Mobile Marketing

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Mobile Marketing
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Mobile Marketing - die wichtigsten
Formen von mobiler Kommunktion
Martin Nitsche
Welche Mobile Marketing-Instrumente wie genutzt werden
Die fünf C‘s des Mobile Marketing-Erfolgs
Was in welcher Phase des Kundenlebenszyklus eingesetzt wird
Welche Branchen mit welchen Aktionen erfolgreich waren
B
Aktuelle
Trends
Welche Rolle die Eigenschaften des beworbenen Produkts spielen
237
Mobile Marketing - was steckt dahinter?
Seit 2000
mehr Mobiltelefone als
Festnetzanschlüsse
Konsumenten
möglichst direkt
zu erreichen
In den letzten Jahren stieg die Nutzung von Mobiltelefonen
rasant an. Inzwischen mailen, chatten, spielen und fotografieren Konsumenten oder suchen nach Informationen mit
mobilen Endgeräten. Seit dem Jahr 2000 übertrifft die Anzahl
der genutzten Mobiltelefone die Zahl der Festnetzanschlüsse. Im vergangenen Jahr steigerte sich die Zahl um weitere
zehn Prozent von 64,8 auf 71,3 Millionen. Im Vergleich dazu
veränderte sich die Anzahl der Festnetzanschlüsse mit einem
Wachstum von 0,36 Prozent nur geringfügig (von 54,4 auf
54,6 Millionen). Mobile Endgeräte nehmen den Spitzenplatz
unter allen kommunikativen Kanälen ein. So übertreffen sie
beispielsweise die potenzielle Reichweite von TV-Geräten mit
36,4 Millionen angemeldeten beziehungsweise geschätzten
55,2 Millionen TV-Geräten inklusive nicht angemeldeter
Geräte (Quelle: Proximity MM-Studie, HH 2005, S. 12). Doch
mobile Dienste sind teilweise noch sehr einfach und entsprechen nicht immer den Erwartungen der Kunden. Mit der
Verfügbarkeit von Breitband-Datenübertragung, immer komfortableren Endgeräten und stetig sinkenden Kosten, ist eine
Aufwertung mobiler Services zu erwarten, die immer weniger
an die einst grün-schwarzen Displays mit einfachsten Inhalten
erinnert.
Mobile Marketing ist die Umschreibung von Marketingmaßnahmen unter Verwendung drahtloser Telekommunikation und
mobiler Endgeräte mit dem Ziel, Konsumenten möglichst direkt zu erreichen und zu einem bestimmten Verhalten zu führen. Mobile Marketing bezeichnet jede Art von kommunikativgeschäftlichen Aktivitäten, bei denen die Anbieter Leistungen
auf der Basis mobiler Endgeräte wie digitale Inhalte (Spiele,
Songs, Videos), Informationen (News, Alerts, Produktinformationen) und/oder Transaktionen wie Shopping, Videostreaming oder Zahlungen aufbauen, um damit bei potentiellen
Konsumenten Aufmerksamkeit zu erregen, welche im Idealfall
zu Verkaufsabschlüssen führen. Ziel bei Mobile Marketing ist,
T. Schwarz / G. Braun: Leitfaden Integrierte Kommunikation
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
eine nachhaltige Kundenbeziehung aufzubauen und dabei die
Erlaubnis abzuholen, dem Kunden möglichst maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten, die ihm das Leben in Mobilität
vereinfachen. Mobile Marketing wird als Teilbereich des umfassenderen Begriffs Mobile Commerce betrachtet.
Eine Betrachtung des praktischen Einsatzes von Mobile Marketing hat gezeigt, dass bestimmte Mobile Marketing-Formen
häufig auftreten. Dazu gehören mobile Infodienste wie Staumeldungen oder Wetterberichte, „reine” mobile Werbebotschaften, Free-SMS-Angebote, Couponing, Gewinnspiele,
Fun (Games, Logos, Klingeltöne), aber auch das Sponsoring
fremder mobiler Dienste oder Produktbestellungen über mobile Dienste.
Staumeldungen,
Wetterberichte,
Werbebotschaften,
Free-SMS-Angebote, Couponing,
Gewinnspiele, Spiele,
Logos, Klingeltöne
Der mobile Konsument
Die zunehmende Globalisierung unserer Welt erfordert eine
steigende Mobilität und verlangt oftmals nahezu permanente
Erreichbarkeit. Interessant ist in diesem Zusammenhang, welche Funktion das Handy für Menschen erfüllt und wie Unternehmen sich über diesen neuen Kommunikationskanal beim
Konsumenten Gehör verschaffen, um auf diese Weise eine
langfristige Kundenbeziehung etablieren können.
Im Rahmen einer internationalen Untersuchung wurde ermittelt, dass das Handy vor allem in der Altersgruppe der
15-20-Jährigen eine herausragende Bedeutung besitzt und
dort eine weitaus engere Beziehung zum Mobiltelefon besteht
als bei älteren Konsumenten. (Quelle: BBDO Europe/Proximity
Worldwide Studie, Wireless Works: Exploring new brand connections, London 2005). Das Telefon wird als wichtiger Begleiter im Alltag angesehen, das Selbstvertrauen und Sicherheit
vermittelt und die Möglichkeit gibt, sich selbst darzustellen
und auszudrücken. In dieser Altersgruppe wird die neueste
Telefon wird
als wichtiger
Begleiter im
Alltag angesehen
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Musik als Klingelton herunter geladen, ein Bild des Partners
oder besten Freundes als Screensaver eingesetzt und es werden die diversen modischen Accessoires für Mobiltelefone
genutzt.
