Flexible Lötstopplacke

Transcription

Flexible Lötstopplacke
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit
und Limitationen –
Sven Kramer, Leiter Anwendungstechnik
Dr. Manfred Suppa, Leiter Forschung und Entwicklung
Ref.-Nr. 164 D
Stand Oktober 2009
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ..................................................................................................... 1
2.
Rezepturaufbau ........................................................................................... 2
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Verarbeitung ................................................................................................ 2
Substratvorreinigung ..................................................................................... 4
Lackvorbereitung ........................................................................................... 4
Applikation ..................................................................................................... 5
Trocknung, Belichtung und Entwicklung bei fotostrukturierbaren Lacken ..... 5
Aushärtung / Vernetzung............................................................................... 7
4.
4.1
4.2
4.3
Leistungsfähigkeit und Limitationen ......................................................... 7
Auswahl eines geeigneten Lacksystems und Auflösung ............................... 8
Auswahl eines geeigneten Lacksystems und Flexibilität ............................... 8
Beständigkeiten ............................................................................................. 9
5.
Zusammenfassung.................................................................................... 12
6.
Literatur...................................................................................................... 12
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
1.
1
Einleitung
Flexible elektronische Schaltungsträger, auch FPC – Flexible Printed Circuits – genannt, besitzen ein weites Anwendungsfeld. Vornehmlich aus Luft- und Raumfahrtanwendungen stammend, sind sie in Computer- und Telekommunikationstechnologien,
wie beispielsweise Klapphandys, Laptops und Festplatten, zu finden. In den letzten
Jahren hat sich der Anwendungsbereich auch in Automotiveanwendungen, Sensortechnik und Medizintechnik ausgeweitet. Für die Zukunft werden Wachstumsraten bei
den Anwendungen von flexiblen elektronischen Schaltungsträgern von 10 % und mehr
prognostiziert.
Flexible Schaltungen können mit einem Coverlay (Deckfolie), in die die Freistellungen
gestanzt oder gelasert werden, oder mit flexiblen Lötstopplacken beschichtet werden.
Als flexible Lötstopplacke stehen neben thermisch härtenden und UV-härtenden auch
fotostrukturierbare Lacksysteme zur Verfügung. Bei der Auswahl eines optimal auf die
konkrete Anwendung abgestimmten Lacksystems sind verschiedene Aspekte zu beachten, wie beispielsweise Anforderungen bezüglich der Passgenauigkeit und der Auflösung als auch die Kompatibilität zwischen den Folienträgern und dem Lötstopplackprozess. Die Verarbeitung der fotostrukturierbaren flexiblen Lötstopplacke erfordert eine etwas andere Vorgehensweise als bei "klassischen" fotostrukturierbaren Lötstopplacken, was sich beispielsweise aus der mangelnden mechanischen Stabilität der Folie
für die Prozessierung ergibt. Insbesondere mit den fotostrukturierbaren flexiblen Lötstopplacken (FLPiSM) lassen sich auch hohe HDI-Flex-Anforderungen mit etablierten
Prozessen erfüllen, die zum einen bezüglich der geforderten Endoberflächen (ENiG,
CSN) eine sehr gute Beständigkeit zeigen und zum anderen den hohen Umweltbelastungen in aggressiven Umgebungen widerstehen können.
Um den unterschiedlichen Einsatzgebieten von flexiblen Schaltungsträgern gerecht zu
werden, stehen verschiedene Typen von Lötstopplacken zur Verfügung, die speziell für
die entsprechenden Anwendungsbereiche formuliert wurden. Dies ermöglicht in der
Praxis eine recht gute Abstimmung sowohl hinsichtlich gewünschter Verarbeitungseigenschaften als auch bezüglich geforderter Leistungsfähigkeit. Die Unterscheidung
dieser Lacksysteme erfolgt üblicherweise in:
 UV-härtende Lacke
 thermisch härtende Lacke
 fotostrukturierbare Lacke (die nach fotolithografischer Erzeugung von Strukturen
thermisch ausgehärtet bzw. vernetzt werden).
Die naheliegende Forderung nach deutlich höherer Flexibilität dieser Lacksysteme im
Vergleich zu "klassischen" Lötstopplacken, die in Kombination mit starren Leiterplatten
eingesetzt werden, wird ergänzt durch ähnlich hohe Ansprüche hinsichtlich der thermischen, thermo-mechanischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften. Gemeinsam ist diesen Lacken in der Regel eine Formulierung als 2-KomponentenSystem (Harz- und Härterkomponente) sowie die Applikation im horizontalen oder vertikal doppelseitigen Siebdruckverfahren.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
2.
