Public Relations – auch im Sport

Transcription

Public Relations – auch im Sport
www.fachjournalist.de
1
Fachjournalist
Sport-PR: Ehrenamtliche
akademisches Profiteam?
One-Man-Show
oder
Michael Schaffrath · 4. Juni 2013
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Beruf des Sport-Pressesprechers und fragt, unter
welchen Bedingungen professionelles Kommunikationsmanagement in Vereinen und
Verbänden heute abläuft. Um diese Frage zu klären, wurde an der Sportfakultät der
TU München eine Online-Befragung durchgeführt, an der sich 221 Pressesprecher
beteiligt haben. Ausgewählte Ergebnisse zu Aufgaben, Ausbildung und Ressourcen
beschreibt dieser Beitrag.
Public Relations – auch im Sport
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen
wir durch die Massenmedien“ (Luhmann, N. 1996, S. 42). Transferiert auf den Sport
müsste man dieses Luhmann-Zitat so umformulieren: „Was wir über die Sport-Welt, in
der wir leben, wissen, wissen wir durch die Sportmedien – nicht nur, aber auch dank
der Sport-PR“ (Schaffrath, M. 2009, S. 5).
Die „Mediatisierung gesellschaftlicher Kernbereiche“ (Bentele, G. 1994, S. 6) und die
damit verbundenen „neuen kommunikativen Herausforderungen“ (Wienand, E. 2003,
S. 103) haben zu einem Boom der PR-Branche geführt. Das gilt nicht nur für die
Bereiche Politik, Wirtschaft oder Kultur, sondern ganz sicher auch für den Sport.
Denn seine gesellschaftliche, ökonomische und mediale Relevanz wächst immer
weiter. Einschaltquoten, Sponsorengelder und Übertragungslizenzgebühren belegen
dies eindrucksvoll.
Viele Athleten, Trainer und Manager erzielen heutzutage eine so große öffentliche
Aufmerksamkeit, wie sie selbst Spitzenpolitiker, Wirtschaftsbosse und
Kulturschaffende kaum erreichen können (vgl. Schaffrath, M. 2009, S. 7).
„Vermittelnd drin statt nur dabei“ fungieren Tausende von Sportpressesprechern als
kommunikative Schnittstelle zwischen Spitzensportlern und Fachjournalisten. Die
zunehmende Relevanz des Sports einerseits und der Bedeutungszuwachs von
Kommunikation sowie Information als die „entscheidenden Produktivitätsfaktoren der
Mediengesellschaft“ (Wienand, E. 2003, S. 86) andererseits haben jedoch nicht immer
und überall zu der nötigen Professionalisierung der Sport-PR geführt. Dies zeigt eine
Berufsfeldstudie am neugegründeten Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation
der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaft der TU München.
Copyright © 2015 Fachjournalist
-1/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
2
Stichprobe und Rücklauf
In dieser Studie sollte ein möglichst großes Spektrum verschiedener
Sportorganisationen und unterschiedlicher Sportarten berücksichtigt werden. Daher
wurden die Sport-PR-Chefs des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) sowie
seiner 53 Spitzensportverbände, der 16 Landessportbünde, der 19
Olympiastützpunkte und von insgesamt 210 Erst- und Zweitliga-Clubs aus dem
Fußball, Handball, Eishockey, Basketball und Volleyball sowie von 32 Erstligisten aus
dem Tennis, Tischtennis und Hockey online befragt. Von 320 angeschriebenen SportPressesprechern nahmen 221 an der Befragung teil (69,1 Prozent). Insgesamt 178
Befragte beendeten die Umfrage komplett (55,6 Prozent). Damit ist diese
Untersuchung die bislang umfangreichste und zugleich aktuellste Studie zur
Profession Pressesprecher im Sport.
