Hinweise für Angehörige bei Erbfällen

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Hinweise für Angehörige bei Erbfällen
Hinweise in Erbfällen
Hinweise in Erbfällen
1. Mitteilungen durch die Erben
Achtung: Alle Handlungen für den Nachlass wie Kündigungen, Umschreibung von
Verträgen etc. haben grundsätzlich durch sämtliche Miterben gemeinsam oder durch
einen bevollmächtigten Vertreter zu erfolgen. Fragen Sie im Zweifelsfall den Notar.
AHV/IV
Benachrichtigen Sie die zuständige Ausgleichskasse.
Beantragen Sie gegebenenfalls Witwen- und Waisenrenten. Antragsformulare sind bei der Ausgleichskasse
erhältlich und können auch als PDF-Datei aus dem Internet heruntergeladen werden unter der Adresse:
http://www.ahviv.info/andere/00140/00142/index.html?lang=de
Pensionskasse
Mitteilung des Todesfalls.
Gegebenenfalls Beantragung von Witwen- und Waisenrenten.
Lebensversicherungen
Mitteilung des Todesfalles und Geltendmachung allfälliger Leistungen nach den Vorgaben der betreffenden
Versicherung (siehe Police).
Krankenkasse
Mitteilung des Todesfalles.
Sonstige Versicherungen Mitteilung des Todesfalles.
Privatrechtliche Versicherungen (z.B. Hausrat- und Mobiliarversicherung, Gebäude-Haftpflicht- und GebäudeWasserschadenversicherung) laufen zu Gunsten der Erben automatisch weiter. Gemäss Versicherungsvertragsgesetz besteht ein ausserordentliches Kündigungsrecht (Frist: 30 Tage ab Erbgang).
Die kantonale Gebäudeversicherung (GBV) läuft ebenfalls automatisch weiter.
Steuern
Die Meldung des Todesfalls an die Steuerverwaltung erfolgt automatisch.
Verträge, Abonnemente
Kündigen Sie, soweit notwendig, laufende Verträge wie
Mietvertrag (Hausverwaltung vororientieren), Telefon,
Strom, Gas, Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiokonzession, oder lassen Sie diese umschreiben.
Arbeitgeber
Mitteilung des Todesfalles. Auszahlung von Lohnguthaben und –nachgenuss, Ferien- und Überstundenentschädigungen verlangen.
Militär / Zivilschutz
Sektionschef / Zivilschutzstelle orientieren.
Dominik Tschabold
Notar und Rechtsanwalt
Oberdorfstrasse 30
3612 Steffisburg
Hinweise in Erbfällen
2. Weitere Vorkehren durch die Erben
Organisieren Sie falls nötig die vorübergehende Briefkasten- / Postfachleerung.
Das Zimmer, die Wohnung oder das Haus des/der Verstorbenen kann nach Rücksprache mit allen Erben und dem Notar geräumt werden.
Schreiben Sie Motorfahrzeuge um oder geben Sie die Kontrollschilder ab (Strassenverkehrsamt).
Regeln Sie eventuell bestehende Vollmachten neu (Bank, Post).
Stoppen Sie im Bedarfsfall allfällige Daueraufträge (Bank, Post).
Überprüfen Sie bestehende Begünstigungen bei Lebensversicherungen sowie bestehende Regelungen für den Todesfall (Testamente, Erbverträge) und passen Sie diese
nötigenfalls an.
3. Inventar
3.1. Gesetzliche Grundlagen / Arten des Inventars
Ein Steuerinventar wird gestützt auf die eidgenössischen und kantonalen Steuergesetze aufgenommen. Die Inventaranordnung erfolgt durch den Regierungsstatthalter,
und zwar immer dann, wenn das Rohvermögen (Aktiven) gemäss dem durch die Gemeinde aufgenommenen Siegelungsprotokoll mindestens Fr. 100'000.00 beträgt.
Das Inventar dient als Grundlage für die Erbschaftssteueranzeige sowie für die Abklärungen der Abteilung Nachsteuer der kantonalen Steuerverwaltung.
Zudem kann es den Erben im Zusammenhang mit einer güterrechtlichen Auseinandersetzung und einer Erbteilung als Basis dienen.