2
Rezepturaufbau
Vom grundlegenden Aufbau her unterscheiden sich die drei oben genannten Lacktypen erheblich. Die Komplexität hinsichtlich Art, Abstimmung und Anzahl der Bestandteile verdeutlicht der beispielhafte Aufbau eines fotostrukturierbaren flexiblen Lötstopplackes in Tabelle 1a und 1b:
Tabelle 1a: Aufbau Harzkomponente (A)
Rohstoff
Eigenschaft
Bindemittel
(fotoreaktive und thermisch vernetzende Harze)
entscheidend für Haftung, Flexibilität, Beständigkeiten und physikalische und chemische Endeigenschaften der Beschichtung
Füllstoffe
Haftung, Kratzfestigkeit, Steuerung des Fließverhaltens (Thixotropie)
Farbstoffe/Pigmente
farbgebende Substanzen (gelöst/ungelöst)
Additive
Entschäumung bei Ablüften und Trocknung, Benetzung vom Substrat,
Beeinflussung des Fließverhaltens u. a.
Lösemittel
Viskositätseinstellung, Steuerung des Trocknungsverhaltens
Tabelle 1b: Aufbau Härterkomponente (B)
Rohstoff
Eigenschaft
Fotoinitiatoren
initiieren Fotopolymerisation bei Belichtung, Beeinflussung der erforderlichen Belichtungsenergie und Darstellbarkeit feiner Strukturen
(Lackstege zwischen Anschlussfläche)
Lösemittel
Viskositätseinstellung, Steuerung des Trocknungsverhaltens
Härter (Vernetzer der
thermisch härtenden Bindemittelkomponenten)
entscheidend für Beständigkeiten und physikalische und chemische
Endeigenschaften der Beschichtung
Bei den rein UV-härtenden Lacken fehlen die thermisch vernetzenden Rezepturkomponenten sowie die flüchtigen Lösemittel zur Viskositätseinstellung, hier verwendete
"Lösemittel" sind solche mit einer UV-Funktionalität, die bei der Aushärtung nicht verdunsten, sondern als sogenannte reaktive Verdünner an der UV-Vernetzungsreaktion
teilnehmen und in die Bindemittelmatrix integriert werden. Bei den rein thermisch vernetzenden Lacken fehlen hingegen sämtliche UV-reaktiven Rezepturbestandteile.
3.
Verarbeitung
Auch wenn die Verarbeitung von flexiblen Lötstopplacken prinzipiell nach dem gleichen
Schema wie bei "klassischen" Lötstopplacken erfolgt, so sind dennoch einige Besonderheiten zu beachten, die sich erheblich auf das Ergebnis auswirken können. Hier
stellt insbesondere das flexible Substrat auch höhere Anforderungen an den Applikationsprozess der Lötstopplacke. Aufgrund der Vielzahl der teilweise hochspezialisierten
Basismaterialien / Kleber empfiehlt sich in jedem Falle eine Einzelbetrachtung des
Verhaltens über den gesamten Prozess. Die Verarbeitungsparameter von Lötstopplacken werden vom Lackhersteller festgelegt. Für die drei im Bereich flexibler Substrate
eingesetzten Lötstopplacktypen ergibt sich der Verarbeitungsablauf wie in den Abbildungen 1 bis 3 dargestellt.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
3
Vorreinigung Substrat
(mechanisch und/oder
chemisch)
Lackapplikation
(Siebdruck)
thermische Aushärtung
(Vernetzungsreaktion zur
Erreichung der
Endeigenschaften)
Abb. 1: Verarbeitungsschritte thermisch härtender Lötstopplack
Vorreinigung Substrat
(mechanisch und/oder
chemisch)
Lackapplikation
(Siebdruck ggf. „Rolle-zu-Rolle“)
UV-Aushärtung
(Vernetzungsreaktion zur
Erreichung der
Endeigenschaften)
Abb. 2: Verarbeitungsschritte UV-härtender Lötstopplack
Vorreinigung Substrat
(mechanisch und/oder
chemisch)
Lackapplikation
(vorwiegend Siebdruck,
teilweise Sprühen)
Vortrocknung
(Entfernung Lösemittel zur
Erzeugung einer belichtbaren,
klebfreien Beschichtung)
Belichtung
(negativ arbeitende
Fotostrukturierung durch
Fotopolymerisation)
Entwicklung
(Entfernung der unbelichteten
Flächen mit NatriumcarbonatLösung)
Endaushärtung
(Vernetzungsreaktion zur
Erreichung der
Endeigenschaften)
Abb. 3: Verarbeitungsschritte fotostrukturierbarer Lötstopplack
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
4
3.1 Substratvorreinigung
Voraussetzung für eine einwandfrei haftende Beschichtung ohne die Gefahr von Entnetzungen bzw. Lackablösungen in Folgeprozessen, aber auch zur Sicherstellung der
