Datenzugriff auf Registrierkassen - ihk

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Datenzugriff auf Registrierkassen - ihk
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REPORTAGE
REP
PORTAGE
Datenzugriff auf
Registrierkassen
Neben der eigentlichen Finanzbuchhaltung werden auch
uch Barverkäufe bei Außenprüfungen zunehmend automatisiert
tisiert
kontrolliert. Dazu verlangen die Finanzbehörden jetzt
etzt
die Aufbewahrung aller Kassendaten.
Seit 2002 ist den Prüfungsdiensten der Datenzugriff
auf steuerlich relevante Unternehmensdatenbestände erlaubt. Maschinell ausgewertet werden jedoch
nicht nur die Finanz- und Lohnbuchhaltungen,
sondern auch Kassensysteme. Denn bei den in
n
elektronischen Registrierkassen gespeicherten
Daten handelt es sich nach einhelliger Auffassung der Finanzgerichte und -behörden um
aufbewahrungspflichtige Buchungsbelege,
die im Rahmen einer Außenprüfung maschinell ausgelesen und analysiert werden dürfen. Zu diesem Zweck steht allen steuerlichen
Prüfungsdiensten eine leistungsfähige Software zur Verfügung, deren bundeseinheitlich
vorprogrammierte Prüfroutinen eine umfangreiche Analyse von Bareinnahmen ermöglichen. Dazu zählen beispielsweise Auswertungen der
Tageseinnahmen nach Kalendertagen, Lücken- und
Mehrfachbelegungsanalysen sowie Kontrollen der
„Z-Bon“-Zähler.
Obwohl die Vorhaltung tagtäglich anfallender
Kassendaten in der Praxis nicht nur kleinen Unternehmen erhebliche technische Probleme bereitet,
hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) seine
Anforderungen an die Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften am 25. November 2010
(Aktenzeichen IV A 4 - S 0316/08/10004-07) weiter konkretisiert. Die in der Übersicht aufgelisteten
Vorgaben gelten übrigens nicht nur für sämtliche in
Registrierkassen erfasste Geschäftsvorfälle wie Barverkäufe, Stornobuchungen oder Entnahmen, sondern auch für Waagen mit Registrierkassenfunktion,
Taxametern und sogar Wegstreckenzählern.
anpassen
Kassensysteme
Soweit ein solches Gerät die neuen Anforderungen
nicht erfüllt, darf es während einer Übergangsfrist
bis zum 31. Dezember 2016 zwar grundsätzlich weiterbetrieben werden. Bei technisch aufrüstbaren
Geräten verlangen die Finanzbehörden allerdings
Softwareanpassungen und Speichererweiterungen,
mit denen sich die neuen Vorgaben bereits während
der Übergangsfrist erfüllen lassen.
Aber auch technisch veraltete Geräte brauchen
nicht jetzt schon entsorgt werden, sofern die in der
Vergangenheit geltende Verwaltungsvorschrift vom
9. Januar 1996 (Aktenzeichen IV A 8 – S 0310 – 5/95)
zum „Verzicht auf die Aufbewahrung von Kassenstreifen bei Einsatz elektronischer Registrierkassen“
vom Unternehmen beachtet wird. Danach sollen die
Finanzämter beim Einsatz elektronischer Registrierkassen bis zum 31. Dezember 2016 regelmäßig von
einer vollständigen Aufbewahrung ausgehen, wenn
folgende Unterlagen vorgelegt werden können und
die Vollständigkeit der Tagesendsummenbons durch
organisatorische oder programmierte Kontrollen sichergestellt ist:
 zur Kasse gehörende Organisationsunterlagen
wie insbesondere Bedienungs- und Programmieranleitung,
 die Programmabrufe nach jeder Änderung
(unter anderem der Artikelpreise),
 Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer-, Kellner- und Trainingsspeichern oder
ähnliche sowie alle weiteren Anweisungen zur
Kassenprogrammierung (beispielsweise Anweisungen zum maschinellen Ausdrucken von
Pro-forma-Rechnungen oder Unterdrücken
von Daten und Speicherinhalten),
Eine schöne alte
Kasse die aber nicht
die hohen Anforderungen der Finanzbehörden erfüllt.
