Wortgewaltig lernen - Schulbuchzentrum Online

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Wortgewaltig lernen - Schulbuchzentrum Online
paddle
canoe
boat
river
bridge
At work
Nr. 12 • Frühjahr/Sommer 2007
Das Englisch-Magazin von Diesterweg
Interview
Was bedeutet DESI für den Unterricht?
Didaktik
Wie Wortschatzarbeit gelingt: Hintergründe und Praxis-Tipps
Im Fokus
Wortgewaltig lernen
valley
Tower
Bridge
London
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
wie wichtig das Vokabellernen ist, weiß jeder,
der irgendwann einmal eine Sprache gelernt hat:
Worte tragen Botschaften von einem Menschen
zum anderen und stehen deshalb im Zentrum
der Kommunikation. Zugleich können Worte
sperrig sein: Manchmal ändern sie plötzlich in
einem neuen Kontext die Bedeutung, oder sie
tauchen immer nur in Verbindung mit bestimmten anderen Worten auf. Außerdem muss man
bei vielen Worten ein genaues Gespür dafür
entwickeln, wie umgangssprachlich oder gehoben sie für einen Muttersprachler klingen.
Und ganz selten nur findet man ein Wort, für
das es eine echte Übersetzung in der eigenen
Sprache gibt. Kurz: Beim Wortschatzlernen
lauern jede Menge Stolpersteine auf Lehrer und
Schüler. Abhilfe verspricht der Lexical Approach:
er zeigt, wie der Wortschatz erfolgreich aufgebaut werden kann und sogar den Grammatikerwerb fördert. Grund genug für uns, Ihnen in
dieser Ausgabe einen Überblick über aktuelle
Entwicklungen und Methoden des Wortschatzlernens zu geben.
3 Im Fokus
Lexical Approach: Wie die Wörter ins Gehirn kommen
Einen herzlichen Glückwunsch senden wir mit
dieser Ausgabe an die fünf Schulen, die im
Dezember mit dem Deutschen Schulpreis der
Robert-Bosch-Stiftung ausgezeichnet wurden. Es
freut uns, dass in allen Ecken Deutschlands Schulen zu finden sind, die mit Mut, Leidenschaft und
didaktischem Feingefühl ein Lernklima schaffen,
in dem sich Schüler und Lehrer zu Hause fühlen.
Dass mit der Offenen Schule Waldau aus Kassel,
der Hamburger Max-Brauer-Schule und der IGS
Franzsches Feld in Braunschweig gleich drei
der vier im Sekundarbereich ausgezeichneten
Schulen im Englischunterricht mit DiesterwegLehrwerken arbeiten, freut uns natürlich ganz
besonders: Es zeigt, dass sich unser Engagement,
Bücher für einen zeitgemäßen und motivierenden Unterricht zu erstellen, lohnt.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Ihr Redaktionsteam Englisch
[email protected]
Inhaltsverzeichnis
6 Didaktik
Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Wortschatzarbeit
8 Culture Capsules
All in one boat
10 Trends
Fragen an Gayle Tufts
Tell me a story!
11 Trends
Helping students to learn words
13 TEA Interview
„Nur was für die Schüler bedeutsam ist – das lernen sie.“
14 Praxis
Ohne Wörter geht es nicht!
Impressum
Herausgeber und Redaktionsanschrift:
Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel
Diesterweg Schöningh Winklers GmbH
Georg-Westermann-Allee 66
38104 Braunschweig
Redaktion:
Nicole Sienkamp (V. i. S. d. P.)
Berenike Giera
Alexandra Mankarios
Redaktionelle Beratung:
Dr. h. c. Christoph Edelhoff (TEA)
Konzeptberatung:
Mann beißt Hund – Agentur für Kommunikation
Gestaltung:
blum Design & Kommunikation
Titelbild: Fontshop / Fancy
Druck:
Westermann Druck GmbH
Georg-Westermann-Allee 66
38104 Braunschweig
Um eine bessere Lesbarkeit des Textes zu gewährleisten, ist bei
der Bezeichnung von Berufs- und sonstigen Gruppen auf eine
Differenzierung in eine weibliche und männliche Schreibweise
verzichtet worden.
Die nächste At work erscheint im Herbst 2007.
Im Fokus Wortgewaltig lernen
Wie die Wörter
ins Gehirn kommen
Wortgewaltig lernen: Beim Lexical Approach steht der Vokabelschatz im Mittelpunkt
Zum Kommunizieren braucht man Wortschatz. Wie wichtig
das Vokabellernen ist, hat Michael Lewis bereits Anfang der
neunziger Jahre beschrieben. In seinem Werk „The Lexical
Approach“ plädiert er dafür, mehr Wert auf eine systematische
Wortschatzarbeit zu legen – allerdings nicht, indem die Schüler
nun einfach größere Vokabelmengen bewältigen sollen. Der
Kern seines Ansatzes besteht darin, vor allem mit Verbindungen aus mehreren Wörtern, so genannten chunks zu arbeiten,
ohne diese zunächst tiefer zu analysieren.
Wie schaffen es Muttersprachler, sich so flüssig zu unterhalten?
Und was kann man von ihnen lernen und auf den Fremdsprachenunterricht übertragen? Einer der Hauptunterschiede zwischen dem Erwerb der Muttersprache und den Lernprozessen
im Klassenzimmer ist bei der Erforschung des so genannten
mentalen Lexikons deutlich geworden: Während Schüler oft
einzelne Wörter notieren und lernen, speichert das Lexikon im
Gehirn auch Wendungen ab, die aus mehreren Worten bestehen. Ausdrücke wie not yet, by the way, see you later oder auch I
see what you mean but… sind im Muttersprachler-Hirn also fest
verdrahtet. So lassen sich im Gespräch Wendungen und Satzteile, die häufig wiederkehren, auf einmal abrufen – eine entscheidende Zeitersparnis, wenn man bedenkt, wie blitzschnell wir
Botschaften formulieren oder entschlüsseln müssen, um den
Gesprächsfluss aufrecht zu halten. Wie Fremdsprachenschüler
von dieser Arbeitsweise des mentalen Lexikons profitieren
können, hat Michael Lewis 1993 untersucht. Seine Antwort:
Indem sie genau wie Kinder, die ihre Muttersprache erwerben,
zunächst feste Wendungen und Satzteile als Ganzes lernen und
erst später die Funktionen der Einzelteile – die Grammatik eines
Ausdrucks also – analysieren.
Lernziel: Natürliche, mündliche Sprache
Nicht allein für die Geschwindigkeit zahlt es sich aus, wenn
feste Wendungen, Kollokationen und Sprachformeln aller Art
am Stück abgespeichert werden. Auch die Qualität der Sprache
steigt: Muttersprachler gewinnen an Ausdrucksvermögen, bei
Fremdsprachenlernern wird die Sprache vor allem „natürlicher“,
denn viele Stolperfallen, die durch Übersetzungsfehler entstehen können, treten dann gar nicht erst auf. Hintergrund
ist wiederum die Funktionsweise des mentalen Lexikons: Wir
speichern nicht nur feste Wendungen als Blöcke ab, sondern
wir merken uns auch zu jedem Wort, in welcher Umgebung
es sehr häufig vorkommt, also in welchen Wendungen es
zu finden ist. „Wenn Schüler zum Beispiel nur wissen,
dass Bus bus heißt, formulieren sie solche Sätze
wie ‚I drive with the bus‘“, erläutert Prof.
Marita Schocker-von Ditfurth von
The English Academy. „Besser wäre es gewesen, sie hätten
gleich gelernt ‚I go by bus‘, ‚I get off the bus‘, ‚I wait for the bus‘
und so weiter.“
Die Erkenntnis, dass das Gehirn in der Lage ist, feste Wendungen als Ganzes zu speichern, kann Fremdsprachenlernern Mut
machen: Sie machen erst die Kompetenzerfahrung, danach
kann ihre Aufmerksamkeit auf die Analyse der Bestandteile
einer Äußerung gerichtet werden. Sprache muss also nicht im
Kommunikationsprozess aus einzelnen Versatzstücken mühsam zusammengesetzt werden.
Der Lexical Approach im Unterricht
Feste Wendungen und Kollokationen – zunächst klingt das eher
nach einigen wenigen Ausdrücken. Tatsächlich aber kommt
kaum eine Aussage – sieht man einmal von Ein-Wort-Äußerun-
3
4
Im Fokus Wortgewaltig lernen
gen ab – ohne eine feste Kombination aus Worten aus. Für den
Lexical Approach ist deshalb der Co-Text eines Wortes, also die
einen Begriff umgebenden Wörter, von Interesse. Sie sollten von
den Fremdsprachenlernern gleich mitgelernt werden. Tatsächlich rät der Ansatz dazu, im Unterricht mit Modellsätzen und
fertigen Satzanfängen als Sprachproduktionshilfe zu arbeiten.