Ein Erbschaftsinventar wird gestützt auf die Vorschriften des Zivilgesetzbuches (ZGB)
und des kantonalen Einführungsgesetzes zum ZGB angeordnet, und zwar (unabhängig von der Höhe des Rohvermögens gemäss Siegelungsprotokoll) insbesondere in
folgenden Fällen: Wenn ein Erbe zu bevormunden ist oder unter Vormundschaft
steht; wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist; wenn einer der Erben es verlangt; wenn der Vater oder die Mutter gestorben ist und unmündige Kinder
vorhanden sind. Es dient in erster Linie als Sicherungsmittel, daneben jedoch auch
den im Zusammenhang mit dem Steuerinventar bereits genannten Zwecken. Die Anordnung des Erbschaftsinventars erfolgt durch die Vormundschaftsbehörde.
Ein öffentliches Inventar wird durch den Regierungsstatthalter angeordnet, wenn
ein Erbe es innert eines Monats seit Kenntnis vom Tod bei dieser Behörde verlangt.
Mit der Inventaraufnahme wird hier ein Rechnungsruf verbunden. Nach Inventarabschluss hat jeder Erbe nebst der Ausschlagung die Möglichkeit, die Erbschaft „unter
öffentlichem Inventar“ anzunehmen. Die Schuldenhaftung des Erben beschränkt sich
in diesem Fall grundsätzlich auf diejenigen Verbindlichkeiten, welche im Inventar verzeichnet sind.
3.2. Auskunftspflicht
Die kantonale Verordnung über die Errichtung des Inventars sowie die Steuergesetzgebung auferlegen den Erben eine Auskunftspflicht gegenüber dem Notar. Wer die
Auskunftspflicht verletzt, macht sich strafbar. Der Notar hat alle Aktiven des Nachlasses zu inventarisieren, welche ihm bekanntgegeben werden.
Dominik Tschabold
Notar und Rechtsanwalt
Oberdorfstrasse 30
3612 Steffisburg
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3.3. Umfang des Inventars
Das Inventar soll das Vermögen des Verstorbenen per Todestag darstellen. Bei verheiratet gewesenen Verstorbenen ist auch das Vermögen des Ehepartners zu inventarisieren, da die Ermittlung des Nachlasses die Vornahme einer güterrechtlichen Auseinandersetzung erfordert.
Im Inventar sind insbesondere aufzunehmen: Grundeigentum, Barschaft, Wertschriften, Sammlungen, Hausrat, weitere Vermögenswerte wie Schmuck, Bilder, Edelmetalle etc., Guthaben, Versicherungsansprüche, Anteile an Gemeinschaften und Gesellschaften, Ansprüche aus Versicherungen, Vorempfänge und Schenkungen, Nutzniessungsverhältnisse, Wohnrechte etc.
Diesen Aktiven werden die Passiven (Schulden per Todestag und Erbgangskosten),
allfällige Bürgschaften etc. gegenübergestellt.
3.4. Ablauf der Inventaraufnahme
Im Hinblick auf die Inventaraufnahme sind sämtliche Rechnungen im Zusammenhang
mit dem Todesfall (Bestattungskosten etc.), alle nach dem Todestag eingetroffenen
oder bezahlten Rechnungen, welche sich noch auf den Zeitraum vor dem Tod beziehen (laufende Schulden) sowie Belege über nach dem Tod eingegangene Guthaben
des Verstorbenen separat zusammenzustellen.
Der Notar holt die Saldo- und Zinsbescheinigungen der Wertschriften und die weiteren für die Inventaraufnahme zweckdienlichen Belege, z.B. Familienscheine und
Grundbuchauszüge, selbständig ein. Zu diesem Zweck haben die Erben bei der Errichtung eines Steuerinventars im Hinblick auf das Bankgeheimnis entsprechende
Vollmachten zu unterzeichnen. Beim öffentlichen Inventar wird zudem in den amtlichen Blättern ein Rechnungsruf publiziert.
Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten sowie nach Eröffnung allfälliger Testamente oder Erbverträge erfolgt die Inventaraufnahme mit den Erben. Der Notar wird die
Erben zu gegebener Zeit dazu einladen. Es besteht jedoch keine Rechtspflicht oder
Notwendigkeit, dass alle Erben an der Inventaraufnahme teilnehmen.