78 Prozent lassen
ihr Telefon sogar
nachts angeschaltet
Die soziale Funktion des Handys ist keinesfalls zu unterschätzen und drückt sich in der ständigen Kommunikationsbereitschaft aus. 78 Prozent der Befragten trafen die Aussage, dass
sie ihr Telefon sogar nachts angeschaltet lassen. Das Handy
ist aber auch ein Ausdruck für Privatsphäre. Zumeist werden
intime und private Informationen ausgetauscht, so dass es
auch in den meisten Ländern als unhöflich gilt, ein fremdes
Telefon ohne vorheriges Einverständnis abzuheben. Impliziert
ist hierbei, dass lediglich wenige Verbraucher unaufgeforderte
Kontaktaufnahme begrüßen. Diese Sichtweise setzt sich nur
langsam bei den Unternehmen durch, die verstärkt auf Mobile
Marketing setzen. Konsumenten interessieren sich für kommerzielle Nachrichten, wenn sie zuvor ihre Erlaubnis zur Kontaktaufnahme gegeben haben und in den Nachrichten einen
tatsächlichen Wert für sich erkennen. Sie sind auch bereit,
bei einem klaren Nutzen in einen Dialog mit einem Unternehmen zu treten, unabhängig vom Inhalt, der beispielsweise aus
nützlichen Informationen, Unterhaltung oder der Vermittlung
von Produktvorteilen bestehen kann.
Die internationalen Unterschiede in der Akzeptanz mobiler
Werbung sind noch sehr ausgeprägt. Beispielsweise gaben 76
Prozent der Befragten in Spanien und Australien an, bereits
einmal auf eine Brand Promotion mobil geantwortet zu haben,
während es in den USA nur 34 Prozent waren.
Der richtige
Inhalt zum
richtigen
Zeitpunkt
Je individueller der Kommunikationskanal, desto wichtiger
wird der persönliche Nutzwert der Werbebotschaften. Erst der
richtige Inhalt zum richtigen Zeitpunkt verschafft Werbetreibenden die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Daraus ergibt
sich eine wesentliche Frage: Wie generiert man geeigneten
Content? Die von einer Marke angebotenen Inhalte sollen
zum einen für die Verbraucher interessant und einladend
T. Schwarz / G. Braun: Leitfaden Integrierte Kommunikation
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
sein - zum anderen gleichzeitig aber auch glaubwürdig und
zur Marke passend. So genannte Content-Plattformen sind
dafür eine Lösung - und haben ein großes Potenzial für die
Zukunft. Auf einer für die Kunden offenen Plattform fordert
die Marke die Verbraucher auf, sich darzustellen, ihre Meinung
kundzutun und eigene Inhalte beizusteuern. Ein Beispiel ist die
Aktion der Hautpflegemarke Dove, bei der Frauen in Text und
Bild vermitteln, was sie unter Schönheit verstehen. Eine solche
Plattform, auf der die Marke Kunden dazu einlädt, etwas beizutragen, kann als Schlüssel für einen langfristig angelegten
und substanziellen Dialog über verschiedenste Kanäle dienen.
Die Kommunikation über das Medium Mobiltelefon funktioniert am besten, wenn sie in einen cleveren Mediamix eingebettet ist. Damit das Handy sein Potenzial als Tool für eine
individuelle Kunden-Marken-Beziehung entfalten kann und
nicht zu einem reinen Promotion-Kanal degradiert wird, muss
es sehr früh in die Planungen einbezogen werden.
Bedeutet dieser neue und respektvolle Umgang mit dem Konsumenten einen vollkommenen Wechsel in den Marketingund Kommunikationsprinzipien? Die Antwort lautet nein, da
das einzige Ziel - unabhängig vom Kommunikationskanal nach wie vor darin besteht, den Verbraucher zu aktivem Handeln anzuregen. In einer Welt, in der es zunehmend schwerer
wird, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen,
kommt es maßgeblich auf die Entwicklung großer kreativer
Ideen an.
Verbraucher
zu aktivem
Handeln
anregen
Die sich ständig ändernden Bedingungen in der Medienlandschaft sowie der „neue” Konsument verlangen eine modifizierte Herangehensweise an Kommunikation.
Es sind vor allem fünf grundlegende Regeln, die dabei helfen,
Stolperfallen rechtzeitig zu erkennen und neue Bereiche in
Kreativität und Vorstellungskraft zu erreichen.
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1. Community
Meinungsbildner
und -geber
Digitale und mobile Technologien haben die Entwicklung und
das Wachstum komplett neuartiger Communities gefördert.
Das Internet ermöglicht es, dass sich Menschen über kulturelle, soziale und sogar nationale Grenzen hinweg austauschen
können. Mobiltelefone haben dazu beigetragen, starke persönliche Netzwerke aufzubauen - Netzwerke sind unerlässlich
bei der Definition einer persönlichen Identität. Marken können
auf diese Entwicklung aufsetzen und sich die Vitalität dieser
Communities zunutze machen. Eine wichtige Rolle spielen die
so genannten „Active Brand Players”. Das ist eine relativ kleine
Gruppe mit ausgeprägtem Interesse und Engagement an Dingen. Sie fungieren als Meinungsbildner und -geber und bieten
sich als gute Informationsquelle für die „breite Masse” an.
2. Content
„Wenn ich eine SMS mit Themen erhalte, die mich interessieren, wie zum Beispiel Sport, Musik oder Wirtschaft, würde ich
sie annehmen...”
„Wenn es etwas Aufregendes und Neues ist und mir das Gefühl gibt, dass ich nach dem Lesen der Nachricht besser und
anders fühle - im positiven Sinne - dann ja!”
