Volltext - Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben

Transcription

Volltext - Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben
BERSCHET & Dr. KAUTZ
RECHTSANWÄLTE
ERNST BERSCHET
Dr. OLIVER KAUTZ
CORDULA BERSCHET
KONRAD-ADENAUER-ALLEE 19, 86150 AUGSBURG
TELEFON: (0821) 51 70 21 oder 51 70 22
TELEFAX: (0821) 15 22 17
[email protected]
[email protected]
Erbrecht
Ein Überblick
von RA Dr. Oliver Kautz
© RA. Dr. Oliver Kautz
-2-
Dieser Erbrechtsüberblick wurde der DGHS e.V. von Rechtsanwalt Dr. Oliver Kautz, Partner
der Rechtsanwaltssozietät Berschet und Dr. Kautz, Konrad-Adenauer-Allee 19, 86150
Augsburg, Tel. 0821/51 70 21, zur Verfügung gestellt.
Wegen zahlreicher erbrechtlicher Anfragen wurde dieser Überblick kurzfristig ins Internet
gestellt. Er stellt noch nicht die endgültige Fassung dar und soll in den nächsten Monaten
fortlaufend ergänzt und überarbeitet werden. Insbesondere werden noch Mustertestamente
u.ä. beigefügt werden. Es handelt sich also derzeit um einen Entwurf, der deutlich ergänzt
und verfeinert werden wird.
© RA. Dr. Oliver Kautz
-3-
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel I:
Die gesetzliche Erbfolge
1.
Gesetzliches Erbrecht nach dem Ordnungssystem
2.
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten
3.
Kapitel II:
Kapitel III:
Zugewinngemeinschaft
b)
Gütertrennung
c)
Gütergemeinschaft
Das nichteheliche Kind im Erbrecht
Das Pflichtteilsrecht
1.
Pflichtteilsberechtigung
2.
Höhe des Pflichtteils
3.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch
Errichtung, Widerruf und Änderung der letztwilligen Verfügung
1.
Kapitel IV:
a)
Testament
a)
Das private Testament
b)
Das öffentliche Testament
c)
Das gemeinschaftliche Testament
d)
Das Nottestament
2.
Der Erbvertrag
3.
Kosten der Testamentserrichtung
4.
Der Widerruf eines Testaments
Mögliche Regelungen in Testament und Erbvertrag
1.
Erbeinsetzung
2.
Vor- und Nacherbschaft
3.
Vermächtnis
4.
Teilungsanordnung
5.
Auflage
6.
Enterbung
7.
Pflichtteilsentziehung
8.
Die Bestattungsverfügung
© RA. Dr. Oliver Kautz
-4-
Kapitel V:
Familienstand und Erbfolge
1.
Das Geliebtentestament
2.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft
3.
Eingetragene Lebenspartnerschaft (Homo-Ehe)
4.
Exkurs: Das Haustier
5.
Das Behindertentestament
Kapitel VI:
Die Testamentsvollstreckung
Kapitel VII:
Die Auslandsimmobilie im Erbrecht
Kapitel VIII: Rechtsfragen der Bestattung
1.
Recht zur Totenfürsorge
2.
Kosten der Bestattung
3.
„Sozialbestattung“
4.
Schriftliche Regelung wird empfohlen
5.
Der Bestattungsvertrag/Bestattungsvorvertrag
6.
Mittellosigkeit und Bestattungsverträge
Kapitel IX:
Testierfähigkeit von Mehrfachbehinderten
Kapitel X:
Die Lebensversicherung im Erbrecht
© RA. Dr. Oliver Kautz
-5-
Einleitung
Was Sie beim „Erben und Vererben“ beachten sollten
Das Thema „Erben und Vererben“ ist bei vielen Deutschen ein Tabuthema. Die Tabuisierung
des Todes und andere psychische Hemmschwellen sind die Ursache dafür, dass sich viele
Deutsche zu wenig mit ihrer Nachlassregelung befassen. Dieser Erbrechts-Überblick soll
dem geneigten Leser bei der Erkenntnis helfen, dass die Leser erkennen, dass das Thema
„Erben und Vererben“ selbstverständlicher Bestandteil unserer Alltagskultur ist, über den
man auch reden soll und muss - auch über das eigene Sterben und Vererben. Hierzu ist es
notwendig,
dass
diese
Thematik
offen
und
kompetent
angesprochen
wird.
Die
jahrzehntelange Beschäftigung unserer Kanzlei mit erbrechtlichen Fragen hat immer wieder
gezeigt, dass die Regelung der erbrechtlichen Fragen und der damit verbundene Gewinn an
Sicherheit oftmals nicht eingestandene Belastungen abbaut und damit für einen erheblichen
Gewinn an Lebensqualität sorgt. Ein in dieser Hinsicht sorgenfreies Leben möchte dieser
Erbrechts-Überblick unterstützen.
1.
Testament/Erbvertrag erstellen
Die Mehrzahl der Deutschen hat keine letztwillige Verfügung (Testament/Erbvertrag)
errichtet. Es kommt damit die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung, obwohl dies häufig
weder den Wünschen des Erblassers noch den Interessen der Hinterbliebenen entspricht.
Ohne eine solche letztwillige Verfügung ist die Erbauseinandersetzung aber häufig die
Ursache für langwierige Streitereien zwischen den Erbprätendenten und bei größeren
Vermögen auch für erhebliche steuerliche Nachteile. Diesen emotionalen und finanziellen
„Flurschäden“ kann der Erblasser durch Errichtung eines Testamentes oder Erbvertrages
vorbeugen. Der Erblasser sollte sein Vermögen also nicht gleichgültig seinen potentiellen
Erben hinterlassen, sondern dieses geordnet an seine „Liebsten“ weitergeben.
2.
Ordnung in den Nachlasspapieren schaffen
Der Erblasser ist in seinen Wünschen, was seinen Nachlass, seine Bestattung und sonstigen
Belange angeht, weitgehend frei. Häufig hat der Erblasser ganz konkrete Vorstellungen und
hat seine Wünsche auch schriftlich festgehalten. Der Erblasser muss nun aber Sorge tragen,
dass seine Wünsche und sein Wissensstand nach seinem Ableben unverzüglich und
© RA. Dr. Oliver Kautz
-6-
unverändert den Erben oder sonst Betroffenen zur Kenntnis gelangen. Eine problemlose
Durchführung der Bestattung und der Nachlassabwicklung ist nur dann möglich, wenn die
Hinterbliebenen sämtliche notwendigen Angaben erhalten und erforderliche Dokumente
auffinden können. Der Erblasser weiß regelmäßig, wo sich sein Testament, seine
Bestattungsverfügung, seine Bankunterlagen, seine familienrechtlichen Papiere und
sonstigen Unterlagen befinden. Für die Hinterbliebenen sind diese Dokumente aber häufig
nicht auffindbar, so dass die Wünsche des Erblassers überhaupt nicht oder aber unter
Umständen erst nach Jahren umgesetzt werden können.
Auch Vermögensverluste lassen sich durch einen solchen geordneten Übergang und
ausreichende Information der Hinterbliebenen vermeiden. Oft werden Nachlassgegenstände
entsorgt oder verschenkt, ohne dass sich die Erben über deren tatsächlichen Wert im Klaren
sind. Bankguthaben, insbesondere im Ausland, die der Erblasser unter Umständen aus
steuerstrafrechtlichen Gründen verschleiert hat, werden den Hinterbliebenen oftmals
überhaupt nicht bekannt. Der Erblasser sollte daher unbedingt sämtliche Informationen, die
für seine Hinterbliebenen von Interesse sein könnten, in einer Dokumentenmappe oder
einem Leitzordner bündeln.
Diese Dokumentenmappe sollte neben der letztwilligen Verfügung, den Anweisungen für die
Bestattung
sämtliche
Heiratsurkunde,
persönliche
Scheidungsurteil
Dokumente
mit
des
Erblassers
Rechtskraftvermerk,
(Geburtsurkunde,
Adoptionsunterlagen
etc.)
enthalten. Der Erblasser sollte unbedingt auch eine Vermögensübersicht erstellen. Im
Rahmen
dieser
Vermögensübersicht
sollten
auch
sämtliche
Bankguthaben
und
Schließfächer aufgeführt sein, genauso etwa erteilte Bankvollmachten oder sonstige
Vollmachten.
Diese
Dokumentenmappe
Patientenverfügung,
einen
ist
auch
der
geeignete
Organspendeausweis
Aufbewahrungsort
sowie
eine
für
eine
Betreuungs-
oder
Vorsorgevollmacht.
Die Dokumentenmappe sollte vom Erblasser nicht versteckt werden, sondern seine
Hinterbliebenen oder eine sonstige Person seines Vertrauens sollten über den Standort
sowie den Inhalt der Mappe informiert werden. Ggf. kann diese Dokumentenmappe auch bei
einem Notar, Steuerberater, Rechtsanwalt oder dem vorgesehenen Testamentsvollstrecker
in Verwahrung gegeben werden, verbunden mit dem Auftrag, im Falle des Ablebens
unverzüglich für das Bekanntwerden und Umsetzung der Wünsche des Erblassers zu
sorgen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
-7-
Mit der einmaligen Erstellung einer entsprechenden Dokumentenmappe ist es aber nicht
getan. Der Erblasser sollte prüfen, ob sich Änderungen in seinen persönlichen Verhältnissen
oder Einstellungen ergeben haben, die möglicherweise eine Anpassung der Verfügungen
erforderlich machen. Solche Änderungen können durch familienrechtliche Ereignisse
(Scheidung/Tod/Geburt/Adoption/etc.) eintreten oder auch schlicht durch tiefgreifende
Verschiebungen in den Vermögensverhältnissen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
-8-
Kapitel I:
Die gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge findet immer dann Anwendung, wenn die verstorbene Person, der
sog. Erblasser, keine letztwillige Verfügung getroffen hat. Die ges. Erbfolge tritt ferner dann
ein, wenn zwar eine letztwillige Verfügung vorliegt, diese aber beispielsweise wegen einer
Testierunfähigkeit, eines Formverstoßes oder aus anderen Gründen unwirksam ist. Schlägt
der eingesetzte Erbe die Erbschaft aus, greift gleichfalls die gesetzliche Erbfolge ein.
Gleiches gilt bei einer erfolgreichen Anfechtung des Testamentes oder wenn das Gericht den
Erben nachträglich für erbunwürdig erklärt.
Überragende
Bedeutung
hat
das
gesetzliche
Erbrecht
auch für
die
Höhe
von
Pflichtteilsansprüchen. Der Pflichtteil berechnet sich nach der Hälfte des Verkehrswertes des
gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsanspruch lässt sich also nur bei Kenntnis des
gesetzlichen Erbteils ermitteln.
1.
Gesetzliches Erbrecht nach dem Ordnungssystem
Gesetzliche Erben sind die Verwandten des Erblassers, sein Ehegatte und adoptierte
Personen. Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalles noch lebt. War der Erbe bereits
gezeugt, aber noch nicht geboren, gilt er als vor dem Erbfall geboren.
Die Reihenfolge der Verwandten bestimmt sich nach Ordnungen. Das Gesetz unterscheidet
Erben I. Ordnung bis IV. Ordnung.
I. Ordnung
Gesetzliche Erben I. Ordnung sind die (ehelichen und nichtehelichen) Abkömmlinge des
Erblassers: Kinder, Enkel, Urenkel, etc.. Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling
schließt seine durch ihn mit dem Erblasser verwandten Kinder von der Erbfolge aus.
© RA. Dr. Oliver Kautz
-9-
Beispiel:
Der verwitwete Erblasser hatte zwei Kinder, Anton und Berta. Anton
ist zur Zeit des Erbfalles bereits verstorben und hatte zwei Kinder,
Cäsar und Dennis. Berta hat ein Kind Emil. Berta ist Erbin zu ½,
Cäsar und Dennis sind Erben zu ¼. Emil ist nicht Erbe, da er durch
seine Mutter von der Erbfolge ausgeschlossen wird.
Beispiel:
Der Erblasser hinterlässt eine Schwester, seine Mutter und seinen
nichtehelichen
Nichteheliche
Sohn.
Kinder
Alleinerbe
sind
seit
ist
der
nichteheliche
01.04.1998 ehelichen
Sohn.
Kindern
gleichgestellt.
II. Ordnung
Gesetzliche Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Kinder, also
die Geschwister des Erblassers. Leben beide Elternteile, so erben diese allein und zwar zu
gleichen Teilen. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten an dessen Stelle seine Kinder,
somit die Geschwister des Erblassers.
Beispiel:
Die kinderlose und unverheiratete Sophie stirbt und hinterlässt Ihre
Mutter sowie ihre beiden Brüder Anton und Bert. Die Mutter erbt nach
der gesetzlichen Regelung die Hälfte des Nachlasses. Die beiden
Brüder teilen sich die andere Hälfte, erben somit jeweils ¼.
III. Ordnung
Gesetzliche Erben dritter Ordnung sind die Großeltern und deren Abkömmlinge, also Onkel
und Tanten des Erblassers. Es erben also die Großeltern alleine und zu gleichen Teilen,
wenn sie beide leben. Ist ein Großelternteil bereits gestorben, so treten an dessen Stelle
seine Kinder, also Onkel oder Tante des Erblassers. Sind auch Onkel und Tante bereits
verstorben, erben deren Kinder, also Cousin und Cousine des Erblassers.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 10 -
Beispiel:
Die verwitwete und kinderlose Erblasserin Sophie hat ihre Eltern bei
einem Verkehrsunfall verloren. Die Großeltern mütterlicherseits leben
beide, väterlicherseits ist der Großvater verstorben. Die Großeltern
väterlicherseits hatten zwei weitere Kinder. Die drei lebenden
Großeltern erben jeweils zu ¼, die Geschwister des verstorbenen
Vaters erben zu jeweils 1/8.
2.
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten
Die Erbquote des Ehegatten hängt davon ab, welcher Erbordnung die konkurrierenden
Verwandten angehören. Außerdem ist sein Erbrecht mit dem ehelichen Güterrecht verknüpft.
Der Erbteil des Ehepartners richtet sich im Wesentlichen danach, in welchem Güterstand die
Eheleute gelebt haben.
Es gelten unabhängig vom Güterstand zunächst folgende Grundsätze: Der Ehegatte erhält
neben Verwandten der ersten Ordnung, also neben Kindern und Enkeln, ¼ des Nachlasses.
Der überlebende Ehegatte erbt die Hälfte neben den Verwandten der zweiten Ordnung oder
neben den zur dritten Ordnung gehörenden Großeltern. Den vollständigen Nachlass
bekommt der Ehegatte, wenn weder Kinder, Enkelkinder, noch Urenkel leben, wenn es auch
keine sonstigen Verwandten des zweiten Grades gibt und die Großeltern des Erblassers
schon verstorben sind. Das bedeutet, andere Verwandte dritter Ordnung sowie Verwandte
der nachfolgenden Ordnungen erhalten in diesen Fällen keinen Erbteil. Der überlebende
Ehegatte verdrängt also sämtliche Verwandte ab der vierten Ordnung völlig.
Der überlebende Ehegatte wird also nicht einmal dann Alleinerbe, wenn die Eltern des
Erblassers verstorben sind, aber Abkömmlinge von diesen vorhanden sind (also etwa
Geschwister oder Neffen des Erblassers). Der überlebende Ehegatte bildet dann, was ihm
oft nicht angenehm sein wird, eine Erbengemeinschaft z.B. mit seinem Schwager. Dies zeigt
insbesondere auch bei Ehegatten die Notwendigkeit, in jedem Falle eine testamentarische
Verfügung zu treffen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 11 -
a)
Zugewinngemeinschaft
Haben Ehepaare ihren Güterstand nicht durch einen Ehevertrag geregelt, leben sie kraft
Gesetzes
im
sog.
Güterstand
der
Zugewinngemeinschaft.
Zugewinn
ist
der
Vermögenszuwachs, den ein Ehegatte seit Bestehen der Ehe erzielt hat. Dieser Zugewinn ist
beim Tod eines Ehegatten auszugleichen. Es wird dabei der Zugewinn jedes Ehegatten
berechnet, und der Betrag, um den der Zugewinn des einen Ehegatten den des anderen
übersteigt, durch Beteiligung des anderen am Überschuss ausgeglichen.
Beispiel:
Die Ehefrau Berta besitzt 1970 am Tag der Eheschließung ein
Grundstück im Wert von 100.000,00 € sowie ein Aktiendepot im Wert
von 50.000,00 €. Der Ehemann Anton hat kein Vermögen. 2004 hat
der Ehemann ein Unternehmen aufgebaut, das einen Wert von 1,85
Mio. Euro hat. Die Eheleute haben weiterhin ein belastungsfreies
Einfamilienhaus im Wert von 500.000,00 €, das im gemeinsamen
Eigentum
der
Eheleute
steht
und
vollständig
bezahlt
und
belastungsfrei ist. 2004 ist das Aktiendepot 0,00 € wert, das
Grundstück aber 150.000,00 €. Der Zugewinn von Berta beträgt damit
100.000,00 € (Hälfteanteil Haus 250.000,00 € + Grundstück
150.000,00 € - 100.000,00 € Grundstück - 50.000,00 € Aktiendepot).
