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DRK-Generalsekretariat
Team Altenhilfe und Gesundheitsförderung
www.DRK.de
Hausnotruf - Info:
0180 365 0180
Hausnotruf Themen 2007
Drei Farben Grau
Demografie, Technologie, Altern
9 Cent pro Minute aus dem Festnetz
Dezember 2007
Herausgeber:
Deutsches Rotes Kreuz
Carstennstraße 58
12205 Berlin
Redaktion:
Petra Weingärtner
Autor:
Drei Farben Grau
Generalsekretariat
Jörg Marx
pressebüro berlin brandenburg
Tel.: 0176 / 21229227
satzI gestaltungI produktion: vatter + vatter, ideen für menschen in märkten, bottrop
Hausnotruf Themen 2007
[email protected]
FaktenI ArgumenteI Praxisbeispiele für die Facharbeit
Hausnotruf Themen 2007
Drei Farben Grau
Demografie, Technologie, Altern
Fakten
Argumente
Praxisbeispiele
für die Facharbeit
Dezember 2007
Herausgeber:
Deutsches Rotes Kreuz
Generalsekretariat
Carstennstraße 58
12205 Berlin
Redaktion:
Petra Weingärtner
Autor:
Jörg Marx
pressebüro berlin brandenburg
Tel.: 0176 / 21229227
[email protected]
Geleitwort
Altenhilfe ist keine Theorie, sondern gelebte Praxis. Wo alte Menschen leben,
In welchem Umfang bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Arbeit
wird Altenhilfe konkret und erlebbar. „Die Gesellschaft des langen Lebens annehmen und
familiäre Versorgungslücken schließen können, hängt nicht zuletzt von einem veränderten
vor Ort gestalten“, heißt ein Positionspapier des Deutschen Vereins für öffentliche und
Verständnis professioneller Hilfe ab. Für die Zukunft wird es wichtig sein, professionelles
private Fürsorge. Deutlicher kann das Anliegen des Deutschen Roten Kreuzes zur Alten-
Handeln stärker am Assistenzgedanken zu orientieren. Ehrenamtliche Helfer brauchen
hilfe kaum zusammengefasst werden. Doch zeigt die Diskussion um dieses Papier, dass
fachlich qualifizierte Beratung und Begleitung, was auch für die Altenhilfe als solche gilt.
wir uns das scheinbar so Selbstverständliche immer wieder vergegenwärtigen müssen:
Denn selbstbestimmtes Leben im Alter heißt zuallererst Förderung und Unterstützung
Altenhilfe heißt Hilfe von Menschen für Menschen.
der eigenen Ressourcen.
Die gesellschaftliche Diskussion um das Alter verlagert die Altenhilfe auf eine
Mit dem ersten Heft der „DRK-Hausnotruf Themen“ zu Demografie, Technologie
immer abstraktere Ebene. Die Diskussionen um die Pflegeversicherung sind nur ein
und Alter startet das Deutsche Rote Kreuz eine regelmäßig erscheinende Publikationsreihe.
Beispiel: Standardisierte Leistungen für standardisierte Lebenssituationen können der
Die Reihe soll den DRK-Mitarbeitern einerseits aktuelle Informationen an die Hand geben
Vielfältigkeit des gelebten Alters kaum gerecht werden. Das überkommene Bild des
– auch „über den eigenen Tellerrand hinaus“. Andererseits wollen die „DRK-Hausnotruf
Alters als dem großen Gleichmacher ist inzwischen einer differenzierten Betrachtung des
Themen“ die lebendige Diskussion in den eigenen Reihen fördern – auch durch „Querge-
Alters gewichen. Unter dem Stichwort „Flexibilisierung“ weicht die aktuelle Pflegereform
dachtes“ und andere Positionen als die des Deutschen Roten Kreuzes.
nun auch von der „genormten Pflegebedürftigkeit“ ab und bietet erste Ansätze, die
tatsächliche Lebenssituation alter Menschen zu erfassen.
Die Altenhilfe ist ein zentraler Teil der sozialen Arbeit im Deutschen Roten Kreuz.
Sie zu stärken und weiter zu entwickeln ist uns ein wichtiges Anliegen. Als lebendiges
Familiäre Biografien verlaufen unterschiedlich. Deshalb sind die Chancen auf
familiäre Unterstützung im Alter sehr ungleich verteilt. Vielfältig sind auch die gesellschaft-
Medium sollen die „DRK-Hausnotruf Themen“ dazu ein Baustein sein. Wir sind gespannt
auf Ihre Meinung.
lichen Einflussfaktoren. Mit der demografischen Entwicklung verändern sie sich in kaum
vorhersehbarer Weise. Auch wenn statistische Modellrechnungen recht genaue Aussagen über die Veränderung der Altersstruktur erlauben, bleibt die Zukunft doch offen.
Für das Deutsche Rote Kreuz zeichnen sich aber deutliche Tendenzen ab.
So wird der Unterstützungsbedarf alter Menschen in unserer Gesellschaft steigen. Die
Formen der Unterstützung alter Menschen werden sich verändern. Und zusätzliche
Leistungserbringer müssen für die Zukunft gewonnen werden. In der Frage, ob die
ambulanten Versorgungsstrukturen zu Lasten der stationären ausgebaut werden sollten,
Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg
vertritt das Deutsche Rote Kreuz die Ansicht, dass auch der stationäre Hilfebedarf
Vizepräsidentin des DRK
steigen wird. Zwar werden die meisten alten Menschen heute von Familienangehörigen
Berlin, im November 2007
versorgt, doch sind deren Möglichkeiten der Unterstützung zunehmend begrenzt.
Die steigende berufliche Mobilität ist hier nur ein Stichwort.
4 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Geleitwort 5
Editorial
Das erste Heft der „DRK-Hausnotruf Themen“ beschäftigt sich mit
dem demografischen Wandel und seinen Folgen für das Alter, die Altenhilfe
und damit auch für den Hausnotruf. Die Herausforderung durch die demografische Entwicklung war bereits Schwerpunkt des Berliner DRK-Bundeskongresses „Perspektiven im Alter. Hausnotruf und vernetzte Angebote für
Senioren“ im vergangenen Jahr. Hier wurde die Idee der „DRK-Hausnotruf
Themen“ geboren. Die „DRK-Hausnotruf Themen“ schließen an den Bundeskongress an und wollen die Facharbeit fortführen.
Das Deutsche Rote Kreuz hat seit längerem die Bedeutung des
demografischen Wandels erkannt und seine Einrichtungen und Dienste entsprechend vorbereitet. Auf einer Tagung im Oktober 2005 machte das Deutsche Rote Kreuz „Chancen und Risiken der demografischen Veränderung in
Deutschland für die Wohlfahrtspflege“ zum Thema. Es gilt, den demografischen Wandel als Grundlage zukünftigen Handelns anzusehen. Den negativen Folgen demografischer Veränderungen müssen positive Aspekte gegenübergestellt werden.
Mit der Ausstrahlung des ZDF-Dreiteilers „Aufstand der Alten" im
Januar 2007 gelangte die Debatte um demografische Veränderungen
des Alters in die Schlagzeilen. DRK-Generalsekretär Clemens Graf von
Waldburg-Zeil warnte davor, den demografischen Wandel zu dämonisieren:
„Die Bürger werden durch Horrorszenarien nur verunsichert. Die Veränderungen lassen sich nicht umkehren. Wir können uns aber alle gemeinsam darauf einstellen und darauf in unserem zukünftigen Handeln aufbauen.
Das Rote Kreuz appelliert an alle Akteure, ob in der Politik, bei den Kostenträgern oder bei den Verbänden, sich den Problemen des demografischen
Wandels jetzt zu stellen und mit uns gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
6 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Editorial 7
Editorial
Das DRK beobachtet schon jetzt, wie sich ganze Landstriche entvölkern. Zurück bleiben in einigen Regionen Deutschlands zunehmend schlechter versorgte alte Menschen und schlecht ausgebildete junge Menschen
ohne Chancen auf dem Arbeitmarkt. In diesen Regionen sind die ärztliche
Versorgung sowie Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten häufig unzureichend. Diesen negativen Entwicklungen gilt es, positive Konzepte entgegen zu setzen. Das Rote Kreuz weist darauf hin, dass jetzt damit begonnen
werden muss, das Angebot an stationären und ambulanten Einrichtungen
und Diensten im Bereich Gesundheit und Pflege, Hausnotruf und Fahrdiensten dem konkreten Bedarf in strukturschwachen Regionen anzupassen.“
Als Schnittstelle zwischen Alter und Technik kommt dem Hausnotruf
dabei eine tragende Rolle zu. Der demografische Wandel geht einher mit
einer rasanten technologischen Entwicklung, die längst auch den Hausnotruf
erfasst hat. Besser gesagt: Der Hausnotruf ist Teil dieser Entwicklung. Die
„DRK-Hausnotruf Themen“ wollen diese Entwicklung begleiten und die Informationsbasis und Kommunikation vor Ort stärken.
Ab 2008 erscheinen die „DRK-Hausnotruf Themen“ halbjährlich,
jeweils mit einem Schwerpunktthema, mit Nachrichten, Fakten und Beispielen für die Praxis. Nun sind aber zunächst Ihre Meinungen, Vorschläge und
Ihre Kritik gefragt – damit die „DRK-Hausnotruf Themen“ zu einer wichtigen
Informationsplattform für alle Verbände wachsen können.
