flugunfallkommission gutachten und vorschläge

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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION
Büro:
Radetzkystraße 2
1031 W I E N
Telefax: 713 03 26
Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204
Wien, am 28. Juli 1999
GZ. 84.347/2-FUK/99
GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE
betreffend den
Flugunfall mit dem Segelflugzeug Type Mini Nimbus HS7, Kennzeichen OE-XXXX,
am 24. Juni 1992 um ca. 11:44 Uhr UTC *) an der Südflanke des Jaukenmassives,
Gemeinde Dellach im Gailtal, Bezirk Hermagor, Kärnten.
Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministers für
öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 26. Juni 1992, Pr.Zl. 74.347/1-FUK/92):
Dr. Alfred GANSER
Leiter
Ing. Peter VYSKOCIL
Sachverständiger für Flugbetrieb und Luftfahrzeugtechnik
Gemäß § 30 Abs. 2 Zivilluftfahrt-Störungsverordnung 1978 wurde vom Leiter der Flugunfallkommission zusätzlich zur Untersuchung herangezogen:
Dr.med. Wolfgang KÖSTLER
Fliegerärztlicher Sachverständiger
Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht.
*)
Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time
(Lokalzeiten wurden entsprechend geändert).
-2-
INHALTSÜBERSICHT
Seite
ALLGEMEINES ....................................................................................................... 3
1.
UNTERSUCHUNG .................................................................................................. 4
1.1
1.1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
1.12
1.12.1
1.12.2
1.13
1.14
1.14.1
1.14.2
1.14.3
1.15
1.16
Flugverlauf ................................................................................................................ 4
Flugvorbereitung ....................................................................................................... 5
Verletzung von Personen .......................................................................................... 5
Beschädigung des Luftfahrzeuges ............................................................................ 5
Andere Beschädigungen ........................................................................................... 5
Besatzung .................................................................................................................. 5
Luftfahrzeug .............................................................................................................. 6
Flugwetter ................................................................................................................. 7
Navigationsanlagen ................................................................................................... 8
Funksprechverkehr .................................................................................................... 8
Flugplatz- und Bodeneinrichtungen .......................................................................... 9
Flugschreiber ............................................................................................................. 9
Prüfung des Bruches ................................................................................................. 10
Lage des Bruches ...................................................................................................... 10
Zustand des Bruches ................................................................................................. 10
Angaben über Feuerausbruch .................................................................................... 13
Andere Angaben ....................................................................................................... 13
Obduktion des Piloten................................................................................................ 13
Luftfahrtmedizinische Belange .................................................................................. 14
Gewicht und Schwerpunkt ......................................................................................... 16
Technische Untersuchung ......................................................................................... 17
Sonstiges ................................................................................................................... 17
2.
BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ............................................. 17
2.1
2.2
2.2.1
2.2.2
Beurteilung ................................................................................................................
Schlußfolgerungen ....................................................................................................
Unfallart ....................................................................................................................
Wahrscheinliche Unfallursache ................................................................................
3.
3.1
3.2
VORSCHLÄGE ........................................................................................................ 19
Sofortmaßnahmen ..................................................................................................... 19
Vorschläge der Flugunfallkommission ..................................................................... 19
17
18
18
18
-3-
ALLGEMEINES
Luftfahrzeug
Segelflugzeug Type Mini Nimbus HS7, Kennzeichen OE-XXXX
Triebwerk
Entfällt
Eigentümer & Halter
Privatperson
Besatzung
Pilot männlich, 60 Jahre, tot
Passagiere
Keine
Unfallort
Südflanke des Jaukenmassives, Gemeinde Dellach im Gailtal, Bezirk Hermagor, Kärnten,
Koordinaten /Seehöhe: N 46°42'05", E 013°03'40" / ca. 2200 m
Datum und Zeitpunkt des Unfalles
24. Juni 1992 um ca. 11:44 Uhr
Art des Fluges
Privater Rundflug (Streckenflug)
Phase des Fluges
Reiseflug
-4-
Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes
24. Juni 1992 um 15:20 Uhr
Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am Unfallort
25. Juni 1992 um 06:45 Uhr
Teilnehmer an der Untersuchung
Flugunfallkommissionsmitglieder:
Ing. Peter VYSKOCIL
Sonstige Personen:
Beamte des Gendarmeriepostens Kötschach-Mauthen
Kurze Darstellung des Unfalles
Der Pilot stürzte während eines 500-km-Streckenfluges über hochalpinem Gelände ab. Beim
Aufprall des Luftfahrzeuges wurde der Pilot getötet; am Luftfahrzeug entstand Totalschaden.