Einfache Satzanfänge (sentence heads) wie zum Beispiel „In my
street there is/there are...“ beugen typischen Übersetzungsfehlern vor, die auf den Transfer deutscher Wendungen ins Englische zurückzuführen sind, etwa „In my street it gives...“. Wichtig
ist aber auch, den Schülern den Ansatz zu erklären und das Vokabeltraining von Anfang an am Lexical Approach auszurichten.
Die generelle Regel: „Schreibt immer mindestens drei Wörter
auf!“ ist für Schüler leicht zu verstehen und legt mit einfachen
Mitteln die Basis für den Aufbau eines Mehr-Wort-Vokabulars.
Das systematische Erarbeiten von Wortschatz sollte fester Bestandteil des Unterrichtsgeschehens werden. Dazu kann auch
mit dem Wörterbuch gearbeitet werden. Zum Beispiel bei Verben wie take, die je nach Kontext eine Fülle von Bedeutungen
haben können, lohnt sich ein genaueres Hinsehen. Im Unterricht lässt sich das beispielsweise als Sammlung umsetzen: Die
Schüler suchen Sätze und Wendungen, in denen das Verb take
vorkommt. Diese werden dann nach Bedeutungen sortiert. Auf
einem Blatt können anschließend um das Wort take, das in der
Mitte steht, verschiedene Bedeutungsblöcke gruppiert und
durch Beispielsätze illustriert werden. Vier verschiedene Bedeutungsgruppen etwa lassen sich schon mit einfachen Beispielen
für take ausmachen, siehe Abbildung (S.5, rechts oben).
Auf diese Weise erhalten gerade Ausdrücke, die oft als schwierig
galten, für die Schüler einen Sinn – und dank der Beispielsätze,
die sie als Ganzes lernen, bereichern die Schüler auch ihr Ausdrucksvermögen nachhaltig. Lewis sieht in dieser Art von Beispielsatz-Sammlung ein lexikalisches Muster, ein lexical pattern:
er geht davon aus, dass die grafische Darstellung mit den umgebenden Bedeutungsblöcken dem Bedeutungsgeflecht ähnelt,
mit dem sich das mentale Lexikon Wörter merkt.
Ein weiterer Vorteil der lexikalischen Muster: Auch individueller
Wortschatz kann hier einfließen. Der Wortschatz, den die Schüler zum Beispiel im Urlaub, mit Songtexten oder beim Surfen
im Internet aufgebaut haben, kann im Unterricht oft nicht berücksichtigt werden. Beim Aufdecken von lexikalischen Mustern
jedoch können die Schüler zeigen, welche Ausdrücke sie allein
gelernt haben – das motiviert!
Basisarbeit Wortschatz
Auch wenn es zum Lexical Approach zahlreiche praktische
Übungen gibt, ist der Ansatz weit mehr als eine Aufgabensammlung. Inhaltlich ähnlich wie der Taskbased Approach und der Kommunikative
Ansatz ausgerichtet, stellt Michael
Dr. Marita Schocker-von Ditfurth,
Professorin für Didaktik der eng­­lischen Sprache an der Pädagogischen
Hochschule Freiburg und Mitglied
von The English Academy (TEA)
Lewis’ Wortschatzkonzept eine mündliche, alltägliche Sprache
in den Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens, die in erster Linie dazu dient, Bedeutungen auszudrücken. Die Arbeit an einer
immer korrekteren Ausdruckweise folgt der Sprachproduktion –
und nicht umgekehrt. Für die Organisation des Lernprozesses bedeutet das: Erst muss ein Grundstock an sprachlicher
Kompetenz geschaffen werden, dann kann eine analytischere
Herangehensweise folgen, bei der die sprachlichen Strukturen
näher unter die Lupe genommen werden. Beispielsweise zum
Thema If-clauses – klassische Fehlerquelle für deutsche Lerner –
bietet sich im Rahmen des Lexical Approach für den Typ II eine
Übung zur Sprachfunktion Giving advice an: Zunächst notieren
die Schüler, welche Dinge ihnen immer wieder Schwierigkeiten
im Alltag bereiten. Anschließend beraten sie sich gegenseitig:
„If I were you I would...“. Als kompletter chunk gelernt, verliert
der Satz schnell seinen Schrecken. Folgt dann zu einem späteren
Zeitpunkt eine Erklärung der grammatischen Struktur, so haben
die Schüler bereits wichtige Beispielsätze verinnerlicht, auf die
sie als Modell zurückgreifen können.
Das If-Beispiel illustriert: Es geht im Lexical Approach nicht da­
rum, die Grammatik zurückzunehmen. Vielmehr legt der Ansatz
nah, die Trennung zwischen Wortschatz und Struktur zu überwinden und beides sinnvoll zu verbinden. Ausgangspunkt des
Fremdsprachenlernens sollte allerdings der Wortschatz sein –
zum einen, weil er für die Kommunikation eine entscheidende
Rolle spielt, zum anderen, weil Worte und Wendungen als basic
units der Sprache Lernern auf ganz praktische Weise das nötige
Gerüst vermitteln, an dem Regeln erkannt und vertieft werden
können. „Language consists of grammaticalized lexis, not lexicalized grammar“, – bringt es Lewis auf den Punkt.
Kleiner Dreh – große Wirkung
Hauptanliegen des Lexical Approach, fasst Marita Schockervon Ditfurth zusammen, sei es, Lehrern die grundlegende
Bedeutung einer systematischen Wortschatzarbeit bewusst zu
machen und für eine natürliche Alltagssprache als Lernziel zu
plädieren, anstatt für ein „abstraktes Ideal von Sprache“. Der
gesamte Unterricht muss dafür nicht neu konzipiert werden.
Im Fokus Wortgewaltig lernen
„Schüler sollten im Unterricht
die Möglichkeit haben, mit Sprache
zu experimentieren.“
Prof. Dr. Marita Schocker-von Ditfurth
Sie rät aber dazu, das Klassenzimmer vor allem als Raum zu
begreifen, in dem „die Schüler die Möglichkeit haben, mit Sprache zu experimentieren und zu erfahren, was sie mit ihr tun
können.“ Als Orientierung eignet sich dabei Lewis’ OHE-Prinzip
(observe – hypothesize – explore), mit dem Schüler zu einem entdeckenden Lernen angeregt werden sollen und das an die Stelle
des klassischen PPP-Zyklus (present – practise – produce) treten
könnte. „Zunächst machen die Schüler die Erfahrung, dass sie
mit der Sprache etwas ausdrücken können, danach stellen sie
anhand der von ihnen produzierten Sprachbeispiele Vermutungen über das Funktionieren der Sprache an, und man erkundet
gemeinsam, ob das Gesagte angemessen und formal korrekt
ist“, beschreibt Schocker-von Ditfurth den Unterrichtsaufbau.
Daraus folgt, dass der Lexical Approach für Lernkontrollen ein
eher holistisches Vorgehen nahe legt, das die Qualität der
Sprachproduktion insgesamt anhand einzelner Kriterien beschreibt: Fluency beispielsweise sollte eines von verschiedenen
Bewertungskriterien sein, wenn die Schüler etwas mündlich
präsentieren. Auch ein Kriterium wie Range of Vocabulary ist
wichtig, da damit anerkannt wird, dass Schüler die vielfältigen
Wendungen, die sie gelernt haben, auch im Kommunikationsprozess verwenden können. Schriftlich lassen sich die Lexical
Patterns, die die Schüler gemeinsam erarbeitet haben, sehr gut
prüfen, indem sie ein vorgegebenes network, das in inhaltliche
Teilbereiche gegliedert ist, mit gelernten chunks ergänzen – genau wie in dem take-Beispiel. Den Schülern macht es Spaß, sich
als Sprachentdecker zu erproben. „Ich erkläre den Schülern und
auch den Eltern, wieso Wörter nicht isoliert gelernt werden“,
berichtet Schocker-von Ditfurth. „Das ist ja auch gut nachvollziehbar, und es wird sehr gut aufgenommen.“
Literatur:
Lewis, Michael (1993): The Lexical Approach. The State of ELT and a Way Forward.
Hove: Language Teaching Publications.
Online-Tipp:
http://www.teachingenglish.org.uk/think/methodology/lexical_approach1.shtml
http://www.teachingenglish.org.uk/think/methodology/lexical_approach2.shtml
http://www.the-english-academy.de
(take someone somewhere)
Who takes the children to school?
I'll take you shopping tomorrow.
They had to take her to the doctor.
................................
................................
a picture
a photograph
5
(a period of time)
I took over an hour on the
motorway.
That'll take ages.
I won't take more than ten
minutes.
................................