Petra Weingärtner
8 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Berlin, im November 2007
Editorial 9
Inhalt
Hurra, wir leben länger
S. 15
Lebensverlängernde Maßnahmen - S. 15 / Quicklebendig - S. 16 / Pflegeheim Deutschland? - S. 17 / Preiswert gesund im Alter - S. 18 / Forever
Young - S. 19 / Leben verdienen - S. 21 / Frauen leben nicht länger, sie
sterben nur später - S. 22 / Das kurze Leben der Mecklenburger - S. 23 /
Steinalt in Tübingen - S. 24 / Maßstabsgetreues Älterwerden - S. 25 /
Mehr Gesellschaft wagen - S. 26 / Tabubruch Bevölkerungspolitik S. 27 / Demografische Fieberkurve - S. 28 / Bevölkerungswettbewerb S. 29 / Altern wie Gott in Frankreich - S. 31 / Metamorphosis - S. 32 /
[Info-Box] - S. 34
Altern global
S. 39
Über den demografischen Tellerrand - S. 39 / Afrikas graue Revolution S. 40 / Asien zwischen Tradition und Moderne - S. 41 / Im Pflegeparadies
- S. 42 / Weltaltenpläne - S. 43 / [Info-Box] - S. 45
Glanzbilder des Alters
S. 47
Und dann geht man von alleine - S. 47 / Konflikte, die es nicht gibt - S. 48 /
Der ganz normale Generationenstress - S. 50 / Die Alten von heute über
die Alten von gestern - S. 51 / Der Dornröschenschlaf der Senioren S. 52 / Die Wahrheit von Professor Osler - S. 53 / Vitalisierung des Alters S. 54 / Freiheit von der Unruhe - S. 55 / Ist Altern natürlich? - S. 56 / Neue
Unübersichtlichkeit des Alters - S. 57 / Selber schuld - S. 58 / Revolte der
Gebrechlichen - S. 60 / Auf Leben und Tod - S. 61 / [Info-Box] - S. 63
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Hausnotruf Themen 2007
Inhalt 11
Inhalt
Technik als Chance
für die Zukunft des Alterns
S. 67
Digitales Altern - S. 67 / Das Märchen von den technikfeindlichen Senioren
- S. 68 / Alternsökonomie - S. 70 / Experten des eigenen Lebens bleiben S. 71 / Zuhause in den intelligenten vier Wänden - S. 72 / Techno-Schwestern - S. 73 / Lebensabend auf Japanisch - S. 74 / Roboter gegen Einsamkeit - S. 75 / [Info-Box] - S. 77
Hausnotruf 2.0
S. 79
Vorbild Web 2.0 - S. 79 / Benutzerfreundliche Zukunft - S. 80 / Vom Aussterben nicht bedroht – Neue Hausnotruf-Studie - S. 81 / Die Rentenbremse - S. 82 / Träumen von der Generation Gold - S. 84 / Baustellen für
Netzwerke - S. 85 / Soziale Innovation Hausnotruf - S. 86 / Mit einem Bein
in der Zukunft - S. 87 / Mobilmachung - S. 88 / Nischenproduktion - S. 89 /
Der Markt ist reif - S. 90 / Der Ruf der Straße - S. 91 / Intelligenztraining für
den Hausnotruf – Die Zukunft ist längst da - S. 92 / [Info-Box] - S. 94
Aktuelle Nachrichten
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Hausnotruf Themen 2007
S. 97
Inhalt 13
Hurra, wir leben länger
In den 1870-er Jahren lag die
insbesondere
durch
Fortschritte
der
durchschnittliche Lebenserwartung eines
Hygiene, Ernährung und Wohnsituation.
neugeborenen Jungen in Deutschland bei
Starben 1871 ein Viertel aller Neugebore-
35,6 Jahren. Bei Mädchen waren es 38,4
nen im ersten Lebensjahr, so waren es
Jahre.
1950 noch sechs Prozent. Heute sind es
Von
1.000
Lebendgeborenen
erreichten lediglich 248 Männer bzw. 297
knapp 0,4 Prozent.
Frauen das 65. Lebensjahr. Die so
genannte
„fernere
Lebenserwartung“
Seit 70 Jahren steigt auch die fer-
betrug für einen 65-jährigen Mann dann
nere Lebenserwartung älterer Menschen
noch durchschnittlich 9,6 Jahre, für eine
linear an. Die durchschnittliche Lebenser-
65-jährige Frau zehn Jahre.
wartung bei der Geburt ist für Männer seit
1950 jedes Jahr um 83 Tage, für Frauen
durchschnittliche
um 98 Tage gestiegen. Die fernere
Lebenserwartung für einen neugeborenen
Die
heutige
Lebenserwartung nach dem 65. Lebens-
Jungen liegt nach Angaben des Statisti-
jahr hat sich für Männer jedes Jahr um 23
schen Bundesamts bei 76,6 Jahren, für
Tage, für Frauen um 37 Tage erhöht.
Mädchen bei 82,1 Jahren. Von 1.000 im
Jahr 2005 Geborenen werden 825 Jungen
bzw. 907 Mädchen das 65. Lebensjahr
erreichen und dann noch mit durchschnittlich weiteren 16,5 bzw. 19,9 Jahren rechnen können
Lebensverlängernde
Maßnahmen
Diese Entwicklung ging einher mit
einer fundamentalen Verschiebung der
14 Drei Farben Grau
Der rasche Anstieg der durch-
Todesursachen, bedingt durch medizini-
schnittlichen Lebenserwartung bis zur
sche Fortschritte und bessere Arbeitsbe-
Mitte des 20. Jahrhunderts – bei Männern
dingungen. Heute dominieren vor allem
um 29, bei Frauen um 30 Jahre – ist in ers-
nicht ansteckende und degenerative
ter Linie auf den Rückgang der Säuglings-
Krankheiten, die erst verstärkt in höherem
und Kindersterblichkeit zurückzuführen,
Alter auftreten. 2005 waren 45 Prozent
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 15
aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkran-
Nach der aktuellen Pflegestatistik
nisationen der Versicherungswirtschaft mit
kungen, 26 Prozent auf Krebserkrankun-
des Statistischen Bundesamts steigt die
„wissenschaftlichen“ Gefälligkeitsgutach-
gen
an
Pflegebedürftigkeit zwar mit dem Alter an –
ten zu verbreiten. Aktuelles Beispiel: Die
infektiösen und parasitären Erkrankungen
von knapp fünf Prozent bei den 70- bis 75-
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
sind hingegen in den letzten 50 Jahren von
Jährigen auf zwanzig Prozent bei den 80-
(INSM), eine Lobbyorganisation der Arbeit-
5,7 auf 1,4 Prozent zurückgegangen.
bis 85-Jährigen und 60 Prozent bei den 90-
geber Metall, stellte im Mai ein Gutachten
bis 95-Jährigen. Vergleicht man jedoch die
über „Die Situation der Pflege bis zum Jahr
2050“ vor.
zurückzuführen.
Sterbefälle
Die Entwicklung der Lebenserwar-
Gesamtzahl der Pflegebedürftigen aus dem
tung ist bis 1977 in beiden Teilen Deutsch-
Jahr 2005 (2.128.550) mit der des Jahres
lands ähnlich verlaufen. Dann verlangsam-
1999 (2.016.091), ergibt sich ein Anstieg
Autor des Gutachtens ist Reinhold
te sich die Entwicklung in der DDR. 1991
der Pflegebedürftigkeit von nur fünf Prozent.
Schnabel von der Universität Duisburg-
Die Zahl der über 65-Jährigen ist im glei-
Essen, der auch für das Deutsche Institut
tung bei Geburt in den neuen Ländern für
das für nur logisch: „Die Menschen leben
chen Zeitraum aber um 18 Prozent gestie-
für Altersvorsorge (DIA) tätig ist, eine Toch-
Jungen um 3,2 Jahre, für Mädchen um 2,
ja länger, weil sie gesünder sind.“
gen, von 13.350.000 auf 15.870.000.
ter der Deutschen Bank Gruppe. Max A.
war die durchschnittliche Lebenserwar-
Höfer, Geschäftsführer der INSM, sagte:
3 Jahre geringer als im alten Bundesgebiet. Der Unterschied hat sich inzwischen
Professorin Adelheid Kuhlmey von
auf 1,4 bzw. 0,4 Jahre reduziert und wird
der Charité Berlin stellt fest: „Insgesamt
bald aufgeholt sein.
hat es in den vergangenen 30 Jahren eine
„Private Haushalte müssen rechtzeitig wis-
Pflegeheim
Deutschland?
