Der gute Mensch von Fuqing - Valartis Bank Liechtenstein

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Der gute Mensch von Fuqing - Valartis Bank Liechtenstein
4 | Unternehmen & Politik
handelszeitung | Nr. 14 | 7. April 2016
citychamp
Selfmade-Millionär Hon
Kwok Lung mit Johann
Schneider-Ammann:
Weitere Akquisitionen in
der Schweiz geplant.
Der gute Mensch von Fuqing
Hon Kwok Lung Der Chinese kauft eine Bank der illiquiden Valartis und positioniert sie neu als Luxusmarke.
D
sven Millischer und Michael Heim
ie Chemie stimmt. Zwei Mal
hat Andreas Insam, Chef
und Minderheitsaktionär
der Valartis Bank Liechtenstein, den schwerreichen
­Sino-Entrepreneur Hon Kwok Long getroffen. Und beide Male haben sich die
Männer auf Anhieb verstanden. «Ein guter
Menschenkenner, der zu begeistern vermag», sagt Insam über den 61-jährigen
Selfmade-Millionär. Bei den zwei Begegnungen dürfte es nicht bleiben. Der Chinese Hon übernimmt nämlich die Mehrheit an der Liechtensteiner Bankboutique.
Verkäuferin ist die illiquide Schweizer
­Valartis-Gruppe (siehe Mittelspalte).
Der freundliche Takeover aus Fernost
gibt im Ländle zu reden. Mister Hons Citychamp-Firmengruppe hat bislang nämlich nur wenige Berührungspunkte mit
dem Banking (siehe Box), geschweige
denn mit der internationalen Vermögensverwaltung. In der Schweiz machte der
800 Millionen Dollar schwere Immobilientycoon Hon vielmehr mit mehreren
­Luxusgüter-Investments von sich reden.
Vor gut drei Jahren übernahm er die in L
­a
Chaux-de-Fonds ansässige Uhrenfirma
Corum für umgerechnet 86 Millionen
Franken. Doch dürfte der umtriebige Chinese bislang keine Freude an der Neuenburger Traditionsmarke haben. Der Umsatz sank 2015 um 15 Prozent. Corum
schreibt rote Zahlen.
Aus Valartis Liechtenstein wird Corum
Nun aber steht eine Zeitenwende an,
welche Hons Übersee-Investments neuen
Schub verleihen soll. Das Zauberwort
­lautet «Cross-Selling». «Wir heissen bald
nicht mehr Valartis, sondern Corum Bank»,
verrät Chef Andreas Insam. Schliesslich
spreche man dieselbe vermögende Klientel
an wie die Luxus-Zeitmesser aus La Chauxde-Fonds. Die Zusage für den Gebrauch
der Marke erhielt der gebürtige Tiroler
kürzlich von Corum-Chef Davide Traxler
höchstpersönlich.
Kommende Woche reist ein Markenspezialist aus der Romandie nach Liechtenstein, um der Bank ein typähnliches
Corum-Logo zu verpassen. Geplant sind
bereits erste gemeinsame Marketingak­
tivitäten. So sollen beim Poloturnier im
Tiroler Nobelort Kitzbühel Teams von
­
­Corum und Corum Bank gegeneinander
antreten. Dies unter den aufmerksamen
Blicken geladener Gäste und betuchter
Kunden der beiden Citychamp-Firmen.
Mit dem Verkauf geht für Andreas Insam
und seine Liechtensteiner Bank eine
77,7
Mio. Franken
Verkauf Die Valartis-Gruppe
verkauft ihre 70 Prozent an der
liechtensteinischen Banktochter der Citychamp Watch &
­Jewellery Group für rund
77,7 Millionen Franken. Die
­Chinesen bezahlen das Eigenkapital sowie 1,25 Prozent der
verwalteten Vermögen.
Liquidierung Der Verkauf in
Liechtenstein ist der Endpunkt
hinter der Geschichte von Va­
lartis als Bank. Zuvor verkaufte
die Gruppe ihre Bank-Tochter in
Österreich an ein lokales Institut sowie ihre Schweizer Bank
an die Genfer Norinvest, an der
sie nun eine Beteiligung hält.
Abflüsse Valartis Liechtenstein
(Bild) flossen 2015 netto 390
Millionen Franken ab. Zuletzt
verwaltete sie 3,5 Milliarden –
mehr als die Hälfte der Gelder
der Valartis-Gruppe, die im
Halbjahr 2015 bei 5,8 Milliarden
lagen. In den Vorjahren war
Liechtenstein stark gewachsen.
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schwierige Zeit zu Ende. Zuletzt hatte das
Institut die Finanzmarktaufsicht im Nacken
und kämpfte mit den Eigenkapitalvorschriften. Während sechs Wochen unterschritt sie gar ihr vorgeschriebenes Mindestkapital, wie Insam erklärt. Deswegen
erwartet er nun eine Busse der Liechtensteiner Aufsicht.
