1 TRÜBSALMÖRDER HIMMELSFEGER Gedichte zwischen Gott
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1 TRÜBSALMÖRDER HIMMELSFEGER Gedichte zwischen Gott
TRÜBSALMÖRDER HIMMELSFEGER Gedichte zwischen Gott und Welt Aufgelesen von Wolfgang Neumann INHALT VOR-WORTE Friedrich Nietzsche, Zu den höchsten und erlauchtesten Menschenfreuden William Blake, Es gibt keine natürliche Religion DIE GEDICHTE Friedrich Rückert, Eingang Clemens Brentano, Was reif in diesen Zeilen steht Friedrich Nietzsche, An den Mistral Des Knaben Wunderhorn, Die Welt geht im Springen Friedrich Nietzsche, Der du mit dem Flammenspeere Joseph von Eichendorff, Frische Fahrt Friedrich Rückert, Gnosis Matthias Claudius, Die Liebe Dschelaleddin Rumi, Komm, der Liebe Sklave sei! Bhartrihari, Die Stufen der Liebe Friedrich Rückert, In Gesellschaft Novalis, Hätten die Nüchternen Johann Wolfgang von Goethe, Selige Sehnsucht Hafis, Gestern zechend traumverloren Friedrich Nietzsche, An Hafis Hafis, Ich, und dem Wein entsagen! August von Platen, Wenn ich hoch den Becher schwenke Hafis, Gib mir jenen Wein, den alten Hafis, Jetzt, da wie Paradieses Hauch 1 Hafis, Schilt nicht weinbefleckte Zecher Des Knaben Wunderhorn, Urlicht Friedrich Rückert, In der natürlichen Religion geboren Friedrich Rückert, Gar viele Wege gehn zu Gott Friedrich Rückert , Ich sah empor, und sah in allen Räumen Eines Johann Wolfgang von Goethe, Eins und alles Johann Wolfgang von Goethe, Alles Vergängliche Friedrich Nietzsche, An Goethe Matthias Claudius, Der Mensch Johann Wolfgang von Goethe, Genialisch Treiben Quirinus Kuhlmann, Der Wechsel menschlicher Sachen Friedrich Rückert, Chidher Eduard Mörike, Früh im Wagen Ludwig Tieck, Abreise Friedrich Nietzsche, Der Wanderer Joseph von Eichendorff, Auf einer Burg Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, Lied auf dem Wasser zu singen Friedrich Rückert, Fahrt auf dem Strom am Herbstabend Friedrich Rückert, Herbsthauch Friedrich Nietzsche, Vereinsamt Friedrich Rückert, Abendlied Matthias Claudius, Die Sternseherin Lise Eduard Mörike, Um Mitternacht Johann Wolfgang von Goethe, Um Mitternacht Friedrich Nietzsche, Um Mitternacht Friedrich Rückert, Um Mitternacht Matthias Claudius, Ein Lied für Schwindsüchtige Matthias Claudius, Nach der Krankheit 1777 Matthias Claudius, Der Tod Des Knaben Wunderhorn, Todesahndung einer Wöchnerin Des Knaben Wunderhorn, Wo die schönen Trompeten blasen Matthias Claudius, Kriegslied August von Platen, Ist’s möglich, ein Geschöpf in der Natur zu sein August von Platen, Es liegt an eines Menschen Schmerz Matthias Claudius, Auf einen Selbstmörder August von Platen, Hab ich doch Verlust in allem Dschelaleddin Rumi, Er hat’s gemacht, was soll ich machen? Friedrich Rückert, Ein Obdach 2 Matthias Claudius, Osterlied Dschelaleddin Rumi, Mit deiner Seele hat sich meine August von Platen, Die Sterne scheinen, und alles ist gut Barthold Hinrich Brockes, Gefährliche Verachtung der Welt William Blake, Der Preis der Erfahrung Friedrich Nietzsche, Der geheimnisvolle Nachen Des Knaben Wunderhorn, Gedankenstille Friedrich Nietzsche, Im Süden Friedrich Nietzsche, Mein Glück Friedrich Nietzsche, Unter Feinden Friedrich Nietzsche, Diesen ungewissen Seelen Matthias Claudius, Der Mann im Lehnstuhl Barthold Hinrich Brockes, Die Herde Kühe Matthias Claudius, Als der Hund tot war Friedrich Gottlieb Klopstock, Die frühen Gräber Eduard Mörike, Waldplage Des Knaben Wunderhorn, Des Antonius von Padua Fischpredigt Des Knaben Wunderhorn, Übersichtigkeit Des Knaben Wunderhorn, Verlorene Mühe Eduard Mörike, Nimmersatte Liebe Eduard Mörike, Erstes Liebeslied eines Mädchens Johann Wolfgang von Goethe, Die Liebende schreibt Johann Wolfgang von Goethe, Warnung Friedrich Nietzsche, Das Wort Friedrich Nietzsche, Nach neuen Meeren August von Platen, Wohl mit Hafis darf ich sagen Des Knaben Wunderhorn, Steh auf, Nordwind Alphabetisches Verzeichnis der Dichter und ihrer Gedichte 3 VOR-WORTE Friedrich Nietzsche Zu den höchsten und erlauchtesten Menschen-Freuden, in denen das Dasein seine eigene Verklärung feiert, kommen, wie billig, nur die Allerseltesten und Bestgeratenen... der Geist ist dann ebenso in den Sinnen heimisch und zu Hause, wie die Sinne in dem Geiste zu Hause und heimisch sind; und alles, was nur in diesem sich abspielt, muss auch in jenen ein feines, außerordentliches Glück und Spiel auslösen. Und ebenfalls umgekehrt! – Man denke über diese Umkehrung bei Gelegenheit von Hafis nach; selbst Goethe, wie sehr auch schon im abgeschwächten Bilde, gibt von diesem Vorgange eine Ahnung. Es ist wahrscheinlich, dass bei solchen vollkommenen und wohlgeratenen Menschen zuletzt die allersinnlichsten Verrichtungen von einem Gleichnis-Rausche der höchsten Geistigkeit verklärt werden. 4 Willliam Blake ES GIBT KEINE NATÜRLICHE RELIGION Die menschliche Wahrnehmung ist nicht durch Sinnesorgane beschränkt. Sie nimmt mehr wahr als die Sinne (selbst die schärfsten) entdecken können. Die Vernunft, oder das Maß all dessen, was wir wissen, wäre anders, wenn wir mehr wüssten. Wer einer Beschränkung unterworfen ist, verabscheut sie. Der immergleiche öde Kreislauf, selbst einer ganzen Welt, wird bald zu einer Tretmühle mit einem unüberschaubaren Räderwerk. Wenn das Viele dem Wenigen gleich wird, sobald man es besitzt, dann ist: Mehr! Mehr! der Schrei der irregeleiteten Seele. Weniger als Alles kann den Menschen nicht befriedigen. Wenn jemand etwas begehren könnte, was er unfähig wäre zu besitzen, wäre Verzweiflung sein ewiges Los. Das menschliche Begehren ist unendlich, seine Erfüllung ist unendlich, der Mensch selbst ist unendlich. Folglich: Wer das Unendliche in allen Dingen sieht, sieht Gott. Wer nur Maßverhältnisse sieht, sieht nur sich selbst. Gott ist wie wir geworden, damit wir wie er werden. 5 DIE GEDICHTE Friedrich Rückert EINGANG Was du verstehest, reizt dich wenig; was du nicht Verstehst, spricht dich nicht an; was willst du vom Gedicht? Du willst mit Recht, es sei verständlich-unverständlich, Vollendet an Gestalt, doch an Gehalt unendlich. 6 Clemens Brentano Was reif in diesen Zeilen steht, Was lächelnd winkt und sinnend fleht, Das soll kein Kind betrüben; Die Einfalt hat es ausgesät, Die Schwermut hat hindurch geweht, Die Sehnsucht hat’s getrieben. Und ist das Feld einst abgemäht, Die Armut durch die Stoppeln geht, Sucht Ähren die geblieben; Sucht Lieb’, die für sie untergeht, Sucht Lieb’, die mit ihr aufersteht, Sucht Lieb’, die sie kann lieben. Und hat sie einsam und verschmäht Die Nacht durch, dankend in Gebet, Die Körner ausgerieben, Liest sie, als früh der Hahn gekräht, Was Lieb’ erhielt, was Leid verweht, Ans Feldkreuz angeschrieben: „O Stern und Blume, Geist und Kleid, Lieb’, Leid und Zeit und Ewigkeit!“ 7 Friedrich Nietzsche AN DEN MISTRAL Ein Tanzlied Mistral-Wind, du Wolken-Jäger, Trübsal-Mörder, Himmels-Feger, Brausender, wie lieb ich dich! Sind wir zwei nicht eines Schoßes Erstlingsgabe, eines Loses Vorbestimmte ewiglich? Hier auf glatten Felsenwegen Lauf ich tanzend dir entgegen, Tanzend, wie du pfeifst und singst: Der du ohne Schiff und Ruder Als der Freiheit freister Bruder Über wilde Meere springst. Kaum erwacht, hört ich dein Rufen, Stürmte zu den Felsenstufen, Hin zur gelben Wand am Meer. Heil! Da kamst du schon gleich hellen Diamantnen Stromesschnellen Sieghaft von den Bergen her. Auf den ebnen Himmels-Tennen Sah ich deine Rosse rennen, Sah den Wagen, der dich trägt, Sah die Hand dir selber zücken, Wenn sie auf der Rosse Rücken Blitzesgleich die Geißel schlägt, - 8 Sah dich aus dem Wagen springen, Schneller dich hinabzuschwingen, Sah dich wie zum Pfeil verkürzt Senkrecht in die Tiefe stoßen, Wie ein Goldstrahl durch die Rosen Erster Morgenröten stürzt. Tanze nun auf tausend Rücken, Wellen-Rücken, Wellen-Tücken – Heil, wer neue Tänze schafft! Tanzen wir in tausend Weisen, Frei - sei unsre Kunst geheißen, Fröhlich – unsre Wissenschaft! Raffen wir von jeder Blume Eine Blüte uns zum Ruhme Und zwei Blätter noch zum Kranz! Tanzen wir gleich Troubadouren Zwischen Heiligen und Huren, Zwischen Gott und Welt den Tanz! Wer nicht tanzen kann mit Winden, Wer sich wickeln muss mit Binden, Angebunden, Krüppel-Greis, Wer da gleicht den Heuchel-Hänsen, Ehren-Tölpeln, Tugend-Gänsen, Fort aus unsrem Paradeis! Wirbeln wir den Staub der Straßen Allen Kranken in die Nasen, Scheuchen wir die Kranken-Brut! Lösen wir die ganze Küste Von dem Odem dürrer Brüste, Von den Augen ohne Mut! 9 Jagen wir die Himmels-Trüber, Welten-Schwärzer, Wolken-Schieber, Hellen wir das Himmelreich! Brausen wir...o aller freien Geister Geist, mit dir zu zweien Braust mein Glück dem Sturme gleich. – Und dass ewig das Gedächtnis Solchen Glücks, nimm sein Vermächtnis, Nimm den Kranz hier mit hinauf! Wirf ihn höher, ferner, weiter, Stürm empor die Himmelsleiter, Häng ihn – an den Sternen auf! 10 Des Knaben Wunderhorn DIE WELT GEHT IM SPRINGEN Die Sonne rennt mit Prangen Durch ihre Frühlingsbahn Und lacht mit ihren Wangen Den runden Weltkreis an. Der Himmel kommt zur Erden, Erwärmt und macht sie nass, Drum muss sie schwanger werden, Gebieret Laub und Gras. Der Westwind lässt sich hören, Die Flora, seine Braut, Aus Liebe zu verehren Mit Blumen, Gras und Kraut. Die Vögel kommen nisten Aus fremden Ländern her Und hängen nach den Lüsten, Die Schiffe gehn ins Meer. Der Schäfer hebt zu singen Von seiner Phyllis an, Die Welt geht wie im Springen, Es freut sich, was nur kann. 11 Friedrich Nietzsche Der du mit dem Flammenspeere Meiner Seele Eis zerteilt, Dass sie brausend nun zum Meere Ihrer höchsten Hoffnung eilt: Heller stets und stets gesunder, Frei im liebevollsten Muss: Also preist sie deine Wunder, Schönster Januarius! 