Verbesserung der Gesundheit von etwa
sen, was sie von der gesetzlichen Pflegeversicherung erwarten können, um im Alter
abgesichert zu sein und ihr Vorsorgever-
Die kontinuierlich steigende fernere
fünf Lebensjahren gegeben, so dass man
Der „Erste Bericht des Bundesmi-
Lebenserwartung älterer Menschen zeigt
es auch so formulieren kann: Der heute
nisteriums für Familie, Senioren, Frauen
sich besonders deutlich an der Zahl der
70-Jährige ist so fit wie ein 65-Jähriger vor
und Jugend über die Situation der Heime
Die Zahlen des Gutachtens sollen
Hochbetagten. 2004 haben über 10.000
30 Jahren.“
und die Betreuung der Bewohnerinnen und
belegen, dass von der gesetzlichen Pfle-
Bewohner“ vom August 2006 geht von
geversicherung nicht viel zu erwarten ist.
Drei Viertel der verbleibenden
„einem starken quantitativen Anstieg der
Deshalb unterstellt Schnabel zum Beispiel
Lebensjahre nach dem 65. Lebensjahr
Pflegebedürftigkeit“ aus. Auch die Ergeb-
einfach, dass künftig immer weniger Men-
werden in Deutschland heute ohne größe-
nisse des EU-Projektes FELICIE („Future
schen ihre Angehörigen zu Hause pflegen
re Behinderungen und Einschränkungen
Elderly LIving Conditions In Europe“) zei-
werden und rechnet hoch: „Das bedeutet
verbracht, so eine Erhebung von Infratest
gen, dass die verbesserte, verlängerte
wachsende finanzielle Lasten für den Fak-
Menschen ihren hundertsten oder noch
höheren Geburtstag gefeiert. Das sind 45mal mehr als im Jahr 1960.
Quicklebendig
halten rechtzeitig darauf einzurichten.“
aus dem Jahr 2003. Im vergangenen Jahr
Gesundheit einem Anstieg der Pflegebe-
tor Arbeit: Kamen im Jahr 2005 auf 100
Es gibt eine zweite gute Nachricht.
zeigte eine Studie des britischen Interna-
dürftigkeit nicht entgegenwirken kann –
Erwerbsfähige im Alter von 20 bis 64 Jah-
Nicht nur die Chance auf ein langes Leben
tional Longevity Center UK (ILC), dass der
aber eben nicht proportional zu den dazu
ren vier Pflegefälle, werden es in 2020
steigt. Auch die Zahl der gesunden Jahre
Prozentsatz kranker und pflegebedürftiger
gewonnenen Lebensjahren.
bereits 5,8 sein und 2050 sogar 12.“ Die
im Alter nimmt zu. James Vaupel, Direktor
Menschen in der älteren Bevölkerung in
des Max-Planck-Instituts für demografi-
der EU derzeit sinkt.
sche Forschung (MPIDF) in Rostock, hält
16 Drei Farben Grau
Beiträge zur Pflegeversicherung müssten
Diesen Eindruck versuchen jedoch
deshalb auf bis zu 5,5 Prozent steigen,
zahlreiche öffentlichkeitsstarke Lobbyorga-
was aber kein Ausweg sein könne. „Denn
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Hurra, wir leben länger 17
steigende Beiträge erhöhen die Lohnnebenkosten und verschärfen über eine
Preiswert gesund
im Alter
wachsende Arbeitslosigkeit das Finanz-
Rechnet man also die „Gesund-
schließlich medizinisch optimal versorgt
heitsausgaben im Todesfall“ aus der Sta-
werden. Die Wünsche der Patienten und
tistik
klinische
des
Bundesversicherungsamts
Die Angst, dass die Aussicht auf
heraus, bleibt tatsächlich nur noch ein
ein langes Leben uns teuer zu stehen
moderater Anstieg der „Gesundheitsaus-
problem.“
Entscheidungen
bekommen
mehr Gewicht.
In Wirklichkeit zeigen Prognosen
kommt, belastet auch die Diskussion um
gaben im Erlebensfall“ übrig: Die Gesund-
des Rostocker Zentrums zur Erforschung
die Gesundheitsausgaben. Die so genann-
heit eines 85-Jährigen kostet dann nicht
des Demografischen Wandels aber, dass
te „Medikalisierungsthese“ klingt zunächst
150 Prozent mehr, sondern lediglich 25
der Anteil der Pflegebedürftigen, die Fami-
plausibel: Danach steigen die Gesund-
Prozent mehr als bei einem 60-Jährigen.
Würden alle medizinischen Mög-
lienmitglieder haben, ansteigt. Im Jahr
heitskosten mit zunehmendem Alter.
Dafür sinken mit zunehmendem Alter die
lichkeiten bis zuletzt ausgereizt, würde die
Gesundheitsausgaben im Todesfall, und
durchschnittliche
2030 werden 28 Prozent der pflegebedürf-
Forever young
Lebenserwartung
in
tigen Frauen sowohl einen Partner als
Tatsächlich zeigt die Statistik des
zwar rapide – im Jahr 2002 von 45.000
Deutschland wahrscheinlich heute schon
auch Kinder haben. Heute sind es nur 13
Bundesversicherungsamts einen mit dem
Euro für einen 60-Jährigen auf 14.000
höher liegen. Möglichkeiten der Präventi-
Prozent.
Alter einhergehenden Anstieg der jährli-
Euro für einen 85-Jährigen.
on, Diagnostik und Therapie wachsen
rasant. Und sie werden unterschätzt,
chen Ausgaben der gesetzlichen Kran-
meint MPI-Direktor Vaupel.
kenversicherung. Danach kostete im Jahr
Warum Alter die Gesundheitskos-
2002 die Gesundheit eines 45- bis 64-
ten nicht in die Höhe treibt, das zeigt auch
Jährigen durchschnittlich 2.100 Euro, die
eine Studie von Hilke Brockmann auf. Die
„Vor vierzig Jahren“, so Vaupel,
eines 65- bis 84-Jährigen 3.700 Euro und
Soziologin analysierte 2002 mehr als
„konnte sich niemand vorstellen, dass die
die eines über 85-Jährigen 5.200 Euro.
430.000 Krankenhausakten von AOK-
Chance einen Herzinfarkt zu überleben,
Rechnet man die Kosten für die Pflege
Patienten in Westfalen Lippe und Thürin-
sich verfünffachen, oder dass die Krebs-
hinzu, stiegen die Kosten sogar auf über
gen. Ihr Ergebnis: Die Behandlungskosten
sterblichkeit in so großem Ausmaß sinken
10.000 Euro für einen über 85-Jährigen.
von Krankenhauspatienten verteilen sich
würde. Warum sollte es keine spektakulären
sehr ungleichmäßig. Auf zehn Prozent der
medizinischen Fortschritte in der Zukunft
Viele Untersuchungen behaupten
Patienten entfallen fast vierzig Prozent, auf
geben, so wie es sie in der Vergangenheit
nun aber das Gegenteil: Ältere Menschen
fünfzig Prozent hingegen nur zehn Prozent
gab?“
verursachen nicht mehr, sondern eher
der Klinikkosten. Die Ausgaben zur
Vaupel hält die Annahmen des Sta-
Familie wird für die Pflege in
weniger Gesundheitsausgaben als jüngere
Behandlung teurer, lebensbedrohlicher
tistischen Bundesamts zur Zukunft der
Zukunft also wichtiger werden. Allerdings
Menschen. Argumentiert wird mit der so
Erkrankungen nehmen aber vom 60.
Langlebigkeit für zu vorsichtig. Die Statisti-
betont die Direktorin des Rostocker Zen-
genannten „Kompressionsthese“. Danach
Lebensjahr an deutlich ab.
ker schätzten in ihrer jüngsten „11. koordi-
trums, Gabriele Doblhammer: „Familien
schnellen die Kosten in den letzten 12 bis
Ein weiterer Grund: Ab dem 80.
nierten Bevölkerungsvorausberechnung“,
müssen bei der Pflege von Angehörigen
18 Monate vor dem Tod in die Höhe – und
Lebensjahr wird bei gleicher Erkrankung
dass 2050 die Lebenserwartung bei Geburt
gestärkt, sie müssen durch professionelle,
zwar unabhängig vom Alter. Das wurde
durchschnittlich fünfzig Prozent weniger
für Männer bei 83,5 bis 85,4 Jahren und für
mobile Pflegedienste unterstützt, und ihre
zuletzt durch die Studie des britischen
ausgegeben als für 60- bis 70-Jährige.
Frauen bei 88,0 bis 89,9 Jahren liegen wird.
Leistungen müssen besser anerkannt und
International Longevity Center UK (ILC)
Wahrscheinlich, so vermutet Brockmann,
Die Prognose des Rostocker Instituts liegt
honoriert werden.“
belegt.
weil ältere Menschen nicht mehr aus-
bis zu sieben Jahren darüber. „Es sollte auf
18 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 19
keinen Fall davon ausgegangen werden,
erwartung steigt, der maximalen Lebens-
handliche 10 bis 15 zu reduzieren, sagt
Lebenserwartung bei einem monatlichen
dass die Lebenserwartung in Deutschland
zeit sind biologische Grenzen gesetzt, sagt
Schreiber. Er sagt aber auch: Ein solches
Bruttoeinkommen von 1.500 Euro bei 71
2050 noch unter 90 Jahren liegt.“
der Mainzer Molekularbiologe Christian
Gen heißt noch nicht, dass man alt wird
Jahren für Männer und bei 78 Jahren für
Behl. „Der Mensch kann maximal 110 bis
wie Methusalem.