................................
take
(travelling)
Shall we take the car?
Don't worry I can take a train.
................................
................................
an exam
your driving test
(decisions or choices)
You should take more risks.
We can't take a decision yet.
I'll take the responsibility.
................................
................................
Das Verb take als Lexical Pattern: Die Erstellung lexikalischer Muster im Fremdsprachenunterricht hilft beim Wortschatzaufbau. (Nach: Lewis, Michael (1993): The Lexical
Approach, S.144)
Didaktik Wortschatzarbeit
Einige Grundvoraussetzungen für
eine erfolgreiche Wortschatzarbeit
Von Prof. Dr. Werner Bleyhl, The English Academy
Der Schlüssel zum Lernerfolg in der
Fremdsprache liegt im Wortschatz – und
zwar nicht nur, weil sich mit einem reichen Vokabular viel sagen lässt. Die aktuelle Forschung belegt auch: Im Bereich
Grammatik bringen es Wortschatz-Lerner
weiter – wenn die Lernmethode stimmt.
Forschungsobjekt Wortschatz
Mehrere Forschungsdisziplinen liefern
Antworten, wenn es um das Fremdsprachenlernen geht. Im Bereich Wortschatz
deuten ihre Ergebnisse in dieselbe Richtung: Der Wortschatz ist beim Fremdsprachenlernen von zentraler Bedeutung
und liefert die Basis für den Grammatikerwerb.
• In der Linguistik herrscht Übereinstimmung: Grammar is lexicon driven – und
nicht umgekehrt. Das heißt, wir füllen
nicht die grammatischen Strukturen mit
Wörtern, sondern wir verwenden lexikalische Einheiten, die bestimmte Strukturen benötigen.
• Die Spracherwerbsforschung stützt
diese Erkenntnis: Erst nach der Verinnerlichung von 400 bis 500 lexikalischen
Einheiten entwickelt sich die Syntax im
Lerner. Die Reihenfolge des Erwerbs syntaktischer Strukturen kann zudem durch
Unterricht langfristig nicht verändert
werden. Das Tempo allerdings schon: es
hängt von der Zahl der verinnerlichten
lexikalischen Einheiten ab.
Methodische Konsequenz A:
Wortschatz fördert die Grammatik
Sollen die Schüler grammatikalisch annehmbar die Fremdsprache verwenden,
so muss der Unterricht dafür sorgen,
dass sie rasch einen möglichst großen
Wortschatz erwerben. Für Sprachwissenschaftler steht fest: Worte und lexikalische Einheiten sind nicht einfach leere
Zeichen. Sie sind für die Mitglieder einer Sprachgemeinschaft
„sprachliche Repräsentationen“ menta-
ler Begriffe: Hinter jedem Wort steht ein
komplexes mentales Konzept, das sich im
sozialen Miteinander in der Welt bildet,
wenn Mitglieder einer Sprachgemeinschaft miteinander interagieren. Mentale
Begriffe beschreiben also Konzepte des
sozialen Miteinanders und bestimmen
unsere Denkstrukturen und -kategorien.
Zeit und hinreichende neuronale Aktivität braucht.
Folgerung für den Unterricht: Ein Vokabellernen mit Wortgleichungen „Sprache 1 –
Sprache 2“ ist unangemessen und erschwert das Sprachenlernen. Die Gegen­
überstellung der englischen Begriffe
man – mister (Mr) – husband – gentleman
mit den deutschen Mensch – Mann –
Herr zeigt: Die semantischen Felder, die
Begriffsbereiche in den verschiedenen
Sprachen, weisen zwar Schnittmengen
auf, grenzen aber die Anwendung kulturspezifisch verschieden ab. Ganz deutlich
ist das zum Beispiel bei gängigen Verben
und bei Präpositionen, das Prinzip gilt
aber für alle Wortarten:
Gerade hinter scheinbar einfachen, alltäglichen Worten stehen oft sehr differenzierte mentale Konzepte. In Abbildung unten am Beispiel für den Erwerb
des Begriffes „essen“, lässt sich die Bildung eines mentalen Konzepts ablesen:
Erkennbar wird
• die Abhängigkeit vom Erleben in der
Welt
• die individuell unterschiedliche Geschwindigkeit in der Ausbildung der Konzepte
• die individuell unterschiedliche zeitliche Verzögerung zwischen der Ausbildung des Konzepts und der produktiven
Verwendung des Wortes. Das ist neurolinguistisch gesehen gar nicht anders
möglich, weil der Aufbau entsprechender
neuronaler Strukturen im Gehirn seine
• Beispiel Verben:
Englisch: go – walk etc.
Deutsch:gehen – fahren – fliegen usw.
• Beispiel Präpositionen:
Englisch:at school
Deutsch:in der Schule
Englisch:at the railway station Deutsch:auf dem Bahnhof
Englisch:at the petrol station
Deutsch:an der Tankstelle
100
80
60
Anzahl Kinder in Prozent
6
Versteht
»essen«
Isst mit
Löffel
Die Beziehung zwischen
geistiger Entwicklung,
sprachlichem Verständnis
und Ausdruck, dargestellt
anhand des Begriffs
„essen“. Die Linien geben an,
wie viele Kinder (in Prozent)
den Löffel gebrauchen, das
Wort „essen“ verstehen und
aussprechen.
Gebraucht
»essen«
40
20
0
3
6
9
12
Alter in Monaten
15
18
21
24
27
30
33
aus: Largo, Remo H. (2000):
Babyjahre, S. 318.
Professor Dr. Werner Bleyhl ist
emeritierter Professor für englische
Sprache und Literatur an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Mitglied von The English
Academy (TEA).
Fazit: Jede lexikalische Einheit braucht
ihren Kontext, und zwar sowohl situativ/pragmatisch als auch sprachlich. Das
bedeutet:
• In bestimmten sozialen Situationen
werden nur jeweils bestimmte Wörter
gebraucht, weshalb bestimmte Wörter
auch die Gestimmtheit bestimmter sozialer Situationen hervorrufen.
• Wörter haben immer andere Wörter,
deren Gesellschaft sie suchen und mit
denen sie häufig zusammen auftreten:
Kollokationen.
Führt man sich diese Kontextabhängigkeit von Wörtern vor Augen, so wird deutlich, dass es im Fremdsprachenunterricht
nicht darum gehen sollte, Einzelwörter
zu lehren. Einzelwortlernen hilft allenfalls für entsprechende Vokabelarbeiten,
mittel- und langfristig werden die Wörter jedoch vergessen und stehen einem
kreativen Gebrauch nicht zur Verfügung.
Methodische Konsequenz B:
Viele Kontexte kennenlernen
Kein Lerner kann nach einer einmaligen
Begegnung mit einer fremdsprachlichen
lexikalischen Einheit ihren Geltungsbereich absehen. Dafür muss er dem Wort
wiederholt und in verschiedenen Kontexten begegnen, zum Beispiel, indem die
Aufgabenstellung ihm die Gelegenheit
dazu bietet. Nur so kann er die – allerdings immer unscharfen (fuzzy) – Grenzen in etwa abschätzen. Der Lerner verhält sich lernstrategisch also sehr klug,
wenn er ein Wort produktiv zunächst nur
zögerlich verwendet, auch wenn er in
etwa versteht, was in der Sprachgemeinschaft damit ausgedrückt werden soll.
Die Aneignung eines Wortes, das ja selbst
vieldimensionale Aspekte hat (Lautung,
Betonung, morphologische Veränderungen, soziale, emotionale Bedeutungseinfärbungen usw.), ist also nie ein linearer
Prozess, ein einfaches Input-Output-Geschehen.
Methodische Konsequenz C:
Besser kreativ als auswendig lernen
Hausaufgaben der traditionellen Art:
„Lernt die Wörter im Wörterverzeichnis“
sind unergiebig. Effektiver sind individualisierendere, die Lerner zur Eigenverantwortung für ihr Lernen hinführende
Aufgaben wie:
• „Ordnet die Vokabeln in eurem Heft,
wie sie eurer Ansicht nach inhaltlich am
besten zusammengehören.“ Für die Wörter, die schwer oder keinem semantischen Wortfeld zuzuordnen sind, gibt es
die Rubrik mixed bag. Das Ab-Schreiben
und damit ein Vertrauter-Werden mit
dem Schriftbild hat so für die Schüler eine gewisse logische Rechtfertigung. Der
Grund für die weit besseren Behaltensraten ist dabei, dass die Lerner bei dem Auftauchen jeder neuen Vokabel die bisher
behandelten Wortfelder mental wieder
aktivieren müssen, um entscheiden zu
können, ob das neue Wort dazu passt.