12 Joseph von Eichendorff FRISCHE FAHRT Laue Luft kommt blau geflossen, Frühling, Frühling soll es sein! Waldwärts Hörnerklang geschossen Mutger Augen lichter Schein; Und das Wirren bunt und bunter Wird ein magisch wilder Fluss, In die schöne Welt hinunter Lockt dich dieses Stromes Gruß. Und ich mag mich nicht bewahren! Weit von euch treibt mich der Wind, Auf dem Strome will ich fahren, Von dem Glanze selig blind! Tausend Stimmen lockend schlagen, Hoch Aurora flammend weht, Fahre zu! Ich mag nicht fragen, Wo die Fahrt zu Ende geht! 13 Friedrich Rückert GNOSIS Kommt, dass ihr im Frühlingshauch Lernt die rechte Gnosis. Seht es brennt der Rosenstrauch Mit dem Feuer Mosis. Glut! in der die Schöpfung brennt, Ohne zu verbrennen; Tauch dich, Herz! in’s Element, Lieb’ und lern’ erkennen. Winter Ahriman gedämpft Hielt das Sonnenfeuer, Doch der lichte Frühling kämpft Nun als Welterneuer. Wisset, dass ihr allesamt Ihm Mitkämpfer werdet, Wenn, von Lieb’ und Rausch entflammt, Ihr euch froh gebärdet. Ob die Welt gespalten sei In die große Zweiheit? Hat doch jedes kleine Zwei Sich zu einen Freiheit! Zieh du dich zurücke klug Aus der Allgemeinheit, Liebespaar! dir selb genug In die All- und Einheit. 14 Matthias Claudius DIE LIEBE Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel, Und dringt durch alles sich; Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel, Und schlägt sie ewiglich. 15 Dschelaleddin Rumi Komm, der Liebe Sklave sei! Denn die Lieb’ ist Sklaverei. Lass den Sklavendienst der Welt, Liebe macht die Sklaven frei. Aus der Welt bin ich geschlüpft Wie der Vogel aus dem Ei. Mach mich von der Schale, die Mir noch anklebt, mach mich frei! Lieb’, im Sommersaatfeld dankt Dir der Wachtel Freudenschrei. 16 Bhartrihari DIE STUFEN DER LIEBE 1 Was ist Edlen gut zu sehen? Liebchens klares Angesicht. Was zu atmen? dessen Mundhauch. Was zu hören? dessen Wort. Was zu kosten? dessen Lippe. Was zu fühlen? dessen Leid. Was zu denken? dessen Anmut. Reizend ist es allerwärts. 2 Sagen denn nicht unsre Dichter etwas sehr Verkehrtes Von den Frauen, wenn sie stets von schwachen Frauen reden? Die, von deren schwanker Augensterne Blitz getroffen Himmelsgötter selbst erliegen, sind die schwach zu nennen? 3 Ohne dass die Locken flattern und sich weit das Aug auftut, Ohne dass die Lippen aufgehn mit der reinen Zähne Glanz, Ohne dass die Perlenschnur schwankt auf des Busens Doppelhöhn, Auch in völl’ger Ruh setzt in Unruh uns ein schöner Leib. 4 Scheine Lampe, glänze Feuer, leuchte Sonne, Mond und Stern; Fern von euch, Gazellenaugen, ist die Welt mir Finsternis. 5 Sieht man sie nicht, begehrt man sie zu sehen nur, Und sieht man sie, wünscht man sie bloß zu küssen, Und wenn man dann sie küsst, die Großgeaugte, Verlangt man völlig mit ihr zu verwachsen. 17 6 Der an die Brust gesunkenen mit aufgelösten Locken, Der noch ein wenig blinzenden mit zugeknosptem Auge, Der von des Liebeskampfes Schweiß am Wangensaum betrieften Geliebten Frauen Lippenseim, ihn trinken Hochbeglückte. 7 Wenn der Freund im Regengusse nicht das Haus verlassen kann, Und des Frostes wegen fester ihn die Schöne drückt ans Herz, Dann der Wind mit kalten Tropfen ihre Lustermattung kühlt, Wird das schlechte Wetter gutes für beglückte Liebende. 8 Ihr wählt euch eure Meister von den frommen Schriftgelehrten, Doch wir, anmutig redender Poeten Jünger sind wir. Denn nicht in jenem Leben gibt’s ein höhres Glück als Tugend, Doch keine Lust in dieser Welt als klargeaugte Frauen! 9 Sich selbst und uns betrügt der Schriftgelehrte, Der ungebührlich schöne Mädchen schimpft. Zwar ist das Paradies die Frucht der Buße, Doch Mädchen sind die Paradiesesfrucht. 10 Nenne nur das Weib! und weder Gift noch Nektar gibt es sonst; Abgeneigt ist sie ein Giftbaum, zugeneigt ein Nektarzweig. 11 Mit dem einen kost sie traulich, nach dem andern blickt sie hold, Denkt im stillen an den dritten; wen denn liebt sie eigentlich? 18 12 Als uns umgab Unwissenheit verliebter Finsternisse, War in Gestalt des Weibes uns die ganze Welt erschienen. Nun unser Aug’ erhellet ist von bessrer Einsicht Salben, Erkennt der einsgewordne Blick die ganze Welt als Brahma. 19 Friedrich Rückert IN GESELLSCHAFT Die schönste Ros’ im Rosenbeet hat hell ins Auge mir geblitzt; Mein Herz in süßem Blute steht, Von eines Blickes Dorn geritzt. Wer mir ins Auge könnte sehn Mit einem Blick von Liebe scharf, Der sähe drin den Schatten stehn, Den drein mir eine Sonne warf. Wo ist sie denn? sie ist nicht hier. Wo bin ich denn? ich bin nicht dort. Und wär’ ihr Schatten nicht bei mir. So wär’ kein Licht an diesem Ort. Hier trag’ ich unerkannt ihr Bild An mir, wo die Gesellschaft rauscht; Die stille Blum’ nur im Gefild’ Hat mein Geheimnis abgelauscht. Mir ungewürzt ist dieser Saal; Wer holt der Rose Duft mir bei? Es schäumt kein Wein bei diesem Mahl; Dein denk ich, dass ich trunken sei. Geh, Morgenwind! ich dulde nicht Hier dieser Rosen Prahlerei; Bring mir von jenem Angesicht Nur einen einz’gen Strahl herbei. Sie fragt: Wo säumst du denn, Hafis Verlangt dich nicht, dein Lieb zu sehn? Ja wohl verlangt die Seele dies, Doch lässt die Welt den Leib nicht gehn. 20 Novalis Hätten die Nüchternen Einmal gekostest, Alles verließen sie Und setzten sich zu uns An den Tisch der Sehnsucht, Der nie leer wird. Sie erkännten der Liebe Unendliche Fülle Und priesen die Nahrung Von Leib und Blut. 21 Johann Wolfgang von Goethe SELIGE SEHNSUCHT Sagt es niemand, nur den Weisen, Weil die Menge gleich verhöhnet, Das Lebendge will ich preisen Das nach Flammentod sich sehnet. In der Liebesnächte Kühlung, Die dich zeugte, wo du zeugtest, Überfällt dich fremde Fühlung Wenn die stille Kerze leuchtet. Nicht mehr bleibest du umfangen In der Finsternis Beschattung, Und dich reißet neu Verlangen Auf zu höherer Begattung. Keine Ferne macht dich schwierig, Kommst geflogen und gebannt, Und zuletzt, des Lichts begierig, Bist du Schmetterling verbrannt. Und solang du das nicht hast, Dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trüber Gast Auf der dunklen Erde. 22 Hafis Gestern zechend traumverloren, hörte ich es pochen leis: Klopfend an der Schenke Toren standen – Engel still im Kreis. Unsers Vaters Adam Asche taten sie in den Pokal, Ihr vermählend aus der Flasche edlen Weines Purpurstrahl. Huldvoll bot der gotterkornen lichten Welten sel’ge Schar Mir, dem niedern Staubgebornen, den gefüllten Becher dar. Fassen können Himmelshallen nicht der Liebe Herrlichkeit, Und mir ist das Los gefallen, das mich ihrem Dienst geweiht! Auf die Kunde von dem Bunde mit der Gnadensonne Glanz Schlingen jubelnd in der Runde Huris den berauschten Tanz. Soll im Leben nie berühren eitles Streben diese Brust, Während Adam hie verführen konnte eines Apfels Lust? Zweiundsiebzig Glaubenslehren klaubten Worte leer und tot; Ihnen tagt, sie zu bekehren, nie der Wahrheit Morgenrot. 23 Flamme mag ich das nicht nennen, was auf Kerzen freundlich blinkt; Flamme ist ein lodernd Brennen, das den Tod dem Falter bringt. 24 Friedrich Nietzsche AN HAFIS (Trinkspruch, Frage eines Wassertrinkers) Die Schenke, die du dir gebaut, ist größer als jedes Haus, Die Tränke, die du drin gebraut, die trinkt die Welt nicht aus. Der Vogel, der einst Phönix war, der wohnt bei dir zu Gast, Die Maus, die einen Berg gebar, die – bist du selber fast! Bist alles und keins, bist Schenke und Wein, bist Phönix, Berg und Maus, Fällst ewiglich in dich hinein, fliegst ewig aus dir hinaus – Bist aller Höhen Versunkenheit, Bist aller Tiefen Schein, Bist aller Trunkenen Trunkenheit – wozu, wozu dir – Wein? 25 Hafis Ich, und dem Wein entsagen! was soll das Sagen sein? Sollt’ ich so unverständig in alten Tagen sein? Der ich mit Pauk’ und Zimbel den Heilsweg brach bei Nacht, Sollt’ ich des Wegs nun kriechen? was soll das Sagen sein? Ganz schlug ich noch zur Schenke nicht ein den rechten Weg; Ganz muss erst in den Wind recht die Scheu geschlagen sein. Fehlt dieser Weg dem Frommen, entschuldigt ihn! Der Weg Wird ohne Gottes Leitung nicht einzuschlagen sein. Ich bin der Knecht des Wirtes, der mich von Wahn befreit; Was unser Herr uns auflegt, das wird zu tragen sein. Der Frömmling und sein Beten, ich und mein Rausch, wer weiß, Wem Gnade wird zu schenken, wem zu versagen sein! Nachts ließ es mich nicht schlafen, dass ein Gelehrter sprach: „Wenn Hafis wieder zechet, wird Grund zu klagen sein.“ 26 August von Platen Wenn ich hoch den Becher schwenke, süßberauscht, Fühl ich erst, wie tief ich denke süßberauscht; Mir wie Perlen runden lieblich Verse sich, Die ich schnüreweise verschenke, süßberauscht; Voll des Weines knüpf ich kühn des Zornes Dolch An der Liebe Wehrgehenke, süßberauscht; Hoffen darf ich, überhoben meiner selbst, Dass ein fremder Schritt mich lenke süßberauscht; Staunend hören mich die Freunde, weil ich tief in Mysterien mich senke süßberauscht; Weil mein Ich sich ganz entfaltet, wenn ich frei Keiner Vorsicht mehr gedenke, süßberauscht; Wehe, wer sich hinzugeben nie vermocht, Wer dich nie geküsst, o Schenke! süßberauscht. 