Frauen. Bis zu einem monatlichen Brut-
Wo liegen die Grenzen der Langle-
toeinkommen von über 4.500 Euro steigt
120 Jahre alt werden.“
25 Prozent Genetik, schätzt Vau-
bigkeit? Es war eine Frau, die mit 122 Jah-
die Lebenserwartung auf 80 bzw. 87,2
ren, 5 Monaten und 14 Tagen, das längste
Für Vaupel dagegen ist ein Ende
pel. Ansonsten hänge die Lebenserwar-
Leben gelebt hat, das jemals mit Geburts-
der Ausweitung der Lebenslänge nicht
tung zu 10 Prozent von den Lebensbedin-
und Sterberegister sowie anderen Doku-
absehbar. Im Gegenteil, der Trend könnte
gungen in den ersten Jahren ab, zu 65
Die Wahrscheinlichkeit, überhaupt
menten belegt werden konnte. Jeanne
sich beschleunigen. Die Rostocker haben
Prozent von den Einflüssen im weiteren
das Rentenalter zu erreichen, liegt für
Calment, geboren 1875, starb 1997 in der
entdeckt, dass sich das Sterberisiko um
Lebensverlauf. „Es ist nie zu spät, an sei-
Männer mit einem monatlichen Brutto-
südfranzösischen Stadt Arles. Trotzdem,
das 90. Lebensjahr herum deutlich ver-
nem langen Leben zu arbeiten.“
verdienst von 1.500 Euro bei 79 Prozent.
auch wenn die durchschnittliche Lebens-
langsamt, mit 110 Jahren nicht mehr wei-
Mit einem monatlichen Bruttoverdienst
von über 4.500 Euro hingegen bei 91
ter steigt. Befragt man 100 Jährige, dann
erklären die Greise übereinstimmend, dass
Leben verdienen
Das lange Leben ist niemandem
durchschnittliche
Rentenbezugsdauer
in die Wiege gelegt, doch die Chancen,
von 18,2 Jahren. Einkommensschwache
Zahlreiche wissenschaftliche Dog-
alt zu werden und gesund zu bleiben,
Männer verleben lediglich 10,8 Jahre in
men der Altersforschung sind in den letz-
sind sehr ungleich verteilt. „In fast allen
Rente.
ten Jahren gefallen. Die Altersforschung
Industrieländern bewegt sich die Lebens-
boomt. Mindestens fünf Forschergruppen
und Gesundheitserwartung der verschie-
Eine Studie des Max-Planck-Insti-
sind dem Geheimnis der Langlebigkeit auf
denen Gesellschaftsschichten wie eine
tuts für demografische Forschung und
der Spur. Zum Beispiel das Team um Ste-
Schere auseinander“, sagt Professor Olaf
des Forschungsdatenzentrums der Deut-
fan Schreiber am Kieler Institut für klinische
von dem Knesebeck vom Universitätskli-
schen Rentenversicherung aus dem Jahr
Molekularbiologie. Sie sammeln das Erb-
nikum Hamburg-Eppendorf. „Und zwar
2006 zeigt: In Deutschland steigt die
gut von 100-Jährigen. Mittlerweile sind es
so: Je niedriger das Einkommen und je
Lebenswartung für Männer linear mit der
schon 3.000 Probanden.
niedriger die Bildung, desto höher die
Anzahl der persönlichen „Rentenentgelt-
Wahrscheinlichkeit für Krankheiten und
punkte“. Bei 32 Rentenentgeltpunkten
frühen Tod.“
liegt die verbleibende Lebenserwartung
Die Kieler Genetiker suchen nach
von 65-jährigen Männern bei 14,6 Jah-
den Faktoren, die ein langes, gesundes
20 Drei Farben Grau
Prozent. Ist das Rentenalter erreicht,
haben einkommensstarke Männer eine
die vergangenen zehn Jahre zu den
gesündesten ihres Lebens zählten.
Jahre an. Das sind neun Jahre mehr.
Leben garantieren. In den letzten drei Jah-
Besonders Männer mit geringem
ren, bei 65 Rentenentgeltpunkten bei
ren hat das Kieler Team mehr als 1.000
Einkommen sterben früher. Nach einer
19,1 Jahren. „Die Gruppe mit der besten
Kandidaten-Gene geprüft. Noch vierzig
Untersuchung des Kölner Instituts für
sozioökonomischen Situation erreicht die
sind in der engeren Wahl. Die Chancen
Gesundheitsökonomie und Klinische Epi-
höchste Lebenserwartung“, schreiben
stehen gut, auch diese Zahl schon bald auf
demiologie aus dem Jahr 2005 liegt die
die Verfasser der Studie.
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 21
Frauen leben nicht
länger, sie sterben
nur später
Differenz übrig. Der Einfluss biologischer
nicht ein Schlüssel zum langen Leben ist.
77,6 Jahren fast eineinhalb Jahre, Frauen
Faktoren auf die Lebenserwartung ist also
Im Gegenteil, es ist eher die Versorgung
mit 82,7 Jahren fast ein Jahr älter als der
eher gering. Es ist vielmehr der vergleichs-
mit Tätigkeit. Für MPI-Direktor Vaupel
durchschnittliche Rest der Republik. Am
weise ungesunde Lebensstil, der Männer
kommt es deshalb darauf an, im Lebens-
kürzesten leben Frauen im Saarland, Män-
Männer und Frauen haben eine
früher sterben lässt. Werden die Mönche
lauf mit Arbeitszeit zu haushalten. Heute
ner in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ster-
unterschiedliche Lebenserwartung. Fünf
selber danach gefragt, worauf sie ihre
arbeitet ein 45-Jähriger durchschnittlich 30
ben zwei bzw. dreieinhalb Jahre früher als
bis acht Jahre beträgt der Unterschied
höhere Lebenserwartung zurückführen, so
Stunden in der Woche, ein 60-Jähriger
in Baden-Württemberg.
zugunsten der Frauen. Dass Frauen älter
gaben sie, Luy zufolge, zwei Antworten:
dagegen nur acht. Vieles spricht dafür,
werden, scheint naturgegeben. Alter und
Der geregelte Tagesablauf beugt Stress
dass viele „demografische Probleme“ in
In den alten Ländern haben alte
Gesundheit werden immer noch mehr als
vor, und die Mönche gehen nicht in Rente.
Wirklichkeit Probleme der Organisation
Industrieregionen an Ruhr und Saar
von Arbeit sind.
besonders niedrige Lebenserwartungen.
„natürliche“, weniger als soziale Tatsache
gedacht.
Es ist kein Zufall, dass Anti-Stress-
Grund dafür ist die unterschiedliche Ent-
Maßnahmen im Mittelpunkt der Forderung
wicklung der Krankheitshäufigkeiten, die
Der Rostocker Demograf Marc
nach „alternsgerechtem Arbeiten“ stehen.
ihre Ursache wiederum in ungleichen
Anton Luy hat die Lebensdaten von
Im EU-Projekt „Smart Region“, an dem
Lebens- und Arbeitsverhältnissen haben.
12.000 Nonnen und Mönchen bayerischer
sich auch das Internationale Institut für
Klöster erfasst. Im Kloster, so der Gedan-
Empirische Sozialökonomie (INIFES) betei-
Zwischen 1980 und 2000 sank die
ke Luys, ähneln sich die Lebensbedingun-
ligte, wurden verschiedene Konzepte und
Krankheitshäufigkeit in Baden-Württem-
gen für Frauen und Männer am meisten:
Instrumente für alternsgerechtes Arbeiten
berg um 7,3 Prozent, im Saarland aber nur
Beiderseits wird wenig geraucht und auch
entwickelt. Mit dem IMPULS-Test, zum
um 2,5 Prozent. So haben zum Beispiel
sonst maßvoll gelebt. Schwangerschaften
Beispiel, lassen sich Stressfaktoren am
Saarländer ein inzwischen doppelt so gro-
sind selten, die Hierarchien flach. Die Kar-
Arbeitsplatz sichtbar machen.
ßes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden,
rieredynamik hält sich in Grenzen. Und die
wie Baden-Württemberger.
Männer fahren nicht mit dem Auto zur
Für den Londoner Sozialmediziner
Arbeit. Wenn nun biologische Faktoren für
Michael Marmor ist Stress der bei weitem
Der Süden mit Baden-Württem-
die unterschiedliche Lebenserwartung von
ausschlaggebendste Einfluss auf die
berg und dem bayerischen Voralpenland
Frauen
verantwortlich
unterschiedliche Verteilung von Gesund-
hat nicht nur höhere Lebenserwartungen,
wären, dann müssten die Nonnen eben-
heitsrisiken. Danach ist das Ausmaß, in
falls älter werden als die Mönche.
dem eine Person selbst kontrolliert, was
und
Männern
Das kurze Leben der
Mecklenburger
auch steigt die Lebenserwartung hier
schneller. Das heißt die Abstände zwischen den Ländern nehmen zu.
sie tut, und nicht unter äußerem Druck
Das Ergebnis: Während Nonnen
steht, ein Indikator für die Wahrscheinlich-
Ungleiche Lebens- und Arbeitsbe-
genau so lange leben wie ihre säkularen
keit, krank zu werden – oder jung zu ster-
dingungen spiegeln sich in regionalen
Geschlechtsgenossinnen, werden Mönche
ben.