Der Zugewinn von Anton beträgt 2,1 Mio Euro (Unternehmen 1,85
Mio € + 250.000,00 € Hälfteanteil Haus).
Der Zugewinnausgleichsanspruch, der der Ehefrau zusteht, beträgt
somit 1 Mio Euro. (2,1 Mio Euro + 100.000,00 € = 2 Mio Euro : 2 = 1
Mio Euro).
Wird die Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehepartners beendet, findet ein
rechnerischer Ausgleich des Zugewinns nicht statt. Die Verrechnung erfolgt vielmehr
dadurch, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ¼ der Erbschaft
erhöht. Der überlebende Ehepartner erbt somit neben Verwandten I. Ordnung (Kinder;
Enkel; etc.) die Hälfte des Erbes. Dieser Erbteil erhöht sich neben Verwandten der II.
Ordnung (Eltern des Erblassers, Geschwister, etc.) auf ¾ des Nachlasses.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 12 -
Sind noch beide Großeltern des Erblassers am Leben, erhält der überlebende Ehepartner ¾
des Nachlasses. Sind Großvater oder Großmutter vorverstorben, erhält der überlebende
Ehepartner zu den ¾ auch noch den Anteil, der den Nachkommen des verstorbenen
Großelternteils zugefallen wäre. Damit erschließt sich auch, dass der Ehepartner zum ges.
Alleinerben wird, wenn beide Großeltern verstorben sind.
Beispiel:
Die
kinderlosen
Eheleute
Anton
und
Berta
lebten
in
Zugewinngemeinschaft. Ehemann Anton verstirbt. Sein Vater Cäsar
war bereits vorverstorben. Bei seinem Tode lebt aber seine Mutter
Dora. Sein Bruder Emil ist verstorben, sein Neffe Fritz lebt.
Die Ehefrau Berta erbt 3/4, die Großmutter Dora 1/8 und auch der
Neffe Fritz 1/8. Ein Anspruch auf Zugewinnausgleich besteht daneben
nicht.
Wichtig ist, dass es für die pauschale Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehepartners
um ¼ nicht darauf ankommt, ob während der Ehezeit überhaupt ein Zugewinn erzielt wurde.
Der überlebende Ehegatte hat auch die Möglichkeit, die pauschale Erhöhung der Erbquote
um ¼ abzulehnen und einen rechnerischen Ausgleich des Zugewinns zu beanspruchen.
Hierfür muss der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen, seinen Pflichtteil geltend
machen und zusätzlich noch den Zugewinnausgleich einfordern. Diese Variante sollte vom
überlebenden Ehegatten aber nur gewählt werden, wenn der Erblasser während der Ehe
sein Vermögen erheblich steigerte und dieser Zugewinn den wesentlichen Anteil des
Vermögens ausmacht.
Beispiel:
Der Erblasser Anton ist mit Berta in Zugewinngemeinschaft
verheiratet, aus der Ehe sind zwei Kinder Cäsar und Dennis
hervorgegangen. Im oben dargelegten Beispiel zur Berechnung des
Zugewinns hatte der Nachlass des Antons einen Wert von 2,1 Mio
Euro. Berta erhält die Hälfte des Nachlasses, somit 1,05 Mio Euro, die
Kinder Cäsar und Dennis erhalten jeweils ¼ des Nachlasses, somit
525.000,00 €.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 13 -
Der Anteil der überlebenden Ehegattin Berta erhöht sich deutlich,
wenn sie ihren Pflichtteil und zusätzlich den Zugewinnausgleich
beansprucht. Der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des ges.
Erbteils, also ¼ des Nachlasses und somit 525.000,00 €. Der
Zugewinnausgleich wurde bereits mit 1 Mio. ermittelt. Berta erhält
somit insgesamt 1,525 Mio. Euro.
b)
Gütertrennung
Gütertrennung muss notariell vereinbart werden. Dies führt zu einer strikten Trennung der
Vermögensmassen der Ehegatten. Der überlebende Ehepartner erbt zwischen 25 % und
50 % des Nachlasses, die genaue Höhe hängt davon ab, wie viel Kinder aus der Ehe hervor
gegangen sind. Neben einem Kind erhält der Ehegatte die Hälfte, neben zwei Kindern wie
diese 1/3. Neben drei oder mehr Kindern erhält der überlebende Ehegatte nur ¼, die Kinder
müssen sich die restlichen ¾ des Nachlasses zu gleich Teilen unter sich aufteilen.
Hatten die Eheleute keine Kinder, oder sind diese verstorben und leben auch keine Enkel,
dann erhält der Ehepartner, der in Gütertrennung lebte, neben den Verwandten der zweiten
Ordnung die Hälfte des Nachlasses.
c)
Gütergemeinschaft
Auch die Gütergemeinschaft kann nur durch notariell beurkundeten Vertrag vereinbart
werden. Der überlebende Ehegatte erbt neben Kindern und Enkeln immer ¼ des
Nachlasses. Neben Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern etc.) oder neben Großeltern
erbt der Ehepartner, der in Gütergemeinschaft mit dem Erblasser lebte, die Hälfte.
Zu berücksichtigen ist aber, dass dem überlebenden Ehegatten laut Ehevertrag schon die
Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens gehört. Nach dem Tod seines Ehegatten fällt ihm
also zunächst einmal seine Hälfte des Gesamtgutes, die sog. Gesamtgutshälfte zu. Diese
erwirbt er nicht durch Erbe, sondern diese gehört ihm bereits.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 14 -
Neben Kindern und Enkeln erhält der überlebende Ehegatte also 1/8 des ehelichen
Gesamtvermögens, letztlich also 5/8 des ehelichen Vermögens. Neben Verwandten der
zweiten Ordnung oder neben Großeltern erhält der überlebende Ehegatte letztlich 6/8, also
¾ des ehelichen Gesamtvermögens.
3.
Das nichteheliche Kind im Erbrecht
Zum 01.04.1998 ist das Erbrechtsgleichstellungsgesetz in Kraft getreten. Danach gibt es im
Erbrecht keine Unterschiede zwischen „ehelichen“ und „nichtehelichen“ Kindern mehr. Auch
das „nichteheliche“ Kind wird nun Mitglied der Erbengemeinschaft. Der gesetzliche Erbteil
des nichtehelichen Kindes entspricht grundsätzlich dem seiner „ehelichen“ Halbgeschwister.
Das „nichteheliche“ Kind wird damit nicht mehr auf einen Erbersatzanspruch, der ein reiner
Geldanspruch war, verwiesen. Ein vorzeitiger Erbausgleich kann vom „nichtehelichen“ Kind
nicht mehr geltend gemacht werden.
Kapitel II:
Das Pflichtteilsrecht
Das Pflichtteilsrecht sichert den Begünstigten zwingend eine Mindestbeteiligung am
Nachlass, wenn der Erblasser sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Das
Pflichtteilsrechts
stellt
damit
ein
Regulativ
für
die
Testierfreiheit
dar.
Das
Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen das Pflichtteilsrecht in seiner vorliegenden Form
als grundgesetzkonform bestätigt. Es gibt aber derzeit umfangreiche rechtspolitische
Diskussionen über die konkrete Ausgestaltung des Pflichtteilsrechts.
1.
Pflichtteilsberechtigung
Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner des Erblassers sowie
seine Abkömmlinge (Kinder, Enkel) oder, wenn der Erblasser ohne Abkömmlinge stirbt,
seine Eltern. Der Kreis der Pflichtteilsberechtigten ist vom Gesetz abschließend bestimmt.
Geschwister, Großeltern und alle weiteren Verwandten sind daher nicht pflichtteilsberechtigt.
Der Ehegatte verliert seine Pflichtteilsberechtigung durch die rechtskräftige Scheidung oder
Aufhebung der Ehe. Das Pflichtteilsrecht eines Ehegatten besteht auch dann nicht mehr,
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 15 -
wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, also ein gerichtlich
anhängiges Scheidungsverfahren vorliegt. Das Pflichtteilsrecht ist Ersatz für ein nicht zur
Anwendung kommendes gesetzliches Erbrecht. Eine Pflichtteilsberechtigung besteht also
nicht nur, wenn ein gesetzlicher Erbe durch letztwillige Verfügung (Testament/Erbvertrag)
von der Erbfolge ausgeschlossen wird, sondern auch dann, wenn der gesetzliche Erbe die
Erbschaft ausschlägt oder ein Erbverzicht vorliegt.
2.
Höhe des Pflichtteils
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Die Erhöhung des
Erbteils
von
Ehegatten,
die
mit
dem
Erblasser
im
Vermögensstand
der
Zugewinngemeinschaft gelegt haben bzw. von eingetragenen Lebenspartnern, die im
Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft gelebt haben, wird nicht berücksichtigt. Der
Pflichtteil berechnet sich also nur nach dem „kleinen“ Erbteil.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch. Der Pflichtteilsberechtigte wird also
nicht Miteigentümer der Nachlassgegenstände und hat an diesen auch kein Nutzungsrecht.
Der Pflichtteilsberechtigte kann von den Erben ausschließlich eine Zahlung in Geld
beanspruchen.
Der Berechnung des Pflichtteils wird dabei der Bestand und der Wert des Nachlasses zur
Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Es ist also zunächst der Aktivbestand festzustellen, wobei
vom Verkehrswert der hinterlassenen Gegenstände auszugehen ist. Insbesondere bei
Häusern und Wohnungen wird regelmäßig ein Sachverständigengutachten, das nicht billig
ist, einzuholen sein.
Von der Summe der Aktiva sind die Verbindlichkeiten und Schulden abzuziehen, also etwa
Darlehensansprüche,
Grundstückslasten,
sämtliche
Steuern,
Beerdigungskosten,
Nachlassverwaltungs- und Investurkosten. Ggf. sind auch Prozesskosten zu berücksichtigen
oder Anwaltsgebühren eines Nachlassprozesses oder Erbscheinsverfahren in Abzug zu
bringen.
Weiterhin ist die Zugewinnausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten in Abzug zu
bringen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 16 -
3.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch
Häufig „gönnt“ der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten nicht, dass dieser in den Genuss
des Pflichtteils und damit unter Umständen in den Besitz eines erheblichen Vermögens
gelangt. Es wird daher immer wieder versucht, das Pflichtteilsrecht der gesetzlichen Erben
durch Schenkungen zu umgehen. Die Pflichtteilsberechtigten haben in einem solchen Fall
einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die Pflichtteilsberechtigten können dabei als
Ergänzung ihres Pflichtteiles den Betrag verlangen, um den sich die Pflichtteile erhöhen,
wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
Beispiel:
Der verwitwete Erblasser Anton hat drei Kinder, Berta, Cäsar und
Dennis. Anton verstirbt im Mai 2004. Im Jahre 2002 hat er Berta
5.000,00 € und Cäsar 10.000,00 € geschenkt. Zum Zeitpunkt des
Erbfalles hatte der Nachlass einen Wert von 45.000,00 €. Anton hatte
auszugsweise folgendes testiert:
„Meine Alleinerben sind Berta und Cäsar.“
Der gesetzliche Erbteil des Dennis beträgt 1/3, sein Pflichtteil somit
1/6 des Nachlasswertes. Legt man lediglich die 45.000,00 €
zugrunde, würde der Pflichtteil also 7.500,00 € betragen. Der fiktive
Nachlass beträgt 45.000,00 €+ 5.0000,00 € + 10.000,00 € =
60.000,00 €. 1/6 hiervon sind 10.000,00 €. Die Differenz zum
Pflichtteil ergibt den sog. Ergänzungsanspruch, der hier also
10.000,00
€
-
7.500,00
€
=
2.500,00
€
beträgt.
Der
Pflichtteilsergänzungsanspruch lässt sich auch von den geschenkten
Anteilen selbst berechnen, vorliegend also 1/6 von 5.000,00 € +
10.000,00 € = 2.500,00 €.
Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch werden nur Schenkungen berücksichtigt, die nicht
länger als 10 Jahre vom Eintritt des Erbfalls an gerechnet zurückliegen.
Hätten Berta und Cäsar die Schenkungen von 5.000,00 € bzw.
10.000,00
€
im
Jahre
1993
erhalten,
Pflichtteilsergänzungsanspruch.
© RA. Dr. Oliver Kautz
hätte
Dennis
keinen
- 17 -
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht allerdings nicht bei sog. Anstandsschenkungen
oder Pflichtschenkungen. Das sind solche Schenkungen, die auf einer sittlichen Pflicht oder
einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht beruhen. Hierzu zählen etwa
Unterhaltszahlungen
für
nahe
Verwandte,
Geburtstagsgeschenke
etc.
Belohnende
Zuwendungen für Pflegeleistungen zählen zu diesen nicht berücksichtigungsfähigen
Schenkungen aber nur dann, wenn besondere Umstände wie schwere persönliche Opfer
vorliegen.
Kapitel III:
Errichtung,
Widerruf
und
Änderung
der
letztwilligen
Verfügung
Die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen ist nur in den gesetzlich festgelegten
Formen möglich. Dieser im Erbrecht bestehende strenge Formzwang wird von den
Testierenden häufig nicht beachtet. Dies führt regelmäßig zur Nichtigkeit des Testamentes
insgesamt. Wer nicht riskieren möchte, dass sein Testament unwirksam ist und somit
stattdessen die gesetzliche Erbfolge eingreift, der sollte ganz besonders sorgfältig auf die
Einhaltung der gesetzlich gebotenen Formalien achten. Die Mehrzahl der eigenhändig
verfassten Testamente ist bereits wegen eines Formverstoßes unwirksam.
1.
Testament
a)
Das private Testament
Zentrale Norm für die Errichtung des sog. eigenhändigen (auch: persönliches oder privates)
Testament ist § 2247 BGB. Da diese Bestimmung von überragender Bedeutung ist, soll
diese hier auszugsweise wörtlich wiedergegeben werden:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 18 -
„§ 2247 Eigenhändiges Testament
(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und
unterschriebene Erklärung errichten.
(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und
an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten.
Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur
Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so
steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen… “
Das eigenhändige Testament muss also eigenhändig geschrieben und eigenhändig
unterschrieben sein. Ansonsten ist es nichtig. Das nichtige Testament entfaltet keine
Wirkung und die vom Erblasser eingesetzten Personen kommen nicht in den Genuss der
Erbschaft oder der Vermächtnisse. Es gilt in einem solchen Falle eines nichtigen
Testamentes die gesetzliche Erbfolge, soweit keine andere wirksame letztwillige Verfügung
vorhanden ist.
Ein in den Computer eingegebenes Testament wäre also nichtig; genauso ein Testament,
das
mittels
Diktiergerät
oder
Videokamera
aufgenommen
wurde.
Auch
eine
Testamentserrichtung durch ein Telegramm wäre nichtig. Der Erblasser muss den Stift beim
Schreiben selber führen, kann hierbei aber durch einen Dritten gestützt werden. Ist die
Eigenhändigkeit gewährleistet, kommt es nicht auf die äußere Form des Schreibens
(Brief/Postkarte/Tagebuch/Schmierzettel), das Material, das Schreibmittel (Filzstift, Tinte,
Farbe, Kreide), die Sprache oder Schrift (auch Druckbuchstaben oder Kurzschrift) an, wenn
das Testament in sich verständlich ist und auf einem ernsthaften Testierwillen des
Erblassers beruht. Verwendet der Erblasser ausgefallenes Material (beispielsweise
gebrauchter Briefumschlag), ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob es sich nicht um einen
bloßen Testamentsentwurf handelt.
Zu beachten ist, dass der gesamte Testamentswortlaut eigenhändig zu schreiben ist. Wird
ein Testament teilweise eigenhändig, teilweise mit einer Schreibmaschine oder einem
Computer gefertigt, ist der formwirksam abgefasste eigenhändige Teil gültig, soweit er als
selbstständige Verfügung für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 19 -
Haben Dritte Zusätze eigenhändig oder durch mechanische Hilfsmittel hinzugefügt, gelten
diese als nicht geschrieben. Sie machen nicht das vollständige Testament ungültig, es sei
denn, dass der Erblasser seine eigenhändige letztwillige Verfügung nicht ohne diese
unwirksame Verfügung geschrieben hätte.
Stets notwendig ist die eigenhändige Unterschrift des Testierenden. Diese soll aus Vor- und
Familiennamen bestehen. Nach dem Gesetz genügt auch der Vorname oder die
Familienstellung („Euer Opa“). Dies aber nur dann, wenn die Unterschrift ausreicht, um die
Urheberschaft des Testators und die Ernstlichkeit der Erklärung eindeutig festzustellen. Um
den Erben spätere Schwierigkeiten zu ersparen, sollte daher unbedingt mit Vor- und
Nachname
unterschrieben
werden.