1. U N T E R S U C H U N G
1.1
FLUGVERLAUF
Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen von
Zeugen und der Auswertung des Barographenblattes in Verbindung mit den Erhebungen
der Flugunfallkommission am Unfallort wie folgt rekonstruiert:
Der Pilot wollte am 24. Juni 1992 mit dem Segelflugzeug Type Mini Nimbus HS 7,
Kennzeichen OE-XXXX, vom Flugplatz Nötsch im Gailtal einen angemeldeten
Streckenflug durchführen. Die beabsichtigte Flugaufgabe war ein sogenannter "JOJOStreckenflug" über 514 km, der vom Flugplatz Nötsch zu den Wendepunkten Vals-
-5Kirche (Südtirol), Ferlach-Flugplatz, Laas-Lungenheilanstalt und zurück zum Flugplatz
Nötsch führen sollte.
Am Unfalltag hatte der Pilot bereits zwei Flüge mit dem gegenständlichen Luftfahrzeug
absolviert. Der erste Flug hatte von 07:12 bis 07:57 Uhr gedauert.
Der nächste Start erfolgte um 08:05 Uhr. Bei diesem Flug klinkte der Pilot während des
Motorflugzeugschlepps in einer Höhe von ca. 300 m (QFE) selbständig aus und flog
zum Flugplatz Nötsch zurück, wo er um 08:11 Uhr landete. Auf Befragen habe der Pilot
angegeben, er hätte aufgrund eines "black out" den Schleppflug abbrechen und landen
müssen. Trotz mehrfachen Anratens anderer Piloten, am selben Tag keinen weiteren
Start mehr durchzuführen, bestand der Pilot auf einen neuerlichen Start, welcher um
10:18 Uhr erfolgte. Die Ausklinkhöhe betrug ca. 1750 m MSL (ca. 1200 m QFE).
Gegen 11:44 Uhr stürzte der Pilot westlich der Jaukenhöhe ab. Der Aufschlag erfolgte
an der Südflanke des Jaukenmassives.
1.1.1
Flugvorbereitung
Angaben, ob die gemäß § 5 Luftverkehrsregeln, BGBl.Nr. 56/1967 i.d.g.F., erforderliche
Flugvorbereitung durchgeführt wurde, liegen nicht vor. Die Abgabe eines Flugplanes
war gem. § 51 leg.cit. nicht erforderlich.
Ein Fluganmeldeformular für einen Streckenflug war ausgefüllt.
1.2
VERLETZUNG VON PERSONEN
Art der Verletzung
tödlich
1.3
Besatzung
Passagiere
Dritte
1
-
-
BESCHÄDIGUNG DES LUFTFAHRZEUGES
Am Luftfahrzeug entstand Totalschaden.
1.4
ANDERE BESCHÄDIGUNGEN
An der Absturzstelle entstand geringer Flurschaden.
1.5
BESATZUNG
-6Pilot männlich, 60 Jahre, österreichischer Staatsangehöriger;
Inhaber des Segelfliegerscheines Nr. XXXX, ausgestellt am 30. Juni 1980 vom
Bundesamt für Zivilluftfahrt in Wien (BAZ), gültig bis 30. Juni 1994;
Berechtigungen:
Zwei- und mehrsitzige, zweisitzig geflogene Segelflugzeuge;
Motorflugzeugschleppstart,
Hilfsmotorstart;
Segelkunstflug.
Flugerfahrung (ohne Unfallflug)
Gesamt:
869:31 Stunden, 315 Starts
Als verantwortlicher Pilot:
840:49 Stunden
In den letzen 3 Monaten:
32:18 Stunden, 12 Starts
davon auf dem Unfallmuster: 29:41 Stunden, 11 Starts.
1.6
LUFTFAHRZEUG
Segelflugzeug Type Mini-Nimbus HS7, Kennzeichen OE-XXXX
Hersteller:
Schempp-Hirth GmbH & CoKG, Kirchheim/Deck, BRD
Werknummer/Baujahr:
04 / 1977
Gesamtflugzeit:
1.291:50 Stunden bei 394 Starts (ohne Unfallflug)
Letzte eingetragene Jahresüberprüfung am 19. Februar 1992.