Unterschieden
der
Lebenserwartung
Zum Zeitpunkt der Einigung hatten
Ostdeutsche
eine
deutlich
kürzere
wider. Die bundesweit höchste Lebenser-
Lebenserwartung als Westdeutsche. Für
kerung vier Jahre älter, etwa 80 Jahre. Es
Die Antworten der Mönche belegen
wartung haben die Bewohner Baden-
die Frauen hat sich diese Lücke mittlerwei-
bleiben nur knapp zwei von sechs Jahren
aber auch, dass der Vorruhestand nun
Württembergs. Männer werden dort mit
le weitgehend geschlossen, für die Männer
im Vergleich zur männlichen Gesamtbevöl-
22 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 23
auf ein Jahr verringert. Doch gibt es im
auch abhängig von der Wohnlage. Wer
fordert. Trotzdem mangelt es an kleinräu-
Sie kam erstens durch ein hohes Maß an
Aufholprozess der neuen Länder ein deut-
zum Beispiel im Bremer Stadtteil Gröpelin-
mig konzipierten Untersuchungen, wie sie
Sterblichkeit zustande, gerade auch an
liches Nord-Süd-Gefälle. Im dünn besie-
gen geboren wird, hat durchschnittlich
zum Beispiel das von Ernst Kistler geleite-
Kindersterblichkeit. Jedes sechste Neuge-
delten Nordosten steigt die Lebenserwar-
fünfeinhalb Jahre weniger zu leben als ein
te Internationale Institut für Empirische
borene starb 1910 bereits im ersten Jahr.
tung langsamer und liegt mit 74 Jahren für
Schwachhauser, so eine aktuelle Untersu-
Sozialökonomie (INIFES) für Rentenhöhe
Zweitens war die Bevölkerungspyramide
Männer und 81 Jahren für Frauen unter
chung des Bremer Instituts für Präventi-
und Rentenzugangsalter durchgeführt hat.
das Ergebnis der geringen Chancen auf
dem Durchschnitt der neuen Länder. In
onsforschung und Sozialmedizin. In Orts-
Sachsen werden Männer eineinhalb Jahre
teilen mit besonderen sozialen Problemen
Kommunale Daten lassen sich aber
schen. Die durchschnittliche Lebenserwar-
und Frauen ein Jahr älter als in Mecklen-
ist die Sterblichkeit wesentlich höher als in
über das Gemeindeverzeichnis der statisti-
tung einer deutschen Frau lag damals
burg-Vorpommern.
den besser gestellten Vierteln.
schen Ämter online abfragen. Und die Ber-
etwa bei 45 Jahren.
ein langes Lebens für die meisten Men-
telsmann Stiftung hat in ihrem „Wegweiser
Steinalt in Tübingen
So auch im Berliner Bezirk Fried-
demographischer Wandel 2020“ Daten für
richshain-Kreuzberg, dem Bezirk mit der
alle Kommunen mit über 5.000 Einwoh-
berlinweit ungünstigsten Sozialstruktur.
nern – 2.884 Kommunen, in denen 84
Je kleiner die betrachtete Regions-
Nach aktuellen Angaben der Berliner
Prozent der Bevölkerung leben – veröffent-
größe, desto größer die regionalen Unter-
Senatsverwaltung für Gesundheit leben
licht bzw. online verfügbar gemacht. Die
schiede in der Lebenserwartung. Nach
Frauen in Kreuzberg 2,6 Jahre kürzer als
Stiftung bietet zudem einen „Demogra-
aktuellen Zahlen des Bundesamts für Bau-
im benachbarten Bezirk Treptow-Köpe-
phiemonitor“ mit länderspezifischen Indi-
wesen und Raumordnung beträgt der
nick. Männer sterben in Kreuzberg im
katoren zum kostenlosen Download an.
Unterschied auf Länderebene 3,8 (Männer)
Durchschnitt mit 73,8 Jahren, dreieinhalb
bzw. 1,9 Jahre (Frauen), auf Regionsebene
Jahre früher als in Steglitz-Zehlendorf.
Maßstabsgetreues
Älterwerden
5,1 bzw. 2,5 Jahre, auf Kreisebene gar 8,6
bzw. 6,9 Jahren.
„Wollen wir wirklich so eine Gesellschaft wiederhaben?“, fragt der Bevölkerungsgeograf Stephan Beetz. Für ihn steht
Lebenserwartung
„Die aktuelle Bevölkerungsstruktur
die Bevölkerungspyramide dafür, wie
haben Männer und Frauen im Kreis Tübin-
nach Alter und Geschlecht weicht schon
„dumm“ es ist, den Wandel einer freien
gen mit 79,6 bzw. 83,6 Jahren. Dagegen
lange von der idealen Vorstellung ab, die in
Gesellschaft entlang einer normativen
sterben Frauen im rheinland-pfälzischen
Form der klassischen Bevölkerungspyra-
Demografie zu diskutieren.
Pirmasens mit im Durchschnitt 76,7 Jah-
mide zum Ausdruck kommt – und wie sie
ren besonders früh. Das statistisch kürzes-
noch das Deutsche Reich von 1910 auf-
te Männerleben wird im sächsischen Hoy-
wies.“ Der Satz steht in einem Bericht des
öffentlichen
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge
Soziologin Eva Barlösius schreibt: „Wenn
aus dem Jahr 2005.
von einer ausreichenden Kinderzahl und
Die
höchste
erswerda gelebt. Es dauert im Mittel nur 71
Jahre – 3.141 Tage kürzer als in Tübingen.
Demografische Veränderungen fin-
Aber eben das passiert in der
Demografie-Debatte.
Die
einer »alternden Gesellschaft« die Rede ist,
den vor Ort statt, nicht in den BundesstaIn den Städten und Gemeinden ist
tistiken. Insbesondere die kommunale
Die Bevölkerungspyramide ist aber
dann ist der Maßstab für »ausreichend«
die durchschnittliche Lebenserwartung
Altenpolitik und Altenarbeit sind herausge-
keineswegs eine „ideale Altersstruktur“.
wie für »altersideal zusammengesetzt« die
24 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 25
Demografie der Nachkriegsgesellschaft
noch nüchtern, „beruht auf gesellschaftli-
nicht, die nicht geboren werden. Sie fragt
sche Fakten reduziert. Zum Beispiel wenn
mit ihrer industriellen Produktion und ihrer
chen Veränderungen, die als Folge,
sie nicht nach.“
Birg in seinem Buch „Die demographische
Form der sozialen Sicherung.“
Begleiterscheinung, zum Teil auch als
Errungenschaften einer modernen Gesell-
Barlösius erinnert an das Bevölke-
schaft gelten können“.
Zeitenwende“ ankündigt, dass „ganz
Moderne Gesellschaften entwi-
gegen alle bisherigen Erwartungen die
ckeln sich, so Hondrichs erstes Argument,
demographischen Veränderungen unsere
weitgehend unabhängig von „natürlichen“
Gesellschaft zu einer Bewegung zurück zu
derts. Die Menschen damals hätten dieses
Damals berechnete das Bundes-
Vorgaben. Und die Tatsache, so lautet das
größerer materieller Ungleichheit zwingen
Wachstum als gesellschaftlichen Zerfall
amt für die alte Bundesrepublik einen
zweite Argument, dass die Familien in
werden“.
wahrgenommen, und nicht als Innovations-
Rückgang der Gesamtbevölkerung von 60
modernen Gesellschaften kleiner werden
schub. „Es scheint somit fraglich, dass
Millionen im Jahr 1983 auf 45,7 Millionen
und die Zahl der Alleinlebenden und Kin-
Der Ratschlag Birgs: Vergesst die
Gegenwartsgesellschaften in der Lage sind,
im Jahr 2030 voraus. Ein Viertel weniger
derlosen zunimmt, ist kein Zeichen für
Gesellschaft! Stattdessen hegt Birg die Illu-
die »ideale Demografie« für eine unbekann-
Menschen in Deutschland. Aufgeregt hat
moralischen Verfall oder mangelnde Ein-
sion, dass man politisch lediglich an den
te gesellschaftliche Zukunft zu antizipieren.“
das niemanden. Gegenüber der Prognose
sicht, sondern folgt einer gewissen sozia-
Stellschrauben der Bevölkerungsentwick-
rungswachstum am Ende des 19. Jahrhun-
von 1984 stellt die im November 2006 ver-
len Vernunft. Hondrich vertraut ganz auf
lung etwas drehen muss – und alles wird
Bereits die Vorstellung, dass es für
öffentlichte „11. koordinierte Bevölke-
die gesellschaftlichen Selbsterhaltungs-
gut. An die Stelle von Gesellschaftspolitik
eine Gesellschaft einen idealen Altersauf-
rungsvorausberechnung bis 2050“ eine
kräfte. Er tritt dafür ein, mehr Gesellschaft
tritt eine „aktive Bevölkerungspolitik“, wie
bau der Bevölkerung gibt, stellt die soziale
„Entwarnung“ dar. Danach wird die Bevöl-
zu wagen, statt weniger.
sie Birg bereits 2002 gefordert hat: „In
Wirklichkeit auf den Kopf. Denn der gesell-
kerung in Deutschland von heute 82,4 Mil-
einer Demokratie besteht das oberste Ziel
schaftliche Wandel ist nicht die Folge der
lionen auf 69 bis 74 Millionen im Jahr 2050
allen staatlichen Handelns in einer Politik
Bevölkerungsentwicklung, sondern umge-
zurückgehen, 10 bis 17 Prozent. Dieses
kehrt, die Struktur und Entwicklung der
Mal war die Aufregung aber groß.
