V. Mietzins
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V. Mietzins
V. Mietzins Mietrecht V. Mietzins 1. Aus welchen Teilen besteht der Gesamtmietzins? Dieser setzt sich zusammen aus: l dem Hauptmietzins (§ 16 MRG) l dem Anteil an Betriebskosten und öffentlichen Abgaben (§ 21 MRG) l dem Anteil an besonderen Aufwendungen, z.B. für Lift, Zentralheizung, zentrale Waschküche (§ 24 MRG) l dem angemessenen Entgelt für mitvermietete Möbel (ausgenommen E-Herd und Abwäsche, weil diese Kategoriemerkmale darstellen), für Gartenflächen, Kfz-Abstellplätze, Steckschilder etc, ausgenommen Terrassenflächen; MietSlg 52.351, 36.370/53, 39.386 (§ 25 MRG) l der Umsatzsteuer (§ 15 Abs. 2 MRG). Im MRG-Vollanwendungsbereich erfolgt die Anrechnung der USt kraft Gesetzes (MietSlg 52.305). „Pauschalmietzins“ ist nicht ohne weiters mit dem auch USt enthaltenden Bruttomietzins gleichzusetzen; die Einbeziehung der USt wird im Allgemeinen durch den Beisatz „brutto“ zum Ausdruck gebracht (MietSlg 43.186/6). Möbelmiete: Die Rechtsprechung hat im MRG-Vollanwendungsbereich (§ 25 MRG) folgende Formel für die Möbelmiete aufgestellt: Zeitwert (= Wiederbeschaffungswert im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses) der Einrichtungsgegenstände dividiert durch die voraussichtliche Nutzungsdauer ab dem Mietvertragsabschluss (es ist also egal, wie lange die Einrichtungsgegenstände vom vorigen Mieter benützt wurden) plus 12% bis 15% „Gewinnzuschlag“ (MietSlg 39.389/25, 37.381, 36.369 ua). Die so errechnete Möbelmiete kann auf die ganze Mietdauer begehrt werden und nicht nur auf die geschätzte Restnutzungsdauer. Herd und Spüle gehören zum Kategoriemerkmal „Küche“ und sind schon im Richtwert mit einkalkuliert. 2. Was hat der Vermieter bei Mietvertragserrichtung hinsichtlich der Umsatzsteuer auf Mietzinse zu beachten? Sie beträgt derzeit: 10% auf Wohnungsmieten; 20% auf Vermietungen zu Nichtwohnzwecken (Geschäfts-, Büro-, Lagermieten udgl); 20% auf Möbelmieten, Kfz-Abstellflächen und Wärmelieferungen. Zur Vertiefung: Die Kücheneinrichtung, der Einbauschrank und die sanitären Anlagen in einer vermieteten Wohnung unterliegen dem Umsatzsteuersatz von 10%, wenn sie mit dem Gebäude so fest verbunden sind, dass ihre Trennung hievon nicht ohne Wertminderung für diese Gegenstände oder für das Gebäude selbst vorgenommen werden könnte (VwGH 26.11.1982, 15/3260/80 MietSlg 34.928). Die Umsatzsteuerpflicht beginnt seit dem 1.1.2007 bei einem Nettojahresumsatz von über € 30.000,– (vorher € 22.000,–). Ein einmaliges Überschreiten der Grenze innerhalb von fünf Jahre um 15% ist noch steuerfrei. Bleibt der Vermieter unter der Freigrenze, kann er trotzdem für die Umsatzsteuerpflicht optieren. 45 Mietrecht V. Mietzins Optiert der Vermieter für die Umsatzsteuerpflicht, hat er die Betriebs- und Heizkosten von der Vorsteuer zu entlasten. Optiert er für die „Nullregelung“ (so genannte unechte Umsatzsteuerbefreiung) hat er keinen Vorsteuerabzug; die Betriebs- und Heizkosten sind auf den Mieter inklusive der jeweiligen Vorsteuer überwälzbar. Das passt aber nicht mit der Entlastungspflicht gemäß § 15 Abs. 2 MRG zusammen, sodass es im Vollanwendungsbereich des MRG für den Vermieter eines gemischten Hauses nicht empfehlenswert ist, für die Nullregelung zu optieren. Banken, Versicherungen und Ärzte haben kein Vorsteuerabzugsrecht und sind daher bei Mietvertragsabschluss interessiert, dass der Vermieter von der Nullregelung Gebrauch macht. Einen Zwang des Vermieters zur Nullregelung gibt es nicht. Der OGH hat in MietSlg 52.919 einem Arzt als Mieter den Ausgleich gemäß § 30 UStG verweigert, weil das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz BGBl 1996/746 den Ärzten bereits auf andere Art eine finanzielle Entlastung gewährte. Nur eine vereinzelt gebliebene Entscheidung des LGZ Wien (MietSlg 53.306) teilte die USt zwischen Vermieter und Mieter, beides Ärzte, 50 : 50 auf. Wäre die Vermieterin berechtigt gewesen, von vornherein den (vereinbarten) Nettomietzins zuzüglich 20% USt zu verlangen, kann auch im Vollanwendungsbereich des MRG nichts gegen eine Konstruktion sprechen, die dem Mieter vorerst den auf die Umsatzsteuer entfallenden Betrag „erlässt“, zugleich aber vorsieht, dass der Mieter der Vermieterin die durch den Wegfall des Vorsteuerabzugs verbundenen Nachteile zu ersetzen hat, soweit sie den „erlassenen“ Umsatzsteuerbetrag nicht übersteigen. Das Kalenderjahr erscheint grundsätzlich auch als der geeignete Zeitraum für die Beurteilung, ob der Beklagte durch die vereinbarte Verrechnung von „Vorsteuerbeträgen“ schlechter gestellt wäre als bei einem Zuschlag von 20% USt zum vereinbarten – bzw. aufgrund der Wertsicherungsklausel gestiegenen – Nettomietzins. Übersteigt der der Klägerin entgangene (anteilige) Vorsteuerabzug im jeweiligen Kalenderjahr den fiktiven Umsatzsteuerbetrag, beschränkt sich der Anspruch der Klägerin auf letzteren. Ist der „Verkürzungsbetrag“ hingegen niedriger, kann sie ihn zur Gänze fordern, und zwar unabhängig davon, ob den entgangenen Vorsteuerabzügen Ausgaben für Betriebskosten oder für andere mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des Hauses zusammenhängende Leistungen Dritter zugrunde liegen (wobl 2010/90). Wenn der Vermieter zu einem Zeitpunkt, in dem die Besteuerung der Umsätze aus Vermietung und Verpachtung bereits normiert und die gesonderte Ausweisung der USt im Mietvertrag für Mietverträge zulässig war, eine offene Überwälzung der vom Vermieter vom Mietzins zu entrichtenden USt auf den Mieter nicht vereinbart, ist der vereinbarte Mietzins als „Bruttopreis“ anzusehen, der die USt enthält, egal, ob das MRG anzuwenden