FD 3-04 txt.p65 - Bundesvereinigung Lebenshilfe

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FD 3-04 txt.p65 - Bundesvereinigung Lebenshilfe
Fachdienst
der Lebenshilfe
Praxis gestalten – Innovation wagen
Nr. 3/2004, September 2004
ISSN 0944–825X
Postvertriebsstück: 13840
Werkstätten für behinderte Menschen
und die Herausforderungen der Zukunft
Bodo Schümann1
Wie in anderen Bereichen der Sozialpolitik hat sich auch in der institutionellen
Behindertenarbeit in den letzten Jahren ein erheblicher Wandel vollzogen. Weitere
einschneidende Änderungen stehen bevor. Im Folgenden sollen einige Anmerkungen zum Wandlungsprozess in der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen, genauer im Bereich der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), angeführt werden, verbunden mit einigen Hinweisen auf mögliche Konsequenzen.
Selbstbestimmung und Integration
Im gesellschaftlichen Verständnis – und in dessen Folge auch in der Gesetzgebung
– sind in den letzten Jahren die Forderungen nach Selbstbestimmung und einer
gesellschaftlichen und sozialen Integration behinderter Menschen und deren praktische Umsetzung deutlich verstärkt worden. Dazu gehören vor allem:
❍ Die in der WfbM beschäftigten behinderten Menschen haben ein „arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis“ zugestanden bekommen. So unbestimmt dieser
Rechtsbegriff im Einzelnen sein mag, so hat er doch erhebliche Konsequenzen
für den rechtlichen Umgang der Institution mit dem behinderten Menschen,
z. B. in Bezug auf Vertragsabschlüsse und -gestaltung, Verfahren bei Versetzungen, Entlassungen, Umgang mit Konfliktfällen, Verteilung des Entgelts, Erstellung und Umgang mit Berichten.
❍ In diesem Zusammenhang sind die Mitwirkungsrechte der Werkstatträte, vor
allem deren umfängliches Recht auf Information, derart erweitert worden, dass
diese – wie meist schon bei Betriebsräten – kaum realistisch sind.
1 Bodo Schümann ist der Gründer der Elbe-Werkstätten GmbH in Hamburg, einer Werkstatt für
ca. 800 behinderte Menschen. Er war dort bis zu seiner Pensionierung Ende 2002 Geschäftsführer. Er befasst sich jetzt u. a. mit Organisationsberatung, Erwachsenenbildung sowie der
Mitarbeit beim Aufbau von Behinderteneinrichtungen in Ost-Europa.
Bitte lesen Sie weiter auf Seite 3.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Bundesvereinigung
Lebenshilfe für Menschen
1
mit geistiger Behinderung e.V.
Inhalt
Schwerpunkt
Werkstätten für behinderte Menschen und
die Herausforderungen der Zukunft
(Bodo Schümann) ............................................................ 1
Übergreifendes
Ingrid Körner wird Präsidentin
von Inclusion Europe .................................................... 11
Teilhabe bedeutet mitmachen, mitgestalten
und mitbestimmen! Wie geht es weiter nach
dem Dortmund-Kongress? ........................................... 11
Soziale Landschaft Deutschland – auch für
Menschen mit schwerer und mehrfacher
Behinderung! Resolution der vier Fachverbände .... 15
Käpt’n Life und seine Crew – Ein Arbeitsbuch
zur Persönlichen Zukunftsplanung ............................ 18
Bundestag befasst sich mit sexueller Gewalt
gegen Menschen mit Behinderung ............................. 19
27. Treffen der Beauftragten und Beiräte für
behinderte Menschen und der BAR .......................... 20
Kontaktsuche von Menschen mit seltenen
Erkrankungen ................................................................. 21
Zahnärzte engagieren sich für Menschen mit
Behinderungen ............................................................... 21
Kindheit und Jugend
Kritische Bilanz der Bildungspolitik –
Gemeinsamer Unterricht von behinderten
und nichtbehinderten Kindern und
Jugendlichen in Deutschland unterentwickelt ......... 22
Arbeitsleben
Schritt für Schritt – Die Integrationsfachdienste
zwischen Kontinuität und Veränderung
(Tagungsbericht) .............................................................22
Werkstatt innovativ
Das Marli-Café Restaurant (Axel Willenberg) ......... 23
Familienurlaub auch barrierefrei ................................ 26
Lokale Bündnisse für Familie – Ein Arbeitsbuch
zum Aufbau eines lokalen Bündnisses
(Buchhinweis) ................................................................ 27
Besondere Kinder brauchen besondere Eltern
(Buchhinweis) ................................................................ 27
Autistischen Kindern Brücken bauen –
Ein Elternratgeber (Buchhinweis) .............................. 27
Offene Hilfen
Selbstbestimmungsgremium in Ambulanten
Diensten .......................................................................... 28
„Kleines Dschungelbuch“ der Hamburger
Arbeitsassistenz ............................................................. 28
Kultur
„Grenzübergänge“ – 3. Internationales
Fest der Sinne 2004 ...................................................... 28
Oskar-Kuhn-Preis für Ohrenkuss .............................. 29
Integrative Kulturwerkstatt Alte Schule
Lüdenscheid ................................................................... 30
Mach Musik! Rhythmische und musikalische
Angebote für Menschen mit schweren
Behinderungen (Buchhinweis) .................................. 30
Viel Spaß mit der Veeh-Harfe ..................................... 31
Die Spieleschachtel
1 Stein + Co. oder – Variationen eines Steins ......... 32
O Zoo le Mio oder – so eine Zucht
(Michael Brandl) ............................................................33
Veranstaltungen
Angebote der Bundesvereinigung Lebenshilfe ....... 34
Angebote anderer Träger .............................................. 35
Publikationen & Medien
Fachzeitschrift „Geistige Behinderung“ 3/2004 ...... 37
… aus dem Lebenshilfe-Verlag Marburg .................. 38
Wohnen
„Wohnen inklusiv“ – Wohn- und
Unterstützungsangebote für Menschen mit
Behinderungen in Zukunft (Projektbericht) ............ 24
Wohnen mit Behinderung = behindertes
Wohnen? (Tagungsbericht) ......................................... 24
weitere Publikationen & Medien .............................. 40
Zeitschriftenumschau .................................................... 42
Nächste Ausgabe:
Erscheinungszeitraum:
Redaktionsschluss:
Eltern und Familie
Bundeshaushalt 2005: Keine Kürzungen
bei familienpolitischen Leistungen ............................. 26
Familienfreizeit für Eltern mit kleinen Kindern –
Ein Handbuch für die Praxis (Buchhinweis) ........... 26
Fachdienst 4/2004
Dezember 2004
10.9.2004
Bitte beachten Sie die Beilagen des Verlags Deutsche Wirtschaft für den „Reden Berater“ und des
Bundesanzeigers BtPrax zur Abonnentenwerbung
in dieser Ausgabe.
SCHWERPUNKT
❍ Wenn sich in absehbarer Zeit das persönliche Budgetrecht des einzelnen behinderten Menschen – trotz
der Einschränkungen im vorliegenden Koalitionsentwurf für die Einordnung der Sozialhilfe in ein XII.
Sozialgesetzbuch (Scheibner 2003, 8) – durchsetzt,
wird umso mehr der so genannte Paradigmenwechsel
in der Behindertenpolitik deutlich: von der Anstalt
zum Dienstleister, vom „Insassen“ zum „Kunden“
(auch wenn dieser Begriff unter kulturpolitischen und
sozialpädagogischen Gesichtspunkten eine Behinderteneinrichtung fast desavouiert). Die Wahlfreiheit
zwischen alternativen Angeboten (sofern sie regional vorhanden sind) und die Entscheidungskompetenz allein der Betroffenen würde mittelfristig eine weitere Eigendynamik der Veränderungen
Herausgeber:
Bundesvereinigung Lebenshilfe
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Postvertriebsstück: 13840, Auflage: 2.350
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Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
auslösen. Die Angebote und die Qualität der angebotenen Arbeit, der Wechselmöglichkeiten, der persönlichen Förderung sowie das Betriebsklima, das
Selbst- und Rollenverständnis der professionellen
Akteure ihren Klienten gegenüber würden über den
Marktwert bzw. die Akzeptanz einer Einrichtung
entscheiden. Da die Rehabilitationseinrichtungen
öffentlich finanziert werden – wobei inzwischen
rechtlich ausdrücklich auch private Anbieter zugelassen sind –, müssten die Einrichtungen, die den
geforderten Standards nicht entsprechen, mit ihrer
Liquidation rechnen.
Anlässlich des Europäischen Jahrs der Behinderten
2003 haben die „Deklaration von Madrid“ und die
„Magdeburger Erklärung“ noch einmal mit Nachdruck
die gesellschaftliche Integration behinderter Menschen
gefordert und u. a. auf Artikel 1 der Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen von 1948 verwiesen: „Alle Menschen sind frei und gleich in ihrer Würde und in ihren Rechten“. Die o. g. Deklarationen
fordern für alle gesellschaftlichen Bereiche die Beachtung des Leitsatzes aus der Sicht der Betroffenen:
„Nichts über uns ohne uns!“
Gleichwertigkeit von Arbeit und
Rehabilitation
Endgültig ist der – fast historische – Streit über die
Gleichwertigkeit und die Gleichberechtigung von Arbeit und Rehabilitation entschieden. Rehabilitation geschieht durch Arbeit, und eine zusätzliche Förderung
der Persönlichkeit ist gleichzeitig notwendig und gesetzlich geboten. Beide sind inhaltlich nur verzahnt
miteinander denkbar. Vom Umfang und der fachlichen
Qualität der Persönlichkeitsförderung ist inzwischen
sogar Art und Umfang der finanziellen Förderung der
Einrichtung abhängig. Die fachlich angebotenen Konzepte auf dem Markt befinden sich allerdings noch in
der Entwicklung und erst recht noch in der praktischen
Erprobung.
Vermittlung auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt
Werkstätten sollen sich verstärkt um eine Vermittlung
behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bemühen. Diese Forderung entspricht einerseits
einem gesellschaftlichen Trend nach sozialer Integration Behinderter, ist zum anderen bei den Kostenträgern
mit der – völlig überzogenen – Erwartung verbunden,
auf diese Art zu erheblichen Kostensenkungen gelangen zu können. Sowohl die Protagonisten als auch die
Agonisten der Integration sind inzwischen auf den
Boden der Tatsachen zurückgekehrt. Einerseits be3
SCHWERPUNKT
schränken die augenblickliche (und noch länger währende) Beschäftigungssituation auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt und die zunehmende Automatisierung die
Möglichkeiten für schwerer behinderte Menschen, in
der Privatwirtschaft eine Anstellung zu finden. Andererseits zeigen ernsthafte Bemühungen um integrative
Arbeitsmöglichkeiten, dass – nicht nur in Nischen –
mehr realistische Chancen auf Vermittlung bestehen,
als gemeinhin angenommen wird. Wenn z. B. die „Hamburger Arbeitsassistenz“, die sich um die Vermittlung
behinderter Menschen, vor allem aus WfbM, bemüht,
in zehn Jahren ihres Bestehens seit 1992 immerhin 258
sozialpflichtige Arbeitsverhältnisse akquirieren konnte (Hamburger Arbeitsassistenz 2002, 6), ist das eine
beachtliche Leistung und belegt, dass es in begrenztem
Umfang durchaus Chancen auf Vermittlung gibt.
Nun besteht neben der vollständigen Integration auf
den allgemeinen Arbeitsmarkt in einem regulären Arbeitsverhältnis auch die Möglichkeit, von der Werkstatt
aus für einzelne Personen oder Gruppen so genannte
Außenarbeitsplätze zu schaffen, von der inzwischen
verstärkt Gebrauch gemacht wird. Eine Hamburger
Untersuchung, die vor allem die Bedingungen und Voraussetzungen für diese Maßnahme klären sollte, hat
die Akzeptanz solcher Arbeitsmöglichkeiten bei den in
den vier Hamburger Werkstätten behinderten Beschäftigten erkundet. Immerhin haben 42 % der Befragten
den Wunsch geäußert, wenn schon nicht auf einem regulären Arbeitsplatz der Privatwirtschaft, so doch auf
ausgelagerten Arbeitsplätzen tätig werden zu wollen.
Die für diesen Wunsch genannten hauptsächlichen
Gründe waren: 1. bessere Verdienstmöglichkeiten:
72 %, 2. Teilhabe an der „normalen“ Arbeitswelt: 67 %
(THIEL 2003,10).
Es ist nicht zu übersehen, dass die behinderten Beschäftigten in Werkstätten sich in einem erheblichen Maß
„Normalität“ wünschen, also eine möglichst weite Angleichung ihrer Arbeitsbedingungen an die der nichtbehinderten Arbeitnehmer(innen). Dies macht sich laut
der Befragung am „Tariflohn“ und an der Arbeitsorganisation und dem Arbeitsumfeld fest. Für die Weiterentwicklung der Werkstatt könnte das bedeuten:
❍ Wenn das in der Werkstatt erwirtschaftete Entgelt
und die dem Einzelnen zustehende Sozialhilfe in der
Auszahlung addiert würden, erhielte der behinderte
Beschäftigte von der Werkstatt einen „Lohn“, der
nach den Tarifverträgen etwa dem eines ungelernten Arbeiters entspräche. Dies würde nicht zu mehr
Einkommen führen, aber dem Einzelnen das Gefühl
geben, unter der Berücksichtigung der eingeschränkten Leistungsfähigkeit wegen der Behinderung trotzdem wie andere Arbeitnehmer seinen Lebensunterhalt in der Wertorientierung verdient zu haben. Eine
4
staatliche Unterstützung würde nicht mehr als Almosen empfunden werden. Deutlich wird: es geht
hierbei gar nicht um eine materielle Verbesserung,
sondern um eine angemessene Reaktion auf eine
psychologische Befindlichkeit oder auf die Erwartung von Wertschätzung.
❍ Die Werkstätten sind aufgerufen, sich weiterhin um
die bisher möglichen Formen der Integration behinderter Beschäftigter in die Arbeitswelt zu mühen.
Auch wenn die Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt alles andere als günstig und die realen Möglichkeiten regional sehr unterschiedlich sind, sollten alle Chancen der Integration sorgfältig ausgelotet
und wahrgenommen werden. Dazu gehören die drei
klassischen Möglichkeiten: 1. Vermittlung auf den
allgemeinen Arbeitsmarkt in sozialpflichtige Arbeitsverhältnisse, 2. die Gründung von Integrationsbetrieben und -abteilungen mit eingeschränktem
Arbeitnehmerstatus und besonderen öffentlichen
Förderungsmöglichkeiten, 3. der Ausbau der so genannten Außenarbeitsplätzen in Firmen und Institutionen.
❍ Bei den so genannten ausgelagerten Arbeitsplätzen
besteht allerdings eine erhebliche Einschränkung.
Denn nach § 5 der Werkstättenverordnung ist nur
an eine „zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten
Arbeitsplätzen“ gedacht. Auf Anfrage der BAG:WfbM
hat der zuständige Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung
im Oktober 2003 noch einmal diese zeitliche Begrenzung bekräftigt: „Die Bundesregierung beabsichtigt
daran festzuhalten, dass die Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen nur als ‚zeitweise’ Beschäftigung im Rahmen der Maßnahmen zur Förderung
des Übergangs und nicht als dauerhafte Beschäftigung in Betracht kommt“. Wenn dies nicht zur dauerhaften Beschäftigung führe, „ist die Maßnahme zu
beenden“ (RODENHÄUSER 2004, 8).
❍ Diese Begründung hängt der Illusion an, es sei möglich, im wesentlichen Umfang Arbeitsplätze für behinderte Menschen aus Werkstätten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen. Darüber hinaus
verhindert es die Möglichkeit für diejenigen, die gar
nicht endgültig zu vermitteln sind, jedenfalls ein
weiteres Stück Normalität in der Arbeitswelt der Privatwirtschaft zu erfahren. Wenn man diese Interpretation ernst nimmt, dürften nur sehr leistungsfähige
Behinderte solche Außenarbeitsplätze belegen; denn
von ihnen muss mindestens erwartet werden, dass
sie in der Lage wären, allein auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt tätig zu werden. Der gesetzlichen Regelung und der oben zitierten eindeutigen Interpretation stehen die „Werkstattempfehlungen“ der
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
SCHWERPUNKT
der Sozialhilfe gegenüber, nach denen durchaus behinderte Menschen, die (noch) nicht für den allgemeinen Arbeitsmarkt befähigt sind, zeitlich unbegrenzt auf Außenarbeitsplätzen tätig sein können
(BAGüS 2002, 17-19). Der Gesetzgeber sollte hier
eine eindeutige Rechtslage schaffen, die auf die bisherigen zeitlichen Einschränkungen verzichtet.
❍ An dieser Stelle ist allerdings auch über eine weitere
Öffnung und Normalisierung der Werkstatt selbst
nachzudenken. Auch hier könnten unter bestimmten Umständen Formen der gesellschaftlichen Integration entwickelt werden. Die Werkstatt könnte
verstärkt Aufträge der Produktion und Dienstleistungen übernehmen, an denen nichtbehinderte, z. T.
fachlich sehr qualifizierte Arbeitnehmer(innen) zusammen mit den behinderten Beschäftigten der
Werkstatt gemeinsam tätig werden. Die einen hätten den geschützten Werkstattstatus, die anderen
würden zu üblichen Arbeitnehmerbedingungen und
Tariflöhnen angestellt werden. Staatliche Subventionen würden sich auf die als behindert anerkannten
Mitarbeiter(innen) beschränken. Im geringen Umfang wird diese Struktur bereits praktiziert. Wenn
zu einer bestimmten Produktion über die Gruppenleiter(innen) hinaus aus Gründen der fachlichen
Anforderungen oder zur Bewältigung von Mengenproblemen Nichtbehinderte als Zusatzpersonal benötigt werden, können diese bereits heute tätig werden, um damit eben behinderten Menschen Arbeit
zu schaffen. Nur: diese Möglichkeiten könnten und
müssten erheblich ausgeweitet werden. Dazu wären
auch rechtliche Veränderungen erforderlich.
Benachteiligungsverbot
Die oben beschriebene Entwicklung der gesellschaftlichen Integration behinderter Menschen wird in den
nächsten Jahren wahrscheinlich noch erheblich durch
die in Einzelheiten noch gar nicht übersehbaren Konsequenzen aus dem so genannten Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes (Artikel 3 Abs. 3: „Niemand
darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“)
verstärkt werden und vielleicht eine ungeahnte Eigendynamik entwickeln. Ein wichtiger Schritt der Umsetzung dieses Grundsatzes ist mit der Verabschiedung des
„Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen…“
vom April 2002 erfolgt. Dieses Gesetz sichert behinderten Menschen nicht nur eine Barrierefreiheit in
Bauten des öffentlichen und z. T. auch privaten Raums
zu, sondern beispielsweise auch die Überwindung von
Kommunikationsbarrieren in der Sprache, bei der Ausfüllung von Formularen und Stimmzetteln oder bei der
Durchführung von Prüfungen usw. Hier haben die
Werkstätten natürlich bereits den größten Teil an Bar-
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
rieren abgebaut. Aber so wie offen bleiben muss, ob
und unter welchen Bedingungen z. B. Eltern das
Entscheidungsrecht haben, ihre behinderten Kinder
statt in eine Sonderschule in eine Regelschule zu schicken, könnte man sich ein Entscheidungsrecht behinderter Menschen vorstellen, in welcher Werkstatt jemand arbeiten möchte, auch wenn diese Entscheidung
für die Kostenträger nicht die günstigste ist (Entfernung,
Inanspruchnahme des Fahrdienstes, Auslastung vorhandener Plätze usw.).
Auch darüber kann beispielsweise trefflich spekuliert,
besser vor Gericht geklagt werden, ob behinderte
Werkstattmitarbeiter(innen) nicht aus Gleichheitsgründen – trotz des besonderen Status der Werkstatt
als Rehabilitationseinrichtung – einen uneingeschränkten, sicherlich besonders geschützten! – Arbeitnehmerstatus durchsetzen können. Oder: Warum sollten behinderte Menschen aus der Werkstatt nicht für sich
soviel persönliche Assistenz und auch Lohnsubventionierung fordern, um wie nichtbehinderte Menschen
eine Chance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten? Schließlich bleibt offen, ob und in welchem
Umfang das Verbandsklagerecht (§ 13) auch gegen die
Werkstätten in den Fällen angewendet wird, in denen
behinderte Menschen sich in ihren Rechten benachteiligt fühlen. Hier soll nur darauf hingewiesen werden:
Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, in der
behinderte Menschen auf der Rechtsgrundlage des
Grundgesetzes in verschiedenen Bereichen des Lebens
ihre Rechte als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft
einfordern werden und in einem Umfang Recht erhalten werden, der vielen noch unvorstellbar scheint.
Nach dem Ende des Europäischen Jahrs der Menschen
mit Behinderung stellen die Behindertenverbände in
vielen europäischen Staaten fest, dass in der Behindertenpolitik trotz vorhergehender Versprechungen
keine weiteren Fortschritte erreicht worden sind. In
Deutschland ist die Enttäuschung darüber besonders
groß, dass die Justizministerin Brigitte Zypries im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Herta Däubler-Gmelin
in ihrem Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes
behinderte Menschen ausgenommen hat. Hier bleibt
zu hoffen, dass der öffentliche Druck der Behindertenverbände zu einer entsprechenden Ergänzung in der
parlamentarischen Beratung führen wird (DAHESCH
2003, 7).
Demographische Entwicklung
Demographische Veränderungen und gesellschaftliche
Einflüsse werden auch in Zukunft die Entwicklung der
Werkstätten beeinflussen.
5
SCHWERPUNKT
❍ Demographische Veränderungen:
Für die in diesem Zusammenhang wichtigsten Veränderungen seien kurz folgende Zahlen genannt:
Bevölkerungsentwicklung Deutschlands (BIRG 2003,
13):
Jahr
Allgemeinbildende
Schulen
Sonderschulen
1993
12.005.000
371.000
Jahr
Einwohner
2001
12.564.000
423.000
2000
82,0 Mio.
2020
10.215.000
347.000
2030
77,5 Mio.
2050
68,0 Mio.
2080
53,0 Mio.
Der dramatische Rückgang der Bevölkerung führt
zu einer enormen Überalterung unserer deutschen
Gesellschaft, die sich in den folgenden Zahlen ausdrückt (Statistisches Bundesamt 2003 b):
Jahr
Anteil der über 60-Jährigen
2002
24,4 %
2030
34,4 %
2050
36,7 %
Im Rahmen der Bevölkerungsentwicklung wird eine
weitere bedeutsame Veränderung stattfinden: Der
Anteil der so genannten Zugewanderten wird im
Rahmen der EU-Erweiterung und auch der zunehmenden Globalisierung erheblich steigen. Das verdeutlichen folgende Zahlen über den sich verändernden Anteil der Zugewanderten an der Gesamtbevölkerung (BIRG 2003, 13 und eigene Berechnungen):
Jahr
Zugewanderte
Bevölkerungsanteil
1998
7,4 Mio. E.
9,0 %
2030
15,2 Mio. E.
19,6 %
2050
19,0 Mio. E.
27,9 %
2080
23,9 Mio. E.