Inhalt muss
als persönlich
relevant
empfunden
werden
Diese beiden jungen Frauen aus Istanbul und Mailand haben
zu der Idee der Kommunikation mit Marken über das Mobiltelefon Stellung bezogen. Es wird deutlich, dass diese Form der
Kommunikation durchaus willkommen ist, aber nur, wenn der
Inhalt als aufregend und vor allem persönlich relevant empfunden wird. Die Aufgabe besteht also darin, den richtigen
Markeninhalt zu definieren. Der Inhalt muss sowohl die Zielgruppe ansprechen, aber gleichzeitig auch die Marke glaubwürdig verkörpern. Ein Bereich, der hohes Potenzial birgt, ist
der Aufbau einer Plattform mit Inhalten, die den Verbraucher
aktiv dazu ermutigt, sich einzubringen und eigene Inhalte hinzuzufügen. So ist es beispielsweise Snickers, dem Schokoriegel
für Jugendliche, in Dubai gelungen, während der Fußball-
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
Europameisterschaft 2004 mittels einer mobilen Plattform
Fußballergebnisse zu verbreiten und damit einen neuen Level
der Kommunikation zu dieser Zielgruppe aufzubauen.
3. Creativity
Die Explosion der Neuen Medien birgt eine Quelle kreativen
Potenzials, das größtenteils nach wie vor ungenutzt ist. Die
Möglichkeiten der mobilen Interaktivität versprechen ungeahnte Dimensionen kreativer Ausdrucksformen.
Es müssen sich neue Wege finden, kreative Arbeiten zu entwickeln: Zum einen gilt es, kreatives Denken und Talent mit den
neuen Disziplinen in Verbindung zu setzen, die Technologie
und Stärken der Neuen Medien zu nutzen. Andererseits müssen umfassende Ideen für Kampagnen generiert werden, die
Synergien liefern und eine Verbindung innerhalb des gesamten
kreativen Ergebnisses herzustellen vermögen.
Um diese idealen Bedingungen zu schaffen, die es Kreativen
ermöglicht, ihre Talente auszuleben, Inspiration und Führung
durch einen starken Leiter zu erfahren, ist es darüber hinaus
notwendig, sich mit anderen in so genannten „Creative Hubs”
zu treffen. Innerhalb eines Creative Hub kommt unterschiedliches Expertenwissen so zusammen, dass daraus Multi-Kanal-Kampagnen entstehen, die dem Gedanken einer einzelnen
Markenidee Rechnung tragen. Beispielhaft dafür steht die
Kampagne die Pepsi im Nahen Osten im Rahmen der Casting
Show „Pop Idol” initiierte. Pepsi zeigte einen Werbespot mit
allen acht Finalisten in einem Boot und nur einer Dose Pepsi.
Die Zuschauer waren aufgerufen, für denjenigen Sänger zu
stimmen, dem sie die Dose Pepsi am meisten gönnten, indem
sie entweder per SMS oder über die Pepsi-Site abstimmten.
Die Kampagne wurde durch Online, TV und Print-Anzeigen
unterstützt und zeigte eindrucksvoll die Einflussmöglichkeiten, die Pepsi auf diese bekannte Show ausüben konnte,
während parallel durchgängig die Core Idee von Pepsi transportiert wurde.
Zuschauer waren
aufgerufen, für
denjenigen Sänger
zu stimmen, dem sie
die Dose Pepsi am
meisten gönnten
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4. Connectivity
Aufgrund der neuen Technologien lässt sich eine interaktive
Kommunikation mit dem Massenpublikum aufbauen und eine
1-zu-1-Beziehung kann zu jedem Zuschauer mittels SMS
aufgebaut werden. Marken bietet sich auf diese Weise die
Chance, präziser in ihrer Zielgruppenauswahl zu werden, zieht
gleichzeitig aber auch neue Fragen nach sich: Wie sieht der
richtige Kommunikationsmix aus? Welche Rolle spielen die
Mobiltelefone? Wie können die unterschiedlichen Medien sich
untereinander austauschen und miteinander kommunizieren?
Um das Potenzial mobiler Technologien auszuschöpfen, ist
es von Bedeutung, sie frühzeitig in die Kommunikationsplanung mit einzubinden. Eine „Verbindungslandkarte”, die die
Verbindungen zwischen den einzelnen Medien definiert und
beschreibt, ist essentiell beim Aufsetzen von Kampagnen.
Durch die Landkarte wird es den Creative Hubs ermöglicht, die
perfekte Mischung aus Nachrichten zu entwickeln, die höchstes Engagement versprechen.
5. Commercial
Zahlen und Fakten,
die zuvor nicht
verfügbar gewesen
waren
Mobile und andere Technologien bieten eine Bandbreite und
Qualität an Zahlen und Fakten, die zuvor nicht verfügbar
gewesen waren: Harte Fakten (Anzahl der SMS usw.) über
weiche Faktoren (Verbraucherfeedback, Befragungen) zu interaktiven Fakten (Weiterleitung von Nachrichten usw.), die
es erlauben, Kampagnen erheblich genauer und sorgfältiger
zu analysieren als zuvor. Trotz der harten und weichen Daten
bleibt eine wesentliche Frage offen: Wie erfolgreich war eine
Kampagne dahingehend, eine aktive Entscheidung beim Konsumenten zu kreieren?
Eine neue Tools-Generation zur Erfolgsmessung unterstützt
bei der Verbesserung der Kampagnenleistung und versucht zu
verstehen, ob die Lieferung von Unterhaltungsinhalten über
ein Handy oder eine Plattform wirklich seinem Ziel näher
kommt, das menschliche Verhalten zu verändern. Ein aktuelles
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
Beispiel kommt aus Portugal, wo für Pedigree eine SMS- und
E-Mail Kampagne mit einem begrenzten Budget aufgesetzt
wurde, um den Launch eines neuen Hundefutters zu begleiten.