ist oder nicht (MietSlg 37.295/24; 34.929). Falls es noch so alte Mietverträge gibt: Seit 1.1.1982 gibt es auf Grund der Aufhebung des Art XII Z 2 EGUStG keine zivilrechtlichen Sondervorschriften über die Überwälzung der USt bei Mietverträgen, die vor dem 1.1.1973 (= Inkrafttreten UStG 1972) geschlossen wurden. Ab diesem Zeitpunkt besteht, wenn nichts anderes vereinbart wurde, die Möglichkeit der Vertragsanpassung solcher Verträge nach Art XII Z 1 EGUStG (MietSlg 42.080/19). (§ 15 MRG) 46 V. Mietzins Mietrecht 3. Nach welchen Hauptgruppen kann der Hauptmietzins festgelegt werden? Nach dem MRG bestehen vier Gruppen für die Festlegung des Hauptmietzinses: freier Mietzins angemessener Mietzins Richtwertmietzins Kategoriemietzins Diverse Förderungsgesetze enthalten Verweisungen auf das frühere MG bzw. jetzige MRG, solange das Förderungsdarlehen noch nicht zurückbezahlt ist. Das WFG 1968 und das WWG 1948 sehen die Anwendung des MRG auch über den Zeitpunkt der Rückzahlung des Förderungsdarlehens hinaus vor (MietSlg 44.441, 54.513, ,56.228). Wohnungen, die unter das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG 1979) fallen, können nur zum „kostendeckenden“ Mietzins vermietet werden. Wegen des Abverkaufes von gemeinnützigen Bundeswohnungen nicht nur an ehemalige Mieter, sondern auch an private Investoren, ist diese Mietzinsbildung auch für private Vermieter interessant geworden, weil trotz später stattgefundener gänzlicher oder teilweiser Eigentumsübertragungen an Dritte die entsprechenden Regelungen des WGG weiter anzuwenden sind (MietSlg 51.592/14, 53.591). Wer eine von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichtete Wohnung kauft und vermietet, ohne zuvor selbst deren Mieter oder Wohnungseigentümer gewesen zu sein, darf mit seinem Mieter nicht einen angemessenen oder gar freien, sondern nur den Hauptmietzins nach den Vorschriften des WGG vereinbaren (§ 20 Abs. 1 Z 3 WGG). Seit 1.1.1999 können für Wohnungen der Kategorie A oder B entweder die Mietzinsbestandteile gemäß § 14 Abs. 1 Z 1–3 WGG oder 70% des Richtwerts für das Burgenland zuzüglich der angemessenen Verzinsung der im Zeitpunkt der Vermietung für Grundstückskosten eingesetzten Eigenmittel als Hauptmietzins vereinbart werden (§ 13 Abs. 6 WGG). Der Richtwert für das Burgenland beträgt per 1.4.2012: € 4,70 /m². 70% sind daher € 3,29 /m², ein Betrag, der weit unter dem angemessenen bzw. freien Mietzins liegt. Für Wohnungen der Kategorie C oder D kann nur der kostendeckende Mietzins gemäß § 14 Abs. 1 Z 1–3 WGG vereinbart werden, der aber nach Darlehenstilgung auch mit 70% des burgenländischen Richtwerts gedeckelt ist (§ 14 Abs. 7a WGG). Nur bei begünstigter Rückzahlung der Förderungsmittel nach dem Rückzahlungsbegünstigungsgesetz 1987 BGBl Nr. 370 kann ein angemessener Mietzins gemäß § 13 Abs. 4 WGG vereinbart werden. (§§ 13, 14, 20 WGG) 4. Für welche Mietgegenstände ist eine freie Mietzinsfestsetzung zulässig? l Wenn das Förderungsdarlehen auf Grund einer vorzeitigen begünstigten Rückzahlung nach dem Rückzahlungsbegünstigungsgesetz (RBG 1971), BGBl Nr. 336/ 1971, getilgt wurde, gilt § 16 MRG nicht, wohl aber die übrigen Bestimmungen, z.B. § 21 MRG (MietSlg 54.513). Solche Darlehensrückzahlungen waren bis 31.12.1982 möglich, wenn bis spätestens 30.9.1982 darum angesucht wurde. Diese Befreiung gilt für jeden nach der begünstigten Rückzahlung geschlossenen Mietvertrag, auch wenn zwischenzeitig ein Wechsel im Eigentum der Liegenschaft eingetreten ist (MietSlg 51.491). Andere Rückzahlungsbegünstigungsgesetze, wie z.B. das RBG 1987, haben nicht diese Befreiungswirkung. 47 Mietrecht V. Mietzins l Für Mietgegenstände (Wohnungen, Geschäftsräume aller Art), die gemäß § 1 Abs. 2, 4 und 5 MRG ganz oder teilweise vom MRG ausgenommen sind. Ø „Zwei-Objekte-Haus“ Ø Vermietungen im Rahmen bestimmter Gewerbebetriebe wie z.B. Beherbergungs-, Garagierungs-, Verkehrs-, Speditions- oder Lagerhausunternehmen Ø sozialpädagogisch betreutes Wohnen Ø Heime Ø Dienstwohnungen Ø Halbjahresmietvertrag Ø Ferienwohnungen Ø Ungeförderte Neubauten mit Baubewilligung nach 30.6.1953 Ø Aufstockung von Gebäuden mit Dachbodenausbau mit Baubewilligung nach 31.12.2001 Ø Gebäudeaufstockungen ohne Dachbodenausbau mit Baubewilligung nach 31.12.2001, wenn der Mietvertrag nach dem 30.9.2006 abgeschlossen wird Ø Zubauten mit Baubewilligung nach 30.9.2006 Ø Eigentumswohnungen in Gebäuden mit Baubewilligung nach 8.5.1945 Ø Wirtschaftsparks 5. Für welche Mietobjekte kann ein angemessener Mietzins vereinbart werden? Ein nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angemessener Hauptmietzins kann gemäß § 16 Abs. 1 MRG vereinbart werden, wenn 1. der Mietgegenstand nicht zu Wohnzwecken dient; wird ein Mietgegenstand teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit verwendet, so darf nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins angerechnet werden, es sei denn, dass die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt; diese Abgrenzung ist auch wichtig für § 12a MRG (MietSlg 42.227) und diverse Kündigungstatbestände, die entweder nur auf Wohnungen oder nur auf Geschäftsräume abstellen; 2. der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, das auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist, oder auch nur der betreffende Mietgegenstand auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung durch Um-, Auf-, Ein- oder Zubau neu geschaffen worden ist; 3. der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8.5.1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat; 4. der Mietgegenstand eine Wohnung der Ausstattungskategorie A oder B ist und seine