Tabubruch
Bevölkerungspolitik
Inzwischen haben sogar die Bun-
Die Gegenposition vertritt der eme-
desstatistiker die ihnen gesetzlich auferleg-
ritierte Bielefelder Bevölkerungsforscher
te Nüchternheit verloren. Wo bislang noch
Herwig Birg. Birg entledigt sich der Kom-
hölzern von der „Differenz zwischen
plexität der Gesellschaft, indem er sie im
Lebendgeborenen und Gestorbenen“ die
Handumdrehen durch die Bevölkerung
Rede war, steht im aktuellen Bericht der
ersetzt. Nicht die Gesellschaft, sondern die
griffige, aber eben nicht ganz so objektive
Bevölkerung, mit ihren „natürlichen“ Pro-
Begriff
zessen von Geburt und Sterben, über-
Veränderungen an.
Die Rede von der „alternden
Gesellschaft“
oder
gar
„überalterten
„Geburtendefizit“.
Dagegen
Gesellschaft“ legt nahe, dass die Bevölke-
schreibt der im Januar verstorbene Sozio-
rung der bestimmende Faktor für eine
loge Karl Otto Hondrich in seinem letzten
Gesellschaft sei. Doch eine Gesellschaft
Buch „Weniger ist mehr“: „Wenn die
Barlösius hat das die „Demografi-
kann nicht altern, nur die Zahl ihrer Mitglie-
Gesellschaft keine Kinder hervorbringt,
sierung des Gesellschaftlichen“ genannt:
der altert. „Diese Entwicklung“, kommen-
dann hat das einen gesellschaftlichen
Gesellschaftliche Phänomene und Proble-
tierte 1984 das Statistische Bundesamt
Sinn. Die Gesellschaft braucht die Kinder
me erscheinen nunmehr auf demografi-
26 Drei Farben Grau
sich daran messen, ob die Lebensbedingungen zu einer natürlichen Reproduktion
Bevölkerung passt sich gesellschaftlichen
Mehr Gesellschaft
wagen
für die Bevölkerung. Deren Qualität lässt
der Bevölkerung oder zu ihrer ständigen
Abnahme führen.“
nimmt das Ruder.
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 27
Birg argumentiert, Deutschland sei
auf Grund des Nationalsozialismus’ bevöl-
Bevölkerungswettbewerb
fie-Debatte war die deutsche Öffentlichkeit
schlecht vorbereit.
kerungspolitisch rückständig und brauche
eine nachholende Bevölkerungspolitik, die
In einer Forsa-Umfrage von 2003
Zum Beispiel das Berlin-Institut für
Zahl und Struktur der Bevölkerung reguliert.
gaben 52 Prozent der Deutschen an, den
Bevölkerung und Entwicklung. Das im Jahr
Begriff „Demografie“ noch nie gehört zu
2000 mit Mitteln der Reichenbach-Stiftung
Was Birg sich unter einer „Politik für
haben. Sieben Prozent erklärten ihn falsch.
und der Hewlett-Foundation gegründete
die Bevölkerung“ vorstellt, konnte man
Nur sieben Prozent wussten, dass der
Institut, so kann man auf der Homepage
Anfang dieses Jahres im Kölner „Express“
Begriff die Entwicklung der Bevölkerung
lesen, „verfolgt das Ziel, die öffentliche
nachlesen. „Keine Jobs für Kinderlose“,
als Folge von Geburten und Sterblichkeit
Wahrnehmung der weltweiten demografi-
forderte Birg auf der Titelseite. Und den
beschreibt. Neun Prozent nannten eine der
schen Veränderungen zu verbessern.“ Das
Jugendlichen solle mit der Halbierung der
beiden Komponenten. Nach der Migration
kleine, aber öffentlichkeitsstarke Institut
Rente gedroht werden, falls sie kinderlos
als dritter Komponente wurde erst gar
beschäftigt keine ausgewiesenen Demo-
blieben. Birg begründete seine eigentümli-
nicht gefragt.
chen Forderungen: „Wir sitzen in der
Dabei griff Adam nicht nur die „Sin-
grafen, dafür Journalisten. Seit 2003 wird
gle-Generation“ an: „Genieße jetzt und
es von dem Wissenschaftsjournalisten und
Altersfalle. Wenn wir nicht sofort zu drasti-
Es war das Urteil des Bundesver-
lass die anderen zahlen. Im modernen
promovierten Molekularbiologen Reiner
schen Maßnahmen greifen, kommen wir
fassungsgerichts über die Pflegeversiche-
Sozialstaat ist Solidarität nur noch eine
Klingholz geleitet.
da nie mehr raus.“
rung, das die Debatte um Demografie in
Ausrede. Die Familie mit Kindern landet
Gang brachte. Der Streit um „Kinder statt
am Rand der Gesellschaft“ (26. August).
In dem 2006 erschienenen Buch
Inder“, ein Jahr zuvor, war noch völlig
Auch die Generation der Alten hatte Adam
„Die demografische Lage der Nation“ hat
demografiefrei verlaufen. Das Urteil des
im Visier: „Kuscheln vor den Alten. Die
das Berlin-Institut Daten zur Bevölkerungs-
Bundesverfassungsgerichts vom 3. April
Rentner sind zur mächtigen Gruppe
entwicklung und Wirtschaft zusammenge-
2001 erklärte nun einen „generativen Bei-
geworden. Darum traut sich keine Partei,
tragen, ausgewertet und mit vielen Grafiken
ihnen Opfer zuzumuten.“ (7. November).
in Form einer Rangliste präsentiert. Land-
Demografische
Fieberkurve
In Deutschland fristete die Demo-
trag“ zum unverzichtbaren Bestandteil des
grafie nach dem Krieg ein akademisches
umlagefinanzierten Sozialversicherungssys-
Schattendasein. Im Nationalsozialismus
tems. Das Urteil sorgte für aufgeregtes
In die Öffentlichkeit drang das
Bundesland für Bundesland will der Atlas
hatten sich Bevölkerungswissenschaftler,
Akademikerrauschen im Blätterwald. Zum
Thema aber erst richtig im Frühjahr 2004
zeigen, wo die Politik klug gehandelt und
so die Historiker Susanne Hein und Götz
Beispiel Konrad Adam, Chefredakteur der
vor. Das Buch „Das Methusalem-Kom-
wo sie Schaden angerichtet hat. Finanziert
Aly, zu „Vordenkern der Vernichtung“
Tageszeitung „Die Welt“. Er berichtete über
plott“ von Frank Schirrmacher, Herausge-
hat das Projekt die Robert-Bosch-Stiftung,
gemacht. Bevölkerungswissenschaftliche
„Die Flucht der Jungen aus dem Land der
ber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
die Deutsche Krankenversicherung und die
Themen waren seitdem ein Tabu, Demo-
grauen Köpfe“ (19. April), und forderte: „Mit
wurde zum Bestseller und Medienereignis.
Software AG Stiftung.
grafie nur ein Fremdwort und Familienpoli-
der staatlich subventionierten Rücksichtslo-
Seitdem wird die öffentliche Auseinander-
tik für Kanzler Schröder noch 1998
sigkeit gegen Familien und Kinder muss
setzung vor allem durch private, politikbe-
Im „Wettbewerb der Landkreise um
„Gedöns“. Die „Familie Deutschland“ – der
Schluss sein.“ Adam überschrieb seine
ratende Organisationen und Stiftungen,
die Zukunftsfähigkeit“, so das Ergebnis der
PR-Feldzug der Regierung Ende 2001 –
Artikel mit „Rettung für ein sterbendes Volk“
wie die Bertelsmann Stiftung oder die
Studie, trägt Biberach in Baden-Württem-
war noch nicht geboren. Auf die Demogra-
(30. Juni) oder „Räume ohne Volk“ (22. Juli).