Facettenreiches Aufgabenprofil
Sir Alex Ferguson, Ex-Trainer von Manchester United, soll auf die Frage nach den
Aufgaben des Pressesprechers seines Clubs einmal geantwortet haben: „Er hat nur
eine Aufgabe – er soll mir die Bastarde von Journalisten vom Hals halten“ (Ferguson,
A. zitiert nach Novak, M. 2012, S. 32). Wie facetten- und umfangreich das
Aufgabenportfolio von Sportpressesprechern jedoch tatsächlich aussieht, zeigt die
folgende Tabelle (Tab. 1).
Tab. 1: Sport-PR-Tätigkeiten durchschnittlicher zeitlicher Aufwand, (n=190)
Copyright © 2015 Fachjournalist
-2/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
3
Es sind also vor allem journalistisch-ausgerichtete Aufgaben, die von den SportPressesprechern erledigt werden müssen. Das „Verfassen und Redigieren eigener
Texte“ nimmt mit Abstand den größten Teil der wöchentlichen Arbeitszeit ein. Es
folgen die „Kommunikation über organisationseigene Plattformen“, entweder bei der
„Erstellung des Stadionheftes, der Vereins- oder Verbandszeitschrift“ und des
„Jahrbuches“ oder bei der „Pflege der Homepage“.
Sportjournalistisches Know-how
Korrespondierend zum Aufgabenspektrum gehören insbesondere fachjournalistische
Fähigkeiten zu den wichtigsten Voraussetzungen. Auf einer Skala von 1 = geringe
Bedeutung bis 5 = hohe Bedeutung sollten die Befragten verschiedene praktische
Kompetenzen beurteilen. Dabei wurde das „Schreiben von Texten“ mit 4,57 als
wichtigste Fähigkeit eingestuft. Auch das „Redigieren von Texten“ wurde mit 4,09
recht hoch angesiedelt.
Tab. 2: Praktische Kompetenzen in der Sport-PR (Mittelwerte, n = 175)
Karrierewege
Gemäß dem Aufgaben- und Kompetenzprofil verwundert es kaum, dass vor allem ExSportjournalisten in der Sport-PR tätig sind. 41 Prozent der Befragten arbeiteten
früher für Zeitungen oder Zeitschriften. Fast jeder Fünfte war vorher beim Radio oder
Fernsehen. Rund 14 Prozent bringen Kenntnisse aus ihrer Zeit bei Presseagenturen
oder Online-Medien mit (Abb.1).
Copyright © 2015 Fachjournalist
-3/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
4
Abb. 1: Frühere Berufe (Mehrfachantworten möglich, Angaben
in
Da es aber für einen
Berufseinstieg in die
Sport-PR weder
reglementierte Vorgaben
noch normierte
Zulassungskriterien gibt,
sind die Karrierewege
vielfältig sein. In die
Rubrik „Sonstiges“
(immerhin 25,3 Prozent)
fallen all die Befragten,
die zuvor noch in anderen
als den hier konkret
aufgeführten Jobs tätig
waren. Einige davon
besitzen fast gar keine
Affinität zum
gegenwärtigen Beruf. So
betreiben auch ehemalige
„Bankkaufmänner“,
Versicherungsvertreter“,
„Lehrer“, „Justitiare“,
„Polizisten“ und
„Museologen“ Sport-PR.
Ein Quereinstieg aus
diversen Berufsrichtungen
ist also durchaus möglich.
Ob dies jedoch auch in
Zukunft noch so sein wird,
darf angesichts
zunehmender
Professionalisierungstend
enzen durchaus bezweifelt
werden. Die weitere
Akademisierung der PRBranche im Allgemeinen
und die Etablierung
entsprechender
Studienangebote (vgl.
Bentele, G., Großkurth, L.,
Seidenglanz, R. 2009, S.
59) wird für Fachfremde
den Einstieg in die SportPR künftig deutlich
schwerer machen.