• „Jeder wählt die zehn Vokabeln, die ihm
persönlich am nützlichsten erscheinen.“
Bei der Kontrolle in der nächsten Stunde
erkundigt sich der Lehrer kurz, aber gezielt nach der Zuordnung der schwierigeren Vokabeln und auch nach der persönlichen Wahl bei seinen „schwierigeren“
Schülern.
Literatur:
Schröder, Konrad / Claudia Harsch / Günter Nold
(2006): DESI – Die sprachpraktischen Kompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler im Bereich
Englisch. Zentrale Befunde, in: Neusprachliche
Mitteilungen, 59: 3, S. 11 – 32.
Weskamp, Ralf (2007): Mehrsprachigkeit. Sprach­
evolution, kognitive Sprachverarbeitung und schulischer Fremdsprachenunterricht. Braunschweig,
Heilbronn (Reihe: Unterrichts-Perspektiven Fremdsprachen).
Gut zu wissen:
Sieben grundlegende Erkenntnisse zum
Wortschatzlernen
Die Erforschung des mentalen Lexikons liefert
eine Vielzahl an Erkenntnissen darüber, welche
Regeln für das Lernen, Behalten und Anwendenkönnen von Wortschatz eine Rolle spielen. Hier die
wichtigsten im Überblick:
1. Gesprochene Sprache ist primär (darüber besteht
Konsens in der Sprachwissenschaft), auch wenn
manche Wörter nur in geschriebener Sprache
vorkommen.
2. Die Lautform muss während des Aufbaus und
der Aktivierung des mentalen Konzepts vom Lerner
als erstes verinnerlicht werden.
3. Erst wenn der Lerner mental den entsprechenden
Begriff erfasst hat, also durch seine soziale
Erfahrung des Gebrauchs in der Welt oder in
Texten eine mentale Kategorie gebildet hat, ist
die Grundvoraussetzung gelegt, dass er sich die
Vokabel, also die Wortgestalt, merken kann.
4. Im Englischen ist bei der Lautform der
Sitz der Wortbetonung das Wichtigste. Kein
Muttersprachler des Englischen versteht etwa
Wörter wie „catholic“ oder „method“, die nach
deutschem Betonungsmuster auf der 2. und nicht
auf der 1. Silbe betont werden.
5. Schriftliche Sprache ist ein anderes, sekundäres
Sprachsystem, das nicht unbedingt mit der
mündlichen Sprache zusammen gelernt
werden muss. Zwar kann die Schriftform die
Sprachbewusstheit steigern, eine Vermischung
birgt aber die Gefahr, dass die Schüler durch das
komplexe Zusammenspiel von mündlicher Sprache,
Lautung und Begegnung mit der Schrift vom
Wesentlichen abgelenkt werden.
6. Die Ergebnisse der Lernforschung bezüglich
lebender Fremdsprachen sind eindeutig: Wer
kein Hörverstehen entwickelt hat, kommt zu
keinem Leseverstehen; wer kein Leseverstehen
entwickelt hat, kommt zu keiner Schreibsicherheit.
Mit anderen Worten: Die Entwicklung des Hörverstehens sollte klare Priorität besitzen. Der Umstand,
dass – wie die DESI-Studie (Schröder u. a. 2006)
zeigt – 44 Prozent der Schüler in Klasse 8 nicht
die elementaren Anforderungen der Lehrpläne
bezüglich des Leseverstehens erbringen, muss
zu denken geben. Auch neun Prozent der
Gymnasiasten erreichen dieses Niveau nicht.
7. Nur für Lerner relevante Inhalte beziehungsweise
ihre mentalen Begriffe werden mittel- und
langfristig, also nach mehreren Wiederholungen
in verschiedenen Kontexten, im Gedächtnis
behalten. Fehlt der Bezug zur Anwendung, ist die
Behaltensleistung gering.
Culture Capsules
“All in the same boat”
By Lorcan Flynn
“Sweetheart”, began my wife, in a seductive tone of voice. I
guessed something big was coming, for although we were
both lying down, face to face, she was also looking upward at
me with her biggest, heart-melting eyes. What was she going
to ask, I wondered? Did she want us to visit her boring friends
Mary and Peter again? I could not have been more wrong.
“You know I’m not getting any younger and we did say we wanted to have children and …. Don’t you think it is about time we
thought about starting a family?”
Der Ire Lorcan Flynn,
Jahrgang 1953, lebt seit vielen
Jahren in Deutschland.
Der Autor von Camden Town
Realschule tritt mit irischen
Geschichten als Storyteller auf.
A little time passed
before I could respond. Only a little
but time enough for
a million thoughts
to flash before my
inner eye. Fundamentally, they were
good thoughts.
You see, I had an unfashionably happy childhood. Apparently
lots of my friends did not. They often try to outdo each other
with horror stories about their callous parents. I often feel left
out when they try to include me in such conversations. Sometimes, I even feel like making up a tale of parental neglect just
to fit in!
For example, when some people complain about having to
share a room with a brother or sister they disliked, I feel
tempted to protest at having had to share a bed with my two
younger brothers until I was fourteen (the two older ones had
beds of their own in the same room). However, I don’t remember it ever having been a problem. Moreover, it is hard for me
to empathize with one friend, who feels she was never loved.
Why? Because she was an unwanted third pregnancy!! What
can I say? Somehow, I don’t think my parents actually planned
to have me as number six of nine children!! But I am here so
let’s get on with it! Please note that, I am not trivializing the
problems faced by some such people. However, I believe many
of the real problems could be summarized in the feeling that
the whingers never felt loved. This, thank God was never a feeling I have heard any of my siblings express. Now, of course we
complained a lot about our lot. But our complaints were directed at our chronic lack of cash, the unfairness of teachers or the
ineptitude of the local football team – things the average man
has no control over whatsoever…
Consequently, the only real question in my mind when my
wife asked me whether I was ready to create a family
was whether I would be able to live up to the high
standards set by the one I had grown
up in. There were eleven of us including parents, and my extended family uncles, aunts, cousins numbered in the hundreds. I
can’t remember any of my kin complain about their upbringing
like I often have heard here in Germany. On reflection, the same
applies to my friends. What is the reason for this? I think that in
a way, the whole society I grew up in was one big “family.” What
made it so? Was it the poverty we shared? Was it a shared sense
of being in the same boat? There are many books written on
this subject, many seeming to agree that the richer we are getting, the unhappier we are becoming. One often cited cause of
today’s problems is the decline of the “traditional family.” Is this
true? Anyway, what does the word “family” mean? In his book
“The Third Wave” the futurologist Alvin Tofler lists 81 different
types of family units.
I looked up the word family in a dictionary. This is what I found:
Family: the basic unit in society traditionally consisting of
two parents rearing their own or adopted children;
also: any of various social units differing from but regarded as
equivalent to the traditional family < a single-parent family
Clan: a group of persons of common ancestry
Race: a people or group of peoples regarded as deriving from
a common stock
Basic unit:
My own family was pretty traditional. My mother stayed at
home, my father worked, as did each of my older brothers and
sisters when they reached 15. All earnings were handed to my
mother. She proved her economic genius by keeping us clothed
and fed and saving the deposit on a private house into which
we moved when I was eight years old.
As stated above, we each had a sense that we were in the
same boat. How was this achieved? As in many families, each
of us had certain jobs to do and certain real responsibilities. In
a recent conversation with my eldest sister we speculated that
one of the “problems” in modern families was the lack of these
real responsibilities. She remembers feeling very important, as a
pubescent fifteen-year-old, because the money she contributed
to the household kitty was genuinely indispensable. Apart from
the money they contributed, the older boys and girls helped
mother with the younger offspring and household chores including cooking. There was never a question of these tasks not
being done. If my other older siblings had refused to cook when
my mother was away for some reason, we younger ones simply
would not have eaten.
In my eyes, a downside of being number six of nine was that my
older brothers and sisters had more or less the same authority
over me as my parents. In fact, as a young child growing up in
Storytelling
Dublin, it seemed that all older people had lots of authority over
me. Like many kids, I remember thinking that my older siblings
were insurmountably bigger and more assuredly self-confident
than I could ever hope to become. They always seemed to know
what I was thinking and what I was about to do or try to avoid
doing. They always seemed to have all the answers to any questions I might ask. I well remember longing to be considered
“grown-up”.
Our family had changed by the time I reached puberty. Firstly,
they could afford to keep me in school until “Abitur” and secondly, my five older siblings were married by the time I was sixteen.
My financial contribution was no longer essential so I was the
first child in the family to be allowed keep the money I earned in
my various odd jobs. True, I had money in my pocket but looking
back, I realize that I was the first in the family whose childhood
extended to the end of my teenage years. Nowadays, when it
is quite common to study into one’s late twenties and thus remain dependent on handouts from parents, young people could
feel that they are not “contributing”. In my case, I was prevented
from suffering from a feeling of not being necessary to the
family every cold winter’s morning when my father’s venerable
Opel Record Caravan refused to start. My mother would come
into my room on freezing cold winter mornings and wake me
up with the words “Get up, Lorcan! Your father needs a push.”
