Disco Doom

Transcription

Disco Doom
Jay-Jay Johanson
Disco Doom
wellen aus
gitarren
Rock 2008 stand den Zürchern von Disco
Doom die Indie-Welt offen. Mit «Dream
Electric» war ihnen eine Platte gelungen,
die mit der zögerlichen Menschenfreundlichkeit von Dinosaur Jr. dahertrottete und
der Band zu einer US-Tour mit Built to Spill
verhalf. 2010 dann der selbst gewählte Karrierekiller: «Trux Reverb» wanderte durch
Riff-Einöden, einladend wie Geröllfelder.
«Numerals» heisst das neue, fünfte Album,
ist in Zürich, Seattle und New York entstanden und beantwortet die Frage «Was nun?»
ziemlich genial. Hooks gibts kaum. Dafür
verfliessende Songstrukturen und eine immense Artenvielfalt von Gitarrenklängen.
Angestellter
der Liebe
Disco Doom beim
freundlichen Auflösen
der Songstrukturen.
Der Postrock grüsst den Indie also jetzt wieder freundlich. Passend verabschiedet sich
das Album mit «Wanna Go to Rockaway
Beach». «Rockaway Beach» war 1977 eine
Single der Ramones. Bei Disco Doom bleibt
ein Klavier, selbstvergessen wie eine Welle,
die an den Strand schlägt. (bac)
von Dominik Dusek
FR — 21
Bogen F
Viaduktstr. 97 www.bogenf.ch
Eintritt 25 Franken
hat als Gründer des Berliner Plattenladens
Hard Wax und Kompagnon von Moritz von
Oswald mit Basic Channel schon seit den
frühen Neunzigern im Bereich des Techno
Pfähle eingeschlagen. Mehr als genug
Gründe, um sich von Dance-Pop der unkonventionellen Art an einem Donnerstagabend hypnotisieren zu lassen. (ads)
Gessnerallee 8 www.stall6.ch
Eintritt 26 Franken, Abendkasse 28 Franken
DJs: Mark Ernestus, Bala M.
Synthpop Ein zu grosser schwarzer Hut auf einem kleinen
bleichen Kopf: Es ist ein virtuoses Spiel mit dem Lachhaften, das der schwedische Songwriter Jay-Jay Johanson
vollführt. Wie wenige andere scheint der Mann Lust
daraus zu ziehen, den selten begangenen Grat zwischen
grösstmöglicher Melancholie und totalem Unglamour
entlangzuspazieren; zwischen Seelenentblössung und
Rollenspiel.
Er kann sich das leisten, weil er die perfekte Stimme
dafür hat. Hell ist sie, ganz leicht zittrig, aber auch zu
schwierigen Tonsprüngen fähig. Auf seiner neuen Platte
«Cockroach» träumt er sich in den ratternden «Orient
Express» hinein, in dem er und das Objekt seiner
Liebessehnsucht endlich genug Zeit füreinander haben.
In emotional harten Zeiten hingegen wünscht er sich ein
«Gegengift oder wenigstens viel Schlaf». Dazu lässt er
das E-Piano oder kühle Synthesizer verlorene Töne spielen und ungerührte Flächen legen. Und einmal, in
«Forget You not», verstärkt er das Zittern seiner Stimme
sogar mit einem elektronischen Effekt.
Als eine Art Morrissey ohne jede Flamboyanz hat
sich Jay-Jay Johanson auch in der Kunstwelt einen Namen
gemacht. Seine Installation «Cosmodrome» schaffte es
bis ins Musée d’art moderne in Paris. Überhaupt lieben
die Franzosen seine schüchterne Gefühlsseligkeit am
meisten, wie man an Hitparadenplatzierungen ablesen
kann. Nach Experimenten mit Film-noir-Klängen und
harscherem Elektro ist Johanson nun wieder mal bei
kargen, rhythmisch wachen Late-Night-Songs angelangt.
Und bei verstecktem Witz ohne jedes Augenzwinkern:
«I can feel there’s something going on», haucht er wie
ein armseliger Büroangestellter über Trip-Hop-Beats,
«between you and Mr. Fredrikson.»
DO — 2030
Moods
Bilder: zvg
Schiffbaustr. 6 www.moods.ch
Eintritt 38 Franken
Da ist was los:
Jeri-Jeri auf der Bühne.
6.2. — 12.2.2014
DO — 2100
Stall 6
Unter diesem Hut ist
auch Humor versteckt.
Musik / Konzerte Alt und neu
Hallo Groove, hallo Hypnose, hallo Tanzbefehl: Die Musik der
senegalesischen Gruppe Jeri-Jeri ist überaus
zugänglich. Dennoch handelt es sich um ein
Dickicht, um ein rhythmisches Geflecht,
das zu entwirren oder zu imitieren nur wenigen gelingen würde. Die Polyrhythmen,
die die neunköpfige Truppe um Leader Bakane Seck auf ihrem Album «800% Ndagga»
strickt, sind komplexer als jeder Pulli, den
Oma je gestrickt hat. Auf Basis von jahrhundertealten Mustern swingen sich
Jeri-Jeri entspannt in die Neuzeit.
Ihr Entdecker – oder zumindest der
Mann, der diese alt-neue Musik über die
Grenzen von Senegal hinaus bekannt
machte – heisst übrigens Mark Ernestus und
Jay-Jay Johansons Musik ist
ein karges Rollenspiel in langen,
dunklen Nächten.
Plattentaufe
00
Jeri-Jeri
World / Electronic 19

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