Tropischer Regenwald in Amazonien Das Ökosystem

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Tropischer Regenwald in Amazonien Das Ökosystem
55 00149 Tropischer Regenwald in Amazonien: Das Ökosystem
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Tropischer Regenwald in Amazonien
Das Ökosystem
Lernziele
Den Tropischen Regenwald als einzigartiges Ökosystem kennen lernen; Artenreichtum und geringe
Populationsdichte als Folge von Nährstoffknappheit verstehen; die gegenseitige Abhängigkeit von
Arten als Prinzip des Systems verstehen; den Stockwerkbau des Waldes erkennen; die Bedeutung
des Regenwaldes und die Notwendigkeit seiner Bewahrung einsehen.
Kurzbeschreibung
Ausgerichtet auf Amazonien, das größte Regenwaldgebiet der Erde, stellt der Film den Tropischen
Regenwald als Lebensraum vor. Er zeigt die Pflanzenfülle, vermittelt Eindrücke von der Üppigkeit
des Wachstums, das der häufige Regen begünstigt, und weist auf den unerwarteten Kontrast
zwischen der riesigen Artenzahl und der Seltenheit der allermeisten Arten hin. Struktur und wichtige Umweltfaktoren im Ökosystem werden erläutert. Einzelbeispiele der Lebensweise im Regenwald belegen, dass der Mangel an wichtigen Nährstoffen ein wesentliches Kennzeichen dieses
Systems ist. Deshalb auch ist eine intensive Nutzung durch den Menschen nicht möglich.
Zum Inhalt
Rund die Hälfte der Tropischen Regenwälder der Erde fiel in den vergangenen 30 Jahren der
Brandrodung zum Opfer. Dadurch entstand ein unersetzlicher Verlust an Tier- und Pflanzenarten,
von denen die meisten noch gar nicht bekannt waren, als sie ausgerottet wurden. Denn im
Tropischen Regenwald befindet sich der größte Artenschatz der Erde. Nach neueren Schätzungen
sollen 10 Millionen Tierarten oder mehr in den Regenwäldern der Tropenzone vorkommen. Über
90 Prozent aller Arten von Lebewesen werden demnach dort leben.
Verschwinden die Regenwälder, gehen diese Arten verloren. Doch erst seit kurzem weiß man um
diese Gegebenheiten. Als mit moderner Klettertechnik der Kronenraum der Regenwaldbäume zugänglicher wurde, zeigte sich, wie ungeheuer reichhaltig dieser Lebensraum ist. Mehrere Tausend
Käferarten können auf einem einzigen Baum leben und bis über 500 verschiedene Baumarten
wachsen auf einem einzigen Hektar Fläche in Amazonien, dem größten und wohl auch artenreichsten Regenwaldgebiet der Erde.
Doch der Besucher sieht wenig von dieser Fülle. Oft merkt er nicht einmal, wie verschiedenartig die
Bäume sind, weil die kennzeichnenden Blüten hoch oben in den Kronen hervorkommen und die
Stämme mit ihrer dünnen Rinde kaum voneinander zu unterscheiden sind. Die eigentliche Fülle des
Tropischen Regenwaldes befindet sich 30 bis 70 Meter über dem Boden in luftiger, den Blicken
kaum zugänglicher Höhe. Am Boden herrscht Dämmerlicht, weil nur wenig vom Sonnenlicht durch
das dichte Blätterdach dringt. Zumeist kommt nur etwa 1 Prozent des Sonnenlichtes zum Boden.
Dort ist der „Dschungel“ keineswegs so undurchdringlich, wie das oft dargestellt wir, weil anderen
Flussufern eine Wand aus Pflanzen den Blick versperrt und das Eindringen erschwert.
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Vielmehr liegt zwischen den Stämmen der Bäume, die oft große Brett- oder Stelzwurzeln ausgebildet haben, eine nur dünne Laubschicht, die rasch verrottet. Das Wurzelwerk der meisten Bäume
breitet sich gleich darunter aus. Es reicht nicht weit in die Tiefe, und deswegen brauchen viele
Bäume die Brett- und Stelzwurzeln zur ausreichenden Befestigung im Boden. Schneller als in
Wäldern der außertropischen Breiten erfassen Gewitterstürme diese Bäume und bringen sie zu Fall.
Sie reißen Schneisen in den Wald, die nicht nur das Aufwachsen von Jungbäumen ermöglichen, die
zwischen den großen Bäumen dahinkümmerten, sondern sie tragen auch ganz entscheidend dazu
bei, dass im Tropischen Regenwald so viele verschiedene Arten nebeneinander wachsen.