maximalen elektrischen Eigenschaften, ist immer eine oxidfreie Metallauflage mit einer
typischen mittleren Rauhtiefe von ca. 0,8 bis 1,2 µm und ein sauberes und trockenes
Substrat. Da insbesondere Polyimid als Substrat zur Feuchteeinlagerung neigt, ist hier
ggf. vor der Lackapplikation ein Temperschritt empfehlenswert, um Haftungsprobleme
sicher zu vermeiden. Nicht nur im Hinblick auf das problematische Handling von flexiblen Substraten bei mechanischer Vorbehandlung, sondern auch zur Erreichung einer
optimalen Lackhaftung auch bei besonders aggressiven Endoberflächen (chemisch
Nickel/Gold und chemisch Zinn) haben sich inzwischen mehrstufige chemische Vorbehandlungen bewährt, die insbesondere bei den Einsatzgebieten von fotostrukturierbaren Lötstopplacken hervorragende Ergebnisse hinsichtlich Haftung, chemischer Beständigkeit und thermischer (Wechsel-)Beanspruchung ermöglichen.
3.2 Lackvorbereitung
Das Vermischen der Harzkomponente und Härterkomponente sollte zur Erreichung einer reproduzierbar homogenen Mischung und der Vermeidung von "Totzonen" in den
Gebinden immer elektromechanisch erfolgen. Besonders bewährt haben sich solche
Geräte, bei denen der eigentliche Mischkörper statisch ist und das Gebinde rotiert
(Abb. 4). Sehr wichtig ist die Vermeidung des Eintrags von Luft, da diese, auch bei
längeren Haltezeiten vor dem Druck, nur sehr schlecht entweichen und sich kleinste
Luftbläschen auf das Substrat übertragen können. Die typische Rührzeit beträgt etwa
10–15 Minuten. Durch die sehr geringe Drehzahl bei diesem Mischverfahren ist der
Lufteintrag minimal. Die Vollständigkeit der Mischung lässt sich generell am besten
beurteilen, in dem man das gemischte Produkt in ein leeres Gebinde umfüllt und das
geleerte Gebinde auf evtl. "Totzonen" hin untersucht. Nach erfolgter Mischung ist eine
Haltezeit vor Druckbeginn von minimal 30 Minuten empfehlenswert.
Abb. 4: elektromechanischer Mischer mit statischem Mischkörper
Der Einsatz von elektromechanischen Lack-Shakern sollte besonders sorgfältig abgewogen werden. Das Mischergebnis ist zwar häufig sehr gut, der Lufteintrag aber nicht
unerheblich. Bei diesem Mischprinzip kann leicht ein solches Maß an Reibungswärme
auftreten, dass die zwangsläufig eingebrachte Luft aufgrund der durch TemperatureinLP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
5
fluss verursachten geringen Viskosität zwar sehr leicht entweichen kann, hier ist aber
unbedingt zu beachten, dass lange Haltezeiten berücksichtigt werden müssen, um eine Abkühlung auf Raumtemperatur vor der Applikation zu erreichen. Ebenfalls problematisch ist, dass die starke Erwärmung durch das Mischen einen großen Einfluss auf
die Topfzeit nehmen kann, d. h. die maximal mögliche Verarbeitungszeit unter Umständen deutlich reduziert wird. Gleichzeitig kann sich bei fotostrukturierbaren Lacken
das Vortrocknungsfenster erheblich verkleinern und eine vollständige Freientwicklung
unbelichteter Bereiche deutlich verschlechtern oder komplett verhindern.
3.3 Applikation
Am häufigsten ist das Siebdruckverfahren bei der Beschichtung von flexiblen Leiterplatten anzutreffen. Dies ist in erster Linie darin begründet, dass hier sowohl im einseitigen horizontalen als auch doppelseitig vertikalen Beschichtungsverfahren eine Biegebelastung während des Lackauftrags sehr gut vermieden werden kann und die Beschichtung praktisch unabhängig von der Dicke des Substrates ist. Die übliche Verarbeitungstemperatur beträgt ca. 20 bis 23 °C, die meisten Lacke sind auf dieses Temperaturfenster hin abgestimmt. Da insbesondere die Viskosität stark temperaturabhängig ist, führen Schwankungen über einen größeren Bereich zwangsläufig zu unterschiedlichem Fließverhalten und somit zu schwankender Leiterabdeckung.