Der Traffic auf der Website nahm um achtzig Prozent zu, was
selbst bei Pedigree ungläubiges Erstaunen auslöste.
Erfahrungen aus Unternehmenssicht
Im Rahmen einer Studie wurden Unternehmen zu ihren
bisherigen Erfahrungen mit Aktivitäten im Mobile Marketing befragt. Insgesamt schätzen die Unternehmen Mobile
Marketing-Aktivitäten als sehr erfolgreich ein. Die Studienergebnisse zeigen, dass es sich bei Mobile Marketing um
einen vielseitigen branchenübergreifenden Kanal handelt. Am
erfolgreichsten wird Mobile Marketing bisher in der Automobilbranche eingesetzt, die mit den Branchen Kommunikation
und Travel & Transportation an der Spitze der Auswertung
liegt. Es ist zu beobachten, dass die Erwartungen besonders
in den Konsumgüterbranchen (Food und Non-Food) sehr
hoch sind. Nach Meinung der Unternehmen schienen dies die
prädestinierten Branchen für Mobile Marketing-Aktivitäten
zu sein. Tatsächlich wurde Mobile Marketing hier erfolgreich
eingesetzt. Weiterhin wurden auch Branchen identifiziert,
in denen Mobile Marketing deutlich besser funktioniert als
angenommen, beispielsweise Financial Services, also Banken
und Versicherungen. Hier wird - offenbar aufgrund der Erklärungsbedürftigkeit der Produkte - Mobile Marketing keine
hohe Eignung zur Erreichung von Marketingzielen zugetraut.
Auch in den Branchen Automotive, Kommunikation sowie
Media & Entertainment ist der Erfolg von Mobile Marketing
wesentlich höher als erwartet.
Am erfolgreichsten
wird Mobile
Marketing bisher
in der Automobilbranche eingesetzt
Bei der Konzeption einer Mobile Marketing-Kampagne spielen die Eigenschaften des beworbenen Produktes eine große
Rolle. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal von Produkten
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ist das Preissegment. Die Definition von niedrigem, mittlerem
und hohem Preissegment ist dabei abhängig von der Branche
und in Relation zu den Produkten und den Dienstleistungen
der Wettbewerber zu sehen. Nahezu die Hälfte der befragten
Unternehmen hat Mobile Marketing für ein Produkt oder eine
Dienstleistung im niedrigen Preissegment eingesetzt. 37 Prozent der Befragten richteten ihre Mobile Marketing-Aktivitäten auf Produkte im mittleren Preissegment aus.
16 Prozent nutzten den mobilen Kanal, um Produkte im hohen
Preissegment zu bewerben. Bis dato konnte Mobile Marketing
für niedrig- und hochpreisige Produkte erfolgreich eingesetzt
werden. Die guten Ergebnisse im hohen Preissegment entsprechen also nicht der Tendenz, Mobile Marketing überwiegend
für niedrig- und mittelpreisige Segmente einzusetzen. Zudem
wurden die Erfolgserwartungen der unerfahrenen Unternehmen an das hohe Preissegment in der Praxis übertroffen.
Lediglich 15 Prozent
nutzen den Kanal
für den Bereich
After Sales
Mobile Marketing wird zu 85 Prozent in den Kundenlebenszyklus-Phasen „Kaufinteresse” und „Kauf” eingesetzt. Lediglich
15 Prozent nutzen den Kanal für den Bereich After Sales,
welcher die Phasen Besitz, Wiederkauf und Kündigung umfasst. Obwohl Mobile Marketing sich in nahezu allen Phasen
des Kundenlebenszyklus als erfolgreicher Kanal erweist, sind
beachtenswerte Unterschiede zwischen den einzelnen Phasen
erkennbar. Auffällig ist der Erfolg von Mobile Marketing vor
allem in den After Sales-Phasen des Kundenlebenszyklus. In
der Praxis wird Mobile Marketing hier allerdings sehr selten
eingesetzt. Weniger erfolgreich ist Mobile Marketing in der
Phase „Kauf”. Mobile Marketing konnte sich somit bisher nicht
als wirksamer direkter Absatzkanal erweisen.
76 Prozent der befragten Unternehmen mit Erfahrungen im
Mobile Marketing richten ihre Aktivitäten auf junge Zielgruppen zwischen 10 und 29 Jahren aus. Lediglich drei Prozent der
Befragten haben Mobile Marketing für eine Zielgruppe über
40 Jahren eingesetzt. Kampagnen für eine Zielgruppe von 50
Jahren und älter wurden laut Studienteilnehmern bisher nicht
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
durchgeführt. Alle Zielgruppensegmente zwischen 10 und 39
Jahren haben sich als geeignet für erfolgreiches Mobile Marketing erwiesen. Das Segment 30-39 Jahre lag dabei deutlich
vorne. Lediglich in der Zielgruppe 40-49 Jahre konnte Mobile
Marketing bisher nicht erfolgreich eingesetzt werden.