Eine
Beglaubigung
durch
Zeugen
ist
nicht
vorgeschrieben, aber unschädlich. (Ausnahme: Beim Nottestament ist in Einzelfällen eine
Unterschriftsleistung von zwei Zeugen erforderlich.)
Die eigenhändige Unterschrift muss am Schluss des Testamentes stehen, um dieses auch
räumlich abzudecken. Ein über oder neben dem Urkundentext stehender Namenszug ist
keine Unterschrift im Sinne des § 2247 BGB („Oberschrift ist keine Unterschrift“). Besteht
das eigenhändige Testament aus mehreren Seiten, ist die Unterschrift auf dem letzten Blatt
ausreichend, wenn die einzelnen Blätter ein Ganzes sein und eine einheitliche
Willenserklärung enthalten sollten. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte der Testator aber
jede Seite unterschreiben und bereits auf die folgende Seite verweisen.
Die anfängliche Selbstbenennung des Erblassers („Ich, Heiner Müller, bestimme als meinen letzten Willen … „)
ersetzt die eigenhändige Unterschrift nicht. Das Testament ist in einem solchen Falle nichtig,
auch wenn feststeht, dass das unterschriftslose Testament ernstlich gemeint ist, nach dem
Willen des Testators als abgeschlossen gelten soll und wenn an der Urheberschaft des
Erblassers keine Zweifel bestehen.
Neben der Unterschrift sollten auf dem Testament auch Ort und Datum vermerkt sein. Diese
Angaben sind zwar nicht zwingend vorgeschrieben, sollten aber in jedem Falle
aufgenommen werden, da dadurch geklärt werden kann, ob das jeweilige Testament durch
ein späteres aufgehoben wurde oder nicht. Die amtliche Verwahrung des eigenhändigen
Testamentes ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, ist aber in jedem Falle anzuraten. Die
amtliche Verwahrung dient der Auffindung des Testamentes beim Erbfall und bietet einen
deutlichen Schutz vor Unterdrückung und Fälschung. Es genügt aber auch, dem Ehepartner,
den Kindern oder einer sonstigen Vertrauensperson den Aufbewahrungsort mitzuteilen. Auch
eine Aufbewahrung beim Familienanwalt ist möglich.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 20 -
b)
Das öffentliche Testament
Das öffentliche Testament wird durch den Notar errichtet. Der Erblasser erklärt dem Notar
seinen letzten Willen, der sodann vom Notar zu Papier gebracht wird. Diese vom Notar
gefertigte Niederschrift wird dem Erblasser vorgelesen, er hat diese sodann zu genehmigen
und zu unterschreiben. Vorteil des notariellen Testamentes ist zum einen eine umfassende
Beratung durch den Notar. Es wird vermieden, dass der Testator entscheidende Regelungen
vergisst oder aber durch unglückliche Formulierungen nicht gewollte Verfügungen trifft. Das
notarielle Testament kann bei jedem deutschen Notar im Bundesgebiet errichtet werden.
Das notarielle Testament wird verschlossen und in besondere amtliche Verwahrung
genommen.
Ein weiterer Vorteil des notariellen Testamentes ist der folgende: Der Notar ist verpflichtet,
im Rahmen seiner Möglichkeiten die Testierfähigkeit des Erblassers festzustellen und in der
notariellen Urkunde ausdrücklich festzuhalten. Gerade ältere oder kranke Erblasser können
durch ein notarielles Testament somit vermeiden, dass im Testament nicht oder ihrer
Meinung nach unzureichend berücksichtigte Personen die letztwillige Verfügung wegen
angeblich fehlender Testierfähigkeit anfechten. Häufig wird von der Errichtung eines
notariellen Testamentes Abstand genommen, da die notarielle Beurkundung kostenpflichtig
ist. Dabei wird aber übersehen, dass mit der Errichtung eines öffentlichen Testamentes auch
erhebliche Vorteile verbunden sind. Das notarielle Testament ist in Verbindung mit dem
Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichtes zum Nachweis der Erbenstellung ausreichend, so
dass ein ebenfalls mit Kosten verbundener Erbschein beim Nachlassgericht nicht mehr
beantragt werden muss. Einen solchen Erbschein verlangen Grundbuchamt, Registergericht
und auch die meisten Banken.
Folgender letzter Aspekt sollte nicht übersehen werden: Viele Erblasser werden häufig von
Zweifeln geplagt, ob das von ihnen errichtete eigenhändige Testament einerseits wirksam ist
und andererseits in die richtigen Hände gelangt. Bei Errichtung eine notariellen Testamentes
braucht sich der Erblasser über diese Fragen keine Gedanken mehr zu machen und gewinnt
damit ein erhebliches Stück an Lebensqualität, das die damit verbundenen Kosten
regelmäßig deutlich übersteigen wird.
Das notarielle Testament ist aber kein Muss. Das gleiche Ergebnis lässt sich auch erzielen,
wenn der beabsichtigte Inhalt des Testamentes mit einem im Erbrecht fachkundigen
Rechtsanwalt abgestimmt wird und dieser für den Erblasser einen entsprechenden
Testamentsentwurf fertigt und ggf. auch verwahrt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 21 -
c)
Das gemeinschaftliche Ehegattentestament
Ehepaare und seit 01.08.2001 auch eingetragene Lebenspartner dürfen ein sog.
gemeinschaftliches Testament errichten. Alle anderen Personen sind von der Errichtung
eines sog. gemeinschaftlichen Testamentes ausgeschlossen. Das gemeinschaftliche
Testament wird von einem der Eheleute/Lebenspartner eigenhändig geschrieben und beide
Ehegatten/Lebenspartner müssen sodann die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig
unterschreiben. Die Ausführungen, die zum privaten Testament getätigt wurden, gelten hier
entsprechend. Das Testament sollte also mit Vor- und Familiennamen von beiden
unterzeichnet werden, genauso sollten Zeit und Ort der Errichtung und Unterzeichnung
angegeben werden. Das gemeinschaftliche Testament kann auch als öffentliches Testament
beim Notar errichtet werden.
Die Motivation des gemeinschaftlichen Testamentes besteht regelmäßig darin, dass sich die
Ehegatten/Lebenspartner wechselseitig als Erben einsetzen. Eine solche wechselbezügliche
Verfügung kann zu Lebzeiten beider Ehepartner/Lebenspartner nur durch eine notariell
beglaubigte
Erklärung
erfolgen.
Die
Eheleute/Lebenspartner
können
aber
das
gemeinschaftliche Testament jederzeit ändern oder ein neues gemeinschaftliches Testament
errichten, wenn sich beide Eheleute hierüber einig sind. Ein gemeinschaftliches Testament
kann nur geändert werden, solange beide Ehegatten/Lebenspartner noch leben.
Wird die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft geschieden, aufgelöst oder für nichtig
erklärt, ist das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten insgesamt unwirksam.
Unwirksam sind also sämtliche Verfügungen auch zugunsten Dritter, die im Testament
enthalten sind. Dies gilt selbst dann, wenn die Ehegatten/Lebenspartner sich nicht
wechselseitig, sondern ausschließlich Dritte bedacht haben. Heiraten die geschiedenen
Ehegatten erneut oder erneuern sie ihre eingetragene Lebenspartnerschaft, wird das
seinerzeitige gemeinschaftliche Testament nicht allein hierdurch wieder wirksam.
Nahezu sämtliche gemeinschaftliche Testamente werden in der Sonderform des sog.
Berliner Testaments errichtet. Die Ehegatten setzen sich dabei wechselseitig zu Alleinerben
ein und bestimmen weiterhin, dass nach dem Tode des Überlebenden der beiderseitige
Nachlass an Dritte (meist ihre Kinder) fallen soll. Beim Tode des Erstversterbenden wird der
überlebende Ehegatte Vollerbe. Sein eigenes Vermögen und der Nachlass vereinigen sich in
seiner Hand also zu einem einheitlichen Vermögen, über das er frei verfügen kann. Nach
seinem Tode geht dieses Gesamtvermögen auf den Dritten als seinen Erben über. Der
Schlusserbe des sog. Berliner Testamentes ist nur Erbe des länger lebenden Ehegatten,
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 22 -
da es sich um zwei Erblasser und um zwei Erbfälle handelt. Der Schlusserbe erbt somit erst
beim zweiten Erbfall und erhält erst dann das zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene
Vermögen.
Das Berliner Testament ist aber nicht unproblematisch und kann zu unangenehmen
Überraschungen führen. Zum einen kann der überlebende Ehegatte das gemeinschaftliche
Testament hinsichtlich der Verfügungen zu Gunsten der Kinder nach dem Tode des
Erstversterbenden grundsätzlich nicht mehr ändern. Zum anderen können die Kinder als
Verwandte I. Ordnung beim Tode des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche gegen den
überlebenden Ehegatten geltend machen. Bei größeren Vermögen kann das Berliner
Testament insbesondere aus steuerrechtlichen Gründen erhebliche Nachteile in sich bergen.
Steuerlich ist das Berliner Testament ungünstig, wenn beabsichtigt ist, dass gemeinsame
Kinder später das Erbe erhalten sollen. Zunächst erbt also der überlebende Ehegatte und
später die Kinder. Beim Tod des erstversterbenden Elternteils wird somit der Freibetrag für
die Kinder „verschenkt“. Denn der Freibetrag von 205.000,00 € steht jedem Kind einmal pro
Elternteil zu. Da die Kinder aber erst beim Tode des zweiten Elternteils erben, geht der
Freibetrag einmalig verloren. Hinzu kommt die höhere steuerliche Belastung, da nach dem
Stufentarif
wegen
des
höheren
Erbes
ein
höherer
Steuersatz
anzuwenden
ist.
Handlungsbedarf besteht demnach erst bei einem Gesamtvermögen, das 205.000,00 €
übersteigt.
Die Ehegatten/Lebenspartner können nur zu Lebzeiten das gemeinschaftliche Testament
gemeinsam widerrufen, ergänzen oder ändern. Insbesondere können sie gemeinsam einen
neuen Schlusserben bestimmen, wenn sie sich etwa mit einem ihrer Kinder nicht mehr
verstehen.
Ist ein Ehegatte verstorben, kann der überlebende Ehegatte das gemeinschaftliche
Testament nicht mehr ändern.
Wiederverheiratungsklauseln
Hintergrund für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist regelmäßig der Wille,
dass der längerlebende Ehegatte finanziell abgesichert sein soll und dass das gemeinsam
erwirtschaftete Vermögen abschließend den gemeinsamen Kindern zufallen soll.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 23 -
Doch was geschieht, wenn der überlebende Ehegatte erneut heiratet? Entsprechend der
oben erarbeiteten Grundsätze bleibt das wechselseitige Testament bestehen. Der neue
Ehegatte erhält aber nach den gesetzlichen Regelungen einen Anspruch auf einen Pflichtteil.
Damit kann das eigentliche Ziel des gemeinschaftlichen Testamentes, das gemeinsame
Vermögen auf die eigenen Kinder zu übertragen, unterlaufen werden. Aus diesem Grunde
nehmen
viele
Eheleute
in
das
gemeinschaftliche
Testament
eine
sog.
Wiederverheiratungsklausel auf. Diese ist kein Ausfluss eines überholten Patriachats,
sondern vielmehr in vielen Fällen eine sinnvolle Regelung für die wirtschaftliche Absicherung
der gemeinsamen Kinder.
Wiederverheiratungsklauseln verfolgen also das Ziel, den Kindern eine angemessene
Nachlassbeteiligung zu gewährleisten und einer Schmälerung des Nachlasses durch den
Pflichtteilsanspruch des neuen Ehegatten entgegenzuwirken.
Wiederverheiratungsklauseln kommen als sog. Vorerbschaftslösung oder aber als
Vermächtnislösung vor.
d)
Das Nottestamtent
Die drei Formen des Nottestamentes kommen nur in besonderen Ausnahmefällen in
Betracht. Der Erblasser muss aufgrund außergewöhnlicher Umstände, etwa wegen schwerer
Krankheit, in Lebensgefahr schweben und nicht mehr in der Lage sein, ein privates oder
notarielles Testament zu errichten. Nottestamente gelten in der Regel nur drei Monate. Das
Testament wird unwirksam, wenn der Erblasser drei Monate nach Niederschrift des
Testamentes noch lebt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Testierende nach Ablauf der drei
Monate zwar noch lebt, aber noch immer nicht in der Lage ist, ein Testament zu errichten.
Hier wäre etwa an einen Komapatienten zu denken.
Kann ein eigenhändiges oder notarielles Testament wegen akuter Lebensgefahr nicht mehr
verfasst werden, ist der Bürgermeister des Aufenthaltsortes berechtigt, ein mündliches
Testament entgegen zu nehmen. Der Bürgermeister muss aber zwei Zeugen hinzuziehen,
die in dem Testament nicht bedacht und auch nicht zu Testamentsvollstreckern ernannt
werden dürfen. Der letzte Wille muss dem Testator nach der Niederschrift vom
Bürgermeister vorgelesen, von dem Erblasser genehmigt und anschließend von sämtlichen
Beteiligten unterschrieben werden. Neben dem Bürgermeister und den Zeugen muss also
auch der Testierende unterschreiben. Ist er hierzu nicht mehr in der Lage, muss dies im
Testament gesondert vermerkt werden.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 24 -
Kann weder Notar noch Bürgermeister zu dem in Lebensgefahr befindlichen Testator
herbeigeholt werden, kann der Verletzte seinen letzten Willen auch vor drei Zeugen äußern.
Die Formalien zum „Bürgermeister-Testament“ gelten bei diesem sog. „Drei-ZeugenTestament“ entsprechend.
Gleiches gilt auch für das sog. „Seetestament“. Dieses kann allerdings auch errichtet
werden, wenn eine Notlage nicht vorliegt. Voraussetzung ist aber, dass sich der Erblasser an
Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines deutschen Hafens befindet.
2.
Der Erbvertrag
Mit dem Erbvertrag hat der Erblasser neben dem Testament die zweite Möglichkeit, eine
letztwillige Verfügung zu treffen und von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen sowie
Vermächtnisse und Auflagen anzuordnen. Andere vertragsmäßige Verfügungen als
Erbeinsetzung, Vermächtnis und Auflage können in einem Erbvertrag nicht getroffen werden.
In Betracht kommt insbesondere die gegenseitige Erbeinsetzung. Diese in einem Erbvertrag
getroffenen vertragsmäßigen Verfügungen sind bindend und können nicht einseitig
widerrufen werden. Die Parteien des Erbvertrags können aber durch notariellen Vertrag den
ursprünglichen Erbvertrag oder die darin getroffene wechselseitige Verfügung aufheben. Der
Erblasser kann sich im Erbvertrage auch den Rücktritt vom Erbvertrag vorbehalten. Dies
sollte er immer dann tun, wenn er sich über die künftige charakterliche Entwicklung seines
Vertragspartners nicht hinreichend sicher ist. Für diesen Rücktritt gelten besondere
Formvorschriften.
Der Erblasser kann in dem Erbvertrag auch einseitig jede weitere Verfügung treffen, die er
auch durch Testament treffen könnte. Für den Widerruf, die Aufhebung oder Ergänzungen
solcher einseitigen Verfügungen gelten die Regelungen zum privaten Testament.
Der Erblasser kann im Übrigen auch nach Abschluss eines Erbvertrages über sein gesamtes
Vermögen ohne jede Einschränkung verfügen, beispielsweise Vermögensgegenstände an
Dritte
verkaufen
oder
verschenken.
Genauso
wenig
sind
dem
Erblasser
Personenstandsänderungen (Heirat, Adoption) verwehrt. Vermögensverfügungen und
familienrechtliche Handlungen sind dem Vertragserben gegenüber nur dann unwirksam,
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 25 -
wenn sie mit Beeinträchtigungsabsicht erfolgen, also kein lebzeitiges Eigeninteresse des
Erblassers besteht, sondern die Absicht des Erblassers überwiegt,
dem Vertragserben die Vorteile der Erbeinsetzung zu entziehen oder zu schmälern. Bei der
Errichtung des Erbvertrages sind mehrere Personen beteiligt.
Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur höchstpersönlich schließen. Die notarielle
Beurkundung ist zwingend vorgeschrieben.
3.
