Über die SMS von letzter Nacht

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Über die SMS von letzter Nacht
DIGITAL 7
ZÜRICHSEE-ZEITUNG
MITTWOCH, 29. JANUAR 2014
Ich hab’ gesimst letzte Nacht
SMS. In der Kürze liegt die
­Würze. Und manchmal auch ein
Stück wahres Leben. HandyKurznachrichten erzählen von
Glück und Leid.
BETRUG. Das britische Bran­
chenblatt «Marketing Week» hat
herausgefunden, dass Luxusmar­
ken immer öfter Fälschern zum
Opfer fallen, die ihre Ware auf
Social-Media-Seiten anpreisen.
GABRIELE SPILLER
Zwischen After-Work-Apéro und Bahn­
fahrt zur Arbeit kann so einiges passie­
ren. Per SMS hält man die beste Freun­
din informiert – und vertut sich hoffent­
lich nicht bei der Adressierung.
Anna Koch und Axel Lilienblum aus
Berlin haben aus gesammelten SMS
Buch-Bestseller gemacht. Unter www.
smsvonletzternacht.de können jeder
Mann und jede Frau ihre witzigsten
Kurznachrichten mit dem Rest der Welt
teilen. Eine digitale Erfolgsgeschichte,
die von Voyeurismus und Selbstdarstel­
lungstrieb lebt.
Ein paar Beispiele ...
«Wir werden uns nun in illustrer Runde
ein paar Prozente installieren.»
Schon mal dem besten Kollegen den
Zwischenstand beim Anbaggern durch­
gegeben? Oder im Alkoholrausch pein­
liche Botschaften abgesetzt? Das Leben
kann ganz schön verrückt sein, sagen die
beiden Herausgeber der SMS-Sammlun­
gen. Sie können nicht beschwören, dass
alle Geschichten wahr sind, die die Leu­
te einschicken, aber so lange es Spass
macht …
«Du willst immer skypen, wenn ich nackt
bin. Riechst Du das?»
Auf ihrer Webseite lassen sich die neus­
ten SMS-Eingaben wie in einem Chat
verfolgen. Per Zufallsgenerator können
Nachrichten ausgewählt oder die Besten
gelistet werden. Das Einsenden ist ein­
fach: Es müssen nur der Text und die
Stadt eingegeben werden. Nach drei Ta­
gen sind brauchbare SMS online. Die
Lust am Mitlesen zieht immer wieder
neue User auf die Seite. Und für den
kurzweiligen Offline-Gebrauch, zum
Beispiel auf der Toilette, empfehlen sich
die Taschenbücher.
Ich bin da, aber die Haustür nicht. Das Aller­
neuste aus SMSvonGesternNacht.de. Anna Koch,
Axel Lilienblum. Rohwolt Taschenbuch. ISBN
3-499-63051-6. 15.90 Franken. Weitere Informa­
tionen zum Thema finden sich via www.smsvon­
letzternacht.dss.
Die meisten SMS, die nachts verschickt werden, bewegen sich inhaltlich zwischen Liebe, Sex und Trunkenheit. Bild: key
NACHGEFRAGT
Anna Koch
Mit-Herausgeberin der SMS von letzter Nacht
«Wir wollten eine Website, die vielen Spass macht»
Was war der Auslöser, um die SMS von
letzter Nacht zu sammeln und zu teilen?
Anna Koch: Axel und ich wollten in
erster Linie ausprobieren, eine Web­
site zu machen, die vielen Spass macht
und auf der man sich ein bisschen die
Zeit vertreiben kann. Auf der Suche
nach einer geeigneten Idee stiessen
wir auf den Trend, User mit lustigen
Alltagsgeschichten anderer zu unter­
halten. In Frankreich und den USA
waren solche Seiten bereits sehr er­
folgreich, in Deutschland allerdings
gab es kaum welche – das wollten wir
ändern. Wir haben uns für die SMS
entschieden, weil sie kurz und intim ist
und jeder etwas damit anfangen kann.
Inhaltlich sind der Fortpflanzungstrieb
und Blackouts dominant.
Es ist schon so, dass sich die meisten
Nachrichten inhaltlich zwischen Liebe,
Sex und Trunkenheit bewegen. Nachts
scheint sich die Welt einfach verstärkt
darum zu drehen. Dennoch beobachten
wir innerhalb dieses Kosmos auch im­
mer wieder Trends. Beliebt waren zum
Beispiel schlüpfrige Nachrichten, die
aus Versehen an den Falschen gehen,
die Mutter oder den Fahrlehrer, oder
auch die unmöglichsten Antworten auf
«Ich liebe dich!».
Seit 2009 haben Sie bereits vier gesammelte Werke veröffentlicht. Wie hoch ist
die Gesamtauflage Ihrer Bücher?
