Fuzzy-Logik und Fuzzy-Control
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Fuzzy-Logik und Fuzzy-Control
Fuzzy Logic & Control Warum einfach, wenn es auch schwer geht? Prof. Dr.-Ing. Doris Danziger Prof. Dr. rer. nat. Nikolaus Wulff Fuzzy Prädikatenlogik • Die Prädikatenlogik erweitert die Aussagenlogik mit den Junktoren ∧,∨ und ¬ um den Existenzquantor ∃ und den „Für Alle“-Quantor ∀. • Dies gestattet Aussagen der Form „es gibt ein x mit der Eigenschaft P(x)“ oder „für alle x gilt P(x)“. • Wahrheitswerte τ (truth values) von Aussagen die Quantoren enthalten lassen sich üblicherweise bestimmen als: ∀ x : P x = inf { P x } x∈ ∃ x : P x = sup { P x } x∈ Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 2 Fuzzy Relationen • Es seien Ω und Ψ zwei Mengen. Das Kreuzprodukt ΩΨ ist die Menge aller geordneten Tupel (x,y) mit x ∈ Ω und y ∈ Ψ . Eine fuzzy Relation R(x,y) ist eine Teilmenge R ⊆ ΩΨ mit Werten in [0,1], welche die Beziehung zwischen x und y beschreibt. – Für diskrete Mengen lässt sich R als fuzzy Matrix schreiben. • Relationen lassen sich verketten. Sei Ξ eine weitere Menge und U(y,z) eine Relation auf ΨΞ dann gilt für die Relation V = R°U mit V(x,z) ⊆ ΩΞ: V x , z = sup R x , y∧U y , z y∈ Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 3 Bemerkungen: Fuzzy Relationen • Bei diskreten Mengen kann die Verkettung durch die Matrizenmultiplikation abgebildet werden. – Die Elemente ajk sind Wahrheitswerte. Die Multiplikation wird per AND- und die Addition per ORVerknüpfung berechnet. Meistens max-min... • Der Fuzzy Vergleich ist ein Beispiel für eine Equivalenzrelation ≃ R(Ω,Ω). Ähnliche Relationen sind <, ≤, etc. die sich auch fuzzy definieren lassen. • Auch der klassische Implikationsoperator (P→Q) ist eine Relation aus Prämisse und Konklusion. • Relationen sind i.A. nicht kommutativ und das Rechnen mit ihnen ist uns nicht so geläufig... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 4 Fuzzy Vergleich als Relation • Wie groß ist der Wahrheitsgehalt der Aussage A ist (ungefähr) gleich B, d.h. τ(A≃B)? • Nach dem Zadehschen Erweiterungsprinzip ist dies gleich dem Wert der maximalen Übereinstimmung von A und B. A≃B = sup A x∧B x x∈ • Der Wahrheitsgehalt von W(A≃B) ist bei dem Wert x0 mit der größtmöglichen Übereinstimmung von A und B gegeben, z. B mit dem Min-Operator bei dem größten Wert für den A(x0)=B(x0) gilt. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 5 Fuzzy Logik • Ein Objekt x gehört nicht nur eindeutig zu einer Menge A, sondern kann auch zugleich zu deren Komplement gehören, falls • • A x ∉ { 0,1 } • Dies bedeutet in der Fuzzy-Logik gilt kein Satz vom Widerspruch (dies hängt von der T-Norm ab!): • • ∃ x∈ : ¬ A x∧ A x ≠0 • Auch der Satz vom ausgeschlossenem Dritten ist nicht mehr uneingeschränkt gültig: ∃ x∈ : ¬ A x∨ A x ≠1 Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 6 Unscharfe Logik Klassische Logik 1.0 1.0 Fuzzy Logik f w 0.5 falsch wahr falsch „jein“ wahr • Klassische Logik kennt nur die Werte 0 oder 1. • Fuzzy Logik definiert Wahrheitsgehalt als Menge mit einer Zugehörigkeit μw(x) ∈[0,1] mit μf = ¬μw = 1 - μw • Epimenides: μw = μf 1 - μw μw = 0.5 Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 7 Vergleich Fuzzy Logik & Control • Wodrin liegt der wesentliche Unterschied zwischen logischen Aussagen und Fuzzy Reglern? • Regler arbeiten meist auf einer Strecke mit scharfen Eingängen und Rückführung der defuzzifizieren Ausgangs. • Fuzzy Logik benötigt Algorithmen, die mit Fuzzy Mengen Mehrfachverkettungen ermöglichen, ohne sofortiger Defuzzifizierung und Rückführung. • Logik System müssen daher mit unscharfen Fuzzy Mengen und nicht nur auf scharfen Eingangswerten operieren können! Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 8 Kühlung mit „scharfer Regelung“ Das Beispiel einer Kühlung soll den Vorteil von Fuzzy Regeln erläutern. • Häufig sind scharfe Regeln unangemessen: R1 if (temp<30) R2 if (30<=temp<60) R3 if (60<=temp<90) R4 if (temp>120) Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff then „fan off = 0 mA“ then „fan low = 50 mA“ then „fan high =100 mA“ then „fan very high=150mA“ Fuzzy Logic & Control 9 Scharfe Laptop Kühlung Fan current 150 mA very high 100 mA high 50 mA low AC/DC 0 mA off 30 60 90 120 T /°C • 59°C „low“ jedoch 61°C „high“ unstetig. • Kühlung wird bei 60°mit „low-high“ oszillieren. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 10 Regeln mit linguistischen Variablen • Die Regeln werden „unscharf“ formuliert: R1 if „very cold“ then „fan off“ R2 if „cold“ then „fan low“ R3 if „warm or hot“ then „fan high“ R4 if „hot“ then „fan very high“ • „off“, „low“, „high“ etc. bezeichnen linguistische Variablen, die durch Fuzzy Mengen beschrieben werden. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 11 Linguistische Variablen (T) 1.0 cold warm hot very hot 0.5 Zuordnung der Temperatur zu den Fuzzy Mengen... off 30 60 90 120 T /°C Fuzzyfizierung • 59°C • 61°C Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 12 Fuzzy Fan Status (I) 1.0 off low high very high Dieselben „sprunghaften Regeln“ erlauben unscharf formuliert eine stetige Regelung! 0.5 off 50 100 150 200 Fan current I/mA Defuzzifizierung • 59°C low high = 98 mA • 61°Chigh very =102 mA Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 13 Truth Value • Der Wahrheitswert τ(A) wird in der Fuzzy Logik mit dem Grad an Zugehörigkeit τ(A)(x) = μA(x) zur Fuzzy Menge A identifiziert. Kleinbuchstaben stehen häufig für den jeweiligen Wahrheitswert. • In einer Regel „if x ∈ P then y ∈ Q“, wird der Implikationsoperator I(p, q) nur aus den Wahrheitswerten p und q der Prämisse und Implikation für eine gewählte Belegung (x,y) berechnet: P Q = I p , q p := P x q :=Q y Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 14 Fuzzy Implikation • Die Übersetzung der klassischen Implikation in eine Fuzzy Logik ist nicht eineindeutig. Es gibt mehrere Vorschläge für die Implikation P → Q: „klassisch wahr“ P Q ⇔ ¬P∨Q ⇔ ¬P∨ P∧Q P Q P→Q 0 0 1 P Q = max 1− p , q 0 1 1 1 0 0 P Q = max 1− p , min p , q 1 1 1 • Obige Formeln, sind abgeleitet mit Min-Max als tund s-Norm, auch dies ist frei wählbar! Allgemein wird P → Q mit einer Funktion I(p,q) berechnet. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 15 Implikationsoperatoren • Bereits bei der klassischen Implikation, gibt es verschiedene Definitionen, entsprechend existieren unterschiedliche Varianten des fuzzifizierten Implikationsoperators, z.B. Gödel, Łukasiewicz. P Q = min 1,1− pq • Für den Schluss P∧(P → Q), mit approximativer ≃Q erfolgen: ≃P , soll als Konklusion Q Prämisse P =P ∧ P Q Q • Mamdani ersetzt (P → Q) durch min(P,Q) und • Larsen wählt das Produkt (P → Q) = P*Q. • Beide sind für P=0 falsch(!) da klassisch I(0,Q)=1. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 16 Mamdani Approximation • Die Rechtfertigung für die Vereinfachung nach Mamdani/Larsen lautet, in einem Expertensystem wird eine Regel mit τ(P)=0 nicht feuern und der „falsche Implikationsoperator“ trägt nichts zum Ergebniss bei... • Hierdurch „vereinfacht“ sich der Ausdruck für die Implikation =P ∧ P Q Q auf Grund der Assoziativität von ∧ zu: ≈ ∧P ∧Q = q ∧Q Q P =: q Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 17 Der generalisierte Modus Ponens =P ∧ P Q in • Die klassische Implikation Q fuzzyfizierter Version lautet: – –y Q – x , I P x ,Q y = sup T P x∈ • Im Fall der vereinfachten Mamdani Implikation mit MinMax Norm ergibt dies: y = sup min P x , min P x ,Q y Q x∈ y = min p , Q y Q x , P x p = sup min P D.h. der Träger von Q bleibt erhalten! x∈ Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 18 Übung zur Regel Berechnen Sie das Ausgabe Fuzzy Set B A x= A xc if A then B, wenn das Eingabedatum gegen A, um eine Konstante c verschoben ist, für die Fälle: • Mamdani Implikation mit I(x,y)=T(x,y)= min(x,y). • Wie lautet der Algorithmus falls der Wenn-Teil aus einer Konjunktion if A1 ∧ A2 then B besteht? • Larsen Implikation mit I(x,y)=T(x,y)=x*y. – Tip: Wählen Sie für A(x) eine Dreiecksfunktion. – Machen Sie gegebenenfalls Fallunterscheidungen für Kern/Träger in Abhängigkeit von c. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 19 Fuzzy Inferenz • Für eine gegebene Fuzzy Regel R: if x is A then y is B A x • mit Fuzzy Mengen A und B, und einer Eingabe lautet der verallgemeinerte fuzzy modus ponens = B A ° A B • Die Ausgabe wird berechnet mit Hilfe einer T-Norm und dem Implikationsoperator p q=: I p , q B y = sup T A x , I A x , B y x∈ Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 20 Fuzzy Regelbasis Eine fuzzy Regelbasis mit n Regeln Rj: Aj Bj j=1, , n wird bestimmt als System von Relationsgleichungen B j= A j ° R j=1, , n und die Lösung ist gegeben, wenn die Konjunktion n C = ∩ A j Gö B j j=1 nicht leer und eine Lösung für jede Regel Rj ist. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 21 Fuzzy Approximations A lautet die Lösung • Zu gegebener (fuzzy) Eingabe n B= A ° ∩ A j Gö B j j=1 • Ein Expertensystem führt die Regeln unabhängig aus und eine approximative Obermenge der Lösung ist: n = ∩ B A ° A j B j ⊇ B j=1 • Fuzzy Control erweitert(!) meistens die Lösungsmenge durch eine disjunktive Verknüpfung: n = ∪ C A ° A j XY B j ⊇ B j=1 Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control Zadeh's compositional rule of inference 22 Offene Fragen • Die OR Aggregation der Ergebnisse hat sich in zahlreichen Anwendungen der Fuzzy Control bewährt, meistens mit Mamdani Inferenz... • Die Wahl AND oder OR Aggregation zu verwenden hängt vom Anwendungsfall ab: Sind die Regeln unabhängige Aussagen oder sind sie streng gekoppelt? Letzteres ist vermutlich der Fall für Anwendungen von Fuzzy Logic, wo die AND Aggregation erforderlich ist. • • Zur Illustration dient das fuzzy computer experiment der Lab4Jefis Site... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 23 Fuzzy Experiment • Wir wollen y = 1 – x mit Fuzzy Logik regelbasiert berechnen. Hierzu nehmen wir eine Fuzzy Partition mit drei Mengen und der Regelbasis: Rule Base for y = 1 – x R1: if x is „low“ than y is „high“ R2: if x is „med“ than y is „med“ R3: if x is „high“ than y is „low“ Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 24 Fuzzy Partition • Eine natural fuzzy partition ist eine Menge von n eindeutig überlappenden Mengen Aj , mit: 0 ≡ A j ∩ Ak x ∀ x∈ ,∣ j−k ∣1 n 1≡ ∑ j=1 A j x ∀ x∈ • In unserem Beispiel ist n=3 und die Regeln erfüllen Rk : if x is Ak then y is An-k+1 – Korrelar: Mindestens n-2 Regeln haben kein Match egal welchen Wert x annimmt. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 25 Mamdani sup-Min ∪ - Inference input value I(p,q)=min(p,q) OR-aggregation: Die Ausgabe passt gut zu y =1- x output sets final result with COG Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 26 Larsen sup-Prod ∪- Inference I(p,q)= p·q OR-aggregation: Auch die sup-* Interferenz funktioniert... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 27 Łukasiewicz ∪ - Inference min(1,1-p+q) OR-aggregation: Falls eine Regel keinen Match hat, so wird die bei Fuzzy Logik die universelle Menge geschlussfolgert. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 28 Łukasiewicz ∪ - Inference min(1,1-p+q) OR-aggregation: Auch das AusSchließen nicht erfüllter Regeln in einer RE hilft nicht... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 29 Was ist passiert...? • Die Mamdani Min-/Larsen Produkt Implikationen sind keine „richtigen Inferenz“ Operatoren, da sie beide eine (falsche) Implikation liefern: I(0,q) = 0 falls die Premise p Null ist. • Genau deshalb sind sie geeignet für die OR Aggregation, da sich eine nicht feuernde Regel nicht bemerkbar macht. • Implikationsoperatoren mit I(0,q)=1 werden im Fall einer OR-Aggregation überall eine „1“ liefern. • Daher ist AND-Aggregation für diese Operatoren die einzig mögliche Wahl... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 30 Łukasiewicz ∩ - Inference min(1,1-p+q) AND-aggregation: Für „logische Implikation“ ist ∩ Aggregation die richtige Wahl. Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 31 Gougen ∩ - Inference min(1,q/p) AND-aggregation: Die Form der Lösungsmenge ändert sich je nach dem geWählten I(p,q)... Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 32 Gödel ∩ - Inference { 1 I= q p≤q else AND-aggregation: Gödel bietet die kleinste Lösungsmenge Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 33 Vorläufiges Resultat Obgleich dies keine mathematisch schwierige und aussagekräftige Demonstration ist, stellt sich die Frage • Wie sind regelbasierte Systeme, die logische Entscheidungen treffen, zu entwerfen? – Für eine OR-Aggregation von Regeln sind nur die Mamdani- und Larsen Implikationen brauchbar. – AND-Aggregation funktioniert am Besten mit I(0,q)=1 Operatoren, selbst wenn Rule-Engines für p=0 nicht feuern. • Gibt es noch weitere Möglichkeiten der Inferenz? • Die Antwort ist: Ja, aber dies ist abhängig vom gewählten Wahrheitsbegriff! Prof. Dr. D. Danziger und Prof. Dr. N. Wulff Fuzzy Logic & Control 34