Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel

Transcription

Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Gesundheitswirtschaft und
demografischer Wandel
Perspektiven für den IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Impressum
Herausgegeben von
Industrie- und Handelskammer
Frankfurt am Main
Geschäftsfeld Wirtschaftspolitik
und Metropolenentwicklung
Dr. Hubertus Hille (verantwortlich)
Dr. Martin Debus
Börsenplatz 4
60313 Frankfurt am Main
Telefon 069 2197-1508
[email protected]
Autor
Dr. Rainer Behrend
Behrend-Institut
Wirtschaftsforschung/Politikberatung
Hannah-Arendt-Straße 27
60438 Frankfurt am Main
Grafik und Layout
Sabrina Siegmund
April 2011
Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit
Quellenangabe gestattet, Belegexemplar erbeten.
2 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
I. Vorwort
Der demografische Wandel gehört zweifellos zu den größten Herausforderungen
unserer Zeit: Die Bevölkerung sinkt, insbesondere die Bevölkerung im erwerbsfähigen
Alter, und die Gesellschaft altert. Die demografische Entwicklung birgt jedoch nicht
nur Risiken, über die vielfach gesprochen wird. Durch sie bieten sich Unternehmen
auch Wachstumschancen. Dieser Aspekt wird in der öffentlichen Diskussion bislang
vollkommen vernachlässigt. Die IHK Frankfurt am Main wird daher in einer Reihe
von Publikationen eben solche Chancen für Unternehmen aufzeigen, die sich aus den
demografischen Veränderungen ergeben.
Den Anfang in der Publikationsreihe macht die Gesundheitswirtschaft, denn diese Branche wird in besonderer Weise von der Alterung der Gesellschaft weltweit
profitieren. Zudem gehört sie zu den wichtigsten Branchen der Region. Nahezu jeder
zehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
ist in der Gesundheitswirtschaft tätig.
Die vorliegende Broschüre liefert Informationen über Wesen und Struktur der
Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk Frankfurt am Main und zeigt beispielhaft
Chancen und Risiken auf, die sich speziell aufgrund des demografischen Wandels für
die Branche ergeben. Sie enthält zudem einen Maßnahmenkatalog, der dazu beitragen soll, die Gesundheitswirtschaft in der Region zu stärken und damit langfristig
Wachstum und Beschäftigung zu sichern. Die Untersuchung basiert auf umfassenden
Recherchen und Analysen sowie auf Gesprächen mit Vertretern von Unternehmen
der Gesundheitswirtschaft aus der Region.
Die Herausforderung des Fachkräftemangels in der Gesundheitswirtschaft wird hier
nur am Rande behandelt. Dieses Thema wird explizit in einer weiteren von der IHK
Frankfurt am Main initiierten Studie behandelt, die im April 2011 unter dem Titel
„Fachkräftebedarf in der Gesundheitswirtschaft in der Region Rhein-Main“ erscheinen wird.
Karen Hoyndorf
Stv. Präsidentin
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 3
Inhaltsverzeichnis
I.
II.
Vorwort _____________________ 3
Summary ____________________ 6
III.
IV.
V.
Die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland _______ 11
Megatrends der zukünftigen
Entwicklung der Gesundheitswirtschaft_______________________ 16
Gesundheitsstandort IHK-Bezirk
Frankfurt am Main ____________ 24
1. Gesundheitswirtschaft ≠ Gesundheitswesen _________________ 11
1. Megatrend Demografie ________ 16
1. Frankfurt am Main und Bad Homburg: Gesundheitsstandorte mit
Tradition ___________________ 24
2. Medizintechnischer Fortschritt __ 21
2. Gesundheitswirtschaft in Zahlen_ 13
3. Wachstum des Welthandels und
Internationalisierung _________ 22
4. Finanzrestriktionen im Gesundheitswesen _________________ 23
4 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
2. Die wirtschaftliche Bedeutung der
Gesundheitswirtschaft im IHKBezirk Frankfurt am Main ______ 25
VI.
VII.
VIII.
Chancen und Risiken für die Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main ____________ 28
Chancen nutzen, Risiken
vermeiden ___________________ 56
Quellenangaben _______________ 62
1. Krankenhäuser ______________ 28
1. Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main ___________ 56
2. Ärzte und Zahnärzte __________ 29
3. Pflegeeinrichtungen __________ 31
4. Pharmaindustrie _____________ 34
5. Die „Rote Biotechnologie“ ______ 39
6. Medizintechnik ______________ 44
7. Telemedizin _________________ 48
8. Pharmagroßhandel und Apotheken_____________________ 50
9. (Medical) Wellness ___________ 54
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 5
Foto: Fotolia.com/Pixelot
II. Summary
Gesundheitswirtschaft umfasst mehr
als das Gesundheitswesen
Zur Gesundheitswirtschaft zählt nicht
nur die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung (zum Beispiel Krankenhäuser, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen), also der Bereich der gemeinhin
als Gesundheitswesen bezeichnet wird,
sondern ebenso die Pharmaindustrie,
die medizinische Biotechnologie, die
Medizintechnik, der Handel mit Gesundheitsprodukten sowie die medizinische
Forschung und Entwicklung. Ergänzt
wird die Gesundheitswirtschaft noch
durch Nachbarbranchen und Randbereiche, welche die Gesundheitswirtschaft
mit anderen Bereichen verknüpfen.
Dazu gehören zum Beispiel der Gesundheitstourismus, gesundheitsbezogene
Sport- und Freizeiteinrichtungen oder
medizintechnische Anwendungen der
Informationstechnologien.
Gesundheitsausgaben in Deutschland
(2008): 263.216.000.000 Euro
In Deutschland beliefen sich die jährlichen Gesundheitsausgaben im Jahr 2008
auf 263,2 Milliarden Euro. Das entspricht
einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt in
Höhe von 10,5 Prozent. In Deutschland
ist die gesetzliche Krankenversicherung
mit einem Anteil von 57,5 Prozent der
bedeutendste Ausgabenträger.
Die Gesundheitswirtschaft ist Jobmotor – in Deutschland und auch im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Im Jahr 2008 waren deutschlandweit
rund 4,6 Millionen Menschen in der Gesundheitswirtschaft tätig. Dies sind 11,5
Prozent aller Erwerbstätigen. Auch im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main gehört die
Gesundheitswirtschaft zu den Jobmotoren. Hier sind über 76.000 Menschen
sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Dies entspricht einem Beschäftigungsanteil von 11,6 Prozent.
Die demografische Entwicklung lässt
die Gesundheitswirtschaft weiter
wachsen
Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung von derzeit 6,8 Milliarden auf
rund 9,2 Milliarden Menschen anwach-
6 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
sen. Allein in China und Indien werden
dann mehr als drei Milliarden Menschen
leben. Aus der demografischen Entwicklung und dem wachsenden Wohlstand in
den sogenannten Schwellenländern ergeben sich zusätzliche Potenziale für die
Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft. In
Europa wird die Einwohnerzahl bis zum
Jahr 2050 zurückgehen. In Deutschland
ist ein Rückgang auf weniger als 70 Millionen Menschen zu erwarten. Aufgrund
der Alterung der Gesellschaft wird die
Nachfrage im Gesundheitssektor aber
dennoch steigen. Dies ist nicht nur auf
die Zunahme spezifischer Erkrankungen, die ab dem 65. Lebensjahr gehäuft
auftreten (z. B. Arteriosklerose, Arthritis,
Demenz, Altersdiabetes, Osteoporose,
Schwerhörigkeit), zurückzuführen, sondern auch auf ein steigendes Gesundheitsbewusstsein in der (alternden)
Bevölkerung.
Foto: Fotolia.com/Manoj Singh
Medizintechnischer Fortschritt, Internationalisierung, Finanzierungsengpässe im System der sozialen Versicherung: Weitere Megatrends prägen
die Gesundheitswirtschaft
Die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und Dienstleistungen wird durch die
Alterung der Gesellschaft in Deutschland
grundsätzlich zwar steigen, gleichzeitig wird der drastische Rückgang des
Erwerbspersonenpotenzials aber das
soziale Sicherungssystem vor große
Herausforderungen stellen. Neue Wege
(„Gesundheitsreformen“) zur Stabilisierung der Finanzierung des Gesundheitssystems werden auch in den nächsten
Jahrzehnten das unternehmerische
Umfeld in der Gesundheitswirtschaft
prägen. Der technische Fortschritt wird
nicht nur ein zusätzlicher „Kostentreiber“
sein. Die zukünftige verstärkte Nutzung
moderner Informationstechnologien im
Rahmen von E-Health wird langfristig
zu einer wichtigen Kostenbremse im
Gesundheitswesen werden. Grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen
sind von einer zunehmenden Personalisierung der medizinischen Versorgung zu
erwarten, die durch die Entschlüsselung
des menschlichen Genoms vor gut zehn
Jahren erst ermöglicht wurde.
Die größten Wachstumsperspektiven für
die Unternehmen ergeben sich aus dem
zunehmenden Welthandel im Gesundheitssektor. Allerdings werden aufstrebende Schwellenländer wie China, Indien
und Brasilien nicht nur die Güternachfrage steigern, sondern zugleich auch
die internationale Wettbewerbsintensität im Gesundheitssektor erhöhen.
Gleichwohl bestehen durch die sehr gute
internationale Verkehrsanbindung durch
den Flughafen Frankfurt am Main, die
Vielzahl global agierender Pharmaunternehmen und die hohe Forschungsdichte
Wettbewerbsvorteile für die regionale
Wirtschaft.
ent wird aufgrund der Alterung der
Gesellschaft zunehmen. Bis zum Jahr
2060 werden im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main voraussichtlich 120.000
Menschen mehr als heute das 75.
Lebensjahr erreicht bzw. überschritten
haben.
Auswirkungen des demografischen
Wandels für die regionale Gesundheitswirtschaft
• Aber kürzere Verweildauer: Trotz
steigender Fallzahlen dürfte es angesichts des Rationalisierungsdrucks und
des medizintechnischen Fortschritts
auch zukünftig zu einer Verkürzung
der durchschnittlichen Verweildauer der Patienten in Krankenhäusern
kommen. Dies wird einen weiteren
Abbau an Krankenhausbetten in der
Region ermöglichen. Die ungleiche
demografische Entwicklung innerhalb
der Metropolregion FrankfurtRheinMain wird jedoch dazu führen, dass
die Versorgungsfunktion Frankfurts
innerhalb der Gesamtregion gestärkt
wird.
• Mehr Krankenhausaufenthalte: Die
Zahl der Patienten in Krankenhäusern
bzw. die Zahl der durchschnittlichen
Krankenhausaufenthalte je Pati-
• Ärztemangel: Mittelfristig besteht
im IHK-Bezirk Frankfurt am Main das
Risiko eines Ärztemangels. Einerseits
wird angesichts der überdurchschnitt-
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 7
Foto: Fotolia.com/iceteastock
lichen Entwicklung der Einwohnerzahl
und der stärker werdenden Versorgungsfunktion Frankfurts die Nachfrage nach Ärzten steigen, gleichzeitig
führt die demografische Entwicklung
zu einem Rückgang des Ärztenachwuchses.
• Mehr Gemeinschaftspraxen: Als
Reaktion ist mit organisatorischen
Anpassungsprozessen zu rechnen.
Während die Anzahl der Einzelpraxen
im IHK-Bezirk Frankfurt am Main in
Zukunft zurückgehen wird, ist gleichzeitig mit einem stetigen Wachstum
von medizinischen Versorgungszentren (großen Gemeinschaftspraxen)
zu rechnen. Dies gilt insbesondere in
den Gemeinden der beiden Landkreise
(Hochtaunus-/Main-Taunus-Kreis) des
IHK-Bezirks.
• Neue Herausforderungen im Pflegebereich: Einer der Hauptwachstumsmärkte in der Gesundheitswirtschaft
wird angesichts eines drastischen
Anstiegs der Pflegebedürftigen der
Bereich „Pflege und Betreuung“ sein.
Dabei werden sich für die ambulanten
und stationären Pflegeeinrichtungen
neue Herausforderungen stellen:
höhere qualitative Anforderungen an
die Pflege als Folge des Wertewandels, höhere kulturelle Vielfalt in den
Pflegeheimen, aber auch eine stark
steigende Anzahl Demenzkranker. Die
größte Herausforderung wird jedoch
die Bewältigung des bereits heute
schon bestehenden gravierenden
Arbeitskräftemangels im Pflegebereich
darstellen.
• Veränderte Pharmamärkte: Die
Pharmaindustrie zählt zu den Schlüsselbranchen im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main. Aufgrund von Kostendämpfungsmaßnahmen im Gesundheitswesen, die insbesondere die Pharmaproduzenten belasten (2009 sparten die
gesetzlichen Krankenkassen allein 935
Millionen Euro bei den Herstellern
durch Zwangsrabatte ein), wird sich
das zukünftige Wachstum weniger im
Inland, sondern vor allem im Ausland
vollziehen. Allerdings profitiert die
stark exportorientierte regionale Pharmaindustrie vom weltweiten Wachstum der Nachfrage nach Medikamen-
8 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
ten. Bis zum Jahr 2025 dürfte sich der
Umsatz auf dem Weltpharmamarkt
verdoppeln.
• Fachkräftemangel im Pharmabereich: Bislang besteht kein allgemeiner Fachkräftemangel in den
im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
ansässigen Unternehmen der Pharmaindustrie. Neben der leistungsfähigen
Hochschullandschaft ist hierfür auch
der Trend zur Bildung internationaler Teams in global ausgerichteten
Unternehmen verantwortlich. Ein
Mangel besteht jedoch derzeit in
bestimmten Fachdisziplinen, wie etwa
der Bioinformatik. Außerdem fehlen
berufserfahrene Kräfte, die sowohl
über kaufmännisches wie technisches
Know-how verfügen. In den nächsten
Jahrzehnten wird sich speziell für die
mittelständischen Betriebe der Pharmaindustrie das Arbeitskräfteangebot
spürbar verknappen.
• Pharmahandel steigt: Der Pharmahandel profitiert von der gesellschaftlichen Alterung. Bereits in den
letzten zehn Jahren stieg der jährliche
Foto: Fotolia.com/Sven Hoppe
Umsatz im Durchschnitt um 4,5 Prozent (im Einzelhandel insgesamt um
1 Prozent). Die überdurchschnittliche
Entwicklung im Pharmahandel wird
sich in Zukunft fortsetzen, geben doch
über 60-Jährige dreimal so viel für
Arzneimittel aus wie Personen unter
60 Jahren. Bis zum Jahr 2025 wird bei
unverändertem Verordnungsverhalten
der Ärzte der Apothekenumsatz real
um 30 Prozent steigen. Aufgrund
von Kostendämpfungsmaßnahmen
im Gesundheitswesen ist jedoch kein
Anstieg der Beschäftigtenzahl im
Pharmahandel zu erwarten. Die Zahl
der Apotheken im IHK-Bezirk Frankfurt am Main wird langfristig leicht
zurückgehen.
• Chance für Biotechnologie: Frankfurt
gehört zu den führenden Standorten
der medizinischen Biotechnologie
in Deutschland. Schon heute gehört
die Biotechnologie zu den Wachstumstreibern in der Gesundheitswirtschaft – ihre Bedeutung wird in
Zukunft zunehmen. Dabei werden
altersspezifisch gehäufte Erkrankungen verstärkt in den Mittelpunkt der
biotechnologischen Forschung rücken.
Besondere Wachstumsmärkte werden
unter anderem die humangenetische
Diagnostik und die Regenerationstechnologien sein.
• Weniger Existenzgründungen: Die
noch junge Biotech-Branche ist auf
Gründungen (aus der Hochschule
heraus) angewiesen. Mit dem zukünftigen Rückgang der Bevölkerung im
erwerbsfähigen Alter verringert sich
jedoch auch die Zahl der potenziellen
Existenzgründer. Bei konstanter Gründungsbereitschaft in den jeweiligen
Alterskohorten ist bis zum Jahr 2050
im IHK-Bezirk Frankfurt am Main mit
einem Rückgang der Zahl der Existenzgründungen um 30 Prozent zu
rechnen.
• Wachstumsperspektiven für Medizintechnik: Die Unternehmen der Medizintechnik im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main werden von einer wachsenden Nachfrage nach medizintechnischen Geräten zur Kompensation von
altersbedingten Einschränkungen, wie
Hörgeräten und Prothesen, profitieren.
Auch die Nachfrage nach medizintechnischen Produkten zur Gesundheitsvorsorge und Überwachung
wird steigen. Zudem bietet der starke
Zuwachs an älteren Menschen, die
weiterhin aktiv und attraktiv bis ins
hohe Alter bleiben möchten, besondere Wachstumsperspektiven für die
kosmetische Chirurgie in der Region.
• Wachsende Bedeutung der Telemedizin: Vor allem die ländlichen
Regionen werden in Zukunft überdurchschnittlich an Bevölkerung
verlieren. Vor diesem Hintergrund
wird es ökonomisch nicht mehr vertretbar sein, sämtliche medizinischen
Angebote in einzelnen Teilregionen
aufrechtzuerhalten. Die Telemedizin
bietet hier eine Lösung, um auch bei
räumlicher Trennung von Patienten
und medizinischem Fachpersonal eine
gute Versorgung zu gewährleisten.
