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SPORTMASSAGE
KNEIFEN
UND KNETEN
Ob Profi oder Breitensportler – für viele Rennradfahrer gehört die Massage zum entspannenden
Abschluss eines harten Trainings- oder Renntages. Sie hilft bei der Regeneration. Wann sie auch
vorher sinnvoll ist und wie Sie sich selbst helfen können, lesen Sie hier
TEXT: SILKE MEUSEL FOTOS: DANIEL KRAUS
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ntspannen und regenerieren, das sind die Haupteffekte einer guten Massage. Das wussten schon die
alten Griechen, die die Handgriffe der klassischen
Massage erfanden. Durch Kneten, Reiben und Betasten
sollte die Muskulatur gelockert und besser durchblutet
werden. In vielen Kulturen gehört die Massage zu den
ältesten Heilmitteln der Medizin.
Eine Form der Heilmassage ist die Sportmassage. „Sie ist
ein wichtiger Bestandteil der Regeneration und Entspan-
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nung“, sagt Knut Stamer, Leiter der Trainingstherapie in
der Rehabilitationsklinik Medical Park in Bad Wiessee.
„Ziel ist, dass die Leistungsbereitschaft schnell wiederhergestellt ist – und die Sportler empfinden vor allem die
Entspannung als sehr angenehm.“ Stamer muss es wissen:
Unter den Sportlern, die sich von ihm wieder fit machen
lassen, sind auch viele Radprofis.
Radfahrer quälen vor allem die Muskeln der unteren
Extremität: Oberschenkel (musculus biceps femoris auf
der Rückseite, musculus quadriceps auf der Vorderseite)
und Waden (musculus gastrocnemius). Außerdem können
DO IT YOURSELF
Techniken für eine Massage nach dem Sport
SELBSTMASSAGE: BEINE
PARTNERMASSAGE: RÜCKEN
Am besten sitzt man für die Behandlungen am Boden, das zu
massierende Bein ist leicht angewinkelt, das andere liegt
locker auf. Mit zehn leichten Streichbewegungen das Öl gleichmäßig verteilen. Jedes Bein mit allen drei Griffen durchmassieren. Die genauen Erklärungen zu den Handbewegungen finden
Sie in dem Kasten „Klassische Grifftechniken“.
WICHTIG: Immer zum Herz hin massieren, also vom Knöchel
zum Knie bzw. vom Knie in Richtung Leiste!
Der zu Massierende liegt auf dem Bauch. Mit 10 leichten
Streichbewegungen verteilt der „Masseur“ das Öl gleichmäßig über den Rücken.
1. Oberschenkel reiben
Die Handfläche bewegt sich
kreisend und mit angemessenem Druck über die Oberschenkelinnen- bzw. -außenseite; je 10 Wiederholungen
WICHTIG: Üben die Hände zu
viel Druck aus, hält das Bein
automatisch dagegen, spannt
sich an! Das ist kontraproduktiv.
1. Rücken walken
Beide Hände flach auf der Haut.
Sie arbeiten sich von der Wirbelsäule nach außen, in geschmeidig rhythmischen Bewegungen
kopfwärts; je 10-mal wiederholen
WICHTIG: Von unten nach oben
arbeiten und auch in die Seiten
massieren, aber die Wirbelsäule
aussparen!
2. Rücken streichen
Beide Hände liegen flach auf
einer Rückenhälfte, Daumen
übereinander (nicht aufeinander!) Streichen Sie mit angemessenem Druck von der
Halswirbelsäule zum Kreuzbein; je 10-mal wiederholen
2. Oberschenkel klopfen
Hände zur lockeren Faust
schließen, den Muskel mit
der Innenseite der Faust
locker und dynamisch klopfen. Beide Hände klopfen im
Wechsel auf die Außen- bzw.
Innenseite des Oberschenkels; je 10 Wiederholungen
3. Wade schütteln
Wadenmuskel mit der Hand
umgreifen (linkes Bein rechte
Hand, rechtes Bein linke Hand)
und rhythmisch locker vom
Knöchel zum Knie aufwärts
durchschütteln;
je 10-mal wiederholen
der Hüftbeuger (musculus iliopsoas) sowie die Rückenund Nackenmuskulatur betroffen sein. Dort setzen die
Profis an: Der Masseur oder Physiotherapeut spürt harte,
verklebte oder sogar verletzte Muskelpartien auf und behandelt sie mit der nötigen Intensität. Er streicht, knetet,
klatscht und schüttelt – damit beeinflusst er Haut, Bindegewebe und Muskulatur.
Sogar innere Organe kann der Masseur erreichen – über
die so genannten Ref lexbögen: Das sind Verbindungen
zwischen dem Rezeptor (in diesem Fall die Haut) und dem
Effektor (in diesem Fall das Organ). Nervenbahnen leiten
3. Schulter kreisen
Der zu Massierende liegt bequem
auf der Seite, der „Masseur“ sitzt
dahinter, greift mit einer Hand
unter die freie Armbeuge und
umfängt so die zu massierende
Schulter. Mit der anderen Hand
versucht er, das Schulterblatt zu
greifen, um mit gleichmäßig
rhythmisch kreisenden Bewegungen die Schulter in allen
Dimensionen durchzubewegen.
den Reiz zum Zentralnervensystem und von dort über
motorische Nervenfasern zum Effektor. Einfach ausgedrückt, reizt eine Massage die Hautrezeptoren und
verstärkt so die Durchblutung der inneren Organe. Alle
Strukturen werden durch die Behandlung gelockert und
gelöst, durchblutet und belebt.