Nutzfläche 130 m2 übersteigt, sofern der Vermieter eine solche Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach der Räumung durch den früheren Mieter oder Inhaber an einen nicht zum Eintritt in die Mietrechte des früheren Mieters Berechtigten vermietet; bei Durchführung von Verbesserungsarbeiten verlängert sich diese Frist um ein Jahr (MietSlg 55.293); 48 V. Mietzins Mietrecht 5. ein unbefristetes Mietverhältnis vorliegt, seit Übergabe des Mietgegenstandes mehr als ein Jahr verstrichen ist und die Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses in Schriftform getroffen wird (§ 16 Abs. 1 Z 5 MRG). Zur Vertiefung: Vonkilch, Das österreichische Geschäftsraummietrecht im europäischen Rechtsvergleich, wobl 2001, 61 ff, kam beim Vergleich des Geschäftsraummietrechts Österreichs mit dem von 12 anderen europäischen Staaten (Deutschland, Schweiz, Tschechien, Ungarn, Kroatien, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien, Schweden, Dänemark, England/Wales) zum Ergebnis, dass diese Länder keinen Preisschutz (Mietzinsobergrenzen) bei Geschäftsraummieten wie Österreich kennen! Außerdem sind Geschäftsmietverträge auf unbestimmte Zeit in Österreich stärker geschützt als in den erwähnten Ländern, weil der strenge Kündigungsschutz dazu führt, dass dem Vermieter die Wiedererlangung des Mietobjektes auf Generationen unmöglich gemacht wird. Eine Neuschaffung von Mietgegenständen liegt nur dann vor, wenn durch bauliche Maßnahmen Mietgegenstände gewonnen werden, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung standen oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet waren. Wenn z.B. ein bisheriges Großraumbüro durch das Aufstellen von Zwischenwänden in Wohnungen gegliedert und die Versorgungseinrichtungen auf den Stand der Technik gebracht wurden, liegt noch keine Neuschaffung von Mietgegenständen im Sinn des § 16 Abs. 1 Z 2 2. Fall MRG vor. Wenn die Neuerrichtung ohne Baubewilligung erfolgte, ist für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 2 MRG auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Inangriffnahme des Bauvorhabens nach dem 8. Mai 1945 abzustellen (EWr I/16/514 ff, MietSlg 35.312, 7948 uam). Der Begriff „Neuschaffung“ ist streng auszulegen und ist dann zu bejahen, wenn lediglich geringfügige „alte“ Gebäudeteile, denen unter dem Aspekt der Vermietbarkeit keine selbständige Bedeutung zukommt, einbezogen werden (wobl 2011/154, uam). Ist das gemischt genutzte Objekt die einzige Wohnung, so stellt sich die Frage nach dem Überwiegen von Wohnzweck oder Geschäftszweck nicht, weil selbst bei weitestgehender räumlicher Beschränkung die Wohnverwendung im Vordergrund steht, sodass die im 24 bis 25 m2 großen Arbeitszimmer erledigten geschäftlichen Tätigkeiten der Beklagten (PR-Agentur) jenen entsprechen, die von Personen in einer 4-Zimmer-Wohnung (131,19 m2 Nutzfläche), in der ein Arbeitszimmer eingerichtet ist, auch sonst üblicherweise zu Hause verrichtet werden (immolex 2010,45/13). Bei Berufen – wie denen des Realitätenvermittlers, Rechtsanwaltes oder Arztes – die üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden, sind die zur Berufsausübung erforderlichen Räume als Wohnraum, und nicht als Geschäftsraum anzusehen, weil in solchen Fällen das Wohnbedürfnis und der Berufszweck einander mindestens die Waage halten (MietSlg 50.323 uam). Ob der Wohn- oder Geschäftszweck überwiegt, ist entscheidend für die Frage der Mietzinsbildung (§ 16 Abs. 1 MRG) und für die Frage der Kündigung wegen vertragswidriger Verwendung. Ist das gemischt genutzte Objekt die einzige Wohnung, so stellt sich die Frage nach dem Überwiegen von Wohnzweck oder Geschäftszweck nicht, weil selbst bei weitestgehender räumlicher Beschränkung die Wohnverwendung im Vordergrund steht, sodass die im 24 bis 25 m2 großen Arbeitszimmer erledigten geschäftlichen 49 Mietrecht V. Mietzins Tätigkeiten der Beklagten (PR-Agentur) jenen entsprechen, die von Personen in einer 4-Zimmer-Wohnung (131,19 m2 Nutzfläche), in der ein Arbeitszimmer eingerichtet ist, auch sonst üblicherweise zu Hause verrichtet werden (immolex 2010,45/13). Bei Berufen wie denen des Realitätenvermittlers, Rechtsanwaltes oder Arztes – die üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden, sind die zur Berufsausübung erforderlichen Räume als Wohnraum, und nicht als Geschäftsraum anzusehen, weil in solchen Fällen das Wohnbedürfnis und der Berufszweck einander mindestens die Waage halten (MietSlg 50.323 uam). Für die Frage, ob ein Bestandgegenstand als Geschäftsraum zu werten ist, kommt es nicht darauf an, wie er nach Abschluss des Mietvertrags verwendet wird, sondern zu welchem Zweck er vermietet wurde. Zur Ermittlung der Parteienabsicht kommen auch die Parteienerklärungen vor Abschluss des Mietvertrags in Betracht. Dies kann auch mündlich erfolgen, gegebenenfalls auch gegenüber dem beauftragten Makler, z.B. durch eine unwidersprochene Erklärung des Mieters gegenüber dem Makler über die Verwendung als Ordination anstelle der Ausführungen im Mietvertrag als Ordination und Wohnung (Zak 2011/663). Eigenmittel sind freie, nicht verrechnungspflichtige Mittel. Darauf, wie die Eigenmittel finanziert wurden, kommt es nicht an, ob etwa aus eigenem Vermögen oder durch Darlehen von dritter Seite oder ähnliches, soweit es sich nicht um öffentliche Mittel handelt. „Eigenmittel“ können auch unentgeltliche Zuwendungen Dritter sein, hier: einer Erzdiözese für eine örtliche Kirche (immolex 2007/16). Getätigte Aufwendungen dürfen auch nachträglich nicht als Mietzinspassivum verrechnet werden (MietSlg 57.300, 53.320, 52.318, 51.311, 41.253, 40.321, 39.314, 38.3287/28, EWr