Sex, Erotik, Liebe
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Sex, Erotik, Liebe
Adalbert Podlech Sex, Erotik, Liebe Der Umgang der Männer mit Frauen durch die Jahrtausende, ermittelt aus Sprachen und Texten Hebräisch – Lateinisch Band 2 Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter: www.allitera.de Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. März 2007 Allitera Verlag Ein Verlag der Buch&media GmbH, München © 2007 Buch&media GmbH, München Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst, Freienbrink Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt Printed in Germany · isbn 978-3-86520-228-4 Zur Erklärung Zur Erklärung Der Anfang war ganz einfach. Seit jeher ärgere ich mich über den Ausdruck »mit jemandem schlafen«. Er ist so unsinnig. Man schläft ja nicht, wenn man Liebe macht. Und wieder, »Liebe Machen«? Liebe wird nicht gemacht. Und wenn gefickt wird, muß Liebe garnicht im Spiel sein. Warum hat das Deutsche keinen salonfähigen Ausdruck für das Schönste, das Menschen miteinander machen können? »ficken« und »vögeln« stehen nicht einmal im etymologischen Wörterbuch. Was bedeuteten diese Worte? Schön war einmal das Wort »begatten«. Es hängt mit »zusammengehören«, »gut« zusammen, »zusammenkommen«, »anoder ineinanderhängen«, »ein Gatter bilden«, »zusammengefügt sein«, körperlich und seelisch. Die, die zusammen gehören, die in der Liebe im wörtlichen Sinne ineinanderhängen, waren Gatte und Gattin. Das hat mir in meiner Jugend schon mein Vater erklärt – natürlich mit etwas zurückhaltenderen Worten. Aus der sehr handfesten Bezeichnung für eine urmenschliche Situation wurden hochgestelzte Ausdrücke, – »Meine Gattin!« stellte der vermögende Bürger des 19. Jahrhunderts vor. Noch in der Zeit meiner Eltern wurde so gesprochen. – Ob aber bei der Vorstellung noch einer ans Ehebett gedacht hat? Das wurde im Wilhelminischen Zeitalter doch sowieso verdrängt. Schön sind oder waren die französischen Ausdrücke »baiser«, »croquer la pomme«. Natürlich sind solche Ausdrücke in keiner europäischen Sprache von Vulgarismen frei. Aber warum sind derbe, handfeste Ausdrücke eigentlich Vulgarismen? Das Standesbewußtsein der Vornehmen! Das alles ist wohl die Folge unserer christlich-bürgerlichen Vergangenheit. Ich begann mich für die Sprache der Sexualität zu interessieren. Zuerst habe ich im Grimm‘schen Wörterbuch nachgesehen. ficken ist erst in der Neuzeit belegt und bedeutet hin- und herrutschen. Belegt ist mit der Peitsche ficken, einem Streiche überziehen. vögeln ist das, was die Vögel tun, besonders die des Hühnerhofs. vögeln ist also gebildet wie schnäbeln. Ich habe dort ein schönes Gedicht als Beleg gefunden: es ist gar ain boese henn, die wonen will bei ainem han, und sich nit will fueglen lan. Zur Erklärung »vögeln« ist also etymologisch der schönste deutsche Ausdruck. Aber auch dieser Ausdruck ist vulgär geworden. Dann habe ich in Wörterbüchern alter Sprachen nachgesehen. Und ich war überrascht. Erst habe ich einfach im Wörterbuch sexuell-relevante Ausdrücke gesucht. Und dann, angesichts der überreichen Ausbeute, habe ich Belegstellen zu den Ausdrücken gesammelt. Und so entstand innerhalb von einigen Jahren der folgende Text und er wurde immer länger. Und langsam wurde mir klar, daß der Wortschatz