Der Gesundheitsstandort Frankfurt
wird in besonderer Weise vom Wachstum der Telemedizin profitieren. Zum
einen wird der demografische Wandel
die Versorgungsfunktion Frankfurts
für das Umland und darüber hinaus
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 9
• Hohes Marktpotenzial für Wellness/
Fitness: Das steigende Gesundheitsbewusstsein und der Trend zu einem
gesünderen Lebensstil in Teilen der
Bevölkerung sind Wachstumstreiber
für den Bereich Wellness und Fitness in der Region. Dabei wird das
Wellness- und Fitnessangebot in der
Zukunft zunehmend differenzierter
ausfallen und der medizinische Aspekt
im Zuge einer alternden Gesellschaft
stärker in den Vordergrund treten als
bisher. Mit über 5,2 Millionen Menschen innerhalb der Metropolregion,
die über eine insgesamt überdurchschnittliche Kaufkraft verfügen, ergibt
sich ein gutes Marktpotenzial für
„Medical Wellness“.
10 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Foto: Fotolia.com/jamstockfoto
stärken. Zum anderen bietet die gesamte Region FrankfurtRheinMain das
dichteste Netzwerk von Unternehmen
aus den Bereichen Softwareentwicklung, IT-Beratung, IT-Services und
Systemintegration in Deutschland.
Für diese I&K-Unternehmen ergeben
sich im Gesundheitssektor ganz neue
Marktfelder und Wachstumschancen.
Chancen nutzen – Risiken vermeiden: Maßnahmen zur Stärkung der
Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main
Die IHK Frankfurt am Main hat einen
umfangreichen Maßnahmenkatalog zur
Stärkung der Gesundheitswirtschaft
in der Region entwickelt. Vorrangige
Aufgaben sind:
• die bessere Positionierung und Vermarktung des Gesundheitsstandortes
Frankfurt am Main,
• die nachhaltige Verminderung des
Fachkräftemangels und
• die Stärkung der Innovationsfähigkeit
der Unternehmen.
III. Die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft in
Deutschland
1. Gesundheitswirtschaft ≠ Gesundheitswesen
Das Gesundheitswesen bildet den Kern
der Gesundheitswirtschaft
Wenn wir von „Gesundheitswirtschaft“
sprechen, so denken wir zuallererst an
die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung mit den personalintensiven Dienstleistungsbereichen der Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen,
Arztpraxen sowie der stationären und
ambulanten Pflegeeinrichtungen. Dieser
Bereich wird gemeinhin als Gesundheitswesen bezeichnet und bildet den Kern
der Gesundheitswirtschaft.
Health Care Industries, medizinische
Forschung und Pharmahandel bilden
einen weiteren Schwerpunkt der Gesundheitswirtschaft
Die Gesundheitswirtschaft umfasst
jedoch mehr als das Gesundheitswesen.
Hierzu zählen auch die Herstellung und
Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen, die
a) der Vorbeugung,
b) der Gesunderhaltung und
c) der Gesundwerdung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit
dienen.
Daher gehören Pharmazie, medizinische
Biotechnologie sowie Medizin- und
Gerontotechnik (die sogenannten Health
Care Industries) ebenso zur Gesundheitswirtschaft wie der Handel mit Gesundheitsprodukten sowie die medizinische
Forschung und Entwicklung.
Der „zweite Gesundheitsmarkt“
Darüber hinaus gibt es Nachbarbranchen und Randbereiche, welche die
Gesundheitswirtschaft mit anderen
Segmenten verknüpfen. Dazu gehören
zum Beispiel Teilbereiche des Tourismus (Gesundheitstourismus, Medical
Wellness), gesundheitsbezogene Sportund Freizeiteinrichtungen, Ernährung
(Ernährungsberatung, Functional Food),
Informations- und Kommunikationstechnologien (medizintechnische
Anwendungen, Sicherheitstechniken
u. a.) und Wohnen (etwa altersgerechte Wohnformen). Der Übergang zur
Gesundheitswirtschaft und anderen
Bereichen ist fließend – eine eindeutige
Abgrenzung gibt es bislang nicht.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 11
Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft
Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft
Die Struktur der Gesundheitswirtschaft
lässt sich in Anlehnung an das Standardmodell des Instituts Arbeit und Technik,
Gelsenkirchen, anhand eines Schichtenmodells darstellen.
Sport und Freizeit
nversicherung
Kranke
c
Pharm
aze
uti
s
ik
te
ch
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Öffent
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Wohnen
Ge
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Wellness
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Gesundheitswesen
und Pflegeeinrichtungen
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äh
n
r
E
Einz
elhan
Quelle: Institut Arbeit und Technik
12 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
2. Gesundheitswirtschaft in Zahlen
Gesundheitsausgaben in Deutschland:
263,2 Milliarden Euro pro Jahr =
10,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes
In der öffentlichen Diskussion wird die
Bedeutung der Gesundheitswirtschaft
in der Regel ausschließlich über die
Gesundheitsausgaben im Gesundheitswesen betrachtet. Tatsächlich
erscheint die Kostenentwicklung im
Gesundheitswesen auf den ersten Blick
beängstigend. Im Jahr 2008 gaben jede
Bürgerin und jeder Bürger in Deutschland durchschnittlich 3.210 Euro für die
Gesundheit aus. Das waren 130 Euro
pro Person mehr als noch im Jahr zuvor.
Insgesamt beliefen sich die Gesundheitsausgaben auf 263,2 Milliarden Euro. Das
entspricht einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 10,5 Prozent.
Damit ist Deutschland in Bezug auf die
Gesundheitsausgaben jedoch längst
nicht Spitzenreiter. So liegt der Anteil
der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in den Vereinigten Staaten
zum Beispiel bei 16 Prozent.
Gesundheitsausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (2008),
ausgewählte Länder
16,0
USA
11,1
Frankreich
10,8
Schweiz
10,5
Deutschland
9,9
Dänemark
9,5
EU-15
8,4
Großbritannien
8,2
Finnland
0
5
10
15
20
Prozent
Quellen: Statista, Behrend-Institut
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 13
Anders als etwa in den Vereinigten
Staaten von Amerika ist in Deutschland
die gesetzliche Krankenversicherung
der bedeutendste Ausgabenträger, mit
151,5 Milliarden Euro bzw. 57,5 Prozent
der gesamten Gesundheitsausgaben.
Lediglich 9,5 Prozent entfielen auf die
privaten Krankenversicherungen. Dabei
sind die ärztlichen Leistungen mit 71,5
Milliarden Euro und die Arznei- und
Hilfsmittel mit 56,0 Milliarden Euro die
bedeutsamsten Leistungsarten.
Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten
Verwaltungsleistungen: 5 %
Sonstiger medizinischer
Bedarf: 4 %
Prävention/Gesundheitsschutz: 4 %
Zahnersatz: 3 %
Ärztliche Leistungen: 28 %
Arznei- und
Hilfsmittel: 22 %
Pflege/therapeutische
Leistungen: 25 %
Unterkunft,
Verpflegung,
Transporte: 9 %
Quellen: Statistisches Bundesamt, Gesundheitsausgabenrechnung 2009, Behrend-Institut
14 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Gesundheitswirtschaft ist Jobmotor
Die wirkliche gesamtwirtschaftliche
Bedeutung der Gesundheitswirtschaft
lässt sich mit ausschließlicher Betrachtung der Gesundheitsausgaben nicht
erfassen. Sie vernachlässigt die besondere Bedeutung der Gesundheitswirtschaft
für Wachstum und Beschäftigung in
Deutschland. So waren im Jahr 2008
rund 4,6 Millionen Menschen in der
Gesundheitswirtschaft tätig. Das sind
immerhin 11,5 Prozent aller Erwerbstätigen.
Berücksichtigt man zusätzlich noch den
„zweiten Gesundheitsmarkt“, dann arbeiten insgesamt sogar rund 5,4 Millionen
Menschen in der Gesundheitswirtschaft.
Das heißt: Jeder siebte Erwerbstätige in
Deutschland ist in dieser Branche tätig.
Es gibt in Deutschland:
2.080
160
45
Krankenhäuser (2009)
gesetzliche Krankenkassen (Oktober 2010)
Unternehmen der privaten Krankenversicherung (2009)
90.176
Arztpraxen (März 2010)
21.548
Apotheken (2009)
11.029
stationäre Pflegeeinrichtungen (2008)
11.529
ambulante Pflegeeinrichtungen (2008)
11.250
Medizintechnikunternehmen (2008)
975
pharmazeutische Unternehmen (2008)
531
Biotech-Kernunternehmen (2009)
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, März 2011.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 15
IV. Megatrends der zukünftigen Entwicklung
der Gesundheitswirtschaft
Die Gesundheitswirtschaft – in Deutschland wie im IHK-Bezirk Frankfurt am Main – wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten prägenden Trends ausgesetzt sein: dem demografischen Wandel, dem medizintechnischen Fortschritt, einer fortschreitenden
Internationalisierung und schließlich einer weiteren Zunahme des Dienstleistungssektors im Vergleich zum Produzierenden
Gewerbe (Prozess der Tertiarisierung).
1. Megatrend Demografie
Daten und Fakten zur demografischen
Entwicklung1
Wachsende Weltbevölkerung – Bevölkerungsabnahme in Europa
• Bis zum Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung von derzeit 6,8 Milliarden
auf rund 9,2 Milliarden Menschen
wachsen.
• Selbst wenn man eine jährliche
Nettozuwanderung von 100.000 Menschen bis zum Jahr 2050 unterstellt,
wird die Einwohnerzahl in Deutschland auf unter 70 Millionen sinken.
100
80
• Das stärkste Bevölkerungswachstum
wird sich in Afrika, südlich der Sahara,
vollziehen. Bis zum Jahr 2050 werden
voraussichtlich über zwei Milliarden
Menschen den afrikanischen Kontinent bevölkern.
40
1
• Das Phänomen alternder Gesellschaften ist nicht nur ein deutsches oder
Verschiebung der Altersstruktur 2005—2050 weltweit
• Im Jahr 2050 werden allein in den
Schwellenländern China und Indien mehr als 3 Milliarden Menschen
leben.
• Europa wird der einzige Kontinent
sein, in dem die Bevölkerung zurückgeht. Im Jahr 2050 werden es weniger
als 700 Millionen Einwohner sein.
Die Alterung der Gesellschaft: ein
weltweites Phänomen
60
20
0
Afrika
2005
2050
2005
Asien
2050
Europa
2005
2050
Nordamerika
2050
2005
80 Jahre u. älter
0,4
1,1
1,0
4,4
3,5
9,6
3,6
8,0
65—79 Jahre
2,9
6,0
5,2
12,9
12,4
17,8
8,9
14,0
15—64 Jahre
55,5
65,6
65,6
64,8
68,2
57,6
67,0
61,1
0—14 Jahre
41,2
27,3
28,2
17,9
15,9
15,0
20,5
16,9
Vgl. IHK Frankfurt am Main (Hrsg.): Demografischer Wandel –
Wirtschaftsstruktur – Wirtschaftswachstum, Frankfurt 2011.
16 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Quellen: Vereinte Nationen, Behrend-Institut
europäisches Phänomen. Es vollzieht
sich überall auf der Welt.
Altersstruktur Deutschland 2008—2060
• Während die durchschnittliche Lebenserwartung Neugeborener im Jahr
1950 weltweit noch bei 46 Jahren
lag, sind es heute bereits 68. Bis zum
Jahr 2050 wird die durchschnittliche
Lebenserwartung voraussichtlich auf
über 75 Jahre ansteigen.
• In Deutschland wird eine überdurchschnittliche Alterung der Bevölkerung
zu verzeichnen sein. Die Wirtschaft
wird einen drastischen Rückgang
des Erwerbspersonenpotenzials zu
verkraften haben. Heute leben 50
Millionen Menschen im Alter von
20 bis 65 Jahren in Deutschland. Im
Jahr 2060 werden es voraussichtlich
weniger als 34 Millionen sein.
5,0
7,5
8,3
11,0
14,7
14,1
18,4
20,0
19,7
19,7
18,4
24,4
22,5
22,0
22,5
10,7
9,7
9,7
9,8
9,4
19,0
17,0
16,7
16,0
15,4
15,6
2008
2020
2030
2040
2050
2060
15,5
15,8
20,5
80
21,1
18,9
24,2
Prozent
• Die Geburtenrate sinkt weiter. Während weltweit im Jahr 1950 noch
jede Frau durchschnittlich 5 Kinder
zur Welt brachte, sind es heute nur
noch 2,5 und im Jahr 2050 werden es
voraussichtlich nur noch 2,0 Kinder
sein.
100
20,4
60
29,6
24,8
40
12,0
20
0
Jahr
unter 20-Jährige
20 bis unter 30 Jahre
30 bis unter 50 Jahre
50 bis unter 65 Jahre
65 bis unter 80 Jahre
80 Jahre und älter
Quellen: Statistisches Bundesamt, Behrend-Institut
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 17
Foto: Fotolia.com/Yuri Arcurs
Frankfurt am Main: wachsende und
alternde Stadt
• Es ist davon auszugehen, dass in den
nächsten zwanzig Jahren die Einwohnerzahl in der Stadt Frankfurt weiter
zunehmen und dann bis zum Jahr
2050 stabil bleiben wird. Doch auch
wenn Frankfurt am Main in Zukunft
eine vergleichsweise junge Stadt bleiben wird: In den nächsten 50 Jahren
wird sich die Zahl der Senioren über
75 Jahre mehr als verdoppeln.
• Im Hochtaunus- und Main-TaunusKreis wird im Jahr 2060 jeder fünfte
Einwohner älter als 75 Jahre sein.
Zunahme altersbedingter Krankheiten
Die Alterung der Gesellschaft führt zu
einer Zunahme spezifischer Erkrankungen. Vor allem folgende Erkrankungen
treten nach dem 65. Lebensjahr gehäuft
auf:
Angina Pectoris, Arteriosklerose („Arterienverkalkung“), Arthritis (Gelenkentzündung), chronische Bronchitis, Demenz
(insbesondere Alzheimer-Demenz),
Depression, Diabetes II (Altersdiabetes),
Durchblutungsstörungen des Gehirns,
Herzinfarkt, Katarakt (grauer Star),
Osteoporose (Knochenbrüchigkeit), Parkinson (Schüttellähmung), Schwerhörigkeit, Tumore (Brustkrebs, Prostatakrebs),
Venenschwäche.2
Steigendes Gesundheitsbewusstsein
einer alternden Gesellschaft
Wann ist man alt?
„Alle wünschen, dass sie das Alter erreichen, doch wenn es erreicht ist, klagen
sie es an“ (Cicero: Über das Alter, „De
senectute“).
Diese Beschreibung Ciceros gilt auch
für die Moderne. Sie hängt mit einem
grundsätzlichen Pessimismus gegen2
Die Ableitung medizinischer Trends war wesentlicher Bestandteil von Interviews mit Unternehmensvertretern aus der Region
(siehe Quellenangaben). Einen guten Überblick liefert zudem:
Gassmann, O./Reepmeyer, G.: Wachstumsmarkt Alter – Innovationen für die Zielgruppe 50+, München/Wien 2006.
18 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
über dem Alter und dem Älterwerden
zusammen. Das Alter wird verbunden
mit Krankheit, Verfall und schließlich
dem Tod. Doch wann ist der Mensch
überhaupt „alt“ und wie verhält sich der
Gesundheitszustand in Relation zum
Alter?
Es gibt keine einheitliche Definition, ab
wann ein Mensch zu den „Alten“ gehört – in Deutschland wird in der Regel
mit Eintritt des gesetzlichen Renteneintrittsalters (zurzeit 65 Jahre) die Grenze
zum Beginn des Seniorenalters gezogen.
Wenn man jedoch die Lebensphase mit
einbezieht, in der eine aktive Auseinandersetzung mit dem beruflichen Ruhestand einsetzt, so ist die Grenze eher bei
55 Jahren zu ziehen.
Die vier Lebensphasen des Alters
In Anlehnung an den Genfer Altersforscher Christian Lalive d´Epinay erkennt
man bei älteren Menschen grundsätzlich
vier typologisierte Lebensphasen:
Foto: Fotolia.com/falkjohann
1. Phase: Nahender Renteneintritt – die
Personen in dieser Lebensphase sind
zwar noch erwerbstätig, der Übergang
in die nachberufliche Phase zeichnet
sich jedoch ab.
2. Phase: Autonomes Rentenalter – diese
an die Erwerbsarbeit anschließende
Phase ist durch eine hohe soziale und
persönliche Autonomie gekennzeichnet. Der Gesundheitszustand und die
vorhandenen Kompetenzen erlauben
es, das Rentenalter nach eigenen
Bedürfnissen zu gestalten und zu
genießen.
3. Phase: Verstärkte Gebrechlichkeit –
Behinderungen und funktionale
Einschränkungen wie etwa Gehschwierigkeiten und Hörprobleme
erschweren das eigenständige Leben
und führen zu Anpassungen der
Aktivitäten.
4. Phase: Abhängigkeit – diese Lebensphase ist durch gesundheitlich
bedingte Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit charakterisiert. Starke
physische und/oder kognitive Einschränkungen führen dazu, dass ein
selbstständiges Leben kaum mehr
möglich ist. Es ist vor allem dieser
letzte Lebensabschnitt, der das negative Bild vom Alter in unserer Gesellschaft prägt.3
Wachsendes Gesundheitsbewusstsein
einer alternden Gesellschaft
Für den Einzelnen ist es offensichtlich
erstrebenswert, die zweite Lebensphase
des Alters, das autonome Rentenalter,
möglichst lange zu erhalten. Daher
steigt im Durchschnitt spätestens in
dieser Phase auch das grundsätzliche
Gesundheitsbewusstsein. Waren und
Dienstleistungen, die der Gesundheitsprävention dienen, werden in diesem
Lebensabschnitt verstärkt nachgefragt.
3
Vgl. Gassmann, O./Reepmeyer, G., a.a.O., S. 9–S. 11, ausführlich:
Lehr, U.: Psychologie des Alterns, 11. Auflage, Wiebelsheim
2011.