27 Hafis Gib mir jenen Wein, den alten, der dem Landmann Kraft verleiht, Denn ich will mit neuem Saume zieren mir des Lebens Kleid. Mach mich trunken und entfremde mich der Welt, auf dass ich dann Dieser Welt verborgne Dinge dir berichte, edler Mann! 28 Hafis Jetzt, da wie Paradieses Hauch die Luft vom Garten mich umfächelt, Freu ich des Weins mich, da mir auch der Liebsten Auge wieder lächelt. Der ärmste Bettler in der Welt steht heute keinem König nach: Der Wolke Schatten ist sein Zelt, der Saatenrain sein Prunkgemach. Die grüne Flut erzählt vom Fest des Frühlings wunderholde Mären – Ein Tor, wer Sichres fahren lässt, um bloß von Hoffnung sich zu nähren. Erbaue ich am Weine, Freund – wirst du der Moderwelt zum Raube, So backt sie Ziegelsteine, Freund, nach deinem Tod aus deinem Staube. Zähl auf des Feindes Treue nicht: nie wird’s in deinem Kopfe helle, Suchst du bei einem Kirchenlicht Erleuchtung deiner Klausnerzelle. Und droh mir nicht mit ew’gem Fluch, weil ich’s ein wenig weit getrieben: Wer weiß denn, was im Schicksalsbuch und auf der Stirn uns steht geschrieben? Oh, lenkt nicht von Hafisens Grab die Schritte: ob sich’s auch erwiese, Dass er voll Stünden sank hinab: Er geht doch ein zum Paradiese! 29 Hafis Schilt nicht weinbefleckte Zecher, du mit Reinheit angetan! Denn es werden fremde Sünden dir ja nicht geschrieben an. Ob ich fromm sei oder gottlos, geh und sorge für dich selbst. Weil am Ende jeder nur, was er gesät hat, ernten kann. Schneide du die Hoffnung auf die ew’ge Gnade mir nicht ab! Weißt du denn, wer hinterm Vorhang hässlich oder schön, o Mann? Nicht zuerst bin ich gefallen aus der Heiligkeit Gemach, Denn aus seinen Händen ließ das Paradies bereits mein Ahn. Jeder sucht den Freund hier, ob er nüchtern oder trunken sei, Und der Liebe sind Moscheen wie Christenkirchen aufgetan. Reizend ist der Garten Edens, aber mach, ich bitte dich, Dir zu Nutz’ der Weide Schatten und den grünen Wiesenplan! Hafis, wenn am Sterbetage du zur Hand den Becher nimmst, Tragen sie vom Gau der Schenke graden Weg dich himmelan. 30 Des Knaben Wunderhorn URLICHT O Röschen rot, Der Mensch liegt in größter Not, Der Mensch liegt in größter Pein, Je lieber möcht’ ich im Himmel sein. Da kam ich auf einen breiten Weg: Da kam ein Engelein und wollt’ mich abweisen. Ach, nein, ich ließ mich nicht abweisen. Ich bin von Gott und will wieder zu Gott! Der liebe Gott wird mir ein Lichtlein geben, Wird leuchten mir bis in das ewig’ selig’ Leben! 31 Friedrich Rückert In der natürlichen Religion geboren Wird jeder Mensch, und nie geht sie ihm ganz verloren. Ihm angezogen wird ein äuß’res Glaubentum, Das nimmt im Leben er wie einen Mantel um. Er trag’ es, weil er lebt; im Tode legt er’s ab, Da bleibt der Glauben ihm, den Gott ihm selber gab. 32 Friedrich Rückert Gar viele Wege gehn zu Gott, auch deiner geht zu Gott, geh ihn getrost mit Preisen und Gebet. Und lass dich nicht darin von denen irre machen, die andre Wege gehn, und mach nicht irr die Schwachen. Wer mit auf meinem Weg will gehn, der sei willkommen; und geh’ ich auch allein, doch geh’ ich unbeklommen. 33 Friedrich Rückert Ich sah empor, und sah in allen Räumen Eines; Hinab ins Meer, und sah in allen Wellenschäumen Eines. Ich sah ins Herz, es war ein Meer, ein Raum der Welten, Voll tausend Träum’; ich sah in allen Träumen Eines. Du bist das Erste, Letzte, Äußre, Innre, Ganze; Es strahlt dein Licht in allen Farbensäumen Eines. Du schaust von Ostens Grenze bis zur Grenz im Westen, Dir blüht das Laub an allen grünen Bäumen Eines. Vier widerspenst’ge Tiere ziehn den Weltenwagen; Du zügelst sie, sie sind an deinen Zäumen Eines. Luft Feuer Erd und Wasser sind in Eins geschmolzen In deiner Furcht, dass dir nicht wagt zu bäumen Eines. Der Herzen alles Lebens zwischen Erd und Himmel, Anbetung dir zu schlagen soll nicht säumen Eines! 34 Johann Wolfgang von Goethe EINS UNS ALLES Im Grenzenlosen sich zu finden, Wird gern der einzelne verschwinden, Da löst sich aller Überdruss! Statt heißem Wünschen, wildem Wollen, Statt lästgem Fordern, strengem Sollen Sich aufzugeben ist Genuss. Weltseele, komm, uns zu durchdringen! Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen, Wird unsrer Kräfte Hochberuf. Teilnehmend führen gute Geister, Gelinde leitend höchste Meister Zu dem, der alles schafft und schuf. Und umzuschaffen das Geschaffne, Damit sichs nicht zum Starren waffne, Wirkt ewiges, lebendiges Tun. Und was nicht war, nun will es werden Zu reinen Sonnen, farbigen Erden! In keinem Falle darf es ruhn. Es soll sich regen, schaffend handeln, Erst sich gestalten, dann verwandeln! Nur scheinbar stehts Momente still. Das Ewige regt sich fort in allen: Denn alles muss in Nichts zerfallen, Wenn es im Sein beharren will. 35 Johann Wolfgang von Goethe Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, Hier wird’s Ereignis; Das Unbeschreibliche, Hier ist’s getan; Das Ewigweibliche Zieht uns hinan. 36 Friedrich Nietzsche AN GOETHE Das Unvergängliche Ist nur dein Gleichnis! Gott, der Verfängliche Ist Dichter-Erschleichnis ... Welt-Rad, das rollende, Streift Ziel auf Ziel: Not – nennt’s der Grollende, Der Narr nennt’s – Spiel ... Welt-Spiel, das herrische Mischt Sein und Schein: – Das Ewig-Närrische Mischt uns – hinein! ... 37 Matthias Claudius DER MENSCH Empfangen und genähret Vom Weibe wunderbar Kömmt er und sieht und höret, Und nimmt des Trugs nicht wahr; Gelüstet und begehret, Und bringt sein Tränlein dar; Verachtet, und verehret; Hat Freude, und Gefahr; Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret, Hält nichts, und alles wahr; Erbauet und zerstöret; Und quält sich immerdar; Schläft, wachet, wächst, und zehret; Trägt braun’ und graues Haar etc. Und alles dieses währet, Wenn’s hoch kommt, achtzig Jahr. Denn legt er sich zu seinen Vätern nieder, Und er kömmt nimmer wieder. 38 Johann Wolfgang von Goethe GENIALISCH TREIBEN So wälz’ ich ohne Unterlass, Wie Sankt Diogenes, mein Fass. Bald ist es Ernst, bald ist es Spaß; Bald ist es Lieb, bald ist es Hass; Bald ist es dies, bald ist es das; Es ist ein Nichts und ist ein Was. So wälz’ ich ohne Unterlass, Wie Sankt Diogenes, mein Fass. 39 Quirinus Kuhlmann DER WECHSEL MENSCHLICHER SACHEN Auf Nacht, Dunst, Schlacht, Frost, Wind, See, Hitz, Süd, Ost, West, Nord, Sonn, Feur und Plagen, Folgt Tag, Glanz, Blut, Schnee, Still, Land, Blitz, Wärm, Hitz, Lust, Kält, Licht, Brand und Not: Auf Leid, Pein, Schmach, Angst, Krieg, Ach, Kreuz, Streit, Hohn, Schmerz, Qual, Tück, Schimpf als Spott Will Freud, Zier, Ehr, Trost, Sieg, Rat, Nutz, Fried, Lohn, Scherz, Ruh, Glück, Glimpf stets tagen. Der Mond, Glunst, Rauch, Gems, Fisch, Gold, Perl, Baum, Flamm, Storch, Frosch, Lamm, Ochs und Magen Liebt Schein, Stroh, Dampf, Berg, Flut, Glut, Schaum, Frucht, Asch, Dach, Teich, Feld, Wies und Brot: Der Schütz, Mensch, Fleiß, Müh, Kunst, Spiel, Schiff, Mund, Prinz, Rach, Sorg, Geiz, Treu und Gott Suchts Ziel, Schlaf, Preis, Lob, Gunst, Zank, Port, Kuss, Thron, Mord, Sarg, Geld, Hold, Danksagen. Was gut, stark, schwer, recht, lang, groß, weiß, eins, ja, Luft, Feur, hoch, weit genennt, Pflegt bös, schwach, leicht, krumm, breit, klein, schwarz, drei, nein, Erd, Flut, tief, nah zu meiden. Auch Mut, Lieb, klug, Witz Geist, Seel, Freund, Lust, Zier, Ruhm, Fried, Scherz, Lob muss scheiden, Wo Furcht, Hass, Trug, Wein, Fleisch, Leib, Feind, Weh, Schmach, Angst, Streit, Schmerz, Hohn schon rennt. 40 Friedrich Rückert CHIDHER Chidher, der ewig junge, sprach: Ich fuhr an einer Stadt vorbei, Ein Mann im Garten Früchte brach; Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei? Er sprach und pflückte die Früchte fort: Die Stadt steht ewig an diesem Ort Und wird so stehen ewig fort. Und aber nach fünfhundet Jahren Kam ich desselbigen Weg’s gefahren. Da fand ich keine Spur der Stadt; Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei, Die Herde weidete Laub und Blatt; Ich fragte: Wie lang ist die Stadt vorbei? Er sprach und blies auf dem Rohre fort: Das eine wächst und das andere dorrt; Das ist mein ewiger Weideort. Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Weg’s gefahren. Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug, Ein Fischer warf die Netze frei, Und als er ruhte vom schweren Zug, Fragt ich, seit wann das Meer hier sei? Er sprach und lachte meinem Wort: Solang als schäumen die Wellen dort, Fischt man und fischt man an diesem Port. Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Weg’s gefahren. 41 Da fand ich einen waldigen Raum Und einen Mann in der Siedelei, Er fällte mit der Axt den Baum; Ich fragte, wie alt der Wald hier sei? Er sprach: Der Wald ist ein ewiger Hort; Schon ewig wohn ich an diesem Ort, Und ewig wachsen die Bäum hier fort. Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Weg’s gefahren. Da fand ich eine Stadt, und laut Erschallet der Markt vom Volksgeschrei. Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut? Wohin ist Wald und Meer und Schalmei? Sie schrien und hörten nicht mein Wort: So ging es ewig an diesem Ort Und wird so gehen ewig fort. Und aber nach fünfhundert Jahren Will ich desselbigen Weges fahren. 