der Sprachen und die Texte uns ein Bild geben von den Weisen, wie Männer seit Beginn der Hochkultur mit Frauen umgingen. Ich wollte keinen wissenschaftlichen Text schreiben und es ist auch keiner geworden. Der Nachweis der Belegstellen hätte den Text unlesbar gemacht. Aber während der ersten beiläufigen Suche nach der Geschichte von Ausdrücken hat mich das Interesse gepackt. So habe ich viel gelesen und oft lange recherchiert. Zusammenhänge erschlossen sich oft erst in ganz anderen Kontexten* und vielleicht habe ich manches falsch gedeutet. Wenn ich für Berichte, wie etwa im Siebten Exkurs des Lateinischen »Der Körper vornehmer Frauen als Mittel politischer Korruption« angeführt, keine Quelle für die in der Sekundärliteratur berichteten Verhältnisse gefunden habe, ist dieses vermerkt worden. Aus der Arbeit zog ich einen doppelten Nutzen. Zum einen habe ich über ein Jahr lang systematisch nur alte Texte gelesen und vorwiegend Gesamtausgaben. Und zum anderen habe ich dabei langsam gelernt, die alten Texte, die von Sex, Erotik und Liebe sprechen, ganz einfach davon, wie Männer und Frauen Lust suchen und Lust finden, meistens, wie Männer dabei mit Frauen umgehen, nicht mit den Augen, dem Verständnis und der Einstellung eines des geschichtlich durch das Christentum hindurch gegangenen Europäers zu lesen, sondern versucht, sie so aufzunehmen, wie sie geschrieben sein könnten. Aber viel haben wir noch zu lernen. April 2005 * Adalbert Podlech Ein Beispiel: Im Latein-Lexikon fand ich den Beleg von Valerius Maximus: mulierum corporibus velut gradibus constructis currus conscendere, die Körper der Frauen besteigen wie die kunstvoll verfertigten Stufen zu einem Wagen. Ich nahm an, daß es sich um Spiele im Bordell handelte. Erst als ich bei Plutarch den Bericht las, daß es in Libyen Frauen gäbe, die Klimaciden, die auf alle Viere fallen mußten, um ihren Herrinnen als Fußschemel zu dienen oder als Leiter, wenn diese in eine Sänfte steigen wollten, wurde mir «der Sitz im Leben« klar, der dem Text von Valerius Maximus zugrunde lag Inhalt Sex und Liebe im Hebräischen Der Anfang und das Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Lexikoneintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Exkurs: Frauen in der Väterzeit – Beliebige . . . . . . . . Zweiter Exkurs: der Mann als Herr der Frau – ba‘al . . . . . . . Dritter Exkurs: der Übersetzungsskandal um die weibliche Scheide und das männliche Glied . . . . . . . . . Vierter Exkurs: Lilit – die Frau, die auf dem Liebeslager Gleichberechtigung fordert . . . . . . . . . . . . . . Fünfter Exkurs: der orientalische Kult der weiblichen Scheide . Sechster Exkurs: die Schande der Nacktheit – ‘aerwāh . . . . . . Siebter Exkurs: die Nebenfrau – pilaegaeš . . . . . . . . . . . . . . . Achter Exkurs: Heilige Geschlechtsvereinigung . . . . . . . . . . . Neunter Exkurs: die Gestalt des Menschen in seiner Schönheit – to’ar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 14 17 24 41 53 69 80 86 94 124 Sex und Liebe im Lateinischen Männerlust in Goldener Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Namen der Geschlechtsteile – nomina ingenium . . . . . . . . . . . nomina mentulae – Bezeichnungen des männlichen Glieds . . . . . . nomina inguinis muliebris – Bezeichnungen für