43,2 %
Nun gibt es auch ernst zu nehmende Stimmen, die
jedenfalls die Dramatik, die aus der demographischen
Entwicklung abgeleitet wird, in Frage stellen, weil
z. B. so langfristige Prognosen gar nicht möglich und
wichtige Grundannahmen, die den Berechnungen
zugrunde gelegt sind, politisch beeinflussbar und
damit änderbar seien, etwa die Beeinflussung der
Geburtenzahl durch eine kinderfreundlichere Politik (BOSBACH 2004, 6).
Die Kultusministerkonferenz hat vor einiger Zeit die
Entwicklung der Schülerzahlen untersucht und
kommt zu folgender Einschätzung, die im letzten
Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts zunächst noch
einen Anstieg verzeichnete, dann aber einen erheb6
lichen Rückgang der Schüler errechnet (Kultusministerkonferenz 2002, 8):
Für den zurückliegenden Zeitraum ist auffällig, dass
die Schülerzahl in den Sonderschulen noch deutlich angestiegen ist, obwohl gleichzeitig in vielen
Bundesländern die Bemühungen verstärkt wurden,
Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf auch in den allgemeinen Schulen zu unterrichten. In diesem Zeitraum haben sich auch die
Bedarfe der gesonderten Förderung verschoben:
Angestiegen sind die sonderpädagogischen Förderbedarfe in den Bereichen „geistige Entwicklung“ und
„emotionale und soziale Entwicklung“ (Kultusministerkonferenz 2001, 3 u. VII f.). Diese Förderschwerpunkte in den Sonderschulen haben sich wie
folgt verändert:
Jahr
Geistige
Entwicklung
Emotionale und
soziale Entwicklung
1991
46.704
17.797
2000
64.337 (+13,8 %) 25.702 (+14,4 %)
Es mag offen bleiben, ob diese Entwicklung sich fortsetzt und welche strukturellen Folgen das für die Arbeit in den WfbM hat. Aber ein in der Vergangenheit in der Praxis immer wieder beobachtetes
Phänomen wird statistisch bestätigt: Die Zunahme
der behinderten Menschen, die emotionale und soziale Auffälligkeiten aufweisen. Da diese im Einzelnen nicht sehr leicht aufzuzeigen sind und sich oft
mit anderen Kriterien verbinden, dürfte der Anteil
in Wirklichkeit deutlich höher liegen als bisher die
Statistiken ausweisen.
Um mehr Planungssicherheit für den Bedarf an
Werkstattplätzen für die Zukunft zu erreichen, hat
das damalige Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung vor einiger Zeit bei der „con_sens
GmbH“ in Hamburg eine Studie in Auftrag gegeben, die bis heute leider nicht veröffentlicht worden
ist (con_sens 2002). Diese Untersuchung kommt zu
dem Ergebnis, dass zunächst noch bis 2010 der Bedarf an Werkstattplätzen steigen wird – der Fehlbedarf wird unter Berücksichtigung verschiedener
Faktoren abweichend von statistischen Angaben vorsichtig auf etwa 23.000 Plätze prognostiziert –, dann
aber deutlich sinkt. Dem liegen folgende Daten
zugrunde (con_sens 2002, 48):
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
SCHWERPUNKT
Jahr
Werkstattplätze
2001
215.382
2010
254.160
2012
251.812
Gesellschaftliche Einflüsse
Die Hinweise im letzten Abschnitt, viele Hinweise in
der Literatur und nicht zuletzt die Erfahrungen der
Werkstätten stimmen darin überein, dass mit einer erheblichen Zunahme der Anzahl psychisch erkrankter
Menschen zu rechnen ist, die zukünftig die Arbeit der
Werkstätten erheblich beeinflussen wird. Im Folgenden werden dazu einige allgemeine Hinweise auf den
Anstieg psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft genannt:
❍ Die zweitgrößte Ersatzkasse, die DAK, hat in ihrem
Gesundheitsreport 2002 auf den dramatischen Anstieg an psychischen Erkrankungen in ihrer Mitgliederschaft hingewiesen. In der Zeit von 1997 bis
2001 gab es einen Zuwachs dieser Erkrankungen um
51 % (DAK 2002, 50 ff.).
❍ Auch die Bundesanstalt für Arbeit bestätigt diese
Tendenz: „Seit Jahren ist ein ständiger Anstieg der
Fallzahlen von psychisch behinderten Menschen festzustellen“ (Bundesanstalt für Arbeit 2003, 1396).
❍ Das Statistische Bundesamt hat in einer Analyse der
Arten der Behinderungen einen erheblichen Anstieg
psychischer Erkrankungen in der Vergangenheit bestätigt. Das zeigen die Entwicklungszahlen sowohl
von neurotischen Erkrankungen als auch von endogenen Psychosen (Statistisches Bundesamt 2003, 30):
Entwicklung von Neurosen, Persönlichkeits- und
Verhaltensstörungen
Jahr
Anzahl der Erkrankungen
1993
48.509
2001
89.591 (+85 %)
Entwicklung von Psychosen (Schizophrenie,
affektive Psychosen):
Jahr
Anzahl der Erkrankungen
1993
101.880
2001
147.817 (+45 %)
❍ Die schon genannte Bedarfsuntersuchung für WfbM
von „con_sens“ kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Die stärkste Steigerung des Nettozugangs im
Jahr 2001 weist der Personenkreis der seelisch be-
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
hinderten Menschen mit 8,3 Prozent aus.“ (Statistisches Bundesamt 2003, 39 und 42)
Bei diesen Angaben sind nicht so sehr die absoluten
Zahlen aussagekräftig, weil die Dunkelziffer in diesem Bereich erheblich sein dürfte. Vielmehr kommt
es darauf an, einen Eindruck von der Steigerungsrate psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft
zu erhalten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass
sich diese Tendenz ändern wird. In einem Beitrag
der „Frankfurter Rundschau“ hat Hartmut Volk als
Gründe dieser Entwicklung genannt: Überforderung
in der Arbeit, Nicht-Anerkennung durch Kollegen
und Vorgesetze, gezielte Demütigungen (Mobbing),
aus denen dann als „Ausweg“ ein unbewusster Rückzug in eine depressive Erkrankung gesucht werde
(VOLK 2003, A 27). Diese Beurteilung dürfte mit derjenigen der Fachwelt übereinstimmen.
Dieser immer jünger werdende Personenkreis der
psychisch behinderten Menschen, von denen viele
in die Werkstätten drängen, wird erhebliche Veränderungen zur Folge haben: andere Formen der Betreuung und Persönlichkeitsförderung, andere Art
von Aufträgen, erhebliche Fluktuation, Vernetzung
des Werkstattangebots mit den Trägern anderer Hilfen für diesen Personenkreis.
Veränderung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der
Behindertenarbeit stehen vor bisher nicht gekannten
Verschlechterungen, und das erzwingt massive Veränderungen. Längst ist eine Entwicklung eingetreten, dass
die Kostensätze nicht mehr die jährlichen Preissteigerungen abdecken; in einigen Regionen sind schon
seit längerem nicht einmal die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben und Ausstattungen finanziert worden.
Der Vorsitzende der „Bundesarbeitsgemeinschaft der
überörtlichen Träger der Sozialhilfe“, Dr. Fritz Baur,
hat in einem Vortrag am 17.10.2003 in Berlin über „Die
Zukunft der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ nicht nur die strukturellen Veränderungen und
Verwerfungen im Sozialsystem aus seiner Sicht aufgezeigt, sondern daraus auch für die Eingliederungshilfe
für Menschen mit Behinderungen kurzfristig folgende
Konsequenzen angeregt: 1. Förderung der Eigenverantwortlichkeit behinderter Menschen, orientiert an
Selbstständigkeit, Selbsthilfe und Selbstbestimmung;
2. Dämpfung des Kostenanstiegs u. a. durch den Ausbau ambulanter Betreuung und eine Vernetzung verschiedener Betreuungsangebote mit dem Ziel „Leistungen aus einer Hand.“
7
SCHWERPUNKT
Jedenfalls sind frühzeitig Strategien zu entwickeln, wie
dieser Entwicklung begegnet werden soll. Dazu einige
wenige Anstöße:
❍ Gesetzgeber und Kostenträger müssen sich darüber
klar werden, dass sie nicht auf der einen Seite wichtige und berechtigte Qualitätssteigerungen in der
Arbeit für behinderte Menschen entwickeln und abverlangen können und gleichzeitig die dafür sachlich notwendigen Ressourcen nicht zur Verfügung
stellen. Von Seiten des Staates und der Politik ist
eine ehrliche und offene Diskussion zu führen, dass
sinkende Kostensätze auch zu einer Reduzierung des
Angebots und der Qualität führen werden. Die Verantwortung dafür darf nicht auf die Einrichtungen
als „Schwarzer Peter“ weitergereicht werden. Dafür
muss allein die Politik die Verantwortung übernehmen.
❍ Auch die Einrichtungen können und müssen ihre
Beiträge zur Bewältigung der neuen Situation leisten. Als Erstes ist dem oben genannten und in der
Fachdiskussion schon seit langem erhobenen Vorschlag einer Vernetzung der verschiedenen Unterstützungsangebote zu folgen. Dies ist schon aus
Gründen der Qualität für den behinderten Menschen
wichtig: Hilfe aus einer Hand! Auch aus ökonomischen Gründen ist es sinnvoll, über die Grenzen der
eigenen Einrichtung und des engeren Arbeitsbereichs
hinweg zu Formen der Kooperation zu gelangen, in
welcher Rechtsform auch immer. Dafür bieten sich
z. B. die Arbeitsfelder der sozialpädagogischen und
therapeutischen Hilfen, Verwaltung, Fahrdienst,
Fortbildung u. ä. an.
❍ Die Organisationsstrukturen sollten dahingehend
kritisch überprüft werden, ob sie effektiv genug die
gesteckten Ziele erreichen. Unklare Verantwortlichkeiten, zentrale Entscheidungsstrukturen binden
oft sinnlos Personalressourcen, demotivieren die
Mitarbeiter(innen) „vor Ort“ mit ihren Fachkompetenzen und verhindern sachgerechte, zeitnahe
Entscheidungen und reibungslose Abläufe. Vielfach
herrscht der Irrglaube, dass mit einer Zertifizierung
nach ISO 9002 o. ä. – vorausgesetzt, diese wird auch
richtig gelebt! – alle Organisationsfragen bereits gelöst seien.
❍ Wenn Menschen das entscheidende Instrument in
der Arbeit mit und für behinderte Menschen sind,
muss ein wichtiges Augenmerk auf die Personalauswahl und die Personalentwicklung gelegt werden.
Die erste wichtige Entscheidung fällt bereits bei der
Einstellung. Wie (Einzel- oder Gruppenentscheidung) und nach welchen Kriterien (handwerkliche
und pädagogische Fachkompetenz, Menschenbild,
Kommunikations- und Teamfähigkeit usw.) findet die
Auswahl statt? Der Betriebspsychologe Heinrich
8
Wottawa schätzt, dass der deutschen Wirtschaft
durch fachliche Fehlentscheidungen bei der Einstellung von Personal jährlich ein Schaden von fünf
Milliarden Euro entsteht, in „etwa 80 bis 85 Prozent
der Fälle“ verursacht durch Unwissenheit der Einstellenden, weil die falschen Fragen gestellt oder
„handgestrickte“ Tests verwendet werden (B OLZ
2004, 28). Weiterhin sind regelmäßige Fortbildungen
und Personalentwicklung unabdingbar. Wenn in der
Privatwirtschaft die Faustregel gilt, dass jemand im
technischen Bereich etwa zehn Jahre nach seiner
Ausbildung nur noch etwa die Hälfte seiner damals
erworbenen Fachkenntnisse anwenden kann, dann
gilt das auch im sozialen und pädagogischen Bereich:
Forschung und Praxis gelangen ständig zu neuen
Erkenntnissen, die angewendet werden sollten.
Die „Fortbildungsprüfungsverordnung“ zum anerkannten Abschluss als „Geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen“ vom 25. Juni 2001 zeigt den
richtigen Weg für eine deutlich verbesserte Qualifikation der Gruppenleiter(innen). Die vier Handlungsbereiche, in denen ausgebildet und am Ende
geprüft werden soll, nämlich 1. Planung des Rehabilitationsverlaufs, 2. Berufs- und Persönlichkeitsförderung, 3. Arbeitsgestaltung unter dem
Gesichtspunkt der Rehabilitation, 4. rechtliche
Rahmenbedingungen, decken im Wesentlichen den
Bedarf an Fachkenntnis für die Praxis ab. Allerdings
ist der Gesetzgeber insofern nicht konsequent gewesen, als er diese Ausbildung leider nicht rechtsverbindlich gemacht hat, weil sie wahrscheinlich eine
tariflich verbesserte Eingruppierung der Absolventen nach sich ziehen könnte und auf jeden Fall die
Ausbildung deutlich länger und qualitativ anspruchsvoller werden wird. Auch hier sind natürlich Mehrkosten unausweichlich. Schließlich wird der Erfolg
dieser Ausbildung entscheidend davon abhängen, ob
die Ausbildungsanbieter sich qualitativ den neuen
Herausforderungen stellen und sich z. B. auch zertifizieren lassen.
❍ Eine weitere Folge der sich verändernden wirtschaftlichen Bedingungen könnte sein, verstärkt über den
Einsatz ehrenamtlicher Kräfte nachzudenken. Zumal
in Kürze eine Aufhebung der Wehrpflicht zu erwarten ist und Zivildienstleistende nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Hier könnte z. B. das System
des 1983 in Bonn gegründeten „Senior Experten
Service“ Pate stehen. Dessen Ziel ist es, die Fachkompetenz und die Berufserfahrung nicht mehr berufstätiger Menschen in zeitlich begrenzten Projekten der Entwicklungshilfe, vor allem im technischen,
medizinischen und kaufmännischen Bereich, ehrenamtlich einzusetzen. Dieses System ließe sich auch
auf die institutionelle Arbeit in der Behindertenhilfe
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
SCHWERPUNKT
in Deutschland übertragen. Dabei geht es nicht darum, Hauptamtlichen die Arbeitsplätze zu nehmen,
sondern für zusätzliche Aufgaben personelle Ressourcen zu erschließen, die zum Wohl der behinderten Menschen die Qualität der angebotenen Dienstleistungen verbessern würden.
❍ Mehr und mehr gehen Träger sozialer Einrichtungen dazu über, unabhängige Stiftungen für eine –
wenn auch finanziell begrenzte, dafür aber dauerhafte und verlässliche – Unterstützung ihrer Arbeit
ins Leben zu rufen. Gerade für potenzielle Großspender ist die Beteiligung an einer Stiftung aus steuerlichen Gründen deutlich vorteilhafter als die Leistung von Spenden (DÖRFNER 2004, 209 f.).
Entwicklung der Europäischen Union
Die Entwicklung der Europäischen Union wird in den
nächsten Jahren zunehmend auch die Bereiche der
Sozial- und Gesundheitspolitik in Deutschland beeinflussen. Schon jetzt ist es zwingend, dass im Rahmen
einer europäischen Harmonisierung die Freien Wohlfahrtverbände in Deutschland ihre bisherigen Privilegien verlieren und in Zukunft wie ein kommerzieller
Dienstleister behandelt werden. Daher muss der ehrenamtliche Bereich strikt vom operativen Geschäft
getrennt werden (SPETH 2004, 7). Fachleute (SCHULTE
2003, 46-54; HAGEMEIER 2003, 7; ERDMENGER 2003,
10 f.; LASCHET 2003, 12 f.) verweisen darauf, dass gerade in der Behindertenpolitik seit langem mit zunehmender Deutlichkeit und auch verstärkter Rechtswirksamkeit die Rechte behinderter Menschen auf
europäischer Ebene von Seiten des Rates, der Kommission bzw. des Parlaments angemahnt und auch
bereits umgesetzt worden sind. Dazu gehören beispielsweise folgende Ziele bzw. Maßnahmen:
❍ Chancengleichheit für behinderte Menschen;
❍ Eingliederung Behinderter in alle Bereiche der Gesellschaft;
❍ Eingliederung behinderter Menschen in die Arbeitswelt;
❍ Europäisches Recht: Bekämpfung von Diskriminierung von Bürgern, auch gerade wegen Behinderung.
Aber darüber hinaus haben folgende Entwicklungen der
europäischen Wirtschafts- und Sozialpolitik bereits jetzt
Auswirkungen auf den Bereich der Behindertenpolitik
bzw. finden sich noch in einem Klärungsprozess:
❍ Recht auf Behandlung bzw. Betreuung z. B. behinderter Menschen nicht nur in ihrem Heimatland;
❍ Recht von Anbietern, europaweit ihre Rehabilitationsleistungen anzubieten;
❍ Klagerecht Behinderter vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn sie sich z. B. wegen ihrer Behinde-
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
rung vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und deshalb
diskriminiert fühlen;
❍ regelmäßige Berichte über die nationale Sozialpolitik, die in einer vergleichenden Darstellung durch
die EU veröffentlicht werden;
❍ Tendenzen, auch die nationalen Regelungen der
Sozialpolitik in Europa in Zukunft stärker einander
anzugleichen.
Es wird in Zukunft dringend erforderlich sein, die Entwicklungen auf europäischer Ebene zeitnah zu beobachten und sich rechtzeitig auf Veränderungen vorzubereiten. Weiterhin erscheint es geboten, dass nicht nur
die Fachverbände und ihre Repräsentanten – gerade
im Sozialbereich – sich stärker in die europäische Diskussion einbringen, sondern dass auch die Basis europäische Kontakte pflegt, um Wertorientierung und kulturelle Eigenheiten anderer Mitgliedsstaaten kennen zu
lernen und den Prozess der Einigung in den nationalen Verbänden stärker zu beeinflussen.
Literatur
BAUR, Fritz (2003): Die Zukunft der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Nicht veröffentlicht,
Manuskript wurde von der Geschäftsstelle in Münster zur Verfügung gestellt.
BIRG, Herwig (2003): Dynamik der demographischen
Alterung, Bevölkerungsschrumpfung und Zuwanderung in Deutschland. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament,
20/2003, S. 6-17.
BOLZ, Annette (2004): Die Prüfung – Einstellungstests
fordern Kandidaten und Personalchefs gleichermaßen heraus. DIN 33430 soll helfen. In: Frankfurter Rundschau, Nr. 13 vom 16.1.2004, S. 28
BOSBACH, Gerd (2004): Die modernen Kaffeesatzleser.
In: Frankfurter Rundschau, Nr. 45 vom 23.02.2004,
Dokumentation, S. 6
Bundesanstalt für Arbeit (2003): Berufliche Eingliederung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Angebote und Einrichtungen. In: Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste.
11/03 Mai 2003
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der
Sozialhilfe (BAGüS): Werkstattempfehlungen – WE/
BAGüS, vom 20.11.2002
Con_sens GmbH Hamburg (2002): Bestands- und Bedarferhebung Werkstätten für behinderte Menschen.
1. Entwurf. Stand:10.9. 2002. Nicht veröffentlicht;
freundlicherweise von der Bundesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen zur Verfügung gestellt
DAHESCH, Keyvan (2003): Für Behinderte brachte 2003
keine Wende. In: Frankfurter Rundschau, 29.12.2003
9
SCHWERPUNKT
(DAK) Deutsche Angestellten Krankenkasse (2002):
DAK-Gesundheitsreport 2002. Hamburg.
DÖRFNER, Kai W.: Fundraising-Instrument Stiftung. In:
König, Joachim; Oerthel, Christian; Puch, HansJoachim: Soziale Arbeit zwischen Ethik, Qualität und
leeren Kassen – ConSozial 2003, Starnberg 2004,
S. 209-215
E RDME NGER , Katharina (2003): Das europäische
Wettbewerbsrecht und seine Bedeutung für die Werkstätten. In: BAG:WfbM (Hg.): Werkstatt: Dialog.
Frankfurt 19. Jg. 1/2003, S. 10-11
HAGEMEIER, Ralf (2003): Die BAG: WfbM und Europa.
Einführung in das Schwerpunktthema. In: BAG:WfbM
(Hg): Werkstatt: Dialog, 19. Jg. 1/2003, S. 7
Hamburger Arbeitsassistent (2002): Chronik und Portrait. 10 Jahre. Hamburg 2002
LASCHET, Ulrich (2003): Europäische Behindertenpolitik
muß auch Chancengleichheit für Menschen mit geistiger Behinderung gewährleisten. In: BAG:WfbM
(Hg.): Werkstatt: Dialog, 19.Jg. 1/2003, S. 12-13
RODENHÄUSER, Oliver (2004): Wichtige politische Bewertungen des BMGS. In: BAG:WfbM: Werkstatt:
Dialog. 19. Jg. 1/2004, S. 8
SCHEIBNER, Ulrich (2003): Das BSHG geht, das SGB
XII kommt und mit ihm das „Persönliche Budget“.
In: BAG:WfbM (Hg.): Werkstatt: Dialog, 19. Jg. 5/
2003, S. 8
SCHULTE, Bernd (2003): Behindertenrecht und Behindertenpolitik in der Europäischen Union, In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Beilage zur
Wochenzeitung Das Parlament, 17. Februar 2003,
B 8 /2003, S. 46-54
SPETH, Rudolf: Schwere Jahre für die AWO, In: Frankfurter Rundschau vom 07.04.2004, S. 7
Statistisches Bundesamt (2003a): Statistik der schwer
behinderten Menschen 2001. Wiesbaden 2003,
Statistisches Bundesamt (2003b): Pressemitteilung vom
29. September 2003
Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz (2001): Sonderpädagogische Förderung in
Schulen 1991 bis 200, Dokumentation Nr. 159, März
2001, A Bundesergebnisse, Tabellen, S. 3 und Text
S. VII f.
Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz (2002): Vorausberechnung der Schülerund Absolventenzahlen, Dokumentation Nr. 162.
August 2002
THIEL, Heidrun (2003): Dokumentation des Projekts
Ausgelagerte Arbeitsplätze der Werkstätten für
behinderte Menschen in Hamburg 2002-2003. Hamburg. 1. Teil 2002, 2. Teil 2003
VOLK, Hartmut (2003): Besonders stark wächst der
Druck bei Jüngeren. In: Frankfurter Rundschau. Nr.
69 vom 22. März 2003, S. A 27
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Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Übergreifendes
Ingrid Körner wird Präsidentin von Inclusion Europe
Auf der jährlichen Mitgliederversammlung von Inclusion Europe, die am 28. Mai 2004 im Rahmen der internationalen Konferenz „Europa in Aktion 2004“ in
Dublin stattfand, wurde die stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe, Ingrid Körner,
einstimmig zur zukünftigen Präsidentin von Inclusion
Europe gewählt. Sie wird den Vorsitz dieses wichtigen
europäischen Dachverbands von Menschen mit geistiger Behinderung und ihrer Familien nach einer zweijährigen Übergangszeit im Mai 2006 offiziell übernehmen. Die gegenwärtige Präsidentin, Françoise Jan,
gratulierte zur Wahl und zeigte sich sehr zufrieden, eine
so aktive und engagierte Nachfolgerin zu haben.
bessern. In einer kurzen Ansprache nach ihrer Wahl
nannte sie drei Schwerpunkte, denen sie sich in ihrer
vierjährigen Amtszeit widmen will. Zunächst ist es eines ihrer wichtigsten Anliegen, den Prozess der Harmonisierung der Lebensbedingungen für Menschen mit
Behinderungen und ihre Familien in allen europäischen
Ländern zu stärken. Weiterhin will sie Inklusion im
Schulbereich genauso wie gemeindenahe Wohnformen
und Dienstleistungen fördern und unterstützen.