Anfangs waren wir uns nicht sicher, wie
die Leute darauf reagieren würden,
schliesslich ist es eine absurde Idee,
Nachrichten vom Handy auf einer Web­
site zu veröffentlichen und diese dann
wiederum in einem Buch abzudrucken.
Aber wenn man sich die Zahlen an­
guckt, scheinen die Nachrichten die
Reise gut zu überstehen. Im April infor­
mierte uns der Verlag, dass die Gesamt­
auflage bei über einer Million Büchern
liegt. Das ist schwer vorstellbar, freut
uns aber natürlich sehr! (gsp)
Der Griff nach den Sternen Scheiben wischen inklusive
SUPER MARIO 3 D. Der neue
­Titel sorgt für Nostalgie, ist ein
«Best of» und gleichzeitig ein
Höhepunkt der Spiele­reihe rund
um den knackigen Super Mario.
PASCAL LANDOLT
Die Playstation 4 war von den Feier­tagen
vielerorts ausverkauft, und Microsofts
XBox One war noch immer nicht offi­
ziell in der Schweiz erhältlich. Grund zur
Freude hatten allerdings Nintendo-Fans:
Die Konsole der nächsten Generation –
die Wii U – hatte soeben die «Raison
­d’être» erhalten.
Nach einer schleppenden Markt­
einfüh­rung benötigt die Konsole drin­
gend grosse Spieltitel, um sich im Konso­
lenkampf zu behaupten – und erhält den
ers­ten Joker mit «Super Mario 3 D Land».
1985 feierte Super Mario mit «Super Ma­
Witzig: Super Mario 3 D Land. Bild: zvg
Paradies für
Markenpiraten
rio Bros.» seinen Einstand auf der Heim­
konsole. Mit dem aktuellen Titel «Super
Mario 3 D Land» erhält die bewegte Ge­
schichte von Mario, Luigi, Peach und Co.
ein «Best of» und gleichzeitig ein High­
light der Spielereihe. Nostalgie breitet
sich aus, wenn der Spielende mit bis zu
drei Freunden durch bunte Welten mit
altbekannten Charakteren aus früheren
Mario-Spielen hüpfen kann.
Unterhaltsame Spielideen
Das heutige «Mushroom Kingdom», Ma­
rios Universum, ist mit viel Liebe zum
De­tail gestaltet und lädt den Gamer zum
Innehalten und Staunen ein: Die Wii U
mag zwar nicht so leistungsfähig wie eine
Playstation 4 sein, Nintendo weiss die
vorhandene Leistung aber effizient zu
nutzen. Verschiedene Welten mit einzig­
artigen Spielideen wechseln sich auf Ma­
rios Reise ab. Es wird nie langweilig oder
repetitiv. Der Spieler schwingt sich vom
Trapez, klettert am Strand auf Palmen,
um Sterne einzusammeln, oder reitet auf
übergrossen Ameisen über Stacheln.
Untermalt wird das Erlebnis mit
bekannten Musikstücken aus Marios
­
Welt – Fans der ersten Stunde werden
sich auf­ge­hoben fühlen. Und wer noch­
keine Wii U sein Eigen nennt, erhält mit
«Su­per Mario 3 D Land» endlich einen
Grund, diese Anschaffung zu tätigen.
«Super Mario 3 D Land». System: Wii U.
­Hersteller: Nintendo Publisher: Nintendo,
ab 3 Jahren, ca. 75 Franken.
GRAN TURISMO 6. Das Game
zeigt dem geneigten Spielenden,
wieso es einen Fahrsimulator
braucht.
PASCAL LANDOLT
Der Reiz eines Flugsimulators besteht
darin, dem Spieler ein Erlebnis zu er­
möglichen, das er im realen Leben nur
mit viel Aufwand bewerkstelligen kann.
So wie beispielsweise eine Landung im
Jumbo-Jet auf den Flughafen Kai Tak in
Hongkong. Aber wieso sollte jemand
einen Autofahrsimulator wollen? Eine
Fahrt in einem VW Polo ist heutzutage
keine Herausforderung mehr. Und am
Autosalon in Genf darf sich jeder ans
Steuer eines Rolls-Royce setzen.
sollte ein feines Gespür für das Zusam­
menspiel von Gas und Bremse entwi­
ckeln, denn die Fahrphysik der GT-Rei­
he ist einzigartig und realitätsnah. Ein
Fahrzeugpark von über 1200 Autos so­
wie 33 verschiedene Strecken sorgen für
Abwechslung. Realistisch ist auch die
Grafik: GT6 reizt die siebenjährige Play­
station 3 voll aus und verwöhnt mit bei­
nahe fotorealistischer Grafik. GT6 ver­
blüfft auch mit Details wie einer eigenen
Taste zum Betätigen der Scheibenwi­
scher. Haben Sie schon mal manuell die
Scheibenwischer eines 120 000-fränkigen
Tesla Model S betätigt? Nein? Eben.