die weibliche Scham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Lexikonentragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Exkurs: Frauen schlagen – feminas attingere . . . . . . . Zweiter Exkurs: der Ehevollzug – coniugium . . . . . . . . . . . . . Dritter Exkurs: das Gastmahl der Kaiserzeit – convivium . . . Frauen als Stuten gebrauchen – feminis uti Vierter Exkurs: ad equas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fünfter Exkurs: Stellungen beim Liebesakt – figurae Veneris . Sex im römischen Ehebett – coire in lectu Sechster Exkurs: geniale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siebter Exkurs: der Körper vornehmer Frauen als Mittel politischer Korruption – meretrices imperiales . . . 137 137 137 138 139 146 175 192 219 234 263 278 Achter Exkurs: Neunter Exkurs: Zehnter Exkurs: Elfter Exkurs: Zwölfter Exkurs: Huren in Rom – meretrices . . . . . . . . . . . . . . Frauen beißen – feminas mordere . . . . . . . . . der Kuß – osculum, savium, basium . . . . . . . Nackte Frauen betrachten – spectare nudato corpore feminas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . die Unzuchtstat – stuprum . . . . . . . . . . . . . . 289 313 325 356 372 Schlußbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Anhang Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Ich bin meines Liebsten, und nach mir ist seine Sehnsucht. Hohelied der Liebe (vor 500 v. Zw. ?) Wir verehren die Erde, die uns gebar. Wir verehren sie zusammen mit den Frauen, und wir verehren die Frauen, die die unseren sind, o Mazdā Ahura, würdig auserwählt zu sein in Wahrheit. Zarathustra in den Gāthās (um 500 v. Zw.) Niemals soll die Frau ihrem eigenen Willen überlassen sein. Dhárma-Sūtra (um 300 v. Zw.) In der Brautnacht selbst war Iphigenie, die Unschuldige, schuldvoll hingeschlachtet als Opferlamm vom eigenen Vater. Soviel Unheil vermochte die Religion anzurichten. Lukrez (1. Jahrhundert v. Zw.) Ihr Ort ist das Innerste ihres Hauses. Sie soll das Haus nicht ohne seine Erlaubnis verlassen. Sie soll des Mannes Lust jederzeit in allem befriedigen. Sie soll jeden Dienst leisten, dessen sie zu Hause fähig ist. al-|azāl¥ in: Die Belebung der religiösen Wissenschaften (um 1100 n. Zw.) in al der werlte ein schœne wp ist aller frödie ein wunne. In der ganzen Welt ist eine schöne Frau ein Gipfel aller Freuden. Dietmar von Aist (2. Hälfte 12. Jahrhundert) 10 Abkürzungen Abkürzungen Adj. Adv. ahd. altn. aram. bes. bildl. ca. f. germ. gr. hg. lat. m. mhd. gest. Jh. Komp. Adjektiv Adverb althochdeutsch altnordisch aramäisch besonders bildlich ungefähr um feminin, weiblich germanisch griechisch herausgegeben lateinisch maskulin, männlich mittelhochdeutsch gestorben Jahrhundert Komparativ n. Zw. nach der Zeitenwende, nach Christi Geburt o.O., o.J. ohne Ort, ohne Jahr P. Passiv Part. Partizip Pl., pl. Plural, Mehrzahl Präp. Präposition Pron. Pronomen, Fürwort Sanskr. Sanskrit sc. scilicet, nämlich Sing. Singular, Einzahl Subst. Substantiv trans. transitiv übers. übersetzt vgl. vergleiche v. Zw. vor der Zeitenwende, vor Christi Geburt wörtl. wörtlich Zitierte Bücher der Hebräischen und Griechischen Bibel Gen. Ex. Lev. Num. Deut. Sam. Kön. Chr. Neh. Esra Tob. Est. Hl. Hiob Das Buch Genesis Das Buch Exodus Das Buch Levitikus Das