zur vermittlung von karikatur/en begriffserklärung | definition

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zur vermittlung von karikatur/en begriffserklärung | definition
ZUR VERMITTLUNG VON KARIKATUR/EN
BEGRIFFSERKLÄRUNG | DEFINITION | HISTORIE
KARIKATUR | DEFINITION
Komische übertreibende Zeichnung oder Ähnliches, die eine Person, eine Sache oder ein Ereignis
durch humoristische oder satirische Hervorhebung und Überbetonung bestimmter charakteristischer
Merkmale der Lächerlichkeit preisgibt. Fremdwörterduden
KARIKATUR | BEGRIFF
Von lateinisch carrus „Karren“, also: Überladung, von italienisch caricare „überladen“, „übertreiben“.
Ist erst seit dem späten 16. Jhdt. (caricatura, „Ritrattini carichi“) als künstlerischer Gattungsbegriff
bekannt.
Bedeutet die komisch überzeichnete Darstellung von Menschen oder gesellschaftlichen Zuständen,
gerade mit politischem oder propagandistischem Hintergrund.
Im deutschen alltäglichen Sprachgebrauch verwendet für: Bildsatire, Cartoon, Comic, Witzzeichnung,
politische Grafik. Eigentlich ist „Karikatur“ zum Sammelbegriff geworden. Jedoch ist dieser
Sprachgebrauch von Land zu Land verschieden, z.B. im englischen Sprachraum: caricature –
Porträtkarikatur, cartoon – wenn Personen in einem erzählerischen Kontext eingebunden sind. Je
nach inhaltlichem Schwerpunkt: social cartoon, political cartoon, editorial cartoon.
F.W. Berstein hat eine Formel festgelegt, was Karikatur ist und er fasst den Begriff sehr weit:
K=G+G+G
Karikatur besteht aus „Grafik, Gritik und Gomik“ in wechselnder Zusammensetzung. Und ist Kunst!
Grafik = formale, technische Gestaltung, Gritik = kritischer Ansatz des Inhaltes, Gomik = satirische,
ironische, parodistische, humoristische Umsetzung.
F.W. Bernstein (Fritz Weigele), Vertreter der Neuen Frankfurter Schule, bis 2000 einzige Professur für Karikatur und
Bildergeschichte an der Hochschule der Künste Berlin.
KARIKATUR | MERKMALE
Sie übertreibt bewusst, spitzt zu und verzerrt charakteristische Züge einer Person oder eines
Ereignisses, um durch den aufgezeigten Kontrast zur Realität und die dargestellten Widersprüche den
Betrachter der Karikatur zum Nachdenken zu bewegen. Zu aktuellen Sachverhalten bezieht die
Karikatur und ihr Zeichner oder ihre Zeichnerin sarkastisch-ironisch und satirisch Stellung.
Wesentliche Fehler oder Schwächen einer dargestellter Person oder des Objekts sowie eines
Ereignisses werden aufgedeckt und durch die zeichnerische Präsentation der Lächerlichkeit
preisgegeben. Die Karikatur kann mehr satirisch oder humoristisch ausgerichtet sein, je nachdem, ob
das Opfer des Zeichners oder der Zeichnerin völlig verurteilt werden soll, oder ob nur Mängel mit
leiser Ironie kommentiert werden.
Kritische Grundhaltung des Künstlers gegenüber dem darzustellenden Sachverhalt. Das Ziel ist eine
subjektive Wahrheit, zugespitzt herzustellen. Karikatur ist parteiisch, der Betrachter wird provoziert,
seine Zustimmung oder Ablehnung wird eingefordert.
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Verfremdung | ein Sachverhalt wird in einen neuen Sachverhalt eingegliedert – Karikatur-Code!
Übertreibung | ein Sachverhalt wird ironisch – satirisch verzerrt. Es wird entweder Komik erzielt, es
kann aber auch Nachdenklichkeit erzeugt werden.
Oft gibt es auch eine Verknüpfung von Bild und Text, wobei beide erst zusammen den zündenden
Gedanken freilegen.
