flugunfallkommission gutachten und vorschläge
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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION B ü r o : Radetzkystraße 2 1031 W I E N Telefax: 713 03 26 Tel.: 71162 Kl. 9204, 9208 Wien, am 7. Oktober 1994 Pr.Zl. 74.345/7-FUK/94 GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE betreffend den Flugunfall mit dem Motorflugzeug der Type Cessna 150, Kennzeichen OE-XXX, am 28. Mai 1992 um ca. 18:00 Uhr UTC*) in March, Gemeinde St. Oswald bei Freistadt, Oberösterreich. Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 23. August 1992, Pr.Zl. 74.345/3FUK/92): Dr. Gabriele DOMSCHITZ Vorsitzende Ing. Günther RAICHER Sachverständiger für Flugbetrieb und Luftfahrzeugtechnik Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht. *) Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert). -2- INHALTSÜBERSICHT Seite ALLGEMEINES ........................................................................... 3 1. UNTERSUCHUNG ....................................................................... 4 1.1 1.1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.12.1 1.12.2 1.13 1.14 1.15 1.16 Flugverlauf .................................................................................... Flugvorbereitung ............................................................................. Verletzung von Personen .................................................................... Beschädigung des Luftfahrzeuges .......................................................... Andere Beschädigungen ..................................................................... Besatzung ...................................................................................... Luftfahrzeug ................................................................................... Flugwetter ..................................................................................... Navigationsanlagen ........................................................................... Funksprechverkehr ........................................................................... Flugplatz- und Bodeneinrichtungen ....................................................... Flugschreiber .................................................................................. Prüfung des Bruches ......................................................................... Lage des Bruches ............................................................................. Zustand des Bruches ......................................................................... Angaben über Feuerausbruch .............................................................. Andere Angaben .............................................................................. Technische Untersuchung ................................................................... Sonstiges ....................................................................................... 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ......................... 10 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 Beurteilung .................................................................................... Schlußfolgerungen ............................................................................ Unfallart ........................................................................................ Unfallursache .................................................................................. 3. VORSCHLÄGE ............................................................................ 11 3.1 3.2 Sofortmaßnahmen ............................................................................ 11 Vorschläge des Sachverständigen .......................................................... 11 4 5 5 5 5 5 6 7 7 7 7 8 8 8 8 9 9 9 9 10 11 11 11 -3- ALLGEMEINES Luftfahrzeug Motorflugzeug Type Cessna F 150, Kennzeichen OE-XXX Triebwerk 1 Kolbentriebwerk Eigentümer und Halter Flugsportclub Besatzung Pilot männlich, 54 Jahre, tot Passagier Männlich, 34 Jahre, tot Unfallort March, Gemeinde St. Oswald/Freistadt, Oberösterreich Datum und Zeitpunkt des Unfalles 28. Mai 1992 um ca. 18:00 Uhr Art des Fluges Privatflug Phase des Fluges Reiseflug -4- Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes 28. Mai 1992 um 18:55 Uhr Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am Unfallort 28. Mai 1992 um ca. 06:30 Uhr Teilnehmer an der Untersuchung Flugunfallkommissionsmitglieder: Ing. Günther RAICHER Sonstige Personen: Beamte des Landesgendarmeriekommandos, Kriminalabteilung des Bezirksgendarmeriekommandos Freistadt und des Gendarmeriepostens St. Oswald/Freistadt Kurze Darstellung des Unfalles Während des Reisefluges in geringer Höhe schmierte das Flugzeug über die linke Tragfläche ab und schlug am Boden auf. Beide Insassen kamen ums Leben; am Luftfahrzeug entstand Totalschaden. 