Buch Numeri Das Buch Deuteronomium Die Bücher Samuel Die Bücher der Könige Die Bücher der Chronik Das Buch Nehemia Das Buch Esra Das Buch Tobit Das Buch Ester Das Hohelied Das Buch Ijob Ps. Spr. Koh. Sir. Is. Jer. Kl. Ez. Hos. Joël Amos Nah. Hab. Mal. Matth. Kor. Eph. Thess. Joh. Das Evangelium nach Matthäus Die Briefe an die Korinther Der Brief an die Epheser Die Briefe an die Thessalonicher Die Briefe des Johannes Die Psalmen Das Buch der Sprichwörter Das Buch Kohelet Das Buch Jesus Sirach Das Buch Jesaja Das Buch Jeremia Die Klagelieder Das Buch Ezechiel Das Buch Hosea Das Buch Joël Das Buch Amos Das Buch Nahum Das Buch Habakuk Das Buch Maleachi Sex und Liebe im Hebräischen Der Anfang und das Ende 13 Der Anfang und das Ende Gott schuf also den Menschen, ’ādām. Männlich, zākār, und weiblich, neqebā h, schuf er sie. … Darum verläßt ein Mann, ’iyš, Vater und Mutter und wird anhangen seiner Frau, be’išetow und sie werden zu einem Fleisch, bāśār. Beide, der Mensch und seine Frau, waren nackt, ‘aruwmmiym aber sie schämten sich nicht vor einander. (Gen. 1,27; 2,24 f.) Gott hat dich zum Gebieter über sie gemacht, damit sie so lebt, wie du es von ihr verlangst. (Qumran, Geheimnis des Ursprungs aller Dinge, 4Q416) Ein Mensch, ’ādām, der keine Frau hat, lebt ohne Freude, ohne Segen und ohne Güte. Ein Mensch, ’ādām, der keine Frau hat, ist kein Mensch. (Babylonischer Talmud) *) **) Die nicht oder nur schwach ausgesprochenen Laute, in der wissenschaftlichen Transskription durch kleine hochgestellte Vokal- oder Konsonantenzeichen wiedergegeben, sind in der hier benützten Transskription meist fortgelassen worden. Der Einfachheit halber sind bei den Verben die Bedeutungen der einzelnen Stämme zusammengenommen, soweit sie in das Bedeutungsfeld »Sex, Erotik, Liebe« fallen. Das Geschlechtliche hat im Alten Orient mit dem Göttlichen zu tun. Um die Kontrastkonzeption, die in der Hebräischen Bibel gegenüber ihrer religiösen Umwelt formuliert wird, deutlich werden zu lassen, sind auch einige Texte aus dem Zweistromland und dem phönizischen Bereich aufgeführt. Die alte Schicht der Hebräischen Bibel ist matrilokal, das heißt der Mann zieht in die Familie der Frau. Jakob dient um seine Frauen 14 Jahre bei seinem Schwiegervater Laban (Gen. 29), Moses erhält seine Frau bei seinem Schwiegervater Jetro (Ex. 2) und »der Mann verläßt Vater und Mutter und wird seiner Frau anhangen.« Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t 14 Sex und Liebe im Hebräischen Beginn der Lexikoneintragungen *) **) ’ – Álef ’ādām, der Mensch, der Mann, der Sterbliche, die Erde, der Ackerboden. ’-h-b, begehren, lieben. Davon: ’ahabāb, die Liebe. hā’hubāh, die Geliebte; ’ahbayik, der Liebhaber, der Freier einer Hure. ’oheb, der Liebende. ’ohab, die Liebesfreude, das Liebesgeschenk, die Anmut. Seit uns die Vorstellungen der Menschen in Texten zugänglich sind, ist der Mensch erst einmal Mann, dann kommen die Söhne und irgendwann die Frauen. Aber die Schöpfungsberichte am Anfang der Genesis lassen auch eine andere Interpretation zu. ’ādām, der Erdenkloß, ist als Bild Gottes, aelem, androgyn, männlich, zākār, und weiblich, nqebāh, zugleich. Erst durch die Erschaffung der Frau, ’išāh, wird ’ādām zum Mann, ’iš. Hos. 4,17: »Sie begehrten, ’āhbu, in schändlicher Schamlosigkeit.