Bordpapiere, ausgestellt vom BAZ:
- Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 12. April 1978
- Eintragungsschein Nr. 2 vom 14. Juni 1989
- Lufttüchtigkeitszeugnis vom 8. Juni 1984
Verwendungsart:
Allgemeine Luftfahrt
Einsatz-/Navigationsarten: Personenbeförderung, Sichtflüge bei Tag, Flüge mit
Luftfunkstelle
-7Letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit (Nachprüfung) am 29. März 1989; amtliche
Terminsetzung für die gemäß § 40 Abs. 1 Z 6 Zivilluftfahrzeug- und LuftfahrtgerätVerordnung, BGBl.Nr. 415/1983, nach Ablauf eines Zeitraumes von 24 Monaten
vorgeschriebene Nachprüfung am Unfalltag ausständig.
Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Zürich Kosmos, Polizzen-Nr. 07892145-5, gültig vom 1. März 1992 bis 1. März 1993.
Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am 4. August 1989 von der
Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.
1.7
FLUGWETTER
Wettervorhersage:
FX0S56 LOWK 240528
FLUGWETTERÜBERSICHT FÜR DIE ALLGEMEINE LUFTFAHRT UND DEN FLUGSPORT IM
RAUM KÄRNTEN/OSTTIROL, GÜLTIG BIS HEUTE ABEND, DEN 24.06.1992
WETTERLAGE: SW-STRÖMUNG
WIND UND TEMPERATUR IN DER FREIEN ATMOSPHÄRE:
IN 1500M: W, BALD SW, 20-25KMH, 12-15C
IN 3000M: W, BALD SW, 25-35KMH, 4C
ÄNDERUNG WÄHREND DES TAGES: KEINE
WOLKEN UND WETTERERSCHEINUNGEN: VORERST GERINGE QUELLBEWÖLKUNG MIT
BASEN 2200-2600M, IM W TEILS HÖHER, GEGEN ABEND VEREINZELTE ÜBERENTWICKLUNGEN VOR ALLEM ÜBER BERGLAND
BODENSICHT: 20-50KM
NULLGRADGRENZE: UM 3600M
GEFAHRENHINWEISE: KEINE
LABILITÄT BZW. INVERSIONEN: HOCHREICHEND MÄSSIG LABIL, SCHWACHE INVERSION
UM 3400M
THERMIK: MÄSSIGE THERMIKENTWICKLUNG, FÜR KLEINERE STRECKEN GEEIGNET
THERMIKBEGINN / AUSLÖSETEMPERATUR:
AM BODEN UM 1100 UHR LOC BEI 23C
IN 1000M UM 1000 UHR LOC BEI 19C
THERMIKENDE: ABENDS
WIND/TEMPERATUR UM 7 UHR LOC:
-8AM DOBRATSCH W/35KMH, 5,8C; AM SONNBLICK NW/25KMH, 0,5C ...
Diese Vorhersage war am Unfalltag ab 06:00 Uhr über das automatische Telefonanrufbeantworter-System (ATAS) des BAZ verfügbar.
Wetterbeobachtungsmeldungen:
Klagenfurt
1050 UTC
1120
1150
vrb03kt
vrb03kt
vrb03kt
9999
9999
9999
lcu060
lcu060
lcu060
25/12
25/12
26/12
1010
1010
1010
12005kt 9999
12012kt 9999
10010kt 9999
2cu060
3cu060
3cu070
24/ / /
24/ / /
24/ l l
sct
sct
sct
18010kt
2cu/ / /
24/09
40bcfg
5cu/ / /
1cu/ / /
1cu/ / /
10/07
lcb018
2cu050
2cu050
2cu060
sct
sct
tcu
nosig
nosig
nosig
Lienz
1000 UTC
1100
1200
Reisach
1200 UTC
20km
Dobratsch
0900 UTC
1200
1500
27002kt 1200m
20011kt 18km
23023kt 18km
09/06
5ci170
11/07
Spittal a.d. Drau
1000 UTC
1100
1200
00000kt 30km
00000kt 30km
09005kt 30km
sct
Laut Zeugenaussagen herrschte zum Unfallzeitpunkt im Bereich der Absturzstelle
starker Südwind.
1.8
NAVIGATIONSANLAGEN
Nicht betroffen.
1.9
FUNKSPRECHVERKEHR
-9Es ist kein kausaler Funksprechverkehr bekannt. Das Bordfunkgerät war auf der
Flugplatzfrequenz Nötsch gerastet und ausgeschaltet.
1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN
Nicht betroffen.
1.11 FLUGSCHREIBER
Im Luftfahrzeug war ein Barograph eingebaut, der beim Aufschlag zerstört wurde. Aus
den Resten des Barographen konnten Teile des Barographenblattes entnommen werden.