In den letzten Jahrzehnten hat sich der
physische und psychische Gesundheitszustand der Menschen über 65 Jahre erheblich verbessert. Inzwischen bezeichnen 92 Prozent der über 65-jährigen
Deutschen den eigenen Gesundheitszustand als gut bis befriedigend.4 Der
verbesserte und sich weiter verbessernde
Gesundheitszustand der Menschen im
Alter und die wachsende Lebenserwartung, die für heute Geborene über 15
Jahre höher liegt als im Jahr 1950, führt
dazu, dass sich das autonome Rentenalter zunehmend verlängert. Dieser Trend
wird sich langfristig auch in Zukunft
– trotz Anhebung des gesetzlichen
Renteneintrittsalters auf 67 Jahre – fortsetzen, da die Lebenserwartung stärker
steigen wird als die Lebensarbeitszeit.
4
Vgl. Gassmann, O./Reepmeyer, G., a.a.O., S. 43.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 19
Höhere Ansprüche und der Trend zur
Individualisierung
Ein weiterer wichtiger Trend, den die
Gesundheitswirtschaft berücksichtigen
muss, ist der gesellschaftliche Wertewandel. Die zukünftigen Senioren haben
schon jetzt ganz andere Lebenserfahrungen gemacht und andere Wertvorstellungen entwickelt als die heutigen
Rentner und Pensionäre. So unterscheiden sich aktuell diejenigen Ruheständler,
die noch die Entbehrungen der Kriegsund Nachkriegszeit miterlebt haben, in
ihren Wertvorstellungen und in ihrem
Konsumverhalten deutlich von der sogenannten 68er-Generation. In Zukunft
wird es zu einem noch stärkeren Wandel
der Wertvorstellungen kommen.
Die folgende Übersicht gibt in typologisierter Form einen Überblick über
Wertvorstellungen der heute alten
(Geburtsjahrgänge 1920 bis 1940) und
der zukünftig alten Generation (Geburtsjahrgänge 1965 bis 1985).
Wertvorstellungen unterschiedlicher Generationen
Werte der älteren Generation
(Jahrgänge 1920–1940)
Werte der jüngeren Generation
(Jahrgänge 1965–1985)
Arbeitsethos
Freizeitorientierung
Erfahrung mit politischem und wirtschaftlichen Chaos
Wohlstandserfahrung
Entbehrungsmentalität
Genussorientierung
Sparbereitschaft
Verschuldungsbereitschaft
Zukunftsorientierung
Gegenwartsorientierung
Prestige des Besitzes
Prestige der Verwendung
Verpflichtung gegenüber
Konventionen
Individualisierung
Großfamiliensituation
Kleinfamiliensituation
Bildung als Privileg
Bildung als Selbstverständlichkeit
Quelle: Gassmann, O./Reepmeyer, G., a.a.O.
Letztlich führen die veränderten
Wertvorstellungen zu einer stärkeren
Individualisierung und einem erhöhten
Anspruchsdenken alter Menschen. Diese
20 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Veränderungen werden sich unmittelbar
auf die Gesundheitsversorgung und auf
die Gesundheitswirtschaft auswirken.
2. Medizintechnischer Fortschritt
Personalisierte Versorgung als Folge
des medizintechnischen Fortschritts
und des Wertewandels
Der Trend zur Individualisierung der
Gesellschaft wird sich in Verbindung mit
dem medizintechnischen Fortschritt in
besonderer Weise auf die Gesundheitswirtschaft auswirken. Seit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms
vor gut zehn Jahren stehen inzwischen
zunehmend technische Verfahren zur
Verfügung, die eine Personalisierung der
medizinischen Versorgung ermöglichen.
Im Rahmen des damit ermöglichten
Wandels von Diagnose und Therapie von
Erkrankungen wird die personalisierte
Medizin an Bedeutung gewinnen. Das
heißt: Das zu heilende Individuum mit
seinen genetischen Eigenschaften wird
in den Mittelpunkt gestellt und nicht
mehr die zu therapierende Krankheit.
Diese Entwicklung wird zu einer grundlegenden Veränderung im Gesundheitswesen bzw. der Gesundheitswirtschaft
führen.
Nutzung moderner Informationstechnologien gesetzt werden (müssen). Der
technische Fortschritt im Rahmen von
E-Health wird langfristig zur Kostenbremse im Gesundheitswesen werden
(siehe hierzu Seite 48).
Informationstechnologien als Kostenbremse
Die Entwicklung, Einführung und
Verbreitung neuartiger oder wesentlich
verbesserter Produkte – der technische
Fortschritt – waren in der Vergangenheit die hauptsächlichen Kostentreiber
im Gesundheitswesen. Dies wird auch
in Zukunft so bleiben. Der Trend zur
personalisierten Medizin wird zunächst
ebenfalls zu zusätzlichen Kosten führen,
bevor sich gerade hieraus in Zukunft
erhebliche Einsparpotenziale ergeben
werden.
Vor dem Hintergrund der sogenannten
Kostenexplosion im Gesundheitswesen wird in Zukunft verstärkt auf die
Foto: Fotolia.com/Klaus Eppele
Gespräche mit Unternehmensvertretern
der Gesundheitswirtschaft (s. Quellenverzeichnis) haben verdeutlicht, dass es
vor allem zwei Bereiche des medizintechnischen Fortschritts sind, welche die
Branche nachhaltig verändern werden:
die neuen Möglichkeiten zur Personalisierung der medizinischen Versorgung
und die Weiterentwicklung der Anwendungsmöglichkeiten von Informationstechnologien im Gesundheitssektor.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 21
3. Wachstum des Welthandels und Internationalisierung
• Entgrenzung der Wertschöpfungsketten und verstärkte Netzwerkbildung in
der Gesundheitswirtschaft,
• Anstieg der Direktinvestitionen in der
Gesundheitswirtschaft.
• Zunahme des Welthandels im Gesundheitsbereich,
• Verlagerung der wirtschaftlichen
Schwerpunkte und Kapitalströme
(insbesondere) nach Asien,
• steigende Bedeutung des afrikanischen Marktes für die Gesundheitswirtschaft,
• zunehmendes Outsourcing speziell im
industriellen Sektor der Gesundheitswirtschaft (Zunahme des Anteils des
Dienstleistungsbereichs – Tertiarisierung),
22 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Foto: Fotolia.com/imageteam
Bereits heute sind insbesondere die
Health Care Industries in starkem Maße
international verflochten. In Zukunft
wird die Internationalität der Märkte im
Gesundheitswesen weiter voranschreiten – auf der Angebotsseite ebenso wie
auf der Nachfrageseite. Der Prozess wird
insbesondere durch folgende Entwicklungen geprägt werden:
4. Finanzrestriktionen im Gesundheitswesen
In Deutschland wird in den nächsten
Jahren und Jahrzehnten ein politisches
Thema von hoher Bedeutung bleiben:
Wie lässt sich das Gesundheitssystem trotz des Anstiegs der Zahl alter
Menschen, des drastischen Rückgangs
des Erwerbspersonenpotenzials und
der wachsenden medizintechnischen
Möglichkeiten finanzieren? Der Anpassungsdruck ist beträchtlich. Die unten
stehende Übersicht gibt einen Überblick
über die „Gesundheitsreformen“ der
letzten dreißig Jahre. Diese Liste erhebt
keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Auch in Zukunft werden die Rahmenbedingungen der Gesundheitswirtschaft
vor dem Hintergrund der Kostendämpfung maßgeblich von den politischen
Entscheidungsträgern bestimmt werden.
Übersicht Gesundheitsreformen
1982
1983
1984
1989
1993
1996
1997
1998
1999
2000
Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz
Haushaltsbegleitgesetz Teil I
Haushaltsbegleitgesetz Teil II
Gesundheitsreformgesetz
Gesundheitsstrukturgesetz
1. und 2. GKV-Neuordnungsgesetz
Beitragsentlastungsgesetz
GKV-Finanzstärkungsgesetz
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz
GKV-Gesundheitsreformgesetz
2001
2001
Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz
Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz
Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleiches
Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz
Beitragssatzsicherungsgesetz
Gesundheitsmodernisierungsgesetz
Gesundheitsreformgesetz
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
Gesundheitsfonds
2001
Gesetz zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung
2010/
2011
2002
2002
2003
2004
2005
2007
2009
Arzneimittelneuordnungsgesetz
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 23
V. Gesundheitsstandort IHK-Bezirk Frankfurt am
Main
1. Frankfurt am Main und Bad Homburg: Gesundheitsstandorte mit Tradition
Frankfurt am Main wurde erst spät –
zum Ende des 19. Jahrhunderts – zur
Industriestadt. Dabei ist die Industrialisierung von Frankfurt am Main und der
gesamten Rhein-Main-Region eng mit
der Entwicklung der pharmazeutischen
Industrie verbunden. Carl Meister, Eugen
Lucius und Ludwig Müller gründeten
1863 in Höchst am Main eine Fabrik, zunächst zur Produktion von Teerfarbstoffen. 1883 begann die Herstellung des
fiebersenkenden und schmerzstillenden
Antipyrin und 1892 schließlich – vier
Jahre nachdem die „Farbwerke Höchst
AG, vorm. Meister Lucius & Brüning“
an die Börse gegangen waren – folgte
das erste Immunpräparat von Hoechst.
Frankfurt am Main und die gesamte
Rhein-Main-Region entwickelten sich
fortan zu einem der führenden Chemieund Pharmastandorte in Europa.
24 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Champagnerluft und Tradition
Foto: Fotolia.com/Alexander Raths
Carl Meister, Eugen Lucius, Ludwig
Müller
Nahezu zeitgleich mit der industriellen
Entwicklung Frankfurts etablierte sich
Bad Homburg als mondäner, internationaler Kurort, was entscheidend durch die
Spielbank gefördert wurde. Nach 1888
wurde Bad Homburg Sommerresidenz
von Kaiser Wilhelm II. Seitdem haben
sich die Zeiten zwar geändert und Bad
Homburg ist heute ein moderner Wohnund Wirtschaftsstandort. Aber für die
Stadt mit dem wichtigen Standortfaktor
„Kur- und Bäderbetrieb“ gilt nach wie
vor das Motto „Champagnerluft und
Tradition“.
2. Die wirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Über 76.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
Durch die Verbindung von chemischpharmazeutischer Industrie und
renommierten Kur- und Rehabilitationseinrichtungen entstand seitdem in
der gesamten Metropolregion FrankfurtRheinMain ein leistungsfähiges
Gesundheitscluster.
Allein im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
(Stadt Frankfurt am Main, Hochtaunuskreis, Main-Taunus-Kreis) sind rund
76.000 Personen in der Gesundheitswirtschaft sozialversicherungspflichtig
beschäftigt. Dies entspricht einem
Anteil an der Gesamtbeschäftigung in
Höhe von 11,6 Prozent. Wie überall in
Deutschland hat auch im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main die ambulante und
stationäre Versorgung – das Gesundheitswesen – den größten Beschäftigungsanteil. Doch gleichzeitig ist im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main die Bedeutung der Pharmaindustrie sowie der
medizinischen Forschung und Entwicklung überdurchschnittlich groß.
Beschäftigungsanteile
IHK-Bezirk Frankfurt am Main 2008
Medizintechnik: 6 %
Sonst. Gesundheitsund Sozialwesen: 16 %
Pharma: 12 %
Altenpflege,
ambulante
soziale Dienste: 7 %
Handel (einschl.
Apotheken): 7 %
Arzt- und
Zahnarztpraxen: 11 %
Forschung und
Entwicklung: 13 %
Krankenhäuser: 23 %
Gesetzliche
Krankenversicherung: 5 %
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen des Behrend-Instituts
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 25
Führender Forschungs- und Wissenschaftsstandort
Frankfurt am Main gehört zu den
Zentren der medizinischen/pharmazeutischen Forschung in Deutschland.
Nahezu 10.000 Menschen sind in der
Stadt Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis
in der medizinischen/pharmazeutischen
Forschung sozialversicherungspflichtig
beschäftigt. An der Johann Wolfgang
Goethe-Universität Frankfurt am Main
bestehen mehrere biowissenschaftliche
Schwerpunkte, darunter das Exzellenzcluster zur Erforschung makromolekularer Komplexe. Zwei Max-Planck-Institute (für Hirnforschung und für Biophysik)
haben im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
ebenso ihren Sitz wie das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS).
Life-Science-Forschung im IHK-Bezirk Frankfurt am Main,
Auswahl wichtiger Institutionen
Max-Planck-Institut für Hirnforschung
Max-Planck-Institut für Biophysik
Zentrum für Arzneimittelforschung, -entwicklung und -sicherheit (ZAFES)
Karl-Winnacker-Institut
Center for Membrane Proteomics
Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)
Chemotherapeutisches Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus
Mehrere biowissenschaftliche Schwerpunkte an der Universität Frankfurt, u. a.
Exzellenzcluster zur Erforschung makromolekularer Komplexe
Quelle: Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main
26 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Die hohe Bedeutung Frankfurts als
Forschungs- und Wissenschaftsstandort
im Bereich Medizin/Pharmazie wird auch
daran deutlich, dass allein an der Johann
Wolfgang Goethe-Universität im Wintersemester 2010/2011 insgesamt 6.041
Studierende in den Fächern Medizin
(2.905), Zahnmedizin (688), Pharmazie
(821), Biologie (1.248) und Biochemie
(379) eingeschrieben sind. Dies sind über
15 Prozent aller in Frankfurt am Main
Studierenden.
Hinzu kommen zahlreiche Unternehmen
der klinischen Forschung. Die folgende
Übersicht zeigt eine Unternehmensauswahl innerhalb des IHK-Bezirks Frankfurt
am Main.
Unternehmen der klinischen Forschung im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Accovion GmbH, Eschborn
Amantec GmbH, Frankfurt am Main
Chiltern International GmbH, Bad Homburg v. d. H.
C.R.O. Cont(r)acts, Kelkheim
Ecron Wiedey GmbH, Frankfurt am Main
EPA Euro Pharma Auftragsforschung GmbH, Frankfurt am Main
Ergomed GmbH, Frankfurt am Main
Omnicare Clinical Research GmbH, Bad Soden a. Ts.
PAZ Arzneimittel-Entwicklungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main
PharmaProjekthaus GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main
Dr. Riethmüller M/R/S GmbH, Frankfurt am Main
SocraTec R&D Concepts in Drug Research and Development GmbH, Oberursel
YES Pharmaceutical Development Services GmbH, Friedrichsdorf
Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e.V., Eschborn
Quelle: Hessen Agentur GmbH
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 27
VI. Chancen und Risiken für die Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Wie werden sich die zukünftigen Megatrends, speziell der demografische Wandel, auf die Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main auswirken? Welche Chancen, aber auch welche Risiken ergeben sich für die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft? Im Folgenden werden ausgewählte Trends, Chancen und Risiken beispielhaft für die einzelnen Sektoren der Gesundheitswirtschaft im IHK-Bezirk Frankfurt am Main dargestellt.
1. Krankenhäuser
Der IHK-Bezirk Frankfurt am Main
gehört – nicht zuletzt auch aufgrund
des Universitätsklinikums – zu den
Zentren der medizinischen Versorgung
in Deutschland. Insgesamt 32 Krankenhäuser haben in der Stadt Frankfurt
am Main, dem Hochtaunuskreis und
dem Main-Taunus-Kreis ihren Standort.
Rund 8.000 Betten stehen insgesamt
zur Verfügung und 2.282 fest angestellte Ärzte und Ärztinnen verrichten
dort hauptamtlich ihre Tätigkeit (Stand
31.12.2009).
Der demografische Wandel wird den
Trend zu privaten Kliniken begünstigen
Bereits in der Vergangenheit war ein
deutlicher Trend zur Konzentration und
Privatisierung von Kliniken als Folge der
schwierigen öffentlichen Haushaltslage zu verzeichnen. In den nächsten
Jahrzehnten wird sich der deutliche
Rückgang der Erwerbspersonen als
Hauptsteuerzahler zusätzlich belastend
auf die öffentliche Finanzsituation
auswirken und den bereits bestehenden
Trend zur Privatisierung und Konzentration beschleunigen.
Steigende Patientenzahl
Im Jahr 2060 werden allein im IHK-Bezirk Frankfurt am Main voraussichtlich
rund 210.000 Menschen 75 Jahre und
älter sein. Das sind 120.000 mehr als
heute. Mit zunehmendem Alter wächst
die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes. Für die Zukunft ist im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main von einem
deutlichen Anstieg der Patientenzahl
bzw. der durchschnittlichen Krankenhausaufenthalte je Patient auszugehen.
kommen. Dies wird eine weitere Reduzierung von Krankenhausbetten in der
Region ermöglichen, der aber deutlich
geringer ausfallen dürfte als im Bundesdurchschnitt. Aufgrund der ungünstigeren demografischen Entwicklung in den
Randbereichen der Rhein-Main-Region
wird es vor allem dort zu einem stärkeren Abbau der Bettenzahl kommen.
Hingegen wird die Stadt Frankfurt am
Main in ihrer überörtlichen Versorgungsfunktion gestärkt werden.