« Is. 57,8: »Dann hast du dir Männer gekauft, deren Beilager du liebtest, ’āhabt miškābām; du hast ihr Glied, yad, bestaunt.« Das Hebräische hat wie alle semitischen Sprachen zahlreiche Ausdrücke für Liebe. Der von der Wurzel ’-h-b gebildete Ausdruck ist der des Hohenliedes der Liebe (Hl. 2,7): Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder den Dammhirschkühen des Feldes – wenn ihr sie weckt! wenn ihr sie aufweckt! die Liebe, hā’ahbā-’et bis es beliebt …! Dazu auch unten unter -b-b, lieben. Unter dem Bild des Liebhabers sieht Ezechiel die Verführer Israels zum Götzendienst der Sakralprostitution: »Deshalb will ich alle deine Liebhaber, m’ahbayik, zusammen rufen, denen du gefallen hast, alle, die du geliebt hast, und auch alle, die du verachtet hast.« (Ez. 16,37) Zur Sakralprostitution unten der Achte Exkurs. »Sie rennt ihren Freiern, m’ahbaeyhā-’aet, nach, holt sie aber nicht ein. Sie sucht nach ihnen, findet sie aber nicht.« (Hos. 2,9) Einer der schönsten erotischen Texte, außer dem Hohen Lied der Liebe in der an erotischen Texten ja nicht sehr reichen Hebräischen Bibel, steht in den Sprichwörtern Salomos (Spr. 5, 17-19): Dein Brunnen sei gesegnet; freue dich der Frau deiner Jugendtage, uśma me’ešaet n‘urkā, der Hirschkuh der Liebeslust, ’ayyaelaet ’hābim, und der Gemse der Anmut, -wya‘lat en. Ihre Brüste machen dich immerfort trunken, daddaehā yrawwukā, an ihrer Liebe berausche dich immer wieder! b’ahbātāh tišgae. Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t Lexikon: ’ 15 āhab, die Liebesfreuden, die Buhlschaft. ’-w-h, schön sein, begehren. Davon: ’āwāh, das Begehren, das Verlangen.10 ’āot, die Schwester, die Verwandte, die Geliebte.11 ’āār, die Arschbacken. ’-k-l, essen, genießen, Liebeslust genießen.12 ’ālmān, der Witwer. Davon: ’ālmānāh, die Witwe. ’āmāh, die Sklavin, die Magd, die Konkubine.13 ’amāh, der Unterarm, die Elle, der Türzapfen, der Penis.14 10 11 12 13 14 »Komm, wir wollen bis zum Morgen in Liebe, dodim, schwelgen, wir wollen die Liebeslust, bā’hābim, kosten.« (Spr. 7,18) Das Hohelied der Liebe schreibt (Hl. 8,6): Stark wie der Tod ist Liebesbegehren, ’ahbāh, bedrückend wie die Unterwelt die Eifersucht, qin‘āh. Eine andere Übersetzung [1]: Denn stark wie der Tod ist die Liebe, unerbittlich wie Sheol das Begehren. Ähnlich die Einheitsübersetzung. Wie das altägyptische senet – dazu im 1. Band im Ägyptischen unter sn, der Bruder, und sn.t, die Schwester – bezeichnet das hebräische ’aot nicht nur die leibliche Verwandte sondern auch die Geliebte. Im Hohelied der Liebe heißt es (Hl. 5,1): Ich komme in meinen Garten, meine Schwester, ’āotiy, meine Braut, kallāh. »So benimmt sich die ehebrecherische Frau: Sie genießt die Liebeslust, ’āklāh, wischt sich den Mund und sagte: Ich habe nichts Böses getan.« (Spr. 30,20) Als Abraham seine Frau Sara Abimelech als seine Schwester überließ – dazu unten der Erste Exkurs – verschloß Gott allen Frauen des Abimelech zu Strafe den Schoß. »Da trat Abraham für ihn bei Gott ein und Gott heilte Abimelech und seine Frau und seine Sklavinnen, w’amhotāyw, so daß sie wieder gebären konnten.