However, the real assurance that I was a respected member of
the hierarchy arrived when I was 18.
“Your young brother wants to talk to you,” said my mother.
I felt very thrilled that at last someone in the family was seeking
my advice.
His problem was simple. A bigger, 16 year-old-boy in the area
was giving my 14 year-old brother a hard time. He asked me
how he should deal with the situation. I simply gave the advice
any responsible 18 year-old would probably. I told my brother
to get a big stick, ambush the boy and then clobber him. (My
brother did exactly as advised with the desired result.)
The clan:
In March 2000, about 250 relatives present from 17 countries attended when my mother celebrated
her 80th birthday. It was nice to meet the
children and grandchildren of cousins from
Australia and California. It was also amazing
to detect family resemblances in people who
had never met and had grown up continents
apart. A similar hooly (Irish for party) was held
in 2003 in Perth, Australia for my uncle’s 90th
birthday. My 83 year-old mother led an Irish
contingent of about 20 people.
However, I have to admit that these “big” events are the exception and the word clan for my immediate kin refers mostly
to the nine siblings, our spouses, our 27 offspring and their
husbands/wives and the great-grand-children (now 9.) Only
“immediate” family, i.e. were at the recent weddings in Canada
and Ireland so there were only about 130 people present.
At such events, foreign guests are housed by family members in
Dublin, Perth or Toronto. Hospitality is automatic and genuine.
Invitations for return visits are exchanged and the farewells are
long and liquid. Without this wonderful, automatic hospitality,
the clan feeling would undoubtedly fade. Long may it live!
Race:
A few years ago, a prominent Irish politician spoke to an audience at an Irish Centre in Canada, where my brother is on the
committee. He remarked that when most Europeans arrived
in various countries the first thing they built was often a fort
followed closely by a jail. The Irish were different! The first thing
they built was usually a pub! Why is this? Well one reason the
Irish never founded any colonies is that we were a colony. Even
though Ireland is enjoying economic success today, there is
still a feeling of us against them, i.e. a subconscious awareness
that if we don’t cooperate none of us will survive. An Irishman
entering an Irish Pub will usually find a friendly ear and be given
information on where to find a job, etc.
So what would it take for all members of the human race to
view each other as one family? Maybe we have to be attacked
by aliens before we accept that we really are all in the same
boat.
By the way, being a man of action rather than one of words,
my response to my wife’s question was simply: “OK, let’s get
started.”
PS Thought for the day: Are you aware that if we died tomorrow,
we could easily be replaced at work? But the family we leave
behind will feel the loss for the rest of their lives. So, why do we
pour ourselves more into work than into our own families?
The Flynn Family, 1965 and today
Trends
Fragen an die
You can talk!-Botschafterin
Gayle Tufts
Tell me a story!
At Work: Frau Tufts, Sie sind seit Anfang 2006 You can talk!-Botschafterin. Warum
engagieren Sie sich bei Diesterweg?
Gayle Tufts: Ich habe das Diesterweg-Team auf der didacta 2006 kennen gelernt
und sein Engagement hat mich beeindruckt. Ich selbst arbeite ja in der Showbranche und bin viel auf der Bühne. Die pädagogische Welt ist ganz anders – aber eins
ist gleich: Auch bei You can talk! geht es ums Probieren. Das ist ganz wichtig: Den
Mut zum Sprechen zu haben – egal, ob auf der Bühne vor Publikum, im Klassenzimmer oder im Alltag.
At Work: Wie beurteilen Sie generell die Englischkenntnisse der Deutschen?
Gayle Tufts: (lacht laut) Oh! Viiiieeeeel besser als die Deutschkenntnisse der Amerikaner! Als ich 1985 nach Deutschland kam, kannte ich nur drei deutsche Wörter:
Kindergarten, Blitzkrieg und Lumpenproletariat. Aber fast alle Deutschen konnten
Englisch – wenigstens ein bisschen. Das hat mir sehr geholfen in den ersten Monaten.
At Work: Was schätzen Sie an der deutschen Sprache im Vergleich zum Englischen?
Gayle Tufts: Das Siezen und Duzen. Ich habe gelernt, das zu lieben. Die negative
Seite der amerikanischen Freundlichkeit ist, dass alle per Du sind. Als würde jeder
dich kennen! Deshalb mag ich das „Sie“: Es ist ein bisschen altmodisch, aber ein
Zeichen von Respekt. Und es ist schön, wenn jemand sagt: „Wollen wir uns nicht
duzen?“ Na klar!
At Work: Haben Sie eine deutsche Lieblingsfloskel? Und eine englische?
Gayle Tufts: Das Wort „Jawoll!“ Das ist kurz, praktisch und effizient. Und ein bisschen hart. Typisch deutsch eben. Ein ehrliches Wort.
„When life gives you lemons, make lemonade!“ Dieser Optimismus ist so amerikanisch: Mach immer das Beste aus jeder Situation.
At Work: Auf deutschen Bühnen sind Sie als Stand-up-Comedian bekannt. Wie
wichtig ist Humor beim Fremdsprachenlernen?
Gayle Tufts: Total wichtig. Das hat viel zu tun mit der You can talk!-Kampagne: Es
geht um eine Sprache, um Kommunikation – nicht um eine Prüfung. Da ist Humor
sehr hilfreich. Manchmal sind Fehler herrlich! Ich habe während meiner gesamten
Karriere mit Sprachen gearbeitet – und dabei auch Fehler gemacht. Das ist menschlich. Aber man muss auch aus ihnen lernen können. Und dürfen. Und über seine
Fehler lachen.
At Work: Was möchten
Sie unseren Lesern
mit auf den Weg
geben?
Gayle Tufts: Einfach
das Motto: You can
talk! Hab Vertrauen,
Du kannst das! Sei
neugierig. Es ist gar
nicht schwer, eine Fremdsprache zu lernen. Ich habe
das auch gemacht. Und wer mehr
Sprachen beherrscht, kann auf der ganzen
Welt Freunde finden und viele interessante
Menschen kennenlernen. Ein tolles Ziel!
Sprache lernen und verwenden – für
Prof. Hans-Eberhard Piepho war das
untrennbar mit dem Erzählen von Geschichten verbunden. Kurz vor seinem
Tod am 11. September 2004 vollendete der
Mitbegründer der so genannten „Kommunikativen Wende“ in Deutschland
sein Manuskript „Narrative Dimensionen
im Fremdsprachenunterricht“. Von der
Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe I geht das Werk auf alle Alters- und
Kompetenzstufen detailliert ein und zeigt
anhand konkreter Unterrichtsvorschläge, dass Erzählen eine elementare Form
menschlicher Kommunikation ist – auch
beim Englischlernen. Der Autor schlägt
die Brücke von der Theorie zur Unterrichtspraxis – mit direkt anwendbaren und
vielfältig erprobten Modellen. Wie praxisnah und erfolgreich Piephos Ansatz ist,
belegen zahlreiche kreative Schülertexte. Piephos Unterrichtslehre will Lehrer
ermutigen, zwischen Bildungsstandards
und Prüfungen auch dem Geschichtenerzählen einen angemessenen Raum im
Unterricht zu geben. Denn ein produktiver Umgang mit der Individualität und
Heterogenität der Lernenden wird immer
wichtiger.
Hans-Eberhard Piepho über die
Bedeutung des Erzählens im
Fremdsprachenunterricht
Fremdsprachen
Englisch in der Grundschule und darüber hinaus
Christoph Edelhoff (Hrsg.)
Unterrichts-Perspektiven
Dr. Christoph Edelhoff (TEA) und Otfried
Börner (TEA) haben Piephos Manuskript
für die Veröffentlichung aufbereitet.
Drei bisher unveröffentlichte Texte aus
Piephos Nachlass sowie die „Hamburger
Bücherkiste“ als Vorschlag für eine englische Lektüreliste für die Grundschule
runden den Band ab.
Hans-Eberhard Piepho
Narrative Dimensionen im
Fremdsprachenunterricht
Hrsg. von Otfried Börner und Christoph Edelhoff
(THE ENGLISH ACADEMY)
Unterrichts-Perspektiven
10
Piepho, Hans-Eberhard
(2007): Narrative Dimensionen im Fremdspra­chenunterricht. Hrsg. von:
Börner, Otfried/Edelhoff,
Christoph. Braunschweig,
Bad Heilbronn: Schroedel,
Diesterweg, Klinkhardt.
ISBN: 978-3- 507-71210-0,
16,50 €
Erscheint in Kürze.
