I Die 8D-Methode
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I Die 8D-Methode
RISIKEN MANAGEN Baustein des Risikomanagements schen Unternehmen noch häufig vernachlässigt wird, ist die interne Anwendung der 8D-Methode – beispielsweise zwischen Abteilungen –, welche ebenfalls ein hohes Potenzial birgt. Die 8D-Methode ist dabei keineswegs isoliert zu betrachten. Vielmehr zieht sie eine Vielzahl von Folgen nach sich, um somit Prozesse dauerhaft zu verbessern. Dies kann beispielsweise zu einer Aktualisierung der Fehlermög- Die 8D-Methode Von Hans-Georg Köglmayr, Markus Boch, Michael Gassner, Ronnald Schneider und Susanne Weinert Die 8D-Methode ermöglicht eine strukturierte Bearbeitung von Reklamationen und Kundenanforderungen. Daher ist sie ein einfach zu handhabendes Hilfsmittel zur Kostenminimierung und Steigerung der Kundenzufriedenheit – was in Konsequenz zu einer signifikant besseren Wettbewerbsfähigkeit führt. sammenhang ein 8D-Report kundenseitig gefordert wird. Im Zuge des Risiko- und Reklamationsmanagements wird dann beim Lieferanten ein Problemlösungsprozess gestartet und mit der Rücksendung eines ausgefüllten 8D-Reports abgeschlossen. Positive Hebelwirkung I m Zuge einer immer stärkeren Vernetzung zwischen Kunden und Lieferanten entstehen in zunehmendem Masse Interdependenzen und Kooperationen zwischen Unternehmen. Dass in diesem Kontext Probleme auftreten können, überrascht aufgrund der teilweise hohen Komplexität nicht. Dabei werden die seitens des Kunden geäusserten Beschwerden jedoch oftmals noch vernachlässigt. Ihre Bearbeitung erscheint als notwendiges Übel, das letztlich nur Zeit und Ressourcen bindet. Ausgangspunkt für Verbesserungen Gleichwohl stecken für ein Unternehmen in jeder Reklamation Dr. Hans-Georg Köglmayr ist Professor für Logistik, Qualitätsmanagement und Marketing an der Hochschule Pforzheim; Markus Boch, Michal Gassner, Ronnald Schneider und Susanne Weinert sind Studenten im 7. Abschlusssemester der Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Pforzheim. Fakultät für Technik, Wirtschaftsingenieurwesen, Hochschule Pforzheim, Tiefenbronner Strasse 66, D-75175 Pforzheim, Tel. +49 (0)7231 28 6671, hans-georg.koeglmayr@ hs-pforzheim.de, www.hs-pforzheim.de 18 auch erhebliche Chancen, die langfristig die Qualität steigern können. Nicht zu unterschätzen ist neben der internen auch die externe Wirkung einer kompeten- Win-win-Situation für Lieferant und Kunde ten Reklamationsbearbeitung, die in aller Regel dazu führt, Kunden enger an sich zu binden, statt sie durch eine pauschale Abarbeitung der Beanstandungen wahrscheinlich auf lange Sicht zu verlieren. An diesem Punkt setzt die 8D-Methode an. Vorangetrieben und standardisiert durch den Verband der Automobilindustrie (VDA) ist sie heute ein fester, nicht mehr wegzudenkender Bestandteil in diesem Industriezweig. Wie Grafik 1 zeigt, wird die Anwendung der 8D-Methode oft durch Kundenforderungen, Reklamationen oder Rückwaren ausgelöst, wenn in diesem Zu- Das enorme Potenzial dieser Methode liegt somit im Einsatz an der Nahtstelle zwischen Lieferant und Kunde, da auf diesem Wege beide profitieren können und somit eine Win-win-Situation entsteht. Einerseits führt die strukturierte Reklamationsbearbeitung zur Prozessoptimierung beim Lieferanten, andererseits profitiert der Kunde von einer fundierten Problembearbeitung, die letztendlich eine höhere Qualität zur Folge hat. Ein wichtiger Aspekt, der vor allem in mittelständi- Durch Fehler Prozesse optimieren lichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) oder der Kontrollpläne führen. Die Ziele, die hierbei verfolgt werden, sind klar umrissen. ■ 1. Kundenreklamationen sollen mittels der 8D-Methode schnell und effizient bearbeitet werden, um Kunden nicht zu verlieren, sondern enger an sich zu binden. ■ 2. Auftretende Probleme sollen durch Abstellen der Grundursache dauerhaft behoben werden. ■ 3. Eine Fehlerwiederholung soll vermieden werden, um somit langfristig den Erfolg des eigenen Unternehmens zu steigern. ■ 4. Aufgrund der teilweise komplexen Themenstellungen sollen 8D-Methode zwischen Kunde und Lieferant Kunde Grafik 1 Lieferant Kundenforderung Reklamation Rückware Risiko- und Reklamationsmanagement 8D-Methodik FMEA Kontrollpläne Flowchart Schulung MQ Management und Qualität 9/2008 RISIKEN