufgrund des Risikoabschlags geminderten Verkehrswert auch der Ersteigerungserlös gemindert.
In der Literatur wird teilweise ein (fiktiver) Risikoabschlag ohne Einschränkung vertreten. Es wird dabei u.a. empfohlen, bereits bei der Einladung zum Ortstermin einen
Hinweis auf die Konsequenzen zu machen, wenn der Schuldner den Zugang verweigert. Diese kategorische Vorgehensweise erscheint mir jedoch zu schematisch.
Karl Grasruck
ö.b.u.v. Sachverständiger
Seite 4
Vortrag 03.06.2014 LVS
Thema: Fehlende Innenbesichtigung, Auswirkung auf den Verkehrswert
Mein eigenes (vorläufiges) Fazit:
• Ein fiktiver und demnach willkürlicher Wertabschlag auf den Verkehrswert wegen
fehlender Innenbesichtigung ist (als Automatismus) nicht vorzunehmen;
• Stets Vorgehensweise mit Rechtspfleger/-in absprechen, da dort die Verfahrensumstände besser bekannt sind;
• Ein Wertabschlag ist jedoch zulässig und angemessen, wenn konkrete Informationen über Baumängel/-schäden oder sonstige Defizite vorliegen oder wenn sich
durch den äußeren Eindruck ein Rückschluss auf die Verhältnisse im Gebäudeinneren aufdrängt.
• Wichtig sind entsprechende Hinweise im Gutachten, damit der Verwender des Gutachtens (Ersteigerer) die bestehenden Risiken und Unsicherheiten deutlich erkennt
und sich damit ein eigenes Urteil bilden kann;
• Im Gesamtergebnis ist eine flexible und dem Einzelfall angemessene Vorgehensweise anzuraten;
•
Neumarkt, 23.05.2014, KG
Vorgehensweise in der Verkehrswertermittlung bei fehlender
Innenbesichtigung
-Vortrag von Werner Pregler, Rechtspfleger beim Amtsgericht Nürnberg-
1. Allgemeines zur fehlenden Innenbesichtigung
Eindeutig ist folgendes: Der Sachverständige hat das Objekt auch von innen zu
besichtigen, sofern dies möglich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann der Zutritt zum Objekt vom Gericht
weder für sich selbst noch für den Sachverständigen gegen den Willen des
Eigentümers erzwungen werden.
( Stöber, ZVG, 20.Auflage, RdNr. 10.5 zu § 74a, Dassler/Schiffhauer, ZVG
14.Auflage, RdNr 51 zu § 74a).
Wie der Zugang am besten ermöglicht werden kann, wurde bereits im Vortrag des
Herrn Grasruck ausführlich aufgezeigt, ich beschränke mich daher auf die
juristischen Konsequenzen der fehlenden Innenbesichtigung:
Der Schuldner muss die Konsequenzen seines Handelns tragen: Dies soll und darf
keine Bestrafung des Schuldners darstellen, nimmt er ja nur sein grundgesetzlich
garantiertes Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung in Anspruch. Jedoch kann er
sich im Beschwerdeverfahren nicht auf den Standpunkt stellen, das Gutachten
enthalte Mängel, die durch die fehlende Innenbesichtigung nicht erkannt wurden.
Beispiel: Schuldner erklärt in der Beschwerde, die Inneneinrichtung wäre besonders
wertvoll („goldene Wasserhähne“ etc ) und übergibt Bilder, die dies belegen sollen.
Ob dies den Tatsachen entspricht, kann offengelassen werden, da das Gutachten
keine Mängel enthält, der Gutachter hatte zum Zeitpunkt des Verfassens des
Gutachtens keine Möglichkeit dies zu erkennen, spätere Ausführungen und Beweise
zählen hierbei nicht mehr.
Ist das Gutachten erst einmal verfasst und der Schuldner behauptet jetzt doch die
Besichtigung zu gestatten ( oftmals vorgeschoben um Zeit zu schinden ) besteht
auch keine Notwendigkeit das Objekt zu besichtigen und das Gutachten neu zu
erstellen.