Schließlich ist es ihr wichtig, sich selbst vertretende
Menschen mit geistiger Behinderung und Eltern darin
zu stärken, als Interessenvertretung und „pressure
group“ aktiv zu sein.
Ingrid Körner ist die erste Präsidentin von Inclusion
Europe aus Deutschland. Sie wird die bestehende gute
Zusammenarbeit der Bundesvereinigung Lebenshilfe
mit der europäischen Ebene weiter festigen und ver-
Ingrid Körner versprach, lokale Stimmen mit der europäischen Ebene zu verbinden und somit den Prozess
der Inklusion von Menschen mit geistiger Behinderung
in die europäische Politik voranzutreiben.
◆
Teilhabe bedeutet mitmachen, mitgestalten und
mitbestimmen!
Wie geht es weiter nach dem Dortmund-Kongress?
Vom 19. - 21. April 2004 sind in Marburg 50 Menschen mit und ohne Behinderung zusammengekommen, um auch über Ländergrenzen in Europa hinweg darüber zu sprechen, was Teilhabe genau bedeutet, und – auch nach den
Ergebnissen des großen Kongresses der Lebenshilfe zum Thema Teilhabe im
September 2003 in Dortmund – wie im Alltag mehr Teilhabe ermöglicht werden kann.
Das Ergebnispapier wurde von allen Teilnehmern zusammen erarbeitet, besprochen, verändert und dann verabschiedet.
Besonders wertvoll war es für alle Teilnehmer, dass wir nicht nur über
Deutschland gesprochen haben, sondern auch erfahren haben, wie Menschen mit Behinderung in Tschechien
und in der Slowakei leben. Diese Länder sind neben anderen seit dem 1. Mai
2004 Mitglieder der Europäischen
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Union. Wenn man Teilhabe nicht nur
im Rahmen von Deutschland sieht,
bedeutet das Teilhabe-Ziel auch, dass
man über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeitet und zum Beispiel
Fördergelder zur Verbesserung von Lebensbedingungen in ärmeren Ländern
zur Verfügung stellt.
11
ÜBERGREIFENDES
Wissensaustausch und Unterstützung
Paar, mit einem Freund oder einer
mit Geld ist so wichtig, weil die LeFreundin, in einer kleinen Wohnbensbedingungen behinderter Mengemeinschaft oder in einem Wohnschen in diesen Ländern nicht immer
heim. Es ist sehr wichtig, dass wir
so gut sind. Viele Menschen mit Besagen können, wie wir wohnen
hinderung leben in großen Einrichtunwollen. Wir wollen aus verschiedegen mit 200 Personen und mehr. So
nen Wohnformen auswählen könkann man nicht selbstbestimmt wohnen. In Trainingswohnungen kann
nen. Teilhabe ist fast unmöglich. Eiman lernen, was man zum Alleinnen Freund oder eine Freundin zu
wohnen braucht. Wir wünschen,
haben und dann auch einmal allein zu
dass unsere Eltern, Geschwister und
sein, ist nicht möglich und wird nicht
Betreuer uns Mut machen, selbstunterstützt. In Tschechien müssen Verständiger zu werden.
eine wie die Lebenshilfe immer wieder
2. Teilhabe bedeutet, Mitbewohner
um staatliche Gelder kämpfen. In der
selbst auszusuchen, das heißt, ich
Slowakei haben Menschen mit Behinbestimme, mit wem ich zusammen
derung keinen Personalausweis und
wohnen möchte oder wer in meine
auch kein Wahlrecht. So kann man
Wohngemeinschaft einzieht.
nicht verreisen, und es ist, als ob man
gar nicht existiert. Wir fordern, dass 3. Teilhabe bedeutet, gleiche Rechte zu
haben wie alle Menschen, auch
auch Menschen mit Behinderung in
beim Wohnen. Das heißt, ich habe
der Slowakei einen Personalausweis
einen Mietvertrag, ich bezahle alle
bekommen und wählen dürfen! Die
Rechnungen (Strom, Gas, KabelEuropäische Union muss in diese
fernsehen und so weiter) selbst,
Richtung Einfluss nehmen.
schließe Versicherungen ab und
halte die Wohnung oder das Haus
Wir wollen gerne helfen und freuen
mit der nötigen Unterstützung seluns, dass die Europäische Union gröber in Schuss.
ßer wird. Wir begrüßen die neuen
Mitglieder, insbesondere Tschechien 4. Teilhabe bedeutet Unabhängigkeit
und die Slowakei, weil wir nette Menund nicht mehr Betreuung als nöschen aus diesen Ländern in unserem
tig. Ich bestimme beim unterstützSeminar kennen gelernt haben!
ten Wohnen, welche Hilfen ich
brauche.
Teilhabe beim Wohnen bedeutet ... 5. Teilhabe bedeutet Selbstbestim1. Teilhabe beim Wohnen bedeutet
eine Wohnform, die ich selbst bestimme, das heißt, ich bestimme,
wie ich wohnen möchte: alleine, als
12
mung bei den täglichen Dingen
(z. B. Einkaufen, Umgang mit Geld,
Kochen, Bügeln, Putzen, Backen
und so weiter).
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ÜBERGREIFENDES
6. Im unterstützten Wohnen kann
man sich eher die Mitarbeiter selber aussuchen. Benötigen Menschen mit Behinderung pflegerische
Hilfen, können sie sich den Pflegedienst selber aussuchen.
Dann können Menschen mit Behinderung ein selbstverständlicher Teil der
Gesellschaft und der Politik sein.
An einigen Orten, zum Beispiel in der
Stadt Münster und in Marburg, wirken bereits Menschen mit Behinde7. Teilhabe bedeutet Wohnen ohne
rung in verschiedenen Beiräten mit. In
Hindernisse, damit Menschen, die
vielen Städten wirken sie auch in Verauf den Rollstuhl angewiesen sind,
einen und Kirchengemeinden mit.
sich gut in ihrer Wohnung bewegen
können.
Um sich einbringen zu können, hilft
es, wenn man die Chance erhält, TeilWenn diese Leitlinien eingehalten
habe auch auszuüben, zum Beispiel
werden, kann man von einer echten
schon im Elternhaus, in der Schule
Teilhabe beim Wohnen sprechen.
und in der Freizeit. Hilfestellung für
Menschen mit Behinderung ist notTeilhabe in der Politik bedeutet ...
wendig, durch einfache Sprache, BilDamit Menschen mit Behinderung an der und Assistenz. Menschen mit BeEntscheidungen in der Politik betei- hinderung brauchen Veranstaltungen,
Fortbildungen, Materialien und Arligt werden, wünschen wir:
beitsweisen, um Teilhabe ausüben zu
1. Hindernisse sollen abgebaut wer- können.
den. Das heißt zum Beispiel, dass
Sprache und Schrift leicht ver- Um in der Politik mitmachen zu könständlich sind.
nen, brauchen wir Unterstützer, die
2. Wir wollen durch Erwachsenenbil- sich in der Politik auskennen, und die
dung die Möglichkeit bekommen, in der Lage sind, Kontakte herzustelim Rollenspiel zu lernen, wie man len. Den ersten Schritt müssen wir jesich durchsetzt oder wie man Angst doch selbst machen. Wir müssen Gesprächspartner (Versammlungen,
überwindet.
Politiker, Parteien, Reporter, Persön3. Wir wollen, dass man Menschen lichkeiten) vor Ort herausfinden und mit
mit Behinderung in der Öffentlich- diesen direkt in Kontakt treten, um:
keit versteht.
4. Es sollen mehr politische Veranstal- • unsere Anliegen vorzutragen,
tungen für und mit Menschen mit • nachzufragen,
Behinderung organisiert werden. • nicht nachzugeben,
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
13
ÜBERGREIFENDES
und Begleitung wichtig. Fort- und
Weiterbildung sind unbedingt erforderlich, um im Vorstand und im BeiDas kann Mitmachen in der Politik rat eine gute Mitarbeit zu ermöglichen.
Die Personen aus dem Vorstand oder
sein!
aus dem Beirat können sich Unterstützer selbst auswählen. Die SitzunTeilhabe im Verein Lebenshilfe
gen sollen nicht zu lange dauern. Probedeutet ....
tokolle und Einladungen sollen
Wir bitten alle Lebenshilfe-Vereine,
verständlich sein.
Menschen mit Behinderung als Mitglieder aufzunehmen. Mitmachen und
Als Mitglied mit Behinderung kann
mitbestimmen kann man zum Beispiel,
man sich auch in den Vorstand wähindem man als Mitglied bei einer Mitlen lassen. Das machen zum Beispiel
gliederversammlung den Vorstand
zehn Orts- und Kreisvereinigungen in
wählt und an Abstimmungen teilBaden-Württemberg. Ein Lebenshilfenimmt. Man kann als Mitglied auch
Verein kann auch sagen, dass zum
Vorschläge und Anträge einbringen. Es
Beispiel zwei Personen aus dem Beiist gut, wenn man vor der Mitgliederrat im Vorstand mitarbeiten.
versammlung informiert wird, was
besprochen wird. Es ist gut, wenn MitDas haben wir im Seminar besprochen
glieder mit Behinderung nicht so viel
und beschlossen. Nur so kann TeilhaBeitrag bezahlen müssen.
be wirklich stattfinden.
• uns zu beteiligen und
• Entscheidungen zu beeinflussen.
In der Lebenshilfe Kirchheim/Teck
gibt es Menschen mit Behinderung, die
als Beirat im Verein tätig sind. Der
Beirat informiert, bringt Ideen ein und
berät den Vorstand. Er kann auf Probleme hinweisen und Verbesserungsvorschläge machen. Der Beirat bestimmt seine Themen selbst. Im Beirat
kann man die Verantwortung auf mehrere Personen verteilen. Der Beirat
sollte sich Regeln geben und seine
Aufgaben beschreiben. Für eine gute
Arbeit des Beirats ist Unterstützung
14
Marburg, den 21. April 2004
Kontakt: Ulrich Niehoff,
Bundesvereinigung Lebenshilfe,
Raiffeisenstr. 18, 35043 Marburg
Tel: (0 64 21) 49 11 89;
Fax: (0 64 21) 49 16 89,
[email protected]
Speziell für Frauen wird
zu diesem Thema eine Veranstaltung angeboten (s. Seite 35).
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ÜBERGREIFENDES
Soziale Landschaft Deutschland
– auch für Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung!
Resolution der vier Fachverbände2 zur Fachtagung anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Kontaktgespräche
in Berlin am 5. Mai 2004
Um welche Menschen geht es?
Alle behinderten Menschen sind Bürger unseres Landes und genießen den vollen Schutz der in unserer Verfassung verankerten Grundrechte. Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit schwerer und
mehrfacher Behinderung. Dazu gehören geistig behinderte Menschen, die einen hohen Hilfebedarf in wesentlichen Lebensbereichen haben in Verbindung mit
einem oder mehreren der nachfolgenden Merkmale:
• Spezifisches Kommunikationsverhalten (überwiegend nonverbal),
• erhebliche zusätzliche Beeinträchtigungen (körperliche Behinderungen, Sinnesschädigungen u. a.),
• spezifisches Ausdrucksverhalten (selbstverletzendes
oder selbstgefährdendes Verhalten, Angstzustände,
autistische Symptome u. a.),
• instabiler, bisweilen lebensbedrohlicher Gesundheitszustand.
1. Bürgerrechte für alle!
Die Fachverbände für Menschen mit geistiger Behinderung setzen sich seit Jahrzehnten für alle Menschen
mit geistiger Behinderung in Deutschland ein. Mit der
Fachtagung anlässlich des 25-jährigen Bestehens ihrer
Kontaktgespräche wollen sie darauf aufmerksam machen, dass es eine Gruppe von schwer und mehrfach
behinderten Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die
in besonderer Weise auf die Solidarität ihrer Mitbürger
im Gemeinwesen angewiesen ist, wenn sie ihre Bürgerrechte ausüben will. Jeder Mensch hat – unabhängig vom Schweregrad seiner Behinderung – ein Recht
auf aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.
Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung
benötigen dazu besonders die Unterstützung und Akzeptanz aller Bürger.
2. Recht auf Teilhabe und Reform der
sozialen Sicherungssysteme
Der Sozialstaat Deutschland steht vor umfassenden
Reformen. Die von der Bundesregierung beschlossene
Agenda 2010 konzentriert sich vor allem darauf, die
wirtschaftliche Stagnation zu überwinden, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die Sozialausgaben zu senken
und Menschen im erwerbsfähigen Alter zu verpflichten, mehr Eigenvorsorge zu betreiben. Auch CDU/CSU
und FDP propagieren Konzepte, die darauf zielen, dem
Bürger deutlich zu machen, dass er sich in Zukunft nicht
mehr ausschließlich auf die staatlichen Sicherungssysteme (Sozialversicherungen, Sozialhilfe u. a.) verlassen kann.
Alle Parteien sind sich darin einig, dass der Sozialstaat
Deutschland insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung an seine Grenzen stößt. Sie setzen
darauf, dass auftretende Defizite in den Sozialleistungssystemen aufgefangen werden können, indem die Bürger dazu motiviert werden, mehr Eigenverantwortung
zu praktizieren als bisher.
Stärkung der Eigenverantwortung auch für Menschen
mit schweren und mehrfachen Behinderungen?
Der Slogan „Fördern und Fordern“ prägt das umfangreiche Reformpaket, das alle im Deutschen Bundestag
vertretenen Parteien im Dezember 2003 im Vermittlungsverfahren gemeinsam mit Vertretern des Bundesrats beschlossen haben. Die Politik hat bisher noch nicht
die Frage gestellt, wie sich dieses Postulat auf Menschen
mit schweren und mehrfachen Behinderungen auswirkt!
Dieser Personenkreis trägt auf vielfältige Weise dazu
bei, dass unsere Demokratie von einem humanen Menschenbild geprägt ist, das die Würde des einzelnen achtet. Viele Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen verfügen über kreative und emotionale
Fähigkeiten, die sich positiv auf zwischenmenschliche
Beziehungen auswirken und das gesellschaftliche Leben bereichern. Diese Fähigkeiten können sich nur entfalten, wenn auch weiterhin ein breiter gesellschaftlicher
Konsens darüber besteht, dass schwer und mehrfach behinderte Menschen im besonderen Maße unterstützungsbedürftig sind!
Festhalten am Grundsatz der Solidarität
Der Staat muss dem Rechtsanspruch behinderter Menschen auf Teilhabe, Förderung und Pflege und ihrem
besonderen Schutzbedürfnis Rechnung tragen, indem
2 Die vier Fachverbände der Behindertenhilfe sind: Der Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe, die Bundesvereinigung
Lebenshilfe, die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie und der Verband für anthroposophische Heilpädagogik und Sozialtherapie. In den „Kontaktgesprächen“ finden zweimal jährlich Treffen dieser Verbände statt.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
15
ÜBERGREIFENDES
er am Grundsatz der Solidarität festhält. Das heißt: Die
sozialen Sicherungssysteme müssen so ausgestaltet sein,
dass die leistungsstärkeren Menschen in der Gesellschaft die durch Krankheit und Behinderung beeinträchtigten Bürger „mittragen“. Spätestens seit der Verankerung des Verbots der Benachteiligung behinderter
Menschen im Grundgesetz (Art. 3 Abs. 3 GG) gilt für
alle Reformüberlegungen, die sich auf das gegliederte
System der sozialen Sicherung auswirken, der Grundsatz, dass kein Mensch aufgrund der Art oder der
Schwere seiner Behinderung aus dem gesellschaftlichen
Leben ausgegrenzt werden darf.
Selbstverpflichtung der Fachverbände für
behinderte Menschen
Die Fachverbände für behinderte Menschen wiederum
halten es – insbesondere in ihrer Rolle als Träger ambulanter Dienste und stationärer Einrichtungen – für
ihre zentrale Aufgabe, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit die aus Steuern und Sozialbeiträgen finanzierten sozialen Leistungen so erbracht werden, dass
die anspruchsberechtigten behinderten Menschen unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit so gut wie möglich betreut und gefördert werden.
Der Staat muss sich darauf verlassen können, dass neben dem Grundsatz der Solidarität auch die Verpflichtung der Verbände und Selbsthilfegruppen behinderter
Menschen beachtet wird, selbst aktiv an der Gestaltung des Gemeinwesens mitzuwirken: Wer Leistungen
unter Verwendung öffentlicher Mittel erbringt, muss
sich verpflichten, alle Kräfte und Fähigkeiten zu mobilisieren, um im Rahmen der Versorgung behinderter
Menschen qualitativ möglichst hochwertige Ergebnisse
zu erzielen. Diese Selbstverpflichtung der Fachverbände findet – das ist das Ziel dieser Tagung und weiterer
zukünftiger Aktivitäten der Kontaktgesprächsverbände
– auch und vor allem gegenüber schwer- und mehrfachbehinderten Menschen Anwendung.
Sie beinhaltet die Pflicht:
• die Rechte behinderter Menschen immer wieder und
hartnäckig einzufordern,
• sie in der Öffentlichkeit zu vertreten,
• entsprechende konzeptionelle Grundlagen zu
schaffen,
• diese in die Interessenvertretung einfließen zu lassen und
• durch bedarfsgerechte Angebote zu realisieren.
Um Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung in Alltagsfragen (Essen, Kleidung, Musik ...) mehr
Selbstbestimmung zu ermöglichen, müssen die Wün-
16
sche dieser Menschen in Erfahrung gebracht werden.
Dafür sind nicht in erster Linie Gesetze erforderlich.
Vielmehr bedarf es des guten Willens, der Handlungsbereitschaft und der fachlichen Fähigkeiten der „vor
Ort“ handelnden Personen.
3. Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit und
Anerkennung eines teilhabeorientierten
Hilfebedarfs
Für Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung besteht die Gefahr, dass sie in der Wahrnehmung
durch Dritte auf ihren Pflege- und Betreuungsbedarf
reduziert werden. Ihre persönlichen Bedürfnisse nach
Nähe, Kommunikation und Teilhabe am Leben der
Gesellschaft drohen in den Hintergrund zu geraten.
Ein Mensch mit schweren Behinderungen hat ein großes Bedürfnis nach Zugehörigkeit zur Gesellschaft und
benötigt vielfältige Förderung und Unterstützung.
Deshalb fordern wir:
❍ die barrierefreie Zugänglichkeit aller Einrichtungen
in Städten und Gemeinden.
❍ In allen Lebensbereichen müssen ausreichende
Unterstützungssysteme (beispielsweise professionelle
und ehrenamtliche Hilfe, Assistenz, gesetzliche Betreuung) vorhanden sein beziehungsweise dauerhaft
eingerichtet werden, damit Menschen mit schwerer
Behinderung ihre Rechte, ihre Fähigkeiten und ihre
Wünsche nach persönlicher Entfaltung und individuellem Lernen umsetzen können. Dazu benötigen
sie menschliche Unterstützung und technische Hilfen, damit ihre spezifischen Kommunikationsformen
verstanden werden können.
4. Forderungen zu einzelnen Lebensfeldern
von Menschen mit schwerer und mehrfacher
Behinderung
Kind sein und Leben in der Familie
Kinder mit schwerer Behinderung sind in besonderer
Weise auf ihre Familie und konkrete Hilfen angewiesen.
Familien mit schwer behinderten Kindern haben ein
Recht auf solidarische Unterstützung der Gesellschaft.
Deshalb fordern wir:
❍ Ausreichende qualifizierte Hilfen zur Unterstützung
der Familien müssen wohnortnah aufgebaut und finanziell abgesichert werden. Dies gilt insbesondere
für die Bereiche Beratung und Information, Frühförderung, familienbegleitende und familienunterFachdienst der Lebenshilfe 3/04
ÜBERGREIFENDES
stützende Hilfen und Möglichkeiten der Kurzzeitbetreuung für das Kind.
Lernen wollen und ein Recht auf Bildung haben
Jeder Mensch hat ein Recht auf Bildung, die zur Mitwirkung und Teilhabe befähigt und Zugänge zur gemeinsamen Kultur eröffnet. Persönlichkeitsbildung,
Wissenserwerb und Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten sind ein lebenslang andauernder Prozess.
Daher hat Bildung auch für Menschen mit schwerer
Behinderung – von der elementaren Schulbildung bis
zur Erwachsenenbildung – einen individuellen und
gesellschaftlichen Sinn. So wollen und können auch Kinder und Jugendliche mit schwerer Behinderung lernen.
schwerer und mehrfacher Behinderung ein werktäglicher Milieuwechsel ermöglicht werden muss, denn
durch Orts- und Bezugspersonenwechsel können
Kompetenzen und neue soziale Rollen entwickelt
und gestaltet werden.
❍ Soweit Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung nicht in einer Werkstatt für behinderte
Menschen, sondern in sogenannten Fördergruppen
betreut werden, sollten diese in ein werkstattnahes
Konzept eingebunden werden, um den Bezug zur
Arbeitswelt zu sichern. Dies gilt auch für die Gestaltung der Rahmenbedingungen (Beispiele: Sozialversicherung, Entlohnung u. a.).
Wohnen und Leben gestalten
Deshalb fordern wir:
❍ Schulische Bildung soll – mit der dafür notwendigen individuellen Unterstützung des Kindes – so weit
wie möglich in der allgemeinen Schule vor Ort
geschehen. Ist im individuellen Fall ein anderes schulisches Lernumfeld notwendig (z. B. intensive Einzelförderung, ergänzende Unterrichts- oder Schulformen),
soll dieses ebenfalls wohnortnah angeboten werden.
❍ Das Recht auf Bildung umfasst auch das berufliche
Lernen. Dabei gilt es insbesondere, die individuellen Begabungen und Wünsche zu erkennen und auszubilden. Auch hier findet der Grundsatz Anwendung: So viel Normalität wie möglich und so viel
Besonderheit wie nötig.
Deshalb fordern wir:
❍ Berufsbildung muss auch Menschen mit schwerer
und mehrfacher Behinderung offen stehen und ihren besonderen Bedarf berücksichtigen.
Arbeiten wollen und arbeiten dürfen
Arbeit und sinnvolle Betätigung sind ein wesentlicher
Ausdruck des Menschseins und auf besondere Weise
geeignet, behinderten Menschen Bestätigung und
Selbstwertgefühl zu vermitteln. Dies gilt auch für Menschen, die als nicht erwerbsfähig angesehen werden.
Deshalb fordern wir:
❍ Alle Menschen mit schwerer Behinderung müssen
so gefördert werden, dass sie erlernte Fähigkeiten
und Fertigkeiten sinnvoll einsetzen können. Dies
kann – unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls – im normalen Arbeitsprozess, in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder in einer
Fördergruppe unter dem verlängerten Dach einer
Werkstatt für behinderte Menschen geschehen. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass auch Menschen mit
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Menschen mit schwerer Behinderung möchten so wohnen können wie andere Menschen auch: In einer Gemeinde mit einer Nachbarschaft. Sie wollen in kleinen,
überschaubaren Wohngemeinschaften mit Menschen
zusammenleben, die sie mögen. Denn emotionale Grundbedürfnisse werden in Gemeinschaften befriedigt.
Viele Menschen mit schwerer Behinderung möchten
die Infrastruktur der Gemeinde zur Freizeitgestaltung
und Erwachsenenbildung nutzen.