42 Eduard Mörike FRÜH IM WAGEN Es graut vom Morgenreif In Dämmerung das Feld, Da schon ein blasser Streif Den fernen Ost erhellt; Man sieht im Lichte bald Den Morgenstern vergehn, Und doch am Fichtenwald Den vollen Mond noch stehn: So ist mein scheuer Blick, Den schon die Ferne drängt, Noch in das Schmerzensglück Der Abschiedsnacht versenkt. Dein blaues Auge steht, Ein dunkler See, vor mir, Dein Kuss, dein Hauch umweht, Dein Flüstern mich noch hier. An deinem Hals begräbt Sich weinend mein Gesicht, Und Purpurschwärze webt Mir vor dem Auge dicht. Die Sonne kommt; – sie scheucht Den Traum hinweg im Nu, Und von den Bergen streicht Ein Schauer auf mich zu. 43 Ludwig Tieck ABREISE Endlich ist der Tag gekommen, Endlich ist die Stunde da, Die ich stets unmöglich glaubte, Weil der Schmerz die Kraft genommen, Weil der Wahn den Entschluss raubte, Da ich nur mein Leiden sah. Welcher heitre Sommertag! Diese Häuser, diese Gassen, Die ich nun seit vielen Wochen Täglich sah mit Zorn und Hassen, Sollen mir entschwinden, Und mein Blick die sonnbeglänzten Fluren finden. Einmal noch betracht’ ich mir die alten Häuser dort, bemerke die Gestalten An den Fenstern drüben; wie ein Vorhang fällt es zu, der liebste Freund Sitzt schon neben mir im Wagen, Abschiedsworte, – und es jagen Häuser, Gassen, Tore schwindelnd mir vorüber. Welch Entzücken, welche Wehmut! Bin ich’s noch, der wie an Ketten Dort in trüben Mauern saß? Ja, der Schmerz ist mir gefolgt Und spannt über Feld und Wald Einen schwarzen Schleier aus. 44 Friedrich Nietzsche DER WANDERER Es geht ein Wandrer durch die Nacht Mit gutem Schritt; Und krummes Tal und lange Höhn – Er nimmt sie mit. Die Nacht ist schön – Er schreitet zu und steht nicht still, Weiß nicht, wohin sein Weg noch will. Da singt ein Vogel durch die Nacht: „Ach Vogel, was hast du gemacht! Was hemmst du meinen Sinn und Fuß Und gießest süßen Herz-Verdruss Ins Ohr mir, dass ich stehen muss Und lauschen muss – Was lockst du mich mit Ton und Gruß?“ – Der gute Vogel schweigt und spricht: „Nein, Wandrer, nein! Dich lock ich nicht Mit dem Getön – Ein Weibchen lock ich von den Höhn – Was geht’s dich an? Allein ist mir die Nacht nicht schön – Was geht’s dich an? Denn du sollst gehn Und nimmer, nimmer stillestehn! Was stehst du noch? Was tat mein Flötenlied dir an, Du Wandersmann?“ Der gute Vogel schwieg und sann: „Was tat mein Flötenlied ihm an? Was steht er noch? – Der arme, arme Wandersmann!“ 45 Joseph von Eichendorff AUF EINER BURG Eingeschlafen auf der Lauer Oben ist der alte Ritter; Drüber gehen Regenschauer, Und der Wald rauscht durch das Gitter, Eingewachsen Bart und Haare Und versteinert Brust und Krause, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der stillen Klause. Draußen ist es still und friedlich, Alle sind ins Tal gezogen, Waldesvögel einsam singen In den leeren Fensterbogen. Eine Hochzeit fährt da unten Auf dem Rhein im Sonnenscheine, Musikanten spielen munter, Und die schöne Braut, sie weinet. 46 Friedrich Leopold Graf zu Stolberg LIED AUF DEM WASSER ZU SINGEN, FÜR MEINE AGNES Mitten im Schimmer der spiegelnden Wellen Gleitet wie Schwäne der wankende Kahn; Ach, auf der Freude sanftschimmernden Wellen Gleitet die Seele dahin wie der Kahn; Denn von dem Himmel herab auf die Wellen Tanzet das Abendrot rund um den Kahn. Über den Wipfeln des westlichen Haines Winket uns freundlich der rötliche Schein; Unter den Zweigen des östlichen Haines Säuselt der Kalmus im rötlichen Schein; Freude des Himmels und Ruhe des Haines Atmet die Seele im errötenden Schein. Ach es entschwindet mit tauigem Flügel Mir auf den wiegenden Wellen die Zeit. Morgen entschwinde mit schimmerndem Flügel Wieder wie gestern und heute die Zeit, Bis ich auf höherem strahlenden Flügel Selber entschwinde der wechselnden Zeit. 47 Friedrich Rückert FAHRT AUF DEM STROM AM HERBSTABEND Fuhren wir herab den Main, Still und frohgemut, Lag des Abends heller Schein Vor uns auf der Flut. Immer auf den hellen Schein Geht der Nachen zu, Treten wird er nun hinein In dem nächsten Nu. Aber weiter rückt der Schein Stets von Ort zu Ort, Und die Fahrt ihm hinterdrein Geht im Dunkel fort. 48 Friedrich Rückert HERBSTHAUCH Herz, nun so alt und noch immer nicht klug, Hoffst du von Tagen zu Tagen, Was dir der blühende Frühling nicht trug, Werde der Herbst dir noch tragen! Lässt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Immer zu schmeicheln, zu kosen. Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch, Abends verstreut er die Rosen. Lässt doch der spielende Wind nicht vom Strauch, Bis er ihn völlig gelichtet. Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch, Was wir geliebt und gedichtet. 49 Friedrich Nietzsche VEREINSAMT Die Krähen schrein Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: Bald wird es schnein – Wohl dem ,der jetzt noch – Heimat hat! Nun stehst du starr, Schaust rückwärts ach! wie lange schon! Was bist du Narr Vor Winters in die Welt entflohn? Die Welt – ein Tor Zu tausend Wüsten stumm und kalt! Wer das verlor, Was du verlorst, macht nirgends halt. Nun stehst du bleich, Zur Winter-Wanderschaft verflucht, Dem Rauche gleich, Der stets nach kältern Himmeln sucht. Flieg, Vogel, schnarr Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! – Versteck, du Narr, Dein blutend Herz in Eis und Hohn! Die Krähen schrein Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: – bald wird es schnein, Weh dem, der keine Heimat hat! 50 Friedrich Rückert ABENDLIED Ich stand auf Berges Halde, Als Sonn hinunterging, Und sah wie überm Walde Des Abends Goldnetz hing. Des Himmels Wolken tauten Der Erde Frieden zu, Bei Abendglockenlauten Ging die Natur zur Ruh. Ich sprach: O Herz, empfinde Der Schöpfung Stille nun, Und schick mit jedem Kinde Der Flur dich auch, zu ruhn. Die Blumen alle schließen Die Augen allgemach, Und alle Wellen fließen Besänftiget im Bach. Nun hat der müde Silfe Sich unters Blatt gesetzt, Und die Libell am Schilfe Entschlummert taubenetzt. Es war dem goldnen Käfer Zur Wieg ein Rosenblatt; Die Herde mit dem Schäfer Sucht ihre Lagerstatt. 51 Die Lerche sucht aus Lüften Ihr feuchtes Nest im Klee, Und in des Waldes Schlüften Ihr Lager Hirsch und Reh. Wer sein ein Hüttchen nennet, Ruht nun darin sich aus; Und wen die Fremde trennet, Den trägt ein Traum nach Haus. Mich fasset ein Verlangen, Dass ich zu dieser Frist Hinauf nicht kann gelangen, Wo meine Heimat ist. 52 Matthias Claudius DIE STERNSEHERIN LISE Ich sehe oft um Mitternacht, Wenn ich mein Werk getan Und niemand mehr im Hause wacht, Die Stern am Himmel an. Sie gehn da, hin und her zerstreut Als Lämmer auf der Flur; In Rudeln auch, und aufgereiht Wie Perlen an der Schnur Und funkeln alle weit und breit, Und funkeln rein und schön; Ich seh die große Herrlichkeit, Und kann mich satt nicht sehn... Dann saget, unterm Himmelszelt, Mein Herz mir in der Brust: „Es gibt was Bessers in der Welt Als all ihr Schmerz und Lust.“ Ich werf mich auf mein Lager hin, Und liege lange wach, Und suche es in meinem Sinn, Und sehne mich darnach. 53 Eduard Mörike UM MITTERNACHT Gelassen stieg die Nacht ans Land, Lehnt träumend an der Berge Wand; Ihr Auge sieht die goldne Waage nun Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn. Und kecker rauschen die Quellen hervor, Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr Vom Tage, Vom heute gewesenen Tage. Das uralt alte Schlummerlied – Sie achtet’s nicht, sie ist es müd’; Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, Der flücht’gen Stunden gleichgeschwungnes Joch. Doch immer behalten die Quellen das Wort, Es singen die Wasser im Schlafe noch fort Vom Tage Vom heute gewesenen Tage. 54 Johann Wolfgang von Goethe UM MITTERNACHT Um Mitternacht ging ich, nicht eben gerne, Klein-kleiner Knabe, jenen Kirchhof hin Zu Vaters Haus, des Pfarrers; Stern am Sterne, Sie leuchteten doch alle gar zu schön: Um Mitternacht. Wenn ich dann ferner in des Lebens Weite Zur Liebsten musste, musste, weil sie zog, Gestirn und Nordschein über mir im Streite, Ich gehend, kommend Seligkeiten sog: Um Mitternacht. Bis dann zuletzt des vollen Mondes Helle So klar und deutlich mir ins Finstere drang, Auch der Gedanke willig, sinnig, schnelle Such ums Vergangne wie ums Künftige schlang: Um Mitternacht. 55 Friedrich Nietzsche UM MITTERNACHT Eins! O Mensch! Gib acht! Zwei! Was spricht die tiefe Mitternacht? Drei! „Ich schlief, ich schlief –, Vier! „Aus tiefem Traum bin ich erwacht: – Fünf! „Die Welt ist tief, Sechs! „Und tiefer als der Tag gedacht. Sieben! „Tief ist ihr Weh –, Acht! „Lust – tiefer noch als Herzeleid: Neun! „Weh spricht: Vergeh! Zehn! „Doch alle Lust will Ewigkeit –, Elf! „ – will tiefe, tiefe Ewigkeit!“ Zwölf! 56 Friedrich Rückert UM MITTERNACHT Um Mitternacht Hab ich gewacht Und aufgeblickt zum Himmel; Kein Stern vom Sterngewimmel Hat mir gelacht Um Mitternacht. Um Mitternacht Hab ich gedacht Hinaus in dunkle Schranken; Es hat kein Lichtgedanken Mir Trost gebracht Um Mitternacht. Um Mitternacht Nahm ich in acht Die Schläge meines Herzens; Ein einz’ger Puls des Schmerzens War angefacht Um Mitternacht. Um Mitternacht Kämpft ich die Schlacht, O Menschheit, deiner Leiden; Nicht konnt ich sie entscheiden Mit meiner Macht Um Mitternacht. 57 Um Mitternacht Hab ich die Macht In deine Hand gegeben: Herr über Tod und Leben, Du hälst die Wacht Um Mitternacht. 58 Matthias Claudius EIN LIED FÜR SCHWINDSÜCHTIGE Weh mir! Es sitzt mir in der Brust, Und drückt und nagt mich sehr; Mein Leben ist mir keine Lust Und keine Freude mehr. Ich bin mir selber nicht mehr gleich, Bin recht ein Bild der Not, Bin Haut und Knochen, blass und bleich, Und huste mich fast tot. Die Luft, drein herrlich von Natur Gott seinen Segen senkt, Und daraus alle Kreatur Mit Heil und Leben tränkt; Die ist für mich nicht frei, nicht Heil. Mein Atem geht schwer ein; Ich muss um mein bescheiden Teil Mich martern und kastein. Und doch labt’s und erquickt’s mich nicht, Macht’s mir nicht frischen Sinn; Die Blume, die der Wurm zersticht, Welkt jämmerlich dahin! Auch Schlaf, der alle glücklich macht, Will nicht mein Freund mehr sein, Und lässet mich die ganze Nacht Mit meiner Not allein. 