Kein Pflichtstudium
Die Akademisierung des Berufsfeldes Sport-PR fällt zwar im Vergleich zur PR im
Copyright © 2015 Fachjournalist
-4/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
5
Allgemeinen (vgl. Bentele, G., Großkurth, L., Seidenglanz, R. 2009, S. 59) geringer
aus. Trotzdem haben immerhin 61,8 Prozent der Sport-Pressesprecher ein Studium
abgeschlossen. 2,8 Prozent sind zusätzlich promoviert. 15,7 Prozent brachen ihr
Studium ab. 12,4 Prozent schafften den Sprung in die Sport-PR-Branche mit dem
Abitur als letztem Bildungsabschluss. Immerhin 7,3 Prozent verfügen nur über einen
Haupt- oder Realschulabschluss.
Bei den 143 Befragten, die ein Studium absolvierten, wählten die meisten das Fach
Sportwissenschaft (27,9 Prozent), vor den Wirtschaftswissenschaften (14,6 Prozent)
und der Kommunikationswissenschaft bzw. Journalistik (13,9 Prozent). Ein spezielles
Public-Relations-Studium spielt für eine Karriere in der Sport-PR bisher kaum eine
Rolle (2,1 Prozent).
Insgesamt wurden 30 verschiedene Studiengänge angegeben. Dieses recht breite
Spektrum ist ein Beleg dafür, dass das Berufsfeld Sport-PR immer noch relativ wenige
Konturen besitzt. Im Unterschied zu anderen Professionen kann bisher nicht klar
abgegrenzt werden, welcher Studiengang wohl die sinnvollste Vorbereitung darstellt.
Auch bei der Frage, ob überhaupt studiert werden soll, sind sich die amtierenden
Sport-Pressesprecher keineswegs einig. 28,7 Prozent halten ein Hochschulstudium für
obligatorisch, 57,3 Prozent nicht; 14,0 Prozent haben dazu keine Meinung.
Viel Arbeit, wenig Geld
Die Möglichkeiten für professionelle PR hängen ganz wesentlich von den vorhandenen
personellen Ressourcen ab (vgl. Bentele, G., Großkurth, L., Seidenglanz, R. 2009, S.
45). Überraschend ist, dass nur etwas mehr als die Hälfte aller Sport-Pressesprecher
(54,5 Prozent) eine Festanstellung besitzt. Demgegenüber steht ein unerwartet hoher
Anteil an freien (30,7 Prozent) oder sogar nur ehrenamtlichen Mitarbeitern (14,9
Prozent). Ein so hohes Aufkommen an „Freelancern“ und „Volunteers“ in der Funktion
des Leiters einer PR-Abteilung deutet an, dass der Professionalisierungsgrad
innerhalb der Sport-PR ziemlich gering ausfällt – zumindest bei vielen Vereinen und
Verbänden.
Dieser Eindruck erhärtet sich beim Blick auf die Personaldecke: fast ein Drittel aller
Sport-Pressesprecher verfügt weder über feste noch freie Mitarbeiter, ist also
komplett auf sich allein gestellt. In weiteren 40 Prozent der Fälle hatten die Befragten
einen oder zwei Kollegen.
Die erste Konsequenz einer solch defizitären Mitarbeiterausstattung heißt Mehrarbeit.
Zwei Drittel aller Sport-Pressesprecher müssen regelmäßig Überstunden machen. Im
Schnitt fallen in den Abteilungen rund 13 Stunden Zusatzarbeit pro Woche an.
Trotzdem sind die Verdienstmöglichkeiten eher niedrig und wenig zeitgemäß. Rund 15
Prozent der Befragten bekommt weniger als 2.000 Euro brutto im Monat. Ein Drittel
erhält zwischen 2.001 und 4.000 Euro. Fast 14 Prozent liegt zwischen 4.001 und 6.000
Euro. Nur acht Prozent bringt es auf mehr als 6.000 Euro. Die übrigen 30 Prozent
arbeiten auf Honorarbasis oder ehrenamtlich ohne Bezüge.