Neue Vorschrift löst Existenzkrise aus
Die Schweizer Banken-Mutter Valartis
Group hatte bei ihren zwei Töchtern
­Kredit aufgenommen – und das nicht zu
knapp: Von ihrer Bank in Österreich borgte
sie sich rund 60 Millionen Franken, von
den Liechtensteinern 40 Millionen – obwohl zuletzt bereits absehbar war, dass
diese Kredite die Banken in Schwierigkeiten bringen könnten. Denn im letzten Jahr
trat eine Bestimmung in Kraft, wonach
konzerninterne Darlehen unter Umständen vom regulatorischen Eigenkapital der
Banken abgezogen werden müssen.
Für Valartis Liechtenstein war der neue
Passus existenziell: Bei rund 60 Millionen
Franken Eigenkapital halbierte sich dieses
wegen der neuen Regel praktisch über
Nacht. Es drohte Underdeckung. Doch im
Ländle hatte man vorgesorgt. Der Kreditvertrag enthielt eine Klausel, wonach
die Gruppe das Darlehen zurückzahlen
­musste, wenn es nicht mehr angerechnet
­werden konnte. Das geschah im Sommer.
«Wir stellten den Kredit fällig», sagt Bankchef Insam. «Und schickten damit unsere
eigene Mutter in die Nachlassstundung.»
Die Konstellation war heikel. Die Vertreter der Schweizer Mutter sassen noch
immer als Mehrheit im Verwaltungsrat.
«Ich ging also gegen meine eigenen Vorgesetzten vor», sagt Insam. Gerettet hat ihn
schliesslich die Bankenaufsicht. Dies, indem sie dem Institut jegliche Ausschüttungen untersagte und die Verwaltungsräte
der Schweizer Mutter durch Beistände
­ersetzte. Von da an war die Sache für die
Schweizer faktisch gelaufen.
Dann – im Spätherbst – konnte Insam
aufatmen. Die Mutter Valartis kündigte
an, ihre ausländischen Banken zu verkaufen, nachdem sie bereits die Schweizer
Tochter an die Banque Cramer abgestos­
sen hatte. Die Liechtensteiner kamen mit
einem blauen Auge davon. «Wir verloren
nur einen Kundenberater und kaum Kunden», sagt Liechtenstein-Chef Insam.
Wachstum dank den Chinesen
Nun setzt der Bankdirektor wieder auf
Wachstum, vor allem aus Fernost. Bislang
machen asiatische Vermögen nur etwa
5 Prozent aller verwalteten Gelder aus.
«Unser Mandarin-Desk soll bis in zehn
Jahren von heute 3 auf 10 bis 15 Berater
anwachsen», sagt Insam. Dabei ist die
Umfirmierung zu Corum ein Treiber.
Noch wichtiger ist aber der neue Mehrheitseigner: «Ich erwarte viel vom Beziehungsnetz des Herrn Hon.»
Der chinesische Multimillionär strickt
derweil am hiesigen Firmengeflecht. So
hat der Immobilienkonzern Citychamp
Dartong jüngst in der Romandie den Wellness-Tempel «Le Mirador» für 45 Millionen
Franken gekauft. Dabei soll es nicht bleiben. «Wir werden weitere Akquisitionen
in der Schweiz tätigen, sowohl mit Watch
& Jewellery als auch mit Dartong», sagt
Andy Liu, der die rechte Hand von Präsident Hon ist und dessen Übersee-Investments führt. Man wolle das Portfolio weiter diversifizieren, betont der CitychampManager. Zugleich sieht Liu Synergien,
weil die akquirierten Firmen auf eine «vermögende Kundschaft» abzielen würden.
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Kommentar Seite 22
Citychamp-KOnzerne
Mister Hons
Gemischtwaren
Citychamp Dartong Der in SüdostChina beheimatete Mischkonzern
mit rund 1200 Mitarbeitern wurde
1956 gegründet und produzierte
­zunächst elektrische Kabel. Ende der
1990er-Jahre erfolgte der Börsengang in Schanghai. Über die Zeit hat
sich Dartong mit Akquisitionen zum
Immobilienkonzern diversifiziert, der
2015 rund 1 Milliarde Franken
­Umsatz machte und einen Rein­
gewinn von 31 Millionen Franken
­erwirtschaftete. Vor zwei Jahren
­beteiligte sich Datong mit rund 250
Millionen Franken an der Fudian
Bank. Die Familie Hon hält 38
­Prozent an Dartong.
Citychamp Watch & Jewellery Der
Luxusgüter-Konzern ist an der
Hongkonger Börse kotiert und
machte 2015 einen Umsatz von 430
Millionen Franken und erzielte 27
Millionen Franken Gewinn. Die
­Gruppe umfasst Schweizer Uhrenmarken wie Eterna, Corum, Rotary –
aber auch chinesische Brands wie
EBOHR oder Rossini. Die Familie
Hon hält 71 Prozent am Konzern.

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