Ahnenreihe mit Sitting Bull - Schwabach

Transcription

Ahnenreihe mit Sitting Bull - Schwabach
Ahnenreihe mit Sitting Bull - Schwabach - nordbayern.de
http://www.nordbayern.de/region/schwabach/ahnenreihe-mit-sitting-...
Zurück
Ahnenreihe mit Sitting Bull
Bruce Ricker aus Kammerstein ist Ururenkel des legendären Häuptlings - 29.12. 07:53 Uhr
KAMMERSTEIN - Die Wand im Flur ist eine kleine Familiengalerie. Links ein Foto von seinem
Sohn Johann, dann eine Zeichnung von ihm selbst, die ihm ein Freund geschenkt hat. Daneben
sein Opa Lyle und ganz rechts auf einem farbigen Hochglanzdruck – Sitting Bull. Der
berühmteste Häuptling in der Geschichte der Indianer Nordamerikas.
„Er war der Opa meines Opas“, sagt Bruce
Ricker in sympathischem Fränkisch mit
unüberhörbar amerikanischem Akzent. „Darauf
bin ich schon stolz. Das ist ja doch eine Art
adelige Abstammung.“
Bruce Ricker ist stolz auf Sitting Bull: „Das ist ja eine Art adelige
Abstammung.“
Foto: Wilhelm
Bruce Ricker sagt das mit einem kleinen
Augenzwinkern. Will heißen: Dieser
ungewöhnliche Stammbaum ist ein
selbstverständlicher Teil seiner
Familiengeschichte. Doch er betreibt keinen
Indianerkult. Vor wenigen Tagen aber hat ihn ein
Zeitungsbericht in den Nürnberger Nachrichten
wieder an seinen legendären Ururgroßvater
erinnert. Anlass war ein tragisches Jubiläum.
Vor 120 Jahren erschossen
Vor 120 Jahren, am 17. Dezember 1890, starb Sitting Bull: erschossen beim Versuch, ihn zu verhaften. Vor
der Bestattung wurde seine Leiche verstümmelt, sein Gesicht mit Gewehrkolben zertrümmert.
Der 44-jährige Bruce Ricker ist im US-Staat Michigan aufgewachsen. In einer weißen Familie ohne Kontakt
zu Indianern. Nach der Highschool geht er zur Army, um sich das Geld fürs Studium zu verdienen. „Mein
Cousin Bobby hat mir dringend geraten: „Mensch, wenn du zur Army gehst, dann musst du unbedingt nach
Deutschland, dort ist es cool.“
Dieser Rat verändert sein Leben. Er geht zur Army, bewirbt sich für Deutschland, wird in Schwabach
stationiert und lernt in einer Disco Margit kennen, seine heutige Frau. Später gehen die beiden für vier
Jahre in die USA, wo Bruce studiert. Dann kehrt die Familie in Margits Elternhaus nach Kammerstein
zurück.
IT und Musik
Bruce ist hier längst heimisch geworden. Der freiberufliche IT-Spezialist arbeitet für Siemens und ist in halb
Europa unterwegs, zuletzt sogar in Indien. In seiner Freizeit macht er gerne Musik. „Ich war Mitbegründer
und Kapellmeister der Kammersteiner Blasmusik“, erzählt er. Heute spielt er bei der „Rohrer Kerwablousn“
und den „Fränkischen Rohrspotzn“.
Über seine Verwandtschaft mit Sitting Bull gibt es keine schriftlichen Belege. „Mein Opa und meine Mutter
haben mir als Kind oft davon erzählt“, berichtet Bruce Ricker. In den Geschichtsbüchern ist von sechs
indianischen Ehefrauen und sieben Kindern Sitting Bulls die Rede.
Frappante Ähnlichkeit
„Meine Ururgroßmutter aber war eine Weiße. Mein Opa hat erzählt, dass das wohl in einem Planwagen
passiert sein muss. Sie hat dann ihren Sohn alleine erzogen. Eine normale Beziehung zwischen einer
Weißen und einem Indianer! Um Gottes Willen! Das war undenkbar“, sagt Bruce Ricker.
Er hält die Erzählungen seiner Mutter und seines Opas aber für glaubwürdig. Denn da ist diese frappante
Ähnlichkeit. Nicht von Bruce selbst. Er hält ein Foto von Sitting Bull neben eines seines Großvaters, also
dessen Enkel. „Sehen Sie: die Nase, die Gesichtszüge, die Mundpartie. Einen Indianer als Vorfahren hatte
mein Opa auf jeden Fall.“ Und: Wieso hätten sein Opa und seine Mutter eine solche Geschichte erfinden
sollen?
Sitting Bull muss eine charismatische Persönlichkeit gewesen sein. Krieger, Häuptling, Medizinmann. Auch
ein spiritueller Führer der Sioux. Bruce spricht den Namen des Volkes nicht etwa „Sijux“ aus, wie in vielen
Western-Synchronisationen, sondern korrekt: „Suu“.
Sitting Bulls indianischer Name war Tatanka Iyotake, was so viel heißt wie „Sich setzender Bulle“. Woher
dieser Name kommt, ist unklar.
Sieg bei Little Bighorn
Dagegen weiß jeder, der mit John-Fords-Western aufgewachsen ist, wodurch Sitting Bull berühmt
geworden ist: Er gilt als einer der Führer in der berühmten und x-fach verfilmten Schlacht am „Little
Bighorn“ 1876.
General Georg A. Custer hatte mit einer Einheit der 7. Kavallerie ein Indianerdorf angegriffen. Custer wird