Allgemein reagieren flexible Lötstopplacke besonders empfindlich auf statische Aufladungen der Substrate, die sich in kleinsten Entnetzungen äußern können. Insbesondere in unmittelbarer Nähe der Leiter kann dies eine reduzierte Zuverlässigkeit aufgrund
sehr geringer oder gar nicht vorhandener Abdeckung bewirken. Weiterhin zeigt sich,
dass flexible fotostrukturierbare Lötstopplacke sehr empfindlich auf Kontaminationen
(Staub, Rückstände von anderen Produkten auf Werkzeugen, Abrieb von Handschuhen etc.) reagieren und auch hier leicht Benetzungsstörungen auftreten können. Allgemein sollte von einer notwendigen Trockenschichtdicke von wenigstens 10 µm (Leiterkante) ausgegangen werden, um eine gute Beständigkeit in chemischen FinishVerfahren zu erzielen. Grundsätzlich ist die Beständigkeit von flexiblen fotostrukturierbaren Lacken deutlich höher als von rein UV- oder thermisch härtenden Systemen,
was sich im Wesentlichen auf eine höhere Vernetzungsdichte zurückführen lässt.
Bei höheren Leitern ist anstelle der Verwendung eines einfachen Drucks mit entsprechend grobem Siebgewebe (hier resultiert aufgrund der großen Lackmenge evtl. ein
stärkeres Ablaufen von den Leiterkanten) gegebenenfalls die Verwendung eines Doppeldrucks empfehlenswert. Eine komplette Aushärtung vor Aufbringung des zweiten
Drucks ist im Falle von flexiblen fotostrukturierbaren Lacken häufig nicht zwingend erforderlich, reduziert aber die Gefahr von Beschädigungen / Rissen durch Handling und
bewirkt eine vollständige Stabilität der ersten Schicht im Entwicklungsprozess der
zweiten Lackschicht. Möglicherweise kann auch lediglich eine Anhärtung der ersten
Beschichtung durchgeführt werden.
3.4 Trocknung, Belichtung und Entwicklung bei fotostrukturierbaren Lacken
Unmittelbar nach Applikation sollte vor der eigentlichen Trocknung (Entfernung der Lösemittel zur Erzielung einer klebfreien Beschichtung, die im Kontaktverfahren belichtet
werden kann) eine Haltezeit von wenigstens 10 Minuten eingehalten werden, damit
während dieses "Ablüftens" eventuell beim Druckvorgang übertragene Siebstrukturen
verlaufen können und enthaltene Lufteinschlüsse Gelegenheit erhalten, an die Lackoberfläche zu gelangen.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
6
Im Gegensatz zu "klassischen" fotostrukturierbaren Lötstopplacken zeigen die speziell
für den Einsatz auf flexiblen Substraten hin formulierten Lacke unter Umständen eine
etwas erhöhte Neigung zur "Filmklebrigkeit" bei der Belichtung. Dieses Phänomen ist
nicht zwangsläufig in einer unzureichenden Trocknung begründet, sondern im Allgemeinen auf die Besonderheiten der eingesetzten und flexibilisierten Bindemittel zurückzuführen.
Während starr- und semi-flexe Leiterplatten im Nutzen aufgrund ihrer Querstabilität direkt durch die Prozesslinien transportiert werden können, sind flexible Schaltungsträger im Dickenbereich von 0,1–0,2 mm nicht mehr ohne Hilfsmittel zu transportieren.
Ein etablierter Lösungsansatz sind Carriersysteme verschiedenster Art.
Mit verschiedenen Carriersystemen zeigt sich die Problematik, dass sich die flexiblen
Schaltungen für die Verarbeitung oft zu wellig auflegen und dann entweder über ein
Deckelsystem gespannt oder mittels Bohrungen im Carrier über die Vakuumeinrichtungen vom Drucker und Bestücker angesaugt werden. Diese Carriersysteme sind für
den Druckprozess einsetzbar, aber nicht in den nasschemischen Prozessschritten der
fotostrukturierbaren Lötstopplacke zu verwenden.
Hier bieten sich Sandwichkomponenten – wahlweise mit einer eloxierten Alugrundplatte oder einer ESD1-gerechten Epoxygrundplatte – an, deren Oberfläche mit einer vollständig auspolymerisierten, adhesiven Siliconmodifikation versehen ist, welche die flexiblen Schaltungen je nach Oberflächengüte anzieht.