2. Auswirkungen der fehlenden Innenbesichtigung auf den Verkehrswert
In der Praxis stark umstritten, ist die Frage, ob die fehlende Innenbesichtigung mit
einem pauschalen Wertabschlag ( meistens zwischen 5-15 % ) abzugelten ist.
Im Gesetz ist hierzu natürlich nichts vermerkt, auch die gängigen Kommentare
enthalten keine Anmerkungen hierzu. Da mir auch keine Rechtsprechung zu diesem
Thema bekannt ist, kann die juristische Begründung nur aus den allgemeinen
Grundsätzen abgeleitet werden.
Verkehrswert ist nach BauGB § 194 vereinfacht ausgedrückt, der Wert, der im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann, „also der normale
voraussichtliche Verkaufswert eines freihändigen Verkaufs“ ( Stöber, a.a.O Rdnr.
7.3).
Dies würde bei erster Betrachtung für einen Wertabschlag sprechen, da ja jeder
Erwerber mit Sicherheit weniger bezahlen würde, wenn er das Objekt nicht von innen
besichtigen würde.
Das Gutachten wird aber, dies wird von vielen Bietern verkannt, nicht primär zur
Information der Bieter erstellt, sondern für die Ermittlung der Wertgrenzen ( 5/10 und
7/10), die eine Verschleuderung des Grundbesitzes verhindern sollen.
Der Verkehrswert soll dabei „ nach objektiven Gesichtspunkten“ erfolgen, „wobei
jedoch persönliche Verhältnisse, Erwartungen und Vorstellungen nicht einzurechnen
sind“. ( a.a.O RdNr.7.3)
Es stellt aber eine bloße Vermutung, eine Erwartungshaltung dar, dass das
Versteigerungsobjekt in einem schlechten Zustand sein könnte, ein objektives
Kriterium hierfür gibt es nicht.
Damit ist ein pauschaler Wertabschlag in aller Regel nicht angezeigt.
Es gibt eben einen Unterschied zwischen der subjektiven Sicht eines Bieters und
dem objektiven Wert der Immobilie.
Anders wäre die Sachlage, wenn der Sachverständige sich mit anderen Mitteln vom
Zustand der Wohnung überzeugen kann, dann liegen Tatsachen vor, die einen
pauschalen Wertabschlag rechtfertigen.
Wichtig ist, dass jedem Bietinteressenten durch das Gutachten und den
Rechtspfleger im Versteigerungstermin unmissverständlich klargemacht wird, dass
keine Innenbesichtigung erfolgt ist.
Dieser wird dann sicherlich einen Wertabschlag selbst vornehmen.
Die Hinweise für die Praxis, die im Fazit des SV Karl Grasruck enthalten sind, halte
ich für sehr sinnvoll, diese werden vollinhaltlich geteilt.
03.06.2014
Werner Pregler
Dipl.-Rechtpfleger Rainer Gisder, geb. 13.08.1958,
Gruppenleiter der Zwangsversteigerungsabteilung
des Amtsgerichts Leverkusen am Rhein, NRW
Redebeitrag zum 3. Bayerischer Rechtspfleger/Sachverständigentag am 3. Juni 2014 in Nürnberg
Thema: Die Anforderungen an ein Verkehrswertermittlungsgutachten in der Zwangsversteigerung
Endlich mal wieder außerhalb des beruflichen Alltags über den Tellerrand
hinausgucken und dabei - wie selbstverständlich - voneinander lernen!
Diese Aussicht und die positiven Erinnerungen an die erfolgreichen
Bayerischer Rechtspfleger-/Sachverständigentage in den Jahren 2011
und 2012 (Wir erinnern uns gerne: “Ein Gewinn für alle“) waren mir Grund
genug, der freundlichen Einladung von Frau Tuscher-Sauer in die ‚Stadt
des Friedens und der Menschenrechte‘, das schöne Nürnberg, zu folgen.