Deshalb fordern wir:
❍ Ein individuell gestaltetes Hilfesystem für Menschen
mit schwerer Behinderung muss aufgebaut werden,
das sowohl professionelle Unterstützung und Assistenz (z. B. ambulante Hilfen) als auch solidarische
Netzwerke (z. B. Familie, Nachbarn, sonstige Helfer[innen]) umfasst.
❍ Die Wohnangebote in stationären Einrichtungen, wo
viele Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung derzeit leben, müssen unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedürfnisse dem normalen
Wohnstandard entsprechen.
❍ Um selbstbestimmt ihr Leben gestalten zu können,
sollten auch Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung über ein persönliches Budget
verfügen können, das ihren individuellen Bedarf angemessen berücksichtigt und ihn auch abdeckt. Intensive Budgetassistenz ist dabei in den meisten Fällen unerlässlich!
Älter werden und dabei sein können
Unsere Gesellschaft hat eine besondere Verantwortung
für schwer und mehrfach behinderte Menschen. Diese
Verantwortung hat ihre historischen Wurzeln, denn es
ist unvergessen und muss unvergessen bleiben, dass
während des Regimes der Nationalsozialisten nahezu
17
ÜBERGREIFENDES
eine ganze Generation von Menschen mit geistiger
Behinderung getötet worden ist. Als Folge dieser Verbrechen gab es im Nachkriegsdeutschland jahrzehntelang nur wenige alte geistig behinderte Menschen. Doch
heute – fast 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – müssen wir uns verstärkt gemeinsam Gedanken darüber machen, wie der Lebensabend von alt
werdenden Menschen mit geistiger Behinderung gestaltet werden kann. Die Zahl dieser Personen wird in den
nächsten Jahren ständig zunehmen! Diese Menschen
können nicht mehr in ihren Familien versorgt werden.
Sie benötigen ambulante oder stationäre Hilfen. Gerade diese Personen sind lebenslang auf Förderung und
Betreuung angewiesen, wenn vermieden werden soll,
dass oft mühsam erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten
im Alter verloren gehen.
Deshalb fordern wir:
• Die Eingliederungshilfe darf an keine Altersgrenze
angebunden werden, sondern ist grundsätzlich lebenslang zu gewähren.
5. Zentrale Forderung der Fachverbände zur
Zukunft der Eingliederungshilfe
Angesichts der wachsenden Zahl alter Menschen, die
schwer und mehrfach behindert sind, verwundert es
nicht, dass schon bis etwa 2007 ein Kostenanstieg in
der Eingliederungshilfe von etwa 2 Milliarden Euro
prognostiziert wird. Diese Kostenentwicklung ist normal, denn wenn immer mehr Menschen auf Eingliederungshilfe angewiesen sind, steigt der finanzielle
Aufwand.
Wir fordern gegenüber der Politik:
❍ Lassen Sie es nicht zu, dass die wahren Ursachen
der Kostenentwicklung der Eingliederungshilfe unter den Teppich gekehrt werden! Suchen Sie gemeinsam mit uns nach Lösungen, um die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zukunftssicher
zu gestalten!
❍ Die Teilhabe schwer und mehrfach behinderter Menschen am Leben in der Gemeinschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Unter den gegenwärtig
herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen werden
die Kommunen allein kaum in der Lage sein, die Eingliederungshilfe so zu gestalten, dass auch alt
gewordenen Menschen mit geistiger Behinderung ein
Leben in Würde garantiert werden kann, das Kontakte, menschliche Zuwendung, selbstbestimmtes
Wohnen und individuelle Tagesgestaltung sowie wirtschaftliche Sicherheit und gesundheitliche Versorgung umfasst.
18
Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
erfüllt heute eine so bedeutsame Aufgabe für die Gesellschaft, dass sich der Bund zukünftig an ihren Kosten beteiligen muss!
◆
Käpt’n Life und seine Crew
Ein Arbeitsbuch
zur Persönlichen
Zukunftsplanung
Das Arbeitsbuch soll Lust darauf machen, einmal über die eigene Zukunftsplanung nachzudenken. Das Arbeitsbuch soll dabei helfen, mit anderen
über deren persönliche Zukunft nachzudenken. Das Arbeitsbuch enthält auf etwa
190 Seiten viele Tipps
und Ideen, Geschichten
und Arbeitsblätter, die
einem näher bringen,
was so alles zur Persönlichen Zukunftsplanung dazugehört.
Autor und Autorinnen sind Stefan
Doose, Carolin Emrich und Susanne
Göbel. Die Grafiken stammen von
Tanay Oral. Herausgeber ist das Netzwerk People First Deutschland e.V.
Nähere Informationen über Käpt’n Life
und seine Crew gibt es beim:
Netzwerk People First
Deutschland e.V.
Kölnische Str. 99, 34119 Kassel
Telefon: (05 61) 7 28 85 55
E-Mail: [email protected]
Internet: www.people1.de und
www.persoenliche-zukunftsplanung.de
Die ISBN für das Buch lautet: 3-937945-00-8
Preis: 24 Euro, für Mitglieder des Netzwerk People First
Deutschland e.V.: 18 Euro
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ÜBERGREIFENDES
Bundestag befasst sich mit sexueller Gewalt gegen Menschen mit
Behinderung
Der behindertenpolitische Sprecher der CDU/CSUFraktion, Hubert Hüppe, hat eine kleine Anfrage seiner Fraktion zu diesem Thema initiiert (Bundestagsdrucksache BT-Drs.15/3009 vom 13.5.2004). Auf die
Frage nach dem Ausmaß der sexuellen Gewalt gegenüber behinderten Menschen muss die Bundesregierung
(vertreten durch Staatssekretär Tiemann, Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung,
BMGS) einräumen, dass hierzu wissenschaftlich belegbare Zahlen fehlen, weil bisher keine entsprechenden
Untersuchungen veranlasst worden sind (BT-Drs.15/
3154 vom 18.5.2004). Sie nimmt daher Bezug auf Schätzungen der Interessenvertretungen behinderter Frauen, wonach ca. ein Drittel aller behinderter Frauen in
ihrem Leben sexuelle Gewalterfahrungen gemacht haben. Bei den Tätern handele es sich vor allem um Personen aus dem familiären Umfeld, dem Bekanntenkreis
oder um Beschäftigte aus Einrichtungen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSF) hat ein Modellprojekt zum Umgang mit sexueller Selbstbestimmung und sexueller Gewalt in
Wohneinrichtungen für junge Menschen mit geistiger
Behinderung gefördert, die Ergebnisse sollen noch im
Jahr 2004 veröffentlicht werden. Aus dem Modellprojekt sei ableitbar, dass sexualisierte Gewalterfahrung
das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner begleiten und in einem engen Zusammenhang mit strukturell bedingten Abhängigkeiten stehen. Insbesondere sei
deutlich geworden, dass eine geringe Selbstbehauptungskompetenz das individuelle Risiko, Opfer einer
Sexualstraftat zu werden, erhöht.
Nach der polizeilichen Kriminalstatistik steige die Anzahl der Fälle sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger (§179 Nr. 1 und 2 StGB) an: Im Jahr 2002
wurden 858 Fälle gemeldet, 2003 waren es 959. Die
Opfer solcher Straftaten finden keine ausreichende Hilfe. Die Bundesregierung musste einräumen, dass nach
einer Umfrage unter niedergelassenen Psychotherapeuten in einer Großstadt 90 % die Behandlung behinderter Frauen wegen mangelnder Fachkompetenz ablehnten. Sie kam zu der Einschätzung, dass Beratungsstellen,
Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe für eine
Bedrohung wie für tatsächliche sexuelle Übergriffe häufig wenig sensibilisiert seien und meist nicht über die
notwendige Qualifikation verfügten, um Gewaltopfer
zu beraten und zu unterstützen. Die Initiatoren der
Anfrage, die Abgeordnete Antje Blumenthal und Hubert
Hüppe der Fraktion der CDU/CSU fordern daraufhin
von der Bundesregierung in einer Presseerklärung vom
28.5.2004, sowohl verbesserte Kontrollmöglichkeiten
zu prüfen als auch den Bewohnern von Einrichtungen
unabhängige Vertrauenspersonen zur Seite zu stellen.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Von Präventionskonzepten für behinderte Menschen,
die bei den Mitarbeitern der Einrichtungen ansetzen,
ist der Bundesregierung nichts bekannt. Dieser Mangel kann auch dadurch nicht ausgeglichen werden, dass
die Bundesregierung auf die neue Möglichkeit des SBG
IX verweist, durch Übungen zur Stärkung des Selbstbewusstseins und der Selbstbehauptung nach § 44 Abs.
1 Nr. 3 SGB IX Präventionsarbeit zu betreiben. In der
Praxis hat es sich als wenig praktikabel erwiesen, diese
Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation und
damit der Finanzierung der Krankenkasse zu überlassen. Sie müssten vielmehr auch im Rahmen der Eingliederungshilfe zum Standard von begleitenden Maßnahmen, z. B. in Werkstätten für behinderte Menschen,
gehören.
Die Frage nach dem Recht auf gleichgeschlechtliche
Pflege insbesondere im Rahmen der Intimpflege wird
von der Bundesregierung dahingehend beantwortet,
dass die Mehrzahl des in Einrichtungen beschäftigten
Pflegepersonals weiblich sei, sodass daraus abzuleiten
sei, dass die geschlechtsspezifische Intimpflege von
Frauen mit Behinderungen als weitgehend sichergestellt
angesehen werden könne.
Praxisberichte belegen demgegenüber, dass für die Begleitung von weiblichen Beschäftigten in Werkstätten
zur Toilette auch Zivildienstleistende eingesetzt werden. Hier hilft nur ein Rechtsanspruch auf gleichgeschlechtliche Pflege weiter, wie er nicht nur aus dem
Wunsch- und Wahlrecht für die Erbringung der Hilfe
nach § 3 Abs. 2 BSHG abgeleitet werden kann, sondern auch aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz, dem
Benachteiligungsverbot (siehe Rechtsgutachten von
Prof. Igel und S. Dünnes, Rechtsdienst der Lebenshilfe
4/02 Seite 163 ff.)
Die durch diese kleine Anfrage offen gelegten Missstände betreffen aber nicht nur den Verantwortungsbereich der Bundesregierung: Gefragt sind vor allem
die Einrichtungen selbst, zu deren Qualitätsmanagement es gehören muss, dass sie ein Konzept und präventive Maßnahmen für den Umgang mit sexueller Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen nachweisen
können. Das oben genannte Modellprojekt zum Umgang mit sexueller Selbstbestimmung und Gewalt war
vom BMFSF beauftragt worden, ein pädagogisch-psychologisches Konzept zu erarbeiten. Das Ministerium
sollte daher in die Pflicht genommen werden, die zur
Finanzierung des Modellprojekts verwendeten öffentliche Gelder auch zur Veröffentlichung einer in der
Praxis brauchbaren Handreichung für Einrichtungen
zu verwenden.
we ◆
19
ÜBERGREIFENDES
27. Treffen der Beauftragten und Beiräte für behinderte Menschen und
der BAR
Das diesjährige Frühjahrstreffen der Beauftragten und
Beiräte für behinderte Menschen und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) fand am
10./11. Mai 2004 in Berlin statt. Zu folgenden Themen
wurden Stellungnahmen erarbeitet:
Ein Schwerpunkt der Beratungen war das Thema
„Perspektiven des gemeinsamen Unterrichts und der
gemeinsamen Erziehung in Deutschland und Europa“.
Angesichts der Vorteile des gemeinsamen Unterrichts
und einer stärkeren Orientierung an einem gemeinsamen Europa fordern die Teilnehmer der Tagung:
❍ In jedem Bundesland sollte ein Zehnjahresplan zur
Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts entwickelt
werden, um das Prinzip der integrativen Pädagogik
zu realisieren. Als erster Schritt sollte die Auflösung
der Sonderschulen für Lernbehinderte erfolgen.
❍ Schule, Jugendhilfe, die privaten und öffentlichen
Träger sollten stärker im Sinne ganzheitlicher Hilfe
und Förderung zusammenarbeiten.
❍ Gemeinsamer Unterricht, der Umgang mit Behinderungen und die Kooperation mit Unterstützungssystemen sollte Teil der Schulprogramme an jeder
Schule sein.
❍ Integration einschließlich gemeinsamer Erziehung
und Unterrichtung sollte als Teil von Bürgerrechten
in der Zivilgesellschaft verstanden werden.
Berufliche Bildung und Ausbildung für
behinderte Menschen
Die Beauftragten und Beiräte für behinderte Menschen
sind der Auffassung, dass das von der Bundesagentur
für Arbeit vorgelegte neue Fachkonzept für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, das an die Stelle der
Förderlehrgänge zur Berufsvorbereitung behinderter
Jugendlicher zum 1.9.2004 tritt, nicht geeignet ist, um
den besonderen Förderbedarf junger Menschen mit
Behinderung zu berücksichtigen. Unter anderem werde die darin festgeschriebene maximale Förderungsdauer von 18 Monaten nach Ansicht der Teilnehmer
der Tagung dazu führen, dass Jugendliche mit einer
ausgeprägten Lernbehinderung nicht mehr hinreichend
berufsfördernd unterstützt werden. Die Beauftragten
und Beiräte fordern alle Beteiligten dazu auf, die Berufsausbildung behinderter Jugendlicher unter Fortführung der bisherigen Strukturen sicherzustellen.
Die Absicht der Bundesagentur für Arbeit, ab 2005 die
berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen für behin20
derte junge Menschen nach der Verdingungsordnung/
Leistungen auszuschreiben, wird mit dem § 35 SGB IX
nicht für vereinbar gehalten.
Zivilrechtliches
Antidiskriminierungsgesetz
Die Beauftragten und Beiräte für behinderte Menschen
der Länder begrüßen den Entschluss der Bundesregierung, neben der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung rassistischer Diskriminierungen auch Rechte behinderter Menschen gegen Diskriminierungen ins
zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz aufzunehmen.
Als besonders dringlich wird eine Regelung angesehen,
die behinderten Menschen einen diskriminierungsfreien
Zugang zu allen Versicherungen ermöglichen soll.
Landesgleichstellungsgesetze
Die Beauftragten und Beiräte für behinderte Menschen
der Länder einigen sich hinsichtlich der bisher in den
Bundesländern verabschiedeten Landesgleichstellungsgesetze, im zweiten Halbjahr 2004 eine detaillierte qualifizierte Erfassung der Umsetzungskriterien zu erstellen. Mit dem Ergebnis dieser Erfassung sollen u. a.
Mindeststandards für die Erstellung von Landesgleichstellungsgesetzen in den noch ausstehenden Ländern vorgelegt werden.
Projekt Teilhabeplan
Die Beauftragten/Beiräte für behinderte Menschen
begrüßen die Absicht des Beauftragten der Bundesregierung, Karl-Hermann Haack, im Herbst d. J. in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (BAR) eine Konferenz für die Teilhabe
behinderter Menschen in allen Lebensbereichen durchzuführen und dabei Herausforderungen, Handlungsfelder und Ziele für eine aktive Teilhabepolitik für einen Zeitraum bis hin zu zehn Jahren zu formulieren.
Landesärzte
Die Beauftragten und Beiräte für behinderte Menschen
empfehlen weiterhin den Ländern, mehr Gebrauch von
der Bestellung von Landesärzten nach § 62 SGB IX zu
machen. Die Landesärzte sollen über besondere Erfahrungen in der Hilfe für behinderte und von Behinderung
bedrohte Menschen verfügen und dabei einen ganzheitlichen Ansatz vertreten. Um diese Art der Hilfe breiter zu
etablieren und zu aktivieren, fordern sie einen Erfahrungsaustausch der Landesärzte auf BAR-Ebene.
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ÜBERGREIFENDES
Kontaktsuche von Menschen mit seltenen Erkrankungen
Die nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen
(NAKOS) stellt seit Jahren bewährte Informationen zur
Selbsthilfe bereit.
❍ Die Broschüre BLAUE ADRESSEN unterstützt die
Suche von Menschen mit seltenen Erkrankungen
und Problemen nach Gleichbetroffenen und Selbsthilfegruppen.
❍ Das Verzeichnis GRÜNE ADRESSEN nennt bundesweite Selbsthilfevereinigungen und relevante Institutionen.
❍ Das Verzeichnis ROTE ADRESSEN bündelt lokale/regionale Selbsthilfeunterstützung in Deutschland.
Im Internet werden die BLAUEN ADRESSEN unter
http://www.nakos.de veröffentlicht.
Diese Datenbank wird ständig aktualisiert. NAKOS
bittet dabei um Mitarbeit. Soweit über die derzeitigen
Verzeichnisse bei individuellen Anfragen keine entsprechenden Kontakte vermittelt werden konnten, ist bei
NAKOS ein Recherchebogen erhältlich, der einen
bisher nicht herzustellenden Kontaktwunsch zu Betroffenen bzw. zu Fachexpert(inn)en aufgreift.
Weitere Informationen: NAKOS,
Wilmersdorfer Str. 39, 10627 Berlin,
Tel.: (0 30) 31 01 89 60, Fax: (0 30) 31 01 89 70.
Neben der Anfragemöglichkeit über das Kindernetzwerk in Aschaffenburg steht hier eine weitere qualifizierte Datenbank und Kommunikationsplattform zur
Verfügung. www.kindernetzwerk.de
wa ◆
Zahnärzte engagieren sich für Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen – Stiefkinder der medizinischen Versorgung?
Bericht über das erste internationale Symposium zur zahnärztlichen Betreuung von Menschen mit Behinderungen, April 2004 in Berlin
Mit über 200 Teilnehmern startete am 23. April 2004
das erste internationale Symposium zur zahnärztlichen
Betreuung von Menschen mit Behinderungen. Unter
der Schirmherrschaft des Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz, Dr. Dr. Karl Kardinal Lehmann,
setzte sich die Bundeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit der Universität Witten/Herdecke, der Charité Berlin und dem Berufsverband der Oralchirurgen
für eine verbesserte Politik für Menschen mit Behinderungen ein. Namhafte nationale und internationale
Referenten zeigten in wissenschaftlichen und sozialpolitischen Vorträgen die Probleme und Verknüpfungen
zahnmedizinischer Behandlungen für diese Patienten
auf. Die Stärken und Schwächen des deutschen
Systems sollen sich so besser einordnen und entsprechende Konsequenzen ziehen lassen. Der Präsident
der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dr. Jürgen Weitkamp,
betonte in seiner Eröffnungsrede, dass es höchste Zeit
sei, das sowohl in der politischen als auch in der fachlichen Öffentlichkeit lange vernachlässigte Thema der
(zahn-) ärztlichen Betreuung von Menschen mit Behinderungen in den Fokus des Interesses zu rücken.
Obwohl die moderne Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Deutschland – vor allem bei Kindern und Jugendlichen – auf deutliche Erfolge in der Mundgesundheit verweisen kann, wird bei wissenschaftlichen
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Studien immer wieder deutlich, dass vor allem Patienten mit Behinderungen, aufgrund erhöhter Schwierigkeiten bei der Durchführung der Mundhygiene und der
zahlreichen Wechselwirkungen zur allgemein gesundheitlichen Situation, zur Risikogruppe von Zahn- und
Zahnbetterkrankungen zählen. Um den oralen Gesundheitszustand dieser Patienten zu verbessern, fordert
Prof. Peter Cichon, Leiter der Abteilung für spezielle
Zahnärztliche Betreuung an der Universität Witten/
Herdecke, eine bessere Ausbildung der Studenten, wie
auch eine intensive Zusammenarbeit von Angehörigen,
(Zahn-)Ärzten, Krankenkassen und Gesundheitsdiensten. Der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich, machte deutlich, dass
die zahnmedizinische Behandlung von Patienten mit
Behinderungen sehr viel medizinisches Wissen, Einfühlungsvermögen und eine hohe soziale Kompetenz
erfordert. „Die Förderung der Mundgesundheit von
Patienten mit Behinderungen ist mit den bestehenden
Rahmenbedingungen nicht zu erreichen“, sagt Oesterreich
und fordert neben regelmäßigen Untersuchungen und
interdisziplinärer Vernetzung auch die Bereitstellung
gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen.
Die Vorträge des Symposiums sowie weitere Informationen der Bundesärztekammer gibt es unter:
www.bzaek.de
◆
21
Kindheit und Jugend
Kritische Bilanz der Bildungspolitik
Gemeinsamer Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen in Deutschland
dramatisch unterentwickelt
Gemeinsam mit den Landesbehindertenbeauftragten
und -beiräten analysierte der Behindertenbeauftragte
der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, das Bildungsangebot für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Beauftragten stimmten darin überein, dass vor dem Hintergrund der Ziele,
die die Kultusministerkonferenz (KMK) für diesen
Personenkreis genau vor zehn Jahren in entsprechenden Empfehlungen formuliert hat, sich die bislang erreichten rund 13 % integrativ Beschulter in Deutschland eher beschämend ausnehmen. „Im europäischen
bzw. internationalen Vergleich ist diese Quote jedoch
gänzlich unakzeptabel. Es gibt durchaus Staaten, in
denen die Proportionen zwischen integrativen und
Sonderschulformen in etwa umgekehrt sind und das
nicht erst seit einer Dekade“, so Haack.
Die KMK müsse sich diesen Fragen stellen und konkrete Antworten geben: Wann wird Deutschland endlich eine Bildungspolitik im Sinne der Erklärung von
Salamanca (UNESCO 1994) einleiten und die dort
geforderte Schule für alle ohne jede Halbherzigkeit auf
den Weg bringen? Warum bedürfen beispielsweise
Schülerinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen
eigener Einrichtungen in Deutschland, wo sie anderswo
längst in allgemeinen Schulen speziell gefördert werden?
Wie der Behindertenbeauftragte erläuterte, bilden die
unter diesem Förderschwerpunkt erfassten Kinder und
Jugendlichen die größte Gruppe mit der geringsten
Definitionsgenauigkeit. Es sollte unverzüglich mit ihrer Eingliederung in die allgemeine Schule begonnen
werden. „Die dadurch freiwerdenden finanziellen und
personellen Ressourcen der bisherigen Fördereinrichtungen mit dem Schwerpunkt Lernen sind in diese
dringend überfällige Entwicklung einzubringen“, schlug
Haack vor. Nicht nur für den Pisaprozess gelte: „Wir brauchen mehr Offenheit und Mut, die Erfahrungen anderer schnell und effektiv auf die eigenen Bedingungen
anzuwenden.“
Quelle:
www.behindertenbeauftragter.de/presseerklärungen ◆
Arbeitsleben
Schritt für Schritt III
Die Integrationsfachdienste zwischen Kontinuität und Veränderung
Tagungsbericht von Sabine Wendt
Rund 400 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet
trafen sich vom 10.–12.5.04 auf Einladung der Bundesarbeitgemeinschaft der Integrationsämter und
Hauptfürsorgestellen (BIH) zum Informations- und
Erfahrungsaustausch über die Arbeit der Informationsfachdienste (IFD) in Bonn. Zentrales Thema der
Tagung war die Übernahme der Strukturverantwortung
durch die Informationsämter, die neuen Anforderungen an die IFD durch die veränderte Situation
bei den Auftraggebern und die dadurch verbundene
Finanzierung. Darüber hinaus wurden zu verschiedenen Themen Workshops und Präsentationen angeboten, wie etwa zur Qualitätssicherung, zu Fortbildungsmöglichkeiten und zum Umgang mit den neuen
Aufgaben.