I/16/508 f, EWr I/3/106 ff). § 16 Abs. 1 Z 5 MRG bietet die unbürokratischste Möglichkeit, eine größere Reparatur oder Verbesserungsarbeit zu finanzieren, solange dadurch nicht die Angemessenheitsgrenze überstiegen wird. Seit dem 3. WÄG ist Schriftlichkeit der Vereinbarung notwendig, d.h. sie muss von allen Vertragsparteien unterschrieben sein (EWr I/16/510 f) uam). Eine nach dem 28.2.1994 lediglich mündlich abgeschlossene Erhöhungsvereinbarung ist gemäß § 16 Abs. 2 Z 5 MRG unwirksam, ohne dass es einer Anfechtung bedürfte. Die dreijährige Präklusivfrist gilt in diesem Fall nicht (wobl 2011/158). Eine einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur iSd § 4 Abs. 1 SigG erfüllt das Schriftformgebot nicht (RdW 2011, 142/138). Weitere, weitaus komplizierte und daher praktisch nicht vorkommende Möglichkeiten einer Finanzierung bieten § 4 Abs. 3 Z 2 MRG (Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mehrheit der Mieter, durch die Mietzinsreserve nicht gedeckte Verbesserungsarbeiten zu finanzieren) und § 16 Abs. 10 MRG (zeitlich befristete Erhöhung des Hauptmietzinses für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, mit Hindernissen bei zeitlich befristeten Verträgen) (MietSlg 55.306). 50 Mietrecht VI. Geschäftsraummiete VI. Geschäftsraummiete 1. Was sind die Folgen einer Unternehmensveräußerung durch den Hauptmieter im Teil- und Vollausnahmebereich des MRG? Vor dem 1.1.2007 ging der Mietvertrag nur mit Zustimmung des Vermieters auf den Unternehmenserwerber über. Ohne diese Zustimmung entstand ein „gespaltenes Mietverhältnis“, d.h. der Unternehmensveräußerer bleibt zwar Mieter, überließ aber die Mietrechte zur Ausübung dem Erwerber. Eine Kündigung war trotzdem versagt, wenn die Verwertung der Mietrechte nicht den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Transaktion bildete und ein lebendes Unternehmen übertragen wurde (MietSlg 50.417, 32.364 f, 20.431/27 uam). Seit 1.1.2007 ist § 38 UGB zu beachten: Der Vermieter (Verpächter) muss binnen einer Frist von drei Monaten ab Anzeige der Unternehmensveräußerung Widerspruch gegen den Vertragsübergang erheben, sonst hat er zugestimmt, ohne dass er deswegen die Miete erhöhen kann. Auf dieses Widerspruchsrecht müssen ihn der bisherige Mieter und der Unternehmenserwerber in ihrer Anzeige hinweisen. 2. Was sind die Folgen einer Unternehmensveräußerung durch den Hauptmieter im MRG-Vollanwendungsbereich? (§ 12a MRG, § 46a MRG) Veräußert der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen zur Fortführung in diesen Räumen, so tritt der Erwerber des Unternehmens anstelle des bisherigen Hauptmieters in das Hauptmietverhältnis ein. Das MRG vermeidet somit „gespaltene Mietverhältnisse“ dadurch, dass es einen automatischen Vertragsübergang anordnet und dem Vermieter als „Trostpflaster“ nur ein Mietzinsanhebungsrecht einräumt, das sich in bestimmten Fällen auf fünfzehn Jahre erstreckt (siehe Seite 85 und 98). Da in der Urfassung nur die Einzelrechtsnachfolge zur Mietzinsanhebung nach § 12 Abs. 3 MRG führte, während gesellschaftsrechtliche Vorgänge, die denselben wirtschaftlichen Zweck erreichten, nicht betroffen waren, war der Gesetzgeber aufgerufen, die dergestalt entstandenen, groben Ungerechtigkeiten durch eine entsprechende Ausweitung zu beseitigen, die die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten ebenso erfasse wie die langjährige Verpachtung des Unternehmens. Das Ergebnis war der neue § 12a MRG. § 12a MRG ist im Bereich der Ausnahmen vom MRG (hier § 1 Abs. 4 Z 1 und 3 MRG) nicht analog anzuwenden (MietSlg 55.278/39, 53.286/8). 3. Ist eine Mietzinserhöhung ausgeschlossen, wenn sich im Mietvertrag die Klausel findet: „Das Mietverhältnis geht während der vereinbarten Vertragsdauer beiderseits auf Erben und Rechtsnachfolger über“? Ja! Diese schlichte, auch heute noch in vielen Vertragsmustern zu findende Formulierung schließt eine Mietzinserhöhung gemäß § 12a MRG auch dann aus, wenn der Mietvertrag lange vor dem Inkrafttreten des MRG zu Zeiten des Kronen- und Stoppzinses abgeschlossen wurde, als der Vermieter noch gar nicht wissen konnte, dass es jemals Mietzinserhöhungsrecht geben wird (MietSlg 56.440, 56.268, 56.266 uvam). 82 VI. Geschäftsraummiete Mietrecht Zur Vertiefung: Nur in zwei Fällen hat der OGH zugunsten des Vermieters Milde gezeigt: In MietSlg 49.128 hat er ausgesprochen, dass es bei einem Vertragsabschluss vor dem 1.1.1982 zweifelhaft erscheint, ob die Parteien bereit gewesen wären, die (ihnen noch gar nicht bekannten) Rechtswirkungen der Unternehmensveräußerung auszuschalten. In MietSlg 50.300 entschied er, dass mit einer vor 25 Jahren erfolgten Gestattung der Überlassung des Mietgegenstandes an Unternehmen im Konzern der Mieterin – und damit der Verzicht auf jede Rechtsfolge einer Weitergabe, solange die Mietrechte im Konzern der Mieterin blieben – kein Verzicht des Vermieters auf die Mietzinsanhebung gemäß § 12a Abs. 3 MRG (wegen eines Machtwechsels in der Gesellschaft der Mieterin) geleistet wurde, weil in diesem Fall keine Weitergabe, sondern lediglich eine (bei Vertragsschluss nicht bedachte) Änderung der Einflussmöglichkeiten erfolgt ist. Einem Vermieter, der eine solche Klausel nach dem 31.12.1982 in Kenntnis des Mietzinserhöhungsrechts in den Mietvertrag aufnimmt, ist nicht mehr zu helfen, und wenn dies einem Notar oder Rechtsanwalt als Vertragsverfasser passiert, wäre das ein klarer Haftungsfall für den vertragsverfassenden Notar bzw. Rechtsanwalt gegenüber dem Vermieter gemäß § 1299 ABGB, weil ein Notar bzw. Rechtsanwalt, der bei Errichtung und Abwicklung eines Vertrages für beide Vertragspartner tätig war, auch die Interessen beider Teile wahrnehmen muss, selbst wenn er im Übrigen nur der Bevollmächtigte des Mieters war (MietSlg 53.197). Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Weitergaberecht nicht auf den Nachmieter übergeht, weil das Weitergaberecht typischerweise bei Beendigung des ursprünglichen Mietverhältnisses ausgeübt wird, der Nachmieter ein Recht ausüben würde, an dessen Vereinbarung er gar nicht beteiligt war, und es in der Regel nicht der Parteienabsicht entsprechen kann, ein Mietrecht zeitlich unbegrenzt zugunsten des jeweils nächsten Mieters aufrecht zu erhalten. Es bedarf daher einer sorgfältigen Auslegung des ursprünglichen Vertrages nach den Regeln der §§ 914, 915 ABGB, wenn ein mehrfach ausübbares Weitergaberecht behauptet wird, und entsprechend klarer Anhaltspunkte, um dies auch annehmen zu können (MietSlg 41.230, 49.128, 39.137). Mangels Änderung in der Person des Mieters in den Fällen des § 12a Abs. 3 MRG findet keine Vertragsnachfolge statt, sodass die Ausübung eines vertraglichen Weitergaberechts in den Fällen einer bloßen Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeiten nicht an eine empfangsbedürftige Übertragungserklärung geknüpft werden kann. Der Mieter kann vielmehr auch nach Verwirklichung des Machtwechsels einem auf § 12a Abs. 3 MRG gestützten Erhöhungsbegehren des Vermieters den rechtsvernichtenden Einwand der Inanspruchnahme des vertraglichen Weitergaberechts entgegenhalten (wobl 2009/118). 4. Wie unterscheiden sich Weitergaberecht und Präsentationsrecht? Vom Weitergaberecht, bei dem der Vermieter vorbehaltlos einem Mieterwechsel – sei es auch eingeschränkt auf einen bestimmten Personenkreis – von vornherein zustimmt, unterscheidet sich das Präsentationsrecht dadurch, dass Letzteres nur die Verpflichtung des Vermieters gegenüber dem Mieter enthält, unter gewissen Bedingungen mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen (MietSlg 52.154). 83 Mietrecht VI. Geschäftsraummiete 5. Ist der Verkauf des Unternehmens dem Vermieter anzuzeigen? Sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber sind verpflichtet, die Unternehmensveräußerung dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. Zur Vertiefung: Neueste Grundsatzentscheidung des OGH vom 22.2.2011, 8 Ob 4/11p, RdW 2011/338: Nach ständiger Rechtsprechung zum Mietrechtsübergang im Fall einer Unternehmensveräußerung stellt die in § 12 MRG in der Fassung vor dem 3. WÄG normierte Anzeigepflicht von Unternehmensveräußerer und Übernehmer gegenüber dem Vermieter eine Ordnungsvorschrift dar, deren Verletzung schadenersatzpflichtig macht. Der Schaden besteht darin, dass der Altvermieter an der rechtzeitigen Geltendmachung des erhöhten Mietzinses verhindert war und ihm daher ein entsprechender Mietzinsentgang erwachsen ist. Bei der in § 12a Abs. 3 MRG normierten Anzeigepflicht handelt es sich um ein Schutzgesetz zugunsten des Vermieters, der vor Vermögensschäden infolge unterlassener Anhebung des Mietzinses auf den angemessenen Mietzins bewahrt werden soll. Diese Anzeigepflicht ist eine aus dem Mietvertrag abgeleitete Nebenpflicht des Mieters. Der Schadenersatzanspruch gegen die Gesellschaft, der aus der Verletzung dieser Pflicht abgeleitet wird, ist somit vertraglicher Natur. Rein vermögensrechtliche Ansprüche, die bereits vor dem Eigentümerwechsel in der Rechtssphäre des Veräußerers abschließend entstanden sind, wie bereits entstandene Schadenersatzansprüche, die im Zeitpunkt der Veräußerung noch gar nicht bekannt waren, sind dem Vermögen des Veräußerers zuzuordnen. die bereits vor dem Eigentümerwechsel in der Rechtssphäre des Veräußerers abschließend entstanden sind. Die Klausel in Punkt V des Kaufvertrags über die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands mit allen Rechten und Pflichten, wie sie der Verkäufer besessen und benutzt hatte bzw. zu besitzen und benutzen berechtigt gewesen wäre, spricht nicht für eine Sonderregel, die auf die Übertragung auch unbekannter Schadenersatzansprüche des Verkäufers gerichtet ist. Trotz gegenteiliger, inhaltlich aber nicht überzeugender Stimmen in der Lehre (Vonkilch, Glosse zu 4 Ob 220/08v, wobl 2009, 321 [323]; Friedl, Zur Haftung eines GmbH-Geschäftsführers wegen unterlassener Anzeige nach § 12a Abs. 3 MRG bei Vermieterwechsel, ecolex 2009, 656) wird daher die Ansicht aufrecht erhalten, dass für die Rechtszuständigkeit von Schadenersatzansprüchen zufolge Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs. 3 MRG danach zu unterscheiden ist, in wessen Vermögen der geltend gemachte Schaden jeweils eingetreten ist (4 Ob 220/08v). Soweit die begehrten Ersatzbeträge Mietzinsentgänge aus vor dem Übertragungsstichtag liegenden Mietzinsperioden betreffen, wurde der Verkäufer durch die unterlassene Anzeige an einer Mietzinsanhebung gehindert. Der Schaden ist daher in seinem Vermögen eingetreten. Mangels gegenteiliger Vereinbarung können die auf diese Altperioden entfallenden Ersatzbeträge nur vom Altvermieter geltend gemacht werden. Eine Verletzung der Anzeigepflicht ist primär der Gesellschaft zuzurechnen. Aus diesem Grund ist auch die Passivlegitimation der Gesellschaft als primäres Haftungssubjekt evident. Die Handlungspflicht nach § 12a Abs. 3 MRG trifft die vertretungsbefugten Organe persönlich. Der Verpflichtung wird nur entsprochen, wenn die Anzeige in der gesetzlich geschuldeten Art und Weise und damit ordnungsgemäß erfolgt. 84 XIV. Bestellung, Aufgaben und Abberufung des Verwalters Wohnungseigentumsrecht XIV. Bestellung, Aufgaben und Abberufung des Verwalters 1. Wer bestellt den Verwalter? (§ 19 WEG) Die Eigentümergemeinschaft kann mit Anteilsmehrheit eine natürliche oder juristische Person zum Verwalter bestellen. Auf Antrag des Verwalters oder eines Wohnungseigentümers sind Name und Anschrift des Verwalters im Grundbuch ersichtlich zu machen. 