Trends
11
Helping students to learn words – oder:
„Warum führen Sie kein Vokabelheft?“
Von Heidi Barucki
Eltern fragen manchmal: „Warum führen
Sie mit der Klasse kein Vokabelheft? Ich
habe früher damit gelernt und konnte
mich auf alle Vokabeltests prima vorbereiten.“ Diese Fragen sind normal –
schließlich spiegeln sie langjährige Erfahrungen der Eltern beim Fremdsprachenlernen wider. Also erkläre ich ihnen
mein Ziel, den Schülern das nachhaltige
Einprägen von Wörtern zu ermöglichen,
so dass diese auch spontan in der Kommunikation verfügbar sind. Das ist durch
mechanisches Auswendiglernen von Vokabellisten nicht zu erreichen. Dazu müssen Eltern und Schüler begreifen, wie unser Gedächtnis funktioniert und wie man
seine Funktionen nutzen kann. Darum
arbeite ich mit folgenden Methoden:
Use it or lose it
Wörter in interessanten Kontexten aktiv
zu nutzen ist die beste Methode, sie
ins Langzeitgedächtnis zu befördern. Die
Wörter müssen für die Schüler wichtig
sein. Sie müssen einen Sinn darin sehen, diese zu lernen – zum Beispiel um
über ein für sie interessantes Thema zu
sprechen, eine Geschichte zu schreiben,
ihr Lieblingstier oder ihre Sportart zu
präsentieren. Darum wähle ich für die
Schüler relevante Themen aus. Hierzu
erarbeiten sie Produkte, die sie präsentieren und in das Dossier ihres Portfolios
abheften. Dieser Unterricht ermöglicht
und setzt voraus, dass die Schüler neben
dem Grundwortschatz ihren differenzierten, individuellen Wortschatz nutzen, um
eigene Ideen auszudrücken. Diese Wörter
merken sie sich meist besonders gern
und gut.
The real thing
Bereits beim Erarbeiten von neuen
Wörtern ist es wichtig, diese altersgemäß und anschaulich zu
präsentieren – sie „merkwürdig“ zu machen. So oft
wie mög-
lich nutze ich Realien – Dinge im Klassenraum, einen Einkaufskorb voll food items
(Lebensmittel), toys (Spielzeug), animals
(Stofftiere) etc. Damit lassen sich auch
Präpositionen (next to, over, under) und
Adjektive (soft, hard, smooth, furry) gut
erarbeiten. Nützlich sind auch Bildkarten:
Sehr schnell findet man passende Abbildungen im Internet zum Beispiel über
die Google-Bildersuche. Ausgedruckt
und laminiert lassen sie sich für die verschiedensten Aktivitäten und Spiele zur
Festigung, Wiederholung und Anwendung verwenden.
There is so much to see
Wimmelbilder eignen sich hervorragend
zum Wiederholen von bekanntem und
Erarbeiten von neuem Wortschatz. Durch
ein Brainstorming zum Bild sammeln die
Schüler, was sie schon sagen können und
bekommen Anregungen, neue Wörter zu
lernen. So ist es möglich, bisher unbekannte Wörter in vorhandene Wortsysteme einzuordnen.
Let’s do it
Verben und Adjektive lassen sich gut
durch Gestik und Mimik erklären und
üben. Durch Nachahmen von Bewegungen und Gesten erfassen die Schüler
Wortbedeutungen ganzheitlich, reproduzieren dabei die neuen Wörter und
prägen sie sich besonders gut ein.
People speak, dogs bark
Durch Umschreibungen (A ... is a ...) und
sinnvolle Verknüpfungen werden Wörter
in Zusammenhängen erarbeitet. Wörter
in chunks lassen sich besser erlernen als
isolierte Einzelwörter. So lernen die Schüler, flüssig und natürlich zu sprechen.
Chunks können mit der Klasse gemeinsam erarbeitet, aber auch von den Schülern selbstständig aus Texten herausgesucht werden – besonders gut eignen
sich Songs. Die Schüler sammeln passende Wörter, um die chunks zu variieren
Heidi Barucki unterrichtet
Englisch an der Hans-GradeGrundschule in Borkheide
(Brandenburg).
Sie ist Fachberaterin und Fachseminarleiterin am Staatlichen
Studienseminar in Potsdam.
und schreiben diese auf. Sehr beliebt sind
nonsense chunks! Zum Beispiel: „Have
you ever … broken your ears?“ – statt
“… broken your leg?”.
Say after me, please
Zum Festigen der Aussprache nutze ich
unter anderem das Chorsprechen – aber
ohne Abwechslung wird dies schnell
langweilig. Hier sind einige Ideen, die
diese Übung interessanter und effektiver
machen:
• Wörter mit unterschiedlichen Stimmen
oder in wechselnder Lautstärke nachsprechen (Say it like an old grandfather/
a little baby/whisper/shout ...)
• Unterschiedliche Gruppen von Schülern sprechen (all boys/girls, students with
blue/green eyes, blue jeans/white T-shirts …)
• Rhythmisches Sprechen: Ich spreche
vor, zeige dann die Wörter oder Abbildungen an der Tafel (table and chair; forest
and lake). Dabei können nach und nach
Wörter von der Tafel gewischt werden, so
dass die Schüler ihr Gedächtnis trainieren.
Not the storing – the recalling is the
problem
Das Abschreiben von Wortlisten ist weder
aktiv noch kreativ und setzt keine Denkprozesse in Gang! Zum kreativen Verarbeiten des thematischen Wortschatzes
müssen die Schüler lernen, diesen zu
gruppieren – d. h. sinnvoll aufzuschreiben.
Besonders sinnvoll ist das Ordnen von
Wörtern nach
• inhaltlichen Kategorien (house: rooms/
furniture/activities/garden; daily routine:
before school/at school/after school; animals: farm animals/wild animals/pets;
with no/two/four/more than four legs)
• Wortarten (verbs, adjectives, nouns, etc.)
• Größe/Länge (world, continent, country,
town, village, road, house; second, minute,
hour, day, week, month, season, year)
• Häufigkeit (always, usually, often, sometimes, never)
Dazu eignen sich hervorragend Übersichten wie Tabellen, mindmaps oder
Diagramme. So schaffen sich die Schüler
eigene wordbanks, die sie während der
Arbeit am Thema und im Laufe der Schuljahre erweitern. Zusätzliche Motivation
für die Schüler: sie merken, wie viele
Wörter sie schon kennen oder neu dazu
gelernt haben. Als beliebtes Hilfsmittel
für das Anlegen dieser wordbanks haben
sich die gleichnamigen Wortsammlungen im Anhang des Lehrbuches Camden
Market erwiesen. Auch das Anfertigen eines personal word trainers in Form eines
selbst zu faltenden minibooks regt zur
intensiven und kreativen Verarbeitung
neuer Wörter an.
Creative word pictures
Passende Bilder zu Wörtern gestalten
ist eine der Lieblingsmethoden meiner
Schüler. Dabei ist es immer wieder erstaunlich, wie kreativ die Schüler sich mit
den Wörtern auseinandersetzen.
Build up the learners’ independence
Anregungen für das Lernen von Wörtern erhalten die Schüler in der Toolbox.
Die Seite How to work with words gibt
Tipps, wie man sich Wörter notieren und
einprägen kann. Solche Lerntechniken
thematisiere ich auch im Unterricht. Die
Schüler tauschen sich über ihre Erfahrungen beim Lernen von Wörtern aus
und geben sich gegenseitig Tipps. Diese
werden auf einem Flipchart-Bogen im
Klassenraum gesammelt und in den Hefter geschrieben.
Sehr beliebt für das Üben zu Hause sind
Laufdiktate quer durch die Wohnung.
Schwierige Vokabeln lernt man ganz
leicht, wenn man sie auf Klebezetteln
im Zimmer verteilt und sie so ständig
vor Augen hat. Kleine Spickzettel für den
Schulweg helfen ebenfalls beim Lernen
zwischendurch. Beispiele von mindmaps
und word pictures werden präsentiert
und im Klassenraum aufgehängt.
Der Copymaster „My personal word trainer“
zum Download unter
www.diesterweg.de/At_work
write
A class picture dictionary
Neben den eigenen Aufzeichnungen der
Schüler entstehen auf Postern thematische Wortschatzsammlungen für den
Klassenraum, die während der gesamten
Arbeit am Thema präsent sind und nur
bei Kontrollen entfernt werden.
In Gruppenarbeit oder mit der ganzen
Klasse entwickeln wir beschriftete großformatige Bilder, Tabellen, mindmaps
oder Mischformen. Die Schüler nutzen
diese als Vorlage für ihre eigenen Wortsammlungen, als Hilfe im Unterricht, für
Übungen und Spiele.