Häufig ist die Last der Kletter- und Aufsitzerpflanzen, der Lianen und Epiphyten, der Grund für den
Zusammenbruch eines Urwaldriesen. Das Gewicht dieser Pflanzen, die an und auf den Bäumen
wachsen, kann mehr als ein Zehntel des Eigengewichtes der Bäume und mehr als das Gewicht des
Blattwerks ausmachen. Dabei wachsen und gedeihen aber die Epiphyten ohne Wurzelkontakt zum
Boden. Sie müssen, da es sich bei ihnen nicht um Schmarotzer handelt, alles, was sie zum Leben
brauchen, aus der Luft entnehmen. Für Kohlendioxid und Wasser ist ihr Sitzplatz in luftiger Höhe
kein Problem und Licht bekommen sie oben auf den großen Ästen und in den Kronen sicherlich
eher als am Boden. Aber sie brauchen auch mineralische Nährstoffe wie Kalium, Magnesium,
Phosphor und andere zum Wachstum. Diese Mineralstoffe entnehmen sie den Niederschlägen. Die
geringen Mengen an Mineralstoffen, die der Regen mit sich bringt, müssen ausreichen, um ihren
Bedarf zu decken. Die Vielzahl der vom Boden abgehobenen Aufsitzerpflanzen führt uns sehr eindrucksvoll vor Augen, welche Schwierigkeiten mit dem Leben im Tropischen Regenwald verbunden sind und welche Lösungen die Natur gefunden hat.
Vielfalt ist die Antwort auf den Mangel an lebenswichtigen Mineralstoffen im Regenwald. Orchideen und Bromelien (Ananasgewächse) kommen in größter Artenvielfalt im Kronenbereich der
Regen- und Nebelwälder der Tropen vor, wo die Niederschläge einen stetigen, aber geringen
Zustrom von Nährstoffen mit sich führen. Der Boden gibt viel weniger her, als man bei der Fülle
der Pflanzenmasse und Üppigkeit des Wachstums erwarten würde. In Amazonien sind, abgesehen
von den Uferregionen nährstoffreiche Flüsse, die Böden so ausgelaugt und so verarmt an mineralischen Nährstoffen, dass sie eigentlich unfruchtbares Land darstellen müssten. Doch durch die
Entwicklung eines hochgradig geschlossenen, Nährstoffverluste weitestgehend vermeidenden
Kreislaufes gelingt es dem Wald, mit dem Mangel fertig zu werden. Der weitaus größte Teil der
mineralischen Nährstoffe bleibt im Kreislauf von Werden und Vergehen im Regenwald. Dafür
sorgen vor allem die Pilze, die mit ihrem haarfeinen Geflecht den Boden durchziehen und die Wurzeln der meisten Bäume mit Nährstoffen versorgen (Wurzelpilzsymbiose = Mykorrhiza).
Die geringfügigen, unvermeidbaren Nährstoffverluste ersetzt der Zustrom über den Niederschlag.
Mineralstoffe, wie Magnesium oder Calcium, bleiben zu nahezu 100 Prozent im Kreislauf; Stickstoff wird in Form von Oxiden von den Blitzen der Tropengewitter nachgeliefert, die Luftstickstoff
verbrennen. Um die Nährstoffe halten zu können, muss der Wald wie ein Filter das Niederschlagswasser aufnehmen und vor dessen Eintritt in das Grundwasser die gelösten Stoffe herausholen. Die Vielzahl unterschiedlicher Arten begünstigt diese Entnahme und hält das Maschenwerk
des Filters eng genug. Der Tropische Regenwald gilt daher zu Recht als besonders gut geschlossenes Ökosystem. Aber genau aus diesem Grund kann dieser Wald auch keine größeren
Überschüsse produzieren. Das Tierleben spiegelt dies wider. Alle Tiere, auch die Kleintiere am
Boden, zusammen genommen erreichen in Zentralamazonien eine Biomasse von 100 bis 160 Kilogramm pro Hektar Wald. Die Masse der Pflanzen übersteigt aber 1000 Tonnen. Dieses Missverhältnis drückt aus, dass für die Tiere nur ganz wenig von der Biomasseproduktion des Regenwaldes
abfällt. Es sind nur solche Produkte nutzbar, die nicht durch Giftstoffe geschützt sind, wie Nektar
und manche Früchte oder Pflanzensäfte, die angezapft werden können, ohne das umliegende Gewebe mit zu verzehren.