Auswertung des Barographenblattes:
Insgesamt wurden drei Einzelflüge aufgezeichnet.
Der erste Flug wurde vermutlich im Flugzeugschlepp auf eine Höhe von rund 1000 m
(QFE) geführt. Nach dem Ausklinken folgte ein kontinuierlicher Sinkflug von ca. 8
Minuten Dauer mit einem Höhenverlust von ca. 200 m, daran schloß ein Höhengewinn
von ca. 40 m in einem Zeitraum von ca. 3 Minuten, gefolgt von einem gleichmäßigen
Höhenverlust bis zur Landung von ca. 26 Minuten Dauer. Die Landung erfolgte auf der
selben Höhe wie der Abflug.
Der zweite Start erfolgte ca. 8 Minuten später. Nach einem kontinuierlichen Höhengewinn von ca. 300 m in einer Zeit von ca. 3 Minuten, erfolgte ein gleichartig rapider
Höhenverlust auf Starthöhe ihn einer Zeit von etwa 3-4 Minuten. Nach der Landung
bestand im Schrieb eine Zacke (Vortrieb am Barographen gestoppt), gefolgt von einem
horizontalen Schrieb auf Starthöhe von ca. 8 Minuten Dauer.
Daran schloß der dritte Start. Die Ausklinkhöhe betrug ca. 1200 m (QFE). Einem
geringfügigen Höhenverlust von ca. 6 Minuten Dauer folgte ein Höhengewinn von ca.
450 m. In weiterer Folge waren Höhengewinne und Höhenverluste im Bereich von bis
zu 300 m verzeichnet. Bedingt durch den Zerstörungsgrad des Blattes war die
Aufzeichnung in der Schlußphase des Unfallfluges undeutlich zu erkennen. Der Aufzeichnungszeitraum zwischen dem dritten Start und dem Ende des erkennbaren
Schriebes betrug ca. 72 Minuten. Weitere Aufzeichnungen auf dem Barographenblatt
waren nicht erkennbar.
Die auswertbaren Aufzeichnungen auf dem Barographenblatt stimmen mit jenen der
- 10 Startliste des Flugplatzes Nötsch und den Zeugenaussagen überein.
Laut vorliegenden Unterlagen (Startliste, Zeugenaussagen) ermittelt sich ein Zeitraum
zwischen dem dritten Start in Nötsch und dem Absturz von ca. 86 Minuten.
1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES
1.12.1 Lage des Bruches
Die Unfallstelle befindet sich an der Südflanke des Jaukenmassives, ca. 200 m westlich
der sogenannten "Jaukenhöhe" auf einem plateauartigen Hang, welcher ca. 30° nach
Süden zum Gailtal geneigt ist und talwärts in einen steilen Felshang übergeht.
Das Luftfahrzeug hatte bei dem Aufprall im steinigen, grasbewachsenen Almboden
einen Krater von ca. 120 x 80 cm, mit einer Tiefe von ca. 60 cm geschlagen. Im Bereich
des Kraters lagen Splitter der Haubenverglasung, ein Höhenmesser, das Absperrventil
der Sauerstoffflasche.
Das Hauptwrack befand sich neben dem Krater in Rückenlage und wies mit der
Flugzeuglängsachse etwa in Richtung 240°. Etwa 10 m hangabwärts lag eine Sauerstoffflasche. Unterhalb der rechten Tragfläche lag das Höhenruder. Oberhalb des
Hauptwracks lag ein ca. 2 m langes Bruchstück der linken Tragfläche.
Etwa in Richtung 320° und ca. 5,2 m vom Aufschlagkrater entfernt, war die Grasnabe
bis zum darunter liegenden Felsen in ca. 25 cm Tiefe eingeschnitten. Eine weitere
Einschlagmarke stammte von der rechten Tragfläche und war ca. 10 cm tief.
Aus den Aufwühlungen im Aufschlagbereich ergibt sich eine Richtung der Flugzeuglängsachse im Aufschlagmoment von ca. 225-230° und ein Neigungswinkel von ca. 5060° bezogen auf die Horizontale. Aus der Endlage und den vorgefundenen Spuren ergibt
sich eine Anflugrichtung von ca. 240°.
1.12.2 Zustand des Bruches
Das Cockpit war bis unter die Sitzwanne zerstört.
Der Instrumententräger war ausgerissen. Die Instrumente waren großteils zerstört.