Be emotional
Am besten merken sich die Schüler neue
Wörter, wenn sie persönliche Bezüge zu
ihnen herstellen können: Wenn sie sagen oder schreiben können, ob sie etwas
mögen bzw. haben oder nicht – und vor
allem: warum. Sie schreiben kurze eigene
Gedichte, Reime oder crazy stories mit
den Wörtern. Je lustiger und verrückter,
desto besser.
Let’s play!
Schüler lieben Spiele. Für das Üben von
Wortschatz gibt es ganze Bücher mit
Spielanregungen. Besonders viel Engagement zeigen die Schüler, wenn sie diese
selbst vorbereiten dürfen oder als Spielleiter eingesetzt werden. Sie sind sehr
bemüht, die Spiele nicht zu leicht zu
machen und achten streng auf die Einhaltung der Regeln.
Um noch einmal auf das Vokabelheft
zurück zu kommen: Natürlich verbiete
ich es meinen Schülern nicht, selbstständig ein solches Heft zu führen. Ich zeige
ihnen und ihren Eltern aber, dass es noch
andere und effektivere Möglichkeiten
gibt, sich Wörter einzuprägen.
Oberstudiendirektorin
a. D. Dr.
Oberstudiendirektorin
a.
Christa
Lohmann (Kiel), Mitglied
D. Dr. Christa
Lohmann
im Vorstand
des Deutschen Vereins
(Kiel), Mitglied
im Vorstand
zur Förderung
des Deutschen
Vereins zurder LehrerinnenundLehrerinnenLehrerfortbildung e. V. (DVLfB),
Förderung der
Mitglied dere.Stiftung
Lernen und
und Lehrerfortbildung
V.
von The
English
(DVLfB), Mitglied
der
Stif- Academy (TEA)
TEA Interview
13
tung Lernen und von The
English Academy (TEA)
„Nur was für die Schüler bedeutsam ist – das lernen sie.“
Dr. Christa Lohmann, Bildungsberaterin und Mitglied von The English Academy,
zu den Ergebnissen und Auswirkungen der DESI-Studie
At work: Frau Dr. Lohmann, im März
2006 wurde die DESI-Studie (Deutsch
Englisch Schülerleistungen International) veröffentlicht. Welches sind für Sie
die Hauptergebnisse?
Christa Lohmann: DESI gibt uns detailliert Aufschluss über den gegenwärtigen
Englischunterricht. Die Leistungsmessungen und Testergebnisse orientieren
sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen, und das Konsortium hat
die Lehrpläne der Bundesländer herangezogen, die ihrerseits auf die Bildungsstandards bezogen sind. Damit ist die
kommunikative Kompetenz als oberstes
Lernziel festgeschrieben und steht als aktive Sprachbeherrschung zusammen mit
Hörverstehen im Mittelpunkt der Untersuchung. DESI hat über die Schüler- und
Lehrerbefragungen sowie vor allem über
die Videostudie eine Fülle von Einsichten
in die Wirklichkeit des praktizierten Englischunterrichts ermöglicht.
At work: Welche Ansätze sind laut DESI
im Fremdsprachenunterricht nachgewiesenermaßen hilfreich?
Christa Lohmann: Ja, was ist hilfreich?
•Das Lernziel der kommunikativen
Mündlichkeit hat immer Vorrang.
•Ganz wichtig: Deutsch im Unterrichtsgespräch vermeiden.
•Schüler möglichst oft und lange zu
Wort kommen lassen.
•Die Lernenden müssen als Personen am
Unterricht beteiligt werden, also Mitgestaltende sein.
•Eine positive Fehlerkultur im Unterricht: Fehler sind Lernschritte, sie müssen
verbessert, aber dürfen nicht sanktioniert werden. Den Lernenden muss Gele-
genheit gegeben werden, sich selbst zu
korrigieren.
•Ein lernförderliches Klima: Dazu gehört
Ermunterung, Unterstützung, Aufgabenorientierung und thematische Motivierung.
At work: Was bedeutet DESI für den Englischunterricht an den einzelnen Schulformen?
Christa Lohmann: Für alle Schulformen
ist DESI eine Herausforderung. Jede einzelne Schule kann sich an den Ergebnissen orientieren und festlegen, inwieweit
sich der Englischunterricht ändern sollte
und mit welchen Kontrollmaßnahmen
dies überprüft werden kann. Gymnasium
und Realschule können ihre Arbeit in einigen Bereichen bestätigt sehen. Aber auch
wenn im Gymnasium eine Leistungsspitze sitzt, die am Ende des 9. Jahrgangs
bereits die Kompetenzen erreicht hat, die
erst am Ende von Klasse 10 und darüber
hinaus erwartet werden, kann sich diese
Schulform nicht damit zufrieden geben,
wenn zum Beispiel ein Viertel der Lernenden im Hörverstehensbereich nur Niveau
A erreicht oder wenn es in der Realschule
in diesem Bereich über 60% sind. Die
schärfste Herausforderung stellt DESI
für Haupt- und Gesamtschulen dar. Die
Hauptschule braucht voll ausgebildete
Fremdsprachenlehrkräfte, und der Unterricht muss regelmäßig mit fest eingehaltener und für alle verpflichtender Stundenzahl erteilt werden. Die Hauptschüler
dürfen nicht länger abgehängt werden.
Haupt- wie Gesamtschule müssen alle
Anregungen aus dem Referenzrahmen,
aus den Bildungsstandards und aus DESI
aufgreifen und ein Konzept für einen
kommunikativ orientierten Unterricht
entwickeln und umsetzen. Sie müssen
ihr Anspruchsniveau höher ansetzen, sie
müssen mehr fordern und mehr fördern.
At work: Die DESI-Studie sagt ganz klar,
dass Englischsprechen wichtig für den
Lernerfolg der Schüler ist. Wie gestaltet
man den Unterricht kommunikativer?
Christa Lohmann: Vielleicht muss sich
vorab die Einstellung der Lehrkräfte
zum Englischunterricht ändern. Die Begriffe Lehrkräfte und Unterricht senden
im Grunde falsche Signale aus. Es geht
nicht vorrangig um „Lehren“ und „Unterrichten“, sondern darum, dass Lernarrangements geschaffen werden – was
im Übrigen für jeden Unterricht gelten
muss. Lehren bedeutet nicht automatisch Lernen. Schüler lernen, womit sie
sich identifizieren können: Was für sie
bedeutsam ist, das behalten sie auch.
Was muss deshalb passieren?
•Die Schüler immer wieder zum dialogischen wie monologischen Sprechen ermuntern und ermutigen: Das Weltwissen
der heutigen Jugendlichen ist groß, zum
Teil größer als das der Unterrichtenden, so
dass die Lernenden sehr oft selbst die ersten Beiträge zum Thema liefern können.
•Gespräche mit Einzelnen persönlich gestalten.
•Die Lernenden untereinander ins Gespräch bringen.
•Interviews mit ihnen üben und Aufträge
mit ihnen erarbeiten, die sie selbständig
durchführen: In unserer vom Englischen
stark geprägten Welt gibt es dazu vielfältige Gelegenheiten, nicht nur in der Nähe
von airport oder navy.
Das vollständige Interview mit Christa Lohmann
lesen Sie unter: www.the-english-academy.de
DESI ist eine Studie zur Erfassung der sprachlichen Leistungen von Schülern in Deutsch und Englisch. Rund 11.000 Lernende aller Schularten der
9. Klassenstufen in Deutschland nahmen an dem Test teil. Die repräsentative Studie wurde zu zwei Messzeitpunkten (September/Oktober 2003 und
Mai/Juni 2004) durchgeführt. Dazwischen lag die DESI-Videostudie. Weitere Informationen: www.dipf.de/desi/index.htm
14
At work Interview
Ohne Wörter geht es nicht!
Ingrid Schubert ist Englischlehrerin am Helmholtz-Gymnasium in Potsdam. Seit über 30 Jahren gehört
die Wortschatzarbeit mit ihren Schülern zum täglichen Unterricht. Vieles hat sich dabei verändert –
einiges aber auch nicht.
At work: Frau Schubert, Sie unterrichten
Englisch in allen Klassenstufen Ihres
Gymnasiums, von der 5. bis zur 13. Klasse.
Welche Rolle spielt die Vermittlung des
Wortschatzes dabei?
Ingrid Schubert: Die Wortschatzarbeit
insgesamt ist natürlich wichtig, aber es
gibt Unterschiede in den Klassenstufen.
In den unteren Klassen spielt der Lehrer
bei der Vermittlung sprachlicher Mittel
eine viel größere Rolle. In den oberen
Klassen erarbeiten sich die Schüler den
Wortschatz zunehmend selbst.
At work: Heißt das, dass sich nur Schüler
in den höheren Klassen die Vokabeln im
thematischen Zusammenhang erschließen und die Anfänger erst einmal einzelne Wörter auswendig lernen müssen?