59 Die Ärzte tun zwar ihre Pflicht, Und fuschern drum und dran; Allein sie haben leider nicht Das, was mir helfen kann. Mein Hülf allein bleibt Sarg und Grab, O sängen an der Tür Sie schon, und senkten mich hinab! Wie leicht und wohl wär’s mir! O sängen doch an meiner Tür Sie laut: „Ich hab mein Sach etc.“ Und trügen mich, und folgten mir In langer Reihe nach, Rund um die Kirch ans Grab heran, Und senkten mich hinein! – Ich läg und hätte Ruhe dann, Und fühlte keine Pein. Doch ich will leiden, bis Gott ruft, Gern leiden bis ans Ziel. Nur deinen Trost! und etwas Luft! Du hast der Luft so viel. 60 Matthias Claudius NACH DER KRANKHEIT 1777 Ich lag und schlief! da fiel ein böses Fieber Im Schlaf auf mich daher, Und stach mir in der Brust und nach dem Rücken über, Und wütete fast sehr. Es sprachen Trost, die um mein Bette saßen; Lieb Weibel grämte sich, Ging auf und ab, wollt sich nicht trösten lassen, Und weinte bitterlich. Da kam Freund Hain: „Lieb Weib, musst nicht so grämen, Ich bring ihn sanft zur Ruh“: Und trat ans Bett, mich in den Arm zu nehmen, Und lächelte dazu. Sei mir willkommen, sei gesegnet, Lieber! Weil du so lächelst; doch Doch, guter Hain, hör an, darfst du vorüber, So geh und lass mich noch! „Bist bange, Asmus? – Darf vorübergehen Auf dein Gebet und Wort. Leb also wohl, und bis auf Wiedersehen!“ Und damit ging er fort. Und ich genas! Wie sollt ich Gott nicht loben! Die Erde ist doch schön, Ist herrlich doch wie seine Himmel oben, Und lustig drauf zu gehn! 61 Will mich denn freun noch, wenn auch Lebensmühe Mein wartet, will mich freun! Und wenn du wiederkömmst, spät oder frühe, So lächle wieder, Hain! 62 Matthias Claudius DER TOD Ach, es ist so dunkel in des Todes Kammer, Tönt so traurig, wenn er sich bewegt Und nun aufhebt seinen schweren Hammer Und die Stunde schlägt. 63 Des Knaben Wunderhorn TODESAHNDUNG EINER WÖCHNERIN Mein Auge wankt, Am Mond erkrankt, Er möchte mir beispringen, Mir drohn des Todes Klingen. Muss Sichelschein Den Zirkel rund Zur Todesfackel füllen, Ich bild mir’s ein, Ich sterb zur Stund, Helft weinen, ihr Gespielen! Vergönnt es mir, Das Grün hinfür Allhier noch anzuschauen Auf Bergen, Tal und Auen. Was Laub und Blüt Ins Auge trägt An Buchen, Eichen, Tannen, Und was nur hie Der Frühling pflegt Für Teppich aufzuspannen. Die Wasserflüss Bezeugen dies, Die rauschend weiterfließen, Die Büsche grün begießen, Nie stehn sie still, Sind ohne Ruh, Die Reis mir anzudeuten, Wenn ich erfüllt Mein Werk dazu Nach den erkannten Zeiten. 64 Ein Monat Licht Von hinnen flücht. Das Trauern in dem Hirne Treibts Uhrwerk der Gestirne. Wohlan, so lauf, O Trän den Weg, Zur Wanderschaft musst fließen. Verlobt zum Kauf Dich niederleg, Den Jüngsten Tag zu grüßen. Wenn ich schon klag, So viel ich mag, Mein schwache Stimm zu heben, Weil ich möcht länger leben, Mein Herz vernimmt In gleichem Schall, Umsonst ist mein Bewerben. Es bringt die Stimm Im Widerhall, Ich müsse leider sterben! 65 Des Knaben Wunderhorn WO DIE SCHÖNEN TROMPETEN BLASEN Wer ist denn draußen und wer klopfet an, Der mich so leise, so leise wecken kann? Das ist der Herzallerliebste dein, Steh auf und lass mich zu dir ein! Was soll ich hier noch länger stehn? Ich seh die Morgenröt aufgehn, Die Morgenröt, zwei helle Stern, Bei meinem Schatz, da wär ich gern! Bei meiner Herzallerliebsten! Das Mädchen stand auf und ließ ihn ein, Sie heißt ihn auch willkommen sein: Willkommen, lieber Knabe mein! So lang hast du gestanden! Sie reicht ihm auch die schneeweiße Hand. Von ferne sang die Nachtigall, Das Mädchen fing zu weinen an. Ach weine nicht, du Liebste mein, Ach weine nicht, du Liebste mein, Aufs Jahr sollst du mein eigen sein. Mein eigen sollst du werden gewiss, Wie’s keine sonst auf Erden ist! O Lieb auf grünen Erden. Ich zieh in Krieg auf grüne Heid; Die grüne Heid, die ist so weit! Allwo die schönen Trompeten blasen, Da ist mein Haus, mein Haus von grünem Rasen! 66 Matthias Claudius KRIEGSLIED ‘s ist Krieg! ‘s ist Krieg! O Gottes Engel wehre, Und rede du darein! ‘s ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein! Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen Und blutig, bleich und blass, Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen, Und vor mir weinten, was? Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten, Verstümmelt und halb tot Im Staub sich vor mir wälzten, und mir fluchten In ihrer Todesnot? Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute, So glücklich vor dem Krieg, Nun alle elend, alle arme Leute, Wehklagten über mich? Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten Freund, Freund und Feind ins Grab Versammelten, und mir zu Ehren krähten Von einer Leich herab? Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre? Die könnten mich nicht freun! ‘s ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein! 67 August von Platen Ist’s möglich, ein Geschöpf in der Natur zu sein, Und stets und wiederum auf falscher Spur zu sein? Ward nicht dieselbe Kraft, die dort im Sterne flammt, Bestimmt, als Rose hier die Zier der Flur zu sein? Was seufzt ihr euch zurück ins sonst’ge Paradies, Um, wie das Sonnenlicht, verklärt und pur zu sein? Was wünscht ihr schmerzbewegt euch bald im Erdenschoß, Und über Wolken bald und im Azur zu sein? Was forscht ihr früh und spat dem Quell des Übels nach, Das doch kein andres ist, als – Kreatur zu sein? Sich selbst zu schaun erschuf der Ewige das All, Das ist der Schmerz des Alls, ein Spiegel nur zu sein! In Gott allein ist Ruh’, doch wir vermögen nichts, Als bloß ein Pendelschwung der ew’gen Uhr zu sein. 68 August von Platen Es liegt an eines Menschen Schmerz, an eines Menschen Wunde nichts, Es kehrt an das, was Kranke quält, sich ewig der Gesunde nichts, Und wäre nicht das Leben kurz, das stets der Mensch vom Menschen erbt, So gäb’s Beklagenswerteres auf diesem weiten Runde nichts. Einförmig stellt Natur sich her, doch tausendförmig ist ihr Tod, Es fragt die Welt nach meinem Ziel, nach deiner letzten Stunde nichts. Und wer sich willig nicht ergibt dem ehrnen Lose, das ihm dräut, Der zürnt ins Grab sich rettungslos und fühlt in dessen Schlunde nichts. Dies wissen alle, doch vergisst es jeder gerne jeden Tag. So komme denn, in diesem Sinne, hinfort aus meinem Munde nichts! Vergesst, dass euch die Welt betrügt, und dass ihr Wunsch nur Wünsche zeugt, Lasst eurer Liebe nichts entgehn, entschlüpfen eurer Kunde nichts! Es hoffe jeder, dass die Zeit ihm gebe, was sie keinem gab, Denn jeder sucht ein All zu sein und jeder ist im Grunde nichts. 69 Matthias Claudius AUF EINEN SELBSTMÖRDER Videre verum, atque uti res est dicere Er glaubte sich und seine Not Zu lösen durch den Tod. Wie hat er sich betrogen! Hier stand er hinterm Busch versteckt; – Dort steht er bloß und unbedeckt, Und alles, was ihn hier geschreckt, Ist mit ihm hingezogen – Wie hat er sich betrogen! 70 August von Platen Hab ich doch Verlust in allem, was ich je gewann, ertragen; Aber, glaubet mir, das Leben lässt sich dann und wann ertragen! Zwar der ganze Druck des Leidens riss mich oft schon halb zu Boden, Doch ich hab ihn immer wieder, wenn ich mich besann, ertragen: Mir geziemt der volle Becher, mir der volle Klang der Lauten, Denn den vollen Schmerz des Lebens hab ich als ein Mann ertragen! Trennungsqual, verschmähte Liebe, Freundes Hass und Widersacher Hab ich, und was sonst der Faden des Geschicks mir spann, ertragen; Doch nun fühl ich, wie auf Fitt’gen, bis zum Himmel mich gehoben, Denn es lehrte mich das Leben, dass man alles kann ertragen! Und es öffnet gegen alle sich das Herz in reiner Liebe, Und ich will so gern mit allen dieses Lebens Bann ertragen; Schließt den Kreis und leert die Flaschen, diese Sommernächte feiernd, Schlimmre Zeiten werden kommen, die wir auch sodann ertragen. 71 Dschelaleddin Rumi Er hat’s gemacht, was soll ich machen? Er ist, der wacht, was soll ich wachen? Ich will in seinem Frieden schlafen, Er sitzt und lenket meinen Nachen. Er lenkt ihn durch der Meere Brausen Und durch der Krokodile Rachen, Durch das Gezisch der Wasserschlangen Und durchs Gebell der Flammendrachen. Fahrlos mit dir bin ich gefahren Schon in Gefahren tausendfachen. Mag unter mir der Abgrund gähnen Und über mir die Feste krachen. Dein Hauch ist stark, um auszublasen Das Feur, und lind, es anzufachen. Was sollt ich fremde Sachen führen? Du führest deine, meine Sachen. Du wirst mein Haupt vorm Mittagsbrande Mit einem Schattendach bedachen, Und wirst mir, wo in Nacht ich gehe, Entgegen wie der Morgen lachen. 72 Friedrich Rückert EIN OBDACH Ein Obdach gegen Sturm und Regen Der Winterzeit Sucht ich, und fand den Himmelssegen Der Ewigkeit. O Wort, wie du bewährt dich hast: Wer wenig sucht, der findet viel. Ich suchte eine Wanderrast, Und fand mein Reiseziel. 73 Matthias Claudius OSTERLIED Das Grab ist leer, das Grab ist leer! Erstanden ist der Held! Das Leben ist des Todes Herr, Gerettet ist die Welt! Gerettet ist die Welt! Die Schriftgelehrten hatten’s Müh’ Und wollten Weise sein; Sie hüteten das Grab, und sie Versiegelten den Stein, Versiegelten den Stein. Doch ihre Weisheit, ihre List Zu Spott’ und Schande ward; Denn Gottes Weisheit höher ist Und einer andern Art, Und einer andern Art. Sie kannten nicht den Weg, den Gott In seinen Werken geht; Und dass nach Marter und nach Tod Das Leben aufersteht, Das Leben aufersteht. 