Robert-Bosch-Stiftung, geprägt.
berg mit der „demografischen Gesamtnote“
28 Drei Farben Grau
kreis für Landkreis, Stadt für Stadt und
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 29
Zum Beispiel erntet Baden-Baden
für seinen hohen Anteil von über 75-Jähri-
Altern wie
Gott in Frankreich
Hoyerswerda für seinen niedrigen Anteil
In der demografischen Debatte
weder die Vergangenheit, noch die gesell-
von unter 35-Jährigen (31,95 Prozent).
spielen Prognosen eine Hauptrolle. Dabei
schaftliche und wirtschaftliche Dynamik in
Denn, so heißt es in der Studie, „ganz
werden Prognosen oft mit Vorhersagen
der Zukunft berücksichtigen.
sicher ist Deutschland mit einem Durch-
verwechselt. Dazu schreibt das Statisti-
schnittsalter von 42 Jahren weniger kreativ,
sche Bundesamt: „Der Wert der Bevölke-
„Wenn Altern und geringe Kinder-
innovativ und risikobereit als etwa Indien“.
rungsvorausberechnungen besteht nicht
zahl an sich ein Problem wären“, sagt Bos-
darin, die künftige Entwicklung exakt vor-
bach, „hätte es letztes Jahrhundert in
Besondere Bedeutung misst das
herzusagen. Vielmehr sollen sie zeigen,
Deutschland den Supergau gegeben. Da
Berlin-Institut dem „Frauenüberschuss“
wie sich Bevölkerungszahl und -struktur
sind wir um über dreißig Jahre gealtert,
bzw. „Frauenmangel“ in der Altersgruppe
unter bestimmten Voraussetzungen verän-
und der Anteil der Kinder und Jugendli-
der 18- bis 29-Jährigen bei. Den Landkreis
dern könnten.“
chen sank dramatisch von 44 auf heute 20
Prozent! Die für die Zukunft erwarteten
Uecker-Randow in Mecklenburg-Vorpommern benoteten die Autoren mit einer „6“.
Demografische Prognosen können
Veränderungen sind dagegen gering:
Dort kommen 74,09 Frauen auf 100 Män-
nie besser sein als die in die Berechnung
Sechs Jahre Alterung bis 2050 und ein
ner der gleichen Altersgruppe. Den kultu-
eingehenden Annahmen. Die Annahmen
Jugendanteil von 16 Prozent.“
rellen Konsequenzen des „Frauenman-
werden aus den Trends der Vergangenheit
gels“ in den neuen Ländern hat das Berlin
abgeleitet und zu Modellen gebündelt.
Andererseits wird in den Vorhersa-
Institut im Mai dieses Jahres eine eigene
Und über diese Annahmen lässt sich ers-
gen die Demografie von der sozioökono-
Studie gewidmet – Titel: „Not am Mann“.
tens streiten, zweitens sind sie an die
mischen Entwicklung entkoppelt und dann
Gegenwart gebunden.
sen-Anhalt landet mit 4,77 auf dem letzten
Platz.
Gegenwartsvergessenheit der in der
Debatte gehandelten Vorhersagen, die
gen (12,11 Prozent) eine glatte „6“, ebenso
2,66 den Sieg davon. Bernburg in Sach-
„Golden Falte 2006“. Er kritisiert die
Es sind Zustandsbeschreibungen,
die sozioökonomischen Zusammenhänge
Je weiter die Prognosen in die
Das Berlin-Institut will die Bewer-
bleiben hingegen unklar. Stattdessen wird
Zukunft weisen, umso unsicherer werden
tung mit Schulnoten zwar nicht als „Urteil“
auf die suggestive Wirkung der Grafiken
sie. In ihrer Bevölkerungsprognose von
verstanden wissen. Trotzdem folgern die
und Zahlen gesetzt, welche die Konkur-
1962 überschätzten die Bundesstatistiker
Autoren, dass eine „zukunftsorientierte“
renz der Regionen und die „Chancenlosig-
die Geburtenzahlen für das Jahr 1985 um
Planung nur bedeuten kann, „sich schritt-
keit“ einiger Regionen betonen, die „leeren
80 Prozent. Der „Pillenknick“ war damals
weise aus solchen Regionen zurückzuzie-
Wiegen“ und „halbierten Schulen“, die eine
nicht vorhersehbar. „Prognosen über 50
hen“, die schlechte demografische und
„Bevölkerungsimplosion“ nach sich zie-
Jahre sind moderne Kaffeesatzleserei“,
wirtschaftliche Noten aufweisen. Dabei
hen, die „Entleerung“ ländlicher Räume zu
sagt Gerd Bosbach. Bosbach ist Professor
wird die demografische Entwicklung als
„Schwundzonen“. „Nach dem Mensch
für Statistik an der Fachhochschule
Basis der wirtschaftlichen Perspektive
kommt der Wolf“, heißt es in der Studie.
Koblenz, und er ist Preisträger der vom
angesehen.
30 Drei Farben Grau
Büro für Altersdiskriminierung verliehenen
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 31
einseitig in die Zukunft fortgeschrieben.
der Aufspaltung der Gesellschaft. Nach
wenn wirtschaftliche und soziale Heraus-
Dazu Bosbach: „Wer beklagt, dass die
betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien
forderungen wieder als solche diskutiert
Arbeitenden immer mehr Alte ernähren
wird in ihre Teile investiert, oder „sich
werden – und nicht als Problem der biolo-
müssen, der übersieht, dass die Arbeiten-
schrittweise zurückgezogen“, wie es das
gischen Reproduktionsrate. Für MPI-
den auch die Kinder und Jugendlichen
Berlin-Institut der Politik für ländliche
Direktor Vaupel ist Schweden ein gutes
mitfinanzieren müssen – das ist nicht nur
„Schwundregionen“ empfiehlt.
Beispiel für den richtigen Umgang mit der
Geld für Essen, Kleidung, Wohnung, sondern auch für Universitäten, Kindergärten,
Demografie. Dort hat eine solide demoDas bedeutet die Auflösung des
grafische Debatte schon vor 30 Jahren zu
Schulen, Gesundheit und so weiter. Und
gesellschaftlichen
Zusammenhangs.
tief greifenden Veränderungen geführt.
die Jungen werden weniger. Berechnet
Wohin das führen kann, hat der National-
Zielvorstellung war dabei nicht eine
man das mit ein, so sieht die Lage schon
sozialismus mit seiner Gleichschaltung des
bestimmte Geburtenrate, und es war
viel weniger dramatisch aus.“
sozialen Lebens in der „Biologie“ gezeigt.
nicht der schwedische Volkstod, der die
Man muss aber gar nicht so weit zurück-
Politiker zum Handeln trieb. Sondern die
Weggeschaut wird auch bei der
gehen. Im Jahre 1961 hat der spätere
Vision, eine Gesellschaft aufzubauen, in
Entwicklung der Produktivität. „Es geht bei
Direktor des Bevölkerungsinstituts in Wies-
der die Gleichberechtigung das oberste
der Finanzierung von Rentnern doch nicht
baden, Hans Jürgens, ein Buch über
Bekämpfung wird sich, auf längere Sicht
Ziel ist. Übrigens bekommt in Schweden
um deren absolute Anzahl“, sagt Bosbach,
„Asozialität als biologisches und sozialbio-
gesehen, nicht auf fürsorgerische und
jede Frau heute durchschnittlich mehr als
„sondern um die wirtschaftliche Leistungs-
logisches Problem“ veröffentlicht.
pädagogische Maßnahmen beschränken.
zwei Kinder.
Die Forderung einer wirksamen Begren-
fähigkeit der Arbeitenden. Selbst bei einer
geringen Steigerung der Beschäftigten-
Darin sieht Jürgens eine wesentli-
zung und Ausschaltung des Nachwuchses
Auch in Deutschland gibt es viele
Produktivität um 1,2 Prozent pro Jahr,
che Aufgabe der „Asozialenforschung“ in
der Asozialen wird daher immer wieder
Anzeichen zur Versachlichung der Debatte
kann jeder in fünfzig Jahren achtzig Pro-
der Untersuchung des generativen Verhal-
auftauchen. Man wird sich darüber klar
um den demografischen Wandel, der nicht
zent mehr produzieren. Damit können wir
tens, denn die Reproduktion asozialer
sein dürfen, dass eine solche Anregung
nur neue Fragen aufwirft, sondern eben
alle, volkswirtschaftlich betrachtet, auch in
Großfamilien ist in seinen Augen gesell-
gegenwärtig auf wenig Zustimmung sto-
auch neue Lösungen bereithält. Das Hei-
einer alternden Gesellschaft leben wie Gott
schaftlich unerwünscht. Auf Seite 161
ßen würde, sind doch die staatlichen Miss-
delberger Institut Sinus Sociovision, von
in Frankreich.“
schreibt er:
und Übergriffe noch zu deutlich in aller
dem auch die Sinus-Milieus stammen, hat
Erinnerung. Man wird jedoch zu fragen
für das Deutschland des Jahres 2020 ein
Metamorphosis
„In Anbetracht der äußerst kompli-
haben, ob man deswegen dauernd auf die
„Metamorphosis“ genanntes Szenario ent-
zierten Struktur eines modernen Wohl-
Diskussion der Einbeziehung solcher Prä-
worfen. Jenseits der heute scheinbar alter-
fahrtsstaates muss es utopisch erschei-
ventivordnungen und damit auf eine wich-
nativlosen Zukunftsvarianten „neoliberal“
In der Debatte um Demografie geht
nen, sich mit defensiven Maßnahmen
tige Großmaßnahme in der Bekämpfung
und „sozialdemokratisch“ sehen die For-
es nicht nur um Zukunft und „Zukunftsfä-
gegen eine Sozialgruppe zu wenden, die –
des Asozialentums und seines Ballastes
scher Anzeichen dafür, dass sich Deutsch-
higkeit“. Es geht auch um die Gegenwart.
und zwar in negativer Beziehung – vielfach
wird verzichten können.“
land auf einem dritten Weg in ein „offene-
Der konzentrierte Blick auf die Bevölke-
in vollkommener Weise dieser Struktur
rung und die Suche nach bevölkerungspo-
angepasst ist. Es wird also erforderlich, die
Das soll nicht heißen, dass Demo-
litischen Lösungen mündet in eine Logik
Asozialität aktiv zu bekämpfen. Diese
grafie etwas Schlechtes ist. Doch erst
32 Drei Farben Grau
res, fortschrittliches Land selbstbestimmt
Hausnotruf Themen 2007
lebender Bürger“ befinden könnte.