« Aus dieser Stelle wird ganz deutlich, daß ein wohlhabender Mann der Sexualherr, ba‘al, aller seiner Frauen ist, gleichgültig in welchem rechtlichen Status. Ganz allgemein bezeichnete ’āmāh jede unfreie Frau, also sowohl eine Nebenfrau wie die Tochter eines Sklaven oder einer Sklavin. Der Türzapfen in der Pfanne ist in vielen Kulturen ein Bild des Sexualvorganges. Im Lateinischen ist cardo mascula der Zapfen, der sich in der cardo femina als Pfanne dreht. In einem mittelalterlichen Vagantenlied heißt es: ut virginem devirgino, me toti totum insero, ut cardinem determinem, um die Jungfrau / zu entjungfern / pflanze ich mich ganz ins Ganze / um ihre Pfanne zu füllen. Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t 16 Sex und Liebe im Hebräischen ’anāt, ’Anāt.15 ’on, die Zeugungskraft, der Reichtum. ’-n-s, drängen, zwingen, vergewaltigen, notzüchtigen. ’-n-q, stöhnen.16 ’ap, die Nase.17 ’-r-g, weben.18 Davon: ’aeraeg, das Weberschiffchen. 15 16 17 18 ‘Anāt ist die Tochter der ’Ašerāh, der ugaritischen Göttermutter, und des Göttervaters ’El. Ihr Liebhaber war ihr Bruder Ba‘al. Sie kommt unter ihrem Namen in der Hebräischen Bibel nur indirekt vor als Namensbestandteil für den Ort BetAnat. (Jos. 19,38; Ri 1,33). Religionsgeschichtlich ist sie weitgehend mit der sumerischen Göttin Inana und der akkadischen Göttin Ištar identisch. Wie Ištar war sie eine Göttin des Krieges und der Liebe. Und wie sie wurde schon Ištar Königin des Himmels, šarrat šame, genannt. Sie liebte die Liebe und den Sex, blieb aber immer jungfräulich. In einem ägyptischen Text heißt es [11]: »die Göttin, die empfängt, aber nicht gebiert«. In Ägypten gelangte sie als Gemahlin des Gottes Seth zu großer Verehrung. Im ugaritschen Mythos wurde sie »das Mädchen ’Anāt«, »die Jungfrau ’Anāt« und »die Königin des Himmels« genannt. Als der Prophet Jeremias die in Ägypten lebenden Juden wieder dem JHWHKult zuführen will, verweigern ihm die Juden, deren Frauen ‘Anāt als die Himmelskönigin, malekāh haššāmayim, verehren, offen die Gefolgschaft. »Da antworteten alle Männer, die wußten, daß ihre Frauen anderen Göttern opferten, und alle Frauen, die dabeistanden: ›… Wir werden der Himmelskönigin Rauchopfer und Trankopfer darbringen.‹ … Die Frauen aber sagten: ›Geschieht es etwa ohne Wissen und Willen unserer Männer, daß wir der Himmelkönigin Rauchopfer und Trankopfer darbringen, daß wir für sie Opferkuchen bereiten, die ihr Bild wiedergeben, und Trankopfer spenden?‹« (Jer. 44,15 ff.) Das Hebräische hat viele Ausdrücke für Stöhnen. Die Belegstellen handeln von Schmerzen und Trauer. Für das Luststöhnen der Frau – dazu etwa im 1. Band im Sanskrit unter rudita, maņita, sitkrita, und im Griechischen unter mysiáō, in Lust stöhnen, unten im Lateinischen gemo, seufzen, stöhnen, und im 3. Band im Arabischen unter nahada – habe ich im Hebräischen keinen Beleg gefunden. Männer stöhnten wohl früher vor Lust nicht. Jedenfalls habe ich außer im Arabischen – dazu unten im Arabischen unter nahada, rund und voll werden, seufzen – in keiner untersuchten Sprache für ein männliches Luststöhnen Belege gefunden. Siehe dazu unten im Neunten Exkurs. Beim Weben fährt das Weberschiffchen, ’aeraeg, hin und her. Diese Bewegung heißt tnupāh, das Hin und Herbewegen, die Erregung, die Weihung, und bezeichnet auch die Koitus-Bewegung des Mannes auf der Frau. Luther übersetzt es mit »weben«. So ist der Satz »Schleier für die ’Ašerāh weben – wörtlich: die webenden, ’orgot, Frauen« (2.Kön. 23,6 f.) eine euphemistische Umschreibung der kultischen Prostitution. n-w-p bezeichnet »sich vor dem Altar hin und her bewegend das Webopfer darbringen«. Dazu unten unter bat, 1. das Kleid, 2. das Kleid, das gewobene Kleid für die Ašera, pl. batiym, die kultische Prostitution und der Achte Exkurs. Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t Erster Exkurs: Frauen in der Väterzeit 17 ’-r-ś,19 sich eine Frau anverloben, verlobt werden, verlobt sein.20 Davon: ’araešaet, das Verlangen, das Begehren. ’iš, ( Subst.): der Mann, 21 der Ehemann, (Pron.): jeder, (Pl.): die Leute. Davon: ’išāh, (Subst.) das Weibchen, die Frau 22,23,24 , das Kebsweib, die Konkubine.25 (Pron.): jede, jede beliebige. Erster Exkurs: Frauen in der Väterzeit – Beliebige ’iša, die Frau, jede. Frauen, Beliebige, haben zu Beginn patrilinearer Gesellschaften keinen großen Wert oder besser, einen Wert nur als sexuelles Tauschobjekt. Ehefrauen und Töchter kann man weggeben, ausliefern, Männern zur Verfügung stellen, um eine Gegenleistung zu erhalten, 26 und Töchter kann man sogar als Sklavin, l’āmāh, verkau19 20 21 22 23 24 25 26 ’-r-ś ist eine altsemitische Wurzel. Im Akkadischen bedeutet sie »begehren«. »Du verlobst dich mit einer Frau, ’iššāh, und ein anderer beschläft sie, yišgālennāh.« (Deut. 28,30) So sind Männer: »Feiste Hengste sind sie, starke Hoden zeigend, maškiym, jeder Mann, ’iš, wiehert nach der Frau, ’ešaet, des Anderen.« (Jer. 5,8) Jedenfalls sind Männer erst einmal Geschlechtswesen. Auch Priester sind Männer und so schreibt Philon von Alexandrien: »Da aber der Priester in erster Linie Mann und daher genötigt ist, dem Geschlechtstriebe zu genügen, so schreibt das Gesetz für ihn die Ehe mit einer reinen Jungfrau vor.« Wenn schon Frau, dann Jungfrau. Diese semantisch-syntaktische Struktur liegt wohl in allen semitisch-hamitischen Sprachen vor. Im Altägyptischen heißt s, der Mann. Davon: s.t, die Frau. Das .t wechselt das grammatische Geschlecht zum Femininum: Die Frau ist sprachlich ein weiblicher Mann. Im Arabischen heißt al-ins der Mann und alinsāna die Frau. Luther: »Man wird sie Mennin heissen/darumb/das sie vom Manne genommen ist.« (Gen. 2,23) Gen. 2,25: »Die sei gerufen Weib (’iša), denn vom Mann (’iš) ist sie genommen.« Der Übergang von Lilit, der ersten Frau, die gleich Adam, dem ersten Mann, aus Erde gemacht wurde – dazu unten der Vierte Exkurs –, zu Eva bezeichnet wohl den Übergang von der Matri- zur Patrilinearität. Jetzt ist die Frau sekundär, sie ist vom Mann genommen. Im alten Israel – wie im ganzen Vorderen Orient und Altägypten – herrschte Polygamie wenigstens in der Oberschicht. Deutlich sind die Berichte über David und Salomo. (2.Sam. 5,13; 1.Kön. 11,1 ff.) Die Sklavin, die eine legitime Frau ihrem Mann gibt, damit sie ihn bekinde – dazu unten der Siebte Exkurs –, ist ’išāh: »Rahel gab Jakob ihre Sklavin Bilha zur Frau, l’iššāh, und Jakob zeugte, wayyābo’, in ihr, ’elaehā. (Gen. 30,4) Das beginnt beim diplomatischen Verkehr und endet in alltäglichen Situationen. Ein vorderasiatischer Kleinkönig schrieb an den Pharao Amenophis III. (1402 – 1364) [Altägyptisch 5]: »Wenn du mir diesen Sommer, in den Monaten des Tammūz oder des Ab, das Gold, wovon ich dir geschrieben