- 11 An Instrumenten wurde vorgefunden:
· Höhenmesser Winter
942,5 hPa, 3170 m;
· Höhenmesser Winter:
zerstört, 1003 hPa, 1600 m;
· Fahrtmesser Kroneis:
zerstört, -0-;
· Streckenflugrechner Dittel LX1000:
Gehäuse zerstört;
· Feinvariometer (zu Flugrechner LX1000):
zerstört;
· Grobvariometer Winter:
zerstört;
· Bohlikompaß:
zerstört;
· Funkgerät Dittel ATR720:
122,40 MHz, OFF, Squelsh ON.
Ein Notsender (ELT) wurde nicht vorgefunden. Dieser wurde möglicherweise am
Unfalltag durch Gendarmerie-Beamte entfernt.
Die mitgeführte Sauerstoffanlage riß beim Aufschlag aus der Halterung und war
zerstört. Das Absperrventil der Sauerstoffflasche (abgerissen) war geschlossen, der
Durchflußregler war leicht geöffnet.
Die Sicherheitsgurten waren aus dem Rumpfverband gerissen. Das Gurtschloß war
geschlossen.
Der Rettungsschirm (beim Wrack) war im Zuge der Bergung des Piloten ausgelöst
worden.
Der Rumpfvorderteil war zerstört und bis zum ersten Rumpfspant aufgebrochen. Er war
in Flugrichtung betrachtet ca. 20-30° nach rechts gerichtet. Die linke Rumpfseite wies
den höheren Zerstörungsgrad auf.
Der Querspant mit der Konsole des Steuerknüppels war aus dem Verband gerissen.
Sämtliche Anschlüsse des Steuerknüppels waren kraftschlüssig verbunden.
Die Seitenruderpedale (Pedalträger intakt) waren über die Steuerseile mit dem Seitenrudergestänge kraftschlüssig verbunden. Sämtliche Übertragungsstangen waren
- 12 aufschlagbedingt abgeknickt bzw. deformiert. Das Übertragungsgestänge war
ordnungsgemäß angeschlossen und kraftschlüssig.
Das Hauptfahrwerk war eingefahren und verriegelt.
Die Rumpfröhre war ca. 80 cm nach der Flügelhinterkante durchgebrochen. Das hintere
Bruchstück lag rechts neben dem Rumpf. Durch den Bruch waren sämtliche in der
Rumpfröhre geführten Übertragungsstangen und Leitungen abgeknickt.
Das Seitenruder saß ordnungsgemäß in den Ruderlagern und war mit dem
Übertragungsgestänge kraftschlüssig verbunden.
Die linke Seite des Seitenruders war vom unteren bis zum oberen Ruderlager
aufgerissen, wobei ein streifenförmiger Teil der Beplankung fehlte. Offensichtlich war
das Seitenruder beim Aufschlag nach links gegen die Seitenflosse ausgeschlagen.
Das Höhenruder (Pendelruder) war aufschlagbedingt aus der Verankerung in der
Seitenflosse gerissen. Der Beschlag war nach links verdreht. Der Sicherungszapfen
(Seitenflosse) war nach rechts aus der Öse (Höhenruder) gezogen. Die Oberschale des
Höhenruders war im Bereich des Ruderanschlusses beidseitig in Richtung Rudernase
ausgebrochen. Das Höhenruder wies am linken Randbogen Stauchungen und Brüche in
der Ober- und Unterschale mit Erdablagerungen auf (Eindringtiefe im Erdreich ca. 15
cm).
Beide Tragflächen waren kraftschlüssig im Rumpfverband angeschlossen. Der Hauptbolzen war ordnungsgemäß gesichert.
Die linke Tragfläche war gegen die Flugrichtung gestaucht. Die Beplankung war auf der
Ober- und der Unterseite ca. 50 cm von der Flügelwurzel großflächig aufgebrochen. Die
Tragfläche war ca. 2 m vom Randbogen gänzlich durchgebrochen. Im Bruchbereich
waren am Innenflügel Stauchungen vorhanden, die von der Flügelnase über den
Hauptholm bis zur Flügelhinterkante reichten. Die Flügelnase war großflächig
aufgebrochen, die Beplankung hatte sich auf der Ober- und der Unterseite gelöst. Am
Außenflügel waren im Nasenbereich ausgehend vom Randbogen auf ca. 60-70 cm
- 13 Länge in der Ober- und Unterschale Stauchungen vorhanden.