2. Welche Aufgaben und Befugnisse hat der Verwalter? (§ 20 WEG) l Er hat die Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren und Weisungen der Mehrheit der Wohnungseigentümer zu befolgen, soweit diese nicht gesetzwidrig sind. Nach außen hin hat er die unbeschränkbare Vertretung der Eigentümergemeinschaft; hierbei kann er sich eines berufsmäßigen Parteienvertreters bedienen. l Er hat alle die Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen entweder über ein für jeden Wohnungseigentümer einsehbares Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder über ein ebenso einsehbares Anderkonto durchzuführen (§ 20 Abs. 6 WEG). Das Gleiche gilt für die Rücklagen (§ 31 Abs. 2 WEG). l Er hat bis Ende des laufenden Jahres eine Vorausschau für das kommende Jahr sowie bis Mitte des Jahres eine Abrechnung für das abgelaufene Jahr zu legen (§ 34 Abs. 1 WEG). l Bei Abschluss von Rechtsgeschäften mit einer Person, die mit ihm durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden ist, hat er die Wohnungseigentümer auf dieses Naheverhältnis hinzuweisen. Er hat für Erhaltungsarbeiten, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, sowie für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Konkurrenzangebote einzuholen. l Er hat rückständige Zahlungen von Wohnungseigentümern einzumahnen und allenfalls einzuklagen. l Er hat auf Verlangen jedes Wohnungseigentümers diesem Auskunft über den Inhalt des Verwaltungsvertrags, besonders über die Entgeltvereinbarungen und den Umfang der vereinbarten Leistungen, und im Fall einer schriftlichen Willensbildung über das Stimmverhalten der anderen Wohnungseigentümer zu geben. l Seine ihm als Machthaber auferlegten Pflichten können weder aufgehoben noch beschränkt werden. l Bei grober Verletzung seiner Verwalterpflichten kann die Eigentümergemeinschaft die Herabsetzung seines Entgelts sowie allfällige Schadenersatzansprüche stellen. l Energieausweis (§ 20 Abs. 3a WEG) Der Verwalter hat im Rahmen der ordentlichen Verwaltung dafür zu sorgen, dass für das gesamte Gebäude ein höchstens zehn Jahre alter Energieausweis vorhanden ist und vorrätig gehalten wird. Er hat jedem Wohnungseigentümer aus Verlangen und gegen Ersatz der Kopierkosten eine Kopie desselben zur Verfügung zu stellen. Wenn die Mehrheit nach Miteigentumsanteilen die Ausstellung eines Energieausweises ablehnt, so ist der Verwalter daran gebunden. 277 Wohnungseigentumsrecht XIV. Bestellung, Aufgaben und Abberufung des Verwalters 3. Welche Aufgaben hat der Verwalter bei ordentlichen und außerordentlichen Maßnahmen? a) Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kann und muss der Verwalter auch ohne entsprechende Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach pflichtgemäßem Ermessen eigenständig durchführen (OGH 5 Ob 144/05w, immolex 2005/128 u. 5 Ob 209/09k, immolex 210/73). Für die Durchführung dieser Maßnahmen benötigt der Verwalter keine besondere Vollmacht, da er nach außen auf Grund des Gesetzes eine unbeschränkte Vollmacht hat (OGH 5 Ob 5/81, MietSlg 33.477/11). Im Innenverhältnis ist jedoch der Verwalter an generelle oder individuelle (Mehrheits-)Beschlüsse gebunden, außer es handelt sich um gesetzeswidrige Weisungen der Mehrheit (LGZ Wien 45 R 561/83, MietSlg 35.621). Die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft und die Behebung ernster Schäden des Wohnungseigentumsobjekts gehören zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung (OGH 5 Ob 144/05w, immolex 2005/128 u. 5 Ob 147/09t, Prader 366/E57). b) Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (siehe Seite 262 ff) darf der Verwalter nur nach Einholung eines Mehrheitsbeschlusses und Abwarten der Frist für dessen Anfechtung durchführen (OGH 5 Ob 112/07t, Prader 365/E52). 4. Wie bemisst sich das Honorar des Verwalters? Die Höhe des Verwaltungshonorars richtet sich nach der Vereinbarung (§ 1004 ABGB). Mangels einer diesbezüglichen Vereinbarung gilt ein angemessenes Entgelt als vereinbart. Angemessen ist ein Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschieht oder geschehen ist, ergibt. Vom Fachverband für Immobilientreuhänder früher herausgegebene Tarife waren nur eine Orientierungshilfe für die Angemessenheitsprüfung. Entsteht dem Verwalter ein besonderer Mehraufwand (z.B. durch plötzlichen Wassereintritt beim Dachbodenausbau), kann trotz Vereinbarung im Verwaltungsvertrag, dass für Bauvorhaben ein gewisser Prozentsatz an Honorar zusteht, seine Verrechnung des Mehraufwands nach Stunden zulässig sein (OGH 5 Ob 46/08k, Prader 372/E87). 5. Wie kann ein Verwaltungsvertrag gekündigt werden? (§ 21 WEG) l Wurde der Verwalter auf unbestimmte Zeit (d.h. unbefristet) bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode (idR Ende des Kalenderjahres) kündigen. l Wurde ein befristeter Verwaltungsvertrag für mehr als drei Jahre (z.B. für zehn Jahre) abgeschlossen, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter bereits nach Ablauf nach drei Jahren den Verwaltungsvertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode (vorzeitig) kündigen. Die vorstehenden Regelungen können vertraglich nicht abbedungen werden. 