Rainer Wilmerstadt, Leiter der Abteilung Rehabilitation im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
22
Sicherung (BMGS) verwies auf die neuen Schwerpunktaufgaben der Integrationsfachdienste. Ein Rückgang von 19 % bei der Ausbildung von schwerbehinderten Jugendlichen mache es notwendig, den IFD mit
seinen speziellen Kenntnissen und Möglichkeiten schon
während der Schulzeit mit einzubeziehen, damit nicht
nur der Weg in eine WfbM bleibe. Da noch immer ca.
58 800 Betriebe keinen schwerbehinderten Menschen
beschäftigen, sei es notwendig, zusätzliche Unterstützung für Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, die über
rechtliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der
Unterstützung schwerbehinderter Menschen informieren und eine konkrete Unterstützung anbieten. KarlFriedrich Ernst, Vorsitzender der BIH, wies darauf hin,
dass gegenwärtig an gemeinsamen Empfehlungen nach
§ 113 Abs. 2 SGB IX gearbeitet werde, zur Inanspruchnahme der IFD durch die Reha-Träger und zur Zusammenarbeit und Finanzierung der Kosten, die dem IFD
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ARBEITSLEBEN
bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Reha-Träger
entstehen. Hans-Uwe Stern von der Bundesagentur für
Arbeit verwies darauf, dass die Arbeitsverwaltung in
drei Jahren ein flächendeckendes Netz an IFD aufgebaut habe. Durch den Übergang der Strukturverantwortung auf die Integrationsämter sollten keine Brüche in der Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung
entstehen, sodass die Kündigung der Beauftragungsverträge für IFD keine Beendigung der Zusammenarbeit bedeute, sondern eine Neuordnung. Dr. Fritz Baur,
Bundesarbeit der überörtlichen Sozialhilfeträger, verwies darauf, dass seine Bundesarbeitsgemeinschaft
bereits 2002 in Werkstattempfehlungen die verstärkte
Nutzung der IFD für die Begleitung bei dem Übergang
aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
empfohlen habe. Die Sozialhilfeträger seien daher
ebenfalls Auftraggeber für IFD, auch wenn sie bei den
gemeinsamen Empfehlungen nicht einbezogen worden
seien, was er kritisierte. Der Automatismus eines Übergangs von der Sonderschule in die Werkstatt müsse
durchbrochen werden.
Die Ergebnisse der Tagung sind unter:
www.integrationsaemter.de zusammengefasst.
◆
Werkstatt innovativ
Unter diesem Stichwort wollen wir Sie im Fachdienst über neue Beschäftigungsideen in Werkstätten mit
innovativem Charakter informieren. Wir möchten damit Werkstattleitungen, aber auch Werkstatträte und
Elternbeiräte in Werkstätten anregen, neue Wege zu gehen.
Das Marli-Café Restaurant
Übergangsgruppe der WfbM
Axel Willenberg
Die Marli-Werkstätten GmbH in Lübeck betreiben seit
Januar 2002 ein Café/Restaurant in der Lübecker Altstadt. Das Marli-Café/Restaurant ist als Übergangsgruppe der Werkstatt
für behinderte Menschen anerkannt. In
diesem Rahmen erleben die Menschen
mit Behinderung die
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts, ohne den
Schutz der Werkstatt
für behinderte Menschen zu verlieren. Die Leistungsfähigkeit der behinderten Menschen wird erprobt und
wenn möglich, wird der Übergang in eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angebahnt.
So weit zum konzeptionellen Rahmen. Das Restaurant
ist täglich geöffnet. Montags bis mittwochs von 8 – 18
Uhr, donnerstags bis sonnabends von 8 – 24 Uhr und
sonntags von 9 – 18 Uhr. Es verfügt über 60 Plätze und
beschäftigt neben Fachpersonal (3 Köche und 4 Servicekräfte) bis zu 11 Menschen mit Behinderung. Neben
Frühstücksangebot, Mittagstisch und Kaffee und Kuchen
am Nachmittag wird an den langen Abenden gehobenere
Gastronomie (4-Gänge-Menü) geboten. Die behinderten Menschen können sich somit im Tagesgeschäft mit
wechselnder Belastung und am Abend in anspruchsvoller Atmosphäre erproben. Hinzu kommen zweimal im
Monat Kulturveranstaltungen aus den Bereichen LiteraFachdienst der Lebenshilfe 3/04
tur und Musik, die immer ein volles Haus bescheren. Die
Menschen mit Behinderung werden durch eine
Sozialpädagogin begleitet, die wöchentlich das Restaurant besucht und für Gespräche zur Verfügung steht und
das Fachpersonal in pädagogischen Fragen unterstützt.
Die Menschen mit Behinderung sind natürlich weiterhin
in die arbeitsbegleitenden Maßnahmen eingebunden.
Ein Mitglied des Werkstattrats gehört zu den Menschen
mit Behinderung, die im Restaurant tätig sind.
◆
www.marli-werkstaetten.de/cafe/index.html
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SEH-WEISEN 2005
Der neue Kunstkalender der Lebenshilfe
Der Kalender (Format 30 x 39 cm) kostet 12,60 Euro
und kann ab sofort bestellt werden bei:
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit
geistiger Behinderung e.V, Vertrieb,
Raiffeisenstraße 18, 35043 Marburg,
Tel.: (0 64 21) 4 91-1 16, Fax: (0 64 21) 4 91-6 16
E-Mail: [email protected]
23
Wohnen
„Wohnen inklusiv“ – Wohn- und Unterstützungsangebote für Menschen
mit Behinderungen in Zukunft
Projektbericht
Im Auftrag von Diakonie und Caritas in Württemberg
führte die Forschungsstelle „Lebenswelten behinderter Menschen“ der Universität Tübingen in der Zeit vom
1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 das Projekt „Weiterentwicklung von Wohnformen für Menschen mit
Behinderungen“ durch. Das Projekt setzte sich damit
auseinander, wie Bedürfnisse und Wünsche, die Menschen mit Behinderungen rund ums Wohnen haben,
mit den notwendigen Assistenz- und Hilfeleistungen
in Einklang gebracht werden können. Ziel des Forschungsprojekts war, die bedarfs- und bedürfnisgerechte
Angebotsentwicklung im Bereich „Wohnen von Menschen mit Behinderungen“ zu untersuchen und Konzepte zur qualitativen Weiterentwicklung von Wohnangeboten zu beschreiben. Bei allen Projektschritten
und in den Projektgremien waren Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige, Vertreterinnen und
Vertreter der Leistungserbringer und Leistungsträger sowie aus Politik, Verwaltung und Forschung einbezogen.
Der nun vorliegende Abschlussbericht dokumentiert die
methodische Arbeitsweise und differenzierte Analyse
der Ergebnisse der Befragungen von Menschen mit
Behinderungen, Angehörigen und Leistungsanbietern.
Den Hauptteil bildet eine (Neu-)Konzeption sozialer
Hilfen für Menschen mit Behinderungen.
Der Abschlussbericht 103 Seiten, 10,— Euro + Versandkosten, kann bezogen werden bei:
Diakonisches Werk Abteilung Behindertenhilfe,
Postfach 10 11 51, 70010 Stuttgart,
Tel.: (07 11) 16 56-2 13, Fax: (07 11) 16 56-3 29,
E-Mail: [email protected].
kk ◆
Wohnen mit Behinderung = behindertes Wohnen!?
Bericht über die Fachtagung der Landesarbeitsgemeinschaft Wohnen für behinderte Menschen e.V. vom
27. Mai 2004, Bad Nauheim
Im Fortbildungszentrum der Landesärztekammer Hessen befasste sich die Landesarbeitsgemeinschaft Wohnen für Behinderte Menschen (LAG Wohnen) mit der
Frage nach der Zukunft und den Perspektiven des
Wohnens von Menschen mit geistiger oder seelischer
Behinderung. Teilnehmer waren Vertreter und Experten aus Trägereinrichtungen der Behindertenhilfe in
Hessen und anderen Fachverbänden, des zuständigen
Kostenträgers in Hessen, des Landeswohlfahrtsverbands (LWV) Hessen, sowie des beteiligten Landesamts
für Versorgung und Soziales (Heimaufsicht).
Stationäre Hilfen und insbesondere Heimunterbringungen geraten zunehmend in den Strudel knapper
werdender Ressourcen und sehen sich gleichzeitig einer zunehmend fachlichen Kritik aus Selbsthilfeverbänden, der Politik und zum Teil auch der Wissenschaft gegenüber (Stichwort: Heimenquete an den
Deutschen Bundestag).
Unabhängig von der Diskussion um nicht vorhandenes bzw. anders verteiltes staatliches Geld verfolgte die
Fachtagung deshalb das Ziel, inhaltliche Perspektiven
und zukunftsfähige Formen und Projekte des Wohnens
vorzustellen – „intelligente Lösungen“, wie sie so oft
gefordert werden. Die zentrale Frage lautete: Sind am24
bulante Formen des Wohnens und Lebens in jeder Hinsicht besser geeignet, dem Bedarf der betroffenen Menschen mit Behinderung gerecht zu werden?
Prof. Dr. Gerd Grampp vom Fachbereich Sozialwesen
der Fachhochschule Jena warnte in seinem Referat vor
der Gefahr der Vereinsamung und Isolierung durch eine
zu stark an den Kosten ausgerichtete Ambulantisierung
der Hilfe- und Unterstützungsleistungen.
Prof. Dr. Bettina Lindmeier vom Institut für Sonderpädagogik der Universität Hannover forderte den Abschied von Schubladen-Begriffen wie „ambulant“ oder
„stationär“ und eine Umorientierung vom institutionenbezogenen zum personenbezogenen Denken. Dem
steht aus der Sicht der LAG Wohnen die neue Vereinbarung zwischen dem Sozialministerium, dem LWV
sowie dem Hessischen Landkreistag und Hessischen
Städtetag zum weiteren Ausbau des ambulanten Betreuten Wohnens in Hessen entgegen.
Dort, so der Vorsitzende der LAG Wohnen, Ingolf Reimer, werde ab 2009 durch die avisierte Trennung der
sachlichen Zuständigkeiten der Kostenträgerschaften
zwischen örtlichem und überörtlichem Sozialhilfeträger
die Barriere zwischen den Wohnformen unnötig büroFachdienst der Lebenshilfe 3/04
WOHNEN
kratisch erhöht und das Konzept der Eingliederungshilfe aus einer Hand, das der LWV anstrebe, aufgegeben. Zudem widerspräche eine solche Zementierung
der Grenzen den Vorstellungen größerer Durchlässigkeit und Transparenz zwischen den Wohnformen im
Interesse der behinderten Menschen.
Teilnehmer wie Podiumsvertreter äußerten sich besorgt,
dass Heime, auch betriebswirtschaftlich zunehmend
gezwungen, zu Ansammlungen schwerer behinderter
Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf würden. So vollzöge sich „eine Restgruppenbildung“, da andere Menschen mit vergleichsweise geringerem Hilfebedarf in
ambulante Wohnformen abgedrängt würden. Das
Arbeitsfeld und der Lebensraum Heim verändere sich
dadurch nachteilig.
Zusätzlich machten Teilnehmer darauf aufmerksam,
dass in Hessen zurzeit ca. 20 Wohnprojekte für Menschen mit geistiger Behinderung durch den verfügten
Investitionsstopp des Landes auf ihre Realisierung warteten. Hierbei handele es sich im Wesentlichen um
Bauvorhaben für Menschen mit mehrfacher Behinderung, die unter teilweise kaum noch tragbaren Bedin-
gungen und menschlichen Belastungen in den Familien von betagten Angehörigen betreut und versorgt
würden. Mit ambulanten Wohnformen sei diesem Problem jedoch keineswegs abzuhelfen.
Vertreter von drei Trägervereinen hatten anhand der bei
ihnen praktizierten Modell- bzw. Pilotprojekte aufgezeigt, dass neben den klassischen Wegen – ambulant oder
stationär – differenzierte, unter Umständen sogar kostengünstigere, Wohn- und Lebensformen realisierbar seien. Dies aber setze Bewegung auf allen Seiten voraus.
Die LAG Wohnen besteht seit 1992. Sie versteht sich
sowohl als Interessensvertretung der Träger von Wohneinrichtungen in Hessen als auch als Anwalt für die
Belange von Menschen mit geistiger und seelischer
Behinderung. Der LAG Wohnen gehören zur Zeit 45
Trägervereine mit ca. 6.000 Wohnplätzen in Hessen an.
Gut 25 % davon sind bereits im ambulant Betreuten
Wohnen repräsentiert.
Weitere Informationen, darunter auch die Referate der
Fachtagung, finden sich unter www.lagwohnen.de/
fachtagung.
◆
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Buchtipps aus dem Lebenshilfe-Verlag Marburg
Petra Gromann, Ulrich Niehoff
Familien mit behinderten Angehörigen
Schöner Wohnen
Lebenswelten – Bedarfe – Anforderungen
Ein Instrument zur
Bewohner(innen)-Befragung
1. Aufl. 2002, 17 x 24 cm, 256 Seiten
ISBN 3-88617-512-X, Bestellnummer LED 512
19,50 Euro [D]; 37.– sFr.
1. Aufl. 2003, ein Set mit
Anwenderhandbuch,
89 Fragebögen, 119 Bild- bzw.
Wertungskarten, Informationsblatt sowie einer CD-ROM, verpackt in einen Spielkarton, Bestellnummer LAM 800
19,50 Euro [D], 37.– sFr.
Praktische Anleitung, die Hilfestellung gibt, wie sich
alle Bewohner(innen) an einer Befragung zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in Wohneinrichtungen beteiligen können. Die in leichter Sprache
formulierten Fragen ermöglichen – in Kombination
mit den die Frage illustrierenden Bildkarten – auch
Menschen, die nicht sprechen, ihre Meinung klar zu
äußern. Kombinierbar mit allen gängigen Qualitätssicherungsverfahren, aber auch allein einsetzbar.
Das Handbuch erläutert Ansatz und Methodik des Verfahrens. Über die CD-ROM sind die Fragen einzeln
ausdruckbar und beliebig, auf die eigenen Verhältnisse zugeschnitten, zusammenstellbar. Kein Buch, kein
Spiel – und doch beides und noch mehr!
Günstiger Preis dank der Förderung durch die Aktion Mensch.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Dokumentation der wichtigsten Teile der gleichnamigen Fachtagung vom 17.–19. Oktober 2001 in
Berlin, unter Schirmherrschaft der Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit. Veranstalter waren neben der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger
Behinderung e.V. der Verband für
Anthroposophische Heilpädagogik,
Sozialtherapie und Soziale Arbeit
e.V., der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. und der
Verband katholischer Einrichtungen
und Dienste für lern- und geistigbehinderte Menschen e.V. Die in dieser thematischen
Bandbreite und Veranstaltervielfalt einmalige Fachtagung zu Familienaspekten bildet die Basis für die
Weiterentwicklung von Hilfeangeboten – hin zur Inklusion, zur Nicht-Aussonderung und zum Leben
»mittendrin« im Gemeinwesen.
Bestellungen an: Bundesvereinigung Lebenshilfe,
Tel.: (0 64 21) 4 91-1 16, [email protected]
25
Eltern und Familie
Bundeshaushalt 2005:
Keine Kürzungen bei
familienpolitischen Leistungen
Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts zum Haushalt 2005 steht fest: Die familienpolitischen Leistungen des Bundes bleiben in vollem Umfang erhalten. Der
Bund wendet im nächsten Jahr insgesamt ca. 60 Mrd.
Euro pro Jahr an Leistungen für Familien auf; 1998 lag
dieser Betrag noch bei 40 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend, Renate Schmidt, erklärte: „Familienpolitik ist
Zukunftspolitik. Bei der finanziellen Unterstützung der
Familien gibt es keinerlei Abstriche. Im Gegenteil: Ab
2005 zahlen wir gering verdienenden Eltern einen
Kinderzuschlag. Wir sorgen mit zusätzlichen Mitteln
für mehr Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen
ab nächstem Jahr dafür, dass Eltern Beruf und Familie
besser vereinbaren können und Kinder die beste Förderung erhalten.“
Die Familienpolitik der Bundesregierung ist als Querschnittsaufgabe in den einzelnen Ressorts angelegt.
Die familienpolitischen Leistungen umfassen z. B. Kindergeld, Bundeserziehungsgeld, Steuerfreibeträge, Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und BaföG. Die größte
familienpolitische Leistung ist das Kindergeld als
Steuervergütung in Höhe von ca. 35 Mrd. Euro. Die
gesetzlichen Leistungen für Familien im Etat des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend betragen 3,43 Mrd. Euro bei einem Gesamtetat
im Jahr 2005 von 4,6 Mrd. Euro. Damit liegt der
Haushaltsansatz 2005 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend um rund 210 Mio.
Euro unter dem Haushalt des Jahres 2004. Diese Differenz ergibt sich vor allem auch aus der rückläufigen
Geburtenzahl, die sich auf die Auszahlung der gesetzlichen Leistungen auswirkt, und aus der Angleichung
des Zivildienstes an die Rahmenbedingungen des Wehrdienstes.
Als ergänzende zielgerichtete familienpolitische Leistung im Haushalt des Bundesfamilienministeriums gibt
es ab 2005 einen Kinderzuschlag von monatlich bis 140
Euro pro Kind für gering verdienende Eltern, deren
Einkommen zwar für ihren eigenen Unterhalt, nicht
aber für ihre Kinder ausreicht. Damit werden Familien
nicht wegen ihrer Kinder auf das neue Arbeitslosengeld II angewiesen sein. Bereits seit 1. Januar 2004 erhalten tatsächlich Alleinerziehende einen dauerhaften
Steuerentlastungsbetrag von 1.308 Euro.
26
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend
[email protected]
http://www.bmfsfj.de
Servicetelefon: 01801 90 70 50 (montags bis donnerstags von 7.00 bis 19.00 Uhr)
◆
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.)
Familienfreizeit für Eltern mit kleinen Kindern
Bildung, die Spaß macht
Ein Handbuch für die Praxis
1. Aufl. 2003, DIN A4, 52 Seiten, ISBN 3-933191-91-2,
kostenfrei.
Bestellnummer: 13 300 024, Bestelladresse: per Post:
BZgA, 51101 Köln, per Fax: (02 21) 89 92-2 57,
per E-Mail: [email protected]
Die Publikation wendet sich an Multiplikator(inn)en,
die mit jungen Familien zusammenarbeiten. Die umfangreiche Materialsammlung (inkl. CD-ROM) basiert
auf einem Modellprojekt, das von 1999 bis 2001 durchgeführt wurde.
Ziel des Programms ist es, junge Familien für Familienfreizeitmaßnahmen zu gewinnen, in denen eine Auseinandersetzung mit Familienfragen in Verbindung mit
Freizeit und Erholung stattfinden kann. Im Vordergrund
steht die Stabilisierung der familiären Situation in der
Familiengründungsphase und den ersten Lebensjahren
des Kindes bzw. der Kinder. Ein urlaubsähnliches Ambiente scheint die Bereitschaft zu fördern, sich mit
familiären Fragen bildungsbezogen auseinanderzusetzen.
Das Handbuch bietet neben theoretischen Grundlagen
einen Überblick über die Inhalte der Schulungen von
Multiplikatoren(inn)en sowie eine Vielzahl von in der
Praxis erprobten Methoden für die Arbeit mit Familien.
◆
Familienurlaub auch barrierefrei
Anregungen aus dem Bundeswettbewerb „Willkommen
im Urlaub – Familienzeit ohne Barrieren“
Wie können Reisende mit und ohne Handicap gemeinsam Urlaub verbringen? Welche Erwartungen
haben Familien an ihre Ferien? Wie müssen Orte und
Quartiere für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen beschaffen sein? Diese Fragen beantwortet
die Broschüre „Familienurlaub auch barrierefrei“ vom
BMF SF J und dem Deutschen Tourismusverband
(DTV). Sie informiert über die Ergebnisse des Bundes-
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
ELTERN UND FAMILIE
wettbewerbs „Willkommen im Urlaub – Familienzeit
ohne Barrieren“ und über die Preisträger der ausgezeichneten Betriebe.
Von den 166 Tourismusanbietern wurden die aussichtsreichsten 82 Bewerbungen von einer Bundesbewertungskommission vor Ort begutachtet. Zu dieser gehörten auch zwei Vertreter(innen) des Bundeselternrats
der Lebenshilfe. Damit war gewährleistet, dass auch die
Anforderungen von Familien, die mit geistig behinderten Kindern unterwegs sind, berücksichtigt wurden.
Die Broschüre ist kostenfrei erhältlich beim
Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, Broschürenstelle,
Tel.: (01 80) 5 32 93 29 (0,12 Euro/Anruf),
[email protected]
◆
Servicebüro Lokale Bündnisse für Familie (Hg)
Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend
Lokale Bündnisse für Familie
Arbeitsbuch zum Aufbau eines lokalen Bündnisses
Anregungen und Arbeitshilfen zum Aufbau und zur Weiterentwicklung von lokalen Bündnissen für Familie
Am 11. Mai 2004 fand in Dortmund das erste bundesweite Forum Lokale Bündnisse für Familie statt; dazu
gehörte auch das Fachforum 2 mit dem Titel „Lokale
Bündnisse erfolgreich gründen – Anregungen und Tipps
zur Bündnisarbeit“.
Jetzt steht ein Arbeitsbuch mit nützlichen Hinweisen
für die örtliche Praxis zur Verfügung. Der Zusammenschluss von Partnern aus dem Spektrum der Kommunen, Unternehmen, Vereine, Kirchen, Gewerkschaften
und sozialen Organisationen bringt voran. Durch neues
Miteinander entstehen neue Sicht- und Herangehensweisen an Themen wie Beruf und Familie, Kinderbetreuung oder Alten- und Familienpflege. Der Ringbuchordner beinhaltet systematische Checklisten für die
Implementierung von Bündnissen und gibt auch Tipps
für die Öffentlichkeitsarbeit.
Die Unterlagen stehen im Internet zum kostenfreien
Download zur Verfügung. Der Ringordner kann –
ebenfalls kostenfrei – angefordert werden bei:
Servicebüro Lokale Bündnisse für Familie,
Charlottenstr. 65, 10117 Berlin,
Tel.: (01 80) 52 52 212, Fax: 52 52 213,
[email protected]
www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Judith Loseff Lavin, Claudia Sproedt (Hg.)
Besondere Kinder brauchen besondere Eltern
Behindert oder chronisch krank: Wie Sie Ihr Kind
beschützen und es unterstützen können.
Rat und Hilfe für Eltern, Großeltern, Freunde und
Verwandte
Ratingen: Oberstebrink-Verlag GmbH, 2004. 269 Seiten,
ISBN 3-934333-14-1, 17,80 Euro
Dieses Buch, eine Übersetzung aus dem Amerikanischen, versteht sich als Ratgeber für Eltern und alle
diejenigen, die privat oder beruflich mit chronisch kranken oder behinderten Kindern zu tun haben. Es will
Eltern helfen, ihre Situation zu bewältigen. Ihnen werden Wege gezeigt, wie sie den ersten Schock überwinden und das Leben mit ihrem Kind gestalten können.