Sobald der Notar sämtliche Aktiven und Passiven des Erblassers per Todestag inventarisiert hat und die Erben den Ihnen unterbreiteten Inventarentwurf als vollständig
und richtig anerkannt haben, wird das Inventar dem zuständigen Regierungsstatthalteramt zusammen mit der durch den Notar auf der Grundlage des Inventar ausgefüllten Erbschaftssteuer-Anzeige zugestellt. Die Frist zur Einreichung des Inventars und
der Erbschaftssteuer-Anzeige beim Regierungsstatthalter beträgt 6 Monate ab Inventaranordnung.
Der Regierungsstatthalter wird das Inventar an die kantonale Steuerverwaltung weiter
leiten. Diese wird die Erbschaftssteuern festsetzen und überprüfen, ob das inventarisierte Vermögen mit den sich bei ihr befindlichen Steuerakten übereinstimmt. Falls
das Inventar bisher nicht deklarierte Vermögenswerte (in gewissem Umfang) zum
Vorschein bringt, wird ein Nachsteuerverfahren eingeleitet.
Allfällige Nachsteuerverfügungen sowie die Erbschaftssteuer-Festsetzung werden dem
Notar zu Handen der Erben zugestellt, was in der Regel aber mehrere Wochen bis
Monate dauert.
Dominik Tschabold
Notar und Rechtsanwalt
Oberdorfstrasse 30
3612 Steffisburg
Hinweise in Erbfällen
4. Erbenhaftung: Klären Sie die finanziellen Verhältnisse der verstorbenen
Person frühzeitig ab!
4.1. Grundsatz
Die Erben treten an die Stelle des Verstorbenen mit allen seinen Rechten und Pflichten. Sie haften daher auch für die Schulden des Verstorbenen. Sind die finanziellen
Verhältnisse des Verstorbenen dahingehend unklar, dass eine Überschuldung des
Nachlasses nicht ausgeschlossen werden kann, muss zur Vermeidung der persönlichen Haftung der Erben die Ausschlagung der Erbschaft (zur Liquidation der Erbschaft
durch das Konkursamt) oder die Anordnung des öffentlichen Inventars (zur Beurteilung der Aktiven und Passiven) beim Regierungsstatthalter und nicht beim Notar
erklärt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei der zuständigen Vormundschaftsbehörde die Anordnung eines Erbschaftsinventars zu verlangen. Beim Erbschaftsinventar beginnt die dreimonatige Ausschlagungsfrist erst mit dem Inventarabschluss zu laufen (aber nur, sofern sie im Zeitpunkt, in welchem das Inventar angeordnet wird, nicht bereits abgelaufen ist).
Der Notar und der Regierungsstatthalter können Sie über die Modalitäten und Folgen
der Ausschlagung resp. des öffentlichen oder Erbschaftsinventars auf Anfrage beraten.
Hat sich ein Erbe in die Erbschaft eingemischt, z.B. indem er sich Gegenstände angeeignet hat, kann er die Erbschaft nicht mehr ausschlagen respektive das öffentliche
Inventar nicht mehr verlangen!
4.2. Fristen
Die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beträgt drei Monate, die Frist zur Beantragung des öffentlichen Inventars nur einen Monat, grundsätzlich seit Kenntnis
vom Tod des Erblassers an gerechnet. Bei Anordnung eines Erbschaftsinventars siehe
die Ausführungen im vorangehenden Abschnitt.
Achtung: Das notarielle Steuerinventar (Inventaraufnahme, Abschluss des Inventars) darf nicht abgewartet werden, da dadurch die Fristen nicht verlängert werden!
5. Erbschaftssteuern
Die Erbschaftssteuersätze betragen zur Zeit (nach Abzug eines Freibetrags von
Fr. 12'000.00) u.a. für Eltern, Stiefeltern, Pflegeeltern, Geschwister, Halbgeschwister,
Grosseltern, Stief- und Pflegegrosseltern sowie langjährige (min. 10 Jahre) Wohnpartner 6%, für Neffen, Nichten, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Onkel und Tanten 11%, für weiter entfernt Verwandte und Nichtverwandte 16% (hinzu kommen bei
steuerbarem Vermögenserwerb über Fr. 110'600.00 Progressionszuschläge bis max.
das 2.5-fache des Tarifs).
Der überlebende Ehegatte sowie Nachkommen und Stief- und Pflegekinder sind von
der Erbschaftssteuer befreit.
Fassung: Oktober 2009
Dominik Tschabold
Notar und Rechtsanwalt
Oberdorfstrasse 30
3612 Steffisburg

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