Stamer erklärt, wie die Massage auf die Regeneration
wirkt: „Durch die Massage werden Stoffwechselrückstände
leichter und schneller abtransportiert. Dadurch verbessert
sich der Stoffwechsel und der venöse sowie lymphatische
Rückfluss.“ So gehören „dicke Beine“ schnell der Vergan-
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genheit an. Sinnvoll ist eine Massage eigentlich nach jeder
Trainingseinheit, ein Muss ist sie nach dem Radrennen
oder -marathon. Wer häufig unter verhärteten Muskeln
leidet, sollte auf jeden Fall auch andere Ursachen mit in
Betracht ziehen und gegebenenfalls beheben: Muskeln
können auch durch einen blockierten Wirbel verhärten,
durch eine schlechte Sitzposition verspannen, durch unzureichendes Training überfordert sein oder durch einen
Mangel an Mineralien übersäuern.
Dass eine Massage nach dem Rennen etwas bringt, ist
also klar. Doch Therapeut Knut Stamer plädiert durchaus
auch für die Massage vor dem Sport: „Sie kann die Muskulatur auf die Belastung vorbereiten, den Stoffwechsel
anregen und den Tonus erhöhen. Aber Vorsicht: Sich aktiv
aufzuwärmen, ist deutlich effektiver und deshalb unbedingt vorzuziehen.“ Und man sollte die Anregungsmassage
nicht erstmals vor dem großen Saisonhöhepunkt ausprobieren, sondern lieber bei einem kleinen Event testen.
Denn jeder reagiert unterschiedlich.
Obwohl es immer besser ist, sich von jemand anderem
massieren zu lassen, kann man es zur Not auch mal selbst
tun. „Selbstmassage ist eine sinnvolle Sache“, sagt Stamer.
„Aber zuerst essen und dann massieren! “ Auch bei der
Selbstmassage solle man mit anstreichenden Techniken
beginnen, dann leicht kneten und schütteln. Alles sollte
sanft dosiert werden und im Verlauf der Muskulatur
stattfinden – am besten in Richtung Herz.
Wer darf massieren?
In Deutschland sind es Masseure und Physiotherapeuten,
die die klassischen Massagetechniken anwenden. Beide
Berufsbezeichnungen sind gesetzlich geschützt.
Wie finde ich einen guten Therapeuten?
Am hilfreichsten sind Empfehlungen von Freunden oder
Sportkameraden. Auskünfte erteilen auch: Praxisverzeichnis
nichtärztlicher Heilberufe (www.physio.de) oder der
Deutsche Verband für Physiotherapie (www.zvk.org)
Was macht einen guten Therapeuten aus?
Er/sie sollte kein Standard-Programm runterschrubben,
sondern auf die ganz speziellen Wünsche des Patienten
eingehen – und die müssen natürlich vorher erfragt werden;
daran sieht man schon, wie der Therapeut an die Sache
herangeht. Eine gute Massage ist zwar an den verspannten
Stellen schmerzhaft, aber ansonsten sollte sie angenehm
bleiben. Der Masseur soll die entsprechenden Muskelpartien
behandeln und gleichzeitig erkunden, wo die ganz persönlichen Problemzonen und Schmerzbereiche – und vielleicht
sogar kleinen Verletzungen – liegen.
Was kostet eine Behandlung?
Massagen kann der Arzt verschreiben. Gesetzlich Versicherte zahlen für dieses Heilmittel zehn Prozent der Gesamtkosten und jeweils zehn Euro Rezeptgebühr an den
Therapeuten. Eine Behandlungseinheit muss mindestens
15 Minuten dauern und kostet ab neun Euro aufwärts.
ACHTUNG!
Nicht massieren bei:
• entzündeter Haut, Unterhaut oder Muskulatur
• Fieber (eine Massage
kann die Körpertemperatur weiter erhöhen)
• Emboliegefahr
• Krampfadern
Klassische Grifftechniken
Alle Handgriffe fließend und mit ständigem Hautkontakt
durchführen
STREICHEN
Ausführung: flächig mit beiden Händen, entweder abwechselnd gegeneinander
oder nebeneinander mit
Druck, immer Richtung Herz
Wirkung: Damit beginnt und
endet die Massage, die Haut
gewöhnt sich an die Berührung, das Streichen entspannt Körper und Geist
KNETEN/ WALKEN
Ausführung: Abwechselnd
greifen die Hände mit
Daumen und Fingerkuppen
einzelne Muskelgruppen und
kneten/walken diese mit einer S-förmigen Bewegung
des Daumens durch
Wirkung: löst Verspannung,
verbessert die Durchblutung
REIBEN/ ZIRKELN
Ausführung: flache oder
tiefdringende kreisende
Bewegung mit den Finger-
spitzen oder dem Handballen
Wirkung: erwärmt das Gewebe und löst Verklebungen
KLOPFEN/
KLATSCHEN
Ausführung: Mit der Handkante, der flachen oder hohlen Hand oder den Fingern
wird schnell hintereinander
auf die Haut geschlagen
Wirkung: Durchblutung verbessert sich, Muskeltonus
kann damit erhöht werden,
Stoffwechselprodukte
werden abtransportiert
ERSCHÜTTERUNG/
SCHÜTTELUNG
Ausführung: Die ganze
Extremität oder nur der
Muskel (z.B. Wade) wird mit
schnellen Handbewegungen
durchgeschüttelt
Wirkung: entspannend,
krampflösend, senkt den
Muskeltonus