der zynische Satz zugeschrieben: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.“ Selbst wenn er das nicht
so gesagt haben sollte, gehandelt hat er danach. In erbarmungslosen Strafexpeditionen hat er
Indianerstämme wie Tiere gejagt. Vielen Weißen galt er dafür als Held. „Custer war wirklich übel“, sagt
Bruce Ricker.
Auch am Little Bighorn sieht es zunächst nach einem einfachen Sieg aus. Doch diesmal hat sich Custer
getäuscht. Keiner seiner Einheit überlebt den Kampf. Auch er selbst wird getötet. Custers Niederlage ist
der größte Sieg der Indianer. Ihr Schicksal abwenden kann er nicht.
Die Ironie der Geschichte: Sitting Bull war an
dem Kampf, der ihn berühmt gemacht hat,
1 von 3
Links zum Thema
02.01.2011 11:03
Ahnenreihe mit Sitting Bull - Schwabach - nordbayern.de
gar nicht direkt beteiligt. „Ich hab’ gelesen,
dass er von tagelangen exstatischen Tänzen
erschöpft war. Den Kampf geführt haben
Häuptlinge wie Crazy Horse“, erklärt Bruce
Ricker.
http://www.nordbayern.de/region/schwabach/ahnenreihe-mit-sitting-...
Weisen-Rap und
Propheten-Groove
Spuren der Ahnen
Als alter Mann tritt Sitting Bull in der
Western-Show von Buffalo Bill, einer
anderen Western-Legende, auf. In der
Sprache der Sioux erzählt er von seiner
Kindheit und den Traditionen seines
Stammes. Übersetzt wird aber eine schaurige
Geschichte über Little Bighorn. Das Publikum
tobt. Als ihm klar wird, wie er missbraucht
wird, steigt er aus.
Zu diesem Zeitpunkt sind die Indianer längst
besiegt. Wenige Jahre später ein letztes
Aufbäumen. In der Geistertanzbewegung
sehen viele Indianer eine verzweifelte
Hoffnung. Die Ahnen würden wieder
auferstehen, die Weißen verschwinden. Die
US-Regierung fürchtet einen Aufstand.
Sitting Bull gehört nicht zu Führern der
Geistertänzer. Doch der Sieger über Custer
gilt in den Augen der Regierung als
Unruhestifter. Indianerpolizisten sollen ihn festnehmen.
Gespielter Dank
SV Kammerstein ist der
lachende Dritte
Schnee auf „Aurachfeuer“
Von hinten in den Kopf
Sitting Bull lässt sich widerstandslos abführen. Seine Begleiter, darunter sein Sohn Crowfoot, sind
fassungslos. Sie wehren sich. Es kommt zum Schusswechsel. Der Indianerpolizist Red Tomahawk schießt
Sitting Bull von hinten in den Kopf. Auch der erst 17-jährige Crowfoot wird tödlich getroffen.
Kurz darauf kommt es zum Massaker in Wounded Knee. Die 7. Kavallerie, also Custers Nachfolger, tötet
mit ihren Maschinengewehren 300 ausgemergelte Indianer. Es handelt sich vor allem um Frauen, Kinder
und alte Männer wie Häuptling Big Foot. Das grässliche Foto seiner im Schnee erstarrten Leiche ist
bitteres Sinnbild für das Ende eines von Beginn an ungleichen Kampfes.
„Das war einfach Unrecht“
„Was mit den Indianern geschehen ist, war einfach Unrecht. Zum Teil wurden sogar verseuchte Decken
verteilt, um sie zu infizieren. Heute würde man das biologische Kriegsführung nennen“, sagt Bruce Ricker.
„Dass das Unrecht war, haben wir schon in der Schule vermittelt bekommen. Das lag schon lange genug
zurück, um offen darüber reden zu können.“
Doch noch ist es die Zeit, in der alle seine Freunde John-Wayne-Fans sind. Seine Rollen als Cowboy und
General machen ihn zum Star, seine Filme prägen lange das Bild der Indianer: Wilde blutrünstige Horden
überfallen rechtschaffene weiße Siedler, dann ertönt die Trompete der Kavallerie, die mutig für den Sieg
des Guten sorgt.
Bruce hat viele solcher Streifen gesehen, in denen auch sein Ururgroßvater vorkommt. „Ich war immer auf
der Seite der Indianer, auch als das noch nicht cool war.“
Doch selbst Hollywood hat inzwischen die Geschichte des Wilden Westens auch aus der Sicht der „Native
Americans“, wie sie heute politisch korrekt genannt werden, erzählt. Kevin Costner etwa ist mit „Der mit
dem Wolf tanzt“ ein cineastisches Meisterwerk ohne Verklärung gelungen. „Das ist mein Lieblingsfilm“,
sagt Bruce.
Ein bisschen träumen
Costner zeigt den Krieg gegen die Weißen, aber auch den zwischen den Stämmen. Und er zeichnet ein
Bild der Kultur der Prärieindianer. Natürlich weiß Bruce Ricker, dass es ein harter Kampf ums Überleben
war. Und doch kann man schon mal kurz ins Träumen kommen. „Jagen, fischen. Ohne all den Stress von
heute. Der Lebensstil war nicht verkehrt“, lässt Bruce seine Gedanken kurz schweifen, kommt dann aber
schnell wieder ins 21. Jahrhundert: „Nur meinen Computer würde ich vermissen.“
GÜNTHER WILHELM
2 von 3
02.01.2011 11:03

Documents pareils