Das Übertragungsgestänge des Querruders und der Bremsklappe waren ordnungsgemäß
mit den Zwangsanschlüssen verbunden. Der Zwangsanschluß der linken Wölbklappe
war ausgerissen. Die Wölbklappe war aus der Lagerung gerissen und hing lose im
Flügelverband. Das Querruder war ausgerissen, jedoch mit dem Übertragungsgestänge
kraftschlüssig verbunden. Die Querruderlager waren aus dem Flügelverband gerissen.
Die rechte Tragfläche war am Übergang zwischen Querruder und Wölbklappe durchgebrochen. Die Flügelnase wies von der Bruchstelle bis zum Randbogen Stauchungen
und Brüche mit Gras- und Erdablagerungen auf (Eindringtiefe im Erdreich ca. 15 cm).
Die Wölbklappe, das Querruder und die Bremsklappe waren mit dem Übertragungsgestänge kraftschlüssig verbunden. Das äußerste Wölbklappenlager und das innerste
Querruderlager waren ausgebrochen, alle übrigen Lager waren mit der Tragfläche
kraftschlüssig verbunden.
1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH
Es brach kein Feuer aus.
1.14 ANDERE ANGABEN
1.14.1 Obduktion des Piloten
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde vom Landesgericht Klagenfurt die Obduktion
der Leiche des Piloten durch das Gerichtsmedizinische Institut Graz angeordnet.
Auszug aus dem Obduktionsbefund:
„Die Gefäße an der Gehirnbasis sind ausgesprochen zart und zeigen immer wieder
starke, weißgelbliche beetartige Einlagerungen, die gerade noch etwas Flüssigkeit
durchlassen, dies wird auch durch Einbringen von Wasser mittels einer Injektionsnadel
überprüft. Das heißt, daß die Gefäße noch durchgängig sind, jedoch mit etwas größerer
Kraft muß das Wasser eingebracht werden. [...] Blutungen sind nicht zu erkennen. [...]
Das Herz [ist] so groß wie die Leichenfaust [...] Die Herzspitze wird von der linken
Kammer gebildet [...] die Kammerwandstärke [beträgt] rechts 4 mm, links 9 mm, in der
linken Herzkammer findet man nur spärlich Blut. [...]
- 14 Die Herzkranzgefäße insgesamt von normaler Weite zeigen jedoch deutlich weißlich
gelbliche beetartige Einlagerungen und am absteigenden Teil der linken Herzkranzschlagader findet man ungefähr 1 cm von der Aufteilungsstelle entfernt einen Bereich,
in welchem dieser Ast aufgerissen ist und das Gewebe rundherum erblutet erscheint,
diese Bezirke sind ebenfalls kalkhart. Der Herzmuskel [erscheint] schlaff, die Balkenmuskulatur abgeplattet. [...]
Der Bogenteil der Körperhauptschlagader zeigt nur äußerst spärlich, weißlich gelbliche
Einlagerungen [...]“
Auszug aus dem Obduktionsgutachten:
„[Der Pilot] ist an den zahlreichen Verletzungen, herrührend vom Flugzeugabsturz
eines gewaltsamen Todes verstorben. [...]
Auch fiel die hochgradige Verkalkung der Hirnbasisgefäße und der Herzkranzgefäße
auf und man sah auch bei der Obduktion sehnig glänzende Schwielenbezirke im Bereich
der Scheide- als auch der Hinterwand. [...]
[Wenn] angegeben wird, daß [der Pilot] bereits einen Fehlstart vor dem nun tödlichen
Segelflugzeugabsturz hatte und anschließend angab, er sei kurz weggewesen, so läßt
dies den Schluß zu, daß [der Pilot] beim neuerlichen Flug von Übelkeit, herrührend von
der Herzschwäche bzw. einer Minderdurchblutung des Gehirns - zurückzuführen auf die
hochgradige Verkalkung - befallen wurde bzw. bewußtlos wurde [...]
Die nach zwei verschiedenen Methoden [...] durchgeführten Untersuchungen erbrachten
übereinstimmend sowohl eine Blut- als auch eine Harnalkoholkonzentration von 0,0 ‰.
[...] beweisen, daß [der Pilot] zum Todeszeitpunkt alkoholnüchtern war.“
1.14.2 Luftfahrtmedizinische Belange
Zur Beurteilung der Flugtauglichkeit des Piloten wurde der Chefarzt der Austro Control
GmbH (vormals BAZ), Abteilung für Flugmedizin, mit der Erstattung eines Gutachtens
beauftragt. Dem Gutachten lagen die Obduktionsergebnisse und die Feststellungen an
der Unfallstelle zugrunde.