MANAGEN Teamsynergien für den Problemlösungsprozess genutzt werden, um das Ergebnis zu optimieren. tung den ausgefüllten Reportbogen an seinen jeweiligen Kunden schickt. Drei Kernfunktionen Wann sich der Einsatz lohnt In der Praxis sind hierbei teilweise auch unternehmensspezifische Abwandlungen anzutreffen, die unter Namen wie 6D- oder 7DReport firmieren. Insbesondere bei zahlreichen Kunde-LieferantBeziehungen ist man so häufig gezwungen, sich in neue Berichtsformen einzuarbeiten. Die drei Kernfunktionen, welche sich untereinander ergänzen, sind dabei jedoch stets identisch. ■ Die 8D-Methode impliziert eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Problemlösungsprozess, anhand derer auch komplexe Fragestellungen strukturiert gelöst werden können. ■ Durch eine faktenorientierte Herangehensweise, die mithilfe eines standardisierten Reportbogens erfolgt, wird eine hohe Methodentransparenz für alle Beteiligten geschaffen. ■ In Gestalt des 8D-Reportbogens beinhaltet die Methode ferner eine Berichtsform zur Fortschrittsverfolgung des Lösungsprozesses. Gleichzeitig wird dieser Bogen zur Kommunikation zwischen Kunde und Lieferant eingesetzt, da der Lieferant nach erfolgter Reklamationsbearbei- Trotz der oben aufgeführten Aspekte ist die 8D-Methode jedoch nicht in allen Fällen das richtige Werkzeug, um eine Reklamation zu bearbeiten. Vielmehr eignet sie sich aufgrund ihres relativ umfassenden Ansatzes für Fehler mit hoher Bedeutung für das Unternehmen, die gravierende Konsequenzen nach sich ziehen können. Vor diesem Hintergrund kann es durchaus auch Sinn machen, eine firmenspezifische Eingriffsschranke zu definieren, ab der man einen 8D-Report erstellt oder von seinem Lieferanten fordert. Diese kann beispielsweise in einer Schlechtteilquote pro Lieferung liegen. Aufgrund seiner methodischen Ausrichtung ist das Verfahren ferner prädestiniert für Fehler mit Wiederholcharakter oder Fälle, in denen zumindest das Risiko eines erneuten Auftretens besteht. Einmalige Situationen können oft anderweitig schneller, kostengünstiger und somit auch effektiver im Sinne aller Beteiligten gelöst werden. Die letzte wichtige Voraussetzung für einen adäquaten Einsatz der 8D-Methode ist, dass die Grundursache für den Der 8D-Zyklus 4. Suchen und identifizieren der zugrunde liegenden Hauptursache Grafik 2 5. Planen von effizienten Abstellmassnahmen, welche die Hauptursache beheben 3. Sofortmassnahmen einleiten, um eine weitere Ausbreitung des Fehlers zu vermeiden 6. Einführen der Abstellmassnahmen und Überprüfung der Wirksamkeit Fehler nicht bereits im Vorfeld bekannt ist, da in diesem Fall der Fehler auch ad hoc behoben werden kann. Grafik 2 bietet einen Überblick über den 8D-Zyklus, dessen acht Schritte ursächlich zur Namensgebung beigetragen haben. Ähnlichkeiten zum PDCA-Zyklus von Deming (Plan, Do, Check, Act) sind dabei deutlich zu erkennen. Wichtig im Falle der 8D-Methode ist, dass die Bearbeitung Schranken der Anwendung definieren der einzelnen Punkte und das Ausfüllen des 8D-Reports stets parallel erfolgen, ein sequenzielles Ausfüllen aus dem Gedächtnis wird der Grundidee dieser Methode keinesfalls gerecht. Studie zum aktuellen Einsatz der 8D-Methode Den Fragen, wie es um den aktuellen Einsatz der 8D-Methode in der Praxis bestellt ist und welche Schlüsse daraus für die Einführung gezogen werden können, wurde im Rahmen einer eigenen Expertenstudie nachgegangen, wobei 14 deutsche Unternehmen verschiedenster Branchen und Grössen befragt wurden. Wie die nachfolgenden Ergebnisse in den vier Kernkategorien zeigen, ergab sich dabei ein sehr differenziertes Bild, wobei einstimmig die stetig wachsende Bedeutung sowie die grossen Potenziale der Methode betont wurden. 1. Verbreitungsgrad 2. Möglichst exakte Problembeschreibung und Quantifizierung 1. Interdisziplinäres Team aus Mitarbeitern der betroffenen Bereiche zusammenstellen MQ Management und Qualität 9/2008 7. Fehlerwiederholung durch langfristige Optimierung vermeiden 8. Würdigen der Teamleistung und Abschluss des Projekts Die Befragung zeigt, dass die Methode in zunehmendem Masse in grossen und mittelständischen Betrieben angewandt wird, wobei gerade Letztgenannte häufig den Schwerpunkt noch auf einen aus- schliesslich im Kontakt zu externen Kunden gerichteten Einsatz legen. 