Sinkende Bettenzahl
Trotz steigender Fallzahlen ist jedoch
nicht von einem Anstieg der Bettenzahl
auszugehen. Vielmehr dürfte es angesichts des Rationalisierungsdrucks und
des medizintechnischen Fortschritts wie
schon in der Vergangenheit auch weiterhin zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauer der Patienten
28 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Foto: Fotolia.com/picsfive
Hohe Krankenhausdichte im IHKBezirk
2. Ärzte und Zahnärzte
Mittelfristig Risiko eines Ärztemangels
Angesichts der demografischen Entwicklung wird deutschlandweit auch die Zahl
der Ärzte und Zahnärzte – regional stark
unterschiedlich – abnehmen. Aufgrund
des Rückgangs der Gesamtbevölkerung
bedeutet dies jedoch nicht zwingend
auch eine Verschlechterung der Versorgungsfunktion. Im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main werden die überdurchschnittliche Einwohnerentwicklung und die
stärker werdende überörtliche Versorgungsfunktion bei zugleich deutlichem
Rückgang des Ärztenachwuchses jedoch
zu einer Herausforderung werden. Als
besonders problematisch erweist sich
zudem die zunehmende Bereitschaft
ausgebildeter Ärzte, ins Ausland zu
gehen. Deutschlandweit betragen die
jährlichen Nettowanderungsverluste bei
Ärzten über 1.000 Personen.
gehen wird, ist gleichzeitig mit einem
stetigen Wachstum von medizinischen
Versorgungszentren, das heißt großen
Gemeinschaftspraxen, zu rechnen. Dies
gilt insbesondere in den Gemeinden der
beiden Landkreise des IHK-Bezirks.
Zahl der Einzelpraxen wird sinken,
Zahl der Versorgungszentren steigen
Eine Reaktion darauf werden organisatorische Veränderungen sein. Während die
Anzahl der Einzelpraxen im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main in Zukunft zurück-
Anzahl der Ärzte und Zahnärzte im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Stadt Frankfurt
am Main
Zahl der niedergelassenen Ärzte
Zahl der niedergelassenen Zahnärzte
Hochtaunuskreis
Main-TaunusKreis
Insgesamt
1.454
473
254
2.181
593
197
184
974
Stand: 22.11.2010
Quellen: Landesärztekammer Hessen, Landeszahnärztekammer Hessen
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 29
Foto: Fotolia.com/ISO K° – photography
Trend zur personalisierten Medizin
zwingt zum Umdenken
Unternehmen Arzt
Die vielfältigen Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen haben
in der Vergangenheit zu einem Anstieg
des Verwaltungsaufwandes in den Arztund Zahnarztpraxen geführt. Der weiter
steigende Kostendruck, aber auch der
zunehmende Wettbewerb der Ärzte um
Patienten wird betriebswirtschaftliche Fragestellungen in den Arztpraxen
stärker in den Vordergrund rücken. Dazu
gehören etwa Themenfelder wie Rationalisierung, Outsourcing und Maßnahmen zur Patientenbindung.
Foto: Fotolia.com/RB-Pictures
Der Trend zur personalisierten Medizin
wird auch die ärztliche Praxis entscheidend verändern. Biotechnische
Methoden zur Früherkennung von
Erkrankungen und Krankheitsrisiken, die
Gesundheitsprävention und eine individuelle medizinische Beratung werden
stärker in den Mittelpunkt ärztlicher
Tätigkeiten rücken.
30 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
3. Pflegeeinrichtungen
Hauptwachstumsmarkt Pflege und
Betreuung
Anzahl der Pflegeeinrichtungen im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Stadt Frankfurt am Main
Hochtaunuskreis
Main-Taunus-Kreis
Insgesamt
Anzahl ambulanter
Pflegeeinrichtungen
142
26
25
193
Anzahl stationärer
Pflegeeinrichtungen
47
27
14
88
Stand: 15.12.2009
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt
Die alternde Gesellschaft wird in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten zu
einem drastischen Anstieg der Pflegebedürftigen im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main führen. Während heute das
Pflegerisiko in der Altersgruppe der
65- bis 70-Jährigen weniger als drei
Prozent beträgt, liegt es bei den 85- bis
90-Jährigen schon bei 40 Prozent und
bei den über 90-Jährigen sogar bei über
60 Prozent.
Prozent
Pflegerisiko, in Prozent der Bevölkerung
70
60
50
40
30
20
10
0
unter 15
15—60
60—65
65—70
70—75
75—80
80—85
85—90
90—95
Alter
Quelle: Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 31
Foto: Fotolia.com/Peter Atkins
Hoher Fachkräftebedarf beim Pflegepersonal
Bereits gegenwärtig besteht auf dem
Arbeitsmarkt ein erheblicher Mangel an
Pflegepersonal. Angesichts der demografischen Entwicklung wird sich dieser in
den nächsten Jahren deutlich verschärfen. Die langfristige Bewältigung des Arbeitskräftemangels ist derzeit die größte
Herausforderung im Pflegebereich.
Nachfrage nach stationärer oder
ambulanter Versorgung steigt trotz
sinkenden Pflegerisikos im Alter
Der medizintechnische Fortschritt sowie
ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein
führen dazu, dass sich auch in absehbarer Zukunft der Gesundheitszustand
alter Menschen weiter verbessern wird.
Das Pflegerisiko je Alterskohorte wird im
Seniorenalter zurückgehen. Die Nachfrage nach stationärer und ambulanter
Versorgung wird jedoch zunehmen,
und zwar nicht nur, weil die Zahl der
alten Menschen insgesamt steigt und
die Lebenserwartung stetig zunimmt.
Auch der Rückgang der Kinderzahl und
der Anstieg der Singlehaushalte in der
Vergangenheit werden dazu führen, dass
der Anteil der Pflegebedürftigen sinkt,
die zu Hause von Familienangehörigen
versorgt werden (können).
Markt für ambulante Versorgung wird
stärker wachsen als der für stationäre
Versorgung
Die sozioökonomischen Veränderungen,
in deren Folge sich die traditionellen
Familienzusammenhänge zunehmend
auflösen, begünstigen zunächst den
Markt für die stationäre Versorgung.
Dennoch ist davon auszugehen, dass
in Zukunft im IHK-Bezirk Frankfurt am
Main die ambulante Versorgung noch
stärker wachsen wird als die stationäre. Die ambulante Versorgung kommt
stärker dem Bedürfnis (zukünftig) älterer
Menschen entgegen, möglichst lange so
selbstständig wie möglich leben zu können. Diese Tendenz begünstigt auch das
Wachstum angrenzender Bereiche wie
„altersgerechtes Wohnen“, „Telemedizin“
oder „häusliche Sicherheit“.
Demenz als besondere Herausforderung – und als wirtschaftliche Chance
für Pflegeunternehmen
Bis zum Jahr 2050 werden nach Prognosen des Behrend-Instituts voraussichtlich über 30.000 Menschen im IHKBezirk Frankfurt am Main demenzkrank
und auf Hilfe angewiesen sein.5 Daraus
ergeben sich für die Pflegeeinrichtungen besondere Herausforderungen. Es
ist davon auszugehen, dass es zu einer
zunehmenden Spezialisierung der Pflegeeinrichtungen kommen wird und dabei
die Betreuung demenzkranker Menschen
eine besonders hohe Bedeutung einnehmen wird.
5
32 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Zur zukünftigen Entwicklung der Demenzerkrankungen in
Deutschland vgl. Berlin-Institut (Hrsg.): Demenz-Report, Berlin
2011. Die Regionalisierung der Projektion für das Bundesgebiet
erfolgte – unter Berücksichtigung der zu erwartenden Bevölkerungs- und Altersstrukturentwicklung im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main – durch das Behrend-Institut.
Foto: Fotolia.com/Alexander Raths
Wertewandel erhöht qualitative Anforderungen an die Pflege
Der gesellschaftliche Wertewandel,
die wachsende Individualisierung und
das gestiegene Selbstbewusstsein alter
Menschen verändern die qualitativen
Anforderungen an die Pflege. So haben
sich zum Beispiel die Ansprüche der
Nachkriegsgeneration gegenüber der
Entbehrungen gewohnten Vorkriegsund Kriegsgeneration deutlich erhöht.
Die Schaffung individueller Freiräume der Pflegebedürftigen, attraktive
Freizeitangebote und der Vorrang von
Einzelbelegungen zum Beispiel werden
in Zukunft in den Pflegeheimen eine
stärkere Rolle als bisher spielen.
Kulturelle Vielfalt auch in den Pflegeheimen
In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl
der Menschen mit Migrationshintergrund und damit die kulturelle Vielfalt
innerhalb des IHK-Bezirks Frankfurt am
Main gestiegen. Diese Entwicklung wird
sich zunehmend auch auf die Zusammensetzung der Pflegebedürftigen in
den Heimen auswirken. Dies erfordert
neben der Toleranz der Pflegebedürftigen untereinander auch besondere
Anforderungen an das Pflegepersonal,
z. B. in Bezug auf Sprachkompetenzen,
kulturelles Verständnis und Zubereitung
der Speisen. Es ist davon auszugehen,
dass es zu einer zunehmenden Spezialisierung des Heimangebotes in Bezug auf
Nationalität und/oder Religionszugehörigkeit kommen wird.
lung zunehmend in den Ortsmittelpunkt.
Beispielhaft für die Region ist die jüngste Entwicklung des neuen Marktplatzes
in Kelkheim. Hier sind Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Anbindung
an das öffentliche Verkehrsnetz, soziale
Netzbildung, aber auch Nähe zur alten
Umgebung für die Bewohner des dortigen Seniorenheims gewährleistet.
Pflegeeinrichtungen gewinnen als Teil
der Stadtentwicklung an Bedeutung
Auch die Anforderungen an den sozialen
Raum haben sich verändert. Während
früher Pflege- und Betreuungseinrichtungen in den städtischen Randbereichen angesiedelt wurden, rücken sie im
Rahmen einer gezielten Stadtentwick-
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 33
4. Pharmaindustrie
Pharmaindustrie prägt den regionalen
Gesundheitsstandort
Die hohe Dichte an medizinischen/pharmazeutischen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Region ist
vor allem auch darauf zurückzuführen,
dass eine Vielzahl der Global Players
der Pharmaindustrie hier einen Unternehmensstandort haben: Lilly in Bad
Homburg, Merz in Frankfurt am Main
und Sandoz sowie Sanofi-Aventis im
Frankfurter Industriepark Höchst. Größter pharmazeutischer Arbeitgeber in der
Region ist Sanofi-Aventis mit rund 8.000
Beschäftigten. Daneben gibt es aber
auch eine Reihe von mittelständischen
Pharmaunternehmen im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main, zum Beispiel Meda
Pharma, Hennig Arzneimittel, Taurus
Pharma oder Hemopharm. Die Pharmaindustrie gehört nach dem Finanzsektor
zu den führenden Leitbranchen der
Region. Sie prägt nicht nur maßgeblich
die Forschung und Entwicklung in der
Region, sondern ist auch eng mit weiten
Teilen der regionalen Chemieindustrie
sowie mit anderen Wirtschaftszweigen
wie Unternehmensberatungsgesellschaften oder der Logistikwirtschaft verflochten. Die Pharmaindustrie ist prägend
für das gesamte Gesundheitscluster
der Region. Daher wird die Zukunft des
Gesundheitsstandortes FrankfurtRheinMain entscheidend von der Entwicklung
der Pharmaindustrie abhängen. Wichtige
Impulse für den Pharmastandort würden
vom geplanten House of Pharma ausgehen, durch das die Bedeutung Frankfurts
als Zentrum der Arzneimittelforschung
wesentlich gestärkt werden könnte.
Viele der im IHK-Bezirk Frankfurt am
Main ansässigen Unternehmen sind
bereits heute in starkem Maße auf
Produkte ausgerichtet, die im Zuge der
demografischen Entwicklung zu den
„Gewinnern“ zählen werden. So gehört
zum Beispiel Merz zu den führenden
Pharmaunternehmen bei der medikamentösen Behandlung von Alzheimer.
Die gesamte Diabetesmedikamente-
Produktion von Sanofi-Aventis erfolgt
bislang am Standort Frankfurt-Höchst
und Lilly gehört zu den Weltmarktführern unter anderem bei Medikamenten
gegen Osteoporose. In den Bereichen
nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC) und Generika6 sind die
Unternehmen am Standort ebenfalls gut
vertreten; ob Merz, tetesept oder Medikamente von Hennig und Hemopharm,
um nur einige Beispiele zu nennen.
Der Trend zur zunehmenden Integration medizintechnischer Produkte in das
Angebotsprogramm von pharmazeutischen Unternehmen wird auch von den
hier ansässigen Unternehmen aufgenommen – und zwar nicht nur von den
großen, global agierenden Unternehmen.
So hat beispielsweise Meda Pharma
neben einer Reihe verschreibungspflichtiger und nicht verschreibungspflichtiger
Medikamente auch einen Pulverinhalator im Produktsortiment.
6
34 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Generika (auch Zweitanmelderpräparate genannt) sind Fertigarzneimittel, die nach Ablauf des Patentschutzes (in der Regel
20 Jahre) für ein Originalpräparat (auch Erstanmelderpräparat
genannt) mit dem internationalen Freinamen oder unter einem
neuen Handelsnamen auf den Markt gebracht werden.
Foto: Fotolia.com/Schlierner
Doch es bestehen auch Risiken für die
Zukunft. So laufen bestehende Patente
für Blockbuster aus der Region in den
nächsten Jahren aus. Der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen und damit
auch die Beschäftigungssicherheit am
Standort wird dann verstärkt davon
abhängen, inwieweit neue Produkte am
Markt durchgesetzt werden können.
Dabei ist der Prozess zur Entwicklung
und Etablierung neuer Produkte in der
Pharmaindustrie kostenintensiv und
langwierig. So dauert die Erforschung
und Entwicklung neuer Medikamente
im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre und kostet durchschnittlich über
600 Millionen Euro.7 Der Verkauf der
Pharma-Sparte des Altana-Konzerns an
das dänische Unternehmen Nycomed
hat verdeutlicht, welche betriebswirtschaftlichen Konsequenzen sich ergeben
können, wenn Patente auslaufen, ohne
dass entsprechende (patentgeschützte)
Nachfolgeprodukte vorhanden sind.8
7
8
Zudem stellt die nachlassende Akzeptanz
der Pharmaindustrie in Teilen der Politik
und Öffentlichkeit ein wachsendes Risiko
dar. Ihre wichtige Rolle als Treiber von
Innovationen im Gesundheitssektor und
als Arbeitgeber für eine Vielzahl von
Menschen wird oftmals nicht ausreichend wahrgenommen. Dies kann langfristig ein erhebliches Risiko nicht nur
für den Pharmastandort, sondern für den
gesamten Wirtschaftsstandort Frankfurt
am Main bergen.
Jahr 2009 allein durch Zwangsrabatte
bei den Pharmaproduzenten insgesamt 935 Millionen Euro eingespart.
Im generikafähigen Segment haben
rabattvertragsgeregelte Medikamente
inzwischen einen Anteil von 59 Prozent.
Der Marktanteil von Importen hat stark
zugenommen. Im sogenannten Markt
der gesetzlichen Krankenversicherung
betrug der Marktanteil im Jahr 2009 13
Prozent. Das entspricht gegenüber dem
Vorjahr einer Steigerung um 26 Prozent.
Schwieriges Marktumfeld im Inland
belastet Pharmaunternehmen im IHKBezirk
Der deutsche Markt wird aus den
genannten Gründen im internationalen
Vergleich als Absatzmarkt für pharmazeutische Produkte an Bedeutung
verlieren. Für die Hersteller von Generika
dürften sich zudem fallende Preise negativ auswirken. Überdurchschnittliche
Zuwächse sind langfristig auf dem Markt
nicht verschreibungspflichtiger Medikamente zu erwarten (OTC).
Im Jahr 2009 betrug das Umsatzvolumen der Pharmaindustrie in Deutschland
29,3 Milliarden Euro. In den letzten
Jahren hat sich das Umsatzwachstum
jedoch deutlich abgeschwächt. Insgesamt ist das Marktumfeld aufgrund der
Kostendämpfungsmaßnahmen für die
Pharmaindustrie schwierig. So haben die
gesetzlichen Krankenversicherungen im
Die Ausgestaltung von ArzneimittelFestbeträgen, Richtgrößen für Arznei-
Vgl. Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Hrsg.): APO-Fokus, Nr.
5, Jahrgang 2004, S. 12.
2009 lief das Patent für den Hauptumsatzträger der ehemaligen
Pharma-Sparte des Altana-Konzerns, das Medikament Pantoprazol, aus.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 35
Exportorientierte Pharmaindustrie im
IHK-Bezirk profitiert vom weltweiten
Wachstum
Angesichts der demografischen Entwicklung und des steigenden wirtschaftlichen Wohlstands speziell in
den sogenannten Schwellenländern,
der nicht nur die Erhöhung des medizinischen Versorgungsgrades ermöglicht, sondern auch zu einer Zunahme
ernährungsbedingter Krankheiten (z. B.
Diabetes, Osteoporose) führt, zählt der
Welt-Pharmamarkt zu den am stärksten
wachsenden. In den letzten zehn Jahren
stieg der weltweite Pharmaumsatz jähr-
lich um rund drei Prozent stärker als das
nominale Welt-Bruttoinlandsprodukt. Im
Jahr 2009 belief sich der Gesamtumsatz
auf 770 Milliarden US-Dollar.
Pharmaumsatz weltweit in Milliarden US-Dollar
770
800
640
700
Milliarden US-Dollar
und Verbandsmittel, Nutzenbewertungen
von Arzneimitteln sowie die Festsetzung
von Zwangsrabatten sind Ergebnisse von
„Gesundheitsreformen“ zur Gewährleistung der Aufrechterhaltung des Systems
der Gesetzlichen Krankenversicherung
vor dem Hintergrund der bestehenden
und sich verschärfenden Finanzierungsprobleme. Sie stellen grundsätzlich
jedoch auch ein Hemmnis für Innovationen und Investitionen am Standort dar,
weil die Ungewissheit wächst, inwieweit
auch grundsätzlich erfolgreiche Produktinnovationen in der Pharmaindustrie
langfristig über den Markt finanziert
werden können.