Es will Kraft und Mut geben, die Eltern brauchen, um
ihr Familienleben zu meistern und ihren Kindern gerecht zu werden. Es bietet sich neben der Zielgruppe
Eltern auch für Großeltern, Freunde und Verwandte
an. Der Ratgeber ist in leicht verständlicher Sprache
geschrieben und erfüllt die Erwartungen und Interessen derjenigen, die für die verschiedensten Probleme
im Zusammenleben mit ihrem chronisch kranken oder
behinderten Kind Lösungswege suchen – allesamt aus
der Praxis für die Praxis.
◆
Sibylle Janert
Autistischen Kindern Brücken bauen
Ein Elternratgeber
München Basel: Ernst Reinhardt Verlag, 2003. 239 Seiten.
ISBN 3-497-01680-2, 19,90 Euro
Autismus wird beschrieben als ein komplexer Zustand
einer umfassenden Entwicklungsverzögerung. Dieser
vom Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e. V.
empfohlene Ratgeber bietet sich für alle diejenigen an,
die direkt mit der Betreuung eines kleinen Kindes zu
tun haben, bei dem autistische Merkmale oder eine
autistische Störung diagnostiziert wurden. Ein Teil des
Buchs ist auch hilfreich bei Kindern mit ADSH/ADHD
(Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität), bei älteren Kindern und auch bei Erwachsenen.
Teil I bietet innovative praktische Vorschläge für den
Umgang mit den Kindern und für Verhaltensweisen von
Erwachsenen, die der Entwicklung des Kindes helfen.
Teil II stellt interaktive Spiele und Aktivitäten „auf allen Vieren“ vor. Teil III versucht sich in einer verstehenden Annäherung, was möglicherweise im Kind vor
sich geht, wenn es in seine autistischen (Nicht-)Aktivitäten versunken ist.
◆
27
Offene Hilfen
Selbstbestimmungsgremium in Ambulanten Diensten
Die OWB Wohnheime Einrichtungen Ambulante
Dienste gGmbH in Ravensburg hat jetzt ein Konzept
für das Selbstbestimmungsgremium der Ambulanten
Wohnformen vorgelegt. Es entstand mit Anregungen
aus der Bundesvereinigung Lebenshilfe sowie unter
Bezug auf die Arbeitshilfe AQUA-UWO aus dem ZPE
der Universität Siegen. Die Autoren aus Ravensburg
betonen im Vorwort des Konzepts, dass die notwendigen Strukturen zu schaffen sind, die es ermöglichen,
eine Kultur der Selbstbestimmung auf den Weg zu bringen. Da es im ambulanten Bereich bundesweit kein
gesetzlich verankertes Mitsprachegremium gibt, möchten die Autoren ihr Konzept gerne zur Diskussion stellen und mit anderen Praxiserfahrungen abgleichen.
Das Konzept dieses neuen Selbstbestimmungsgremiums
ist auf der Homepage der Lebenshilfe unter dem Stichwort Ambulant Unterstützes Wohnen (Betreutes Wohnen) als Dokument bereitgestellt und kann dort eingesehen und heruntergeladen werden.
Kontakt mit der OWB Ravensburg:
Robert Lehenherr, Dipl. Sozialarbeiter (FH),
Ambulant Betreutes Wohnen, Tel.: (07 51) 3 63 38-29,
E-Mail: [email protected]
Kontakt in der Bundeszentrale der Lebenshilfe:
[email protected]
und [email protected]
◆
„Kleines Dschungelbuch“ der Hamburger Arbeitsassistenz
Fachdienst für berufliche Integration von Menschen mit Behinderung
Im Oktober 2003 wurde von der Hamburger Arbeitsassistenz eine Broschüre herausgegeben, die in folgende Maßnahmeangebote (gesetzliche Grundlagen und
Finanzierung der Hamburger Arbeitsassistenz) Einblick
gibt:
•
•
•
•
Ambulantes Arbeitstraining
Integrationspraktikum
Eingliederungspraktikum
Unterstütztes Arbeitsverhältnis
• Integrationshilfen nach § 109 SGB IX
• Sonderprojekte/Modelle
Diese Information kann als Grundlage für weitere
landesbezogene hilfreiche Infoschriften dienen und
gegen Erstattung der Versandkosten angefordert werden bei: Hamburger Arbeitsassistenz, Schulterblatt 36,
20357 Hamburg, Tel.: (0 40) 4 31 33 9-0,
[email protected]
◆
Kultur
„Grenzübergänge“– 3. Internationales Fest der Sinne 2004
Theaterfest für junge Menschen mit und ohne Behinderung, 30.9.–3.10. 2004 in Lingen (Ems)
Das Theaterpädagogische Zentrum der Emsländischen
Landschaft e.V. veranstaltet in der Zusammenarbeit mit
dem Europäischen Zentrum der International Amateur
Theatre Association (iata/aita), der Stadt Lingen (Ems)
und dem Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) sowie verschiedenen nationalen und internationalen Verbänden der Behindertenarbeit das 3. Internationale Fest
der Sinne.
In der Zeit vom 30.9.–3.10. werden voraussichtlich
8 Theatergruppen aus dem In- und Ausland mit behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen
ihre Produktionen auf den Theaterbühnen in der Stadt
Lingen (Ems) präsentieren. Dabei sollen vorrangig
28
Gruppen berücksichtigt werden, in denen behinderte und
nichtbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam an
einer Produktion mitgewirkt haben. Voraussichtlich werden Theatergruppen aus Italien, Tschechien, Slowenien, Russland, Lettland, der Slowakei, den Niederlanden
und Deutschland an diesem Festival teilnehmen.
Aus pädagogischer Sicht wird das Theater von und mit
Behinderten als ein sehr wichtiges Medium des körperlichen Ausdrucks angesehen, dass behinderten Menschen erheblich hilft, ihr Selbstwertgefühl zu stärken
und aktiv an einem künstlerischen Leben in der Gesellschaft zu partizipieren. Aus künstlerischer Sicht
konnte immer wieder beobachtet werden, dass gerade
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
KULTUR
behinderte Menschen auf der Theaterbühne mit einer
hohen Authentizität agieren.
Das „Jahr der Behinderten“ ist vorbei, die besondere
Aufmerksamkeit, die man behinderten Menschen im Jahr
2003 gewidmet hat, ebbt wieder ab – die Behinderung
bleibt. Die Betroffenen sind ihr ganzes Leben lang durch
ihre Behinderung benachteiligt, sie bleiben in vielen Bereichen aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt.
Das Theaterspiel verhilft ihnen zu einer ihren Möglichkeiten angepassten Ausdrucksform, fördert das Selbstbewusstsein und verhilft zu einem würdevollen Leben.
Theaterpädagogik mit behinderten
Amateuren im TPZ
Das Theaterpädagogische Zentrum betreibt seit fast
zehn Jahren kontinuierlich Theaterarbeit mit behinderten Menschen. Die Gruppe „WolkenRoller“ hat inzwischen 7 Eigenproduktionen auf die Bühne gebracht,
die hier in der Region in mehreren Theatern und soziokulturellen Zentren mit großem Erfolg aufgeführt
wurden. Die Gruppe „Total normal“ ist eine integrative
Gruppe, in der behinderte und nichtbehinderte Kinder
und Jugendliche zusammen Theater spielen. Internationale Fachtagungen zur „Theaterpädagogik mit Behinderten“ wurden in Lingen durchgeführt und mehrere
Publikationen zum Thema folgten. Das von Prof. Dr.
Bernd Ruping als Eigenpublikation des TPZ herausgegebene „Lies- und Werkbuch“ mit dem Titel „Theater,
Trotz und Therapie“ gehört zu den Standardwerken der
Theaterpädagogik mit Behinderten in Deutschland.
In den Jahren 1995 und 2000 fanden bereits zwei
Theaterfestivals mit dem Titel „Fest der Sinne“ in Lingen
statt – jeweils begleitet durch eine internationale Fachtagung. Die Veranstalter sind mehrfach gebeten
worden, ein weiteres Fest zu veranstalten, u.a. hat das
Kinder- und Jugendkomitee des Welt-AmateurtheaterVerbandes mehrfach angefragt, ob es nicht eine Fortsetzung des „Festes der Sinne“ geben könnte, da es sich
hier um das einzige internationale Theaterfest für behinderte Kinder und Jugendliche handelt.
Das „Fest der Sinne 2004“ legt mit dem Thema „Grenzübergänge“ ein besonderes Augenmerk auf Theatergruppen, in denen behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam an Produktionen
arbeiten. Dieser integrative Ansatz in der Theaterarbeit
fördert in besonderer Weise auch die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher im Alltag. „Grenzübergänge“ ist dabei doppeldeutig zu verstehen:
1. In der Kunst werden immer Grenzen überschritten.
Das Theater bildet nicht nur Realität ab, sondern
zeigt immer auch das Mögliche, das Denkbare.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
2. Die Grenzen zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen sind fließend.
„Im ästhetischen Prozess gibt es keine Behinderung
außer der, der wir uns stellen“ (Ruping).
Das „Fest der Sinne 2004“ gliedert sich in 3 Teile:
a) die Theateraufführungen;
b) die Fachtagung mit dem Thema „Integrative Theaterpädagogik mit behinderten und nichtbehinderten
Kindern und Jugendlichen im internationalen Vergleich“;
c) die Workshops, in denen die teilnehmenden Kinder
und Jugendlichen die Möglichkeit zum Kennenlernen und zum Austausch innerhalb eines gemeinsamen künstlerisch-pädagogischen Prozesses haben.
Information: Theaterpädagogisches Zentrum (TPZ),
Universitätsplatz 5-6, D-49808 Lingen,
Tel. (05 91) 91 66 30, Fax: (05 91) 9 16 63 63,
[email protected], www.tpz-lingen.de
◆
Oskar-Kuhn-Preis für Ohrenkuss
Schirmherrin Prof. Dr. Rita Süßmuth zeichnete am
4. Juni 2004 das Projekt „...Ohrenkuss da rein, da raus“
die Zeitschrift von Menschen mit Down-Syndrom der
DownTown Werkstatt, Bonn, mit dem Oskar-KuhnPreis der BLEIB GESUND STIFTUNG aus. Der Preis
fördert innovative Projekte auf dem Gebiet der Gesundheitskommunikation.
Zum vierten Mal wurde der mit insgesamt 12.800 Euro
dotierte Oskar-Kuhn-Preis im Rahmen des Hauptstadtkongresses für Medizin und Gesundheit im ICC in
Berlin vergeben.
Rita Süssmuth: „Gesundheitskommunikation ist heute
wichtiger denn je. Mit dem Preis fördert die Stiftung
dringend notwendige Initiativen und Projekte, die in
sozialen Bereichen sowie im Klinik- und Praxisalltag
die Kommunikation aller Beteiligten unterstützen. Der
Oskar-Kuhn-Preis setzt ein wichtiges Zeichen, indem
er das große Engagement solcher Projekte gebührend
würdigt.“
Wie vielfältig Gesundheitskommunikation sein kann,
zeigen die diesjährigen Preisträger. Verständigungsbrücken zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen bauen zwei Projekte aus dem Bereich Kunst
und Kultur. Die Kommunikationsmedien der Wahl sind
eine Zeitschrift von und für Menschen mit Down-Syndrom bzw. das gemeinsame Musizieren von sehenden
und blinden Kindern. Sozialisationsbedingte Kommu29
KULTUR
nikationsbarrieren zwischen Patienten aus anderen
Kulturen und hiesigen Ärzten löst ein Projekt des
Virchow Klinikums an der Charité in Berlin. Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist auch Thema beim
Projekt „Kommunikations- und Interaktionstraining für
Medizinstudenten“ der Universität Heidelberg.
Näheres zu den Preisträgern und ihren Projekten
erfahren Sie bei der BLEIB GESUND STIFTUNG,
Presseabteilung Oskar-Kuhn-Preis, Siemensstraße 6,
61352 Bad Homburg v.d.H., Tel.: (0 61 72) 6 70 -133,
[email protected]; www.oskar-kuhn-preis.de
oder direkt bei www.ohrenkuss.de.
◆
Integrative Kulturwerkstatt
Alte Schule Lüdenscheid
Das erste integrative Kulturangebot der Alten Schule
reicht bis ins Frühjahr 2005 und umfasst Angebote wie
Malen, Bildhauerei, Strümpfestricken, Songschreiben,
Marionettenbau und -spiel, Shiatsu im Wasser, Geschichtenerzählen, Gruselfilmen und ...
Kontakt: Kulturwerkstatt Alte Schule, Altenaer Straße
207, 58513 Lüdenscheid, Tel.: (0 23 51) 66 11 52,
Fax: 66 11 63, [email protected]
◆
Ulrike Theilen
Mach Musik!
Rhythmische und musikalische Angebote für Menschen
mit schweren Behinderungen.
München: Ernst Reinhardt Verlag 2004, 181 Seiten,
24,90 Euro, ISBN 3-497-01699
Menschen mit schweren Behinderungen zu erreichen,
fällt nicht immer leicht.
Da ist es schon eine große Hilfe, wenn man auf ein
vermittelndes Element zurückgreifen kann, wie es die
Musik in einzigartiger Weise ist.
Ausgehend von den Grundlagen eines kommunikativen Miteinander erläutert die Sonderschullehrerin,
Fortbildungsreferentin und Ausbildungsleiterin Ulrike
Theilen pädagogische Leitlinien für rhythmische und
musikalische Angebote, wie sie im Zusammenspiel von
Menschen mit schweren Behinderungen und ihren
Eltern, Betreuer(inne)n, Therapeut(inn)en und Erzieher(inne)n möglich sind. Hierbei legt sie Wert auf
das dialogische Zusammenspiel mit einem kleinschrittigen und entwicklungsbezogenen Vorgehen.
Ulrike Theilen zeigt, wie Musik als „gemeinsames Drittes“ den Weg zu einem flexibleren Miteinander
zwischen Schüler und Lehrkraft ebnen kann. Zudem
könne Musik auch helfen, das Wahrnehmen der ande30
ren Schüler(innen) zu stärken und das Interagieren zu
fördern.
In den großen Blöcken „Sich-Bewegen“, „Hören“, „Tönen“ sowie „Grunderfahrungen“ und „Lieder“ erläutert Ulrike Theilen ihre musikpädagogischen Grundaussagen mit praxisnahen Beispielen.
Zu jedem Kapitel gibt sie zuerst Hinweise für die Lehrkraft zum adäquaten Einsatz der Angebote. Dabei spielen die Vorraussetzungen bei den Schüler(inne)n, aber
auch bei den Lehrer(inne)n eine gewichtige Rolle. Des
Weiteren gibt die Autorin Detailinformationen zum
reflexiven Handeln der Lehrkraft und zur Physiologie
unter Berücksichtigung der Schwere einer Behinderung
bzw. der noch vorhandenen Möglichkeiten des Bewegungseinsatzes.
Es wird nachspürbar, wie sehr es darum geht, in kleinen Schritten kontinuierlich den Wahrnehmungs- und
Bewegungskreis der Menschen mit schweren Behinderungen zu erweitern und dabei die Basis authentischer Kommunikation zu wahren.
Die Autorin stellt die musikalischen Angebote den Erfahrungen und Tätigkeiten der Schülerinnen und Schüler gegenüber und macht so nachvollziehbar, welche
Wirkungen mit welchen Angeboten zu erreichen sind.
Die aufgeführten Lieder können mit einer musikalischen Grundausbildung der Lehrkraft leicht umgesetzt
werden. Hierbei wird es möglich, Angebote zu ritualisieren und damit eine Sicherheit vermittelnde Atmosphäre zu schaffen, sodass wiederum die Musik leicht
zugänglich wird.
Der wachsenden Tendenz, Bücher mit CD-ROM
zu versehen, ist der Verlag nicht nachgekommen. Es
wäre aber an manchen Stellen – insbesondere bei der
Darstellung des Einsatzes von Liedern und Bewegungselementen – hilfreich gewesen. Mit kleinen Filmsegmenten aus der Praxis wären so einige Umsetzungsvorschläge nachvollziehbarer.
Ein Glossar erläutert die wichtigen Grundbegriffe, und
das fundierte Literaturverzeichnis gibt weiterführende
Hinweise zum kreativen Einsatz von Musik bei und
mit schwerbehinderten Menschen. Wer sich darüber hinaus noch musik- oder tanzpädagogisch fortbilden oder
aber gut brauchbare Instrumente einsetzen möchte, der
wird in der Adressenübersicht schnell fündig werden.
Insgesamt ein Buch, welches einen basalen Ansatz vertritt und Wege aufzeigt, Musik auch denjenigen zugänglich zu machen, welche in Wahrnehmung und Ausdruck
Einschränkungen unterworfen sind.
Detlef Rüsch, Freising ◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
KULTUR
Viel Spaß mit der Veeh-Harfe
In den Bamberger Lebenshilfe- Werkstätten wird seit einigen Jahren eines
der am leichtesten zu spielenden Instrumente überhaupt hergestellt: die
Veeh-Harfe. Sie wurde speziell für geistig behinderte Menschen entwickelt.
Die Idee dazu hatte der Landwirt Hermann Veeh, der auf der Suche nach
einem Musikinstrument für seinen
Sohn Andreas war, der mit dem
Down-Syndrom auf die Welt kam.
Der größte Vorteil der Veeh-Harfe ist
wohl ihre äußerst einfache Handhabung. Man spielt nach einem Blatt, auf
dem Reihen von Punkten aufgezeichnet sind. Dieses Blatt wird unter die
Saiten der Veeh-Harfe gespannt. Nun
zupft man an den mit den Punkten
markierten Stellen und schon erklingt
das Lied. Auf jedem Blatt gibt es sowohl eine leichte als auch eine schwerere Version des Liedes.
Veeh-Harfen werden aus den im
Instrumentenbau üblichen Tonhölzern
in geschwungener Pyramidalform hergestellt. Mit Liebe zum Detail entstehen so kostbare Einzelstücke mit einem hervorragenden Klang, der an
eine Harfe erinnert. Sie passt zu jedem
festlichen Anlass wie z. B. zu Weihnachten. Und falls die Veeh-Harfe gerade einmal nicht verwendet wird, gibt
sie auch ein wunderschönes Dekorationsstück ab.
da man für sie keine musikalischen
Vorkenntnisse benötigt. Nach Meinung der „nichtbehinderten“ Spieler
macht es trotzdem Spaß und ist sehr
leicht zu erlernen. Die Veeh-Harfe eignet sich auch als Geschenk für die ganze Familie.
„Meine ganze Familie hatte in den letzten Jahren viel Spaß, und wir bereuen
es nicht, dass wir uns eine Veeh-Harfe
zugelegt haben“, sagt Christopher Müller, Schüler der Klasse 9d des FranzLudwig-Gymnasiums in Bamberg. An
diesem Gymnasium finden regelmäßig
gemeinsame Konzerte von Schülern
und behinderten Mitarbeitern der
Bamberger Lebenshilfe-Werkstätten
statt, in denen Menschen mit Behinderung mit Hilfe von eigens dafür erstellten Arrangements mit der VeehHarfe einfach mitspielen können.
Eine 25-saitige Veeh-Harfe, komplett
in Handarbeit erstellt, kostet 388 Euro.
Nähere Informationen zur Veeh-Harfe:
Bamberger Lebenshilfe Werkstätten
gGmbH, Moosstraße 75,
96050 Bamberg,
Tel: (09 51) 18 97-2 52.
(verfasst von der Klasse 9d des FranzLudwig-Gymnasiums Bamberg)
Weitere Informationen über das
Kooperationsprojekt unter: http://
Die Veeh-Harfe ist auch sehr gut für homepage.bnv-bamberg.de/flg-blwnichtbehinderte Menschen geeignet, partnerschaft/index.htm
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
31
Die Spieleschachtel
So wird bewertet:
besser nicht:
wenig gelungen:
ganz ordentlich:
sehr schön:
hervorragend:
L
KK
JJJ
JJJJ
JJJJJ
1 Stein + Co.
oder – Variationen eines Steins
40 hölzerne Spielsteine in einer einzigen Form – und
drei verschiedene Arten, sie abwechselnd anzulegen,
das Ganze auf einem kleinen Holzbrett mit diagonalem Rautenaufdruck. Mehr braucht ein gutes Spiel nicht.
Bei 1 Stein + Co. bauen alle Spielenden zwar gemeinsam ein (mehr oder weniger) zusammenhängendes
Bauwerk, doch kommt es entscheidend darauf an,
Punkte zu sammeln – und zwar für bestmöglich platzierte Steine.
Die Spieler verbauen abwechselnd je einen Holzstein
entweder hochkant, längs oder flach, sodass jeweils
unterschiedlich viele Felder belegt werden.
Wird dabei ein Feld von Steinen (oder dem Spielfeldrand) umschlossen, sodass kein Stein mehr (wie auch
immer) hineinpasst, werden Punkte (pro umschlossene Felder) verteilt.
Im Spielverlauf werden dabei die Räume immer enger
– und das Spiel immer kniffliger. Mit der Zeit entsteht
eine sehr ansprechende Spiellandschaft.
1 Stein + Co. ist ein ausgesprochen schnell zu erlernendes, aber trotzdem sehr anspruchsvolles Denk-Spiel
für vorausplanende Menschen in exzellenter Materialqualität.
Gerade auch durch seine gelungene Variante als Paaroder Team-Spiel (bei dem die Punkte jeweils auch an
den vorherspielenden Partner gehen) von hohem
Wiederspielwert.
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
J
• Preis-Leistungs-Verhältnis
J
J
J
J
J
J
J
Gesamtbewertung:
J
J
J
J
J
• Regelwerk
• Materialqualität, Gestaltung
• Verlauf, Einsatzbreite
• Zusammenspiel Verpackung, Geschichte, Material, Spielverlauf
• Wiederspielwert
• Umwelt-, Sicherheitsaspekte
J
J
J
1 Stein + Co.
Hersteller:
Holzinsel (2003/2004)
Spieler:
2–4
Spieldauer:
ca. 20 Minuten
Preis:
ca. 25,00 Euro
zu kaufen:
in einigen Spielwarenläden,
bzw. im Internet z. B.
unter www.spielenet.de
oder www.playme.de
oder direkt vom Verlag Holzinsel,
Ringstr. 17, 56290 Sevenich
(siehe auch www.holzinsel.de )
32
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
DIE SPIELESCHACHTEL
O Zoo le Mio
oder – so eine Zucht
Alles ist im Wandel, auf nichts ist mehr Verlass.
Diese Erkenntnis zeigt sich mittlerweile selbst in den
zoologischen Gärten. Nur die größten Attraktionen
locken die Besuchermassen in Scharen.
Als Zoodirektoren versuchen alle Spieler, die meisten
Besucher in den eigenen Zoo zu locken. Erfolg hat dabei
nur, wer die größten Attraktionen bietet. Nicht nur ein
geräumiges Gehege für die verschiedenen Tierarten ist
gefragt, sondern auch freundlich angelegte Rundwege
mit Parkbänken und vielen Sträuchern bzw. Bäumen.
Alles ist zu bedenken, im Blick zu behalten, nichts darf
außer Acht gelassen werden.
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• Preis-Leistungs-Verhältnis
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Gesamtbewertung:
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• Regelwerk
• Materialqualität, Gestaltung
• Verlauf, Einsatzbreite
• Zusammenspiel Verpackung, Geschichte, Material, Spielverlauf
• Wiederspielwert
• Umwelt-, Sicherheitsaspekte
O Zoo le Mio
Hersteller:
Zoch Verlag (2004), vormals unter
dem Titel „Zoo Sim“ im CwaliEigenverlag erschienen
Spieler:
2-4
Spieldauer:
ca. 45 – 60 Minuten
Preis:
ca. 18,00 Euro
zu kaufen:
in den meisten Spielefachgeschäften, bzw. im Internet z. B.
unter www.spielenet.de
oder www.playme.de
Was tut man nicht alles für die Tiere!