1. U N T E R S U C H U N G 1.1 FLUGVERLAUF Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen von Augenzeugen sowie der Ermittlungen des Landesgendarmeriekommandos in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission am Unfallort wie folgt rekonstruiert: -5Der Pilot brachte den Nachmittag des 28. Mai 1992 am Flugplatz Freistadt zu. Er hatte mehrere Flüge absolviert, als er mit seinem Passagier übereinkam, einen Rundflug zu unternehmen. Der Start dazu erfolgte um 17:50 Uhr mit dem Motorflugzeug Cessna 150, Kennzeichen OE-XXX, auf der Piste 11 Richtung Freistadt. Der Flug führte über Stiftungsberg mit Südostkurs an March vorbei. Die Flughöhe betrug dabei etwa 150 m über Grund. Nach dem verbauten Gebiet flog das Flugzeug eine Linkskurve, überflog March in geringerer Höhe, wurde hochgezogen und kurvte nach dem Ortsgebiet wieder nach links auf Südostkurs. Nach einer weiteren 180°-Linkskurve überflog das Flugzeug in einer Höhe von 80-100 m nochmals das Ortsgebiet von March. Nach der Ortschaft wurde das Flugzeug wieder hochgezogen und eine Linkskurve eingeleitet. Das Flugzeug kippte dabei über die linke Tragfläche ab und schlug nach einer trudelartigen Drehung am Boden auf. Beide Insassen kamen beim Aufschlag ums Leben, am Luftfahrzeug entstand Totalschaden. 1.1.1 Flugvorbereitung Die gemäß ∋ 5 der Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/67 in der geltenden Fassung, erforderliche Flugvorbereitung wurde offensichtlich durchgeführt. Ein Flugplan war nicht erforderlich. 1.2 VERLETZUNG VON PERSONEN Art der Verletzung tödlich 1.3 Besatzung Passagiere Dritte 1 - 1 BESCHÄDIGUNG DES LUFTFAHRZEUGES Am Luftfahrzeug entstand Totalschaden. 1.4 ANDERE BESCHÄDIGUNGEN Geringer Flurschaden. -6- 1.5 BESATZUNG Pilot männlich, Jahrgang 1938, österreichischer Staatsbürger; Inhaber des Privatpilotenscheines Nr. XXXX, ausgestellt am 9. August 1967 vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ), gültig bis 9. August 1993; Besondere Berechtigungen: Keine - der Pilot war im Besitz eines Funkerzeugnisses, im Privatpilotenschein war jedoch keine Eintragung gemäß ∋ 113 ZLPV erfolgt. Flugerfahrung: Gesamt: als verantwortlicher Pilot: innerhalb der letzten 3 Monate: als verantwortlicher Pilot: Typenerfahrung: 1.6 366:06 Stunden, 1106 Starts, davon 318:30 Stunden 3:50 Stunden, 15 Starts, davon 3:18 Stunden Auf der Unfalltype war der Unfallflug der dritte Start seit Oktober 1991. LUFTFAHRZEUG Motorflugzeug Type Cessna F 150, Kennzeichen OE-XXX Hersteller: Reims Aviation, Reims/Frankreich Werknummer / Baujahr: F150-0011 / 1966 Gesamtbetriebsstunden: 2846:30 Stunden bei 9815 Flügen, davon 998:44 Stunden seit Grundüberholung Letzte 50 Stundenkontrolle am 26. August 1991 bei 2802:24 Stunden, nächste bei 2850 Stunden. Letzte Jahresnachprüfung am 20. März 1991 bei 2753:56 Stunden. Triebwerk: 1 Kolbentriebwerk Type 0-200-A Hersteller: Rolls Royce Werknummer / Baujahr: 20 R 650 / 1966 Gesamtbetriebsstunden: unbekannt, 989:23 Stunden seit Grundüberholung -7Luftschraube: Hersteller: McCauley Werknummer / Baujahr: F 3568 / unbekannt Blattyp: 1A 100 MCM 6590 Gesamtbetriebsstunden: unbekannt Bordpapiere, OZ XXXX, ausgestellt vom BAZ: - Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 22. Februar 1968 - Eintragungsschein Nr. 2 vom 22. Februar 1968 - Lufttüchtigkeitszeugnis vom 11. April 1984 Verwendungsart: Zivilluftfahrerausbildung, letzte Nachprüfung am 20. März 1991 Einsatz- und Navigationsarten: Personenbeförderung, Grundschulungsflüge, Sichtflüge bei Tag, Flüge mit Luftfunkstelle - Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 16. Mai 1984 Nachweis der Haftpflichtversicherung: Zürich Kosmos Versicherungsgesellschaft, Pol.Nr. 7891282-0, gültig bis 1. Jänner 1993. Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am 5. November 1969 von der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz. 1.7 FLUGWETTER Wettermeldungen: Freistadt 1700: Linz 1720: Linz 1750: Freistadt 1800: Gr. Arber 1800: Linz 1820: 11002KT 9999 1CU030 SCT= 11009KT CAVOK (60KM SKC) 19/02 1016 NOSIG= 11009KT CAVOK (60KM SKC) 18/02 1015 NOSIG= 00000KT 9999 SKC= 05014KT 60KM SKC= 11006KT CAVOK (60KM 1CU060) 17/01 1015 NOSIG= -8- 1.8 NAVIGATIONSANLAGEN Bodenanlagen waren nicht betroffen; Anlagen im Luftfahrzeug nicht von Belang. 1.9 FUNKSPRECHVERKEHR Nicht durchgeführt. 1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN Nicht betroffen. -9- 1.11 FLUGSCHREIBER Nicht eingebaut. 