Analyse des Obduktionsgutachtens:
Ein Hirninfarkt durch einen totalen Gefäßverschluß oder eine Hirnblutung als Ursache
- 15 für Bewußtseinsstörungen mit Absturzfolge sind auszuschließen.
Die Beurteilung der Herzkranzgefäße zeigt keinen vollständigen Verschluß eines
Herzkranzgefäßes.
Das Herz war nicht vergrößert. Auch die Abmessungen der Herzwände der rechten und
linken Kammer wiesen normale Parameter auf, so daß eine Herzvergrößerung
(Hypertrophie), bedingt durch einen über längere Zeit bestehenden hohen Blutdruck
(Hypertonie), ausgeschlossen werden kann. Auch eine Herzvergrößerung im Sinne einer
Herzdilatation, wie sie bei einer Cardiomyopathie auftreten kann, kann aufgrund der
Größenangaben ausgeschlossen werden.
Auffällig aber ist die Beschreibung des Magens und des Zwölffingerdarms, die,
abgesehen von den dort befindlichen Sekreten, als leer beschrieben werden.
Haltung der Leiche im Wrack:
Die Haltung eines Unterarmes und einer Hand wird im Sinn einer Abwehrhaltung vor
dem Gesicht beschrieben, während der zweite Arm als gestreckt in der Haltung
beschrieben wird.
Ausrüstung:
Es wird keine Sauerstoffmaske bei der Leiche beschrieben. Der Verschluß der
Sauerstoffflasche befindet sich im zugedrehten Zustand.
Es wurden keine Nahrungsmittel und keine Trinkbehälter beim Segelflugzeug
beschrieben, auch nicht, daß solche in der Nähe des Wracks gelegen wären.
Der Pilot war nur mit einem T-Shirt bekleidet, obwohl in der Höhe, die er erreicht hatte,
bevor er abstürzte, am Unfalltag eine Temperatur um ca. 6-8°C prognostiziert wurde.
Fliegerärztliche Untersuchungsbefunde:
Die Befunde, die in zweijährigen Abständen über Jahre hinweg erstellt wurden, zeigen,
daß jeweils normale Blutdruckwerte und Herzfrequenzwerte erhoben werden konnten.
Bei jeder fliegerärztlichen Untersuchung wurde ein Ruhe-EKG (Elektrokardiogramm)
durchgeführt. Dabei zeigten sich keine als pathologisch zu wertende Abweichungen.
Alle anderen, der beim Piloten untersuchten Parameter, wurden vom fliegerärztlichen
- 16 Sachverständigen im Normbereich gelegen befundet.
Der fliegerärztliche Sachverständige muß ein gutes Gefühl über die Fitness des Piloten
gehabt haben, sonst hätte er nicht die Intervalle zwischen den einzelnen fliegerärztlichen Untersuchungen von einem Jahr auf jeweils 2 Jahre ausgedehnt.
Die ausführliche Befragung des fliegerärztlichen Sachverständigen verstärkte die
Meinung, daß der Pilot immer einen körperlich und geistig sehr fitten Eindruck gemacht
hat.
Unfallflug:
Als Ursache für das „black out“ beim zweiten Flug am 24.6.1992 kann eine
Hypoglykämie (Unterzuckerung) vermutet werden. Im Obduktionsbefund findet sich
zum Zeitpunkt des Absturzes ein völlig leerer Magen und ein ebenso leerer Zwölffingerdarm. Im Segelflugzeug selbst konnte kein Hinweis darauf gefunden werden, daß
der Pilot Getränke oder Speisen zur Stärkung während des Fluges mitgenommen hätte.
Das ist um so verwunderlicher, als der Flug über ca. 500 km Distanz geplant war.
Daß es beim Piloten einen schweren Kreislaufkollaps als Ursache des Absturzes
gegeben hätte, ist nicht wahrscheinlich. Hiefür typische Anzeichen fehlen.
Ob eine reduzierte Konzentrationsfähigkeit beim Piloten, die durch eine Unterzuckerung des Gehirns verursacht war, zu einer schlechten Einschätzung der
Flugsituation mit zu spätem Erkennen einer eventuell zu geringen Fluggeschwindigkeit
geführt hat, kann vermutet, aber nicht bestätigt werden. Dazu hätte es einer
Blutzuckerbestimmung unmittelbar nach dem Absturz bedurft.
1.14.3 Gewicht und Schwerpunkt
Die Rekonstruktion der Beladung ergab, daß sowohl das Fluggewicht als auch der
Schwerpunkt des Luftfahrzeugs zum Unfallzeitpunkt im zulässigen Bereich lagen.