Kosten der Testamentserrichtung
Häufig wird davon Abstand genommen, ein Testament zu errichten, da man zwar einerseits
erkennt, dass man selbst zum Entwurf eines geeigneten Testaments nicht in der Lage ist,
andererseits aber die Kosten eines Rechtsanwaltes oder Notars sparen möchte. Die Kosten
der anwaltlichen Beratung oder die Notarsgebühren werden dabei regelmäßig deutlich
überschätzt. Soll ein Anwalt zu Rate gezogen werden, sollte sich der Beratungswillige vorher
informieren, welche Kosten auf ihn zukommen. Der Mandant sollte sich ggf. den
Kostenrahmen schriftlich bestätigen lassen oder eine Honorarvereinbarung mit dem
Rechtsanwalt treffen. Es kann hierbei eine Abrechnung auf Stundenbasis oder vorzugsweise
ein Pauschalhonorar vereinbart werden. Beides bedarf der Schriftform.
Entscheidet sich der potentielle Erblasser für die Errichtung eines notariellen Testaments
oder eines Erbvertrags, richten sich die von ihm zu bezahlenden Gebühren nach dem Wert
des Nachlasses, den der Erblasser beim Notar/Amtsgericht als Nachlasswert angibt.
Für die Beurkundung eines öffentlichen Testaments kann der Notar eine volle Gebühr
berechnen, für die Beurkundung eines Erbvertrages kann er die doppelte Gebühr erheben.
Auch die besondere amtliche Verwahrung richtet sich nach dieser Gebührentabelle: Insoweit
ist vom Erblasser ¼ der Gebühr zu entrichten. Die Höhe der Gebühren kann der
nachstehenden Tabelle entnommen werden:
Die Kosten der anwaltlichen Beratung bzw. der Inanspruchnahme eines Notars sind daher in
jedem Falle überschaubar.
Der Erblasser erhält darüber hinaus ein hohes Maß an Rechtsicherheit und kann seinen
Erben ungewollte Folgekosten durch unklare Regelungen oder Formulierungen, die in
jahrelange Prozesse münden können, ersparen. Darüber hinaus soll auch nicht der
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 26 -
erbschaftssteuerrechtliche Aspekt übersehen werden. Regelmäßig kann bei größerem
Vermögen die Beratung zu einer erheblichen Erbschaftssteuerersparnis führen.
4.
Der Widerruf eines Testaments
Der Erblasser kann ein errichtetes Testament jederzeit widerrufen. Dies ergibt sich aus der
sog. Testierfreiheit. Der Widerruf des Testaments kann in unterschiedlicher Form erfolgen:
Der
Erblasser
kann
ein
sog.
reines
Widerrufstestament
errichten
oder
die
Testamentsurkunde vernichten, das öffentliche Testament aus der besonderen amtlichen
Verwahrung entnehmen oder aber ein neues Testament errichten.
Der Widerruf eines Testaments stellt selbst eine letztwillige Verfügung dar, so dass der
Widerruf Testierfähigkeit voraussetzt. Rechtsfolge des Widerrufs ist die sofortige Beseitigung
der widerrufenen letztwilligen Verfügung.
Das reine Widerrufstestament kann sich darauf beschränken, das frühere Testament
aufzuheben. Für die Gültigkeit des Testaments muss es den strengen Formerfordernissen
eines Testaments entsprechen. Zu beachten ist, dass ein öffentliches auch durch ein
eigenhändiges Testament widerrufen werden kann und umgekehrt.
Beispiel:
Erblasser Anton ist mit Berta verheiratet und hat zwei Kinder, Cäsar
und Dennis. Er verfügte im Jahre 2002 auszugsweise folgendes:
„Alleinerbe ist mein Sohn Dennis.“
Im Jahre 2004 verfügt Anton auszugsweise folgendes:
„Hiermit widerrufe ich mein Testament aus dem Jahre 2002.“
Das Testament aus dem Jahre 2002 ist damit gegenstandslos.
Besteht keine anderweitige letztwillige Verfügung, sind gesetzliche
Erben Berta, Cäsar und Dennis.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 27 -
Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die
Testamentsurkunde vernichtet oder verändert. Voraussetzung ist dabei immer die
Aufhebungsabsicht des Erblassers. Der Erblasser kann also etwa das Testament
verbrennen oder sonst vernichten. Er muss dabei die Urschrift vernichten und muss zum
Zeitpunkt der Vernichtung selbstverständlich testierfähig sein.
Beispiel:
Erblasser Anton hat im Jahre 1980 ein Testament errichtet, in dem er
„die Kirche“ zu seinem Erben einsetzte. Später heiratete Anton Berta
und zeugte mit dieser die Kinder Cäsar und Dennis.
Im Jahre 2004 verbrennt Anton das Testament aus dem Jahre 1980.
Die letztwillige Verfügung von 1980 wurde somit wirksam aufgehoben.
Besteht kein weiteres Testament, kommt die gesetzliche Erbfolge
zum Zuge.
Wesentlich problematischer sind Veränderungen des Testamentes. Diese erfolgen häufig
durch Einreißen, Einschneiden, Durchstreichen oder Ungültigkeitsvermerke. Es können aus
dem Testament also Teile herausgeschnitten oder Streichungen bzw. Schwärzungen vom
Erblasser beigefügt werden. Auch sog. Ungültigkeitsvermerke wie „ungültig“ oder „überholt“
können über dem Text, am Rande oder unter dem Text ausgebracht werden. Genauso kann
quer über dem Text ein solcher Vermerk draufgesetzt werden. Der Ungültigkeitsvermerk wird
als ausreichende Veränderung angesehen, wenn für Jedermann sofort erkennbar ist, dass
die Urkunde als solche nicht mehr gelten soll. Das Testament braucht dabei nicht gesondert
unterschrieben zu sein.
Von all diesen Varianten (durchstreichen, schwärzen, Änderungen, herausschneiden,
einreißen, Ungültigkeitsvermerke, etc.) wird ausdrücklich abgeraten. In solcher Form
geänderte Testamente sind regelmäßig der Ausgangspunkt für jahrelange und insbesondere
auch kostspielige Erbschaftsprozesse. Der Erblasser sollte daher bei geplanten Änderungen
ein neues Testament verfassen, das den formellen Vorschriften entspricht und sollte die
Urschrift des früheren Testaments sowie etwa vorhandene Abschriften/Kopien endgültig
vernichten. Weiterhin sollte der Erblasser im aktuellen und von ihm letztlich gewünschten
Testament ausdrücklich vermerken, dass sämtliche frühere letztwillige Verfügungen keinen
Bestand mehr haben sollen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 28 -
Wie oben bereits dargelegt, wird das öffentliche Testament, also das vor einem Notar
errichtete Testament in besondere amtliche Verwahrung gegeben. Gleiches gilt für den
Erbvertrag. Der Erblasser kann auch das eigenhändige Testament (private Testament) in
besondere amtliche Verwahrung geben und von der Verwahrungsstelle jederzeit wieder
zurückfordern. Dieses Recht steht ausschließlich dem Erblasser und keinen sonstigen
Personen zu.
Die Rücknahme des öffentlichen Testamentes gilt als Widerruf, während private Testamente
nach Rücknahme weiterhin gültig bleiben, wenn der Erblasser sie nicht vernichtet oder
widerruft.
Kapitel IV:
Mögliche Regelungen in Testament und Erbvertrag
1.
Erbeinsetzung
Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag seine Erben bestimmen. Er kann dabei
sein Vermögen unter Personen seiner Wahl verteilen. Insbesondere steht ihm frei, einen von
der gesetzlichen Erbfolge abweichenden Übergang seines Vermögens anzuordnen. Dem
Erblasser ist es also gestattet, nach seinem Gutdünken über sein Vermögen im Erbfalle zu
verfügen. Es sind daher auch willkürliche Entscheidungen des Erblassers hinzunehmen, der
Erblasser ist also nicht verpflichtet, seine Familie oder Verwandten zu seinen Erben zu
bestimmen. Auch zu einer Gleichbehandlung seiner Abkömmlinge ist er nicht verpflichtet.
Diese Testierfreiheit (also das Recht zur gewillkürten Erbfolge) hat aber zwei gesetzliche
Schranken: Dies ist einerseits das Pflichtteilsrecht, das den nächsten Verwandten die Hälfte
des
gesetzlichen
Erbteiles
garantiert
und
andererseits
das
Verbot
sittenwidriger
Verfügungen.
Der Erblasser kann also jede natürliche oder juristische Person zu seinen Erben bestimmen.
Der Erblasser kann auch einen eingetragenen Verein (Kinderschutzbund, DGHS etc.) als
Erben bestimmen.
Für Bewohner eines Pflegeheims gelten Einschränkungen der Testierfreiheit: Der Träger des
Altenheims oder das Heimpersonal darf nicht als Erbe eingesetzt werden. Dies gilt auch für
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 29 -
die Kinder des Heimleiters oder den Gesellschafter/Geschäftsführer des Pflegeheims. Eine
entsprechende Zuwendung führt zur Nichtigkeit dieser Bestimmung.
Beispiel:
Erblasser Anton wohnt seit ersten Mai 2004 im Pflegeheim „Zur
letzten Ruhe“. Am 15.04.2004 hat Anton auszugsweise folgendes
Testament verfasst:
„Zu meinen Erben ernenne ich meine Tochter Berta sowie das
Pflegeheim „Zur letzten Ruhe“.“
Die Tochter Berta ist Alleinerbin, da die Einsetzung des Pflegeheims
„Zur letzten Ruhe“ nach § 14 Heimgesetz nichtig ist.
Beispiel:
Erblasser Anton wohnt zu Hause und wird dort durch die Mitarbeiterin
Paula
des
Erblasser
Ambulanten
Anton
verfügt
Pflegedienstes
in
seinem
„Rentnerhilfe“
Testament
versorgt.
auszugsweise
folgendes:
„Alleinerben sind meine Tochter Berta, meine Pflegerin Paula
und die „Rentnerhilfe e.V.“.“
Berta, Paula und Rentnerhilfe sind zu gleichen Teilen Erben. Das
Verbot des § 14 Heimgesetz gilt nicht für eine private Pflegeperson
oder eine Pflege durch ambulante Pflegedienste.
Auch auf das Verhältnis zwischen Betreuer und Betreuten ist § 14 Heimgesetz nicht
anwendbar. Der Betreuer kann als Erbe eingesetzt werden.
Beispiel:
Erblasser Anton hat zwei Kinder Berta und Cäsar. Zu seinem
Betreuer ist sein Neffe Dennis bestellt. Erblasser Anton hat in seinem
Testament auszugsweise folgendes verfügt:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 30 -
„Meine Alleinerben sind Berta und Dennis.“
Berta und Dennis sind Alleinerben und erben also jeder die Hälfte des
Nachlasses. Cäsar ist enterbt und damit auf den Pflichtteil beschränkt.
2.
Vor- und Nacherbschaft
Der Erblasser hat die Möglichkeit, sein Vermögen zunächst einer bestimmten Person
zukommen und nach einer bestimmten Zeit oder nach dem Eintritt eines bestimmten
Ereignisses einer anderen Person die Erbschaft zuzuwenden. Dies wird als Vor- und
Nacherbschaft bezeichnet.
Beispiel:
Der Erblasser Anton ist mit Berta verheiratet. Die beiden haben zwei
eheliche
Kinder
und
verfügen
auszugsweise
in
ihrem
gemeinschaftlichen Ehegattentestament folgendes:
„Wir setzen uns hiermit wechselseitig zu Vorerben ein. Nach
dem Versterben des Längerlebenden sollen unsere Kinder
Cäsar und Dennis unsere Nacherben sein.“
Der Vorerbe ist kein Verwalter des Nachlasses, sondern vielmehr vollberechtigter Inhaber
und
Eigentümer
des
Nachlasses.
Der
Vorerbe
unterliegt
aber
zahlreichen
Verfügungsbeschränkungen. Es ist den Vorerben untersagt, Verfügungen über Grundstücke
zu treffen. Eine solche verbotene Grundstücksverfügung ist dabei nicht nur die Übertragung
(Verkauf/Schenkung/etc.), sondern auch die Belastung des Grundstückes durch eine
Hypothek oder Grundschuld.
Der Vorerbe darf auch den Nachlass oder Vermögensgegenstände hieraus nicht
verschenken. Diese Schenkungen sind beim Eintritt des Nacherbfalles unwirksam. Lediglich
die sog. Anstandsschenkungen (etwa Schenkung angemessener Geldbeträge zu
Weihnachten oder Geburtstag; Kranz zur Beerdigung) sind zulässig.
Grundstücksgeschäfte und Schenkungen sind jedoch aber wirksam, wenn der Nacherbe
diesen Geschäften zustimmt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 31 -
Der Erblasser kann einerseits den Vorerben über die gesetzlichen Beschränkungen hinaus
weiter einschränken, andererseits eine größere Verfügungsfreiheit als vom Gesetz
vorgesehen einräumen (sog. befreiter Vorerbe). Regelmäßig wird der Vorerbe dabei von
den „gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen“ befreit.
Beispiel:
Erblasser
Anton
verfügt
in
seinem
Testament
auszugsweise
folgendes:
„Vorerbin soll meine Ehefrau Berta, Nacherbe soll mein Sohn
Cäsar sein. Berta soll von den Beschränkungen eines Vorerben,
soweit dies rechtlich möglich ist, befreit sein.“
Berta könnte also, ohne dass sie der Zustimmung des Cäsars
bedürfte, Grundstücke veräußern. Die Befreiung des Vorerben ist
aber nicht schrankenlos. Unentgeltliche Verfügungen darf der Vorerbe
auch nicht bei einer entsprechenden Regelung durch den Erblasser
vornehmen.
Dem Vorerben werden eine Vielzahl von Verpflichtungen auferlegt. Er ist seinerseits zur
ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses nicht nur berechtigt, sondern auch
verpflichtet. Bei schuldhaften Pflichtverletzungen kann ein Schadensersatzanspruch der
Nacherben bestehen. Anlagebedürftiges Kapital ist vom Vorerben mündelsicher anzulegen
(Schuldverschreibungen, Anleihen, Schatzanweisungen etc. des Bundes und der Länder,
soweit sie verbrieft, also in einer Urkunde festgelegt sind; bestimmte Wertpapiere; Anlagen
bei inländischen öffentlichen Sparkassen; etc). Der Vorerbe muss auf Verlangen des
Nacherben ein Verzeichnis über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände anfertigen
oder durch einen Notar erstellen lassen.
Der Nacherbe kann vom Vorerben eine Sicherheitsleistung verlangen, wenn der begründete
Verdacht einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nacherben besteht. Die Besorgnis
muss entweder auf dem Verhalten des Vorerben oder auf dessen ungünstiger
Vermögenslage beruhen. Die Sicherheitsleistung kann letztlich zu einer Zwangsverwaltung
des Nachlasses führen.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 32 -
Mit dem Eintritt des Nacherbfalles ist der Vorerbe verpflichtet, die Erbschaft an den
Nacherben herauszugeben. Tritt die Nacherbfolge durch den Tod des Vorerben ein, trifft sie
die Erben des Vorerben und zählt sodann zu den Verbindlichkeiten des Nachlasses der
Vorerben. Haben sich Gegenstände des Nachlasses durch den bestimmungsgemäßen
Gebrauch
abgenutzt
oder
durch
Alterung
verschlechtert,
begründet
dies
keine
Haftungsansprüche gegenüber dem Vorerben.
Was geschieht nun, wenn der Nacherbe vor dem Vorerbe oder sogar noch vor dem
Erblasser verstirbt? Stirbt der Nacherbe, nachdem Vorerbschaft eingetreten ist, gehen die
Rechte des Nacherben an seine Erben über. Nacherben werden in diesem Falle also die
Erben des Nacherben, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt hat, also etwa einen
Ersatz-Nacherben in seinem Testament begünstigt hatte. Stirbt der Nacherbe noch vor dem
Erblasser, ist die angeordnete Nacherbfolge unwirksam und der Vorerbe wird bei Eintritt des
Erbfalls Vollerbe.
3.
Vermächtnis
Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag einem anderen, ohne ihn zum Erben
einzusetzen, einen Vermögensvorteil aus dem Nachlass zuwenden.
Der Vermächtnisnehmer wird dabei nicht wie der Erbe Gesamtrechtsnachfolger des
Erblassers, sondern erhält durch das Vermächtnis nur einen Anspruch auf Verschaffung des
Zugewendeten gegen den Erben.
Gegenstand eines Vermächtnisses kann etwa sein: Zahlung einer Geldsumme, Zahlung
einer Rente, Erlassen von Schulden (sog. Erlassvermächtnis), Übereignung von Sachen,
Übertragung von Rechten etc.
§ 2078 BGB enthält eine Auslegungsregel. Danach liegt in der Zuwendung eines bestimmten
Gegenstandes in der Regel die Anordnung eines Vermächtnisses.
Beispiel:
Ein Testament enthält folgende Verfügung:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 33 -
„Mein Gemälde des Künstlers Gjeloch Gjokai soll mein Enkel
erhalten, alles andere, was ich besitze, vermache ich meinen
Töchtern.“
In diesem Falle sind die Töchter die Erben und der Enkel ist
Vermächtnisnehmer.