74 Dschelaladdin Rumi Mit deiner Seele hat sich meine Gemischt, wie Wasser mit dem Weine. Wer kann den Wein vom Wasser trennen, Wer dich und mich aus dem Vereine? Du bist mein großes Ich geworden, Und nie mehr will ich sein dies kleine. Du hast mein Wesen angenommen, Sollt ich nicht nehmen an das deine? Auf ewig hast du mich bejahet, Dass ich dich ewig nie verneine. Dein Liebesduft der mich durchdrungen, Geht nie aus meinem Mark und Beine. Ich ruh als Flöt an deinem Munde, Als Laut in deinem Schoß alleine. Gib einen Hauch mir, dass ich seufze, Gib einen Schlag mir, dass ich weine. Süß ist mein Weinen und mein Seufzen, Dass ich der Welt zu jauchzen scheine. Du ruhst in meiner Seele Tiefen Mit deines Himmels Widerscheine. O Edelstein in meinen Schachten, O Perl in meinem Muschelschreine. Mein Zucker ist in dir zerschmolzen, O Milch des Lebens, milde, reine; 75 Und unsre beiden Süßigkeiten Genießet Kindermund als eine. Du pressest mich zu Rosenwasser, Nicht seufzt ich unter deinem Steine. In deiner süßen Qual vergaß ich, Dass ich die Rose war am Raine. Da brachtest du an deinen Kleidern Mich mitten unter die Gemeine; Und als du auf die Welt mich gossest, Ward sie zu einem Rosenhaine. 76 August von Platen Die Sterne scheinen, und alles ist gut, Sie tadeln keinen, und alles ist gut; Drum keck, o Schenke, kredenze mir Wein, Purpurnen, reinen, und alles ist gut; Die Sonnenaugen entflammen den Stern, Und mich die deinen, und alles ist gut; Dein Schmeicheln, Zürnen und Trotzen und Flehn, Dein Lachen, Weinen und alles ist gut; Die Welt im Großen, und du mir in ihr Die Welt im Kleinen und alles ist gut; Noch einen Kuss, ich begehre nur dies, Versprich noch einen, und alles ist gut; Des Hafis Lieder, ich rühme sie laut, Du rühmst die meinen, und alles ist gut. 77 Barthold Hinrich Brockes GEFÄHRLICHE VERACHTUNG DER WELT Man saget, unser Leben sei Hier bloß ein Durchgang, eine Reise, Wohin? Der Zweck ist zweierlei, Zur Höllen, und zum Paradeise. So reist man hier denn, ohne Zweifel, Zum Schöpfer oder auch zum Teufel. Dies klingt wahrhaftig hart, die Welt, Die so viel Wunder in sich hält, Verächtlich einen Postweg nennen, Und, sonder Ohr, Gefühl, Gesicht, Den schönen Bau der Welt durchrennen, Den Gott so herrlich zugericht. Sind uns die Sinnen, hier im Leben, Denn nur fürs Künftige gegeben? Sind sie und diese Welt nicht wert, Dass man denjenigen verehrt, Der sie so herrlich schaffen wollen, Nebst uns, damit wir, im Genuss, Bei einem solchen Überfluss, Uns freuen und ihm danken sollen? Allein man hält uns, bis ins Grab, Ach leider! so zu denken ab. Und, bei dem Handel, glaubet man, Dass man doch selig werden kann. Ist es vernünftig, so zu denken: „Ich hab, o Schöpfer, deine Macht, Und Lieb und Weisheit nichts geacht, Drum wirst du mir den Himmel schenken?“ 78 Wohl aber würd es besser klingen: „Mein Gott, ich hab in allen Dingen, Die deine Huld hervorgebracht, Die Macht und Weisheit, mit Bedacht, Betrachtet, und mit Lust besehen, Und, um dich würdig zu erhöhen, Den mir gegebenen Verstand Aus allen Kräften angewandt, Nach den Gesetzen meiner Pflicht, Dein im Geschöpf verhülltes Licht, Und in den wunderbaren Werken, Herr! Deine Weisheit zu bemerken. Du wirst demnach nach diesem Leben, Da ich nach Möglichkeit gelebt, wie ich gesollt, Und das dabei geglaubt, was du gewollt, Aus Gnaden mir den Himmel geben. Damit ich auch, nach dieser Zeit, In jener selgen Ewigkeit, An deinen nie erschöpften Schätzen, Mich, sonder Ende, mög ergötzen.“ 79 William Blake DER PREIS DER ERFAHRUNG „Was ist der Preis der Erfahrung? Kauft man sie für ein Lied? Oder Weisheit für einen Tanz auf der Straße? Nein, sie wird erkauft mit allem, was einer hat, seinem Haus, Weib, Kindern. Weisheit wird verkauft auf jenem einsamen Markt, wo niemand zum Kaufen kommt, und auf dem verdorrten Acker, wo der Bauer vergeblich um sein Brot pflügt. Es ist ein leichtes zu frohlocken in der Sommersonne und zur Ernte & zu singen auf einem Wagen voller Korn. Es ist ein leichtes, den Notleidenden zur Geduld zu raten, den Heimatlosen weise Voraussicht zu predigen, das Kreischen der hungernden Raben im Winter zu hören, wenn man selbst wohlgefüllt ist mit Wein & gutem Lamm. Es ist ein leichtes über die stürmischen Elemente zu lachen, den Hund zu hören, wie er heult an der winterlichen Tür, den Ochsen, wie er stöhnt im Schlachthaus; einen Gott zu sehen in jedem Wind & einen Segen in jedem Lüftchen; den Klang der Liebe im Gewittersturm zu vernehmen, der das Haus unserers Feindes zerstört; sich zu erfreuen am Mehltau, der seine Felder überdeckt, & an der Krankheit, die ihm die Kinder hinwegrafft; während der Ölbaum & der Weinstock vor unserer Tür prächtig gedeihen, & unsere Kinder Früchte & Blumen bringen. Dann sind Schmerz & Pein leicht vergessen & der Sklave in der Tretmühle; und der Gefangene in Ketten & der Arme im Gefängnis & der Soldat im Feld, wenn seine zertrümmerten Knochen ihn zu den glücklicheren Toten gelegt haben; es ist ein leichtes sich zu freuen in den Zelten des Überflusses; so könnte man singen & sich freuen: aber nicht ich.“ 80 Friedrich Nietzsche DER GEHEIMNISVOLLE NACHEN Gestern nachts, als alles schlief, Kaum der Wind mit ungewissen Seufzern durch die Gassen lief, Gab mir Ruhe nicht das Kissen, Noch der Mohn, noch, was sonst tief Schlafen macht, – ein gut Gewissen. Endlich schlug ich mir den Schlaf Aus dem Sinn und lief zum Strande. Mondhell war’s und mild, ich traf Mann und Kahn auf warmem Sande, Schläfrig beide, Hirt und Schaf: – Schläfrig stieß der Kahn vom Lande. Eine Stunde, leicht auch zwei, Oder war’s ein Jahr? – da sanken Plötzlich mir Sinn und Gedanken In ein ewges Einerlei, Und ein Abgrund ohne Schranken Tat sich auf: – da war’s vorbei! – Morgen kam: auf schwarzen Tiefen steht ein Kahn und ruht und ruht... Was geschah? so rief’s, so riefen Hundert bald: was gab es? Blut? – – Nichts geschah! Wir schliefen, schliefen Alle – ach, so gut! so gut! 81 Des Knaben Wunderhorn GEDANKENSTILLE Vögel, tut euch nicht verweilen, Kommet, eilet schnell herzu, Wölfe, höret auf zu heulen, Denn ihr störet meine Ruh. Götter, kommt und helft mir klagen, Ihr sollt alle Zeugen sein, Dürft ich es den Lüften sagen Und entdecken meine Pein. Wehet nur, ihr sanften Winde, Bächlein rauschet nicht so sehr, Fließt und wehet jetzt gelinde, Gebt doch meinem Lied Gehör. Äst und Zweige tut nicht wanken, Bäum und Blätter, haltet still, Weil ich jetzo in Gedanken Euch mein Lied entdecken will. 82 Friedrich Nietzsche IM SÜDEN So häng ich denn auf krummem Aste Und schaukle meine Müdigkeit. Ein Vogel lud mich her zu Gaste, Ein Vogelnest ist’s, drin ich raste. Wo bin ich doch? Ach, weit! Ach, weit! Das weiße Meer liegt eingeschlafen, Und purpurn steht ein Segel drauf. Fels, Feigenbäume, Turm und Hafen, Idylle rings, Geblök von Schafen, – Unschuld des Südens, nimm mich auf! Nur Schritt für Schritt – das ist kein Leben, Stets Bein vor Bein macht deutsch und schwer. Ich hieß den Wind mich aufwärts heben, Ich lernte mit den Vögeln schweben, – Nach Süden flog ich übers Meer. Vernunft! Verdrießliches Geschäfte! Das bringt uns allzubald ans Ziel! Im Fliegen lernt ich, was mich äffte, – Schon fühl ich Mut und Blut und Säfte Zu neuem Leben, neuem Spiel ... Einsam zu denken nenn ich weise, Doch einsam singen – wäre dumm! So hört ein Lied zu eurem Preise Und setzt euch still um mich im Kreise, Ihr schlimmen Vögelchen, herum! 83 So jung, so falsch, so umgetrieben Scheint ganz ihr mir gemacht zum Lieben Und jedem schönen Zeitvertreib? Im Norden – ich gesteh’s mit Zaudern – Liebt ich ein Weibchen, alt zum Schaudern: „Die Wahrheit“ hieß dies alte Weib... 84 Friedrich Nietzsche MEIN GLÜCK Die Tauben von San Marco seh ich wieder: Still ist der Platz, Vormittag ruht darauf. In sanfter Kühle schick ich müßig Lieder Gleich Taubenschwärmen in das Blau hinauf – Und locke sie zurück, Noch einen Reim zu hängen ins Gefieder – mein Glück! Mein Glück! Du stilles Himmels-Dach, blau-licht, von Seide, Wie schwebst du schirmend ob des bunten Bau’s, Den ich – was sag ich? – liebe, fürchte, neide ... Die Seele wahrlich tränk' ich gern ihm aus! Gäb’ ich sie je zurück? – Nein, still davon, du Augen-Wunderweide! – mein Glück! Mein Glück! Du strenger Turm, mit welchem Löwendrange Stiegst du empor hier, siegreich, sonder Müh! Du überklingst den Platz mit tiefem Klange –: Französische wärst du sein accent aigu? Blieb ich gleich dir zurück, Ich wüsste, aus welch seidenweichem Zwange ... – mein Glück! Mein Glück! 85 Fort, fort Musik! Lass erst die Schatten dunkeln Und wachsen bis zur braunen lauen Nacht! Zum Tone ist’s zu früh am Tag, noch funkeln Die Gold-Zierarten nicht in Rosen-Pracht, Noch blieb viel Tag zurück, Viel Tag für Dichten, Schleichen, Einsam-Munkeln – mein Glück! Mein Glück! 86 Friedrich Nietzsche UNTER FEINDEN (Nach einem Zigeuner-Sprichwort) Dort der Galgen, hier die Stricke Und des Henkers roter Bart, Volk herum und giftge Blicke – Nichts ist neu dran meiner Art! Kenne dies aus hundert Gängen, Schrei’s euch lachend ins Gesicht: „Unnütz, unnütz, mich zu hängen! Sterben? Sterben kann ich nicht!