Eine große Besonderheit von flexiblen fotostrukturierbaren Lötstopplacken ist die Tatsache, dass diese erst nach der thermischen Aushärtung den notwendigen bzw. gewünschten Grad an Flexibilität aufweisen, da erst dann ein vollständiges und stabiles
dreidimensionales Netzwerk vorliegt. Dies erfordert bei sämtlichen vorgeschalteten
Verarbeitungs- und Handhabungsschritten eine Vermeidung von Biegebeanspruchungen und ein Höchstmaß an Vorsicht, um die Bildung von feinsten Haarrissen (Abb. 5)
im noch nicht ausgehärteten Lackfilm zu vermeiden. Eine einseitige Verarbeitung erweist sich hier als sehr hilfreich, bedingt aber einen entsprechend höheren Aufwand
und geringere Kapazität.
Abb. 5: Haarrisse im Lötstopplack nach Biegebeanspruchung vor Aushärtung
1
ESD – electro-static discharge, elektrostatische Entladung
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
7
Gelegentlich zu beobachtende Fleckenbildungen (oberflächliche Feuchteeinlagerungen) im chemisch Nickel/Gold-Prozess sind häufig auf einen mangelnden Polymerisationsgrad bei der Belichtung zurückzuführen. Allgemein ist es bei den flexiblen fotostrukturierbaren Lötstopplacken besonders wichtig, sich an die Herstellervorgaben
hinsichtlich der aufzubringenden Belichtungsenergie zu halten, um einwandfreie Ergebnisse zu erzielen. Da diese Einlagerungen in der Regel oberflächlich sind, hilft hier
vielfach eine kurze Temperung, um diese zu beseitigen.
3.5 Aushärtung / Vernetzung
Sorgfältig zu prüfen ist im Falle der flexiblen fotostruktierbaren Lötstopplacke die Anwendung eines "UV-Bumps" vor oder nach der thermischen Aushärtung des Lackes.
Ein UV-Bump ermöglicht im Idealfall eine quasi "Verglasung" der Lackoberfläche und
somit z. B. besonders niedrige ionische Kontaminationswerte im Falle verschiedener
Endoberflächen, führt aber sehr häufig zu einer Versprödung und reduzierten Flexibilität.
Allgemein gilt, dass die Herstellerangaben bezüglich Aushärtebedingungen sehr genau
eingehalten werden sollten. Sowohl eine übermäßige UV- als auch thermische Vernetzung können zu einer reduzierten Flexibilität führen.
4.
Leistungsfähigkeit und Limitationen
Eine Abschätzung einiger charakteristischer Punkte hinsichtlich Leistungsfähigkeit der
drei prinzipiell verfügbaren Lacktypen wird in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2: vergleichende Abschätzung einiger Charakteristika flexibler Lötstopplacke
Eigenschaft
Aufwand Prozess
UV-härtend
fotostrukturierbar
gering
sehr hoch
Eignung Einsatz "Static-Flex" sehr hoch
sehr hoch
sehr hoch
Eignung Einsatz "DynamicFlex"
hoch
hoch bis sehr hoch
mittel bis hoch
erzielbare Auflösung
sehr gering
(ca. 150–200 µm)
sehr gering
(ca. 150–200 µm)
sehr hoch
(bis zu 30 µm)
thermische Belastung des
Substrates bei der Aushärtung
sehr gering
(abhängig von verwendetem Gerät)
gering bis sehr gering
(härtend ab 80 °C)
sehr hoch
(in der Regel 1 h bei
150 °C)
Eignung Verarbeitung "Rolle- sehr hoch
zu-Rolle"
gering
gering
Lötbeständigkeit
gering bis mittel
gering bis hoch
sehr hoch
(abhängig von Aushärteparametern)
chemische Beständigkeit
gering
gering bis hoch
sehr hoch
(abhängig von Aushärteparametern)
TWT-Zyklenbeständigkeit
gering
mittel
sehr hoch
Dauertemperaturbeständigkeit
gering
mittel
sehr hoch
UL 94 Approbation
herstellerabhängig
herstellerabhängig
herstellerabhängig
LP 092810 D-0
gering
thermisch härtend
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
8
4.1 Auswahl eines geeigneten Lacksystems und Auflösung
Traditionell sind bei flexiblen Schaltungsträgern sogenannte Coverlays (Folien) auf Basis von Epoxid- oder Acrylatpolymeren im Einsatz, die vor ihrer Applikation eine Freistellung durch Bohr- oder Stanzprozesse erfahren. Ihre Präzision ist ähnlich der von
Lötstopplacken, die im Siebdruckverfahren appliziert werden. Line/SpaceAnforderungen von 50 µm können so nicht erfüllt werden. Hier bieten fotostrukturierbare Lötstopplacke für diese bei flexiblen Schaltungsträgern immer wichtiger werdende
Anforderung eine Lösung. Möglich ist auch eine bereits teilweise eingesetzte Kombination aus den klassischen Applikationsprozessen, wie der Lamination oder dem Siebdruck, mit dem der Laserablation zur Öffnung der Freistellungen. Mit der Laserablation
sind insbesondere sehr gute Passgenauigkeiten zu erreichen.