Gelegentlich ergeben sich Schwierigkeiten zu ermitteln, ob der Erblasser eine Erbeinsetzung
oder ein Vermächtnis wollte. Die notwendige Ermittlung des Willens des Erblassers
geschieht im Wege der Auslegung. Maßgeblich hierfür ist der sachliche Inhalt des
Testamentes/Erbvertrages und nicht, welche Worte der Erblasser verwendet hat.
Entscheidendes Kriterium ist generell das Wertverhältnis der zugewendeten Gegenstände
zum Gesamtnachlass.
Beispiel:
Der Erblasser ist Eigentümer einer Villa im Wert von 1 Mio. Euro und
hat im Übrigen lediglich ein Vermögen von 10.000,00 €. Sein
Testament lautet auszugsweise wie folgt:
„Meine Villa nebst Einrichtung soll mein Enkel erhalten, mein
restliches Vermögen mein Neffe.“
Die Villa stellt wertmäßig einwandfrei den Hauptgegenstand des
Nachlasses dar. Es ist daher nahe liegend, den Enkel als Alleinerben
anzusehen und den mit dem restlichen Vermögen bedachten Neffen
als
Vermächtnisnehmer.
Die
Zuwendung
eines
einzelnen
Gegenstandes, insbesondere die Zuwendung von Immobilien, wird
also häufig eine Erbeinsetzung sein, wenn der objektive Wert das
restliche Vermögen erheblich übertrifft.
§ 2087 BGB enthält noch Auslegungsregeln: Hat der Erblasser einen Bruchteil seines
Gesamtvermögens einer Person zugewendet, ist diese Erbe.
Beispiel:
Der Erblasser hat verfügt:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 34 -
„Mein Vermögen vermache ich zu jeweils zu einem Drittel
meinen beiden Töchtern und meinem Enkel. Mein Stehpult soll
mein Neffe erben.“
Die Töchter und der Enkel sind also jeweils Erben zu 1/3, der Neffe ist
aber lediglich Vermächtnisnehmer. Die Verwendung der Begriffe
„vermachen“ oder „erben“ ist also nicht entscheidend.
Es soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass beim Verfassen eines Vermächtnisses
die gleichen strengen Formvorschriften wie beim Testament beachtet werden müssen. Das
Vermächtnis wird regelmäßig in das Testament aufgenommen, so dass der Erblasser
berücksichtigt, bei Beachtung der oben dargelegten Formvorschriften sicher sein zu können,
dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand erhält. Bemerkt der Testator nach
Verfassen des Testamentes, dass er Verwandten oder Freunden für den Fall seines Todes
einen Gegenstand versprochen hat, kann dieses Vermächtnis durch einen Nachtrag zum
Testament jederzeit ermöglicht werden.
Beispiel:
Der Erblasser hat folgendes verfügt:
„Augsburg,
20.03.2004.
Ich,
XY,
bestimme
zu
meinen
Alleinerben meine Töchter.
Unterschrift XY“
Dem Erblasser fällt sodann ein, dass er sein Jagdgewehr seinem
Neffen versprochen hat. Er fügt daher an das Testament folgenden
Zusatz an:
„Mein Jagdgewehr soll mein Neffe erhalten.“
Da der Erblasser diesen Zusatz nicht unterschrieben hat, ist das
Vermächtnis nichtig. Der Neffe kann also von den Töchtern die
Herausgabe des Jagdgewehres nicht verlangen.
Im Folgenden soll noch kurz auf besondere Vermächtnisarten eingegangen werden:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 35 -
Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB)
Ein Vorausvermächtnis liegt vor, wenn einem Miterben zusätzlich zu seinem Erbteil ein
Vermächtnis zugewendet wird, das er sich nicht auf seinen Erbteil anrechnen lassen muss.
Dem
Miterben
wird
also
neben
seiner
Erbeinsetzung
noch
ein
bestimmter
Nachlassgegenstand gesondert zugewendet. Im Einzelfall kann die Abgrenzung zu einer
Teilungsanordnung schwierig sein (vgl. hierzu unten).
Verschaffungsvermächtnis
Beim Verschaffungsvermächtnis müssen die Erben den Gegenstand erst mit Mitteln des
Nachlasses erwerben, also dem Vermächtnisnehmer „verschaffen“.
Gattungsvermächtnis
Beim Gattungsvermächtnis bestimmt der Erblasser nur die Art und Menge des
zuzuwendenden Gegenstandes.
Beispiel:
Der Erblasser hat folgendes verfügt:
„Aus meiner Bibliothek soll mein Neffe 10 Bücher erhalten.“
Voraus
Hatten die Eheleute einen gemeinschaftlichen Hausstand, steht dem überlebenden
Ehegatten zusätzlich zu seinem Erbteil und auch unabhängig vom Güterstand ein Anspruch
auf den sog. Voraus zu. Dieser umfasst die zum ehelichen Haushalt gehörenden
Gegenstände und die Hochzeitsgeschenke. Voraussetzung ist aber immer, dass der
Ehegatte gesetzlicher Miterbe geworden ist. Der Voraus kann also nicht beansprucht
werden, wenn der Ehegatte durch Testament als Erbe eingesetzt wurde, er auf das Erbrecht
verzichtet hat, er von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurde oder die Erbschaft
ausschlägt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 36 -
Der Dreißigste
Der Dreißigste regelt einen Unterhaltsanspruch gegenüber Familienangehörigen des
Erblassers, die zu seinem Hausstand gehörten und von ihm auch bis zu seinem Tode
unterhalten wurden. Zum Hausstand gehören z.B. nichteheliche Kinder des Ehegatten oder
aber
eine
Person,
mit
der
der
Erblasser
in
nichtehelicher
Lebensgemeinschaft
zusammengelebt hat. Diesen Personen müssen die Erben während der ersten 30 Tage nach
dem Eintritt des Erbfalls Unterhalt in dem selben Umfang wie der Erblasser gewähren.
4
Der
Teilungsanordnung
Erblasser
kann
durch
eine
sog.
Teilungsanordnung
die
Aufteilung
seiner
Vermögensgegenstände unter den Miterben vornehmen.
Beispiel:
Der Erblasser Anton hat folgendes Testament verfasst:
„Erben sollen meine Kinder Berta, Cäsar, Dennis und Emil zu
gleichen Teilen sein. Berta erhält mein Reihenhaus, Cäsar
meine Ferienwohnung, Dennis meinen Porsche und Emil
meinen Schäferhund.“
Berta, Cäsar, Dennis und Emil sind also Miterben zu jeweils ¼. Die
Gegenstände bzw. der Hund sind entsprechend des Willens des
Erblassers Anton auf die vier Kinder zu verteilen.
Zu beachten ist, dass die den jeweiligen Miterben zugewiesenen Gegenstände wertmäßig
auf ihre Anteile anzurechnen sind. Ist der Wert des Gegenstandes höher, als er den Miterben
seiner Quote nach zukommen würde, ist er gegenüber den anderen Miterben zu eine
finanziellen Ausgleich verpflichtet.
Wir gehen davon aus, dass im obigen Beispiel der Gesamtnachlass
einen Wert von 1 Mio. Euro hat. Jedes Kind hat entsprechend seiner
Erbquote Anspruch auf eine Erbquote im Werte von 250.000,00 €.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 37 -
Reihenhaus und Ferienwohnung haben einen Wert von jeweils
300.000,00 €, der restliche Nachlass (einschließlich Porsche und
Schäferhund) hat einen Wert von 400.000,00 €.
Da Berta und Cäsar Gegenstände im Wert von 300.000,00 € erhalten
haben, müssten sie an Dennis und Emil jeweils 50.000,00 €
finanziellen Ausgleich leisten.
Die Teilungsanordnung ist insbesondere vom Vorausvermächtnis zu unterscheiden. Wie
oben stehend dargelegt, muss sich der Miterbe den Wert des Vorausvermächtnisses nicht
auf seinen Erbteil anrechnen lassen.
Um Unklarheiten und hieraus resultierende Streitigkeiten zwischen den Miterben zu
vermeiden, sollte der Erblasser jeweils ausdrücklich bestimmen, ob die Zuwendung auf den
Erbteil angerechnet werden soll oder nicht.
Beispiel:
Erblasser Anton könnte wie folgt verfügen:
„Meine Kinder Berta, Cäsar, Dennis und Emil sollen meinen
Nachlass zu gleichen Teilen erben. Berta soll mein Reitpferd
erhalten,
Cäsar
mein
Jagdgewehr.
Dennis
soll
meine
Münzsammlung erhalten. Der Wert des Reitpferdes und des
Jagdgewehres soll nicht auf den Erbteil angerechnet werden.
Dennis muss sich aber den Wert der Münzsammlung auf seinen
Erbteil anrechnen lassen.“
Durch Teilungsanordnung kann der Erblasser auch die Auseinandersetzung einzelner
Gegenstände untersagen (sog. Teilungsverbot). Dies kommt in etwa in Betracht, wenn der
Erblasser z. B. eine Sammlung, einen Familiensitz, oder ein Unternehmen als Einheit
erhalten möchte.
Beispiel:
Erblasser Anton könnte folgendes Testament errichten:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 38 -
„Meine Erben sind zu gleichen Teilen Berta, Cäsar und Dennis.
Meine Gemäldesammlung darf nicht unter den Erben aufgeteilt
werden. Diese muss als Sammlungseinheit bestehen bleiben.“
Dieses Teilungsverbot ist mitunter ein stumpfes Schwert. Denn wenn sich alle Erben einig
sind, können die Erben das Teilungsverbot beseitigen.
Berta, Cäsar und Dennis können also, wenn sie sich einig sind, die
Gemäldesammlung aufteilen, verkaufen oder sonst darüber verfügen.
Besteht keine Einigkeit aller Erben, sich über das Teilungsverbot hinwegzusetzen, kann das
Teilungsverbot nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes übergangen werden. Liegt ein
solcher wichtiger Grund vor, besteht ein Anspruch auf Auseinandersetzung. Dabei ist aber
ein
strenger
Maßstab
anzulegen.
Erforderlich
ist,
dass
eine
ordnungsgemäße
gemeinschaftliche Nutzung und Verwaltung unter Abwägung aller den Einzelfall prägenden
Umständen unmöglich ist und dass der Beteiligte, der die Aufhebung begehrt, den wichtigen
Grund nicht allein oder überwiegend herbeigeführt hat.
5.
Auflage
Der Erblasser kann durch eine Auflage in der letztwilligen Verfügung den Beschwerten
(üblicherweise den Erben) Verpflichtungen auferlegen. Gegenstand einer Auflage kann etwa
die Grabpflege, die Anbringung eines Gedächtnisschildes, Veranstaltungen zur Erinnerung
an
den
Verstorbenen
oder
aber
insbesondere
ein
Verfügungsverbot
über
Nachlassgegenstände sein. Die mit einer Auflage bedachte Person kann vom Erben keine
Erfüllung verlangen. Nur der Erbe, Miterbe oder derjenige, welchem der Wegfall des mit
einer solchen Auflage belasteten unmittelbar zustatten käme, kann den Vollzug der Auflage
verlangen. Steht die Auflage im öffentlichen Interesse, z.B. Errichtung eines Kindergartens,
kann auch die zuständige Behörde (Gemeinde) den Vollzug verlangen.
Beispiel:
Der sehr vermögende Erblasser hat in seinem Testament folgendes
verfügt:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 39 -
„Augsburg, 31.03.2004. Zu meinem Alleinerben ernenne ich
meine Lebensgefährtin Berta. Meine Söhne Cäsar und Dennis
enterbe ich. Ich mache Berta zur Auflage, im Stadtteil
Augsburg/Göggingen einen Kindergarten zu errichten, die
Pflege meines Grabes zu übernehmen und Verfügungen über
meine Gemäldesammlung zu unterlassen.“
Die Alleinerbin Berta erfüllt die Auflagen nicht. Die Gemäldesammlung
möchte sie veräußern. Die Stadt Augsburg könnte von Berta die
Errichtung des Kindergartes bzw. den Geldbetrag hierfür gerichtlich
einfordern.
Die Söhne Cäsar und Dennis könnten einen Geldausgleich für die
unterlassene Grabpflege beanspruchen und könnten weiterhin
Verfügungen
über
die
Gemäldesammlung
auch
gerichtlich
untersagen.
6.
Enterbung
Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung (Testament/Erbvertrag) einen Verwandten,
den Ehepartner oder den eingetragenen Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge
ausschließen. Einer Begründung hierfür bedarf es nicht. Daher ist die Enterbung
grundsätzlich auch wirksam, wenn in ihr ein Grund für den Ausschluss angegeben wurde,
der tatsächlich aber nicht zutrifft. Dieser unzutreffende Grund kann aber unter Umständen zu
einer Anfechtung der Enterbung führen.
Die Enterbung führt zu der gesetzlichen Erbfolge ohne den Ausgeschlossenen, der so zu
behandeln ist, als ob er beim Erbfall nicht vorhanden wäre. Die Enterbung bezieht sich im
Zweifel nur auf den Genannten, nicht aber auf dessen Abkömmlinge. Ist der Enterbte also
ein Verwandter der ersten drei Ordnungen, wird er durch seine Abkömmlinge ersetzt, wenn
nicht auch diese ausgeschlossen wurden. Der Ausschluss der Abkömmlinge muss im
Testament nicht ausdrücklich geregelt sein, kann sich aber durch die übrigen Verfügungen
ergeben. Nochmals: Für einen Ausschluss der Abkömmlinge bedarf es konkreter
Anhaltspunkte.
Beispiel:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 40 -
Der verwitwete Erblasser Anton hat drei Kinder, Berta, Cäsar und
Dennis, Berta und Dennis sind kinderlos, Cäsar hat zwei Söhne Emil
und Fritz. Erblasser Anton verfügt folgendes:
„Meinen Sohn Cäsar enterbe ich.“
In diesem Falle erben Berta und Dennis zu jeweils 1/3. Die Söhne des
Cäsar erben das restliche Drittel, also jeweils 1/6.
Anders, wenn der Erblasser Anton Folgendes verfügt hätte:
„Cäsar enterbe ich. Seinen Anteil sollen Berta und Dennis
erhalten.“
In diesem Falle sind auch die Abkömmlinge Emil und Fritz des Cäsars
von der Erbfolge ausgeschlossen. Aus der Formulierung ergibt sich
der eindeutige Wille des Erblassers Anton, dass der Anteil des Cäsar
nicht seinen Enkeln Emil und Fritz, sondern vielmehr seinen Kindern
Berta und Dennis zukommen soll. Berta und Dennis erben also
jeweils ½.
Der Enterbte kann aber den Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) einfordern, sofern
ihm von Gesetzes wegen ein solches Pflichtteilsrecht zusteht und dieses ihm auch nicht
wirksam entzogen wurde.
7.
Pflichtteilsentziehung
Bei der Pflichtteilsentziehung handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der nur sehr
selten zur Anwendung gelangt. Der Erblasser kann etwa einem Abkömmling (Kinder, Enkel
etc.) oder dem Ehegatten den Pflichtteil entziehen, wenn dieser ihm nach dem Leben
trachtete oder den Erblasser vorsätzlich körperlich misshandelte. Auch Verbrechen oder
vorsätzlich schwere Vergehen gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten können eine
Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen. Insoweit kommen in etwa Vermögensdelikte in
Betracht. Nach dem Gesetzeswortlaut ist weiterhin eine Pflichtteilsentziehung gegenüber
einem Abkömmling (nicht aber gegenüber dem Ehegatten) möglich, wenn dieser einen
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 41 -
„ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt“. Einmalige
Verfehlungen sind nicht ausreichend. Der Lebenswandel muss schutzwürdige Interessen
des Erblassers verletzen, wobei nicht entscheidend auf die sittlichen Maßstäbe des
Erblassers abzustellen ist.
Beispiel:
Erblasser Anton hat drei Kinder, Berta, Cäsar und Dennis. Berta ist
Prostituierte, Cäsar betreibt eine illegale Spielhölle. Erblasser Anton
verfügt auszugsweise was folgt:
„Zu meinem Alleinerben ernenne ich Dennis. Meinen Kindern
Berta und Cäsar entziehe ich den Pflichtteil.“
Die Entziehung des Pflichtteils muss durch letztwillige Verfügung (Testament/Erbvertrag)
erfolgen, wobei der Grund der Entziehung zwingend in der Verfügung angegeben werden
muss. Der konkrete Vorgang als solcher, also der spezielle Lebenssachverhalt muss nicht
angegeben werden. Der Erblasser muss auch nicht in Einzelheiten gehen. Es genügt aber
nicht, auf eine Anlage zu verweisen (Polizeiakten; Strafakten; etc.).
