14 Positiver Test bei Hämorrhoiden
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14 Positiver Test bei Hämorrhoiden
Wissenschaftlicher Informationsdienst Positiver Haemoccult®-Test bei Hämorrhoiden - Klarer Fall? Keineswegs! Leider passiert es immer wieder, daß Hämorrhoiden als plausible Erklärung für einen positiven Haemoccult-Test angesehen werden, und oft genug resultiert daraus eine tragische Verschleppung der Diagnose. aufzuspüren, wenn diese als erstes Glied in der Adenom-Karzinom-Sequenz überhaupt noch keine entarteten Zellen enthalten. Eine durch endoskopische Abtragung tatsächlich erreichbare Krebsprophylaxe wäre mit einem solchen Test nicht möglich! Zum Verständnis sei kurz auf das Problem der falsch-positiven Testergebnisse eingegangen. Zunächst ist festzustellen, daß Haemoccult ein Test auf okkultes Blut im Stuhl ist und kein Test auf kolorektale Karzinome. Das erscheint hinsichtlich der Zielsetzung auf den ersten Blick ein beachtlicher Nachteil zu sein, bringt jedoch - wie später erläutert einen entscheidenden Gewinn. Der beachtliche Anteil von 29 % führt zurück zum Thema: Hämorrhoiden. Dieser Prozentsatz ist extrem niedrig, wenn man die Positivitätsrate aller im Screening durchgeführten Haemoccult-Tests kennt, die bei 1-2 % liegt. Denn 29 % der positiven, d.h. maximal 0,7 % aller getesteten Personen, haben einen positiven Test aufgrund Hämorrhoiden. Die Literatur gibt an, daß ca. 50 % aller Personen über 50 Jahren an Hämorrhoiden leiden. Um über Prozentangaben zur Rate der falschpositiven Testergebnisse zu reden, ist zunächst ein Definitionsproblem zu erläutern: Man kann argumentieren, der Test wird eingesetzt, um kolorektale Neoplasien zu finden. Also wird jedes positive Ergebnis, das nicht zu einer solchen Diagnose führt, als falsch-positiv angesehen. In diesem Fall beträgt die Falsch-Positiv-Rate von Haemoccult 60-70 %, also ca. 1 % aller getesteten Personen. Dabei wird nicht berücksichtigt, daß aufgrund eines positiven Haemoccult-Tests auch Erkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Divertikel u.a. entdeckt werden. Sicher mag bei bestimmten selektiven Fragestellungen (z.B. Kosten/Nutzen-Analysen) diese Betrachtungsweise sinnvoll sein. Haemoccult ist jedoch ein Test auf okkultes Blut im Stuhl, so daß logischerweise das als falsch-positiv anzusehen ist, was bei der Nachuntersuchung nicht zum Aufspüren einer (okkulten) Blutungsquelle führt. Die internen Statistiken verschiedener großer Kliniken zeigen, daß die meist endoskopische Abklärung nach Einweisung mit positivem Haemoccult-Test in 90 % zur Aufspürung einer Blutungsquelle führt. D.h. die Rate falsch-positiver Haemoccult-Tests liegt bei dieser Betrachtungsweise bei 10 %. Die diagnostische Abklärung bei 240 Patienten mit positivem Haemoccult-Test ergab in 31 % kolorektale Neoplasien (15 % Karzinome, 16 % Polypen), 5 % Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, 2 % Sigmadivertikel, 29 % Hämorrhoiden, 15 % obere Intestinalblutung und 2 % Dicumarinblutung (1). Hierbei wird zugleich der Vorteil von Haemoccult und dem Leitsymptom Blut im Stuhl dokumentiert. Ein spezifischer Krebstest wäre nicht in der Lage, die mit Haemoccult entdeckten Polypen zu einem Zeitpunkt Die erstaunliche aber erfreuliche Diskrepanz läßt sich erklären: Um zu einem positiven Haemoccult-Test zu kommen, bedarf es aus Erythrozyten freigesetzten Hämoglobins. Hämorrhoidales Blut wird dem Stuhl spät beigemengt und unterliegt nicht mehr der enzymatischen Verdauung. Die Erythrozyten bleiben also unverletzt und trocknen mit der Stuhlprobe ein. Das enthaltene Hämoglobin ist demgemäß bei der Auswertung "abgekapselt" und ruft i.a. kein positives Testergebnis hervor. Die genannten 0,7 % könnten wahrscheinlich noch reduziert werden, wenn nicht durch die - nicht nur aus diesem Grunde unglückliche - Mode der Tiefspül-WCs oberflächliches Blut beim Eintauchen des Stuhls in das Wasser bereits hämolysiert und so auf die Testbriefchen aufgetragen würde. Es liegt nahe anzunehmen, daß sich in der Praxis des proktologisch tätigen Arztes Kolonerkrankungen signifikant häufiger als in der Normalbevölkerung oder auch im Krankengut anderer niedergelassener Ärzte finden. Es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kolonerkrankungen und Symptomen und Beschwerden im Analbereich, häufig wird die Symptomatik bei Dickdarmerkrankungen für den Patienten primär im Analbereich deutlich bzw. wird von diesem dorthin projiziert. Klassisches Beispiel ist die transanale Blutung. Ein bestehendes Hämorrhoidalleiden kann nicht selten über Monate und Jahre diagnostisch in die Irre führen, der Befund im Analbereich steht im Vordergrund für