Wenige (Quoten-)Frauen
Copyright © 2015 Fachjournalist
-5/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
6
Jenseits aller nationalen Diskussionen um gesetzlich fixierte Frauenquoten in
Führungsposition zeigt die Studie: Sport-PR ist klar männerdominiert. Nicht einmal
ein Fünftel der Befragten ist weiblich. Im Vergleich zum Sportjournalismus ist aber
eine Quote von 17,4 Prozent Sport-Pressesprecherinnen relativ hoch, denn im
Verband Deutscher Sportjournalisten liegt aktuell der Anteil weiblicher Mitglieder bei
nur 10,8 Prozent.
Fazit
Die Einsicht, dass eine sich dynamisch ausdifferenzierende
Kommunikationsgesellschaft auch gut ausgebildete und angemessen bezahlte
Kommunikationsmanager benötigt, hat sich längst noch nicht bei allen
Sportorganisationen durchgesetzt. Das facettenreiche und anspruchsvolle Berufsfeld
ist oftmals weder personell adäquat aufgestellt noch finanziell angemessen
ausgestattet. Sport-PR ist eine „One-Man-Show“! Nicht immer, aber doch unerwartet
oft!
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen FachjournalistenVerbands (DFJV).
Der Autor Prof. Dr. Michael Schaffrath ist Leiter des neu
gegründeten Arbeitsbereichs Medien und Kommunikation an
der Sportfakultät der TU München. Vorherige
wissenschaftliche Stationen: Deutsche Sporthochschule Köln,
TU Dresden sowie die Universitäten in Lüneburg, Gießen und
Koblenz-Landau. Schaffrath ist Herausgeber der
Schriftenreihe „Sportpublizistik“ sowie der Sammelbände
„Sport-PR und PR im Sport“ und „Traumberuf
Sportjournalismus“. Er ist Autor von zehn Fachbüchern und zahlreicher Aufsätze zu
Themen der Sportkommunikation.
Kontakt: [email protected]
Literatur:
Bentele, G. (1994): Zukunftsperspektiven für Public Relations. In: Schulze-Fürstenow,
G., Martini, B.-J.: Handbuch PR: Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikationsmanagement
in Wirtschaft, Verbänden, Behörden. Neuwied: Luchterhand; Loseblattsammlung, S. 133.
Bentele, G., Großkurth, L., Seidenglanz, R. (2009): Profession Pressesprecher 2009.
Vermessung eines Berufsstandes. Berlin: Helios Media
Luhmann, N. (1996): Die Realität der Massenmedien. 2. Aufl. Opladen: Westdeutscher
Verlag.
Copyright © 2015 Fachjournalist
-6/7-
05.11.2015
www.fachjournalist.de
7
Novak, M. (2012): Vom Einzelkämpfer zum Full-Media-House, in: Bundesliga. Das
offizielle Magazin, Nr. 5/2012, S. 30-35.
Schaffrath, M. (2009): Vermittelnd drin statt nur dabei, in: Schaffrath, M. (Hrsg.):
Sport-PR und PR im Sport. Arbeitsweisen und Anforderungsprofile von
Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Berufsfeldern. Berlin, Münster: LIT Verlag, S.
5-28.
Schaffrath, M. (2012): Sport-PR als Beruf. Empirische Studie zum Aufgaben- und
Anforderungsprofil von Pressesprechern im Sport. Berlin, Münster: LIT Verlag.
Wienand E. (2003): Public Relations als Beruf. Kritische Analyse eines aufstrebenden
Kommunikationsberufes. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Dieser Beitrag wurde publiziert am Dienstag den 4. Juni 2013 um 12:00
in der Kategorie: Homepage-oneColumn, Public Relations, Sport.
Kommentare können über den Kommentar (RSS) Feed verfolgt werden.
Kommentare und Pings sind momentan geschlossen.
Copyright © 2015 Fachjournalist
-7/7-
05.11.2015

Documents pareils