“ Bettler ihr! Denn euch zum Neide Ward mir, was ihr – nie erwerbt: Zwar ich leide, zwar ich leide – Aber ihr – ihr sterbt, ihr sterbt! Auch nach hundert Todesgängen Bin ich Atem, Dunst und Licht – „Unnütz, unnütz, mich zu hängen! Sterben? Sterben kann ich nicht!“ 87 Friedrich Nietzsche DIESEN UNGEWISSEN SEELEN Diesen ungewissen Seelen Bin ich grimmig gram. All ihr Ehren ist ein Quälen, All ihr Lob ist Selbstverdruss und Scham. Dass ich nicht an ihrem Stricke Ziehe durch die Zeit, Dafür grüßt mich ihrer Blicke Giftig-süßer, hoffnungsloser Neid. Möchten sie mir herzhaft fluchen Und die Nase drehn! Dieser Augen hilflos Suchen Soll bei mir auf ewig irregehn. 88 Matthias Claudius DER MANN IM LEHNSTUHL Saß einst in einem Lehnstuhl still Ein vielgelehrter Mann, Und um ihn trieben Knaben Spiel Und sahn ihn gar nicht an. Sie spielten aber Steckenpferd, Und ritten hin und her: Hopp, hopp! und peitschten unerhört, Und trieben’s Wesen sehr. Der Alte dacht in seinem Sinn: „Die Knaben machen’s kraus! Muss sehen lassen wer ich bin.“ Und damit kramt’ er aus; Und machte ein gestreng Gesicht, Und sagte weise Lehr. Sie spielten fort, als ob da nicht Mann, Lehr, noch Lehnstuhl wär. Da kam die Laus und überlief Die Lung und Leber ihm. Er sprang vom Lehnstuhl auf, und rief Und schalt mit Ungestüm: „Mit dem verwünschten Steckenpferd! Was doch die Unart tut! Still da! ihr Jungens, still, und hört! Denn meine Lehr ist gut.“ 89 „Kann sein“, sprach einer, „weiß es nit, Geht aber uns nicht an. Da ist ein Pferd, komm reite mit; Denn bist du unser Mann.“ 90 Barthold Hinrich Brockes DIE HERDE KÜHE Auf bunt beblümt und dick begraster Erde Erblickt ich jüngst in der gehörnten Herde Ein Bild des Friedens und der Ruh. Ich sah dem sanften Wieder-Käuen, Ich höret ihm zugleich mit Anmut zu, Und musste mich recht herzlich drüber freuen. Wie lieblich lässt es nicht, Wenn sie mit halben teils, teils ganz geschlossnen Augen Den ausgedruckten Saft voll sanfter Wollust saugen, Mit den beweglichen behaarten Ohren spielen, Und mit dem schlanken Schweif, sobald sie Fliegen fühlen, Um sie, zusammt dem Schwarm der Mücken, zu verjagen, Mit regen Kreisen stets die glatten Seiten schlagen. Der Farben Unterschied vergnüget das Gesicht. Wie angenehm, wie lieblich, lässt es nicht, Wenn man an dieser hier Ein glattes Schwarz, an der ein glühend Rot, erblicket, Wenn eine bläulich graue Haut Dort eine Kuh, und sie die Wiese, schmücket. Absonderlich wird nicht ohn’ Anmut angeschaut, Wenn schwarze bald, bald rote Flecken Von mancher weißen Kuh die hell-bestrahlten Seiten Mit mancherlei Figuren decken. Recht herrlich glänzen die, so scheckigt sind, von weiten. Die schön gehörnte Stirn ist an den meisten weiß, Wobei das schwarze Maul in seiner feuchten Glätte Gar oft, als ob man es mit Fleiß Mit Leib-Farb nett umstrichen hätte, recht artig anzusehn. 91 Wenn sie das frische Gras Mit scharfen Zungen mähn, Erreget jeder Biss ein rauschendes Getön, Womit sich wechselsweis ein starkes Schnaufen mengt, Das dem, der sich dabei ins kühle Gras gestreckt, Ein nicht unangenehm Getös erweckt. In ihren halb geschlossnen Augen scheint Die Sanftmut mit der Ruh vereint, Gelassen, unbesorgt, und recht vergnügt zu wohnen. Ach dass man euch, mit ruhigem Gemüt, Nicht oft zu unsrer Lehr’ in solcher Stellung sieht! Mit hin und her bewegten Kiefern stunden Verschiedne glatte Küh’ unangebunden, Und ließen aus der vollen Euter Zitzen Die fette Milch zu unsrer Nahrung spritzen. Liebstes Vieh, da ich hier stehe, Und, wie man dich melket, sehe; Fällt mir bei, Auf was Weis’ es möglich sei, Dass in dir das Gras für mich Auf so wundersame Weise So zum Trank als auch zur Speise Zubereitet werd’, und sich, Als in lebendigen Öfen, gleichsam destilliere. Sprich nun, Mensch, ob in der Tat Dem, der es geordnet hat, Nicht unendlich Lob gebühre! 92 Matthias Claudius ALS DER HUND TOT WAR Alard ist hin, und meine Augen fließen Mit Tränen der Melancholie! Da liegt er tot zu meinen Füßen! Das gute Vieh! Er tat so freundlich, klebt’ an mich wie Kletten, Noch als er starb an seiner Gicht. Ich wollt ihn gern vom Tode retten, Ich konnte nicht. Am Eichbaum ist er oft mit mir gesessen, In stiller Nacht mit mir allein; Alard, ich will dich nicht vergessen, Und scharr dich ein, Wo du mit mir oft saß’st, bei unsrer Eiche, Der Freundin meiner Schwärmerei.– Mond, scheine sanft auf seine Leiche! Er war mir treu. 93 Friedrich Gottlieb Klopstock DIE FRÜHEN GRÄBER Willkommen, oh silberner Mond, Schöner, stiller Gefährt der Nacht! Du entfliehst? Eile nicht, bleib, Gedankenfreund! Sehet, er bleibt, das Gewölk wallte nur hin. Des Maies Erwachen ist nur Schöner noch wie die Sommernacht, Wenn ihm Tau, hell wie Licht, aus der Locke träuft, Und zu dem Hügel herauf rötlich er kömmt. Ihr Edleren, ach, es bewächst Eure Male schon ernstes Moos! O, wie war glücklich ich, als ich noch mit euch Sahe sich röten den Tag, schimmern die Nacht! 94 Eduard Mörike WALDPLAGE Im Walde deucht mir alles miteinander schön, Und nichts Missliebiges darin, so vielerlei Er hegen mag; es krieche zwischen Gras und Moos Am Boden, oder jage reißend durchs Gebüsch, Es singe oder kreische von den Gipfeln hoch, Und hacke mit dem Schnabel in der Fichte Stamm, Dass lieblich sie ertönet durch den ganzen Saal. Ja machte je sich irgend etwas unbequem, Verdrießt es nicht, zu suchen einen andern Sitz, Der schöner bald, der allerschönste, dich bedünkt. Ein einzig Übel aber hat der Wald für mich, Ein grausames und unausweichliches beinah. Sogleich beschreib ich dieses Scheusal, dass ihrs kennt; Noch kennt ihrs kaum, und merkt es nicht, bis unversehns Die Hand euch und, noch schrecklicher, die Wange schmerzt. Geflügelt kommt es, säuselnd, fast unhörbarlich; Auf Füßen, zweimal dreien, ist es hoch gestellt (Deswegen ich in Versen es zu schmähen auch Den klassischen Senarium mit Fug erwählt); Und wie es anfliegt, augenblicklich lässet es Den langen Rüssel senkrecht in die zarte Haut; Erschrocken schlagt ihr schnell darnach, jedoch umsonst, Denn, graziöser Wendung, schon entschwebet es. Und alsobald, entzündet von dem raschen Gift, Schwillt euch die Hand zum ungestalten Kissen auf, Und juckt und spannt und brennet zum Verzweifeln euch Viel Stunden, ja zuweilen noch den dritten Tag. So unter meiner Lieblingsfichte saß ich jüngst – Zur Lehne wie gedrechselt für den Rücken, steigt Zwiestämmig, nah dem Boden, sie als Gabel auf – Den Dichter lesend, den ich jahrelang vergaß: An Fanny singt er, Cidly und den Züricher See, Die frühen Gräber und des Rheines goldnen Wein 95 (O sein Gestade brütet jenes Greuels auch Ein größeres Geschlechte noch und schlimmres aus, Ich kenn es wohl, doch höflicher dem Gaste wars.) – Nun aber hatte geigend schon ein kleiner Trupp Mich ausgewittert, den geruhig Sitzenden; Mir um die Schläfe tanzet er in Lüsternheit. Ein Stich! der erste! er empört die Galle schon. Zerstreuten Sinnes immer schiel ich übers Blatt. Ein zweiter macht, ein dritter, mich zum Rasenden. Das holde Zwillings-Nymphenpaar des Fichtenbaums Vernahm da Worte, die es nicht bei mir gesucht; Zuletzt geboten sie mir flüsternd Mäßigung: Wo nicht, so sollt ich meiden ihren Ruhbezirk. Beschämt gehorcht ich, sinnend still auf Grausamtat. Ich hielt geöffnet auf der flachen Hand das Buch, Das schwebende Geziefer, wie sich eines naht’, Mit raschem Klapp zu töten. Ha! da kommt schon eins! „Du fliehst! o bleibe, eile nicht, Gedankenfreund!“ (Dem hohen Mond rief jener Dichter zu dies Wort.) Patsch! Hab ich dich, Canaille, oder hab ich nicht? Und hastig – denn schon hatte meine Mordbegier Zum stillen Wahnsinn sich verirrt, zum kleinlichen – Begierig blättr’ ich: ja, da liegst du plattgedrückt, Bevor du stachst, nun aber stichst du nimmermehr, Du zierlich Langgebeinetes, Jungfräuliches! – Also, nicht ahnend eines schönen Buches Verderb, Trieb ich erheitert lange noch die schnöde Jagd, Unglücklich oft, doch öfter glücklichen Erfolgs. So mag es kommen, dass ein künftiger Leser wohl Einmal in Klopstocks Oden, nicht ohn einiges Verwundern, auch etwelcher Schnaken sich erfreut. 96 Des Knaben Wunderhorn DES ANTONIUS VON PADUA FISCHPREDIGT Antonius zur Predig Die Kirche findt ledig. Er geht zu den Flüssen Und predigt den Fischen; Sie schlagen mit den Schwänzen, Im Sonnenschein glänzen. Die Karpfen mit Rogen Sind all hieher zogen, Haben d’Mäuler aufrissen, Sich Zuhörens beflissen: Kein Predigt niemalen Den Karpfen so gfallen. Spitzgoschete Hechte Die immerzu fechten, Sind eilend herschwommen, Zu hören den Frommen: Kein Predig niemalen Den Hechten so gfallen. Auch jene Phantasten, So immer beim Fasten, Die Stockfisch in meine, Zur Predig erscheinen: Kein Predig niemalen Den Stockfisch so gfallen. 