Viele Karikaturen sind mit Vorurteilen behaftet. Diese Schwäche ergibt sich durch die Knappheit und
die Verwendung von Klischees. Durch die Konzentration auf das Wesentliche wird aber oft erst das
wirklich Wesentliche freigelegt – Klischees sind also oft nicht notwendig.
Moment der Überraschung, er spielt eine wichtige Rolle und wird durch Irritierung, Schockieren, etc.
hervorgerufen. Dadurch wird der komische Effekt erzeugt, der den Betrachter sensibilisiert oder zum
Lachen anregt (Aha-Erlebnis).
KARIKATUR | TABUS
Glaubensdinge und Religion | persönliches Leid | Pornografie | Privat- und Intimsphäre | Missachtung
der Menschenwürde.
Normative Vorgaben, Gesetze (Strafrecht, Jugendschutzgesetz, etc.), Redaktionsrichtlinien,
verlegerische Richtlinien geben Tabus vor.
KARIKATUR | GESCHICHTE
Heute folgt die Wissenschaft im Allgemeinen dem Kunsthistoriker Werner Hofmann.
An der Wende vom 16. Zum 17. Jhdt. Soll die Karikatur entstanden sein, und bringt diese in
Verbindung mit den Brüdern Agostino (1560-1609) und Annibale (1557 – 1602) Carracci in Verbindung.
Die Gebrüder Carracci waren Maler von bedeutenden religiösen Historienbildern und aufwendiger
Raumdekorationen, sie griffen in ihrer Kunst auf große Meister der Renaissance, wie Raffael, Tizian,
Correggio, zurück. Sie versuchten deren Kunst zum lehrbaren Ideal zu erheben und lösten damit
Stilpluralismen des Manierismus ab.
Ihre ersten Karikaturen waren Porträtkarikaturen, jedoch nicht für den Markt bestimmt und wurden
ausschließlich unter Künstlern ausgetauscht. Sie stellten Kunden, Auftraggeber und anonyme
Personen dar und dienten der Belustigung.
Werner Hofmann These lautet: In der Renaissance wurde der ideale Typus der menschlichen Gestalt
festgelegt und das Objektiv-Schöne als Ziel künstlerischen Schaffens festgeschrieben. Karikatur ist
für Hofmann ein Gegenentwurf zum Ideal des Schönen der Renaissance. Laut Hofmann ist erst durch
das Ideal der Renaissance diese Gegenbewegung – Schön | Hässlich, Erhaben | Gewöhnlich – und
somit das Entstehen der Karikatur möglich. Schonungslose Wirklichkeit wird durch die Künstler |
Karikaturisten dem ideal entgegengehalten.
Karikatur ist also: bewusster Protest gegen die ideale Schönformigkeit, Protest gegen Dogma des
Edlen und Erhabenen und Protest gegen eine Welt, die vorgibt, dass das Schöne mit dem guten ident
ist. In der Karikatur beanspruchen die Künstler die Freiheit, die Welt nach dem Hässlichen
umzubilden.
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„Die Karikatur kann erst begriffen werden, wenn wir sie als Partner eines Dialoges betrachten, in
dessen verlauf sie die Rolle des Fragenden, des behauptenden und des provozierenden zu spielen
hat….als Zerrbild verstanden, bleibt sie stets einem Vorbild verpflichtet, setzt sie die anerkannte
Regel voraus und bedarf des schönen Ideals um überhaupt als Provokation, als Widerspruch spürbar
zu werden….der Karikaturist lebt, wie jeder Revolutionär, von dem System, das er angreift.“
Zitat Werner Hofmann, aus: Die Karikatur von Leonardo bis Picasso, 1956
In England ist der Begriff „Karikatur“ bzw. „caricature“ erstmals 1686 belegbar. Erst gegen Ende des
18. Jhdts. Wurden gezeichnete Karikaturen und auch der Begriff außerhalb Italiens wirklich bekannt.
Die eigentliche politische Karikatur entwickelte sich in der 2. Hälfte des 18. Jhdts. Die Karikatur
begann sich in dieser Zeit ihrer gesellschaftlichen Funktion und der Verpflichtung bewusst zu werden.