DIE WIRTSCHAFT FEBRUAR 2011
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REPORTAGE
Aufbewahrungs- und
Protokollierungspflichten
 Alle steuerlich relevanten Einzeldaten einschließlich etwaiger mit dem Gerät elektronisch erzeugter Rechnungen im Sinne des
Umsatzsteuergesetzes (§ 14 UStG) müssen
vollständig, unveränderbar und unverdichtet
aufbewahrt werden. Die ausschließliche Speicherung der Rechnungsendsummen wird von
den Finanzbehörden ausdrücklich abgelehnt.
 Die digitalen Unterlagen und die Strukturinformationen müssen in einem (maschinell)
auswertbaren Datenformat vorliegen. Ein
Ausdruck der Kassendaten reicht deswegen keinesfalls aus.
 Ist die komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten
– bei der Registrierkasse insbesondere
Journal-,
Auswertungs-, Programmierund Stammdatenänderungsdaten – innerhalb des Geräts
nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf
einem externen Datenträger gespeichert
werden. Wie bei Buchhaltungssystemen akzeptieren die Finanzbehörden unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufbewahrung der
Datenbestände in einem Archiv- oder Dokumentenmanagementsystem.
 Die konkreten Einsatzorte und -zeiträume
der vorgenannten Geräte sind zu protokollieren und die Protokolle aufzubewahren.
 Zwecks Überprüfung der Bareinnahmen
müssen die Grundlagenaufzeichnungen für
jedes einzelne Gerät getrennt geführt und
aufbewahrt werden. Dies gilt auch für alle
zum Gerät gehörende Organisationsunterlagen wie insbesondere die Bedienungs- und
Programmieranleitung.
 Soweit mit Hilfe des Geräts unbare Geschäftsvorfälle wie EC-Cash oder Eektronisches Lastschriftverfahren erfasst werden,
muss aufgrund der erstellten Einzeldaten ein
Abgleich der baren und unbaren Zahlungsvorgänge und deren zutreffende Verbuchung
im Buchführungs- oder Aufzeichnungswerk
gewährleistet sein.
DIE WIRTSCHAFT FEBRUAR 2011
 Tagesendsummenbons mit Ausdruck des Nullstellungszählers (fortlaufende sogenannte
„Z-Nummer“ zur Überprüfung der Vollständigkeit der Kassenberichte), der Stornobuchungen
(sogenannte Managerstornos und NachStornobuchungen), Retouren, Entnahmen
sowie der Zahlungswege (bar, Scheck, Kredit)
und alle weiteren im Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der
EDV-Registrierkassen (zum Beispiel betriebswirtschaftliche Auswertungen, Ausdrucke
der Trainingsspeicher, Kellnerberichte, Spartenberichte) im Belegzusammenhang mit dem
Tagesendsummenbon.
Sanktionen
IDrohende
Unabhängig
von
ihrer
Größe sind Unternehmen
gut beraten die ihnen auferlegten Aufbewahrungspflichten von Kassendaten
ernst zu nehmen. Denn
neben dem bereits seit Jahren eingesetzten Druckmittel der Gewinnzuschätzung
steht den Prüfungsdiensten
neuerdings die Verhängung
eines finanziell durchaus
empfindlichen
Verzögerungsgeldes frei.
Damit droht selbst bei nur unvollständigem
oder nicht zeitnah eingeräumtem Zugriff auf steuerrelevante Datenbestände ein Verzögerungsgeld
von mindestens 2.500 bis immerhin 250.000 Euro.
Dass die Finanzämter zur Festsetzung willens und
in der Lage sind, macht schon die erste Entscheidung zum neuen Verzögerungsgeld des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 3. Februar 2010
(Aktenzeichen 3 V 243/09) deutlich. Danach muss
bei einer nicht rechtzeitigen Vorlage steuerlich relevanter Datenbestände ein verhängtes Verzögerungsgeld selbst dann noch gezahlt werden, wenn
die Mitwirkungspflichten vom geprüften Unternehmen noch nachträglich erfüllt werden. Damit
nicht genug bedarf es nach der Entscheidung keiner weiteren Begründung, sofern vom Finanzamt
(nur) der Mindestbetrag von 2.500 Euro verhängt
wird.
Bernhard Lindgens
ens
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er:
Detlev Langer,
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