600
495
500
380
400
300
200
100
0
36 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
2000
2003
2006
2009
Jahr
Quellen: Deutsche Bank Research, IMS Health
Nordamerika ist der größte Pharmamarkt
der Welt – 42,7 Prozent des weltweiten
Umsatzes werden hier erzielt – gefolgt von der Europäischen Union (29,9
Prozent). In der übrigen Welt wird somit
weniger als ein Drittel des Umsatzes
erzielt.
Weltpharmamarkt nach Regionen
-UmsatzanteileLateinamerika: 6,0 %
Asien, Afrika,
Australien:
21,4 %
Nordamerika:
42,7 %
Europäische
Union: 29,9 %
Quelle: Deutsche Bank Research, 2008
Doch während das Umsatzwachstum in
den Vereinigten Staaten und in Deutschland nur durchschnittlich ist, sind in
China und Indien zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen. Auch die Märkte in
Brasilien, Mexiko und Südkorea wachsen
überproportional. Von dieser Entwicklung profitiert die sehr international aufgestellte Pharmaindustrie im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main. Der weitaus größte
Teil der hier produzierten Pharmazeutika
geht bereits heute ins Ausland, so etwa
96 Prozent der Insulin-Produktion von
Sanofi-Aventis.
Umsatz auf dem Weltpharmamarkt
wird sich bis zum Jahr 2025 verdoppeln
Die Alterung der Gesellschaft wird zu
einer verstärkten Nachfrage nach Medikamenten führen, die gegen gehäuft im
Alter (ab 65 Jahren) auftretende Krankheiten eingesetzt werden, insbesondere:
Arthrose, Angina Pectoris, chronische
Bronchitis, Diabetes, Demenz, Depression
und Osteoporose.
Außerdem werden Medikamente, die das
Wohlbefinden erhöhen – sogenannte
Convenience-Drugs – in einer alternden
Gesellschaft verstärkt nachgefragt werden. Sie können dabei älteren Menschen
helfen, den Prozess des Alterns zu erleichtern und eine höhere Lebensqualität
zu erreichen. Parallel zum wachsenden
Markt für Convenience Drugs wird auch
das Marktvolumen für Nahrungsergänzungsmittel steigen. Alte Menschen, die
häufig einen zu geringen Nährstoffgehalt bei der Nahrungsaufnahme erreichen, können in besonderem Maße von
gesundheitsunterstützenden Nahrungsergänzungsmitteln profitieren.
Hinzu kommt ein weiterhin überdurchschnittliches Wachstum der
Pharmamärkte in den Schwellenländern,
nicht nur aufgrund der wachsenden
Bevölkerungszahl, sondern insbesondere
aufgrund des zunehmenden materiellen Wohlstands. Insgesamt ist bis zum
Jahr 2025 mit einer Verdoppelung des
Umsatzes auf dem Weltpharmamarkt zu
rechnen.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 37
Foto: Fotolia.com/Franz Pfluegl
Afrika wird für die Pharmaindustrie an
Bedeutung gewinnen
Das stärkste Bevölkerungswachstum
bis zum Jahr 2050 wird in Afrika zu
verzeichnen sein. Zudem ist auf diesem
Kontinent das Gesundheitswesen am
wenigsten entwickelt. Die Pharmaindustrie wird sich in den nächsten Jahrzehnten daher nicht nur aus humanitären
Gründen diesem Markt zunehmend
öffnen. Dabei werden im Rahmen einer
nachhaltigen Entwicklungsstrategie für
Afrika von der Pharmaindustrie zunehmend Preismodelle am Markt etabliert, in
denen je nach Kaufkraft der Bevölkerung
die Medikamente zu unterschiedlichen
Preisen abgegeben werden.
Marktzugangsbeschränkungen in
anderen Ländern können regionale
Standorte gefährden
Es ist davon auszugehen, dass die Marktzugangsbeschränkungen in den Schwellenländern wachsen werden. Marktzutritt
werden vorrangig jene Pharmaunterneh-
men erhalten, die auch in den jeweiligen
Ländern produzieren. Die Verlagerung
der Produktion in diese wachsenden
Absatzmärkte wird zunehmend zur
Grundvoraussetzung für die Partizipation
am weltwirtschaftlichen Wachstum. Diese Entwicklung könnte sich negativ auf
die Produktionsstandorte im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main auswirken. Generell
wird sich das Produktionswachstum
primär im Ausland vollziehen.
Der Trend zur personalisierten Medizin
verändert die Pharmalandschaft
Technologische Innovationen wie die
Entschlüsselung des menschlichen Genoms und Verhaltensänderungen hin zu
einer stärkeren Individualisierung werden
die Pharmaindustrie vor neue Herausforderungen stellen. Die wachsende
Bedeutung der personalisierten Medizin
wird dazu führen, dass weniger sogenannte Blockbuster am Medizinmarkt
etabliert werden können. Tendenziell
wird die durchschnittliche Losgröße in
der Medikamentenproduktion sinken.
38 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Der demografische Wandel führt zu
einer Verknappung an Fachkräften
Ein allgemeiner Fachkräftemangel wird
in den im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
ansässigen Unternehmen der Pharmaindustrie nicht gesehen. Neben der
leistungsfähigen Hochschullandschaft
ist hierfür auch der verstärkte Trend zur
Bildung internationaler Teams in global
ausgerichteten Unternehmen verantwortlich. Ein Mangel besteht jedoch
derzeit in bestimmten Fachdisziplinen,
wie etwa der Bioinformatik. Außerdem fehlen berufserfahrene Kräfte, die
sowohl über kaufmännisches wie auch
technisches Know-how verfügen. In den
nächsten Jahrzehnten wird sich speziell
für die mittelständischen Betriebe der
Pharmaindustrie das Arbeitskräfteangebot spürbar verknappen.
5. Die „Rote Biotechnologie“
Biotechnologie – was ist das?
Unter „Biotechnologie“ ist eine interdisziplinäre Wissenschaft zu verstehen,
die sich mit der Nutzung von Enzymen, Zellen und ganzen Organismen in
technischen Anwendungen beschäftigt.
Wissenschaftliche Teildisziplinen sind
insbesondere die Biochemie, Bioinformatik, Genetik, Ingenieurwissenschaften
(Bioverfahrenstechnik), Mikrobiologie
und Molekularbiologie. Grundlegende
biotechnische Anwendungen sind nicht
neu, sondern werden vom Menschen
bereits seit Jahrtausenden angewendet,
so z. B. die Herstellung von Wein und
Bier mit Hefen und die Verarbeitung von
Milch zu verschiedenen Lebensmitteln
mithilfe bestimmter Mikroorganismen
oder Enzyme.
Biotechnische Verfahren finden in den
unterschiedlichsten Bereichen Anwendung. Der wirtschaftlich bedeutsamste
Teilbereich ist die sogenannte „Rote
Biotechnologie“, die medizinische
Anwendungsfelder umfasst. Sie macht
etwa 80 Prozent aller Beschäftigten und
Unternehmen aus.
Frankfurt am Main – einer der führenden Biotechstandorte in Deutschland
Die Unternehmens- und Forschungslandschaft begünstigt die Ansiedlung
von Biotechnologieunternehmen. Im
Jahr 2009 wurden 38 dedizierte9 und 17
sonstige biotechnologisch aktive Unternehmen in der Region gezählt. Der weitaus größte Teil gehört zur sogenannten
„Roten Biotechnologie“, die medizinische
Anwendungsfelder umfasst (Quelle:
www.biotechnologie.de). Die Zahl der
Unternehmen mag auf den ersten Blick
sehr niedrig erscheinen, es muss jedoch
berücksichtigt werden, dass die Branche
noch sehr jung ist und weiter wächst.
Mit der Initiative Frankfurt Bio Tech
Alliance hat sich zudem inzwischen
ein starkes Netzwerk der Biotechnologiebranche entwickelt.
9
Der Frankfurter Riedberg bildet einen
räumlichen Schwerpunkt der Branche
in der Region. Hier leitet Prof. Hartmut
Michel ein Nobelpreisträger das MaxPlanck-Institut für Biophysik. Ebenfalls
am Riedberg angesiedelt ist das Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie (FIZ), das 2002 gegründet wurde und
rund 15.000 qm Büro- und Laborfläche
umfasst. Das FIZ soll Firmengründern
wie etablierten Unternehmen im Bereich
Life-Science eine maßgeschneiderte
Infrastruktur bieten. Ein Unternehmen
der „Roten Biotechnologie“, das sich hier
angesiedelt hat, ist beispielsweise die
bio.logis GmbH, die humangenetische
Diagnostik und genetische Beratung anbietet. Sicherlich bildet der Frankfurter
Riedberg eines der Zentren der Biotechnologiebranche in der Metropolregion
FrankfurtRheinMain. Dass die Branche
und die Geschäftsführer zumeist jung
sind, zeigt sich aber auch daran, dass
das eine oder andere Technologieunternehmen einen etwas ungewöhnlicheren
Standort sucht. So befindet sich das
gendiagnostische Biotechunternehmen
Darin sind ausschließlich in der Biotechnologie tätige Unternehmen erfasst.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 39
humatrix AG, das unter anderem Verwandtschaftstests anbietet, oberhalb des
Frankfurter Szene-Clubs Cocoon und in
direkter Nachbarschaft zu DJ Sven Väth.
Geringe Beschäftigtenzahl – hohe
Innovationskraft
Die unten stehenden Daten verdeutlichen: Gemessen am Gesamtumsatz und
an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland ist die Biotechnologie noch eine
sehr kleine Branche, sofern man überhaupt von einer eigenständigen Branche
sprechen möchte. Sie gehört jedoch zu
den Innovationstreibern – insbesondere
für die Pharma- und Chemieindustrie. Im
Kernsegment der Biotechnologie werden
drei Viertel des Umsatzes für Forschung
und Entwicklung ausgegeben.
Wirtschaftliche Bedeutung der Biotechnologie in Deutschland
386
387
Veränderung
2008/2009
< 1 Prozent
501
531
6 Prozent
9.794
9.861
1 Prozent
14.450
14.500
< 1 Prozent
960
960
0 Prozent
2.191
2.200
< 1 Prozent
794
746
–6 Prozent
1.061
1.000
–6 Prozent
2008
Anzahl Unternehmen
Anzahl Beschäftigte
Umsatz in Mio. Euro
F&E-Ausgaben (in Mio. Euro)
F&E–Ausgaben (in Mio. Euro)
Kernsegment
erweitertes
Segment
Kernsegment
erweitertes
Segment
Kernsegment
erweitertes
Segment
Kernsegment
erweitertes
Segment
Quelle: Ernst & Young, Biotechnologie-Report 2010., S. 6
Kernsegment: ohne Tochterunternehmen ausländischer Firmen
Erweitertes Segment: dedizierte Biotechunternehmen nach OECD, inklusive Tochterunternehmen
40 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
2009
Foto: Fotolia.com/rgbspace
Pharmaindustrie hat Zukunftsfeld
„Biotechnologie“ entdeckt
Die Pharmaindustrie hat das Zukunftsfeld „Biotechnologie“ längst entdeckt.
So erhoffen sich die großen Pharmakonzerne insbesondere von der Erforschung
und Entwicklung neuer Biomarker überdurchschnittliche Wachstumspotenziale.
Unter Biomarkern sind charakteristische
biologische Merkmale zu verstehen,
die objektiv gemessen werden und
auf einen normalen biologischen oder
krankhaften Prozess im Körper hinweisen können.
Maßgebliche Innovationen bei der Entwicklung neuer Medikamente werden
sich primär unter Verwendung biotechnischer Verfahren ergeben. Noch ist
eine Vielzahl der kleinen, in der Regel
eigentümergeführten Biotechunternehmen von der Gewinnschwelle entfernt.
Mit steigendem wirtschaftlichem Erfolg
werden aber die Übernahmen durch die
großen Pharmakonzerne zunehmen, was
zu einer wachsenden wirtschaftlichen
Konzentration in der „Roten Biotechnologie“ führen wird. Darüber hinaus
werden externe Kooperationen zwischen „großen“ Pharmaunternehmen,
„kleinen“ Biotechnologieunternehmen
sowie den Forschungs- und Hochschuleinrichtungen an Bedeutung gewinnen.
Die Fähigkeit zur Kooperation z. B. von
Unternehmen und Hochschulen wird
zunehmend zum wichtigen Treiber von
Innovationen, Wachstum und Beschäftigung in den Regionen. Eine wichtige
Rolle beim Wissenstransfer könnte hier
das geplante House of Pharma einnehmen.
Zulassungs- und Erstattungspraxis als
Wachstumshemmnis
Die heutige Zulassungs- und Erstattungspraxis des gesetzlichen Gesundheitswesens in Deutschland stellt ein
wesentliches Hemmnis für die Entwicklung von regenerativen Therapieverfahren dar. Deutschland ist beispielsweise
im Bereich ACT (autologe Chondrozytentransplantation – Knorpelersatz
aus dem Reagenzglas) führend, doch
der Einsatz wird, anders als in anderen
Ländern, vielfach nicht erstattet. Ein
Grund ist das Fehlen klinischer Studien,
die wegen des hohen Individualisierungsgrades der Anwendung oftmals gar
nicht möglich sind.
Wachsender Konkurrenzdruck aus
Asien
Die hohe Wissensintensität der Biotechnologie und die Tatsache, dass zwar
Biosimilars produziert werden, aber
keine Generika wie in der chemischen
Pharmazie möglich sind, bilden im
internationalen Wettbewerb Standortvorteile für regionale Unternehmen der
Biotechnologiebranche. Dennoch ist angesichts der derzeitigen Forschungs- und
Ausbildungsaktivitäten etwa in China
und Indien davon auszugehen, dass in
den nächsten Jahrzehnten der Konkurrenzdruck aus Asien auch im Bereich der
Biotechnologie zunehmen wird.
Wandel in der Pharmaindustrie als
Wachstumstreiber für die Biotechnologie
Im Rahmen des Wandels von Diagnose
und Therapie von Erkrankungen wird
die personalisierte Medizin an Bedeu-
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 41
Foto: Fotolia.com/Gerhard Seybert
tung gewinnen. Die Kostensituation
im Gesundheitswesen und das regulatorische Umfeld stehen einer raschen
Fortentwicklung dieses Zukunftstrends
noch entgegen. Doch der Trend scheint
unumkehrbar: Insgesamt hat die Innovationsfähigkeit der Pharmaindustrie – gemessen z. B. an der Zahl neuer Patente
– nachgelassen, die Entwicklungszeiten
haben sich verlängert und die Ausfallraten sind gestiegen. Immer schwieriger
wird es, Blockbuster am Markt durchzusetzen. Zudem hat die Orientierung der
Kostenerstattung im Gesundheitssektor
am „Zusatznutzen“ zu höheren Anforderungen bei der Zulassung geführt
und zur Nachfrage nach effektiveren
Medikamenten. Gleichzeitig sind mit
der Entschlüsselung des menschlichen
Genoms neue molekulare Diagnostikverfahren entstanden, die für eine sicherere und effizientere Anwendung von
Medikamenten hilfreich sind. Hierdurch
bieten sich neue Geschäftsfelder für
junge biotechnische Unternehmen in der
Region.
Altersspezifisch gehäufte Erkrankungen werden stärker in den Mittelpunkt
der Forschung rücken
Die Onkologie ist bislang der Schwerpunkt von Biotechnologieunternehmen,
wenn es um die Entwicklung neuer
Wirkstoffkandidaten geht. Eine gezielte Ausrichtung auf altersspezifisch
gehäufte Erkrankungen erfolgte bislang
nicht. Im Zuge der gesellschaftlichen
Alterung weltweit wird sich dieser
Prozess mittelfristig verändern. Gerade der Bereich Alzheimer dürfte in
Zukunft sehr viel stärker in den Fokus
von Forschung und Entwicklung rücken.
Marktreife werden aber die Verfahren
– ebenso wie die gegen Arteriosklerose
und Diabetes – voraussichtlich nicht vor
dem Jahr 2020 erlangen. Auch zukünftig
wichtigstes Anwendungsfeld der „Roten
Biotechnologie“ wird die Bekämpfung
von Krebserkrankungen bleiben.
42 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Wachstumsmarkt humangenetische
Diagnostik
Die Pharmakogenetik, mit der es möglich
ist, Vorhersagen über fallspezifische
Wirkungen eines Medikaments zu
treffen, wird in den nächsten Jahren
zunehmend an Bedeutung gewinnen und
neue Entwicklungen werden den Trend
zur personalisierten Medizin beschleunigen.
Wie erwähnt wird die Osteoporose zu
den Erkrankungen zählen, die weltweit
mit am stärksten wachsen werden.
Neben der Alterung der Gesellschaft
werden Verhaltensweisen wie extreme
Diäten, der übermäßige Verzehr bestimmter Nahrungsmittel oder Rauchen die Entwicklung der Osteoporose
begünstigen. Im Zuge der Prävention
und Aufdeckung individueller Risiken bei
diesem Krankheitsbild wird die Bedeutung der humangenetischen Diagnostik
zunehmen.
Foto: Fotolia.com/Nerlich Images
Wachstumsmarkt Regenerationstechnologien
In einer alternden Gesellschaft nehmen
die degenerativen Erkrankungen zu, der
Bedarf an Organersatz steigt bei gleichzeitigem Mangel an geeigneten Organspendern. Die regenerative Medizin gilt
hier als Hoffnungsträger zur Bekämpfung von Volkskrankheiten mit hoher
Todesrate, erheblicher Einschränkung der
Lebensqualität und hohen Kosten für das
Gesundheitssystem.
Langfristiges Ziel der regenerativen
Medizin ist es, komplette Organe
herzustellen, gelähmte Gliedmaßen
zu reaktivieren und körperliche wie
genetische Ursachen für Erkrankungen
zu beseitigen. Dazu sind zwei Ansätze zu
unterscheiden:
• Aktivierung des körpereigenen Regenerationspotenzials
• Herstellung von Geweben und kompletten Organe (Tissueengineering)
Dabei erfolgt eine Integration von
Entwicklungen auf den Gebieten der
Prozesstechnik, Materialwissenschaften
und –technologie, der Nano- und Mikroelektronik, der Computerwissenschaften
sowie der Informationstechnologie.