278 XIV. Bestellung, Aufgaben und Abberufung des Verwalters Wohnungseigentumsrecht Wird ein befristeter Verwaltungsvertrag nach Ablauf der Vertragsdauer stillschweigend verlängert, so gilt die Verlängerung auf unbestimmte Zeit (d.h. unbefristet). Für die Abberufung eines Verwalters reicht ein Umlaufbeschluss (OGH 5 Ob 315/03i, Prader 385/E3). Die Vorschriften über die Willensbildung innerhalt der Eigentümergemeinschaft sind einzuhalten (OGH 5 Ob 179/11a, immolex 212/96). Die einfache Mehrheit nach Anteilen genügt. Parteistellung des Verwalters im Außerstreitverfahren: In einem außerstreitigen Gerichtsverfahren über Konflikte innerhalb der Eigentümergemeinschaft kommt auch dem Verwalter Parteistellung zu, wenn der Gegenstand des Verfahrens ein Verhalten des Verwalters betrifft (§ 52 Abs. 2 WEG). Antrag eines einzelnen Wohnungseigentümers bei Gericht wegen Pflichtverletzung des Verwalters: Der einzelne Wohnungseigentümer kann bei einem Pflichtverstoß des Verwalters gegen diesen einen Antrag auf Entscheidung durch das Gericht stellen, und zwar auf Einhaltung der Pflichten des Verwalters oder auf Lösung des Verwaltungsvertrages wegen grober Pflichtverletzung (§ 30 Abs. 1 Z 5 und 6 WEG). 6. Wann kann der Verwaltungsvertrag vorzeitig gekündigt oder sofort aufgelöst werden? Der Verwaltungsvertrag kann l jederzeit aus wichtigen Gründen von der Eigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss nach Anteilen gekündigt werden oder l bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden. Bei Auflösung durch das Gericht ist die Wiederbestellung des Verwalters unzulässig (§ 21 Abs. 3 WEG). Es müssen begründete Bedenken gegen die Treue- und Interessenvertretungspflicht des Verwalters bestehen. Dabei muss es sich um Gründe handeln, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig sind, dass die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert erscheint. Mehrere einzelne Pflichtverletzungen, die für sich allein betrachtet keine groben Vernachlässigungen der Verwaltungspflichten darstellen (auch längst zurückliegende Vorfälle), können bei einer Gesamtschau die Auflösung des Verwaltungsvertrags rechtfertigen (OGH 5 Ob 83/99p, immolex 1999/171 = MietSlg 51.562). Bei der Prüfung der Auflösungsgründe ist jeweils eine Zukunftsprognose anzustellen (OGH v. 7.7.2009, 5 Ob 115/09m). Beispiele für grobe Pflichtverletzungen: Ø qualifizierte Buchungsfehler (OGH 5 Ob 100/89, wobl 1990/31); Ø wiederholte Eigenmächtigkeit des Verwalters (OGH 5 Ob 1052/9f, MietSlg 43.400); Ø fehlende oder falsche Informationen sowie Verschleierungen (LGZ Graz 3 R 316/92, MietSlg 45.561); Ø unzulässige Überwälzungen oder Begünstigung einzelner Miteigentümer zum Schaden anderer (LGZ Graz 3 R 316/92, MietSlg 45.561); 279 Wohnungseigentumsrecht XIV. Bestellung, Aufgaben und Abberufung des Verwalters Ø Einbehalten von Provisionen (LGZ Graz 3 R 316/92, MietSlg 45.561); Ø unberechtigtes Einheben von Sonderhonoraren (LGZ Wien 41 R 505/90 MietSlg 43.301); Ø Unterlassen der Abrechnung bzw. erheblich verspätete Rechnungslegung (OGH 5 Ob 41/79, MietSlg 31/41, Prader 394/E50); Ø verspätete oder wegen Unzulänglichkeit praktisch unüberprüfbare Jahresabrechnung (OGH 5 Ob 1052/91, MietSlg 43.400 = wobl 1992/84); Ø mangelnde Ermöglichung der Belegeinsicht (OGH 5 Ob 100/89, wobl 1990/31). 280 Steuerrecht VI. Immobilienertragssteuer VI. Immobilienertragssteuer ab 1.4.2012 1. Was wird ab 1.4.2012 besteuert? Mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 (StabG 2012) wird die private (außerbetriebliche) Veräußerung von Grundstücken, die ab 1.4.2012 erfolgt, unabhängig von der bisherigen Spekulationsfrist einkommenssteuerpflichtig („Immobilienertragsteuer“). Diese Immobilienertragsteuer ist auch für „Altvermögen“, zu zahlen, also für Liegenschaften, bei denen nach altem Recht die 10-jährige bzw. 15-jährige Spekulationsfrist am 1.4.2012 schon abgelaufen gewesen wäre. Erbschaft und Schenkung lösen keine Immobiliensteuerpflicht aus; für den Übernehmer sind der (letzte) Anschaffungszeitpunkt und die (letzten) Anschaffungskosten des/der Überträger maßgebend. 2. Wie hoch ist der Steuersatz? Der „besondere“ Steuersatz beträgt 25% des Saldos zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten. Beim „Altvermögen“ werden die Anschaffungskosten mit 86% des Veräußerungserlöses fingiert. Somit ergibt sich ein Saldo von 14%, der mit 25% besteuert wird, mit anderen Worten, die Immobilienertragssteuer für Altvermögen beträgt 3,5% des Veräußerungserlöses! Wenn aber das Grundstück zwischen 1.4.1988 und 31.3.2012 von Grünland in Bauland umgewidmet wurde, werden die Anschaffungskosten mit 40% des Veräußerungserlöses fingiert. Somit ergibt sich ein Saldo von 60%, der mit 25% besteuert wird, mit anderen Worten, die Immobilienertragsteuer für solches Altvermögen beträgt 15% des Veräußerungserlöses! Der Steuerpflichtige kann aber auf Antrag statt den fiktiven die tatsächlichen (höheren) Anschaffungskosten zugrunde legen. Bei Umwidmungen ab 1.4.2012 gibt es keine eigene Regelung, weil durch die Gegenüberstellung von Veräußerungserlös und (adaptierten) Anschaffungskosten sowieso jede Wertsteigerung erfasst wird, unabhängig davon, ob diese Wertsteigerung durch eine Umwidmung oder durch sonstige Umstände eintritt. Eine Umwidmung gemäß dem neuen § 30 EStG liegt nur vor, wenn die Umwidmung erstmals eine Bebauung ermöglicht, was bei einer Umwidmung von Grünland in Bauland in der Regel der Fall sein wird. Ist eine Bebauung vorerst ausgeschlossen (z.B. Bauerwartungsland), tritt die Steuerpflicht erst ein, wenn eine Bebauung erstmals ermöglicht wird. Auch Sonderwidmungen lösen die Steuerpflicht aus, wenn sie eine Bebauung ermöglichen. Auch eine nach der Grundstücksveräußerung erfolgte Änderung der Widmung kann die Immobiliensteuerpflicht auslösen, wenn diese Veräußerung in engem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang steht. Dies soll vor allem Veräußerungsfälle von Noch-Grünland-Gründstücken betreffen, für die bereits eine Art Umwidmungszusage besteht, sodass der Veräußerungserlös bereits dem Baugrundwert entspricht. Die Immobilienerträge, die mit dem besonderen Steuersatz (25%) erfasst werden, wirken nicht progressionserhöhend auf das Resteinkommen. 