habe, schickst, Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t 18 Sex und Liebe im Hebräischen fen.27 (Ex. 21,7) Abraham überläßt seine junge, schöne Frau Sarai dem Pharao, 28 damit er nicht ihretwegen erschlagen wird (Gen. 12,12 ff.) und noch einmal dem Abimelech (20,1 ff.). Lot bietet den Männern seine beiden Töchter, »die noch keinen Mann erkannt haben, ’šer yād‘u-lo ’iš«, zur Defloration und beliebigen Benutzung an – »dann tut mit ihnen, was euch gefällt« –, um die Pflicht der Gastfreundschaft an seinen Gästen erfüllen zu können. (Gen. 19,6 ff.)29 Die Gastfreundschaft ist gesellschaftlich wichtiger als der sexuelle Schutz der Töchter. Der Vater der ersten Frau von Samson bietet diesem, als er diese Frau Samsons einem Freund gegeben und dann Angst vor der Gewalt Samsons hatte, die Schwester zum Ersatz an – »Aber ist nicht ihre jüngere Schwester noch schöner als sie? Du kannst sie an ihrer Stelle haben.« (Richt. 15,2) – Jünger und schöner, das war doch ein Angebot, aber Samson lehnt ab, rächt sich und die Frau wird als Gegenrache verbrannt. (Richt. 15,6) Immer wieder werden Frauen unschuldige Opfer des Verhaltens der Männer.30 27 28 29 30 werde ich dir meine Tochter geben. So schicke mir bitte das Gold.« Und der Pharao schrieb höhnisch zurück: »Es ist eine schöne Sache, wenn du mir deine Tochter gibst, um einen Klumpen Gold zu erhalten.« Die Amarna-Briefe haben uns die Korrespondenz des Pharao erhalten und die Geschichten der Genesis das Verhalten der Patriarchen. Der Talmud schränkt ein: »nur solange sie minderjährig sind, also bis zu der Zeit, wo die Schamhaare zu sprießen beginnen.« Er stellt sie als seine Schwester vor und erklärt später diese irreführende Aussage damit, daß sie seine Halbschwester sei. (Gen. 20,12) Daß theologisch gesehen der Redaktor diese Geschichten und dazu die von Rebekka (Gen. 26,1-22) in den Text unter dem Topos »die Gefährdung der Ahnfrau« eingefügt hat, schließt die oben vorgenommene Interpretation nicht aus. Gefährdet waren diese Frauen durch ihre gesellschaftliche Stellung als sexuell benützbare Tauschobjekte. Und im Falle Abrahams ist ganz deutlich, daß der Pharao die schöne Sarai als Frau benutze: »Als Abraham nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, daß die Frau sehr schön war. Die Diener des Pharao sahen sie und rühmten sie vor dem Pharao.« Da holte man die Frau in den Palast des Pharao. Nachdem Gott eingegriffen hatte, warf der Pharao Abraham vor: »Warum hast du behauptet, sie sei deine Schwester – Sarai war die Halbschwester Abrahams –, so daß ich sie mir zur Frau, l’iššāh, nahm, wā’qqa?« Eine Frau nehmen (Gen. 25,1), in den Harem aufnehmen (Gen. 12,15) – das Verb l-q- ist eindeutig. »Die Gefährdung der Ahnfrau« – so der theologische Topos für diese Überlassung der Ehefrauen der Patriarchen an andere Männer – besteht offensichtlich in einer Gefährdung des Ansehens der Patriarchen und nicht im Gebrauch der Sexualeigenschaften der Frauen durch die anderen Männer, denn der Pharao, der sich die überaus schöne Sarai »zur Frau nahm« dürfte nicht lange gewartet haben. Für die Frau kam das Eingreifen Gottes zu spät, für den reich entgoltenen Patriarchen nicht. Eine interessante, Frauen als Ware behandelnde Regelung sieht das assyrische Alphabet: ’ b g d h z y k l m n s ‘ p q r ś t