1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES 1.12.1 Lage des Bruches Das Wrack lag kompakt auf einer nach Nordwesten leicht abfallenden, ebenen Wiese. Aufgrund der Tragflächen ergab sich eine Richtung der Flugzeuglängsachse von ca. 150°. Aufprall des Rumpfes und der Tragflächen hinterließen deutliche Spuren, die ca. 250/070° verliefen. Während sich die Tragflächenspuren nur im Bewuchs abzeichneten, wurde durch den Rumpf die Grasnarbe gänzlich aufgerissen. 1.12.2 Zustand des Bruches Das Leitwerk war unmittelbar vor dem Beginn der Höhenflossen abgebrochen und hing noch mit den Steuerseilen an der Rumpfröhre. Die linke Höhenflosse war im äußeren Bereich stark nach oben gebogen, beide Höhenruder in gezogener Stellung. Das Trimmruder befand sich in einer "Nose Down"-Stellung. Die Seitenflosse wies inbesonders im Bereich des Torsal Fins mehrere Beulfalten auf, das Seitenruder war stark nach links ausgeschlagen und fast unbeschädigt. Die rechte Tragfläche lag in Normalfluglage am Boden und war mit der nach unten weisenden linken verbunden. Sie war über die gesamte Länge der Vorderkante eingedellt, knapp außerhalb der Landeklappe verlief an der Oberseite parallel zu den Rippen eine Eindellung. Das Querruder war nach oben ausgeschlagen, die Landeklappe eingefahren. Die linke Tragfläche war an der gesamten Vorderkante stark eingedellt, der Holm außen nach oben gebogen. Das Tragflächenende war vom Wingtip bis ca. 1 m einwärts schwerst beschädigt. Die Strebe war mit der Fläche verbunden. Die Landeklappe war geringfügig ausgefahren, was aber durch den Aufprall eingetreten ist. Das Querruder befand sich in einer neutralen Position. - 10 Der Rumpf war im Uhrzeigersinn verdreht und lag parallel zu den Tragflächen in nahezu Rückenlage. Er war bis zu den deutlich auseinandergebogenen Hauptfahrwerksbeinen gänzlich zertrümmert. Die im Cockpit vorgefundenen Hebel- und Schalterstellungen befanden sich in der üblichen Position. Die Kurbelwelle war unmittelbar vor dem Propellerflansch gebrochen. An einem Propellerblatt verliefen deutliche Spuren in Drehrichtung und es wies mehrere Kerbungen an der Vorderkante auf. Das zweite Blatt war über das Triebwerk gebogen worden, die Vorderkante nahezu unbeschädigt. Im Zuge der Bergung konnte die Kraftschlüssigkeit und Gängigkeit der Steuerseile überprüft werden. 1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH Kein Feuerausbruch. 1.14 ANDERE ANGABEN Keine. 1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG Das Triebwerk wurde für eine gesonderte Untersuchung ausgebaut und in der Werkstätte eines Sachverständigen zerlegt. Dabei fanden sich an den untersuchten Komponenten keine Hinweise auf technische Mängel. Nicht untersucht werden konnten das Zündgeschirr, die Zündmangeten und der Vergaser. Es fand keine Vermessung der Einzelkomponenten statt. 1.16 SONSTIGES Entfällt. - 11 - 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.1 BEURTEILUNG Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert. Es war ein gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt. Der Pilot war im Besitz der zur Durchführung von Privatflügen erforderlichen Berechtigung; sie war am Unfalltag gültig. Die Flugerfahrung und die Typenerfahrung des Piloten waren gering. Meteorologische Faktoren stehen nicht in Zusammenhang mit der Unfallursache. Die durchgeführten Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf einen vorbestandenen Defekt am Luftfahrzeug. Aufgrund der zugetankten Menge Treibstoff ist auch Kraftstoffmangel als Ursache eines Triebwerksausfalles auszuschließen. Gewicht und Schwerpunkt lagen zum Unfallzeitpunkt innerhalb der zulässigen Grenzen. Von Augenzeugen wurde das Flugzeug beobachtet, wie es in geringer Höhe anfliegend hochgezogen wurde und eine Linkskurve eingeleitet wurde. Beim zweiten Anflug kippte das Flugzeug beim Einleiten der Linkskurve über die linke Tragfläche ab. Aufgrund der Aufschlagspuren und der Beschädigungen am Luftfahrzeug wurde ein Aufschlag mit großer Längsneigung und deutlicher - 12 Schiebebewegung festgestellt. Dadurch und durch die Zeugenaussagen ergibt sich, daß der Unfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf ein Unterschreiten der Mindestfluggeschwindigkeit im Kurvenflug mit anschließendem Abschmieren zurückzuführen ist. Aufgrund der geringen Höhe über Grund von 80 bis 100 m war ein Abfangen nicht mehr möglich. 2.2 SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.2.1 Unfallart Unkontrollierter Flugzustand 2.2.2 Unfallursache Pilot: Unterschreiten der Mindestfluggeschwindigkeit 3. V O R S C H L Ä G E 3.1 SOFORTMASSNAHMEN Keine. 3.2 VORSCHLÄGE DES SACHVERSTÄNDIGEN Keine. Die Leiterin der Flugunfallkommission Dr. Gabriele DOMSCHITZ