Die Ausübung der Prostitution und der Betrieb einer illegalen
Spielhölle sind für sich genommen ausreichend, die Entziehung des
Erbteils zu rechtfertigen. Da der Erblasser Anton aber den Grund der
Entziehung in der letztwilligen Verfügung nicht angegeben hat, ist die
Pflichtteilsentziehung unwirksam. Dennis ist Alleinerbe, Berta und
Cäsar können aber den Pflichtteilsanspruch geltend machen.
8.
Die Bestattungsverfügung
Der Erblasser kann auch bestimmen, in welcher Form seine Bestattung durchgeführt werden
soll. Dies gilt nicht nur für den Ort der Bestattung, sondern auch für die Art der Bestattung.
Auch Regelungen hinsichtlich der Durchführung der Bestattung (kirchliches Begräbnis;
Begräbnisrede; Leichenschmaus etc.) kann der Erblasser treffen. Gleiches gilt für die
Veröffentlichung der Todesanzeige oder der Dankesschreiben. Insbesondere wird aber der
Erblasser die Art der Bestattung im Vorhinein festlegen wollen. So legen zahlreiche Bürger
katholischen Glaubens Wert darauf, dass eine Feuerbestattung nicht stattfindet.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 42 -
Beispiel:
Erblasser Anton Z. trifft folgende Verfügung:
„Im Falle meines Todes möchte auf dem katholischen St.Michaels-Friedhof
in
Augsburg
bestattet
werden.
Eine
Feuerbestattung lehne ich ab. Die Grabrede soll der Pfarrer Don
Andrea halten. Der Leichenschmaus soll im Ristorante Milano
abgehalten werden. Statt Blumen und Kränzen sollen die
Trauergäste eine Spende an die Künstlervereinigung Augsburg
„Die Ecke“ e.V. leisten.“
Da nach deutschem Recht jede Beerdigung grundsätzlich 96 Stunden, also vier Tage nach
Eintritt des Todes zu erfolgen hat, sollte der Erblasser darauf achten, dass seine
Bestattungsverfügung unmittelbar nach seinem Ableben aufgefunden wird oder aber bereits
in den Händen des Inhabers der Totenfürsorge ist.
Kapitel V:
Familienstand und Erbfolge
1.
Das Geliebtentestament
Mit dem Testament erstrebt der Erblasser in besonderen Fällen auch die Versorgung des
außerehelichen
Lebenspartners
neben
dem
eigentlichen
Ehepartner.
Nach
der
Rechtsprechung ist eine solche Zuwendung an die Geliebte/den Geliebten nichtig, wenn die
„Hergabe für die Hingabe“ erfolgt. Nach dieser Rechtsprechung wurde eine Erbregelung, die
die Geliebte/den Geliebten begünstigt, als Entlohnung von Geschlechtsverkehr angesehen.
Ein solches Rechtsgeschäft ist auch heute noch sittenwidrig. Es besteht aber schon seit
mehreren Jahrzehnten keine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine testamentarische
Zuwendung an die Geliebte/den Geliebten als Gegenleistung für Geschlechtsverkehr u.ä.
erfolgte. Für diesen Umstand ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf die
Sittenwidrigkeit der Zuwendung beruft. Es kommt also auf die Gesamtumstände des
Geliebtentestamentes an. Es sollten daher im Testament ausdrückliche Hinweise erfolgen,
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 43 -
dass sich die Beziehung nicht auf das Sexuelle beschränkte, sondern dass die Geliebte/der
Geliebte auch etwa Versorgungsleistungen oder andere Opfer erbrachte. Eine Anfechtung
des Testamentes kann auch dadurch entgegengewirkt werden, dass der Erblasser erklärt,
seit wann die Beziehung zu seinem Ehepartner gestört ist.
Eine Erbengemeinschaft aus Ehegatten, Geliebten und ehelichen/nichtehelichen Kindern ist
äußerst problematisch. Erhebliche Streitereien sind vorprogrammiert. Die Nachfolgeregelung
sollte daher so gestaltet werden, dass die Zuwendungen an den Geliebten/die Geliebte
außerhalb der Erbengemeinschaft und mit möglichst wenig Publizität erfolgen. Der
Geliebte/die Geliebte kann z.B. durch Schenkungen auf den Todesfall oder Verträge zu
Gunsten Dritter (z.B. Lebensversicherung) bedacht werden. Es sollte aber jeweils stets der
Hintergrund für die Rechtsgeschäfte dokumentiert werden.
Das „Mätressentestament“ führt folglich nicht zu unlösbaren Problemen.
2.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft
In Deutschland leben nach statistischen Erhebungen mehr als 2 Mio. Paare unverheiratet
zusammen. In ca. 50 % dieser nichtehelichen Lebensgemeinschaften werden minderjährige
Kinder betreut. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft kann in erbrechtlicher Hinsicht zu
großen Problemen führen.
Der überlebende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat keinen gesetzlichen
Erbanspruch. Erbe oder Miterbe kann der überlebende Partner also nur aufgrund einer
letztwilligen Verfügung (Testament/Erbvertrag) werden.
Oben stehend wurde bereits zum Geliebtentestament dargelegt, dass Testamente der
nichtehelichen Lebenspartner nicht gegen die guten Sitten verstoßen.
Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dürfen kein gemeinschaftliches
Testament wie Eheleute errichten.
Fraglich ist, ob die in einem gemeinschaftlichen „Nichtehegattentestament“ enthaltene
formwirksame Verfügung eines Beteiligten im Wege der Umdeutung als Einzeltestament
aufrecht zu erhalten sein kann. Dies wird von der Rechtsprechung überwiegend verneint. Die
Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sollten daher in jedem Falle von einem
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 44 -
gemeinschaftlichen Testament absehen und getrennte Testamente oder besser einen
Erbvertrag abschließen.
Die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lässt zunächst die Wirksamkeit der
letztwilligen Verfügung unberührt. Hier besteht also ein elementarer Unterschied zur
Ehescheidung. Nach Trennung der nichtehelichen Partner sollte daher in jedem Falle die
letztwillige Verfügung einer Prüfung unterzogen werden. Wird dies versäumt, müssen ggf.
die gesetzlichen Erben (Kinder etc.) den Nachweis führen, dass der Erblasser bei der
Errichtung der letztwilligen Verfügung wollte, dass der Partner nur für den Fall bedacht wird,
dass die nichteheliche Gemeinschaft bis zum Tode fortbesteht. Man kann diese Problematik
auch vermeiden, wenn man bereits bei Errichtung der letztwilligen Verfügung eine
entsprechende Klausel mit aufnimmt.
Beispiel:
Der nichtverheiratete Erblasser Anton wohnt seit Jahren mit seiner
Partnerin
Berta
in
einer
nichtehelichen
Lebensgemeinschaft
zusammen. Er trifft auszugsweise folgende Verfügung:
„Zu meinen Alleinerben ernenne ich meine Partnerin Berta und
meinen
Sohn
nichteheliche
Cäsar.
Sollte
bei
Lebensgemeinschaft
meinem
mit
Tode
Berta
meine
nicht
mehr
bestehen, ist mein Sohn Cäsar Alleinerbe.“
3.
Eingetragene Lebenspartnerschaft (Homo-Ehe)
Seit
01.08.2001
können
gleichgeschlechtliche
Paare
eine
sog.
„eingetragene
Lebenspartnerschaft“ eingehen. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes hat auch der
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Tode des Lebenspartners
gesetzliche Erbansprüche. Diese Erbansprüche sind im Wesentlichen den Erbansprüchen
eines Ehegatten nachgebildet.
Dem überlebenden Lebenspartner steht somit beim Tod des Erblassers neben Verwandten
der ersten Ordnung (Kinder, Enkel, Urenkel etc.) 1/4, neben Verwandten der zweiten
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 45 -
Ordnung (Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge) oder neben den Großeltern die
Hälfte des Nachlasses zu. Der überlebende Lebenspartner ist Alleinerbe, wenn weder
Verwandte I. noch II. Ordnung vorhanden sind.
Die Lebenspartner müssen sich bereits bei Begründung der Lebenspartnerschaft für einen
Vermögensstand entscheiden. Die Lebenspartner können zwischen den Vermögensstand
der Vermögenstrennung und der Ausgleichsgemeinschaft wählen. Diese Vermögensstände
entsprechen in etwa der Gütertrennung und der Zugewinngemeinschaft.
Haben die Lebenspartner den Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft gewählt, erhöht
sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners pauschal um ¼. Bei der
Vermögenstrennung gelten die oben dargestellten Grundsätze.
Die Lebenspartner können von den gesetzlichen Regelungen abweichende Bestimmungen
in Einzeltestamenten, in einem gemeinschaftlichen Testament oder in einem Erbvertrag
treffen.
Der Lebenspartner ist pflichtteilsberechtigt, kann also von den Erben die Hälfte seines
gesetzlichen Erbteiles verlangen, wenn er von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung
enterbt wurde.
Die Auflösung der Lebenspartnerschaft führt zu Unwirksamkeit der testamentarischen
Erbeinsetzung des Lebenspartners vorbehaltlich eines anderen Willens des Erblassers.
Der Lebenspartner erhält als gesetzliches Vermächtnis zusätzlich zu seinem Erbteil wie ein
Ehegatte die Gegenstände, die den äußeren Rahmen der Lebenspartnerschaft gebildet
haben, also die zum Haushalt des Lebenspartners gehörenden Gegenstände mit Ausnahme
des Grundstückszubehörs. Der Lebenspartner erhält auch die Geschenke, die der
Lebenspartner anlässlich der Begründung der Lebenspartnerschaft erhalten hat. Ist der
überlebende Lebenspartner neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so
steht ihm dieser Voraus nur zu, soweit er ihn zur Führung eines angemessenen Haushalts
benötigt.
Zwei Umstände sollten von den Lebenspartnern bei der Errichtung von letztwilligen
Verfügungen (Testamenten, Erbverträgen) besonders berücksichtigt werden:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 46 -
1.
Wird
der
überlebende
Lebenspartner
nicht
Alleinerbe,
besteht
eine
Miterbengemeinschaft zwischen dem Lebenspartner und den Familienangehörigen
des
Erblassers.
Da
Lebenspartnerschaft
die
von
Homosexualität
vielen
Bürgern
und
nicht
die
hieraus
akzeptiert
resultierende
wird,
kann
die
Miterbengemeinschaft zwischen Lebenspartner und Familienangehörigen erhebliches
Konfliktpotential beinhalten. Hier sollte entweder durch eine strikte Trennung der
Vermögensmassen oder aber durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung
entgegengewirkt werden.
2.
Weiterhin berücksichtigen sollten die
Lebenspartner,
dass
die steuerlichen
Vergünstigungen für die Ehe nicht auf die eingetragene Lebenspartnerschaft
ausgedehnt wurden. Die Lebenspartner werden also steuerlich wie eine nichteheliche
Lebensgemeinschaft behandelt. Die Lebenspartner werden also in die Steuerklasse
III eingeordnet und haben somit nur den geringen persönlichen Freibetrag von
5.200,00 €. Ehepartner haben dagegen einen persönlichen Freibetrag von
307.000,00 €. Auch der zwischen Ehegatten bestehende Versorgungsfreibetrag
kommt den Lebenspartnern nicht zu Gute.
Die Lebenspartner sollten daher dringend bei der Testamentserrichtung einen Notar
oder Rechtsanwalt zu Rate ziehen.
Letztwillige Verfügungen, die die steuerlichen Gesichtspunkte nicht ausreichend
berücksichtigen, führen letztlich dazu, dass auf den Lebenspartner und evtl. die
Abkömmlinge des Erblassers ganz erhebliche steuerliche Belastungen zukommen
können.
4.
Exkurs: Das Haustier
Haustiere besitzen in Deutschland kein Erbrecht. Auch in den USA besitzen Haustiere im
Übrigen kein Erbrecht, entgegen häufig gegenteiliger Meldungen in Presse, Funk und TV.
Tiere haben keine eigene Rechtsfähigkeit und können daher nicht Erbe sein. Sie zählen
vielmehr zum Vermögen des Vererbenden und werden somit an die Erben weitervererbt.
Wird das Haustier als Erbe eingesetzt, ist das Testament insoweit nichtig.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 47 -
Beispiel:
Erblasser Anton verfügt folgendes:
„Alleinerben sind meine Ehefrau und mein Hund.“
Alleinerbin ist die Ehefrau; der Hund kann nicht Erbe sein.
Genauso wenig kann für ein Haustier ein Vermächtnis ausgesetzt werden. Eine Verfügung in
einem Testament, wie etwa „meinem Hund vermache ich 10.000,00 €“, ist nichtig. Möglich ist
es aber, das Haustier einer konkreten Person zuzuwenden.
Der Erblasser, der ein Tier besitzt, kann aber mit seinem Testament dafür Sorge tragen,
dass sein „treuer Begleiter“ nach seinem Tode gut versorgt wird. Der Erblasser kann die
Erben verpflichten, dass sein Tier bis zu seinem Lebensende gepflegt wird. Diese Kosten
sind aus dem Nachlass zu bestreiten.
Der Erblasser kann die Pflege seines Tieres auch in Form eines Vermächtnisses regeln.
Beispiel:
Erblasser Anton verfügt in seinem Testament auszugsweise wie folgt:
„Mein Freund, der Kunstmaler Gjeloch Gjokai erhält als
Vermächtnis einen Betrag von 10.000,00 € mit der Auflage,
meinen Hund bei sich aufzunehmen, zu versorgen und zu
betreuen.“
5.
Das Behindertentestament
Die Zahl der Behinderten nimmt in unserer tatsächlich und rechtlich nicht besonders
behindertenfreundlichen Gesellschaft auch aufgrund der medizinischen Fortschritte ständig
zu. Auf der anderen Seite steigen wegen der Kostenexplosion im Gesundheitswesen die
Pflegeheim- und Pflegekosten ständig. Auch nach Einführung der Pflegeversicherung im
Januar 1995 sind von den Betroffenen Zuzahlungen in Höhe von monatlich 2.000,00 € bis
3.000,00 € oder mehr aufzubringen. Viele Behinderte können diese sogenannte
Unterdeckung nicht aus eigenen Mitteln aufbringen und sind daher auf Sozialhilfe
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 48 -
angewiesen. Viele Eltern von behinderten Kindern befürchten daher zurecht, dass das
mühsam erarbeitete und ersparte Vermögen im Erbfall auf die Leistungen der Sozialhilfe
angerechnet wird.
Ausgangspunkt ist insoweit, dass im Sozialhilferecht das sogenannte Nachrangprinzip gilt.
Danach erhält keine Sozialhilfe, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe
von anderen, besonders von Angehörigen erhält. Zur Durchsetzung dieses Grundsatzes
kann der Sozialhilfeträger entweder die Hilfe zum Lebensunterhalt einstellen oder Ansprüche
des Bedürftigen, die dieser gegen Dritte (z.B. Unterhalt oder Erbschaft) hat, auf sich
überleiten. Nach diesem Nachrangprinzip ist der Sozialhilfeempfänger zunächst verpflichtet,
etwa vorhandenes Vermögen oder Einkommen im gesetzlich festgelegten Umfang
einzusetzen. Hiervon ist nur das sogenannte Schonvermögen ausgenommen:
-
Barbeträge bis zu ca. 4.000,00 € (zzgl. geringe Beträge für Ehegatten und Kinder)
-
das angemessene vom Behinderten oder Angehörigen bewohnte Hausgrundstück/
Eigentumswohnung
-
u.a.
Abgesehen von diesem sog. Schonvermögen kann der Sozialhilfeträger auf das sämtliche
Vermögen des Behinderten zugreifen, wenn dieser das Vermögen im Wege des Erbfalles
erlangt oder der Sozialhilfeträger kann die Hilfe zum Lebensunterhalt einstellen.
Um dies zu umgehen, denken viele an eine Enterbung des Behinderten. Mit einer Enterbung
des Behinderten und Zuwendung des Vermögens an andere Angehörige ist den Familien in
der Regel nicht geholfen, da auch der Pflichtteilsanspruch vom Sozialhilfeträger geltend
gemacht werden kann und damit dem Behinderten und der Familie verloren geht.
Sinn und Zweck des Behindertentestaments ist es nun, das Vermögen in der Familie zu
halten und gleichzeitig die Zugriffsmöglichkeiten der Sozialhilfeträger auf dieses Vermögen
zu vermeiden. Andererseits soll dem behinderten Kind, besonders nach dem Tod der Eltern,
eine über das Existenzminimum hinaus gehende Lebensqualität gesichert werden.