Eine insbesondere bei BGA-Anwendungen nicht zu vernachlässigende Beschränkung
ist die Schichtdicke, hier sind Folien mit 50 µm Dicke nicht unproblematisch und Folien
mit 25 µm besser geeignet, aber deutlich schwieriger zu handhaben. Diesbezüglich
haben die fotostrukturierbaren Lötstopplacke einen erheblichen Prozessvorteil.
Tabelle 3: vergleichende Abschätzung einiger Charakteristika
von Coverlay und flexiblen Lötstopplacken
Applikation
Trockenfilm (Coverlay)
Flüssige Lötstopplacke
Vakuumlaminator
Siebdruck
2K-LSL
UV-LSL
FLPiSM
Schichtdicke
25–50 µm
10–20 µm
10–20 µm
10–20 µm
Auflösung
ca. 200 µm
150–200 µm
150–200 µm
ca. 30 µm
elektrische Eigenschaften
gut
gut
gut
sehr gut
Flexibilität
sehr gut
sehr gut
gut
gut
Prozessing
aufwendig
einfach
einfach
aufwendig
Kosten
hoch
niedrig
niedrig
mittel
4.2 Auswahl eines geeigneten Lacksystems und Flexibilität
Bei der Auswahl eines geeigneten Lacksystems für eine definierte Anwendung sind eine
Reihe von zum Teil auch widersprüchlichen Kriterien zu berücksichtigen. Im Vordergrund
steht bei Flex-Anwendungen natürlich die mögliche Biegebelastbarkeit, die neben der
Produktauswahl in erster Linie durch die aufgebrachte Schichtdicke (höhere Schichtdicken verhalten sich diesbezüglich in der Regel deutlich ungünstiger als geringere Schichtdicken) beeinflusst wird. Die Angaben der Lackhersteller zur Biegebelastbarkeit beziehen
sich in der Regel auf bestimmte Biegeradien mit definierten Substraten und definierten
Lackschichtdicken. Angegeben wird häufig auch die maximal mögliche Anzahl von Biegezyklen ohne Rissbildung. Bei Anwendungen im Bereich "Static-Flex" oder "Flex-to-Install"
ist in der Regel die Zahl der Biegebeanspruchungen begrenzt, und fotostrukturierbare
Lötstopplacke sind in diesen Fällen besonders geeignete Produkte, insbesondere wenn
gleichzeitig sehr hohe Anforderungen hinsichtlich erforderlicher Auflösung (z. B. Lackstege zwischen Anschlussflächen) bestehen. Deutliche Abstriche hinsichtlich Auflösung
müssen sowohl bei rein thermischen als auch rein UV-härtenden Lacksystemen akzeptiert werden. Allerdings ist bei diesen Lacken die Biegebelastbarkeit deutlich höher.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
9
Eine typische Prüfung der Haftfestigkeit nach Dauertemperaturlagerung einer Beschichtung ist in Tabelle 4 dargestellt. Die Bewertung eventuell auftretender Risse erfolgt lichtmikroskopisch bei 16-facher Vergrößerung. Die Angabe von eventuellen
Delaminationen bezieht sich auf lichtmikroskopisch sichtbare Delaminationen des Lötstopplackes vom Substrat.