97 Gut Aalen und Hausen, Die Vornehme schmausen, Die selber sich bequemen, Die Predig vernehmen: Kein Predig niemalen Den Aalen so gfallen. Auch Krebsen, Schildkroten, Sonst langsame Boten, Steigen eilend vom Grund, Zu hören diesen Mund: Kein Predig niemalen, Den Krebsen so gfallen. Fisch große, Fisch kleine, Vornehm und gemeine, Erheben die Köpfe Wie verständge Geschöpfe: Auf Gottes Begehren Antonium anhören. Die Predigt geendet, Ein jedes sich wendet, Die Hechte bleiben Diebe, Die Aale viel lieben. Die Predig hat gfallen. Sie bleiben wie alle. Die Krebs gehn zurücke, Die Stockfisch bleiben dicke, Die Karpfen viel fressen, Die Predig vergessen. Die Predig hat gfallen Sie bleiben wie alle. 98 Des Knaben Wunderhorn ÜBERSICHTIGKEIT Schön wär ich gern, das bin ich nicht, Fromm bin ich wohl, das hilft mir nicht, Geld hilft mir wohl, das hab ich nicht, Darum bin ich kein Buhler nicht. Schönheit hilft mir wohl zur Buhlerei, Schöne Gestalt macht stolz darbei, Dich nicht verlass auf schöne Gestalt, Dass du nicht in Verfall kommst bald. Wenn ich schön wär und hätt viel Geld, Wär ich der Beste in der Welt, Dieweil ich aber solches nicht haben kann, So muss ich im Elende bleiben stahn. Frömmigkeit hat einen schlechten Platz, Geld ist doch der Welt bester Schatz, Frömmigkeit hilft nichts zur Buhlerei, Darum mir dasselbig verboten sei. Hätte ich solches alles drei, So wär mir geholfen frei, Geldswert hilft noch wohl, Liebe ein jeder, was er lieben soll. Frömmigkeit hat einen rechten Schein, Geldswert ist auch wohl fein, Schön Gestalt halt dich nur wert, Dieweil du lebest auf dieser Erd. 99 Des Knaben Wunderhorn VERLORENE MÜHE Sie Büble, wir wollen ausse gehe, Wollen unsre Lämmer besehe, Komm, liebs Büberle, Komm, ich bitt. Er Närrisches Dinterle, Ich geh dir halt nit. Sie Willst vielleicht ä bissel nasche, Hol dir was aus meiner Tasche, Hol, liebs Büberle, Hol, ich bitt. Er Närrisches Dinterle, Ich nasch dir halt nit. Sie Tut vielleicht der Durst dich plage, Komm, will dich zum Brunnen trage, Trink, liebs Büberle, Trink, ich bitt. Er Närrisches Dinterle, Es dürst mich halt nit. 100 Sie Tut vielleicht der Schlaf dich drücke, Schlaf, ich jag dir fort die Mücke, Schlaf, liebs Büberle, Schlaf, ich bitt. Er Närrisches Dinterle, Mich schläfert’s halt nit. Sie Gelt, ich soll mein Herz dir schenke, Immer willst an mich gedenke, Nimms, lieb Büberle, Nimms, ich bitt. Er Närrisches Dinterle, Ich mag es halt nit. 101 Eduard Mörike NIMMERSATTE LIEBE So ist die Lieb! So ist die Lieb! Mit Küssen nicht zu stillen: Wer ist der Tor und will ein Sieb Mit eitel Wasser füllen? Und schöpfst du an die tausend Jahr, Und küssest ewig, ewig gar, Du tust ihr nie zu Willen. Die Lieb, die Lieb hat alle Stund Neu wunderlich Gelüsten; Wir bissen uns die Lippen wund, Da wir uns heute küssten. Das Mädchen hielt in guter Ruh, Wie’s Lämmlein unterm Messer; Ihr Auge bat: nur immer zu, Je weher, desto besser! So ist die Lieb, und war auch so, Wie lang es Liebe gibt, Und anders war Herr Salomo, Der Weise, nicht verliebt. 102 Eduard Mörike ERSTES LIEBESLIED EINES MÄDCHENS Was im Netze? Schau einmal! Aber ich bin bange; Greif ich einen süßen Aal? Greif ich eine Schlange? Liebe ist blinde Fischerin; Sagt dem Kinde, Wo greifts hin? Schon schnellt mirs in Händen! Ach Jammer! o Lust! Mit Schmiegen und Wenden Mir schlüpfts an die Brust. Es beisst sich, o Wunder! Mir keck durch die Haut, Schießt’s Herze hinunter! O Liebe, mir graut! Was tun, was beginnen? Das schaurige Ding, Es schnalzet da drinnen, Es legt sich im Ring. Gift muss ich haben! Hier schleicht es herum, Tut wonniglich graben Und bringt mich noch um! 103 Johann Wolfgang von Goethe DIE LIEBENDE SCHREIBT Ein Blick von deinen Augen in die meinen, Ein Kuss von deinem Mund auf meinem Munde, Wer davon hat, wie ich, gewisse Kunde, Mag dem was anders wohl erfreulich scheinen? Entfernt von dir, entfremdet von den Meinen, Führ ich stets die Gedanken in die Runde, Und immer treffen sie auf jene Stunde, Die einzige; da fang ich an zu weinen. Die Träne trocknet wieder unversehens: Er liebt ja, denk ich, her in diese Stille, Und solltest du nicht in die Ferne reichen? Vernimm das Lispeln dieses Liebewehens; Mein einzig Glück auf Erden ist dein Wille, Dein freundlicher, zu mir; gib mir ein Zeichen! 104 Johann Wolfgang von Goethe WARNUNG Am Jüngsten Tag, wenn die Posaunen schallen Und alles aus ist mit dem Erdeleben Sind wir verpflichtet, Rechenschaft zu geben Von jedem Wort, das unnütz uns entfallen. Wie wirds nun werden mit den Worten allen, In welchen ich so liebevoll mein Streben Um deine Gunst dir an den Tag gegeben, Wenn diese bloß an deinem Ohr verhallen? Darum bedenk, o Liebchen! dein Gewissen Bedenk im Ernst, wie lange du gezaudert, Dass nicht der Welt solch Leiden widerfahre. Wer ich berechnen und entschuldgen müssen, Was alles unnütz ich vor dir geplaudert, So wird der Jüngste Tag zum vollen Jahre. 105 Friedrich Nietzsche DAS WORT Lebendgem Wort bin ich gut: Das springt heran so wohlgemut, Das grüßt mit artigem Genick, Ist lieblich selbst im Ungeschick, Hat Blut in sich, kann herzhaft schnauben, Kriecht dann zum Ohre selbst dem Tauben, Und ringelt sich und flattert jetzt, Und was es tut – das Wort ergetzt. Doch bleibt das Wort ein zartes Wesen, Bald krank und aber bald genesen. Willst ihm sein kleines Leben lassen, Musst du es leicht und zierlich fassen, Nicht plump betasten und bedrücken, Es stirbt oft schon an bösen Blicken – Und liegt dann da, so ungestalt, So seelenlos, so arm und kalt, Sein kleiner Leichnam arg verwandelt, Von Tod und Sterben missgehandelt. Ein totes Wort – ein hässlich Ding, Ein klapperdürres Kling-Kling-Kling. Pfui allen hässlichen Gewerben, An denen Wort und Wörtchen sterben! 106 Friedrich Nietzsche NACH NEUEN MEEREN Dorthin – will ich; und ich traue Mir fortan und meinem Griff. Offen liegt das Meer, ins Blaue Treibt mein Genueser Schiff. Alles glänzt mir neu und neuer, Mittag schläft auf Raum und Zeit –: Nur dein Auge – ungeheuer Blickt mich’s an, Unendlichkeit! 107 August von Platen Wohl mit Hafis darf ich sagen: Ewig trunken ist mein Mut! Nimmer könnt’ ich es ertragen, Diesem Rausche zu entsagen, Dieser Liebe, dieser Glut! Magst du, Freude, mir gesellen Deinen sprudelnden Pokal! Mich verleumden, mich entstellen Mögen nüchterne Gesellen, Ihre Liebe wäre Qual! Keiner wird es mir entwinden, Dies unsägliche Vertraun: Menschen hoff ich noch zu finden, Die mich, wie sich selbst, empfinden, Die mich, wie sich selbst, durchschaun. Gern als Opfer sei gespendet Dieser Erde Ruh’ und Glück: Kehrt doch stets, von Gott gesendet, Jenes Glück, das nimmer endet, Ins zerrissne Herz zurück! Wohl ein Glück ist’s, laut zu sagen, Was das Innre leis empfand; Selig fühl ich mich getragen Auf den Schwingen meiner Klagen In des ew’gen Friedens Land. 108 Des Knaben Wunderhorn Steh auf, Nordwind, Und komm, Südwind! Weh mit deiner heilgen Luft Durch den Garten, Ich will warten Dein in meines Herzens Gruft. Lass dein Sausen Auf mich brausen, Meine Seele nach dir ruft! Steh auf, Nordwind, Und komm, Südwind! Jag die schwarzen Wolken hin! Mach das Dunkle, Dass es funkle, Alle Finsternis zerrinn! Finstre Sünden Lass verschwinden Und mach helle Herz und Sinn. Steh auf, Nordwind, Und komm, Südwind! Mach mein kaltes Herze heiß! Dich zu lieben, Das zu üben, Was gereicht zu deinem Preis. Sei mir günstig, Mach mich brünstig, In mein Herz die Liebe geuß! 109 DIE DICHTER UND IHRE GEDICHTE Bhartrihari (7. Jh.) Die Stufen der Liebe William Blake (1757-1827) Der Preis der Erfahrung Es gibt keine Naturreligion (Übers. vom Herausgeber) Clemens Brentano (1778-1842) Was reif in diesen Zeilen steht Barthold Hinrich Brockes (1680-1747) Die Herde Kühe Gefährliche Verachtung der Welt Matthias Claudius (1740-1815) Als der Hund tot war Auf einen Selbstmörder Der Mann im Lehnstuhl Der Mensch Der Tod Die Liebe Die Sternseherin Lise Ein Lied für Schwindsüchtige Kriegslied Nach der Krankheit 1777 Osterlied Des Knaben Wunderhorn (Älteste deutsche Lieder, gesammelt von L. Achim von Arnim und C. Brentano, Erstausgabe 1806/1808) Des Antonius von Padua Fischpredigt Die Welt geht im Springen Gedankenstille Steh auf, Nordwind Todesahndung einer Wöchnerin Verlorene Mühe Wo die schönen Trompeten blasen Übersichtigkeit Urlicht 110 Joseph von Eichendorff (1788-1857) Auf einer Burg Frische Fahrt Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) Alles Vergängliche Die Liebende schreibt Eins und alles Genialisch Treiben Selige Sehnsucht Um Mitternacht Warnung Hafis (ca. 1325-1390) Gestern zechend, traumverloren (Übers. G. Jacob) Gib mir jenen Wein, den alten (Übers. Rosenzweig-Schwannau) Ich, und dem Wein entsagen! (Übers. Rückert) Jetzt, da wie Paradieses Hauch (Übers. Bodenstedt) Schilt nicht weinbefleckte Zecher (Übers. Rückert) Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) Die frühen Gräber Quirinus Kuhlmann (1651-1689) Der Wechsel menschlicher Sachen Eduard Mörike (1804-1875) Erstes Liebeslied eines Mädchens Früh im Wagen Nimmersatte Liebe Um Mitternacht Waldplage Friedrich Nietzsche (1844-1900) An den Mistral An Goethe An Hafis Das Wort Der du mit dem Flammenspeere Der geheimnisvolle Nachen Der Wanderer Diesen ungewissen Seelen 111 Im Süden Mein Glück Nach neuen Meeren Um Mitternacht Unter Feinden Vereinsamt Zu den höchsten und erlauchtesten Menschenfreuden Novalis (1772-1801) Hätten die Nüchternen August von Platen (1796-1835) Die Sterne scheinen, und alles ist gut Es liegt an eines Menschen Schmerz Hab ich doch Verlust in allem Ist’s möglich, ein Geschöpf in der Natur zu sein Wenn ich hoch den Becher schwenke Wohl mit Hafis darf ich sagen Friedrich Rückert (1788-1866) Abendlied Chidher Eingang Ein Obdach Fahrt auf dem Strom am Herbstabend Gar viele Wege gehn zu Gott Gnosis Herbsthauch Ich sah empor, und sah in allen Räumen Eines In der natürlichen Religion geboren In Gesellschaft Um Mitternacht Dschelaleddin Rumi (1207-1273) Er hat’s gemacht, was soll ich machen? Komm, der Liebe Sklave sei! Mit deiner Seele hat sich meine (Alle Übers. von F. Rückert) Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (1750-1819) Lied auf dem Wasser zu singen 112 Ludwig Tieck (1773-1853) Abreise © 1995 Wolfgang Neumann (für die Zusammenstellung) 113