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Die große Masse der Blätter und des Holzes kann erst verwertet werden, wenn sie von Pilzen
zersetzt wird. Die beiden häufigsten und für den Stoffumsatz bedeutungsvollsten Tiergruppen des
Tropischen Regenwaldes, die Blattschneiderameisen in Südamerika und die Termiten, die in allen
Regenwäldern der Tropen vorkommen, bedienen sich der Mikroben beim Abbau von Pflanzenstoffen. Die Blattschneiderameisen züchten dazu in unterirdischen Bauten mit eigenen Pilzgärten
einen Pilz mit dem wissenschaftlichen Namen Rhizotes gongylophora. Sie füttern ihn mit zerkauten
Pflanzenstücken, die sie oben im Wald in kennzeichnender Weise schneiden. Von den Fruchtkörpern des Pilzes, und nur davon, ernähren sie sich. Ähnlich versetzen symbiotische Pilze Großtermiten in die Lage, Holz und andere Pflanzenstoffe aus dem Regenwald zu zersetzen und zu verwerten. Ameisen und Termiten stellen vielfach mehr als die Hälfte der Biomasse der Tiere im
Tropischen Regenwald. Sie sind, das zeigt genaueres Beobachten, auch ziemlich allgegenwärtig.
Selten hingegen sieht man Vögel und Säugetiere. Vor allem in Amazonien gibt es nur entlang der
Flussufer und an Lagunen ein reichhaltigeres Tierleben mit Ansammlungen von Vögeln. Große
Arten, wie Tapire und Jaguare, sind außerordentlich selten. Die Jagd nach gefleckten Katzen zur
Gewinnung von Fellen für die Pelzherstellung oder nach Papageien und anderen Tropenvögeln für
die Ziervogelhaltung hat diese Arten schwer in Bedrängnis gebracht. Krokodile (Kaimane in Amazonien) wurden in großen Teilen ihres Vorkommens so gut wie ausgerottet. Die geringe Bestandsdichte und die langsame Produktion von Nachwuchs als Anpassung an die geringe Produktivität des
Lebensraumes ermöglichen keine nachhaltige Nutzung dieser Tierbestände in größerem Umfang,
wie man das aus Lebensräumen der gemäßigten Breiten gewohnt ist. Dem Artenschutz kommt
daher in diesen so immens artenreichen Wäldern größte Bedeutung zu. Wenn überhaupt, kann
Nutzung nur ganz vorsichtig vorgenommen werden; eine Erkenntnis der Forschung zum Ökosystem
Tropischer Regenwald, die schon jahrtausendelang von den Ureinwohnern dieser Wälder praktiziert
wird. Sie blieben nie lange am selben Ort, nutzten die örtlichen Tier- und Pflanzenbestände für
kurze Zeit und zogen dann weiter, bevor sich die Bestände ganz erschöpften. Kleinflächiger
Wanderfeldbau und Nomadentum im Regenwald waren die zum Ökosystem Tropischer Regenwald
passenden Strategien der Menschen. Der Versuch, diese Wälder durch Viehweiden oder Ackerland
zu ersetzen, scheitert an den naturgegebenen Bedingungen. Der Regenwald braucht daher umfassenden Schutz bevor es zu spät ist.
Weitere Medien
32/42 10271 Tropischer Regenwald in Amazonien. Nutzung und Zerstörung. 16-mm-Film/VHS. 18
min, f
Produktion
Iris Film, Film- und Fernsehproduktion, München, im Auftrag des FWU Institut für Film und Bild,
Geiselgasteig/Grünwald, 1993, in Zusammenarbeit mit Artists United for Nature, München, gefördert aus den Zuschlagerlösen des Sonderpostwertzeichens „Rettet den Tropischen Regenwald“,
einer gemeinsam getragenen Aktion der Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für Post und Telekommunikation
Buch
Claus Biegert, Wolfgang Brög
Regie
Wolfgang Brög
© FWU Institut für Film und Bild
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Kamera
Volker Tittel, Wolfgang Brög
Schnitt
Maike Teichmann
Ton
Miguel Barella
Begleitkarte
Prof. Dr. Josef H. Reichholf
Fachberatung
Prof. Dr. Josef H. Reichholf
Titelbild
Dr. Robert Anzeneder
Bildnachweis
Dr. Robert Anzeneder
Iris Film
Pädagogischer Referent im FWU
Dr. Robert Anzeneder
Verleih durch Landes-, Kreis- und Stadtbildstellen
Verkauf durch FWU Institut für Film und Bild, Grünwald
Nur Bildstellen/Medienzentren: ÖV zulässig
Für diese Filmproduktion ist ein FSK-Freigabevermerk
nicht erforderlich
© 1994
FWU Institut für Film und Bild
in Wissenschaft und Unterricht
gemeinnützige GmbH
Geiselgasteig
Bavariafilmplatz 3
D-82031 Grünwald
Telefon (089) 6497-1
Telefax (089) 6497-240
E-Mail [email protected]
Internet: http://www.fwu.de
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