Mein Vortragsthema: „Die Anforderungen an ein Verkehrswertermittlungsgutachten in der Zwangsversteigerung“. Was erzähle ich meinen Zuhörern
- alles Kenner und Könner der Materie, Fachleute und Routiniers aus zwei
unterschiedlichen Berufsgruppen - was sie nicht bereits (besser) wissen?
Vielleicht dass es sich lohnt, einander aktiv zuzuhören, um voneinander zu
lernen. Dass nichts so gut läuft, dass es nicht noch besser laufen könnte.
Läuft es bei der Bewertung von Immobilien in der Zwangsversteigerung
überhaupt richtig gut? Oder ist es bisher nur gut gegangen, jedenfalls fast
immer? Wo sind bei kritischer Betrachtung ggf. Schwachstellen?
M. E. bedarf es der aufrichtigen Bemühungen aller an der Bewertung in
der Zwangsversteigerung Beteiligten, damit diese schicksalsprägenden
Verfahren erfolgreich und unter gehöriger Würdigung der Werteordnung
des Grundgesetzes durchgeführt werden.
Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und
Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Vergleiche Artikel 14
Absatz 1 Grundgesetz. Kenne ich, wird mancher Rechtspfleger sagen.
Im Zwangsversteigerungsgesetz kenne ich mich aus, die vollstreckungsrechtlichen Grundlagen der ZPO sind mir ebenfalls bestens vertraut.
Das Spannungsfeld „Bewertung - im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens“ erfordert aber ein fachbereichsübergreifendes Durchdringen
der Zusammenhänge. Funktioniert das Verfahren gar manchmal nur
deswegen störungsfrei, weil niemand merkt, dass die Fakten im Rahmen
der Bewertung für die Zwangsversteigerung zu sehr simplifiziert werden?
Was macht eigentlich ein Verkehrswertgutachten aus? Welche Spielräume
sind tolerabel? Wer hat den für die Erstellung eines Marktwertgutachtens
erforderlichen Sachverstand? Wie trenne ich die Spreu vom Weizen und
welche Wege einer noch besseren Kooperation zwischen Zwangsversteigerungsrechtspflegern und Immobiliensachverständigen sind gangbar?
Diese und weitere spannende Fragen wurden erörtert, als es um „die Anforderungen an ein Verkehrswertermittlungsgutachten in der Zwangsversteigerung“ ging. Epilog: Der Weg ist das Ziel - wir haben das Ziel erreicht.
Mirja Kapfer - Gruppenleiterin Zwangsversteigerung am Amtsgericht München
Zusammenfassung
„Erfahrungen mit dem neuen JVEG“
Zum Abschluss der Tagung wurden nach einer kurzen Einführung durch
Rechtspflegeamtsrätin Mirja Kapfer, Amtsgericht München, die Erfahrungen mit dem
seit 01.08.2013 geltenden Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)
ausgetauscht.
Im Fokus stand dabei vor allem die Erstattung von Auslagen für gefertigte Fotos und
die Abgrenzung zwischen Fotos im Sinne des § 12 JVEG und Farbkopien im Sinne
des § 7 JVEG.
Im Wesentlichen berichteten die Sachverständigen nur vereinzelt von Problemen bei
der Erstattung ihrer Kostenrechnungen.
Frau Kapfer wies darauf hin, dass auch Unsicherheiten auf Seiten der bei Gericht
zuständigen Kostenbeamten (2. Qualifikationsebene) die Ursache für
Unstimmigkeiten bei der Erstattung der Sachverständigenkosten sein können.
Die Sachverständigen wurden daher ermuntert, den Kontakt mit den Kostenbeamten
zu suchen, um Zweifelsfragen sachgerecht und unbürokratisch zu klären.
Mirja Kapfer, Rechtspflegeamtsrätin
Gruppenleiterin der Abteilung für Insolvenz- und Vollstreckungssachen
Amtsgericht München
Tanja Raab, Verband Bayerischer Rechtspfleger e.V.
