Verfahrensoptimierte Werkstoff paarungen zum Kunststoffschweißen

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Verfahrensoptimierte Werkstoff paarungen zum Kunststoffschweißen
◆ ABGESCHLOSSENE FORSCHUNGSVORHABEN
Projektleiter
PD Dr. Götz P. Hellmann
Verfahrensoptimierte Werkstoff­
paarungen zum Kunststoffschweißen
mit Laserstrahlung
Schweißen mit Laserstrahlung setzt sich als
< 10 s erzeugt, wobei kurzzeitig Tempera­
schnelles, schonendes Fügeverfahren zu­
turen
nehmend gegen das Kleben und andere
Schweißnaht wird in Abb. 3 gezeigt. Bei
Schweißverfahren durch. Wie in Abb. 1
zu langsamer oder zu intensiver Bestrah­
dargestellt, durchstrahlt ein Laser das
lung kann diese Schweißnaht verbrennen
transparente Oberteil einer Fügepaarung
und porös werden.
< 400 °C
auftreten.
Eine
gute
Das Laserschweißen ist nicht nur außer­
ordentlich schnell, sondern auch sehr scho­
nend und sauber. Weil nur die Schweiß­
naht selbst erhitzt wird, kann direkt neben
empfindlichem Körpergewebe oder elek­
tronischen Elementen geschweißt werden.
Abriebpartikel wie beim Reibschweißen
fallen nicht an.
Das Verfahren stellt aber gerade an
Kunststoffe erhebliche Anforderungen.
Das Oberteil muss im NIR-Bereich stets so
transparent sein, dass es von den gängigen
Lasern durchstrahlt werden kann. Die
­beiden Teile dürfen sich bei den hohen
Temperaturen nicht allzu stark in ihrer
­Viskosität unterscheiden, weil sich sonst
keine kontrollierte Interdiffusion einstellt
(ein Problem, das bei anderen Schweiß­
verfahren allerdings noch ausgeprägter
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ist). Vor allem aber müssen die Fügepartner
miteinander verträglich sein, damit die Er­
hitzung zu einer intimen Durchdringung
Abb. 1: Schweißgefüge und schweißender Laserstrahl.
der Fügeteile führt, die die Schweißnaht
und trifft dann auf das absorbierende Un­
Projekt-Nr.
BMBF 03N3116C (DKI 7834)
Laufzeit
01.07.2003 bis 31.06.2006
Ansprechpartner
Dr. Reza Ghahary
Tel. 06151/162304 · Fax 06151/292855
[email protected]
haltbar macht.
terteil, auf dessen Oberfläche, der Füge­
Diese Probleme wurden in diesem Pro­
fläche, genügend Wärme erzeugt wird,
jekt von mehreren Firmen und Instituten
um die beiden Teile miteinander zu ver­
umfassend
schweißen. Als Absorber im Unterteil dient
AG, Robert Bosch GmbH, Degussa AG,
in der Regel Ruß. Verfahrensvarianten sind
BASF AG, Huf Tools GmbH, Treffert GmbH,
in Abb. 2 bebildert. Die Fügenaht wird
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT,
beim Konturschweißen einfach und beim
DKI). Ein wichtiger Schwerpunkt lag bei
quasisimultanen Schweißen mehrfach hin­
der Methodenentwicklung. Ein anderer
tereinander abgefahren, während sie beim
Schwerpunkt lag bei der Modifizierung
Simultanschweißen flächig bestrahlt wird.
von Kunststoffen, deren Transparenz durch
In allen Fällen wird die Schweißnaht in
ihre Kristallinität sowie durch Pigmente
angegangen
(polyMaterials
Deutsches Kunststoff-Institut ◆ Bericht 2006
CHEMIE
Thema
Laserschweißen
oder Füller wie Glasfasern oder -kugeln
Pfropfcopolymere zu verwenden, die sich
herabgesetzt ist. Wie sich herausstellte,
als Phasenvermittler in die Grenzflächen
kann die Transparenz von kristallinen Ther­
einlagern und dort die zu fügenden Ober­
moplasten oft durch Beimischen von
flächen miteinander verbinden können. In
schwach unverträglichen amorphen Ther­
einigen Fällen war dies erfolgreich, in an­
moplasten entschieden erhöht werden,
deren vermutlich wegen der zu langsamen
Kontur
quasisimultan
simultan
Abb. 2: Schweißverfahren.
ohne nennenswerte Beeinträchtigung der
Diffusion der Copolymeren in die Schweiß­
Kristallinität und der thermischen und
naht aber nicht.
­mechanischen Belastbarkeit. Dieser Effekt
Bei polyMaterials und im DKI wurde un­
macht sich sogar dann noch deutlich be­
tersucht, ob schnelle Kopplungsreaktionen
merkbar, wenn diese Kunststoffe hoch­
wie die in Abb. 4 formulierten Anhydrid-,
gradig gefüllt sind.