1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG
Die an der Unfallstelle durchgeführten Erhebungen erbrachten keinen Hinweis auf ein
- 17 technisches Gebrechen als Unfallursache. Sämtliche Ruder- und Klappenanschlüsse
waren kraftschlüssig verbunden und konnten großteils trotz des hohen Zerstörungsgrades betätigt werden. Eine gesonderte technische Untersuchung konnte daher
entfallen.
1.16
SONSTIGES
Entfällt.
2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.1
BEURTEILUNG
Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert. Ein gültiges
Lufttüchtigkeitszeugnis war ausgestellt.
Die durchgeführte Untersuchung an dem Flugzeugwrack ergab keinen Hinweis auf ein
technisches Gebrechen als Unfallursache.
Fluggewicht und Schwerpunkt des Luftfahrzeugs lagen zum Unfallzeitpunkt im
zulässigen Bereich.
Der Pilot war im Besitz der zur Durchführung des gegenständlichen Fluges
erforderlichen Berechtigungen; diese waren am Unfalltag gültig. Die Flugerfahrung des
Piloten war ausreichend.
Meteorologische Faktoren kommen als Unfallursache nicht in Betracht.
Der Pilot beabsichtigte einen Streckensegelflug über 500 km durchzuführen und hatte
am Unfalltag vor dem Unfallflug bereits zwei Flüge absolviert.
Der erste Flug wurde offensichtlich aufgrund fehlender Thermik nach ca. 45 Minuten
abgebrochen. Etwa 8 Minuten nach der Landung startet der Pilot nochmals. Diesmal
- 18 brach er den Flugzeugschlepp jedoch abrupt und unerwartet ab. Er gab dazu auf
Befragen an, daß die Ursache für das Ausklinken in einem „Blackout“ gelegen wäre.
Trotzdem startet der Pilot rund 2 Stunden später erneut mit der Absicht, den von ihm
beabsichtigten Streckenflug durchzuführen.
Aufgrund des Obduktionsbefundes kann festgestellt werden, daß der Pilot zwar
atherosklerotische Veränderungen an den Herzkranzgefäßen und an den basalen
Hirngefäßen aufwies (Verkalkung), aber kein Gefäßverschluß durch atherosklerotische
Plaques oder Thromben festgestellt wurde, ganz im Gegenteil, die Hirngefäße waren für
Wasser durchgängig.
Der Obduktionsbefund zeigte einen völlig leeren Magen und Zwölffingerdarm, so daß
vermutet werden kann, daß der Pilot nüchtern war und dies unter Umständen zu einer
Hypoglykämie (Unterzuckerung) geführt haben könnte, die man als Ursache für das
kurze „black out“ beim zweiten Flug vermuten könnte.
Ob bei der Einschätzung der Flugsituation eine mangelnde Konzentration aufgrund
eines niedrigen Blutzuckerspiegels eine Rolle gespielt hat, wird nicht mehr nachzuweisen sein und kann also nur als Vermutung im Raum stehen bleiben.
Ein klar ersichtlicher und beweisbarer Zusammenhang zwischen dem Flugunfall und
einer körperlichen Unfitness des Piloten ist nicht gegeben.
2.2
SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.2.1
Unfallart
Bodenberührung
2.2.2
Wahrscheinliche Unfallursache
Pilot - Vorübergehende physische Beeinträchtigung
- 19 -
3. V O R S C H L Ä G E
3.1
SOFORTMASSNAHMEN
Keine.
3.2
VORSCHLÄGE DER FLUGUNFALLKOMMISSION
3.2.1
Im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt sollte sowohl bei der Grundausbildung als auch
im Zuge von Fortbildungslehrgängen über die Problematik von physischen und
psychischen Beeinträchtigungen bei Flügen insbesondere bei Streckensegelflügen
referiert werden.
Dabei sollte insbesonders auf die Notwendigkeit einer einwandfreien gesundheitlichen
Konstitution des Piloten hingewiesen und auf erschwerende Bedingungen (lange
Flugdauer, Temperatureinwirkungen etc.) Bedacht genommen werden.
3.2.2
Piloten, die Anzeichen einer Beeinträchtigung zeigen, die eine Gefährdung der
Sicherheit der Luftfahrt erwarten lassen, sollten im Rahmen der luftfahrtrechtlichen
Bestimmungen an der Durchführung von Flügen bzw. an der Flugplatzbenützung
gehindert werden.
Der Leiter der Flugunfallkommission
Dr. GANSER