Diese Entwicklung gipfelte in den Napoleon-Karikaturen, machte die politische Karikatur zu einem
gesamteuropäischen Phänomen und förderte die öffentliche Meinungsbildung.
Im 19. Jhdt. verlagerte sich die Blüte der Karikatur von England nach Frankreich, beeinflusst durch
zwei Phänomene: Karikaturen wurden in Zeitungen abgedruckt und nicht nur mehr durch
selbständige Drucke der Künstler vertrieben und die Lithografie war erfunden - Erleichterung der
Massendistribution!
1798 entwickelte Alois Senefelder die Lithografie, zuerst nur für Text- und Notendruck, wurde aber
rasch von Künstlern aufgegriffen. In der Verbindung mit Druckpressen war es ein wirtschaftliches
Massendruckverfahren, das Vervielfältigung in fast unbegrenzter Zahl erlaubte und auch
nachträgliche Kolorierung zuließ.
Während in Frankreich die Karikatur eine Hochblüte genoss, war die Bildsatire im deutschsprachigen
Raum nicht auf so hohem Niveau. Zu strenge Zensurvorschriften und die damit verbundenen
Rahmenbedingungen waren schon immer und sind es heute noch ein Maß für die Qualität. 1842 hob
König Friedrich Wilhelm IV die Zensur auf, 8 Monate später wurde diese zwar wieder eingeführt,
jedoch kam der Stein ins Rollen und satirische Darstellungen schossen aus dem Boden und satirische
Zeitschriften wurden gegründet (1844, Fliegende Blätter).
1848 Revolutionsjahr – Höhepunkt der politischen Karikatur, Pressefreiheit in Wort und Bild. Die
Folge war eine Unzahl von politischen Bild- und Schriftprodukten und führte zur Blütezeit der
Karikatur in Deutschland.
Ende des 19. Jhdts. War Karikatur das neue Medium der Massenunterhaltung und besaß weite
Verbreitung. In den 300 Jahren der Entwicklung der Karikatur bis 1900 wurde aus der
Porträtkarikatur, die in Ateliers entstanden und in Mappen aufbewahrt wurde und ein artistisches
Novum und Kuriosum war, ein neues hochwirksames Medium der Kritik und der öffentlichen
Meinungsbildung.
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Vor dem 1. WK im 20. Jhdt. waren die Zielpunkte der Karikaturisten noch Aristokratie, Militär, diverse
Standesdünkel und Salontratsch. Nach dem 1 WK bekamen die Karikaturen erschütternde
hasserfüllte Dramatik. Dier Herausforderung, gegen die Macht des Nationalsozialismus und
Faschismus anzukämpfen, wurde von vielen Künstlern aufgenommen. In dieser zeit wurden
Karikaturen auch für Propagandazwecke missbraucht, der Nationalsozialismus erkannte das
Potential der Karikatur und brachte sie zu einem Tiefpunkt.
Im 20. Jhdt. kam es auch zu einer wichtigen Entwicklung in der bildenden Kunst, die Karikatur
betreffend. In der Graphik vollzog sich ein tiefgreifender Wandel und die graphischen Künste bekamen
eine neue Funktion. „Aus einer Kunst der Mappe zu einer Kunst an der Wand“ (Koschatzky). Die
kritische Kunst nahm eine neue Rolle ein.
In Österreich war die politische Karikatur in den ersten Jahren nach 1945 von der Zensur und den
Besatzungsmächten geprägt. Nach Abschluss des Staatsvertrages 1955 war Aufbruchsstimmung,
auch in der Karikatur-Szene, es herrschte großer Bedarf mit hohem Qualitätsanspruch, man konnte
in der Karikatur unvermittelt an Traditionen anschließen.
Heute gibt es eine sehr dichte Szene in Österreich.
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ZUGÄNGE ZUR KARIKATUR | KARIKATUR ALS ZUGANG
KARIKATUR ALS ZUGANG
Die Karikatur mit all Ihren Beispielen, von der politischen Karikatur bis hin zur Komischen Malerei,
kann auf Grund der Vielfalt der verarbeiteten Themen als Zugang zur Aufbereitung solcher Themen
herangezogen werden. Karikatur kann das Thema verdeutlichen, kritisch, komisch und mit Humor
vorbereiten, ohne oberflächlich zu bleiben. Karikatur als Impuls!