Die am häufigsten eingesetzte Mobile Marketing-Form ist
das Gewinnspiel mit einem Prozentsatz von 29 Prozent, gefolgt von der „reinen” mobilen Werbebotschaft und Fun mit
19 beziehungsweise 15 Prozent. Die größten Erfolge konnte
Mobile Marketing bisher mit den Nutzen stiftenden Formen
mobile Infodienste erzielen. Auch Gewinnspiele, „reine” mobile Werbebotschaften und Produktbestellung über mobile
Dienste konnten erfolgreich eingesetzt werden. Am schlechtesten schneidet Couponing ab. Dieser negative Erfolg von
Couponing trägt wesentlich zu den schlechten Erfolgswerten
von Mobile Marketing als direktem Absatzkanal bei. Dabei
schätzen Unternehmen die Eignung von Couponing als sehr
hoch ein, scheinen sich möglicher Schwierigkeiten bei der
Umsetzung von mobilem Couponing jedoch nicht bewusst
zu sein. Eine kombinierte Betrachtung des Erfolgs von Mobile
Marketing unter Einbeziehung des Kundenlebenszyklus und
der Mobile Marketing-Form lässt erkennen, welche Formen
in welcher Phase des Kundenlebenszyklus am erfolgreichsten
eingesetzt wurden. Es wird hier unterschieden zwischen den
Phasen Kaufinteresse, Kauf und After Sales.
Gewinnspiele
werden am
häufigsten
eingesetzt
• Kaufinteresse: In der Phase Kaufinteresse haben sich mobile
Infodienste als erfolgreichste Mobile Marketing-Form erwiesen. Couponing und Fun erzielen hier auch sehr gute Ergebnisse. Nur durchschnittlich schneidet die Form Gewinnspiel
in dieser Phase ab. Weniger erfolgreich ist die Form „reine”
mobile Werbebotschaft.
• Kauf: Auch in der Phase Kauf haben sich mobile Infodienste
als effiziente Mobile Marketing-Form erwiesen. Sie liegen
gleichauf mit der Form Gewinnspiel. Auch die Produktbestellung über mobile Dienste konnte hier erfolgreich angewendet
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werden. Nicht erfolgreich war mobiles Couponing. Die Formen
Fun und „reine” mobile Werbebotschaften konnten nur unterdurchschnittliche Erfolge, bezogen auf die Gesamtangaben,
verzeichnen.
• After Sales: Hier hat sich die Mobile Marketing-Form Fun
als erfolgreichste Form erwiesen. Auch „reine” mobile Werbebotschaften konnten sehr gut abschneiden. Dieser hohe Erfolg
in der After-Sales-Phase lässt sich eventuell durch das aufgrund der Kundenbeziehung bestehende Vertrauensverhältnis
zwischen Unternehmen und Empfängern der Werbebotschaft
erklären. Mobile Infodienste weisen in dieser Phase nur noch
einen durchschnittlichen und Gewinnspiele einen mäßigen
Erfolg auf.
Mailing ist
effektivster
begleitender Kanal
für Mobile Marketing-Aktivitäten
Einzelne unterstützende Kanäle für Mobile Marketing, beispielsweise Mailing oder Internet, wurden anhand ihres
Beitrags zum Gesamterfolg der Mobile Marketing-Aktivität
bewertet. Das Mailing hat sich als effektivster begleitender
Kanal für Mobile Marketing-Aktivitäten erwiesen. Ähnlich
erfolgreich sind Internet, Postwurf, On-Pack-Promotions und
Print-Anzeigen. Call-Center und Promotion-Teams konnten
jeweils am wenigsten zur Zielerreichung von Mobile Marketing-Aktivitäten beitragen. Die Annahme, dass Mobile Marketing ohne unterstützende Kanäle einen hohen Erfolgsbeitrag
generiert, wird durch die Praxis nicht gestützt.
Die Kombination aus klassischen Kanälen und Internet wurde
mit 13 Prozent am häufigsten eingesetzt. Ebenfalls hoch im
Kurs steht die Einzelnutzung von Dialogmarketingkanälen (10
Prozent) und die Kombination von letzteren mit dem Internet
(10 Prozent). Die in der Praxis am erfolgreichsten verwendete
Verknüpfung ist die Mischung aus Dialogmarketingkanälen,
Internet und Sales Promotion. Die zusätzliche Unterstützung
von klassischen Kanälen bildet ebenfalls eine sehr erfolgreiche
Kombination. Kundengewinnung und Verkauf sind primäre
Ziele von Mobile Marketing-Aktivitäten, für 70 Prozent der
Unternehmen sind Kundengewinnung und Verkauf sehr wich-
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
tig bis wichtig. Die Zielerreichung bezüglich Kundengewinnung und Verkauf ist nicht zufrieden stellend. Nur 25 Prozent
der Unternehmen gaben an, dass sie das Ziel übertroffen oder
weit übertroffen haben. Für 60 Prozent der Unternehmen, die
Erfahrung im Mobile Marketing mitbringen, sind Kundenbindung und Kundenservice sehr wichtig bis wichtig.
Bei den durchgeführten Mobile Marketing-Aktivitäten wurden
die Kampagnenziele zu 44 Prozent erreicht und bei 43 Prozent
der Unternehmen sogar übertroffen oder weit übertroffen. 66
Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie das Ziel Imageund Markenbildung als sehr wichtig bis wichtig erachten. 89
Prozent der befragten Unternehmen sehen das Ziel Image- und
Markenbildung erreicht bis weit übertroffen. Dieses Ziel nicht
erreicht haben hingegen nur 11 Prozent. Marktforschung und
Adressgenerierung wurden nur von 30 Prozent der erfahrenen
Unternehmen als sehr wichtiges oder wichtiges Ziel definiert.
Damit spielt dieses Ziel im Gesamtvergleich eine untergeordnete Rolle. Marktforschung und Adressgenerierung konnten
mit zufrieden stellendem Erfolg eingesetzt werden. 48 Prozent
der erfahrenen Studienteilnehmer sahen das Ziel übertroffen
oder weit übertroffen.