Alle gewünschten Kriterien sind auf den 25 Plättchen
zu sehen, die der Reihe nach im eigenen Zoo angelegt
werden. Einer der Wege soll dabei immer weitergeführt
werden. Die Plättchen werden pro Runde versteigert
und aus dem eigenen Münzenvorrat bezahlt.
Wenn jetzt die Besucher in den Park kommen, werden
Punkte verteilt, z. B. für zusammenhängende Gehege
gleicher Tierarten oder für geschlossene Rundwege oder
Pflanzflächen. Die Figuren erhält dabei immer der mit
den meisten bzw. größten Flächen. Pro Runde werden
auch gleich die Wertungspunkte vergeben und auf dem
beigelegten Handzettel notiert (der Multiplikator wächst
dabei von Runde zu Runde). Wer zum Schluss dann
noch die meisten Punkte hat, gewinnt.
Sehr schön und lustig!
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Ein einfaches Regelwerk, kombiniert mit sehr intensiver Aktion und eingebettet in eine zauberhafte Geschichte – ein wunderbares, spannendes und überaus
heiteres Spiel für gesellige Runden. Durch seinen hohen Wiederspielwert und die gelungene Gestaltung
unbedingt zu empfehlen!
Michael Brandl
Heilpädagoge und Spielpädagoge, Wohnstättenleiter,
Albrecht-Dürer-Str. 27, 89231 Neu-Ulm
[email protected]
◆
33
Veranstaltungen
Angebote der Bundesvereinigung Lebenshilfe
Hinweis
Für die Veranstaltungen der Bundesvereinigung Lebenshilfe
können Sie ausführliche Informationen und Anmeldeunterlagen anfordern bei:
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger
Behinderung e. V.
Institut inForm
Raiffeisenstraße 18, 35043 Marburg
Fax: (0 64 21) 4 91-1 75
[email protected]
www.Lebenshilfe.de – hier finden Sie detaillierte Angaben
zu den Veranstaltungen.
Unter Angabe der jeweiligen Nummer der Veranstaltung
können Sie sich auch direkt anmelden.
Veranstaltungsort ist – sofern nicht anders angegeben – das
Institut inForm der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Marburg.
Fachtagung
Architektur und Gestaltung von Lebensumfeldern in
Wohneinrichtungen
Sind Träume von einem individuellen Wohnen in
finanziell harten Zeiten noch realistisch?
Zielgruppe: Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer(innen),
Wohnbereichsleiter(innen)
Leitung: Klaus Kräling. N.N.
Termin: 18.–20.10.2004
Teilnahmebeitrag: 290,– Euro inkl. Teilverpflegung
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04303
Ausbildung
Qualitätsbeauftragte/r Rehabilitation
Ausbildung in Lizenz der Deutschen Gesellschaft für
Qualität (DGQ), Frankfurt
Die Ausbildung wird berufsbegleitend durchgeführt.
Zielgruppe: Führungskräfte aus Einrichtungen und Diensten der sozialen und beruflichen Rehabilitation, die in ihrer
Einrichtung das Thema Qualitätsmanagement aktiv besetzen
wollen bzw. für das QM-System verantwortlich zeichnen
Leitung: Wolfgang Klammer (Marburg)
Termine: 1. Teil: 21.–23.10.2004, 2. Teil: 2.–4.12.2004,
sechsteilig; weitere Teile in 2005
Ort: Grünberg (Seminarhotel Jacobsberg)
Teilnahmebeitrag: 1.640,– Euro insgesamt (zzgl. Übernachtung, Verpflegung, Prüfungsgebühr)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04811
Tagung
Kreativität, Selbstbild und
Persönlichkeitsentwicklung
Die Empfehlung der BVLH „Kunst und Kreativität“ in
der Praxis
Zielgruppe: Alle Kunstinteressierten, die in der Begleitung
geistig behinderter Menschen tätig sind
Leitung: Saskia Schuppener (Gießen), Regina Humbert
(Bundeszentrale)
34
Termin: 1.–2.11.04
Teilnahmebeitrag: 180,– Euro (Teilverpflegung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04372
Lehrgang
Frühförderung Innovativ
Dialoge als Gestaltungsprinzip der Zusammenarbeit mit
Kindern und Familien
Zielgruppen: Der Lehrgang richtet sich an alle Berufsgruppen,
die in der Frühberatung oder der Frühförderung tätig sind
Leitung: Regina Klaes, Bewegungspädagogin und systemische
Familientherapeutin (Tübingen), Jana Kohlmetz (Bundeszentrale)
Dauer: 9 Tage (dreimal 3 Tage)
Termin: 1. Einheit 1.–3.11.2004, 2. Einheit 9.–11.02.2005,
3. Einheit 20.–22.4.2005
Teilnahmebeitrag: 230,– Euro pro Einheit (inkl. Übernachtung und Teilverpflegung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04101
Seminar
Wie lassen sich organisatorische und pädagogische
Prozesse messen?
Kennzahlen für Geschäftsprozesse und kundenorientierte Dienstleistungsprozesse
Zielgruppe: Qualitätsbeauftragte aus Einrichtungen und
Diensten, Führungskräfte
Seminarleitung: Johannes Schilp (Eitorf),
Wolfgang Klammer (Marburg),
Termin: 3.11.04–5.11.04
Veranstaltungsort: Seminarhotel Jacobsberg, Grünberg
Teilnahmebeitrag: 350,– Euro inkl. Teilverpflegung (ohne
Übernachtung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04814
Wiederholungsveranstaltung aufgrund hoher Nachfrage
Nach den ersten Jahren
Informationen für Eltern von Kindern mit
Down-Syndrom im Kindergarten- und Schulalter
Leitung: Prof. Dr. Etta Wilken (Hannover), Rolf Flathmann
(LH-Bundeselternrat), Wilfried Wagner-Stolp (Bundeszentrale)
Termin: 4.–6.11.2004
Teilnahmebeitrag: 140,– Euro je Elternteil; 115,– Euro für
Alleinerziehende und zweite Elternteile; 1 Kind frei, ab 2.
Kind 23,– Euro (inkl. zwei Übernachtungen, ein Abendessen und ein Mittagessen)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04503
Seminar
Aufbau und Führung von Sportgruppen in und
außerhalb der Lebenshilfe
Eine Organisationsberatung
Zielgruppe: Eltern, Angehörige, Fachpersonal, ehrenamtliche Mitarbeiter(innen) sowie Vereins- und Verbandsfunktionäre, Leiter(innen) von Einrichtungen
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
VERANSTALTUNGEN
Leitung: Ulrich Niehoff (Bundeszentrale), N.N.
Termin: 8.–9.11.2004
Teilnahmebeitrag: 210,– Euro, LH-Vorzugspreis 168,– Euro
(Vollverpflegung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04351
Workshop
Bildnerisches Gestalten für sehr schwer behinderte
Menschen
Theoretische Grundlegung und Anleitungen für die
Praxis
Zielgruppe: Alle Kunstinteressierten, die in der Begleitung
geistig schwer behinderter Menschen tätig sind
Leitung: Sabine Feldwieser, Willi Kemper (Bielefeld)
Termin: 15.–16.11.2004
Teilnahmebeitrag: 220,– Euro, LH-Vorzugspreis 176,– Euro
(Teilverpflegung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04373
Seminar
Ich bestimme mich, du bestimmst dich, wir
bestimmen uns
Interessenvertretung von Frauen mit Behinderung in
Einrichtungen
Zielgruppe: Frauen mit (geistiger) Behinderung
Leitung: Martina Puschke (Kassel), Christine Karches
(Bundeszentrale)
Termin: 15.–18.11.2004
Teilnahmebeitrag: 120,– Euro (Vollpension)
Anmeldung bitte bis 30.09.2004 unter der Nummer 04471
Seminarreihe
Berufliche Bildung in der Werkstatt für behinderte
Menschen
Neue Entwicklungen und Konzepte in Einrichtungen
der sozialen und beruflichen Rehabilitation
Zielgruppe: Soziale Dienste, Begleitende Dienste,
Fortbildungsbeauftragte der Einrichtung, Leitungskräfte
und Fachkräfte für Arbeits- und Berufsförderung aus dem
Berufsbildungsbereich und dem Arbeitsbereich
Leitung: Wolfgang Klammer (Marburg) in Kooperation mit
Gerhard Heß (Bundeszentrale)
Dauer: 9 Tage (3 Einheiten zu je 3 Tagen)
Termine: 15.–17.11.2004; 17.–19.01.2005; 14.–16.03.2005
Teilnahmebeitrag: 355,– Euro je Baustein (Teilverpflegung)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04191
Seminar
Aufsichtspflicht und Haftung für
Trägerverantwortliche
Zielgruppe: Leiter(innen) von Einrichtungen,
Entscheidungsträger(innen) in Einrichtungen, Vereinsvorstände als Arbeitgeber
Leitung: Michael Goetz (Stadtallendorf)
Termin: 19.–20.11.2004
Teilnahmebeitrag: 220,– Euro, LH-Vorzugspreis 176,– Euro
(inkl. Mittagessen)
Anmeldung bitte umgehend unter der Nummer 04602
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Seminar
Vom Berichtswesen des operativen Controllings zur
Balanced Scorecard
Ein integriertes Praxiskonzept zur Steuerung sozialer
Organisationen
Zielgruppe: Geschäftsleitungen und Einrichtungsleitungen
aus mittleren und größeren sozialen Organisationen
Leitung: Thomas Eisenreich (Bochum), Christine Karches
(Bundeszentrale)
Termin: 6.–7.12.2004
Teilnahmebeitrag: 470,– Euro (Teilverpflegung)
Anmeldung bitte bis 15.10.2004 unter der Nummer 04873
Lehrgang
Weiterbildung zur Fachpädagogin/
zum Fachpädagogen für Erwachsenenbildung von
Menschen mit geistiger Behinderung
Zielgruppe: Mit geistig behinderten Menschen Erfahrene,
vorzugsweise im Bereich der Erwachsenenbildung oder der
beruflichen Bildung
Leitung: Ina Böhmer, Landesverband Rheinland-Pfalz der
Lebenshilfe, Gerhard Heß, Bundesvereinigung Lebenshilfe
Beginn: 13.12.2004, Dauer: 6 Wochen (berufsbegleitend),
Ende: Mitte 2006 in Speyer, z. T. Marburg
Bitte fordern Sie die detaillierte Ausschreibung und die
Bewerbungsunterlagen an unter der Nummer 04492
Gemeinsame Veranstaltung des LV Rheinland-Pfalz und
der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Kooperation mit der
AG der Fortbildungsträger in der Lebenshilfe.
Seminar
Arbeitsrecht für Führungskräfte
Grundlagen und Tipps für die Praxis in Einrichtungen
und Diensten
Zielgruppe: Leiter(innen) von Einrichtungen und Diensten,
Geschäftsführungen, Vorstände
Leitung: Dieter Unseld (Marburg)
Termin: 13.–14.12.2004
Teilnahmebeitrag: 405,– Euro (Teilverpflegung).
Anmeldung bitte bis 15.10.2004 unter der Nummer 04807 ◆
Angebote anderer Träger
Fortbildungsprogramm zum Thema Autismus
Die AUTEA gGmbH, Gemeinnütziges Institut für Autismus, Beratung und Fortbildung nach dem TEACCHModell, bietet in der zweiten Jahreshälfte noch Seminare u. a. zu den Themen Autismus und geistige
Behinderung, Förderdiagnostik, Förderplanung, Kommunikationsförderung, Umgang mit Problemverhalten.
AUTEA gGmbH, Uechtingstr. 89a,
45881 Gelsenkirchen, Tel.: (02 09) 70 04-6 79,
Fax: 70 04-5 83, [email protected], www.autea.de ◆
15.–17. September 2004, A-Wels
integra
Fachmesse Integration Rehabilitation
Integra, Hueb 10, A-4674 Altenhof, Tel.: +43 (0 77 35)
66 31 61, Fax: 66 31 333, [email protected]
◆
35
VERANSTALTUNGEN
16.–18. September 2004, Bonn
Geschlechtergerechte Psychotherapie und Psychiatrie
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“.
10. Rheinische Allgemeine Psychotherapietage.
Rheinische Kliniken, Bonn, Kaiser-Karl-Ring 20,
53111 Bonn, Tel.: (02 28) 5 51 25 87, Fax: 5 51 26 73,
◆
ww.psychoforum.de
25. September 2004, Nürnberg
Aktuelle Aspekte der enteralen Ernährungstherapie
im Kindes- und Jugendalter
Interdisziplinäres Symposium
Kongress-Organisation, c/o Pfrimmer Nutricia GmbH,
Am Weichselgarten 23, 91058 Erlangen,
Tel.: (0 91 31) 77 82-6 21/-1 57, Fax: 77 82-8 44,
www.pfrimmer-nutricia.de/unternehmen/presse
◆
1. Oktober 2004, Gallneukirchen/Oberösterreich
Beschäftigungs- und Arbeitsvielfalt für Menschen mit
Behinderung
32. Martinstift-Symposion
Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen,
Mag. Andrea Klösch, Tel.: (00 49 <0>72 35)
6 32 51-1 25, [email protected]
◆
8. und 9. Oktober 2004, Ingolstadt und Bonn
22. und 23. Oktober 2004, Klein-Wachau bei Dresden
5. und 6. November 2004, Travemünde-Brodten
Fortbildungsveranstaltungen der Elternhilfe für
Kinder mit Rett-Syndrom in Deutschland e. V.
Elternhilfe Rett-Syndrom, Wörsdorferstr. 3,
65510 Hünstetten, Bärbel Ziegeldorf,
Tel.: (0 61 26) 50 03 06, Fax: 50 03 07,
[email protected], www.rett.de
◆
3.–4. November 2004, Rückersdorf
Gespürte Interaktion im Alltag mit
mehrfachbehinderten Kindern
Affolter-Seminar
Blindeninstitutsstiftung Schule am Dachsberg,
Dachsbergweg 1, 90607 Rückersdorf,
Tel.: (09 11) 95 77-1 10, Fax: 1 11,
[email protected], www.blindeninstitut.de
◆
5.–6. November 2004, Halle
Leben in der „Normalität“ – ein Risiko?
Fachtagung
Landesverband Lebenshilfe Sachsen-Anhalt e.V.,
Ackerstr. 23, 39112 Magdeburg,
Tel.: (03 91) 6 23 03 11, Fax: 6 23 03 12
◆
5. – 7. November 2004, Uder (bei Göttingen)
„Handicap im Doppelpack“ – Alltagsbewältigung von
behinderten Eltern mit behindertern Kindern
Elterntagung mit Kinderbetreuung
36
Bundesverband behinderter und chronisch kranker
Eltern – bbe e.V. – indokus, Kerstin Blochberger,
Am Mittelfelde 80, 30519 Hannover,
Tel.: (05 11) 6 96 32 56, Fax: 2 71 62 15,
[email protected]
◆
8.–9. November 2004, Bonn
Chancen für Menschen mit Behinderung in der
Krise des Sozialstaats?
Sozialpolitische Tagung der Deutschen Heilpädagogischen Gesellschaft e. V. (DHG).
DHG-Fachtagung 2004
CJD Bonn, Graurheindorfer Str. 149, 53117 Bonn,
Tel.: (02 28) 98 96-1 20, Fax: 98 96-1 11,
[email protected] (Stichwort DHG)
◆
12. – 14. November, Niederkleevez (S.-H.) –
Schnuppermöglichkeit
Februar 2005 bis Januar 2006
Aggressionsberatung – Vom Kampf zum Frieden
Weiterbildung zur Aggressionsberaterin/
zum Aggressionsberater
Osterberg-Institut der Karl-Küberl-Stiftung,
Am Hang, 24306 Niederkleevez,
Tel.: (0 45 23) 99 29 - 0, Fax: 99 29 50,
[email protected], www.osterberginstitut.de ◆
19. – 20. November 2004, Osnabrück
Krise ist immer auch Bewegung – Autismus im
Brennpunkt
Fachtagung
Bundesverband Hilfe für das autistische Kind,
Bebelallee 141, 22297 Hamburg,
Tel.: (0 40) 5 11 56 04, Fax: 5 11 08 13,
[email protected], www.autismus.de ◆
November 2004 und Januar 2005, Dortmund
Bildung und Qualifizierung in Motopädie
Kurse, Seminare, Tagungen, Workshops
Der Verein der Förderer gymnastischer und motopädischer Arbeit e. V. hat Anfang 2004 eine neue
Fortbildungsabteilung gegründet. Die Fortbildungsangebote umfassen Kurse, Seminar, Tagungen und Workshops. Sie beinhalten spezielle Qualifizierungsangebote
für Motopädinnen und Motopäden in unterschiedlichen
Arbeitsfeldern, auch als berufsbegleitende Angebote.
Als nächste Kurse beginnen z. B.: Trampolinkurse im
Januar 2005 oder ein Kurs der psychomotorischen
Bewegungserziehung im November 2004.
Verein der Förderer gymnastischer und
motopädischer Arbeit e.V.,
Victor-Toyka-Str. 6, 44139 Dortmund,
Tel.: (02 31) 1 06 44 52, Fax: 1 06 44 51,
fortbildung@motopädieschule.de,
www.motopädieschule.de
◆
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN & MEDIEN
November 2004 – Herbst 2006
Leben und Lernen
Weiterbildung zur Fachpädagogin/zum
Fachpädagogen für Erwachsenenbildung und Freizeitgestaltung für Menschen mit geistiger Behinderung
Die Gesellschaft Erwachsenenbildung und Behinderung
e. V. Deutschland bietet eine Fortbildungs-Reihe
für Interessierte an, die in der Erwachsenenbildung
mit Menschen mit und ohne Behinderungen arbeiten
möchten.
Vor 14 Jahren wurde die Fortbildungs-Reihe ins Leben
gerufen, als sich Erwachsenenbildung auch für Menschen mit geistiger Behinderung entwickelte und offensichtlich wurde, dass Kursleiter(innen) aus der
allgemeinen Erwachsenenbildung nicht mit dieser Zielgruppe zurecht kamen oder Berührungsängste hatten.
Die Fortbildungs-Reihe besteht aus 5 Seminarblöcken,
davon 4 à 5 Tage (von Montag bis Freitag), der 5. Block,
das Kolloquium, dauert 3 Tage. Diese berufsbegleitende Fortbildungs-Reihe erstreckt sich über 2 Jahre.
Sie beginnt im November 2004 und endet im Herbst
2006.
Heike Bücheler, Ringstr. 6, 77966 Kappel-Grafenhausen, Tel.: (0 78 22) 86 71 75, Fax: 86 71 76,
[email protected]
◆
Januar 2005, Dortmund
Sexualität und Behinderung
Zusatzausbildung – berufsbegleitende Weiterbildung zur
Sexualpädagogin/zum Sexualpädagogen (Institut für Sexualpädagogik in Kooperation mit der Ev. Fachhochschule Freiburg und der Bundesvereinigung Lebenshilfe)
Verein zur Förderung von Sexualpädagogik e.V. – Institut für Sexualpädagogik (isp), Huckarder Str. 12, 44147
Dortmund, Tel.: (02 31) 14 44 22,
Fax: 16 11 10, [email protected], isp-dortmund.de
◆
Januar 2005 – Mai 2006, Frankfurt
Biografiearbeit – ein Ansatz in der psychosozialen Arbeit
Berufsbegleitendes Studium
Fachhochschule Frankfurt am Main, University of Applied
Sciences, Abt. Weiterbildung, Nibelungenplatz 1,
Tel.: (0 69) 15 33-26 86, Fax: -26 83, [email protected], www.fh-frankfurt.de
◆
20.–23. April 2005, Schweinfurt
Lebenswelten erfahren, schaffen und ausdrücken
Internationale Fachtagung
Offene Behindertenarbeit der Diakonie, Gymnasiumstr.
16, 97421 Schweinfurt, Tel.: (0 97 21) 20 87-1 66,
Fax: -1 20, [email protected], www.obasw.de
◆
Publikationen & Medien
Fachzeitschrift
„Geistige Behinderung“ 3/2004
Kurzfassungen der Fachbeiträge
Andrea Platte
Grenzen überwindende Weiterbildung: European
Masters in Inclusive Education. EUMIE steht für
European Master in Inclusive Education und bezeichnet ein Masterstudien-Programm, welches derzeit in
Kooperation von neun Hochschulen aus sieben europäischen Ländern konzipiert wird. Ziel des Studiengangs ist die Ausbildung von Multiplikator(inn)en für
Inklusive Bildung. Angesprochen sind nicht nur
Pädagog(inn)en, sondern alle Berufsgruppen, die in
unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der Behindertenhilfe arbeiten und die gesellschaftliche Integration und
Inklusion unterstützten können. Als „Grenzen überwindende Weiterbildung“ fühlt sich EUMIE der Leitidee der Inklusion, so wie sie 1994 in Salamanca erklärt wurde, verpflichtet.
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Albrecht Rohrmann; Johannes Schädler
Individuelle Hilfen und örtliche Strukturen. Probleme und Perspektiven einer kommunalen Behindertenhilfeplanung. Das Benachteiligungsverbot des
Grundgesetzes sowie die Gleichstellungsgesetze des
Bundes und der Länder beinhalten für die Kommunen
einen doppelten Auftrag. Zum einen sind sie gehalten,
für Menschen mit Behinderungen ein im umfassenden
Sinne „barrierefreies“ Lebensumfeld zu schaffen und
zum anderen, ein bedarfsgerechtes Unterstützungsangebot sicherzustellen, das zeitgemäßen fachlichen Anforderungen entspricht. Die Umsetzung dieser politischen Aufgabe in einen konkreten Planungsauftrag
bereitet vielen Kommunen große Schwierigkeiten. Im
Unterschied zu anderen Bereichen sozialer Arbeit (z.B.
Jugendhilfe, Pflege) fehlt für den Bereich der Planung
der Hilfen und anderer Partizipationsvoraussetzungen
für Menschen mit Behinderungen eine klare gesetzliche Grundlage und auch eine theoretisch fundierte
Methodik. In diesem Beitrag werden zunächst die neuen
fachlichen und politischen Entwicklungen in der Behin-
37
PUBLIKATIONEN & MEDIEN
dertenhilfe vorgestellt. Es werden der Auftrag und die
Notwendigkeit begründet, dass Kommunen im Bereich
der Behindertenhilfeplanung tätig werden und systematisch versuchen, den sozialpolitisch definierten Vorrang
Offener Hilfen zu realisieren. Es werden Überlegungen
zu einer systematischen Vorgehensweise für Behindertenhilfeplanungen präsentiert. Dabei wird die Individuelle
Hilfeplanung als Korrektiv auch für die örtliche Angebotsplanung herausgestellt, und es werden Vorschläge zur
Umsetzung des Planungsauftrags gemacht.