318 VI. Immobilienertragssteuer Steuerrecht Es besteht bei diesen Grundstücksveräußerungen die Möglichkeit, in die Regelbesteuerung zu optieren (§ 30a Abs. 2 EStG). Das könnte vor allem dann von Vorteil sein, wenn aus anderen Einkunftsquellen Verluste angefallen sind, die mit dem Ertrag aus privaten Grundstücksveräußerungen verrechnet werden könnten, weil die Verlustverrechenbarkeit nur bei Anwendung des „besonderen“ Steuersatzes von 25% ausgeschlossen ist. Für Verluste aus Grundstücksveräußerungen erweitert die Regelbesteuerungsoption aber nicht die Verrechnung; sie können auch nicht bei der Regelbesteuerungsoption mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. 3. Wie wird der steuerpflichtige Immobilienertrag ermittelt? a) Im Fall der Option zur tarifmäßigen Besteuerung: Anschaffungskosten (inkl. Anschaffungsnebenkosten, wie Vertragserrichtungskosten, Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr) + Herstellungs- und Instandsetzungsaufwendungen, soweit diese nicht bei der Vermietung und Verpachtung abgesetzt wurden; – AfA, soweit diese bei der Vermietung und Verpachtung abgezogen worden ist – Subventionen, – Fremdkapitalzinsen währen der Zeit der Vermietung, – Kosten für Makler, Notar oder Rechtsanwalt (Vertragserrichtung, Selbstberechnung und Entrichtung der Immobilienertragsteuer) = Immobilienertrag Nicht abziehbar sind damit ab 1.4.2012 u.a. die Verkäuferprovision an den Makler, Kosten für Inserate, vom Verkäufer übernommene Vertragserrichtungskosten, Kosten von Bewertungsgutachten. b) Im Fall der pauschalen Einkünfteermittlung (§ 30 Abs. 4 EStG) gibt es neben den pauschalen Anschaffungskosten (86% bzw. 40% des Veräußerungserlöses, siehe oben) keinerlei Werbungskostenabzüge. Steuerberatungskosten sind nur als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 6 EStG abziehbar. 4. Was hat es mit dem Inflationsabschlag auf sich? Im Fall der Option zur tarifmäßigen Besteuerung werden die Einkünfte ab dem 11. Jahr nach der Anschaffung jährlich um 2%, höchstens jedoch um 50% zu vermindern. Wird daher ein Grundstück im z.B. 20. Jahr nach der Anschaffung veräußert, steht für 10 Jahre ein Inflationsabschlag von jährlich 2% zu (Inflationsabschlag insgesamt somit 20%); die Einkünfte sind daher um 20% zu vermindern. Im Fall der Umwidmung beginnt der Inflationsabschlag im 11. Jahr nach der Umwidmung. Im privaten Bereich gilt der Inflationsabschlag für Grund und Boden und Gebäude, im betrieblichen Bereich nur für Grund und Boden. 5. Was versteht man unter Grundstück? Der Begriff des Grundstücks umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte (z.B. Baurechte, Jagdrechte), die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. Der Boden und das Gebäude sind Teile eines Grundstücks. 319 Muster einer Fünfzehntelanhebung Mustervorlagen Muster einer Fünfzehntelanhebung (Tod des Hauptmieters) An die Verlassenschaft nach Max Mustermann zu Handen Hans Mustermann (als erbserklärtem Erben) Musterstraße 1 9999 Musterstadt Ort, am (Datum) EINSCHREIBEN Betrifft: Hauptmietzins für Mietobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehr geehrte(r) Frau, Herr, Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ! Der Hausverwaltung ist zur Kenntnis gelangt, dass der bisherige Hauptmieter des obigen Mietobjektes verstorben ist. Gemäß § 46a Abs. 2 MRG idF 3. WÄG berechtigt dies den Vermieter, ab 1. Jänner des Jahres nach dem Todestag den Hauptmietzins – verteilt über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren – auf den angemessenen Betrag anzuheben. Die Nutzfläche des Mietgegenstandes beträgt. . . . m². Als angemessener monatlicher Hauptmietzins ist derzeit–unter Berücksichtigung der Art der Geschäftstätigkeit – ein Betrag von € . . . . ./m² anzunehmen. Somit errechnet sich für das obige Bestandobjekt ein angemessener monatlicher Hauptmietzins von abzüglich des bisherigen Hauptmietzinses (inklusive des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags (Wertbeständigkeit des Mietzinses) gemäß § 45 MRG von € ........... – € ........... Differenz € ........... Ein Fünfzehntel der errechneten Differenz € ........... zuzüglich bisheriger Hauptmietzins € ........... Neuer monatlicher Hauptmietzins ab 1. Jänner 20 . . (gerundet) € ........... Der angemessene Hauptmietzins ist wertgesichert gemäß § 16 Abs. 6 MRG idF 3. WÄG. Zu dem genannten Betrag kommen noch die Betriebskosten, allfällige sonstige Nebenkosten und die Umsatzsteuer hinzu. Mit freundlichen Grüßen Unterschrift: 337 Mustervorlagen Muster einer Mietzinsmahnung Muster einer Mietzinsmahnung Absender: Anselm VERMIETER 9999 Musterdorf 100 Herrn und Frau Frodewin und Frodewine MIETER Musterdorf 10/II/5 9999 Musterdorf EINSCHREIBEN Musterdorf, am . . . . . . . Betrifft: Rückständige Mietzinse Sehr geehrte Familie MIETER! Leider musste ich feststellen, dass Sie noch nicht die Mieten für die Monate . . . . . . . (inklusive Betriebskosten und Heizkostenakonti) in Höhe von je € 555,– an mich überwiesen haben. Ich ersuche Sie, den ausständigen Betrag in Höhe von € 1.665,– bis spätestens . . . . . . . auf das Ihnen bekannte Mietenkonto einzuzahlen, weil ich sonst eine gerichtliche Zins- und Räumungsklage einbringen müsste, die Ihnen nur zusätzliche Kosten (Gerichtsgebühren, Rechtsanwalt, usw) und eine Delogierung verursachen würde. Mit freundlichen Grüßen 338