89 Prozent der
befragten Unternehmen sehen das
Ziel Image- und
Markenbildung
erreicht bis weit
übertroffen
Integration in den Kommunikationsmix
Kundengewinnung & Verkauf
Die Ziele Kundengewinnung und Verkauf wurden nur in drei
Branchen erfüllt oder übertroffen. Der Bereich Konsumgüter
Food schnitt im Branchenvergleich am besten ab. Auf den
weiteren Plätzen folgen Kampagnen aus den Bereichen Financial Services und Media & Entertainment.
In den Branchen Kommunikation, Konsumgüter Non-Food
sowie Travel & Transportation bedarf der Einsatz von Mobile
Marketing mit den Zielen Kundengewinnung und Verkauf einer
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genauen Planung. In den niedrigen und hohen Preissegmenten
funktioniert Mobile Marketing am besten, um die Ziele Kundengewinnung und Verkauf zu erreichen. Kampagnen aus dem
mittleren Preissegment schnitten schlecht ab. Kundengewinnung und Verkauf konnten lediglich in der Zielgruppe 30-39
Jahre erfolgreich realisiert werden.
Kundengewinnung
und Verkauf wurden
am besten von Kampagnen realisiert, die
Postwurf, Mailings
und Print-Anzeigen
verwendeten
Erfolgreich umgesetzt wurde Mobile Marketing mit den
Formen Produktbestellung über mobile Dienste, Fun und
mobile Infodienste. Kundengewinnung und Verkauf wurden
am besten von Kampagnen realisiert, die Postwurf, Mailings
und Print-Anzeigen verwendeten. Gute Ergebnisse wurden
nur noch bei Kampagnen erreicht, die Mobile Marketing mit
dem Internet unterstützten. Am schlechtesten konnten die
Ziele Kundengewinnung und Verkauf realisiert werden, wenn
Promotion-Teams oder Außenwerbung mit Mobile Marketing
kombiniert wurden.
Kundenbindung & Kundenservice
Im Vergleich zum branchenübergreifenden Durchschnitt
konnte der Bereich Automotive am besten abschneiden. Im
Gegensatz dazu konnten Mobile Marketing-Kampagnen aus
dem Bereich Konsumgüter Non-Food die Ziele Kundenbindung und Kundenservice nicht zur Zufriedenheit realisieren.
Mobile Marketing-Aktivitäten konnten in allen Preissegmenten die Ziele Kundenbindung und Kundenservice übertreffen.
Kampagnen, die Produkte des mittleren Preissegments unterstützten, konnten Kundenbindung und Kundenservice am
erfolgreichsten realisieren.
Der Einsatz von Mobile Marketing in den Zielgruppen zwischen
10 und 39 Jahren zur Erreichung der Ziele Kundenbindung
und Kundenservice ist ohne Einschränkungen zu empfehlen.
In der Zielgruppe 30-39 Jahre konnten die besten Erfolge
erzielt werden. Für das Alterssegment 40-49 Jahre konnten
Kundenbindung und Kundenservice mittels Mobile Marketing
nur ungenügend erreicht werden. Kampagnen, die die Formen
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
Fun und mobile Infodienste einsetzten, konnten bezüglich
Kundenbindung und Kundenservice den größten Erfolg nachweisen. Gewinnspiele, Produktbestellung über mobile Dienste
und „reine” mobile Werbebotschaften konnten ebenfalls mit
zur Kundenbindung und zum Kundenservice beitragen. Das
beste Ergebnis im Bereich Kundenbindung und Kundenservice
erreichten Kampagnen mit dem unterstützenden Kanal CallCenter. Kampagnen ohne unterstützende Kanäle generierten
den zweitbesten Erfolg. An dritter Stelle steht im Erfolgsvergleich das Mailing.
Das beste Ergebnis im Bereich
Kundenbindung
und Kundenservice erreichten
Kampagnen mit dem
unterstützenden
Kanal Call-Center
Image- & Markenbildung
Die größten Erfolge wurden erneut im Automotive-Bereich erzielt. Ungefähr auf gleicher Erfolgsstufe stehen die Branchen
Kommunikation, Financial Services, Konsumgüter Food sowie
Travel & Transportation. Die Mobile Marketing-Kampagnen
der untersuchten Unternehmen konnten das Ziel Image- und
Markenbildung unabhängig vom Preissegment der beworbenen Produkte und Dienstleistungen realisieren. Unternehmen,
die Mobile Marketing auf die Zielgruppe 20-29 Jahre ausrichteten, erreichten bezüglich der Image- und Markenbildung das
beste Ergebnis. Kampagnen mit dem Fokus auf die 30-39Jährigen konnten die gesetzten Ziele ebenfalls erfüllen. Auch
der Einsatz von Mobile Marketing zum Zweck der Image- und
Markenbildung in den Altersgruppen 10-19 und 40-49 Jahre
war erfolgreich. Unternehmen, die ihre Aktivitäten auf die 2029-Jährigen ausrichteten, erreichten hier das beste Ergebnis.
Kampagnen mit dem Fokus auf das Alterssegment 30-39
Jahre konnten die gesetzten Ziele ebenfalls erfüllen. Auch der
Einsatz von Mobile Marketing in den Altersgruppen 10-19 und
40-49 Jahre war erfolgreich.