Durch das Behindertentestament sollen Lösungen gefunden werden, die Zuwendungen an
den Behinderten erlauben, die nicht dem Zugriff der Sozialhilfeträger unterliegen. Der
Bundesgerichtshof hat in einer vielbeachteten Entscheidung im Jahre 1993 die
grundsätzliche Zulässigkeit derartiger Gestaltungen ausdrücklich bejaht, hat aber auch
Grenzen der Testamentsgestaltungen aufgezeigt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 49 -
Das Behindertentestament kennt verschiedene Regelungen, in denen das behinderte Kind
lediglich als Vorerbe eingesetzt wird oder die Anordnung von Vermächtnissen für den
Behinderten geregelt werden. Durch die Bestimmung einer Vor- und Nacherbschaft wird
erreicht, dass der Nacherbe nicht Erbe des Behinderten, sondern vielmehr Erbe des
ursprünglichen Erblassers wird. Das Nachlassvermögen fällt also nicht in den Nachlass des
Behinderten, so dass auch keine Haftung für zurückliegende Sozialhilfeleistungen eintreten
kann. Wichtigste Regelung im Behindertentestament ist dabei die Anordnung einer
Dauertestamentsvollstreckung
bis
zum
Tode
des
behinderten
Kindes.
Denn
der
Testamentsvollstrecker soll dem behinderten Kind die Annehmlichkeiten zukommen lassen,
die seine konkrete Lebenssituation verbessern, aber nicht dem Sozialhilferegress ausgesetzt
sind.
Im Behindertentestament sollte dem Vormundschaftsgericht ein Betreuer vorgeschlagen
werden, sofern ein solcher notwendig ist oder werden könnte. Der Betreuer sollte dabei nach
Möglichkeit nicht mit dem Testamentsvollstrecker identisch sein. Um Risiken zu vermeiden,
sollte jeweils eine Ersatzperson benannt werden.
Die Abfassung eines sach- und formgerechten Behindertentestamentes setzt die
Berücksichtigung des Erb-, Familien-, Sozialhilfe-, aber auch des Steuerrechts voraus. Es
bedarf dabei einer streng auf den Einzelfall abgestimmten Regelung. Schematische
Lösungen oder die Verwendung von vorgefertigten Formularen verbieten sich.
Die Gestaltung des Behindertentestaments ist eine der schwierigsten Herausforderungen an
die rechtsberatenden Berufe und sollte von den Betroffenen nicht ohne Rückgriff auf einen
Rechtsanwalt oder Notar bewerkstelligt werden.
Kapitel VI:
Die Testamentsvollstreckung
Jeder
Erblasser
hat
das
Recht,
einen
Testamentsvollstrecker
zu
berufen.
Die
Testamentsvollstreckung wird dabei durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers von
Todes wegen angeordnet, also durch Testament oder im Erbvertrag. Der Erblasser bestimmt
dabei, dass ein Dritter nach seinem Tode sein Testament ausführen, also vollstrecken soll.
Beispiel:
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 50 -
Testament:
„Hiermit ordne ich für meinen Nachlass
Testamentsvollstreckung an. Zu meinem Testamentsvollstrecker ernenne ich Herrn RA. Dr. Oliver Kautz.“
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung soll sicherstellen, dass der letzte Wille des
Erblassers auch tatsächlich ausgeführt wird.
Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung bietet sich insbesondere an, wenn der
Erblasser Streitigkeiten unter den Miterben befürchtet. Die Testamentsvollstreckung kann
auch der Nachlasssicherung von Minderjährigen oder geschäftlich unerfahrenen Erben
dienen. Häufig ist es sinnvoll, bei einem größeren Nachlass oder komplizierten Testament
und einer Vielzahl von Erben der Erbengemeinschaft eine Vertrauensperson zur Seite zu
stellen. Hat der Erblasser in seinem Testament Auflagen oder Vermächtnisse aufgenommen,
kann der Vollzug dieser Regelungen durch den Testamentsvollstrecker sichergestellt
werden.
Die Erben können die vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung nicht aufheben.
Der Testamentsvollstrecker hat die Stelle eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten
Amtes, das erst mit der Annahme beginnt. Er ist nicht Vertreter der Erben, denn er kann
auch gegen diese vorgehen. Der Testamentsvollstrecker übt das ihm zugewiesene Amt aus
eigenem Recht gemäß dem letzten Willen des Erblassers und dem Gesetz selbständig aus.
Zur Übernahme des Amts eines Testamentsvollstreckers besteht aber keine Verpflichtung.
Der Erblasser sollte sich daher vorher mit dem potentiellen Testamentsvollstrecker über die
Bereitschaft der Übernahme des Amtes absprechen.
Bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers sollte der Erblasser besondere Sorgfalt walten
lassen. Der Testamentsvollstrecker sollte nicht nur fachlich geeignet sein, sondern auch ein
hohes Maß an Integrität mitbringen. Dies einerseits, um den Anforderungen des Amtes
gerecht zu werden, andererseits aber auch, um von den Erben als gemeinschaftlicher
Verwalter anerkannt zu werden.
Der Testamentsvollstrecker ist nicht an Weisungen der Erben gebunden, da seine
Befugnisse auf den Anordnungen des Erblassers beruhen und diese für ihn oberste Norm
sind.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 51 -
Es werden folgende Formen der Testamtensvollstreckung unterschieden:
Abwicklungsvollstreckung
Die Abwicklungsvollstreckung oder auch ausführende Vollstreckung ist der Regelfall der
Testamentsvollstreckung. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ohne nähere
Angaben ist daher als ausführende Vollstreckung zu deuten.
Als Vollstrecker des letzten Willens hat der Testamentsvollstrecker die letztwilligen
Verfügungen des Erblassers auszuführen. Er hat insbesondere für die Erfüllung oder
Sicherstellung
von
Vermächtnissen
und
Auflagen,
die
Begleichung
von
Nachlassverbindlichkeiten und der Erbschaftssteuer zu sorgen, und die ihm sonst
zugewiesenen Aufgaben zu erledigen. Der Testamentsvollstrecker ist solange im Dienst, bis
das Testament erfüllt und alle Nachlassgegenstände verteilt sind.
Verwaltungs- und Dauervollstreckung
Die Verwaltungsvollstreckung kommt zur Anwendung, wenn der Erblasser bestimmt hat,
dass der Nachlass - oder ein Teil davon - für einen bestimmten Zeitraum zusammengehalten
werden
soll.
Es
findet
dann
keine
Erbauseinandersetzung
statt
und
der
Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, dass Vermögen zu verwalten. Die Verwaltung hat
nach den Wünschen und Vorstellungen des Erblassers zu erfolgen.
Für Verwaltungs- und Dauervollstreckung gilt aber eine Höchstgrenze von 30 Jahren. Die
Frist beginnt mit dem Erbfall. Mit Ablauf der 30-Jahres-Frist muss der Nachlass an die Erben
übergehen.
Kapitel VII:
Die Auslandsimmobilie im Erbrecht
In den letzten Jahren haben die Bundesbürger vermehrt Auslandsimmobilien erworben.
Diese Auslandsimmobilien stellen den Erblasser und die Hinterbliebenen in tatsächlicher und
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 52 -
rechtlicher Hinsicht vor eine Vielzahl von Problemen. Denn häufig kommen mehrere
Rechtsordnungen (zumindest steuerrechtlich) zur Anwendung. Dies sollte bereits bei der
Planung der Vermögensnachfolge, spätestens bei der Nachlassabwicklung berücksichtigt
werden.
Erbstatut
Es ist in solchen Fällen zunächst zu ermitteln, welches Erbrecht auf den Erbfall Anwendung
findet. Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Erbrecht kann die Staatsangehörigkeit
(sog. Staatsangehörigkeitsprinzip), der Wohnsitz (sog. Domizilprinzip) oder auch der
Umstand, wo sich der Nachlassgegenstand befindet (sog. Belegenheitsprinzip) sein. Die
meisten Rechtsordnungen haben eine Kombination aus Belegenheits- und Wohnsitzprinzip
(Frankreich, USA, Großbritannien) gewählt, wobei das Belegenheitsprinzip regelmäßig für
Immobilien, nicht aber für bewegliche Vermögensgüter Anwendung findet. In solchen Fällen
spricht man von einer Nachlassspaltung.
Beispiele:
Für den juristischen Laien klingt dies alles sehr theoretisch und wenig nachvollziehbar.
Daher folgende Beispiele:
Beispiel 1:
Ein deutscher Staatsangehöriger hat eine Ferienwohnung in Spanien
und verstirbt dort. Da das spanische und auch das deutsche Erbrecht
als Anknüpfungspunkt die Staatsangehörigkeit festgelegt haben, wird
(auch) die Immobilie in Spanien ausschließlich nach deutschem Recht
vererbt. Für die Immobilie ist aber auch in Spanien Erbschaftssteuer
zu bezahlen, hierzu später mehr.
Beispiel 2:
Ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland
hinterlässt eine Eigentumswohnung in Paris, ein Reihenhaus in
Augsburg sowie ein französisches und deutsches Bankguthaben. Das
französische Recht folgt dem Prinzip der Nachlassspaltung. Das
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 53 -
bewegliche Vermögen vererbt sich nach dem Recht des letzten
Domizils des Erblassers, das unbewegliche Vermögen wird nach dem
Recht des Lageortes vererbt. Die Immobilie in Paris wird folglich nach
französischem Recht, das restliche Vermögen nach deutschem Recht
vererbt.
Grundsätze:
An diesen Beispielen werden folgende Grundsätze deutlich: Gehört zum Nachlass eines
deutschen Erblassers eine Auslandsimmobilie in einem Staat, in dem das sog.
Staatsangehörigkeitsprinzip gilt, so findet auf diesen Erbfall aus Sicht der deutschen und
auch ausländischen Rechtsordnung aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit das
deutsche Erbrecht Anwendung. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der Erblasser seinen
Wohnsitz in dem ausländischen Staat hat, in dem das Staatsangehörigkeitsprinzip gilt.
Befindet sich die Immobilie in einem Land, das dem Belegenheitsprinzip folgt, kommt es zu
einer Nachlassspaltung: Die Immobilie wird nach dem Recht des Lageortes vererbt,
hinsichtlich des weiteren Vermögens findet deutsches Erbrecht Anwendung.
Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts
Die Anwendung des ausländischen Erbrechtes auf die Immobilie kann zu erheblichen
Problemen führen. Diese Rechtsordnungen folgen häufig anderen Grundsätzen als das
deutsche Recht. So ist beispielsweise ein gemeinsames Testament der Ehegatten in
Frankreich nicht zulässig. Auch Erbverträge und Erb- und Pflichtteilsverzichte kennt das
französische Erbrecht zu Lebzeiten des Erblassers nicht. In Florida werden handschriftliche
Testamente nur anerkannt, wenn mindestens zwei neutrale Zeugen die Echtheit der
Unterschrift des Erblassers bestätigt haben. Es sollte daher stets neben dem deutschen
Rechtsbeistand ein ausländischer Anwalt oder Steuerberater hinzu gezogen werden.
Regelmäßig wird es sich empfehlen, ein formgültiges Testament in der jeweiligen
Landessprache abzufassen, wobei dieses die besonderen Bestimmungen der ausländischen
Rechtsordnung berücksichtigen muss.
Erbschaftssteuer
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 54 -
Die meisten Länder der Welt sehen eine Erbschaftsbesteuerung der sich auf ihrem
Staatsgebiet befindlichen Immobilien vor. Befindet sich im Nachlass eine Auslandsimmobilie,
kann es somit sehr oft zu einer Doppelbesteuerung kommen. Nur mit wenigen Staaten
bestehen internationale Abkommen zur Vermeidung einer solchen Doppelbesteuerung im
Erbfalle (Dänemark, Griechenland, Österreich, Schweden, Schweiz, USA). In allen anderen
Staaten, in denen sich die zum Nachlass gehörende Auslandsimmobilie befindet, kann es zu
einer Doppelbesteuerung kommen, da der Erwerb von Todes wegen sowohl der deutschen
als auch der ausländischen Erbschaftssteuer unterliegen kann. Der Erbe muss also häufig
zweimal
Erbschaftssteuer
bezahlen.
Diese
Doppelbelastung
wird
mit
Hilfe
der
Steueranrechnung (§ 21 ErbStG) teilweise aufgefangen. Nach dieser Vorschrift wird die im
Ausland bezahlte Erbschaftssteuer auf die gegenüber dem deutschen Fiskus bestehende
Erbschaftssteuerschuld angerechnet.
Trotz dieser Steueranrechnung ergibt sich regelmäßig eine höhere Steuerbelastung als bei
einer in Deutschland gelegenen Immobilie. Die Erbschaftssteuer ist in Deutschland im
internationalen Vergleich im untersten Bereich einzuordnen. Nahezu alle Staaten dieser Erde
weisen
einen
deutlich
höheren
Erbschaftssteuertarif
auf
als
das
deutsche
Erbschaftssteuerrecht. Eine im Ausland gezahlte Erbschaftssteuer wird vom deutschen
Fiskus aber nicht erstattet.
Nachteilig ist für den Erben weiterhin, dass die im Erbfall vorteilhafte deutsche Bewertung für
Grundstücke nur für Immobilien in Deutschland gilt, nicht aber für Auslandsimmobilien
Anwendung findet.
Es sollte daher bereits bei der Anschaffung einer Auslandsimmobilie, spätestens aber bei der
Planung der Vermögensnachfolge fachkundiger Rat gesucht werden, um durch eine
vorausschauende Planung spätere Schwierigkeiten für die Erben, die mit erheblichen
finanziellen und emotionalen Belastungen verbunden sein können, zu vermeiden.
Kapitel VIII:
Rechtsfragen der Bestattung
Nach deutschem Recht hat jede Beerdigung grundsätzlich 96 Stunden, d.h. 4 Tage nach
Eintritt des Todes zu erfolgen. Ausnahmen sind grundsätzlich möglich, müssen aber
beantragt werden. Nach dem Todesfall müssen daher innerhalb sehr kurzer Zeit wesentliche
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 55 -
Entscheidungen getroffen werden. Es stellt sich nunmehr die Frage, wer sich um die
Abwicklung aller mit dem Tode verbundenen Aufgaben zu kümmern hat bzw. kümmern darf.
1.
Recht zur Totenfürsorge
Folgender Aufgabenkreis wird als Totenfürsorge beschrieben: Benachrichtigung des
Standesamtes, Vorlage der Leichenschaubescheinigung, Beschaffung der Sterbeurkunde,
Beauftragung eines Bestattungsunternehmens, Auswahl des Sarges, Überführung der
Leiche, Vereinbarung eines Bestattungstermins, Bestimmung von Ort und Art der
Beerdigung, Benachrichtigung der Kirchengemeinde, Vereinbarung des Termins für die
Trauerfeier, Organisation des Leichenschmauses, Schaltung der Todesanzeige, Druck und
Versand von Todesanzeigen und Danksagungen etc.
Die Totenfürsorge regelt sich nicht nach dem Erbrecht. Der Erbe ist also nicht notwendig der
Bestattungsberechtigte. Inhaber der Totenfürsorge sind vielmehr die nächsten Angehörigen.
Hat der Verstorbene keine Verfügung getroffen und lässt sich dessen Wille auch sonst nicht
feststellen, gilt gewohnheitsrechtlich folgende Reihenfolge: Ehepartner, Kinder, Eltern,
Geschwister.
Beherrschender Grundsatz des Totensorgerechts ist aber die Maßgeblichkeit des Willens
des Verstorbenen. Demgemäß entscheidet dieser Wille in erster Linie über sämtliche Fragen
der Bestattung. Lediglich wenn ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist, sind nach
gewohnheitsrechtlichem Grundsatz die nächsten Angehörigen des Verstorbenen berechtigt
und verpflichtet, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die
letzte Ruhestätte zu entscheiden.
Der Verstorbene kann nicht nur die Reihenfolge ändern oder durchbrechen, in der die
Angehörigen an sich berufen sind, vielmehr kann er auch einem oder allen Berufenen das
Bestimmungsrecht entziehen und einen Dritten damit betrauen.
Streitigkeiten entstehen u. a., wenn der Verstorbene einen nichtehelichen Lebenspartner
hatte. Die Eltern oder Kinder des Verstorbenen versuchen dann häufig, insbesondere Ort
und Art der Bestattung ohne Rücksichtnahme und ohne Rücksprache auf den Lebenspartner
durchzuführen. Da für die Bestattung nur wenig Zeit zur Verfügung steht, werden häufig
Fakten geschaffen, die nur eingeschränkt umkehrbar sind.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 56 -
Der Bestattungsberechtigte ist an den geäußerten oder mutmaßlichen Willen des
Verstorbenen gebunden. Der Bestattungsberechtigte kann also nur dann frei entscheiden,
soweit sich ein Wille des Verstorbenen nicht ermitteln lässt und jegliche Anhaltspunkte
fehlen. Der Bestattungsberechtigte kann nicht ohne ausdrücklichen Wunsch des
Verstorbenen eine anonyme Beerdigung ohne nächste Angehörige anordnen.
Bei der Auswahl und Beschriftung des Grabmahls hat er in erster Linie den Willen des
Verstorbenen zu berücksichtigen. Auch bei einer beabsichtigten Umbettung oder
Exhumierung ist der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Verstorbenen zu beachten.