Tabelle 4: Ergebnisse Haftung nach Temperaturlagerung –
flexibler fotostrukturierbarer Lötstopplack
Prüfung
nach 500 h Lagerung
bei 120 °C
Haftung IPC-TM-650, 2.4.29B, 10 Zyklen,
20 Biegungen, 2 mm Dorn, 180°
(PI-Folie, 25 µm Schichtdicke)
keine Risse,
keine Delaminationen
nach 1000 h Lagerung
bei 120 °C
keine Risse,
keine Delaminationen
4.3 Beständigkeiten
Tabelle 5 verdeutlicht die unterschiedliche thermische Belastbarkeit verschiedener flexibler Lötstopplacktypen. Die maximale Beständigkeit (Kriterium Delamination und
Kreidung) wird von einem fotostrukturierbaren Lötstopplack erreicht. Im Falle von
thermisch härtenden Lacken ist zu beachten, dass die Aushärtebedingungen über einen relativ weiten Bereich variiert werden können, um die thermische Belastbarkeit des
verwendeten Substrates zu berücksichtigen. So kann bei einzelnen thermisch härtenden Lacken die Aushärtetemperatur über einen Bereich von ca. 80 bis 130 °C variiert
werden, wobei dann allerdings die Aushärtzeiten entsprechend anzupassen sind. Generell ist die Lötbeständigkeit aufgrund eines dann unterschiedlichen Vernetzungsgrads entsprechend unterschiedlich, d. h. bei geringerer Aushärtetemperatur geringer
als bei höherer Aushärtetemperatur.
Tabelle 5: Vergleich der Lötbeständigkeiten UV-härtender, thermisch härtender und
fotostrukturierbarer Lötstopplacke
Prüfung
UV-härtend
thermisch härtend
fotostrukturierbar
IPC-SM-840D, 3.7.2, 10 s / 260 °C
erfüllt
erfüllt
erfüllt
IPC-SM-840D, 3.7.3, 10 s / 260 °C
(Pb-frei)
erfüllt
erfüllt
erfüllt
IPC-T-650, 2.6.8, 20 s / 288 °C
10 s erfüllt
10 s erfüllt
20 s erfüllt
UL 94 (20 s / 288 °C)
10 s erfüllt
10 s erfüllt
20 s erfüllt
IPC-SM-840D, 3.7.3.1,
Sim. Reflow Pb-frei (5 x 10 s/260 °C)
nicht erfüllt
nicht erfüllt
erfüllt
Wie einer vergleichenden thermogravimetrischen Untersuchung nach dem 5%Massenverlust-Verfahren entnommen werden kann (Abb. 6), ist die thermische Beständigkeit fotostrukturierbarer flexibler Lötstopplacke auf ähnlich hohem Niveau auszusetzen wie die der Lötstopplacke für Rigid-Anwendungen. Die thermische Beständigkeit mit
einem TG5-Wert von ca. 350 °C ist vergleichbar den Hoch-Tg-Basismaterialien. Damit
können zwar die thermischen Beständigkeiten des Polyimidträgers nicht voll ausgeschöpft werden, aber es sind durchaus Anwendungen bis in den Temperaturbereich von
150 °C möglich.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
10
Abb. 6: thermogravimetrische Analyse (5%-Massenverlustverfahren)
fotostrukturierbarer Lötstopplacke
Ein Vergleich hinsichtlich des maximal möglichen Biegeradius (Tabelle 6) bei Verwendung einer 50 µm starken Polyimidfolie und 25 µm Schichtdicke unterschiedlicher
Lacktypen zeigt, dass der entsprechende thermisch härtende Lack hier am günstigsten
abschneidet und Knickfestigkeit ohne Rissbildung aufweist. Voraussetzung für diese
maximale Flexibilität sind allerdings sehr niedrige Aushärtetemperaturen, die – wie
oben dargestellt – auf Kosten der Lötbeständigkeit gehen. Bei der Beschreibung der
Flexibilität ist das Verfahren zur Bestimmung der "Biegefestigkeit" von großem Einfluss
auf die Angabe von Mindestradien und der Anzahl der Biegezyklen. Auch das Substrat
und die Leitergeometrie üben einen großen Einfluss aus. Zur Differenzierung hat sich
hier beispielsweise der sogenannte Barcodetest als sehr praktikabel herausgestellt, bei
dem die Biegungen im rechten Winkel zu den Kupferleitern durchgeführt werden und in
Abhängigkeit von Line/Space eine "Biegefestigkeit" ermittelt werden kann.