Die Regenerationstechnologien für die
Medizin befinden sich erst im Anfangsstadium. Die Schwerpunkte der Forschung und Entwicklung liegen außerhalb des IHK-Bezirks Frankfurt am Main.
Die wichtigsten Forschungszentren sind
Berlin, Dresden, Hannover und Leipzig.10
Gründungen (aus der Hochschule heraus) angewiesen. Schon gegenwärtig ist
die Gründungsdynamik in Frankfurt am
Main geringer als in anderen biotechnischen Zentren wie München und Berlin/
Potsdam. Für die Zukunft könnte dies
auch zur Folge haben, dass der Standort Frankfurt am Main im Vergleich zu
anderen Regionen zurückfällt.
Nachlassende Gründungsdynamik aufgrund des demografischen Wandels
Der Rückgang der Bevölkerung im
erwerbsfähigen Alter verringert auch die
Zahl der potenziellen Existenzgründer.
Bei konstanter Gründungsbereitschaft
in den jeweiligen Alterskohorten ist bis
zum Jahr 2050 im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main mit einem Rückgang der Zahl
der Existenzgründungen um 30 Prozent
zu rechnen. Die Biotechbranche ist auf
10 Vgl. Lang-Koetz, C./Spath, D. (Hrsg.): Biotechnologie 2021 –
Chancen und Herausforderungen, Stuttgart 2007.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 43
6. Medizintechnik
Medizintechnikstandort Frankfurt am
Main: Weltmarktführer und Mittelstand
Fresenius am Standort Bad Homburg ist
das größte medizintechnische Unternehmen im IHK-Bezirk. In der gesamten
Metropolregion FrankfurtRheinMain
sind in den Unternehmensbereichen des
Fresenius-Konzerns – Fresenius Medical
Care, Fresenius Kabi, Fresenius Helios,
Fresenius Vamed, Fresenius Biotech –
rund 3.700 Menschen beschäftigt. Das
Unternehmen ist längst nicht mehr
nur ein Medizintechnikunternehmen,
sondern hat sich zu einem Gesundheitskonzern entwickelt, in dem medizintechnische Dienstleistungen einen Umsatzschwerpunkt bilden. Fresenius Medical
Care gehört zu den Weltmarktführern in
der Dialyse.
Die Medizintechnikbranche im IHKBezirk Frankfurt am Main ist jedoch
sehr stark mittelständisch geprägt. 73,2
Prozent der Unternehmen der Medizintechnikbranche haben weniger als 20
Beschäftigte, 12,5 Prozent zwischen
20 und 49 Beschäftigte. So sind kleine,
hoch spezialisierte Unternehmen wie
die Micro-Medical Instrumente GmbH
in Königstein oder die Hedent GmbH in
Oberursel typisch für die Medizintechnik in der Region. Typisch ist auch die
insgesamt starke Exportorientierung der
hier ansässigen Unternehmen.
Umsatzanteile im Markt für
Medizintechnik, 2008
Andere:
38 %
USA: 42 %
Hohe Bedeutung der deutschen Medizintechnik auf dem Weltmarkt
Das Umsatzvolumen in der Medizintechnik beträgt weltweit rund 200 Milliarden
Euro – Tendenz weiter steigend. Über
40 Prozent davon entfallen auf den
US-amerikanischen Markt. Gemeinsam
mit Japan gehört Deutschland zu den
weiteren führenden Nationen in der
Medizintechnik (Marktanteil jeweils 10
Prozent). Die deutschen Unternehmen
profitieren von einem hohen Anteil
innovativer Erzeugnisse und einer
attraktiven Produktpalette. Heimische
Hersteller sind vor allem führend im
Segment der bildgebenden Systeme wie
Röntgenapparate, Computertomografen
und Ultraschallgeräte.
44 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Deutschland: 10 %
Japan: 10 %
Quelle: Deutsche Bank Research
Die Zukunftsfähigkeit der deutschen
Medizintechnik wird entscheidend davon
abhängen, inwieweit der Innovationsvorsprung bei deutschen Produkten dauerhaft aufrechterhalten werden kann.
Die Exportschwerpunkte werden sich
verlagern
Der größte Teil der deutschen medizintechnischen Exporte geht ins
EU-Ausland (40 Prozent), gefolgt von
den USA (25 Prozent) und asiatischen
Staaten (10 Prozent). Da der Weltmarkt
deutlich stärker wachsen wird als der
Inlandsmarkt wird die Ausfuhr für die
Unternehmen aus der Region weiter
an Bedeutung gewinnen. Besonders in
Schwellenländern ist ein überproportionales Wachstum zu erwarten. Großer
Nachholbedarf besteht nach wie vor
auch in Osteuropa.
am wachsenden Markt zu partizipieren,
werden verstärkt branchenfremde Unternehmen, z. B. aus dem Maschinenbau
und der Elektrotechnik, ihr Know-how
zur Entwicklung und Herstellung medizintechnischer Produkte nutzen. Hier ergeben sich auch Wachstumschancen für
in der Region ansässige Unternehmen.
Auslandsproduktion von preissensiblen
Produkten wird zunehmen
Krankenhäuser bleiben wichtigster
Abnehmer der Medizintechnik
Auch wenn im Bereich der Medizintechnik die Konkurrenz aus Niedriglohnländern noch kein wesentliches Thema ist,
so wird sich der Trend zur Verlagerung
der Herstellung preissensibler Produkte
ohne besonderes Know-how ins Ausland
weiter fortsetzen.
Über ein Drittel der Inlandsnachfrage
nach medizintechnischen Produkten
erfolgt von Krankenhäusern. Für die
Zukunft ist aber aufgrund von weiteren
Schließungen und Fusionen von Krankenhäusern mit einem Rückgang zu
rechnen. Dennoch werden auf absehbare
Zeit die Kliniken der größte Abnehmerbereich auf dem Inlandsmarkt bleiben.
Aufgrund des zunehmenden Trends
zu ambulanten Operationen wird die
Bedeutung der Arztpraxen wachsen.
Zudem profitiert der Fachhandel vom
steigenden Gesundheitsbewusstsein und
der demografischen Entwicklung.
Branchenfremde Unternehmen werden
sich zunehmend im Wachstumsmarkt
Medizintechnik engagieren
Angesichts der weltweiten demografischen Entwicklung und des medizintechnischen Fortschritts gehört die
Medizintechnik zu den Branchen mit
dem größten Wachstumspotenzial. Um
Anteile an der Inlandsnachfrage
nach Medizintechnik, 2008
Andere:
14 %
Arztpraxen:
12 %
Zahnarztpraxen: 20 %
Krankenhäuser:
34 %
Fachhandel:
20 %
Quelle: Deutsche Bank Research
Wachsende Nachfrage nach medizintechnischen Geräten zur Kompensation von altersbedingten Einschränkungen
Hörgeräteakustik
Obwohl sich der Gesundheitszustand
älterer Menschen in den letzten Jahren
und Jahrzehnten stetig verbessert hat
und die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen ist, ist das Einstiegsalter
für Hörbehinderungen weitgehend
konstant geblieben. Im Durchschnitt
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 45
Foto: Fotolia.com/Sven_Vietense
beginnt eine Hörbehinderung bei älteren
Menschen mit 55 Jahren. Höreinbußen stellen die häufigste sensorische
Einschränkung im Alter dar. Obwohl
eine Hörbehinderung im Alter somit eine
Selbstverständlichkeit ist, bestehen bei
älteren Menschen starke Vorbehalte:
zum einen in Bezug auf kosmetische
Aspekte, zum anderen in Bezug auf die
Sprachverarbeitungsqualität.
Innovations- und Wachstumsbereiche
ergeben sich für die Gesundheitswirtschaft insbesondere in Bezug auf die
• Entwicklung neuartiger Herstellungsverfahren, die eine individuelle
Anpassung an den Hörgeräteträger
ermöglichen (Mass-Customization),
• Verbindung der Hörgeräte mit anderen Kommunikationssystemen wie
Fernseher, Telefon und Handy,
• Entwicklung intelligenter Hörhilfen,
die zum Beispiel automatisch das
Klingeln eines Mobiltelefons erfassen
und eine Verbindung aufbauen,
• Verbesserung der Sprachverarbeitung
im Hörgerät,
Aussehen und der Komfort im Vordergrund stehen.
• Pflege und Robustheit der Systeme,
Wachsende Nachfrage nach medizintechnischen Produkten zur Gesundheitsvorsorge und Überwachung
• Entwicklung sogenannter bioelektrischer Hörgeräte, die die Wärme des
menschlichen Körpers als Energiequelle nutzen,
• designorientierte Produktentwicklung
von Hörgeräten.
Prothetik
Um körperliche Einbußen im Alter
kompensieren zu können, sind Prothesen vielfach ein geeignetes Mittel. In
Bezug auf Funktionalität, Aussehen und
Komfort beim Einsetzen und Anpassen
besteht zum Teil noch erheblicher Innovationsbedarf. Großes Potenzial für die
Zukunft haben zum Beispiel sogenannte
„Intelligente Prothesen“, die durch eine
mikrochipbasierte Lokalisierungstechnik
ein präzises Einsetzen der Prothese ermöglichen. Wachstumspotenziale bestehen auch bei kosmetischen Prothesen, in
denen nicht Funktionalität, sondern das
46 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Hierzu zählen zum Beispiel:
digitale Blutdruckmessgeräte, Blutzuckermessgeräte, Medication-Management-Systeme, Körperfettmessgeräte,
Sauerstoffgeräte, Inhaliergeräte, Geräte
zur Muskel- und Nervenstimulation,
medizinisch-diagnostische Geräte, Geräte zur Lichttherapie, Heimtrainer.
Verhaltensveränderungen bieten
Wachstumsperspektiven in der kosmetischen Chirurgie
Der starke Zuwachs an älteren Menschen, die weiterhin aktiv und attraktiv
bis ins hohe Alter bleiben möchten, wird
in den nächsten Jahrzehnten erheblich
zunehmen. Dies wird unter anderem der
kosmetischen (plastischen) Chirurgie
starke Zuwächse bescheren. Auch in
der Zahnmedizin bieten sich aufgrund
Foto: Fotolia.com/pressmaster
demografischer Einflussfaktoren Wachstumsperspektiven. Bereits heute haben
insbesondere in der Altersgruppe der 40bis 60-Jährigen kosmetische Aspekte bei
der Zahnbehandlung stark an Bedeutung
gewonnen. Dieser Trend bietet für die
Zukunft bei der Weiterentwicklung von
Zahnersatz/Zahnprothesen Innovationspotenzial und neue Märkte – z. B.
bei einer „altersgerechten“ optischen
Gestaltung des Zahnersatzes. Aufgrund
der weltweit steigenden Nachfrage nach
Gold dürfte das Preisniveau für das Edelmetall hoch bleiben. Auch hier bieten
sich den Unternehmen Zukunftsfelder,
z. B. bei der Fortentwicklung des Einsatzes von Keramik, die nicht nur kostengünstiger, sondern sogar noch verträglicher ist als Gold.
Kostendruck im gesetzlichen Gesundheitssystem bremst Wachstum in der
Dentaltechnik
Lange Zeit gehörte der Markt für
Dentaltechnik in Deutschland zu den
Hauptwachstumsmärkten in der Gesundheitswirtschaft. Die Probleme der
Finanzierung des Gesundheitssystems
und die steigende Eigenbeteiligung der
Patienten wirken sich jedoch zunehmend
wachstumshemmend aus. Durch den
wachsenden Kostendruck in der Zahnmedizin hat sich auch die internationale
Konkurrenzsituation verstärkt: Immer
mehr Laboratorien aus dem Ausland
drängen in den Markt. Inzwischen hat
sich sogar ein regelrechter Zahnbehandlungstourismus etabliert.
Es ist davon auszugehen, dass sich der
Kostendruck auf die Unternehmen der
Dentaltechnik im IHK-Bezirk Frankfurt am Main in Zukunft noch stärker
auswirken wird als heute. Auch ergibt
sich aus der Alterung der Gesellschaft
nicht zwingend eine steigende Nachfrage nach Zahnersatz. In den letzten
Jahrzehnten hat sich die zahnmedizinische Prophylaxe und Mundhygiene in
Deutschland erheblich verbessert – mit
entsprechenden positiven Auswirkungen
auf die Zahngesundheit der Gesamtbevölkerung. Zudem wird aus Gründen
der Kostendämpfung die Reparatur von
Zahnprothesen wieder stärker eine Alternative zur Neuanfertigung werden.
Für Zulieferbetriebe in der Zahnmedizin
dürfte sich das größte Wachstumspotenzial wie auch schon in der Vergangenheit im Ausland ergeben. Im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main ansässige Unternehmen wie zum Beispiel die Hedent GmbH
in Oberursel erzielen bereits heute rund
70 Prozent ihres Umsatzes im Exportgeschäft, vornehmlich durch Ausfuhren
ins EU-Ausland. Aber auch Länder wie
Südkorea oder Japan fragen in hohem
Maße Dentalprodukte „made in Germany“ nach. In Zukunft dürften vor
allem Schwellenländer wie Indien und
Brasilien für heimische Unternehmen
attraktiv werden. In diesen wirtschaftlich und bevölkerungsmäßig überproportional wachsenden Ländern bieten sich
Marktpotenziale, die bei einer entsprechenden strategischen Ausrichtung
erschlossen werden können. Allerdings
werden die hochwertigen, aber auch relativ hochpreisigen heimischen Produkte
und Dienstleistungen wohl nur dort
erfolgreich sein können, wo auch eine
entsprechende kaufkräftige Nachfrage
be- oder entsteht.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 47
7. Telemedizin
Telemedizin – was ist das?
Die Telemedizin ist ein sehr junges Feld
der Gesundheitswirtschaft. Darunter versteht man die Ermöglichung oder Unterstützung medizinischer Dienstleistungen
durch die kombinierte Anwendung von
Telekommunikation und Informatik (Telematik). Hierdurch wird es zum Beispiel
möglich, die medizinische Untersuchung
und Überwachung von Patienten durchzuführen, unabhängig davon, wo sich der
Patient befindet. Die Telemedizin kann
überall dort Anwendung finden, wo bei
dem Bezug jeglicher Gesundheitsdienstleistung (z. B. Diagnose, Überwachung,
Beratung und Behandlung) die räumliche
Distanz zwischen dem medizinischen
Fachpersonal und dem Patienten ein
Problem darstellt. Die Telemedizin lässt
sich in vier Hauptbereiche unterteilen:
• Telekonsultation (Ferndiagnose,
Telekonferenzen zwischen Ärzten,
Einholen von Zweitmeinungen)
• Teleteaching (Fernausbildung und
–weiterbildung von medizinischem
Personal)
• Telementoring (Begleitung einer Endoskopie oder Operation in Echtzeit)
Telemedizin als Instrument zur Kostendämpfung
• Telechirurgie (Fernoperationen oder
medizinische Robotik)
Die zunehmende Ökonomisierung in
Krankenhäusern und Arztpraxen erfordert auch einen verstärkten Einsatz (und
Vereinheitlichung) der IT-Infrastruktur.
Durch die Verbesserung des Informationsflusses ergeben sich erhebliche
Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen. Ein Mittel hierzu ist die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Gleichzeitig entsteht hierdurch auch
zusätzlicher Investitionsbedarf in den
Arztpraxen (z. B. elektronische
Patientenakte, elektronischer Arztbrief).
Demografische Entwicklung stützt
Wachstum der Telemedizin
Vor allem die ländlichen Regionen
werden in Zukunft überdurchschnittlich
an Bevölkerung verlieren. Vor diesem
Hintergrund wird es ökonomisch nicht
mehr vertretbar sein, sämtliche medizinischen Angebote in einzelnen Teilregionen aufrechtzuerhalten. Die Telemedizin
bietet hier eine Lösung, um auch bei
räumlicher Trennung von Patienten und
medizinischem Fachpersonal eine gute
Versorgung zu gewährleisten. Eine Voraussetzung dafür ist, dass auch in den
ländlichen Regionen eine ausreichende
Kommunikationsinfrastruktur (z. B.
High-Speed-Internetanschlüsse) vorhanden ist. Dies ist selbst in den beiden
Landkreisen des IHK-Bezirks Frankfurt
am Main nicht überall der Fall.
48 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
In Frankfurt am Main ermöglicht beispielsweise das OLAP-Health-Projekt von
T-Systems die Überwachung medizinischer Geräte innerhalb eines Krankenhauses per Funk, wodurch die Transparenz bezüglich Standort und Nutzbarkeit
von medizinischen Geräten verbessert
und die Überwachung von Gerätestandorten ermöglicht wird.
Foto: Fotolia.com/Petr Kurgan
Ambient Assisted Living
Neue Möglichkeiten ergeben sich durch
die Telemedizin auch im Bereich der
Pflege. Das Stichwort lautet: „Ambient
Assisted Living“, auch kurz AAL genannt.
Darunter sind Methoden, Konzepte,
Produkte sowie Dienstleistungen zu verstehen, die den Alltag älterer Menschen
situationsabhängig und unaufdringlich
unterstützen. Die verwendeten Techniken sind individualisiert, das heißt auf
den einzelnen Menschen und dessen unmittelbares Lebensumfeld ausgerichtet.
Durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien wird somit ermöglicht, dass ältere
Menschen länger in ihrer gewohnten
Umgebung bleiben können, dies verringert dadurch die Pflegekosten.