Arzt und Patient. Andererseits dürfte es eine Frage der Kosten/Nutzen-Analyse sein, inwieweit der proktologisch erkrankte Patient einer Routineuntersuchung des gesamten Kolons zu unterwerfen wäre, damit höher gelegene Befunde nicht außer acht gelassen werden. D. Geile (2, 3) ging in einer wissenschaftlichen Untersuchung an 5310 Patienten einer proktologischen Praxis den Fragen nach, Die Koloskopie ergab: Koloskopie (N = 1228) 1. ob Kolonerkrankungen bei proktologischen Patienten tatsächlich häufiger auftreten 2. welche Möglichkeiten der zusätzlichen Kolondiagnostik es in der Praxis gibt, welche dem Patienten zumutbar und welche von der Wirtschaftlichkeit her der Allgemeinheit gegenüber vertretbar sind. Neben der routinemäßigen Rektosigmoidoskopie erfolgte eine weitere Kolondiagnostik bei etwa 40 % der Patienten: Weitere Diagnostik bei proktologischen Patienten (N = 5310) Koloskopie Doppelkontrasteinlauf Beide Untersuchungen Haemoccult N 1228 155 368 400 2151 % 23,1 2,9 6,9 7,5 40,4 Üblicherweise wurde koloskopiert, nur beim ängstlichen, nicht kooperativen Patienten und manchmal bei Verdacht auf Kolonstenose der Doppelkontrasteinlauf vorausgeschickt. Gründe für eine zusätzliche Kolonuntersuchung waren: Indikationen für weiterführende Diagnostik (N = 2151) % 29,9 23,2 23,1 17,4 3,5 2,9 100,0 Sichtbare transanale Blutung Stuhlgangsbeschwerden Schmerzen im Analbereich Bauchschmerzen Blähungen Sonstige Außerdem wurde bei 400 Patienten ohne jede sichtbare Blutung und bei bestehenden Beschwerden vor allen Dingen im Sinne eines irritablen Darms als zusätzliche Screening-Methode der HaemoccultTest durchgeführt, wenn er zum Zeitpunkt der Untersuchung länger als 6 Monate zurücklag bzw. bei den sonst betreuenden Ärzten noch nie durchgeführt wurde. Karzinome Polypen Colitiden (Ulc. + Gran) Stenosen Divertikel N 18 102 28 20 59 209 % 1,5 8,3 2,3 1,6 4,8 17,0 Bei der Kombination von Koloskopie und Röntgen bei 368 Patienten wurden 10 Karzinome (2,7 %), 79 Polypen (21,5 %), 15 Colitiden (4,1 %), 11 Stenosen (3,0 %) und 42 Divertikel (11,4 %) gefunden, ein pathologischer Befund also bei 157 Patienten (42,7 %). D. Geile kommt aufgrund der Ergebnisse zu den folgenden Antworten auf die oben genannten Fragen: 1. Bei 8 % der proktologisch erkrankten Patienten finden sich zusätzliche pathologische Befunde im Kolon (Rektosigmoid nicht berücksichtigt). 2. Als Standarduntersuchungsmethoden in der proktologischen Praxis haben sich Test auf okkultes Blut im Stuhl, Koloskopie und Doppelkontrastdarstellung des Kolons jeweils bei exakter Indikation als aussagekräftig erwiesen. Bei Fehlen jeder sichtbaren Blutung darf man bei proktologisch erkrankten Patienten in über 10 % positive Haemoccult-Tests erwarten, die diagnostische Ausbeute erscheint entsprechend hoch. Positiver Haemoccult-Test bei Hämorrhoiden Klarer Fall? Keineswegs! Bei über 40 % (!) dieser Patienten wurde eine Neoplasie im Kolon diagnostiziert. 90 % aller getesteten Patienten mit Erkrankungen im Anal- und Rektumbereich ohne sichtbare Blutung hatten einen NEGATIVEN Haemoccult-Test! Selbst unter Bezugnahme auf die härtere der oben gegebenen Definitionen (Neoplasien pro positive Tests) hatten nur 6 % dieser Patienten einen falsch-positiven Haemoccult-Test. Diese Ergebnisse beweisen, daß Hämorrhoiden keine plausible Erklärung für einen positiven Haemoccult-Test sind! Literatur Bei den folgenden Ergebnissen ist zu berücksichtigen, daß das Rektosigmoid bis 25 cm wegen der routinemäßigen Inspektion ausgenommen war: 1 Otto, P., H. Bunnemann und H.-J. Froboese: Screening and Diagnosis in Colorectal Neoplasia, Vortragsabdruck im Symposiumsband zum "International Symposium Colorectal Cancer, Epidemiology and Screening, March 6-7, 1979, New York, N.Y." und persönliche Mitteilung Haemoccult-Testung (N = 400) 2 Geile, D., R. Hauck und F. Struppe: Supplementary Diagnosis of the Colon in Proctological Practice - Indication, Methods, Results. Paper from the World Congresses, Colo-Proctology, June 19, 1982, Stockholm 3 Geile,D.,R. Hauck und H. Schuster: Kolondiagnostik: Diagnostische Effizienz, Durchführbarkeit und Komplikationen in der Praxis des niedergelassenen Arztes, Vortrag, gehalten beim 10. Symposion der CAE am 13. und 14. Mai 1983 in Bremen Positive Ergebnisse N 41 % 10,3 2 15 17 4,8 36,6 41,4 davon: Karzinome Polypen Die Positivitätsrate ist deutlich höher als in der Normalbevölkerung, zudem liegt eine auffallende Häufung von Neoplasien vor. Kopien der zitierten Literatur senden wir Ihnen auf Anforderung gerne zu. 51027 Beckman Coulter GmbH Europark Fichtenhain B 13 • D-47807 Krefeld Primary Care Diagnostics Tel.: 0800/4236622 • Fax: 0800/4236632