ZUGÄNGE ZUR KARIKATUR
Je nach Verwendung von Karikatur und Ihrer Einsetzung, muss die Karikatur im Vorfeld richtig
„gelesen“ werden. Der Impuls, den die Karikatur liefern kann, wirkt nur über deren Verständnis.
Der Karikatur- Code eines jeden Zeichners muss geknackt werden, der Inhalt und die Mitteilung
freigelegt werden, damit der Impuls stattfinden kann. Folgende Zugänge zur Karikatur, material- und
selbst wieder impulsunterstützt, helfen dabei:
 Klärung des Sammelbegriffs „Karikatur“ und Definition der einzelnen Karikatur-Typen über
Begriffskärtchen und Zuordnungen.
 Präsentation der einzelnen künstlerischen Medien und Materialien, die Karikaturisten
verwenden. In weiterer Folge damit experimentieren – z.B. einfache Striche, wie entwickeln
sich diese mit den unterschiedlichen Medien.
 Herausarbeiten der wesentlichen Charakteristika von Karikatur – Verzerrung und
Überzeichnung: Zerrspiegel, Zeichnungen auf Terrabändern oder Gummihandschuhen (was
passiert mit dieser, wenn das Trägermaterial gedehnt wird?), Nasengalerie (zeichnen von
unterschiedlichsten Nasen).
 Das Erscheinungsbild eines Gegenstandes oder eines Menschen verändert sich massiv und
wird zur Karikatur, wenn Charakteristika überzeichnet oder verzerrt werden, Beispiel mit Kopf
aus Plastilin. Styropor-Kopf dient als Basis, wird mit Knetmasse oder Plastilin überzogen (min
2 cm dick) und in Form eines Gesichtes gebracht. TeilnehmerInnen haben nun die Aufgabe mit
einem Handgriff das Gesicht zu verändern – das Ohr in die Länge zu ziehen, den Mund zu
verzerren, Attribute anzubringen etc.
 Würfel mit Eigenschaften der Karikatur oder Emotionen, die Karikatur auslöst oder ausdrückt,
hilf bei Beschreibungen.
 Zitate der ZeichnerInnen
 Die Bedeutung von Text- und Bildebene der Karikatur erläutern – durch Geschichten,
Gedichte, aktuelle Zeitungstexte, Texte der Karikatur selbst werden durch eigene Texte
ausgetauscht, etc. – Sprechblasen mit Tafellack können mit Kreise beschriftet werden.
 Stereotypen der Karikatur – Beispiel von Porträtkarikaturen, Abbildungen von Tieren und
Menschen allgemein. Eigene Gestalten können mit Stereotypen zusammengesetzt werden
(Zeitungsausschnitte)
 Zuordnung von Attributen, die gewisse Charaktereigenschaften oder Emotionen verdeutlichen
und betonen
 Umsetzung von gezeichneten Bildern in dreidimensionale Skulpturen – wie verändert sich der
Charakterzug der Überzeichnung oder Verzerrung (mittels Papiermâché, Plastilin, Knetmasse,
Filz, etc.)
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

Konzentration auf die Linie – Karikaturen oder einfache Bilder können mit Schnüren
nachgelegt werden (unterschiedliche Materialien oder Stärke der Schnüre können einen
anderen Ausdruck herbeiführen)
Konzentration auf das Wesentliche – nur eine Linie ist das Ausdrucksmittel. Sobald man den
Stift absetzt, ist die Arbeit beendet
Saul Steinberg (1914-199)



Darstellen von Karikaturen mit dem eigenen Körper
Funktion der Karikatur - Unterschiedliche Printmedien verwenden Karikaturen auf
unterschiedliche Weise (Hochglanzmagazin, Tageszeitung, Fachzeitschriften,
Propagandazettel, etc.). Wir begegnen Karikatur alltäglich an unterschiedlichsten Orten,
immer hat die Karikatur dort eine andere und spezielle Aufgabe zu erfüllen (Comic, Werbung,
Plakat, etc.)
Etc.
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