Wachsende Akzeptanz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien fördert die Telemedizin
Bereits heute verfügt die Altersgruppe
der 60- bis 70-jährigen Menschen über
relativ gute Kenntnisse moderner Informations- und Kommunikationstechno-
logien. Für die Senioren der Zukunft wird
der Umgang mit PC und Mobiltelefon
eine Selbstverständlichkeit sein. Diese
Entwicklung erleichtert die Durchsetzung der Telemedizin in der Gesundheitswirtschaft.
Deutschland. Für diese I&K-Unternehmen ergeben sich im Gesundheitssektor
ganz neue Marktfelder und Wachstumschancen.
Wirtschaftsstandort Frankfurt am
Main profitiert überdurchschnittlich
von der Entwicklung der Telemedizin
Der Gesundheitsstandort Frankfurt am
Main wird in besonderer Weise vom
Wachstum der Telemedizin profitieren.
Zum einen wird der demografische Wandel die Versorgungsfunktion Frankfurts
für das Umland und darüber hinaus
stärken. Mithilfe der Telemedizin werden
sich somit erweiterte Möglichkeiten zur
medizinischen Leistungserbringung aus
Frankfurt am Main heraus ergeben. Zum
anderen ist Frankfurt am Main einer der
Schwerpunkte der deutschen Informations- und Kommunikationstechnologie.
Die gesamte Region FrankfurtRheinMain bietet das dichteste Netzwerk
von Unternehmen aus den Bereichen
Softwareentwicklung, IT-Beratung,
IT-Services und Systemintegration in
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 49
8. Pharmagroßhandel und Apotheken
Pharmazeutischer Handel – eine unterschätzte Größe
Im IHK-Bezirk Frankfurt am Main hat
unter anderem die ANZAG (Andreae-Noris Zahn AG), eines der größten pharmazeutischen Großhandelsunternehmen in
Deutschland, ihren Hauptsitz. Das Unternehmen ging aus dem Zusammenschluss
der bereits 1841 in der Stadt Frankfurt
am Main gegründeten „J. M. Andreae
Material und Farbwaaren Handlung“
und der „Handelsgesellschaft Noris Zahn
& Cie“, Nürnberg, im Jahr 1923 hervor.
Heute sind deutschlandweit in 24 Niederlassungen mehr als 2.200 Menschen
sozialversicherungspflichtig beschäftigt,
werden Umsätze in Höhe von mehr als 4
Milliarden Euro weltweit generiert.
Der Pharmagroßhandel beliefert nicht
nur die Apotheken mit den benötigten
Medikamenten, sondern er fungiert
durch die Gewährung von Zahlungsfristen auch als Finanzdienstleister für die
Apotheken. Auch durch diese Funktion
hat der Pharmagroßhandel bislang seine
starke Position erhalten können.
Im IHK-Bezirk Frankfurt am Main gibt es
insgesamt 265 IHK-zugehörige Apotheken. Die Apothekendichte liegt mit 4.240
Einwohnern je Apotheke leicht unterhalb
des bundesdeutschen Durchschnitts.
Apothekendichte im internationalen Vergleich,
Einwohner je Apotheke im Jahr 2009
Dänemark
16.800
Schweden
10.700
Niederlande
9.400
Österreich
6.900
Großbritannien
IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Deutschland
3.900
Polen
3.800
4.900
4.240
Italien
3.300
Frankreich
2.700
Spanien
2.100
Belgien
2.000
Griechenland
1.200
0
5.000
10.000
15.000
20.000
Einwohner je Apotheke
Quellen: ABDA, Behrend-Institut
50 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Foto: Fotolia.com/diego cervo
Starkes Umsatzwachstum in der Vergangenheit
In den letzten zehn Jahren stieg der nominale Umsatz im Einzelhandel jährlich
um durchschnittlich 1 Prozent. In den
Apotheken waren es hingegen im Durchschnitt 4,5 Prozent. Gleichzeitig liegt die
Umsatzrendite bei Apotheken derzeit mit
rund 10 Prozent deutlich über dem des
übrigen Einzelhandels (3 Prozent).
Pharmahandel profitiert von alternder
Gesellschaft
Der deutliche Anstieg der Zahl der
Rentner und Pensionäre im Verhältnis
zur erwerbstätigen Bevölkerung wird
sich negativ auf das für Konsumzwecke
verfügbare Einkommen der privaten
Haushalte auswirken. Für den Einzelhandel kommt noch hinzu, dass die
Einkaufsfrequenz mit wachsendem Alter
abnimmt. Grundsätzlich verringert die
Alterung der Gesellschaft somit die
Konsumgüternachfrage.
Dies gilt jedoch nicht für den Pharmahandel. Pharmagroßhandel und Apothe-
ken werden im Zuge der demografischen
Entwicklung von einer steigenden Nachfrage nach Pharmazeutika profitieren.
Über 60-Jährige geben im Durchschnitt
dreimal so viel für Arzneimittel aus wie
unter 60-Jährige. Der verstärkte Bedarf
bewirkt auch, dass die Einkaufsfrequenz
in Apotheken im Alter zunimmt.
Bis zum Jahr 2025 wird bei unverändertem Verordnungsverhalten der Umsatz real um rund 30 Prozent zunehmen.
Maßnahmen zur Kostendämpfung
belasten Pharmagroßhandel und Apotheken
Die Schwierigkeiten bei der Finanzierung
des gesetzlichen Gesundheitssystems
gehen auch am Pharmahandel nicht
spurlos vorüber. So sollen im Zuge der
aktuellen „Gesundheitsreform“ über 300
Millionen Euro Kosten bei den Apotheken eingespart werden. In Zukunft ist
sicher davon auszugehen, dass im Zuge
der Kostendämpfung weitere Belastungen auf die Apotheken und auf den
Pharmagroßhandel zukommen werden.
Die Wachstumsdynamik der Vergangenheit wird sich abschwächen.
Wettbewerbsintensität steigt
Auch wenn das deutsche Fremdbesitzverbot seitens des Europäischen
Gerichtshofes im Jahr 2009 für rechtmäßig erklärt wurde, ist davon auszugehen,
dass der Wettbewerb auf dem Apothekenmarkt im IHK-Bezirk Frankfurt am
Main an Intensität gewinnen wird. Dies
gilt insbesondere im Bereich rezeptfreier Medikamente, weil diese nicht der
Preisbindung unterliegen. Der Marktanteil aller Versandapotheken, der zurzeit
bundesweit bei rund 4 Prozent liegt,
dürfte in den nächsten zehn Jahren zwar
ansteigen. Es ist aber davon auszugehen,
dass der Marktanteil im Jahr 2020 unter
zehn Prozent liegen wird. Dies ist unter
anderem darauf zurückzuführen, dass
der Versand rezeptpflichtiger Arzneimittel aufgrund der Preisfestsetzung für
den Kunden keine finanziellen Vorteile
gegenüber der Apotheke vor Ort bringt.
Allenfalls im ländlichen Raum, wo unter
Umständen größere Entfernungen zur
örtlichen Apotheke zurückzulegen sind,
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 51
Foto: Fotolia.com/contrastwerkstatt
dürfte die Internet-Apotheke auch bei
rezeptpflichtigen Medikamenten stärker
an Bedeutung gewinnen.
Das Umsatzwachstum im Versandhandel
wird sich somit primär im Bereich der
rezeptfreien Medikamente vollziehen –
also stellt das Internet auf absehbare
Zeit keine allzu große Bedrohung für die
Vor-Ort-Apotheke im IHK-Bezirk Frankfurt am Main dar.
Apotheken in Frankfurt am Main
profitieren von hoher Ärztedichte und
hoher Passantenfrequenz
Für die zukünftige Umsatzentwicklung
der Apotheken im IHK-Bezirk wird von
zentraler Bedeutung sein, wie sich die
Ärztedichte und die Passantenfrequenz
entwickeln. Vor allem Apotheken im
nördlichen Teil des IHK-Bezirks werden
unter dem Rückgang der Einwohnerzahl
leiden, die auch mit einem Rückgang der
Arztpraxen einhergeht. Hier werden sich
vor allem jene Apotheken günstiger entwickeln, die in der Nähe medizinischer
Versorgungszentren liegen. Die höchsten
Umsatzzuwächse sind bei Apotheken
in zentraler Lage innerhalb Frankfurts
zu erwarten. Allerdings liegen hier
auch die Ladenmieten sowie aufgrund
der höheren Personalintensität auch
die Personalkosten deutlich über dem
Durchschnitt.
Apotheken, die sich negativ auf die
Beschäftigung auswirken. Mittelfristig
ist davon auszugehen, dass die Beschäftigung im Pharmahandel im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main annähernd konstant
bleiben wird.
Beschäftigtenzahl bleibt konstant –
durchschnittliche Beschäftigtenzahl je
Apotheke steigt
Eine alternde Gesellschaft fördert die
Spezialisierung in der Sortimentsgestaltung
Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl
in den Apotheken ist in den letzten zehn
Jahren von sechs auf sieben Beschäftigte
gestiegen. Zum einem ist dies auf eine
vermehrte Beschäftigung von Teilzeitkräften zurückzuführen, zum anderen
auch auf den gestiegenen Beratungsbedarf. Vor allem durch das zu erwartende
überdurchschnittliche Marktwachstum
rezeptfreier Medikamente und eine
Erweiterung des Produktsortiments ist
auch in Zukunft ein steigender Beratungsbedarf in Apotheken zu erwarten.
Die Apotheken besitzen vielfältige
Möglichkeiten zur Differenzierung ihres
Sortiments, sowohl in der Breite als
auch in der Tiefe. Im Zuge der stark
wachsenden Zahl älterer Menschen
wird eine Erfolg versprechende Strategie sein, sich beim Sortiment und bei
der Beratung gezielt den besonderen
Bedürfnissen der älteren Kundschaft zu
widmen. Überdurchschnittliche Wachstumspotenziale insbesondere in den
bevorzugten Innenstadtlagen Frankfurts,
Bad Homburgs und Hofheims sind auch
im Verkauf hochpreisiger Kosmetika für
die „reife“ Kundschaft zu erwarten.
Gegenläufige Tendenzen für die Beschäftigung ergeben sich aus Regulierungen im Zuge der Gesundheitsreformen und der sinkenden Zahl von
52 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Randsortimente werden im Zuge des
demografischen Wandels an Bedeutung gewinnen
Wertewandel erfordert Neuausrichtung der Apotheken in Bezug auf
Kundenbindung
Bislang machen das apothekenübliche
Ergänzungssortiment (Hygiene, Körperpflege, Kosmetika, Sonnenschutz,
Vitamine und Mineralstoffe) sowie
Krankenpflegeartikel (Messgeräte, Thermometer, Pflaster, Inkontinenzartikel)
rund 10 Prozent des gesamten Umsatzes
der Apotheken im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main aus. Für die Zukunft ist nicht
zuletzt aufgrund der demografischen
Entwicklung grundsätzlich mit einem
Bedeutungsgewinn dieser Artikel zu
rechnen.11 Allerdings werden diese Artikel verstärkt auch in Drogeriemärkten
und Reformhäusern nachgefragt werden.
Der Hauptumsatz der Apotheken wird
weiterhin mit verschreibungspflichtigen
Medikamenten erzielt werden.
Der verstärkte Wettbewerb auf dem
Apothekenmarkt hat bereits dazu geführt, dass die überwiegende Mehrzahl
der Apotheken im IHK-Bezirk Frankfurt
am Main in Netzwerke eingebunden
ist, um beim Großhandel günstigere
Einkaufspreise und verbesserten Service
zu erzielen. Im Zuge des Wertewandels
werden aber die Anforderungen an das
Erscheinungsbild der Apotheken steigen.
Hier besteht vielfach noch Nachholbedarf. Werbemaßnahmen, attraktive
Schaufenstergestaltung, Schwerpunktaktionen im Sortiment (z. B. Diabetes-Risikotests) oder die Einführung
von Bonussystemen werden verstärkt
auch bei den Apotheken im IHK-Bezirk
Frankfurt am Main Einzug halten.
Umsatzstruktur der Apotheken
Frei verkäufliche
Arzneimittel: 1 %
Krankenpflege- und
medizinischer Bedarf: 4 %
apothekenübliche
Ergänzungsmittel: 5 %
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
(apothekenpflichtig): 11 %
Verschreibungspflichtige
Arzneimittel: 79 %
11 Vgl. IHK Frankfurt am Main (Hrsg.): Demografischer Wandel –
Wirtschaftswachstum – Wirtschaftsstruktur, Frankfurt 2011.
Quelle: ABDA
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 53
9. (Medical) Wellness
Wellnessmarkt profitiert von hoher
Kaufkraft
Der sogenannte zweite Gesundheitsmarkt hat im IHK-Bezirk eine starke
Funktion. Thermalbäder und vielfältige
Formen von Anwendungen finden sich
etwa in Bad Homburg (z. B. Kur-Royal,
Taunus-Therme), in Hofheim (RheinMain Therme) oder in Königstein (Kurbad). Darüber hinaus gibt es in jedem
Ort diverse Fitness- und Sporteinrichtungen. Die Anbieter gesundheitsbezogener Freizeitangebote profitieren von
der überdurchschnittlichen Kaufkraft im
IHK-Bezirk Frankfurt am Main. Im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis liegt sie
um rund 40 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, in der Stadt Frankfurt am
Main um knapp 15 Prozent darüber. Das
Thema Gesundheitstourismus ist in der
Region jedoch gewiss noch ausbaufähig.
Alternde Gesellschaft fördert stärkere Einbeziehung von medizinischen
Aspekten in Wellness- und Fitnessangebote
• Leitung der Wellnessabteilung durch
einen Arzt
Das steigende Gesundheitsbewusstsein
und der Trend zu einem gesünderen
Lebensstil in Teilen der Bevölkerung
sind Wachstumstreiber für den Bereich
Wellness und Fitness in der Region des
IHK-Bezirks Frankfurt am Main. Dabei
wird das Wellness- und Fitnessangebot
in der Zukunft zunehmend differenzierter ausfallen und der medizinische
Aspekt im Zuge einer alternden Gesellschaft stärker in den Vordergrund treten
als bisher. „Medical Wellness“ wird ein
wachsender Trend der Zukunft sein.
„Medical Wellness“ beinhaltet gesundheitswissenschaftlich begleitete Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung
der Lebensqualität und des subjektiven
Gesundheitsempfindens durch eigenverantwortliche Prävention und Gesundheitsförderung sowie die Motivation
zum gesundheitsbewussten Lebensstil.
Vor diesem Hintergrund sind Bestandteile von Medical Wellness:
• Medizinische Betreuung durch ausgebildete Fachkräfte
54 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
• Ärztliche Eingangsuntersuchung
• Überprüfung des Erfolgs der Anwendungen durch einen Arzt
Gerade aus der Verbindung zwischen
(privaten) Kliniken und Wellnessanbietern ergeben sich für die Region neue
Marktfelder.
Auch die klassischen Fitnessstudios werden sich im Zuge der Alterung
der Gesellschaft und der sich daraus
ergebenden Veränderungen des Anforderungsprofils wandeln. Medizinische
Beratung und Betreuung wird stärker
als bisher in den Vordergrund rücken.
Wachstumsbereiche werden sich unter
anderem auch für Studios ergeben, die
sich nicht nur in ihrem Leistungsangebot, sondern auch in der räumlichen
Gestaltung und Atmosphäre stärker auf
eine älter werdende Kundschaft sowie
Ausbaufähiges Potenzial im Gesundheitstourismus
Die Destination Taunus gehört zu den
landschaftlich attraktivsten Mittelgebirgen in Deutschland. Eine sehr gute
Verkehrsanbindung, ein vielfältiges
gastronomisches Angebot und nicht
zuletzt das reichhaltige Angebot sowohl
an Wellness- und Freizeiteinrichtungen
als auch an medizinischen Einrichtungen
bieten gute Voraussetzungen für den
Gesundheitstourismus. In einer alternden
Gesellschaft wird nicht nur das Thema
„Gesundheit im Urlaub“ zukünftig eine
stärkere Rolle spielen, sondern auch
der Naherholungstourismus. Mit über
5,2 Millionen Menschen allein in der
Metropolregion FrankfurtRheinMain, die
über eine insgesamt überdurchschnittliche Kaufkraft verfügen, ergibt sich ein
gutes Marktpotenzial. Bislang sind die
vorhandenen Potenziale, die sich aus
dem Gesundheitstourismus in der Region
bieten, nicht ausreichend ausgeschöpft
worden.
Foto: Fotolia.com/Liv Friis-larsen
auf einen wachsenden Frauenanteil
einstellen.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 55
VII. Chancen nutzen, Risiken vermeiden
1. Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitswirtschaft
im IHK-Bezirk Frankfurt am Main
Gesundheitswirtschaft als wichtigen
und besonders zukunftsträchtigen
Wirtschaftsfaktor begreifen
Wo die Probleme liegen
Bislang wird das Thema „Gesundheitswirtschaft“ in Politik und Öffentlichkeit
zu sehr auf das „Gesundheitswesen“
begrenzt und einseitig unter dem
Aspekt Kosten und Finanzierung des
gesetzlichen Gesundheitssystems
diskutiert. Die Tatsache, dass nahezu
jeder siebte Erwerbstätige in Deutschland in der Gesundheitswirtschaft im
erweiterten Sinne (einschließlich des
„zweiten Gesundheitsmarkts“) tätig ist
und die Gesundheitswirtschaft gerade
vor dem Hintergrund des demografischen Wandels für die Zukunft zu den
Hauptwachstumsbranchen zu zählen ist,
wird vielfach nicht ausreichend berücksichtigt. Dies gilt zum Teil auch für die
regionale Wirtschaftsförderung und das
Standortmarketing. Die Stadt Bad Homburg hat sich zwar in der Vergangenheit
in besonderer Weise als Gesundheitsstandort positioniert, auch gibt es einige
Initiativen und Netzwerke, wie etwa den
Verein Gesundheitswirtschaft RheinMain e.V., doch letztlich mangelt es an
einer übergreifenden Vernetzung der
Branche entlang der Wertschöpfungskette innerhalb der Region und damit
an einer eindeutigen Positionierung von
FrankfurtRheinMain als Gesundheitsstandort.