2. Einsatzart Bei den Einsatzarten finden sich zwei Formen der Anwendung: zum einen das 8D-Papierformular, das jedoch nur noch von circa 30 Prozent der befragten Unternehmen genutzt wird. 70 Prozent setzen bereits rechnergestützte Systeme wie beispielsweise SAP oder CQM-/CAQ-Systeme ein, in die in wachsendem Masse auch 8D-Funktionalitäten softwareseitig integriert sind. Einen Vorteil sehen die Befragten hierbei vor allem auch in der Fortschrittsverfolgung bezüglich bereits bearbeiteter 8D-Reports, auf die im Fall einer erneuten Reklamation zurückgegriffen werden kann. 3. Akzeptanz Ein weiterer Fragenkomplex beschäftigte sich mit der Akzeptanz der 8D-Methode, die im Ganzen betrachtet als eher uneinheitlich zu bewerten ist. Es ist zu beobachten, dass die Mitarbeiter vieler Unternehmen das Bearbeiten der 8D-Reports noch als einen Mehraufwand ansehen, der erbracht werden muss, weil der Kunde es verlangt, ohne jedoch die dahinter stehenden Chancen für das eigene Unternehmen zu sehen. In diesem Punkt besteht daher gerade während der Einführung der 8D-Methode noch Aufklärungsbedarf. Dies gilt vor allem deshalb, da die Befunde belegen, dass in Unternehmen, welche dieses Instrument bereits über viele Jahre hinweg nutzen, das Ergebnis deutlich positiver ausfällt. Auffallend ist in diesem Kontext jedoch auch eine gewisse Ambivalenz in der Frage der Akzeptanz, welche bei einem Viertel der befragten Unternehmen be19 RISIKEN MANAGEN obachtet werden konnte. In diesen findet der 8D-Report solange eine hohe Zustimmung, wie er vom eigenen Unternehmen gefordert wird. Sobald jedoch der eigene Kunde ihn fordert, ist sie spürbar geringer. Anzeige 4. Erfahrungen Nach ihren Erfahrungen mit der 8D-Methode befragt, wurde besonders hervorgehoben, dass die Problembearbeitung in den acht Schritten kurz und knapp formuliert ist. Die Methode stellt somit laut übereinstimmender Meinung ein sehr gutes Hilfsmittel dar, um eigene Prozesse zu optimieren, indem Fehlerquellen erkannt und beseitigt werden. Weitaus weniger gute Erfahrungen wurden in Bezug auf er- haltene 8D-Reports gemacht, da diese in vielen Fällen nur unzureichend bearbeitet wurden. Als Konsequenz integrieren einige Unternehmen Erkenntnisse aus 8D-Reports bereits heute in ihre Lieferantenwertung und suchen sich nach mehreren erfolglosen Gesprächen gegebenenfalls auch einen neuen Lieferanten. Fazit der Expertenstudie Die Studie hat eindeutig gezeigt, dass eine strukturierte und sorgfältige Einführungsphase der 8D-Methode die unabdingbare Voraussetzung für einen späteren erfolgreichen Einsatz ist. Dabei gilt es, den Mitarbeitern den Nutzen der Methode zu verdeutlichen, damit auch sie die grosse Chance sehen, firmeneigene Prozesse zu optimieren, Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen, um dadurch hohe Kosten und Risiken von Qualitätsfehlern bereits im Ansatz zu vermeiden. Letztendlich führt erst die uneingeschränkte Identifizierung jedes einzelnen Mitarbeiters mit dieser Methode zu einer erfolgreichen Umsetzung in der Praxis. ■ Literatur W.E. Deming (1986): Out of the crisis. Quality, Productivity and Competitive Position. 2. Auflage, Massachusetts Institute of Technology Press: Cambridge. M. Hölzer und M. Schramm (2004): Qualitätsmanagement mit SAP. Prozessmodellierung, Customizing und produktive Anwendung von SAP QM. 3. Auflage, Galileo Press. G.F. Kamiske und J.-P. Brauer (1995): Qualitätsmanagement von A–Z. Erläuterungen moderner Begriffe des Qualitätsmanagements. 2. Auflage, Hanser Verlag: München, Wien. G.F. Kamiske und G. Umbreit (2001): Qualitätsmanagement. Eine multimediale Einführung. Carl Hanser Verlag: München, Wien. L. Rambaud (2007): 8D Structured Problem Solving. A Guide to Creating High Quality 8D Reports. S. Roger (2002): Risikomanagement im Industriebetrieb. Analyse von Beschaffungs-, Produktionsund Absatzrisiken. Deutscher Universitäts-Verlag: Wiesbaden. H.D. Seghezzi (2003): Integriertes Qualitätsmanagement. Das St. Galler Konzept. 2. Auflage, Carl Hanser Verlag: München, Wien. B. Stauss und W. Seidel (2002): Beschwerdemanagement. Kundenbeziehungen erfolgreich managen durch Customer Care. 3. Auflage, Carl Hanser Verlag: München, Wien. I. Wilde (2007): Internetbasiertes Reklamationsmanagement entlang der Wertschöpfungskette mit der erweiterten 8D-Methode. 20 MQ Management und Qualität 9/2008