Epoxid-, Oxazolin- und Isocyanatadditio­
Vielfach wurden bei diesen Unter­
nen in Schweißnähten schnell genug zum
suchungen chemisch gleiche Fügeteile mit­
Zuge kommen könnten. Die Halbwerts­
einander verbunden. Das für die Chemiker
zeiten t1/2 in Abb. 4, die in kinetischen
wichtigste Problem bestand aber darin,
­Modelluntersuchungen ermittelt wurden,
chemisch
ver­
sprachen dagegen: Erst über 400 °C unter­
schweißbar zu machen. Die bekannte Un­
verschiedene
Fügeteile
schreiten die Halbwertszeiten die für das
verträglichkeit der meisten Kunststoffe
Laserschweißen mit 2 s angenommene
führt beim Schweißen ungleicher Paare
Zeitgrenze. Mit merklichem Umsatz ist
meistens zu kaum oder gar nicht haf­
deshalb erst bei noch höheren Tempera­
tenden Verbindungen. Chancen zur Ver­
turen zu rechnen, wo die Kunststoffe selbst
besserung der Schweißnähte bestanden
schon verbrennen. Der Zusatz entspre­
nur bei Additivierung mindestens eines
chend funktionalisierter niedermoleku­
der Fügepartner.
larer Koppler zu einem der Fügepartner
Von polyMaterials wurde der Ansatz
verfolgt, maßgeschneiderte Block- und
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erwies sich in der Regel dann auch als wir­
kungslos.
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◆ ABGESCHLOSSENE FORSCHUNGSVORHABEN
Abb. 3: Linsenförmige Schweißnaht im Querschnitt.
Im DKI wurde zudem die Idee verfolgt,
Man kann deshalb mehr davon einsetzen
das Schweißen verschiedener, unverträg­
als von teuren Spezialadditiven. Ein Nach­
licher Kunststoffe wenigstens zum Teil in
teil, der allerdings alle Additiverungen be­
ein Schweißen gleicher und damit verträg­
trifft, besteht darin, dass das Unterteil
licher Kunststoffe zu verwandeln. Das
nicht mehr aus einem reinen Kunststoff,
­Prinzip ist in Abb. 5 angedeutet. Dem
sondern aus einem Blend besteht.
­Polymeren PA des Unterteils wird beim
Bei einigen Systemen hat sich dieses
Compoundieren ein Anteil des Polymeren
Verfahren des vorgeschalteten Blendens
PB des Oberteils zugemischt (Abb. 5a), so
schon bewährt, unter anderem überra­
dass sich beim Schweißen das Polymere PB
schenderweise bei dem besonders proble­
vorrangig mit sich selbst verbinden kann.
matischen Paar aus Polyamid und Polypro­
pylen, die extrem unverträglich sind, so
dass einfache Schweißversuche zu über­
haupt keiner Haftung führten. Als aber
Polypropylen in Polyamid eingemischt und
dort mit etwas maleiniertem Polypropylen
angebunden wurde, ließen sich die beiden
Partner gut nach Abb. 5 miteinander ver­
schweißen.
Da das Laserschweißen bisher von der
Unmöglichkeit, unverträgliche Kunststoffe
miteinander zu verbinden, erheblich ein­
geschränkt wird, soll dieser Ansatz weiter
verfolgt werden, wobei nicht nur Füge­
paare aus zwei Thermoplasten, sondern
auch hart-weich-Verbunde aus einem
Thermoplasten und einem thermoplasti­
schen Elastomeren (TEP) untersucht wer­
den sollen.
Abb. 4: Halbwertszeiten schneller Additionsreaktionen.
Damit wird das Problem der PA-PB-Un­
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verträglichkeit nicht aufgehoben, aber
Wir danken dem Bundesministerium für
verlagert: Die beiden unverträglichen Part­
Bildung und Forschung (BMBF), aus dessen
ner treffen nicht erst in der Schweißnaht
Haushaltsmitteln dieses Forschungsvor­
aufeinander, sondern schon im Unterteil.
haben unter dem Förderkennzeichen
Dort stehen während des Compoundierens
03N3116C gefördert wurde. Ferner dan­
nicht nur Sekunden, sondern immerhin
ken wir der Forschungsgesellschaft Kunst­
­Minuten zur Verfügung, in denen die
stoffe e.V. für die zusätzliche Unter­stützung
­beiden mit Hilfe von Phasenvermittlern
dieser Arbeit.
aneinander gebunden werden können.
Hilfreich ist auch, dass beim Compoundie­
ren aktiv gemischt wird, was im Prozess
des Laserschweißens naturgemäß nicht
Abb. 5: Fügepaar mit einem Unterteil aus einem Kunststoff
PA, das anteilig den Kunststoff PB enthält: (a) vor und (b)
nach dem Schweißen.
möglich ist.
Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass
das
schweißnahtstabilisierende
Additiv
ebenso billig ist wie die Fügepartner selbst.
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