Die Probleme liegen in:
• der fehlenden Kenntnis der Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für
Wachstum und Beschäftigung in
Deutschland und in der gesamten
Metropolregion FrankfurtRheinMain,
• der nicht ausreichenden Berücksichtigung der Bedeutung der Pharmaindustrie für den Wirtschaftsstandort
Frankfurt am Main,
• der nicht ausreichenden Vernetzung
der Gesundheitswirtschaft innerhalb
der Gesamtregion.
56 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
Was getan werden sollte
Die Kommunen in der Region sollten:
• die Positionierung der gesamten
Region FrankfurtRheinMain als Gesundheitsstandort als eine besonders
wichtige Aufgabe der Wirtschaftsförderung erkennen – der Maßnahmenkatalog reicht hier von der Bereitstellung geeigneter Gewerbeflächen bis
hin zu einer gezielten nationalen und
internationalen Vermarktung –,
• die strategische Fortentwicklung
des industriellen Teils der Gesundheitswirtschaft stärker in den Fokus
rücken,
• speziell in der Stadt Frankfurt am
Main als eines der Biotechnologiezentren in Deutschland die Vernetzung
von Pharmaindustrie, Finanzsektor
und "Roter Biotechnologie" im Rahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung vorantreiben,
• bei der Entwicklung und Positionierung der Region für den Gesund-
Foto: Fotolia.com/Thomas Graf
heitstourismus stärker als bisher
kooperieren und dabei dem Wachstumsmarkt „Medical Wellness“ eine
besondere Aufmerksamkeit widmen.
Die Landesregierung sollte:
• sich bei der Förderung und beim
Standortmarketing nicht nur auf
einige kleine Teilbereiche der Gesundheitswirtschaft wie Biotechnologie
und Medizintechnik fokussieren,
sondern auf den Wirtschaftsfaktor
„Gesundheit“ in seiner Gesamtheit;
dies umfasst ebenso die klassische
Pharmaindustrie wie den Gesundheitstourismus – hier sollte die
Hessen Agentur ihre Aktivitäten
verstärken,
• die Vernetzung der Gesundheitswirtschaft über die Landesgrenzen hinweg
fördern. So bestehen beispielsweise
zwischen den Unternehmen der
Gesundheitswirtschaft in der RheinMain-Region und den Unternehmen
und Forschungseinrichtungen in der
Rhein-Neckar-Region enge Verflechtungen, die es zum Beispiel durch
Ländergrenzen überschreitende Clusterinitiativen zu stärken gilt.
Die Bundesregierung sollte:
• das Thema „Gesundheitswirtschaft“
verstärkt fachübergreifend in den
Ministerien für Gesundheit, Wirtschaft, Bildung und Forschung sowie
Arbeit und Soziales behandeln (unter
Federführung eines Ministeriums),
• bei der Ausarbeitung und Verabschiedung neuer Gesetze zur „Gesundheitsreform“ nicht nur die Kosten für
das gesetzliche System der Krankenversicherung im Blick haben, sondern auch die Auswirkungen auf die
Beschäftigung im Gesundheitssektor
in Deutschland und die möglichen
gesamtwirtschaftlichen Folgekosten.
Dies kann etwa durch umfassende
Kosten-Nutzen-Analysen geschehen.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 57
Foto: Fotolia.com/Christian Schwier
Fachkräftemangel begegnen
• den zu geringen Bildungsanstrengungen, insbesondere im MINT-Bereich,
Wo die Probleme liegen
Bis zum Jahr 2050 wird es in Deutschland 12 Millionen Erwerbspersonen
weniger geben als heute. Bereits gegenwärtig besteht im Pflegebereich ein akuter Arbeitskräftemangel; die Unternehmen der Medizintechnik beklagen das
Fehlen geeigneter Kräfte in einzelnen
ingenieurwissenschaftlichen Bereichen;
in der Pharmaindustrie kann zurzeit
der Bedarf an Bioinformatikern nicht
gedeckt werden. Zudem wandern gegenwärtig mehr gut ausgebildete Ärzte
ins Ausland ab, als aus dem Ausland zu
uns kommen. Es ist zu befürchten, dass
zukünftig der Fachkräftemangel speziell
im Mittelstand zu einem gravierenden
Wachstumshemmnis wird und sich die
ärztliche und pflegerische Versorgung
verschlechtert.
Die Probleme liegen in:
• der ungenügenden Nutzung des vorhandenen Erwerbspersonenpotenzials,
• der nachlassenden Attraktivität des
Wirtschaftsstandortes Deutschland
für hoch qualifizierte Fachkräfte,
• den Erschwernissen für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte.
Was getan werden sollte
Die Hochschulen der Region sollten:
• bei der Bildung fachlicher Schwerpunkte noch mehr als bisher kooperieren, um qualifiziertes Forschungspersonal zu gewinnen,
• den Ausbau von Bildungskooperationen (duale Studiengänge, akademische Weiterbildung) vorantreiben,
• unternehmerische Praxis und wissenschaftliche Lehre besser verzahnen,
zum Beispiel durch Ringvorlesungen von Unternehmensvertretern in
Universitäten und Fachhochschulen,
die verstärkte Einbeziehung betriebs-
58 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
wirtschaftlicher Lehrinhalte in den
Naturwissenschaften und die Einrichtung so genannter Existenzgründerwerkstätten. Diese Maßnahmen
können einen Beitrag dazu leisten,
die Gründungsdynamik speziell in der
Biotechnologie zu erhöhen.
Die Kommunen in der Region sollten
zur Erleichterung der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie als Voraussetzung für
eine langfristige Erhöhung der Erwerbsquote:
• die ab 2013 geltenden gesetzlichen
Vorgaben zur Kinderbetreuung möglichst rasch umsetzen,
• die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten stärker an den Arbeitszeiten
der Eltern ausrichten,
• für eine flächendeckende Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter sorgen.
Außerdem sollten sich die Kommunen
auf organisatorische Veränderungen
in der medizinischen Versorgung,
Foto: Fotolia.com/Sebastian Wolf
unter anderem bedingt durch einen
zunehmenden Ärztemangel, einstellen.
Langfristig ausgerichtete Stadtentwicklungskonzepte müssen die Integration
von medizinischen Versorgungszentren
in gut erreichbarer Lage berücksichtigen.
Die Landesregierung sollte:
• die MINT-Fächer in der Schule stärken, mehr Experimente in die Lehrpläne aufnehmen, ein Fach Naturphänomene in der Grundschule einführen.
Auf allen politischen Ebenen sollte:
• sich die Bildungs- und Familienpolitik als Bestandteil der langfristigen
Innovations- und Wachstumsförderung verstehen. Ziel muss es sein, den
Anteil qualifizierter Schulabgänger zu
erhöhen, die Leistungsfähigkeit älterer
Arbeitnehmer zu steigern und die
Erwerbsquote zu erhöhen.
Die Bundesregierung sollte:
• die Zuwanderung von hoch qualifizierten Arbeitskräften aus Nicht-EULändern erleichtern,
• die Voraussetzungen für die Zuwanderung von Fachkräften aus dem
Ausland speziell für die stationäre,
ambulante und häusliche Pflege
erleichtern,
• die Transparenz bei der Anerkennung
von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen erhöhen.
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 59
Foto: Fotolia.com/Sebastian Duda
Innovationsfähigkeit stärken
Wo die Probleme liegen
Die Stärke der Gesundheitswirtschaft im
IHK-Bezirk liegt vor allem in der Innovationskraft der Unternehmen und der hohen Dichte an Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Region. Für
die Zukunft des Gesundheitsstandortes
Frankfurt am Main wird es entscheidend
darauf ankommen, die Innovationsfähigkeit zu erhalten.
Die Probleme liegen in:
• der innovationsspezifischen Bürokratie im Rahmen von Genehmigungsund Zulassungsverfahren sowie
in der Innovationsförderung (z. B.
Transparenz bei Fördermöglichkeiten,
Antragsformalitäten, restriktive Zulassungs- bzw. Genehmigungspraxis bei
neuen Produkten und Verfahren in der
Biotechnologie und Pharmaindustrie),
• den Finanzierungsmöglichkeiten,
insbesondere der Wagniskapitalfinanzierung kleiner Unternehmen,
• der noch unzureichenden Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und
Hochschulen im Rahmen des Wissensund Technologietransfers.
auch als besondere Chance für die
Hochschule unter betriebswirtschaftlicher Perspektive sehen.
Die Kommunen in der Region sollten:
Was getan werden sollte
Die Hochschulen der Region sollten:
• ihre Bemühungen im Technologietransfer intensivieren und vor allem
untereinander verstärkt zusammenarbeiten,
• ihre Transferstellen zu fachbereichsübergreifenden Transferdienstleistungen weiterentwickeln, die autonom
agieren und strukturell enger in die
Arbeit des TechnologieTransferNetzwerkes Hessen eingebunden sind,
• stärker noch als bisher EU-Forschungsprojekte nutzen, um sich so
an Spitzenforschung zu beteiligen und
die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern,
• eine engere Kooperation mit den Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
60 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
• die hohe Bedeutung des Forschungsund Wissenschaftsstandortes beim
Standortmarketing noch stärker als
bisher herausstellen. Die Kampagne
„Wissensregion FrankfurtRheinMain“
bietet hierfür eine geeignete Plattform,
• die Voraussetzungen für die Durchsetzung der Telemedizin in der Region
verbessern. Dazu gehört unter anderem eine flächendeckende Versorgung
mit High-Speed-Internetanschlüssen.
Dies ist bislang nicht überall in der
Region gewährleistet.
Die hessische Landesregierung sollte:
• einen gezielten Ausbau des Technologietransfers an Hochschulen unterstützen, u. a. durch entsprechende
Rahmenbedingungen und bessere
Anreize für Hochschullehrer, um die
Foto: Fotolia.com/Frank Täubel
Bereitschaft für Kooperationsprojekte
mit der Wirtschaft zu erhöhen,
• Fördermaßnahmen des Technologietransfers innerhalb der Hessen
Agentur stärker bündeln.
• die Vernetzung von Wirtschaft und
Wissenschaft fördern, bspw. durch die
Etablierung des „House of Pharma“
in der Region. Es ist zu prüfen, ob
dieses Konzept nicht noch auf andere
Bereiche der Gesundheitswirtschaft
übertragen werden kann.
Auf Bundesebene sollte:
• ein Wagniskapitalgesetz die notwendige Rechtssicherheit z. B. für
Wagniskapitalfonds schaffen, wobei
der Nutzerkreis, d. h. die finanzierten Unternehmen, nicht wie
beim gescheiterten Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (MoRaKG) zu
eng begrenzt sein dürfen, sondern
Personengesellschaften sowie größere
Unternehmen umfassen sollte,
• auf die Verbesserung der Projektförderung (z. B. schlanke Antrags- und
Abwicklungsverfahren) gesetzt
werden,
• die steuerliche FuE-Förderung praxisnah ausgestaltet werden. Sie muss
sich zugleich in eine umfassende
Steuerreform einfügen – allerdings
nicht zulasten der bewährten themenoffenen Projektförderung.
Innovationen entstehen in erster Linie
in Unternehmen. Gerade in der Gesundheitswirtschaft gibt es vielfältige
neue Anwendungsgebiete, die sich aus
der Alterung der Gesellschaft weltweit
ergeben. Die hieraus sich bietenden
Marktchancen gilt es für die Unternehmen zu nutzen. Dazu muss stärker noch
als bisher das Thema „Demografischer
Wandel“ bei der Produktentwicklung in
den Fokus rücken. Grundsätzlich müssen
sich die Unternehmen in der Region
noch intensiver mit den Folgen des demografischen Wandels für ihre Tätigkeit
auseinandersetzen. Dazu gehört auch,
die Weiterbildung älterer Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen stärker als bisher
in den Fokus zu rücken. Dies ist notwendig, um bei alternden Belegschaften Innovationsfähigkeit und Produktivität zu
sichern. Zudem kann eine Erhöhung der
Erwerbsquote nur erreicht werden, wenn
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
erleichtert wird. Hier ist nicht nur die öffentliche Hand gefordert, sondern auch
die Unternehmen und die Tarifparteien
zum Beispiel bei der Flexibilisierung von
Arbeitszeiten.
Innovationen fördern wirtschaftliches
Wachstum und Beschäftigung. Aus der
demografischen Entwicklung ergeben
sich vielfältige neue Marktchancen.
Die Anforderungen an Produkte und
Dienstleistungen werden sich verändern.
Die Unternehmen, die sich frühzeitig auf
die sich verändernden Anforderungen
einstellen, werden besonders erfolgreich
sein.
Die IHK Frankfurt am Main unterstützt
die Unternehmen mit einer Vielzahl
von Informationen rund um das Thema
„Demografischer Wandel“. Eine Übersicht
der aktuellen Angebote findet sich unter:
www.frankfurt-main.ihk.de/demografie
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 61
VIII. Quellenangaben
Datenquellen:
• Behrend-Institut, Frankfurt am Main
• Bundesministerium für Gesundheit,
Berlin
• Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Berlin
• Deutsche Bank Research, Frankfurt
am Main
Literatur:
• Landesärztekammer Hessen, Frankfurt
am Main
• Berlin-Institut (Hrsg.): Demenz-Report, Berlin 2011
• Landeszahnärztekammer Hessen,
Frankfurt am Main
• Brinkhaus, M./Greiling, M.: Marktchancen und -risiken in der Gesundheitswirtschaft, Stuttgart 2010
• Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main, Frankfurt am Main
• Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
• Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
• Vereinte Nationen, New York
• Hessen Agentur, Wiesbaden
Quellen der Titelbilder
• Hessisches Statistisches Landesamt,
Wiesbaden
• Fotolia.com
• IHK Frankfurt am Main
Von oben links nach unten rechts:
Eisenhans, Gernot Krautberger, gornist, iceteastock, Yuri Arcurs, nyul
• IMS Health, Frankfurt am Main
• Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen
• Johann Wolfgang Goethe-Universität,
Frankfurt am Main
62 | Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel
• Bronsema, V., u. a.: Biotechnologie
in Deutschland – Argumente für die
Stärkung des innovativen Mittelstandes, hrsg. von der Konrad-AdenauerStiftung, Sankt Augustin/Berlin 2009
• Bundesministerium für Bildung und
Forschung (Hrsg.): BioPharma: Für die
Medizin der Zukunft, Bonn 2007
• Deutsche Apotheker und Ärztebank
(Hrsg.): APO-Fokus, Nr. 5, Jahrgang
2004
• DIHK (Hrsg.): Wachstumsmarkt Gesundheit, Berlin 2010
• Ernst & Young (Hrsg.): Biotechnologie-Report 2010, Eschborn 2010
• Gassmann, O./Reepmeyer, G.: Wachstumsmarkt Alter – Innovationen für
Interviewpartner:
die Zielgruppe 50+, München/Wien
2006
• Gauler, A., u. a.: Struktur und Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in
Hessen, hrsg. von der Hessen Agentur,
Wiesbaden 2010
• IHK Frankfurt am Main (Hrsg.): Demografischer Wandel – Wirtschaftswachstum – Wirtschaftsstruktur,
Frankfurt 2011
• Kartte, J./Neumann, K.: Der Gesundheitsmarkt – Sicht der Bürger
– Strategien der Anbieter, hrsg. von
Roland Berger Strategy Consultants,
Berlin 2008
• Lang-Koetz, C./Spath, D. (Hrsg.):
Biotechnologie 2021 – Chancen und
Herausforderungen, Stuttgart 2007
• Lehr, U.: Psychologie des Alterns, 11.
Auflage, Wiebelsheim 2007
• Link, C.: Telemedizinische Anwendungen in Deutschland und in Frankreich,
München 2007
• Ostwald, D.: Wachstums- und
Beschäftigungseffekte der Gesundheitswirtschaft in Deutschland, Berlin
2009
• Planungsverband Ballungsraum
Frankfurt/Rhein-Main (Hrsg.): Branchenreport Chemie und Pharmazie
FrankfurtRheinMain, Frankfurt 2007
• Sauerbrey, G.: Innovationshemmnisse
im Gesundheitssystem Deutschlands
aus Sicht der pharmazeutischen
Industrie, Bayreuth 2005
• Terzenbach, D., u. a.: Biotechnologie
in Hessen, hrsg. von der Hessenagentur, Wiesbaden 2009
• Bengs, Holger, Dr., CEO und Managing
Partner, BCNP Consultants GmbH,
Frankfurt am Main
• Eichhorn, Anna, Dr., Vorstand, Humatrix AG, Frankfurt am Main
• Gerlach, Stephan, Geschäftsführer,
Hedent GmbH, Oberursel
• Graf, Thomas, Leiter Unternehmenskommunikation, Andreae-Noris Zahn
AG, Frankfurt am Main
• Höhne, Rolf, stellv. Geschäftsführer,
Arbeiterwohlfahrt Frankfurt am Main
• Hug, Ralph, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
• Richter, Jürgen G., Dr., Geschäftsführer,
Arbeiterwohlfahrt, Frankfurt am Main
• Sauerbrey, Günther, Director Public Affairs, Merz Pharma GmbH & Co. KGaA,
Frankfurt am Main
• Wolf, Stefan, Leiter der Wirtschaftsförderung Bad Homburg
Gesundheitswirtschaft und demografischer Wandel | 63
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