Willem Kleine Schaars, Peter Petereit
Menschen mit einer geistigen Behinderung haben das
Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Die in den Niederlanden entwickelte Methode „Anleitung zur Selbstständigkeit“. In den Niederlanden wurde eine Methodik entwickelt und erprobt, nach der es Mitarbeiter(inne)n
in Einrichtungen durch eine formale Auf- gabenverteilung
nahe liegt, die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung
ihrer Klienten zu fördern: Ein Alltagsbegleiter begleitet die alltagspraktischen Notwendigkeiten, ein Prozessbegleiter übernimmt die Aufgabe, Lebensvorstellungen,
Wünsche und Emotionen des behinderten Menschen
zu verstehen, sodass individuell stimmige Entscheidungen für alle Fragen des Lebens getroffen werden können. Nicht die Einrichtungen bestimmen demnach das
Leben ihrer Nutzer(innen) nach einem Regelwerk, sondern entwickeln sich in Kommunikation mit ihnen.
Gabriele Griehl
Schönheit und Attraktivität im Leben von Frauen mit
geistiger Behinderung. Eine Anregung für die frauenorientierte heilpädagogische Erwachsenenbildung.
Der Artikel beschäftigt sich mit einer bisher nahezu
unbeachteten Thematik: Der Bedeutung von Schönheit
und körperlicher Attraktivität für Frauen mit geistiger
Behinderung. Dies geschieht aus frauenorientierter
Sichtweise. Die Autorin untersucht zuerst die gesellschaftlichen Faktoren und Umfeldbedingungen, unter
denen sich das Leben und die Sozialisation von Frauen mit geistiger Behinderung vollziehen. Wie sich herausstellte, sind diese äußerst widersprüchlich und restriktiv. Eine anschließende Befragung von vier Frauen
mit geistiger Behinderung ermöglicht einen kleinen
Einblick in ihre Sicht- und Handlungsweisen und kann
als Basis für eine frauenorientierte heilpädagogische Erwachsenenbildung dienen.
Olaf Beer
Suchtmittelgebrauch bei Menschen mit so genannter
geistiger Behinderung. In diesem Beitrag wird anhand
einer Auswertung amerikanischer, australischer und
deutschsprachiger Literatur untersucht, inwieweit
Suchtmittelgebrauch bei Menschen mit sog. geistiger
Behinderung eine Rolle spielt, bzw. in Zukunft spielen
könnte. Der Reihe nach wird analysiert, wie verbreitet
38
Suchtmittelgebrauch in dieser Zielgruppe ist, welche
Faktoren diese Personengruppe möglicherweise
besonders anfällig für den Gebrauch von Suchtmitteln
machen und welche Folgeprobleme in Verbindung mit
dem Konsum auftreten. Im Anschluss daran werden
die bisherigen Erfahrungen in Bezug auf Interventionen für Menschen mit sog. geistiger Behinderung und
einer Suchtproblematik erörtert sowie Möglichkeiten
der Prävention.
Mathias Westecker
Wir wollen im Arbeitsleben mehr als nur dabei sein!
Vom Recht auf Arbeit in Tages(förder)stätten für
Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen. Der Autor beschreibt den Arbeitsalltag der
schwer und mehrfach behinderten Mitarbeiter(innen)
in Tagesstätten, auch Tagesförderstätten genannt, und
die Erfahrungen nach einer Konzeptumstellung mit
Einführung von Arbeitsangeboten für den Personenkreis. Die flächendeckende Einführung von Arbeitsangeboten neben den Maßnahmen der Grundversorgung
und zusätzlichen individuellen Angeboten in der
arbeitsfreien Zeit haben Akzeptanz und Zufriedenheit
der behinderten Mitarbeiter erreicht. Der Begriff der
Arbeit wird diskutiert sowie die rechtliche Stellung der
Tagesförderstätten kritisch beleuchtet. Kooperationsformen mit Werkstätten werden beschrieben sowie
Defizite in der beruflichen Bildung für behinderte
Mitarbeiter(innen) mit schweren und mehrfachen Behinderungen aufgezeigt. Der Autor fordert eine rechtliche Gleichstellung der Tagesförderstätten und ihrer
behinderten Mitarbeiter mit Werkstätten für behinderte Menschen sowie die trägerübergreifende Diskussion
der fachlichen Standards in Tagesförderstätten.
◆
… aus dem Lebenshilfe-Verlag
Marburg
Die Publikationen des Lebenshilfe-Verlag Marburg
können Sie über folgende Anschrift bestellen:
Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit
geistiger Behinderung e.V., Vertrieb,
Raiffeisenstraße 18, 35043 Marburg,
Tel.: (0 64 21) 4 91-1 16; Fax: (0 64 21) 4 91-6 16,
E-Mail: [email protected],
Internet: www.lebenshilfe.de
Neuerscheinungen
„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran
zieht“
Therapiemethoden und Förderansätze für Menschen
mit Behinderungen
Orientierung und Überblick für Eltern und
Mitarbeiter(innen)
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
PUBLIKATIONEN & MEDIEN
1. Auflage 2004, DIN A4, broschiert, 176 Seiten
Bestellnummer LRE 014
13,– Euro [D]; 21.– sFr.
Das umfangreiche Angebot an sowie die hohe Nachfrage nach Therapie und Förderung verunsichern nicht
nur Eltern, sondern auch
viele Fachleute. Das Wort
vom „Therapiedschungel“
macht die Runde.
Im Sinne des obigen Zitats
beschreiben die Grundsatzartikel den Zustand
von „Therapie und Förderung im Kontext der Familie“. Hinzu kommen neue
Sichtweisen, Perspektiven
und vor allem Annäherungen an Qualitätskriterien
und Maßstäbe, auf die sich Eltern und Fachleute gemeinsam verständigen könnten.
Dazu kommt ein Überblick über Therapie- und
Fördermethoden, die „im Trend der Zeit“ liegen und
mit denen Eltern konfrontiert werden. Systematisiert
in den fünf Kapiteln Motorik, Sensorik, Kommunikation und Sprache, Psychotherapie und Weitere Methoden und Förderansätze sollen sie den „Therapiedschungel“ lichten und durch Grundinformationen die
jeweils eigene Positionsfindung anregen.
◆
Kurze Zeit woanders – und trotzdem zu Hause
vom Wochenende mit dem Familienunterstützenden
Dienst bis zur Kurzzeiteinrichtung
1. Auflage 2004, DIN A4, 16 Seiten,
Bestellnummer LEE 047
4,– Euro [D]; 8.– sFr.
Eine Empfehlung und Praxishilfe der Bundesvereinigung Lebenshilfe.
Kurzzeitangebote spielen bei
der Unterstützung von Familien eine entscheidende
Rolle. Sie besitzen eine
Scharnierfunktion zwischen
dem offenen (ambulanten),
dem teilstationären und dem
st ationären Bereich. Sie
zeichnen sich sowohl durch
einen Präventivcharakter als
auch dadurch aus, ggf. ein
Wohnen außerhalb des Elternhauses, losgelöst von der
Familie, anzubahnen. Kurzzeithilfen in den unterschiedlichsten Formen scheinen dann besonders effekFachdienst der Lebenshilfe 3/04
tive Hilfen zu sein, wenn enge Kontakte zu Kindergärten, Schulen, Tagesstätten usw. gestaltet werden.
◆
Christian Lindmeier
Biografiearbeit mit geistig behinderten Menschen
Ein Praxisbuch für Einzel- und Gruppenarbeit
1. Auflage 2004, DIN A5, 180 Seiten,
ISBN 3-7799-2055-7, im Buchhandel 16,50 Euro [D],
29.40 sFr.; Bestellnummer LFK 026
Sonderpreis für Lebenshilfe-Mitglieder: 13,20 Euro [D]
Die Biografiearbeit ermutigt Menschen, über das eigene Leben nachzudenken, sich zu erinnern und darüber
zu sprechen. Biografiearbeit ist in der Arbeit mit alten
Menschen ohne Behinderung schon seit längerem etabliert. In Bezug auf geistig behinderte Menschen wächst
das Interesse an Biografiearbeit in
dem Maße, in dem die persönliche
Sicht der Menschen selbst zum Ausgangspunkt ihrer Unterstützung
wird.
Das Buch zeigt, in welcher Form
Biografiearbeit mit geistig behinderten Menschen möglich und für die
Teilnehmer(innen) gewinnbringend
ist. Biografiearbeit kann sowohl in
Gruppen als auch in Einzelarbeit
durchgeführt werden. Sie kann im Rahmen der Alltagsbegleitung von Menschen mit Behinderung ebenso eingesetzt werden wie in Kursen der Erwachsenen- und
Altenbildung. Kernstück des Buchs ist die ausführliche
Darstellung biografischer Einzel- und Gruppenarbeit
zusammen mit einer umfangreichen Methodensammlung, die die Autoren gemeinsam mit geistig behinderten Menschen erprobt haben. Die Methodensammlung enthält bereits bekannte Methoden, die für
die Arbeit mit geistig behinderten Menschen modifiziert wurden, ebenso wie selbst entwickelte Methoden.
Kooperation mit dem Juventa Verlag Weinheim.
◆
Etta Wilken
Menschen mit Down-Syndrom in Familie, Schule und
Gesellschaft
Ein Ratgeber für Eltern und Fachleute
1. Auflage 2004, 17 x 24 cm, broschiert
ca. 250 Seiten, ca. 25 Abb.,
ISBN 3-88617-308-9, Bestellnummer LBS 308
18,– Euro [D]; 32.– sFr.
Mit Beiträgen von Werner Dittmann, Wolfgang Storm
und Sabine Wendt.
Informationen, Anregungen und Vorschläge zu allen
Lebensbereichen von Menschen mit Down-Syndrom
39
PUBLIKATIONEN & MEDIEN
für ihre Familien. Beginnend mit dem Baby-, über das
Kindergarten- und Schulalter, geht der Ratgeber auf die
besondere Situation Jugendlicher und junger Erwachsener ein und befasst sich auch mit dem Erwachsenenalter sowie dem Älterwerden.
Der aktuelle behindertenpädagogische Paradigmenwechsel „von der Betreuung zur Assistenz“ akzeptiert
und unterstützt Selbstbestimmung auch auf dem Gebiet der Sexualität. Doch in der Praxis sehen sich Mitarbeitende bzw. Pflegekräfte mit dem Wunsch eines
Menschen mit Behinderung, ihm – wie bei der regelmäßigen Körperpflege – auch beim Leben seiner Sexualität helfend beiseite zu stehen, häufig überfordert.
Denn „Sexualassistenz“ kann bedeuten: Vibratoren
oder Pornovideos zu beschaffen, Kontakte zu Prostituierten herstellen oder selbst Hilfestellung beim Geschlechtsverkehr oder bei der Masturbation zu leisten.
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Lebenshilfe Wien (Hg)
Individuelle Entwicklungsplanung – Handbuch für
MitarbeiterInnen
Mag. Sylvia Suer, IEP-Beauftragte Lebenshilfe Wien,
Verein für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, A-1120 Wien, Schönbrunnerstrasse 179,
Tel.: (0043)<1> 8 12 26 35/45), [email protected]
Das Buch beleuchtet auch die jeweilige Situation der
Familien, gibt Hinweise zur Selbsthilfe und Förderung
und setzt sich kritisch mit medizinischen Therapien
auseinander.
Daneben stehen eigene Kapitel zu medizinischem Basiswissen und zu rechtlichen Grundlagen. Literatur- und
Adresshinweise runden das Buch ab.
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wieder lieferbar
Finanzielle Hilfen
für Menschen mit Behinderung, ihre Angehörigen und
Betreuer(innen)
17., überarb. Auflage 2002, DIN A5, 48 Seiten,
Bestellnummer LER 013
5,– Euro [D] 9.– sFr.
Ein Klassiker, inzwischen in der 17. Auflage! Mit den
Änderungen durch das SGB IX.
Informiert übersichtlich und knapp – vor allem Eltern
– über finanzielle Hilfen für Menschen mit (geistiger)
Behinderung und ihre Angehörigen. Stand: März 2002.
◆
Weitere Publikationen & Medien
Die Lebenshilfe Wien hat vor mehr als zehn Jahren –
unter dem Blickwinkel der Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit geistiger Behinderung –
begonnen, ein verbindliches Verfahren zu entwickeln,
das der einzelnen Person im Dialog mit ihren Betreuer(inne)n, gegebenenfalls Freunden, Angehörigen
und anderen, ermöglicht, persönliche EntwicklungsZiele sowie Maßnahmen und Hilfen zur Umsetzung
zu definieren: die Individuelle Entwicklungsplanung.
Dieses seither in der Praxis bewährte und weiter entwickelte System, welches im Rahmen eines klar strukturierten und dokumentierten Prozesses stattfindet, zielt
auf Ergebnisqualität ab, die unter anderem durch Verbesserungen in den Bereichen Struktur- und Prozessqualität angestrebt wird. Basis hiefür sind sechs
Qualitätswegweiser.
In kompakter Form werden die Qualitätswegweiser,
sowie die wesentlichen Zusammenhänge und Inhalte
der Individuellen Entwicklungsplanung (kurz: „IEP“)
dargestellt. Aber auch die praktische Seite kommt nicht
zu kurz: die entsprechenden Unterlagen sind beigefügt
und in einer Checkliste sind die einzelnen Schritte des
IEP-Prozesses übersichtlich zusammengefasst.
Übrigens: Für Ende 2004 ist das IEP-Handbuch auch
in einer „Leichter Lesen“-Version geplant.
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Joachim Walter (Hg)
Sexualbegleitung und Sexualassistenz bei Menschen
mit Behinderungen
Johann Weigert
Der Weg zum leistungsstarken Qualitätsmanagement
Ein praktischer Leitfaden für die ambulante, teil- und
vollstationäre Pflege
Heidelberg: Universitätsverlag Winter GmbH – „Edition
S“, 2004, 228 Seiten, ISBN 3-8253-8314-8, Preis: 18,- Euro
1. Aufl. 2003. 320 Seiten, 76 Abb., Hardcover,
ISBN 3-87706-640-2, 39,90 Euro
40
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
PUBLIKATIONEN & MEDIEN
Dieses Buch bietet sich als praxisnahe Handreichung
für Dienste und Einrichtungen an, die ihr eigenes QMSystem nach den gesetzlichen und behördlichen Anforderungen entwickeln und aufbauen wollen. Neben
dem Qualitätsmanagement nach § 80 SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz) sind auch andere Managementsysteme und Regelungen, wie z. B. die des Arbeitsschutzmanagementsystems, eingebunden. Der Leitfaden
beinhaltet die gesetzlichen und behördlichen Mindestanforderungen und sonstige Regelungen (Spezifikationen) für Pflegeeinrichtungen.
◆
Angela Paula Löser
Pflegekonzepte nach Monika Krohwinkel
Pflegekonzepte in der stationären Altenpflege erstellen: Schnell, leicht und sicher
2. Aufl. 2004. 144 Seiten, 12 Abbildungen, 6 Tabellen,
ISBN 3-87706-747-6, 13,90 Euro
Jede Einrichtung braucht ein Pflege- und Betreuungskonzept. Mit diesem Buch wird Hilfestellung gegeben:
Ziele, Inhalte, Verknüpfungen, Fragestellung und
Schritte in der Konzeptionierung werden aufgezeigt.
Viele Konzepte lassen sich auch auf den ambulanten
Bereich übertragen, der seine Nutzerorientierung herausstellen möchte.
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Hiltrud Krey
Ekel ist okay
Ein Lern- und Lehrbuch zum Umgang mit Emotionen
in Pflegeausbildung und Pflegealltag
1. Aufl. 2003. 128 Seiten, Brigitte Kunz Verlag, Hannover.
ISBN 3-87706-896-0, 13,90 Euro
Ekel ist nicht nur in der Pflege ein Tabuthema. Im pflegerischen Alltag sind jedoch Ekel hervorrufende Situationen häufig anzutreffen. Gerade Berufseinsteiger(innen) leiden unter Ekelgefühlen und werden mit
ihnen häufig allein gelassen. Viele Mitarbeiter(innen)
zweifeln deshalb oft an sich selbst oder an ihrer Berufswahl. Sie distanzieren sich vom Menschen, der zu
betreuen ist, und können nicht das leisten, was sie eigentlich möchten, nämlich eine menschliche und qualitativ hochwertige Pflege. Dieses Buch verdeutlicht:
Ekel ist ein Alltagsphänomen in der Betreuungsarbeit.
Es ist normal, sich zu ekeln – und man kann mit diesem Gefühl umgehen lernen, so dass weder Pflegende
noch Klienten darunter leiden müssen.
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Hiltrud von Spiegel
Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit
Grundlagen und Arbeitshilfen für die Praxis
1. Aufl. 2004. Ernst Reinhardt Verlag München Basel, 269
Seiten, 4 Tabellen, 25 Arbeitshilfen. ISBN 3-8252-8277-5,
24,90 Euro
Fachdienst der Lebenshilfe 3/04
Die Autorin geht davon aus, dass berufliches Können
zentrale, auch wissenschaftlich begründbare Arbeitsregeln braucht. Oft fehlt in der Praxis das Rüstzeug für
die Planung und Nachbereitung professioneller
sozialarbeiterischer Schritte. Diese Handreichung zeigt
Wege für eine systematisch aufgebaute und reflektierte
Arbeit auf.
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Ilka Spiess
Berufliche Lebensverläufe und
Entwicklungsperspektiven behinderter Personen
Eine Untersuchung über berufliche Werdegänge von
Personen, die aus Werkstätten für behinderte Menschen
in der Region Niedersachsen Nordwest ausgeschieden
sind.
Eusl-Verlagsgesellschaft, Paderborn 2004, 359 Seiten,
ISBN 3-933436-50-8, 29,90 Euro
Erwachsene Personen im Grenzbereich zwischen geistiger Behinderung und Lernbehinderung werden in der
Regel in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig. Aufgabe dort ist es, den behinderten Beschäftigten
umfangreiche Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten und ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu öffnen und zu ebnen.
In dieser Untersuchung werden die Umstände und Bedingungen beleuchtet, unter denen behinderte Personen eine Werkstatt für behinderte Menschen in Niedersachsen Nordwest verlassen haben, um sich in den
Arbeitsmarkt zu integrieren. In ausführlichen leitfadengestützten Interviews wurden sie zu ihrem Leben nach
der Werkstatt befragt. Die Durchführung der Untersuchung orientiert sich an den Grundsätzen der Grounded
Theory (Glaser/Strauss).
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Klaus von Lüpke
Das machbare Glück von Dromstaedt – Eine Stadt
investiert in Menschen und gewinnt Reichtümer
Sonderdruck der Fachzeitschrift „Orientierung“,
Heft 2/2004. Aktion Menschenstadt Essen. Ev. Stadtkirchenverband Essen, Behindertenreferat II. Hagen 7,
45127 Essen, 3,– Euro + Versandkosten
Gemeinsam etwas tun für eine Kultur des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung, die
alle bereichert. Eine Zukunftsvision – auf der Grundlage bereits vorhandener Praxisentwicklungen, ein
Zukunftszenario konkret vorstellbarer Weiterentwicklungsmöglichkeiten: Für eine Kultur des Zusammenlebens, die alle bereichert, für eine menschlichere Stadt
für alle.
Bezug: Aktion Menschenstadt Behindertenreferat Ev.
Stadtkirchenverband Essen, II. Hagen 7, 45127 Essen,
Tel.: (02 01) 2 20 51 24, Fax: 2 20 52 36,
[email protected]
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PUBLIKATIONEN & MEDIEN
Zeitschriftenumschau
BIERMANN, Adrienne: Interventionsforschung im Bereich von Körper- und Geistigbehindertenpädagogik
am Beispiel der kontrollierten Einzelfallforschung.
In: Sonderpädagogik, 34(2004)1, S. 22–33.
DOUMA, Eva: Neue Dienstleistungen für die ambulante
Pflege entwickeln. In: Sozialwirtschaft, 14(2004)2,
S. 29–31.
HARTMANN, Hellmut; WILLNER, Hans u. ESSER, Günter:
Ist die Aufmerksamkeits-Interaktions-Therapie (AIT)
effektiv bei frühkindlichem Autismus? In: Heilpädagogische Forschung, (2004)1, S. 2–19, Bd.: XXX.
HELBIG, Annette: Zugangswege zur Musik mit schwerstbehinderten Kindern. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 55(2004)4, S. 208–215.
K LICPERA, Christian; G ASTEIGER -K LICPERA, Barbara:
Außerfamiliäre Betreuung von Erwachsenen mit einer autistischen Störung im Wohnbereich: Wieweit
sind spezielle Hilfen notwendig? In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete,
73(2004)2.
KLICPERA, Christian; GASTEIGER-KLICPERA, Barbara: Beratung der Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Bezug auf die Wahl der
Schul- bzw. Unterrichtsform: Sichtweise der Schulaufsicht. In: Heilpädagogische Forschung, (2004)1,
Bd.: XXX
KLICPERA, Christian; GASTEIGER-KLICPERA, Barbara: Einfluss individueller und familiärer Merkmale von
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf
den Besuch einer Sonderschule bzw. Integrationsklasse. In: Sonderpädagogik, 34(2004)1, S. 3–21.
Lernen konkret, Themenheft: Orientierung in der Stadt.
23(2004)1, S. 1–29.
MALL, Winfried: Sensomotorische Lebensweisen. In:
Behinderte, (2004)1, S. 12–25.
MOSER OPITZ, Elisabeth: Dyskakulie: Krankheit, Erfindung, Mythos, Etikett ...? Auseinandersetzung mit
einem geläufigen, aber ungeklärten Begriff. In:
Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 73(2004)2, S. 179–190.
NEUHÄUSER, Gerhard: Das Menkes-Syndrom. In: Geistige Behinderung, 43(2004)2, S. 180–183.
OHRT, Barbara; GEENEN, Rosemarie: Das Bobath-Konzept. Therapiekonzepte auf den Punkt gebracht. In:
Frühförderung interdisziplinär, 23(2004)2, S. 86–89.
Praxis-Info-G, Themenheft: Sexualität, Teil 1.
21(2003)3, S. 1–62.
Praxis-Info-G, Themenheft: Sexualität, Teil 2.
22(2004)1+2, S. 1–126.
RICHTER, Josef: Psychomotorische Familienberatung.
Überlegungen zu einer Eltern-, Erziehungs- und
Familienberatung nach psychomotorischen Gesichtspunkten. In: Praxis der Psychomotorik, 29(2004)1,
S. 24–30.
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SANDER, Alfred: Konzepte einer Inklusiven Pädagogik. In:
Zeitschrift für Heilpädagogik, 55(2004)5, S. 240–244.
SENCKEL, Barbara: Integration. Eine Herausforderung an
die eigene Psyche. In: Behinderte, (2004)1, S. 46–60.
Sozialmagazin, Themenheft: Konzepte Sozialraumorientierung. 29(2004)3, S. 12–39.
Sozialwirtschaft, Themenheft: Neue Führungskonzepte.
14(2004)2, S. 11–24.
TROST, Rainer; KASTL, Jörg Michael: Zurück in die Zukunft. Erfahrungen der Bundesmodellprojekte als
Anstoß zur Weiterentwicklung der Integrationsfachdienste in Deutschland. In: Sonderpädagogische
Förderung, 49(2004)2, S. 5–35.
Unterstützte Kommunikation, Themenheft: UK im
Unterricht. (2004)1, S. 1–38.
W IECZOREK, Marion: Unterstützte Kommunikation.
Möglichkeiten und Problemlagen bei Kindern, die
am Anfang der Sprachentwicklung stehen. In: Frühförderung interdisziplinär, 23(2004)2, S. 51–60. ◆
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Fachdienst der Lebenshilfe 3/04