Der Erfolg mobiler Infodienste bezüglich Image- und Markenbildung wurde von keiner anderen Form übertroffen. FunKampagnen erreichten das zweitbeste Ergebnis. Die Formen
Gewinnspiel und Produktbestellung über mobile Dienste konnten ebenfalls positive Resultate für die Image- und Marken-
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On-Pack-Promotion, Internet und
E-Mail haben sich
für Image- und
Markenbildung als
sehr erfolgreich
erwiesen
bildung erreichen. On-Pack-Promotion, Internet und E-Mail
haben sich für Image- und Markenbildung als sehr erfolgreich
erwiesen. Auch Point of Sale, Postwurf, Print-Anzeige, Mailing
und Radio erreichten sehr positive Werte. Negative Erfolgsbeiträge zum Ziel Image- und Markenbildung wurden beim
Kanal Call-Center beobachtet oder traten dann ein, wenn
Kampagnen keine unterstützenden Kanäle einsetzten. Wie
auch bei anderen Zielen wurden bezüglich des Ziels Imageund Markenbildung mit Kanalkombinationen größere Erfolge
erreicht als mit einzelnen begleitenden Kanälen.
Marktforschung & Adressgenerierung
Mobile Marketing-Kampagnen für Marktforschung und
Adressgenerierung sind gegenüber den übrigen Branchen
im Bereich Automotive am besten geeignet. Gute Ergebnisse wurden auch in den Branchen Travel & Transportation,
Konsumgüter Non-Food und Konsumgüter Food erreicht.
Kampagnen in den Branchen Kommunikation und Financial
Services konnten die vorgegebenen Ziele, bezogen auf Marktforschung und Adressgenerierung, nicht erreichen.
Kampagnen, die 20-29-Jährige ansprechen, realisierten
Marktforschung und Adressgenerierung am besten. Für die
Alterssegmente 10-19 und 30-39 Jahre waren die Ergebnisse niedriger. Einzig in der Zielgruppe 40-49 Jahre wurde die vollständige Zielerreichung knapp verfehlt. Mobile
Infodienste trugen den größten Erfolg zu Marktforschung
und Adressgenerierung bei. Auch mit Couponing wurde das
Ziel übertroffen. Damit sind die Ziele Marktforschung und
Adressgenerierung die einzigen, für die Couponing erfolgreich
eingesetzt wurde. An dritter Stelle steht die Produktbestellung
über mobile Dienste. Kampagnen mit den Formen Fun oder
Gewinnspiele konnten ebenfalls gute Erfolge verzeichnen.
Der größte Erfolg in den Bereichen Marktforschung und
Adressgenerierung wurde mit dem unterstützenden Kanal
Außenwerbung realisiert. Auch Postwurf konnte die gesetzten
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
Ziele übertreffen. Gleiches gilt für On-Pack-Promotion. Das
Internet zählt zu den erfolgreicheren unterstützenden Kanälen. Im Erfolgsmittelfeld liegen TV, Point of Sale und Promotion-Teams. Am schlechtesten funktionierte die Zielerreichung
von Marktforschung und Adressgenerierung mit kombinierten
Call-Center-Kampagnen. Kampagnen mit den Formen E-Mail,
Mailing und keinen unterstützenden Kanälen verfehlten ihre
Ziele nur knapp. Bei den Zielvorgaben Marktforschung und
Adressgenerierung bedarf der Einsatz dieser Formen einer gut
durchdachten Konzeption.
Erfolgsbeispiele
Mission 100millionster Volkswagen
Es gibt Zahlen, die muss man sich einfach auf der Zunge
zergehen lassen. Die 100 Millionen, die für die Anzahl der
verkauften Volkswagen steht, ist so eine Zahl. Dass dieses Ereignis vom Volkswagenkonzern gebührend gefeiert wurde, lag
auf der Hand. Im Rahmen eines besonderen Events wurde am
24. Mai 2005 der 100millionste Volkswagen im Automobilforum Berlin von Dr. Bernd Pischetsrieder an Eva Luise Köhler,
die Ehefrau des deutschen Bundespräsidenten, übergeben.
Das Auto kam einem karitativen Zweck zugute und wurde von
Frau Köhler an die Organisation „Achse”, die sich um seltene
chronische Krankheiten kümmert, weiterverschenkt. Um dieses Event national und international zu bewerben sowie die
Pressearbeit zu unterstützen, gab die Volkswagen Konzernkommunikation bei Proximity Germany ein Online- sowie ein
Mobile-Game in Auftrag. Diese Spiele sollten die User international an dem Ereignis teilhaben lassen.
Das Online-Game startete mit einem weltweiten Aufruf an
alle Teilnehmer, selbst an der Produktion der nächsten 100
Millionen Volkswagen teilzunehmen. Der User schlüpfte dabei
in die Rolle eines Fahrzeugkonstrukteurs und musste im Ver-
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Erweiterung des
Online-Games auf
dem Handy
lauf des Spiels neun Level absolvieren - vom Presswerk über
das Zusammenfügen des Fahrwerks mit der Karosserie, der so
genannten Hochzeit, bis hin zur Qualitätskontrolle. Um international eine noch größere Abdeckung innerhalb der Zielgruppe zu erreichen, wurde eine Erweiterung des Online-Games
auf dem Handy angeboten. Unter Angabe eines Kennworts
konnten sich die User per SMS das Racing-Game weltweit
ganz einfach auf ihr Handy laden. Ziel des Spiels war, Mr. X die
im Werk geschossenen Spionagefotos in einem wilden Verfolgungsrennen wieder abzujagen.
Mit dem Online-Game „100 Million Mission” konnte der Volkswagenkonzern schon nach nur sechs Tagen Laufzeit 14.720
registrierte User gewinnen. Die Online-Spieler produzierten in
dieser knappen Woche rund 17.000 Volkswagen. Durch Ausnutzung des mobilen Kanals konnten international unzählige
weitere Kontakte erzielt werden. Allein 3.458 Menschen nahmen am Gewinnspiel teil und füllten das Registrierungsformular aus - und auf das Stichwort „100 Million Mission” zeigte
Google rund 1.700 Treffer an.