Und das ist die Antwort darauf, warum
wir einen Fahrsimulator brauchen.
«Gran Turismo 6», System: Playstation 3,
­Hersteller: Polyphony Digital Publisher, Sony.
Ab 3 Jahren, ca. 80 Franken.
Langsamer Aufstieg
Warum die Auto-Profis von Polyphony
Digital mit Gran Turismo 6 (GT6) nun
«den» Fahrsimulator präsentieren, be­
darf einiger Erklärung. Zum einen defi­
niert sich ein Simulator über seinen Rea­
litätsgrad: In GT6 beginnt die Fahrer­
karriere in einem 74-PS-Toyota. Im
Gegensatz zur «Need For Speed»-Spie­
lereihe, wo von Beginn weg ein Porsche
in der Garage steht, müssen sich die
Sportwagen in GT6 mühsam erarbeitet
werden.
Wer zuoberst auf dem Treppchen ste­
hen und Preisgelder einheimsen will,
Betroffen sind etwa Marken wie RayBan, Louis Vuitton oder Mulberry. Ge­
worben wird mit originalen Fotos, Logos
und geschützten Namen der Marken.
Der Schaden von jährlich 10 Mrd. Pfund
ist enorm und die Verfolgung der Übel­
täter schwierig. Viele Händler unter­
schätzen die Gefahren jedoch.
«Marken sind unterschiedlich attrak­
tiv für Fälscher – je höher der Marken­
wert, desto höher der Anreiz, durch Pro­
duktpiraterie eine unrechtmässige Ren­
dite zu erzielen», erklärt Wiener Marken­
experte Oliver Schmitt. Laut Schmitt
erleiden Markenunternehmen so ekla­
tante Schäden in Höhe von sechs Pro­
zent ihres Jahresumsatzes.
Zwar bietet das Web Produktpiraten
Möglichkeiten, gefälschte Ware anzubie­
ten und zu verkaufen, allerdings wird
dieses Problem auf Social-Media-Seiten
akut. Speziell auf Facebook finden sich
Links und bezahlte Werbungen, die zu
gefälschten Webseiten führen, um dort
Web Traffic zu generieren. Erschwert
wird die Verfolgung der Kriminellen da­
durch, dass Werbung auf Facebook per­
sonalisiert ist und oft wechselt. Um Be­
weise zu haben, müsste ein User einen
Screenshot machen, wenn er auf ver­
meintliche «Fälscherwerbung» stösst.
Betrügerische Inhalte sind auf den
meisten Social-Media-Seiten verboten,
jedoch kann ebenso schnell ein neuer
Account registriert werden, wie der ers­
te gesperrt wurde. Die Fallstudie der
Markenschutzagentur NetNames, durch­
geführt für einen pharmazeutischen
Klienten, hat im Zeitrahmen von sechs
Monaten über 4500 verdächtige Ac­
counts und Gruppen auf Facebook und
Twitter identifiziert.
Gewünschte Zusammenarbeit
Das britische Trading Standards Insti­tute
führt seit 18 Monaten Gespräche mit di­
versen sozialen Netzwerken über eine
Zusammenarbeit in Bezug auf die Wei­
tergabe von User-Daten, wenn der Ver­
dacht einer gefälschten Markenwerbung
aufkommt. Auch die International Po­lice
Association kollaboriert mit Social Net­
works, um die Fälscher ausfindig zu ma­
chen.
NetNames kommt auch zu dem
Schluss, dass sich viele Unternehmen der
Grösse des Problems gar nicht bewusst
sind und keine eigene Spezialistenabtei­
lung zum professionellen Schutz ihres
Labels beschäftigen. Oft sind es nämlich
erst die geschädigten Konsumenten, die
auf gefälschte Ware aufmerksam ma­
chen. Jedoch fällt es der Legislative
schwer, mit der schnell wachsenden und
wechselnden Technologie und letztlich
auch den Kriminellen mitzuhalten.
Aufklärungsarbeit entscheidend
Markenexperte Schmitt rät Unterneh­
men deshalb dazu, die eigene Zielgrup­
pe darüber aufzuklären, was den Unter­
schied zwischen Originalen und Fäl­
schungen ausmacht. «Ziel muss es sein,
das Bewusstsein für die originale Marke
zu stärken, im Detektivspiel ist man als
Markenunternehmen schliesslich immer
einen Schritt hinterher», ergänzt der
Fachmann abschliessend. (pte)
Digital
Auf der wöchentlich erscheinenden
Sonderseite «Digital» werden ak­
tuelle Themen in den Bereichen
Internet, Soft-/Hardware und Multi­
media vorgestellt. Wer diesbezüglich
Vorschläge und Anregungen hat,
schicke eine E-Mail an die Adresse
[email protected]. (zsz)
Mit Drive: Gran Turismo 6. Bild: zvg

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