Tabelle 6: Mögliche maximale Biegeradien
Prüfung
maximale Biegefestigkeit um Dorn
(20 Biegungen/180°)
UV-härtend
1,5 mm Radius
thermisch härtend
< 1,0 mm Radius
(knickfest)
fotostrukturierbar
2 mm Radius
Abb. 7 zeigt die Ergebnisse hinsichtlich Feuchtigkeitsbeständigkeit und Isolationswiderstand bei Prüfung eines flexiblen, fotostrukturierbaren Lötstopplacks in Anlehnung
an TM 2.6.3.1 der IPC-TM-650 bei verschiedenen Feuchte- und Temperaturbedingungen. Geprüft wurde im Bereich von 40 °C und 90 % r. F. bis 85 °C und 85 % r. F. mit
50 V BIAS.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
11
Abb. 7: Isolationswiderstände eines flexiblen fotostrukturierbaren Lötstopplackes
mit verschiedenen Endoberflächen nach einem Temperatur-Wechseltest
[1000 Zyklen, -40 °C (30 min) / +150 °C (45 min)]
Die gefundenen Widerstandswerte liegen mit > 500 MOhm alle oberhalb der sogenannten IPC-Grenze der IPC-SM-840-Spezifikation. Auch die bei 85 °C / 85 % r. F. gefundenen Isolationswiderstände liegen trotz hoher Feuchte-Temperatur-Belastung
oberhalb der Untergrenze von 100 MOhm nach IPC. Ein signifikanter Einfluss durch
die Art der Endoberfläche konnte nicht festgestellt werden. Die gefundenen Ergebnisse
sind vergleichbar mit denen aus Untersuchungen von fotostrukturierbaren Lötstopplacken für starre Anwendungen.
Bei den flexiblen Schaltungsträgern ist der Klebeschicht besondere Aufmerksamkeit zu
schenken. Sie kann einen erheblichen Einfluss auf das elektrische Feuchte- und Isolationsverhalten haben. In Abb. 8 ist ein identischer fotostrukturierbarer Lötstopplack auf
Folien mit verschiedenen Klebern in einem sogenannten 85/85-Cycle-Test charakterisiert. In Abhängigkeit von den Feuchte- und Temperaturbelastungen zeigen sich deutliche Unterschiede im Isolationswiderstand. Hierzu wurden Klimaeinstellungen von 35
°C und 90 % r. F., 65 °C und 90 % r. F. sowie 85 °C und 85 % r. F. kontinuierlich dargestellt und der Isolationswert nach einer Stunde und nach drei Tagen aufgezeichnet.
Mit den beiden letzten Werten bei 25 °C und 50 % r. F. (RT – Raumtemperatur) wird
das Regenerationsvermögen gezeigt. Die besten Resultate werden mit einem kleberfreien Substrat erzielt.
LP 092810 D-0
REF-164D.000
Flexible Lötstopplacke
– Anwendungsgebiete, Leistungsfähigkeit und Limitationen –
12
Abb. 8: Feuchte-Isolationswiderstände eines flexiblen fotostrukturierbaren Lötstopplackes im
85/85-Cycle mit verschiedenen Klebersubstraten
5.
Zusammenfassung
Der Einsatz von Lötstopplacken im Bereich flexibler Substrate nimmt an Bedeutung zu.
Eingesetzt werden sowohl UV-härtende, thermisch härtende als auch fotostrukturierbare Lacksysteme, die sich in ihren Anwendungs- und Endeigenschaften erheblich unterscheiden. Die wichtigsten Unterscheidungskriterien sind das Maß an erzielbarer
Flexibilität, die maximal mögliche Auflösung von Strukturen sowie die mögliche Belastbarkeit bei Lötprozessen. Die Verarbeitung dieser Lacke erfolgt in bekannten und etablierten Prozessen, die bei Berücksichtigung einiger Besonderheiten der flexiblen Lötstopplacke sicher beherrscht werden können.
Der vornehmliche Anteil an flexiblen Schaltungen wird sicherlich in Asien produziert werden; jedoch ist zu sehen, dass auch deutsche Leiterplattenhersteller diese Technologie
auf einem hohen Niveau beherrschen und hier in der Zukunft einiges zu erwarten ist.
6.
/1/
/2/
/3/
/4/
Literatur
Sven Kramer, Lackwerke Peters, Lotperlen auf fotostrukturierbaren
Lötstopplacken, IPC Expo, Long Beach, 1999
Manfred Suppa, Lackwerke Peters, Temperaturstress und Temperaturwechseltests, 12. FED-Konferenz, Neu-Ulm, 2004
Ralf Rumpen, Rösnick Vertriebs GmbH, Neue Carriertechnik für flexible Schaltungen im SMD-Prozess, Gastartikel LPinfos (Kundenzeitschrift der Lackwerke
Peters), Ausgabe 38/2005
Technische Dokumentationen ELPEMER SD 2463 FLEX-HF,
SD 2460/201 UV-FLEX, SD 2460 FLEX, Lackwerke Peters, 2009
LP 092810 D-0
REF-164D.000

Documents pareils