Markeneinführung der Mercedes R-Klasse
mittels Mobile Marketing
Mercedes Benz hatte sich entschieden, Mobile Marketing für
den Launch der R-Klasse einzusetzen, da mit diesem Kommunikationskanal neue Zielgruppen angesprochen werden sollten
und diese Tatsache damit optimal zur neuen innovativen
Kommunikationsstrategie von Mercedes passte. Es wurde
eine modulare Herangehensweise mit dem Prinzip „Think big,
start small, scale fast” gewählt. Eine Testphase konzentrierte
sich hauptsächlich auf die Produktkommunikation, da die
Zielgruppe eine hohe Mobile Marketing-Affinität aufwies. Zu
der Testphase gehörten die folgenden Aktivitäten:
• Event auf der IAA in Frankfurt
• Testfahrt, Weihnachts- und Pre-Launch-Aktionen
• Kampagne zum Launch der R-Klasse
T. Schwarz / G. Braun: Leitfaden Integrierte Kommunikation
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M. Nitsche: Mobile Marketing - die wichtigsten Formen mobiler Kommunikation
Nach der Testphase wurden Analysen durchgeführt, um erste
Schlüsse aus den Aktionen zu ziehen, Key Learnings zu identifizieren, den Inhalt und die Services mit dem größten Potenzial
zu eruieren sowie das Kundenverhalten zu untersuchen.
• Events auf der IAA in Frankfurt: Die Idee bestand darin, mit
dem Interessenten in einen schnellen und einfachen Dialog
zu treten - durch einen Wallpaper-Download. Besucher der
Mercedes Lounges konnten sich mit Hilfe eines Flyers für einen Download zunächst registrieren. Anschließend erhielten
sie einen Link, um sich ein R-Klasse Wallpaper direkt auf ihr
Mobiltelefon herunter zu laden.
WallpaperDownload
• Testfahrt: Begleitend zum Testfahrtangebot in Europa wurde
eine mobile WAP-Site geplant. Zur Steigerung der Emotionalität sollte schließlich ein mobiler R-Klasse-Film entwickelt
werden, der sich aus Fotos aller Teilnehmer zusammensetzte.
Als begleitende Promotion fungierten Polaroids in den Roadbooks und Verkaufsräumen.
Weihnachtsaktion: Die Weihnachtswünsche von Mercedes
und der R-Klasse wurden mit einer „Tell-a-friend”-Mechanik
aufgesetzt, um zusätzliche Aufmerksamkeit und Interessenten zu generieren. Die WAP-Site bestand zum einen aus den
Weihnachtsgrüßen, die herunter zu laden waren, einer „Tella-Friend”-Funktion, Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme
mit Mercedes sowie einem Link zu der bereits bestehenden
mobilen Seite.
Pre-Launch im Januar 2006: Die Markteinführung rückte immer näher und jeder registrierte Nutzer erhielt das Angebot,
sich auf den Launch vorzubereiten, indem er seine persönliche
R-Klasse konfigurierte. Es konnte beispielsweise aus verschiedenen Farben und Felgenvariationen ausgewählt werden, so
dass auf diese Weise ein individuelles Modell entstand, das
in Form einer Diashow aufs Mobiltelefon geladen werden
konnte.
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Videos, Sounds,
Wallpapers und
ein Konfigurator
• Launch R-Klasse: Für die eigentliche Markteinführung bot
Mercedes den Usern zusätzliche mobile Inhalte und Themen
rund um die R-Klasse an, die sowohl emotionale und interaktive Aspekte abdeckten als auch sehr konkrete und präzise Produktinformationen lieferten. Hiezu gehörten Videos,
Sounds, Wallpapers, ein Konfigurator, so dass der Nutzer
auf diese Weise durch den Einsatz von Mobile Marketing die
R-Klasse mit fast allen Sinnen kennen lernen und erfahren
konnte.
Ausblick
Dienste müssen
einen deutlichen
Mehrwert
schaffen
Mobile Marketing funktioniert unter bestimmten Voraussetzungen sehr gut und trägt dazu bei, elementare Marketingziele zu erreichen. Wichtig ist hierbei, dass es branchenspezifisch
und zur Erreichung klar definierter Ziele eingesetzt wird. Die
eingesetzten Dienste müssen einen deutlichen Mehrwert
schaffen, wie beispielsweise mobile Infodienste oder FunAngebote. Solche Formen der Kundenansprache funktionieren
über den gesamten Kaufzyklus hinweg. Die Schaffung von
Relevanz muss in Zukunft bei der Konzeption von Kampagnen
hohe Priorität haben. Reine Werbebotschaften greifen erst in
der After-Sales-Phase.
Konzeptionskriterien haben einen nachgewiesenen Einfluss
auf die Zielerreichung von Mobile Marketing. Welche Gestaltungskriterien wie behandelt werden müssen, hängt stark von
den Zielen ab, die verfolgt werden. In jedem Fall muss eine
Definition der Ziele die Basis von Mobile Marketing-Kampagnen bilden, innovative Kanäle werden nicht per se zu einer
Erfolgsstory.
Generell lässt sich sagen, dass der Erfolg umso größer ist, je
individueller der Inhalt auf den Einsatzzeitpunkt abgestimmt
ist. Die Zahl der unterstützenden Kanäle ist maßgeblich mitverantwortlich für den Kampagnenerfolg.
T. Schwarz / G. Braun: Leitfaden Integrierte Kommunikation
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