Der Inhaber der Totensorge ist berechtigt, den Willen des Verstorbenen notfalls auch gegen
den Willen der Angehörigen zu erfüllen. Auch die gerichtliche Durchsetzung der
Anordnungen des Verstorbenen ist möglich.
2.
Kosten der Bestattung
Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung (§ 1968 BGB). Dies ist auch dann der Fall, wenn
der Erbe nicht zugleich Berechtigter der Totenfürsorge ist. Der Erbe kann also im Einzelfall
über Art und Weise der Bestattung nicht bestimmen, muss aber für die Kosten aufkommen.
Hat diese Kosten zunächst der Bestattungsberechtigte getragen, hat dieser einen
Ersatzanspruch gegen den Erben.
Die Beerdigungskosten sind auf den Aufwand beschränkt, der durch die Lebensstellung des
Verstorbenen angemessen ist. Zu tragen sind nicht nur die eigentlichen Beerdigungskosten
(Bestattungsunternehmen, Grab), sondern auch die Kosten einer üblichen kirchlichen Feier,
des Leichenschmauses, des Grabsteins, der Trauerbekleidung, der Todesanzeigen und der
Danksagungen.
Ist ein Erbe nicht vorhanden, müssen die nächsten Angehörigen für die Beerdigungskosten
aufkommen. Die Bestattungskosten müssen auch bei zerrütteten Familienverhältnissen von
den nächsten Angehörigen übernommen werden.
Nach einem Urteil des VG Karlsruhe gilt dies selbst dann, wenn ein Kind im Heim
aufgewachsen und die Mutter sich niemals um das Kind gekümmert hat. Begründet wird dies
damit, dass eine Verlagerung der Kosten auf die Allgemeinheit nicht tragbar sei. Nach einer
weiteren Entscheidung des OVG Lüneburg müssen die Eltern die Beerdigung ihres Sohnes
auch dann bezahlen, wenn das Verhältnis seit Jahrzehnten zerrüttet war und der Sohn einen
Diebstahl zu Lasten der Eltern begangen hatte. Auch der Entzug der Totenfürsorge lässt die
Verpflichtung der Kostenübernahme unberührt.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 57 -
3.
„Sozialbestattung“
Ist der Erbe/Angehörige selbst vermögenslos oder verfügt er nur über ein geringes
Einkommen, kann das Sozialhilferecht weiterhelfen. Nach § 15 BSHG hat der zuständige
Sozialhilfeträger die notwendigen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem
hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, diese Kosten zu tragen.
Ob und inwieweit dem Verpflichteten die Tragung der Bestattungskosten zuzumuten ist,
richtet sich ausschließlich nach seinen individuellen finanziellen Verhältnissen. Bei beengten
wirtschaftlichen Verhältnissen werden also die notwendigen Kosten der Bestattung vom
Sozialhilfeträger übernommen.
4.
Schriftliche Regelung
Um Streitigkeiten zwischen den Angehörigen über Ort und Art der Bestattung zu vermeiden,
sollte der Betroffene bereits zu Lebzeiten eine schriftliche Verfügung hierüber treffen. Er
sollte klar bekunden, wer die Totenfürsorge übernehmen und in welcher Art und Weise die
Bestattung stattfinden sollte. Es empfiehlt sich, eine entsprechende Regelung nicht in das
Testament oder eine sonstige letztwillige Verfügung aufzunehmen, da das Testament häufig
erst nach der Durchführung der Bestattung aufgefunden oder vom Nachlassgericht eröffnet
wird. Auch die Bestattung lässt sich bereits zu Lebzeiten also rational planen.
Nach Regelung dieser Fragen wird man sogar erkennen, dass die beruhigende Wirkung
einer Regelung der Bestattungsfragen lebensverlängernd wirken kann.
5.
Der Bestattungsvertrag/Bestattungsvorvertrag
Die schwierige wirtschaftliche Situation der Bundesbürger und die damit verbundene
Sparwelle hat nun auch die Beerdigungen erfasst. Nach einer Untersuchung des
Marktforschungsinstitutes Emnid liegen die durchschnittlichen Ausgaben je Bestattung im
Jahre 2400 bei rund 5.800,00 €, während es im Jahre 2000 noch fast 6.700,00 € waren. Die
Bereitschaft, viel Geld für das Begräbnis auszugeben, sinkt weiterhin. In der Regel ältere
Personen möchten nach Möglichkeit bereits zu Lebzeiten mit dem Bestatter einen Vertrag
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 58 -
abschließen, um vor allem auch in finanzieller Hinsicht ihre Bestattung zu regeln. Das
Bestattungsgewerbe hat für solche Fälle Formularverträge entworfen. Dabei wird
vorgegangen üblicherweise wie folgt: Der Bestatter ermittelt die voraussichtlichen Kosten der
Bestattung, die der Auftraggeber sodann in Raten oder aber in einer Summe einbezahlt. Der
zu zahlende Betrag wird auf einem Sparkonto mit der Abrede angelegt, dass das Guthaben
bis zur Höhe der Bestattungsrechnung mit dem Tode des Auftraggebers auf den Bestatter
übergehen soll. Es sind hier zahlreiche weitere Gestaltungen zu finden, auf die an dieser
Stelle nicht eingegangen werden kann.
Das Interesse des Erblassers liegt primär darin, ein ordentliches und würdevolles Begräbnis
zu erhalten. Häufig hat der Erblasser die Sorge, dass seine Nachkommen oder Erben die
billigste Variante für das Begräbnis wählen werden. Es stellt sich daher die Frage, ob der
soeben dargelegte Bestattungsvorvertrag auch im Falle des Versterbens Bestand hat. Das
auf das Sparkonto eingezahlte Geld bleibt ein Teil des Vermögens des Erblassers und wird
somit im Todesfall Teil der Erbschaft. Es untersteht damit der Verfügungsmacht der Erben.
Die Rechte und Pflichten aus dem Bestattungsvorvertrag gehen zwar auf den Erben über,
der Erbe kann diesen Vertrag aber kündigen. Dieses Kündigungsrecht kann rechtlich auch
nicht ausgeschlossen werden.
Hat der Erblasser in dieser Richtung Bedenken, kann er rechtlich dennoch vorsorgen. Er
könnte beispielsweise den Bestatter mit der Wahrnehmung der Totenfürsorge beauftragen.
Der BGH hat eine entsprechende Regelung ausdrücklich für zulässig erachtet.
Der Erblasser könnte daher in einem Testament testieren wie folgt:
„Die
Totenfürsorge
übertrage
ich
auf
den
Inhaber
A
des
Bestattungsunternehmens „Ruhe in Frieden“. A soll die Bestattung
nach meinen Wünschen durchführen, die in einem gesonderten
Vertrag niedergelegt sind. Augsburg, den ….. „
Diese Regelung sollte unbedingt in das Testament mit aufgenommen werden, da der
Bestatter häufig vom Todeseintritt keine Kenntnis erlangt.
6.
Mittellosigkeit und Bestattungsverträge
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 59 -
Zahlreiche Deutsche leben knapp über oder unter dem Existenzminimum und verfügen über
kein nennenswertes Vermögen. Diesen Bürgern ist häufig daran gelegen, mit ihren
bescheidenen finanziellen Mitteln zumindest eine angemessene und würdige Bestattung zu
erhalten. Zu diesem Zwecke werden sodann zu Lebzeiten Bestattungsvorverträge
abgeschlossen oder Bestattungssparbücher angelegt. Es stellt sich die Frage, ob solche
Geldbeträge, die für die spätere Bestattung angelegt wurden, dem Zugriff des Sozialamtes
unterliegen oder nicht.
Auf den Umfang der Sozialhilfe wirkt sich der Abschluss solcher Geschäfte nicht aus, es sei
denn, sie wurden nur in der Absicht getätigt, die Voraussetzungen für die Gewährung oder
Erhöhung der Sozialhilfe herbei zu führen. Das Grundgesetz schützt in Artikel 2 Absatz 1 GG
das allgemeine Persönlichkeitsrecht, hierzu zählt auch das Recht, über die eigene
Bestattung zu bestimmen. Dieses Recht schließt die Dispositionsfreiheit ein, bereits zu
Lebzeiten in angemessenen Umfang für die Durchführung und Bezahlung der eigenen
Bestattung Sorge zu tragen. Gleiches gilt im Übrigen für unter Betreuung stehende
Personen. Von einem Betreuten kann nicht gefordert werden, dass er auf eine angemessene
Bestattungsvorsorge verzichtet, um im größtmöglichen Umfang sein Vermögen für die
Bestreitung zukünftiger Betreuerkosten anzusparen und sich für den Todesfall auf eine
eventuelle
Übernahme
der
Kosten
eines
sog.
Armenbegräbnisses
durch
den
Sozialhilfeträger gem. § 15 BSHG oder diesbezüglich Verwendung des zu Lebzeiten
belassenen Schönvermögens nach § 88 II Nr. 8 BSHG verweisen lässt.
Kapitel IX:
Testierfähigkeit von Mehrfachbehinderten
Mit
Wirkung
vom
01.08.2002
wurden
Bestimmungen
des
BGB
und
des
Beurkundungsgesetzes (BeurkG) geändert, die die Errichtung von Testamenten und
Erbverträgen für Mehrfachbehinderte ermöglicht haben. Die Gesetzesänderungen gehen auf
einen Gesetzgebungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Beschluss vom
19.01.1999 zurück.
Nach der früheren Rechtslage war es zahlreichen Gruppen von Mehrfachbehinderten
überhaupt nicht möglich, eine letztwillige Verfügung zu errichten. Hintergrund waren folgende
gesetzliche Regelungen: Ein Testament ist eigenhändig zu verfassen. Eine schreibunfähige
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 60 -
Person konnte daher ein Testament nur notariell errichten. Hierfür war erforderlich, dass der
Erblasser dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder ihm eine schriftliche
Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte. Das Zusammenspiel
dieser Vorschrift mit dem BeurkG führte dazu, dass eine stumme und schreibunfähige
Person kein Testament errichten konnte. Auch ein stummer Leseunkundiger, der die
Blindenschrift nicht beherrschte, konnte nicht testieren. Schließlich war es auch dem tauben
Analphabeten nicht möglich, ein Testament zu errichten.
Diese Rechtslage war schlicht ein Skandal. Alle politischen Parteien stellten seit Jahrzehnten
in ihren Parteiprogrammen die Gleichstellung der Behinderten mit den Nichtbehinderten als
eines ihrer vornehmsten Ziele heraus, ohne ihren hehren Bekundungen auch Taten folgen
zu lassen. Erst das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 19.01.1999
festgestellt, dass der generelle Ausschluss schreib- und sprechunfähiger Personen von der
Testiermöglichkeit gegen die Erbrechtsgarantie des Art. 14 I GG sowie gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot für Behinderte aus Art. 3 GG
verstoße.
Das
Bundesverfassungsgericht
hat
den
Gesetzgeber
aufgefordert,
verfassungsgemäße Zustände herzustellen. Erst nach über 3 ½ Jahren sind die geänderten
Bestimmungen für die Testamentserrichtung von Mehrfachbehinderten in Kraft getreten.
Ein nachvollziehbarer Grund für diese Saumseligkeit ist nicht erkennbar. In Fällen, in denen
sich das Parlament der Aufmerksamkeit der Medien bewusst ist (z. B. Flutkatastrophe 2002),
vermag der Bundestag Gesetze innerhalb weniger Tage zu verabschieden.
Neuregelung seit 01.08.2002
Für den Mehrfachbehinderten kommt nach wie vor nur die Einrichtungsform des öffentlichen
Testaments, also die Errichtung gegenüber dem Notar, in Betracht. Der Mehrfachbehinderte
muss nicht mehr mündlich gegenüber dem Notar seinen letzten Willen erklären. Es ist
nunmehr jede Art einer Erklärung gegenüber dem Notar zugelassen, somit schriftliche als
auch
nonverbale
Handtastensprache
Kommunikation.
oder
durch
Eine
Zeichen
Erklärung
möglich.
ist
Nach
durch
den
Gebärden-
und
Ausführungen
des
Bundesjustizministeriums kann auch die Verständigung über das Augenlid (Wimpernschlag)
ausreichen, wenn Irrtümer und Missverständnisse ausgeschlossen sind.
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 61 -
Auch das Verfahren bei der Übergabe einer Schrift des sprechbehinderten Erblassers wurde
komplett geändert. Es ist nicht mehr erforderlich, dass der Erblasser die Erklärung, dass die
übergebene Schrift seinen letzten Willen enthalte, eigenhändig niederschreibt. Auch diese
Erklärung ist nunmehr mündlich, schriftlich oder nonverbal bis hin zum Wimpernschlag
möglich.
Damit hat der Gesetzgeber allen geschäftsfähigen Mehrfachbehinderten die Möglichkeit
eröffnet, ein Testament zu errichten.
Den Mehrfachbehinderten steht mit den Änderungen im BeurkG im Übrigen auch die
notarielle Errichtung einer Patientenverfügung offen. Die Gesetzesänderungen haben daher
auch unmittelbare Auswirkungen auf die notarielle Errichtung einer Patientenverfügung.
Seh-, Sprech-, Hör- und Schreibbehinderte, die eine Patientenverfügung errichten wollen,
sollten sich im Zweifelsfalle an einen Notar wenden, um eine Patientenverfügung zu
errichten.
Kapitel X:
Die Lebensversicherung im Erbrecht
Die Lebensversicherung stellt trotz ständiger Eingriffe des Gesetzgebers neben der
gesetzlichen Rente immer noch die wichtigste private Altersvorsorge der Deutschen dar. Die
Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sind grundsätzlich dem Versicherungsnehmer
zugeordnet. Stirbt der Versicherungsnehmer, steht die Versicherungssumme den Erben zu
und bildet einen Teil des Nachlasses. Anderes gilt nur dann, wenn der Versicherungsnehmer
einen Bezugsberechtigten benannt hat. In diesem Fall ist die Versicherungssumme nicht
Bestand des Nachlasses, sondern steht unmittelbar dem Bezugsberechtigten zu.
Hat der Versicherungsnehmer und Erblasser als Bezugsberechtigten lediglich „meine Erben“
benannt, ist § 167 II VVG zu beachten. Bei der Kapitalversicherung ist in diesem Falle im
Zweifel anzunehmen, dass die Erben den Anspruch auf die Versicherungssumme nicht
aufgrund des Erbrechtes, sondern als Bezugsberechtigte erwerben. Es sind diejenigen
bezugsberechtigt, die im Falle des Todes zu Erben berufen sind. Dies gilt selbst dann, wenn
die Erbschaft ausgeschlagen wird. Es sollte also immer besonders sorgfältig geprüft werden,
© RA. Dr. Oliver Kautz
- 62 -
ob sich die Erben nicht auf die Versicherungssumme beschränken sollten und die Erbschaft
letztlich ausschlagen.
Zu berücksichtigen ist insbesondere auch, dass die Versicherungssumme bei der
Berechnung eines Pflichtteils keine Berücksichtigung findet.
Beispiel:
Der verwitwete Erblasser Anton hat seine Tochter Berta zur
Alleinerbin bestimmt und seinen Sohn Cäsar enterbt. Er hat weiterhin
eine Lebensversicherung für seine Freundin Dora abgeschlossen.
Berta ist Alleinerbin, Cäsar kann lediglich seinen Pflichtteilsanspruch
in Höhe von ¼ des Nachlasses geltend machen, wobei die
Versicherungssumme bei der Berechnung des Pflichtteils nicht
berücksichtigt wird. Tochter Berta hat im Übrigen keine Ansprüche
gegenüber der Freundin Dora hinsichtlich der Versicherungssumme.
Die Lebensversicherung bietet dem Erblasser zahlreiche Möglichkeiten, durch den Todesfall
hervorgerufene wirtschaftliche Probleme sinnvoll zu lösen. Der Erblasser kann einerseits an
der Erbengemeinschaft vorbei Dritten Vermögensvorteile zukommen lassen, also etwa einer
Geliebten/einem
Geliebten.
Lebensversicherung
die
Darüber
Liquidität
hinaus
der
kann
Erben
der
sichern,
sinnvolle
die
etwa
Einsatz
einer
durch
hohe
Erbschaftssteuern, geltend gemachte Pflichtteile oder durch die notwendige Auszahlung
anderer Erben gefährdet ist. Schließlich bietet die Lebensversicherung auch zahlreiche
steuerliche Möglichkeiten, die der potentielle Erblasser unbedingt mit seinem Berater
ventilieren sollte.
Zu den steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten wird auf den Überblick zum Erbschafts- und
Schenkungssteuerrecht verwiesen.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass erbrechtliche Korrekturvorschriften eingreifen
können, wenn zuviel Vermögen des Nachlasses über eine Lebensversicherung den Erben
entzogen wird.
© RA. Dr. Oliver Kautz

Documents pareils