Ingrid Schubert,
Englischlehrerin am HelmholtzGymnasium in Potsdam.
Ingrid Schubert: Das kann man so nicht
sagen. Ich unterrichte natürlich auch in
den unteren Klassen themengebunden:
Wortschatz wird immer situativ eingeführt, im Kontext geübt und in Wortfeldern vernetzt. Allerdings spielt in den
unteren Klassen die Anschaulichkeit –
also Bilder oder Gegenstände – eine
wichtigere Rolle. Später gewinnen das
selbstständige Erschließen und einsprachige Erklärungen zunehmend an Bedeutung.
At work: Und wie gehen Sie mit Schülern
um, die nicht alle Wörter verstehen –
benutzen Sie dann auch Wörter­bücher im Unterricht? Wie wichtig
ist es, dass Schüler jedes
Wort verstehen?
Ingrid Schubert: Unsere Unterrichtssprache ist generell Englisch, und das versuche ich auch in allen Klassenstufen
durchzuhalten. Sicherlich muss man
manchmal helfend eingreifen und ein
Wort übersetzen, wenn es nicht anders
geht. Ich sage den Schülern aber auch,
dass es nicht immer darauf ankommt, jedes Detail zu verstehen, sondern dass sie
das Wesentliche erfassen müssen. Das
gilt allerdings nicht für Wörter, die zum
produktiven Lernwortschatz gehören –
deren Bedeutung muss ihnen klar sein!
Dafür können die Schüler aber auch im
Lehrbuch nachschlagen, in dem sie sowohl produktiven als auch rezeptiven
Wortschatz finden. Die Schüler in den
höheren Stufen benutzen in der Tat auch
Wörterbücher. Ich finde, dass es eine
ganz wichtige Fähigkeit ist, auf diese
Weise selbstständig Vokabular zu erarbeiten.
At work: Sie sprechen von Wörtern im
Kontext – nun können Wörter zum Beispiel je nach Sprechsituation oder Stilebene unterschiedliche Bedeutungen
annehmen. Wie sensibilisieren Sie Ihre
Schüler dafür?
Ingrid Schubert: Es ist ganz wichtig, dass
Schüler englische Wörter in verschiedenen Zusammenhängen anwenden können. Sie sollten sich daher immer auch
„collocations“, also feststehende Wendungen, einprägen und nicht nur das
einzelne Wort. Letztlich lebt Sprache
vom Sprechen: Redewendungen, die
mündlich im Alltag oder mit Gleichaltrigen verwendet werden, spielen eine
wichtige Rolle.
At work: Welche Hilfsmittel nutzen Sie,
um Ihren Schülern gesprochene Sprache
zu vermitteln?
Ingrid Schubert: (lacht) Na ja, glücklicherweise ist Camden Town so gut, dass
man sich eigentlich komplett auf das
Lehrbuch verlassen kann – die Kommunikation steht darin ja im Vordergrund.
Aber das heißt natürlich nicht, dass ich
keine eigenen Ideen in den Unterricht
einbringe. Besonders mit Übungen wie
„word webs“ habe ich gute Erfahrungen
gemacht. In kleinen Gruppen schreiben
die Schüler möglichst viele Wörter zu einem Thema auf, zum Beispiel „food“,
„film“ oder „battle“, und verbinden diese
mit Strichen zu einer Art „Wortnetz“. Es
ist oft ganz erstaunlich, was die Schüler
für Wörter kennen. Gleichzeitig lernen
sie, Wörter in unterschiedlichen Zusammenhängen anzuwenden, und erkennen,
dass Wörter mehrere Bedeutungen haben können.
At work: Nutzen Sie auch das Internet?
Ingrid Schubert: Hin und wieder arbeiten
wir im Unterricht auch mit Computern.
Ich habe den Schülern zum Beispiel einmal Quizfragen gestellt, für die sie dann
eine Internetrecherche machen mussten.
Dabei haben sie sich Wortschatz selbst
erschlossen. Darüber hinaus nutzen die
Schüler zu Hause Computer, zum Beispiel
für ihre Hausaufgaben.
At work: Glauben Sie, dass moderne Medien wie Internet oder Satellitenfernsehen einen Einfluss auf den Umgang der
Schüler mit fremden Sprachen haben?
Ingrid Schubert: Ich habe den Eindruck,
dass Schüler heute generell viel lockerer
mit Fremdsprachen umgehen, weil sie
einfach daran gewöhnt sind. Wir haben
an der Schule häufig Austauschschüler,
und mir fällt oft auf, dass sich schon
Schüler der 7. und 8. Klasse richtig gut
mit ihnen unterhalten können und die
Sprache gar nicht gekünstelt ist. Man hat
ja immer wieder bemängelt, dass wir
Deutschen so formell sind, wenn wir uns
unterhalten. Heute steht das „colloquial
English“, also das umgangssprachliche
Englisch, viel mehr im Vordergrund.
At work: Hat sich im Laufe der Jahre auch
die Wortschatzarbeit in Ihrem Unterricht
verändert?
Ingrid Schubert: (Lacht) Ja klar, ich bin
viel kreativer geworden. Im Ernst: Als ich
angefangen habe zu unterrichten, habe
Wir sind für Sie da!
Unsere Schulbuchzentren –
kompetente Beratung direkt
vor Ort:
Die Hermann-von-Helmholtz-Schule
Etwa 750 Schüler besuchen die Hermann-von-Helmholtz-Schule in Potsdam. Insgesamt 60 Lehrkräfte
setzen sich für deren gezielte Förderung ein: Besonders begabte Schüler können ihr Abitur bereits nach der
12. Klasse ablegen. Das Gymnasium legt als eine der 19 Europaschulen in Brandenburg großen Wert auf bilingualen Unterricht und kulturellen Austausch. Ein fester Bestandteil ist der Schüleraustausch mit Schulen
in den USA, England, Frankreich und Skandinavien.
Die Hermann-von-Helmholtz-Schule im Internet: www.helmholtzschule.de
ich häufig auf Übersetzungen und Auswendiglernen zurückgegriffen. Heute betrachte ich Wortschatzarbeit nicht mehr
so isoliert: Wenn ich im Unterricht
sprachliche Strukturen erkläre, Synonyme oder Antonyme nutze oder auf die
Kenntnisse der Wortbildung zurückgreife, übe ich mit den Schülern gleichzeitig
Lese- oder Hörverstehen. Auf der anderen Seite bin ich auch traditionell: Ich bin
der Meinung, dass Vokabeln gelernt werden müssen. Ich kann nicht immer sagen:
„Oh, macht euch mal keine Sorgen, das
geht schon alles von allein!“ Eine Fremdsprache zu lernen ist eben auch mit Arbeit und Fleiß verbunden.
At work: Und wenn Sie nun einer jungen
Lehrerin oder einem jungen Lehrer einen
Tipp geben …
Ingrid Schubert: … dann würde ich empfehlen, regelmäßig mündlich oder schriftlich zu überprüfen, ob die produktiven
sprachlichen Strukturen auch wirklich
beherrscht werden. In jedem Fall sollten
die Schüler merken, dass sie kontinuierlich arbeiten müssen. Wie wollen Sie
denn sprechen, wenn Sie keine Wörter
kennen? Ich muss diese sprachlichen
Mittel einfach zur Verfügung haben, um
auszudrücken, was ich sagen will. Deshalb ist Wortschatzarbeit ungeheuer
wichtig.
At work: Frau Schubert, vielen Dank für
das Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute und viele Ideen für Ihren Unterricht.
Schulbuchzentrum Berlin
Bayreuther Straße 8 · 10787 Berlin
Telefon: (030) 23 50 74-0
Telefax: (030) 23 50 74-5
E-Mail: [email protected]
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Schulbuchzentrum Köln
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Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10.30 bis 17.30 Uhr
Schulbuchzentrum Leipzig
Richard-Wagner-Straße 1 · Ritterpassage
04109 Leipzig
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Telefax: (0341) 9 64 05 20
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Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11.00 bis 17.00 Uhr
Samstag 10.00 bis 13.00 Uhr
Schulbuchzentrum Mannheim
Q 7, 17 · (Ecke Fressgasse / Friedrichsring)
68161 Mannheim
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Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 12.00 bis 18.00 Uhr,
zusätzlich am 08./15. und 22.09. 2007 10.00 bis 14.00 Uhr
Schulbuchzentrum München
Elisenstraße 3 · 80335 München
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Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9.30 Uhr bis 17.00 Uhr
zusätzlich am 08./15./22. und 29.09.2007 10.00 bis 14.00 Uhr
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Eberhardstraße 3 · 70173 Stuttgart
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Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.30 bis 18.00 Uhr
zusätzlich am 08./15. und 22.09.2007 10.00 bis 14.00 Uhr
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