Schlusswort zum 3. Bayerischen Rechtspfleger und
Sachverständigentag am 3. Juni 2014 in Nürnberg
Sehr geehrter Herr Lasser, für die Industrie- und Handelskammer Nürnberg,
liebe Frau Tuscher-Sauer, für unseren Veranstalter, den LVS in Bayern, bei Ihnen beiden stellvertretend für Ihre Organisationen bedanke ich mich im
Namen des Verbandes Bayerischer Rechtspfleger. Wir Rechtspflegerinnen und
Rechtspfleger durften uns erneut an einer überaus informativen und
ansprechenden Veranstaltung beteiligen und wurden in Ihren Räumen als Gäste
aufgenommen.
Der nunmehr dritte Rechtspfleger und Sachverständigentag neigt sich dem Ende
zu. „Aller guten Dinge sind drei“, sagt das Sprichwort. Alleine die aktive
Teilnahme aller Anwesenden beweist in meinen Augen, dass es sich bei dieser
Art Fortbildungsveranstaltung um eine gute Sache handelt.
Wer sind wir und wo wollen wir mit unserer Weiterbildungsveranstaltung hin? –
Sowohl bei den Sachverständigen als auch bei den Rechtspflegern handelt es sich
- wie sich heute wieder gezeigt hat - um Berufsgruppen, die ihren Beruf auch als
Aufgabe sehen, nicht nur als reiner Broterwerb. Für den Verband Bayerischer
Rechtspfleger heißt es unter anderem in der Satzung: „Er (also der Verband
Bayerischer Rechtspfleger) beteiligt sich an der Entwicklung des Rechts,
insbesondere des Rechtspflegerrechts und fördert die Ausbildung und die
Fortbildung der Rechtspfleger“ bzw. ist als Aufgabe beschrieben „das Berufs- und
Leistungsbild des Rechtspflegers stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu
rücken“. Auch in der Satzung des Landesverbands Bayern der öffentlich
bestellten und vereidigten sowie qualifizierten Sachverständigen e.V. habe ich
ähnliche Formulierungen gefunden. Ich zitiere aus § 2: „Aufgabe des Verbandes
ist die Pflege und Förderung der gemeinsamen Belange und Interessen der
öffentlich bestellten und vereidigten sowie vergleichbar qualifizierter
Sachverständigen… weitere Aufgaben sind … die Fortbildung der Mitglieder“.
Mit dem zweiten Teil meiner Fragestellung möchte ich nicht den Sinn von
Fortbildung ganz allgemein in Frage stellen. Fortbildung, ein „Über den Tellerrand
Sehen“ und Erfahrungsaustausch ist für uns alle in einer schnelllebigen Zeit
selbstverständlich wichtiger denn je. Aber wann ist Fortbildung „gut“? - Ich
möchte das mit positiven Aussagen unterlegen. Wichtig ist für mich die
teilnehmerorientierte Ausrichtung einer Veranstaltung. Die präsentierten Inhalte
müssen über den Tag hinaus wirken. Und: Fortbildung sollte professionell
gestaltet sein – das beinhaltet bei aller Vorbereitung vor allem den Anspruch,
dass die Teilnehmer (selbstverständlich im Rahmen von zeitlichen Vorgaben)
mitgestalten können.
Wenn ich diese drei Punkte: Orientierung am Teilnehmer, nachhaltige Inhalte
und professionelle Gestaltung – überprüfe, darf ich für uns alle bestätigen, dass
wir unser „Soll“ erfüllt haben. Die heutige Veranstaltung bot wieder einmal eine
gelungene Mischung aus Fachvorträgen, Diskussionen und ausreichend Freiraum
für Gespräche.
Mit dieser Feststellung danke ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer herzlich
für die aktive Teilnahme, die für das Gelingen dieser Veranstaltung notwendig
war.
Ihnen allen noch einen schönen Aufenthalt in Nürnberg, einen guten
Nachhauseweg und auf Wiedersehen beim nächsten Mal!

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