Hurra, wir leben länger 33
[Info-Box]
Karl Otto Hondrich: Weniger sind mehr. Warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für
Aktuelle Bücher zum Thema
unsere Gesellschaft ist. Campus Verlag, März 2007, 280 Seiten, 19,90 EUR. Der im Januar zu früh
verstorbene Soziologe hält das Älterwerden unserer Gesellschaft für keinen Grund zur Aufregung.
Eva Barlösius & Daniela Schiek: Demographisierung des Gesellschaftlichen. Analysen und
Debatten zur demographischen Zukunft Deutschlands. VS Verlag, Mai 2007; 250 Seiten, 24,90
Gesellschaft, das ist für Hondrich ein komplexes, sich selbst regulierendes und gegen politische Eingriffe recht resistentes System.
EUR. Alle reden von Demografie. Von Gesellschaft und sozialem Wandel ist immer weniger die Rede.
Gesellschaftliche Phänomene werden stattdessen zu demografischen Fakten erklärt – Demografisierung des Gesellschaftlichen. 13 Beiträge zum Thema.
Franz Xaver Kaufmann: Die schrumpfende Gesellschaft. Suhrkamp Verlag, 2. Auflage, Mai
2005; 269 Seiten, 10,00 EUR. Weder die Langlebigkeit des Einzelnen noch die Alterung der Gesellschaft ist ein Problem. Das Problem sei vielmehr die „Nachwuchsschwäche“ unserer von „Rück-
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Die demografische Lage der Nation. Wie
sichtslosigkeiten“ geprägten Gesellschaft, schreibt der Bielefelder Soziologe.
zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen. Deutscher Taschenbuch Verlag, April 2006; 191 Seiten,
10,00 EUR. Das Berlin-Institut hat Daten zu Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaft zusammenge-
Ernst Kistler: Die Methusalem-Lüge. Wie mit demographischen Mythen Politik gemacht
tragen, mit Schulnoten bewertet und mit vielen bunten Grafiken in Form einer Rangliste präsentiert.
wird. Verlag Hanser Wirtschaft, Oktober 2006; 270 Seiten, 19,90 EUR. Hinter dem Mythos vom Grei-
Eine informationsreiche Landeskunde.
senstaat Deutschland stecken handfeste politische und wirtschaftliche Interessen. Der Direktor am
Internationalen Institut für empirische Sozialökonomie (INIFES) räumt mit den sechs beliebtesten For-
Bertelsmann Stiftung: Demographie konkret – Seniorenpolitik in den Kommunen. Bertels-
meln demografischer Demagogie auf.
mann Stiftung, Februar 2006; 99 Seiten, 18,00 EUR. Am Beispiel von zwölf Kommunen werden
Handlungsstrategien in der kommunalen Seniorenpolitik und Altenarbeit vorgestellt.
Winfried Kösters: Weniger, bunter, älter. Wie der demographische Wandel Deutschland verändert. Den Weg in die Multiminoritätengesellschaft aktiv gestalten. Olzog Verlag, November 2006;
Bertelsmann Stiftung: Wegweiser Demographischer Wandel 2020. Analysen und Handlungs-
256 Seiten, 19,90 EUR. Die ganz bunte Mischung aus Zahlen, Anekdoten, Zitaten und Belehrungen
konzepte für Städte und Gemeinden. Bertelsmann Stiftung, Juni 2006, 206 Seiten, 20,00 EUR.
mit Ausrufezeichen! Der Kommunalberater ermuntert Bürger, „das Thema Demographischer Wandel
Der Wegweiser liefert für alle Kommunen mit über 5.000 Einwohnern – 2.884 Kommunen, in denen 84
aktiv ins Gespräch zu bringen: Schreiben Sie Ihren Bürgermeister an“. Was eine „Multiminoritäten-
Prozent der Bevölkerung leben – Daten, Bevölkerungsprognosen bis 2020 und Handlungskonzepte.
gesellschaft“ ist, verrät Dr. Kösters aber nicht.
Herwig Birg: Die ausgefallene Generation. Was die Demographie über unsere Zukunft sagt.
Antje Schrupp: Methusalems Mütter. Chancen des demographischen Wandels. Helmer
Verlag C.H.Beck, 2. Auflage, Oktober 2005; 158 Seiten, 16,90 EUR. Der „medial einflussreichste
Verlag, April 2007; 204 Seiten, 16,90 EUR. Frauen sollen die Lage retten, indem sie mehr Kinder
Bevölkerungsforscher Deutschlands“ („Die Zeit“) präsentiert seine Arbeit – in kompakter Form, und
bekommen und mehr Alte pflegen. Der demografische Alarmismus macht auch ein längst überholt
mit drastischen Worten. Das Buch bietet eine hohe Informationsdichte, schürt damit aber Angst vor
geglaubtes Frauenbild wieder hoffähig, schreibt die Journalistin.
Vergreisung und Schrumpfung der Gesellschaft.
Nicholas Strange: Keine Angst vor Methusalem! Warum wir mit dem Altern unserer BevölFrankfurter Allgemeine Zeitung Archiv: Willkommen im Schwundland. Das demographische
kerung gut leben können. Zu Klampen Verlag, April 2006; 137 Seiten, 16,80 EUR. Der Volkswirt-
Drama und die Folgen. Hörbuch, 2006; 2 CDs, Spielzeit 1:53, 19,90 EUR. Das Audio-Dossier mit Arti-
schaftler stellt die vorhandenen Produktivitäts- und Arbeitskraftreserven unserer Wirtschaft dem Hor-
keln aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
rorgemälde einer Gerontokratie entgegen. Sein Fazit: Im schlimmsten Fall werden wir in 50 Jahren
nur doppelt und nicht drei Mal so großen Wohlstand genießen können wie heute.
34 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 35
Weiterführende Links
IMPULS – Betriebliche Analyse der Arbeitsbedingungen
http://wko.at/sp/bgf/impuls-test.pdf
Themenseite Bevölkerung des Statistischen Bundesamts
www.impulstest.at (Online-Version des Tests in Vorbereitung)
www.destatis.de
Initiatitive Neue Soziale Marktwirtschaft
Statistische Ämter der Länder und des Bundes
Gutachten „Die Situation der Pflege bis zum Jahr 2050“
Online-Abfrage aus dem Gemeindeverzeichnis
www.insm.de
www.statistik-portal.de
Homepage Prof. Dr. Herwig Birg
United Nations Population Information Network
www.herwig-birg.de
www.un.org/popin
Bertelsmann Stiftung
Max-Planck-Institut für Demografische Forschung
Aktion Demographischer Wandel
www.demogr.mpg.de
www.demographiekonkret.aktion2050.de
Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels
Wegweiser Demographie
www.rostockerzentrum.de
www.wegweiserdemographie.de
FELICIE – Future Elderly LIving Conditions In Europe
Download Demographiemonitor
www.felicie.org
www.demographiemonitor.de
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
www.bib-demographie.de
www.berlin-institut.org
Zentrum für Demografischen Wandel
www.zdwa.de
Forum Demographischer Wandel des Bundespräsidenten
www.forum-demographie.de
INIFES – Internationales Institut für empirische Sozialökonomie
www.inifes.de
Roman Herzog Institut
www.romanherzoginstitut.de
EU-Projekt Smart Region – Alternsgerechtes Arbeiten in innovativen Regionen
www.smartregion.net
Zukunftsradar 2030 – Auswirkungen des Demographischen Wandels in Rheinland-Pfalz
www.zukunftsradar2030.de
Informationsdienst Gesundheitsberichterstattung des Bundes
www.gbe-bund.de
[Info-Box]
36 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hurra, wir leben länger 37
Altern global
Die Menschen können heute weltweit mit einer höheren Lebenserwartung
Über den demografischen Tellerrand
rechnen. Auch wenn es beträchtliche
Unterschiede zwischen den Ländern gibt.
Trotzdem machte im März 2006
Deutschland steht im internationalen Ver-
eine Meldung Schlagzeilen. „Deutschland
gleich keineswegs an der Spitze.
hat weltweit mit der niedrigsten Geburtenrate zu kämpfen,” meldete die Deut-
Selbst im EU-Vergleich gibt es Län-
sche Presse-Agentur. Ein Zitat aus der
der mit deutlich höherer Lebenserwartung.
Studie „Die demografische Lage der Nati-
Die durchschnittliche Lebenserwartung bei
on“ des Berlin-Instituts für Bevölkerung
Geburt für Frauen ist in Spanien um 2,6
und Entwicklung. Dass das Berlin-Institut
Jahre, in Frankreich um 1,4 und in Italien
die Fakten nicht kennt, hält der Remage-
um ein Jahr höher. Männer werden in
ner Statistik-Professor Gerd Bosbach für
Schweden im Durchschnitt um zwei Jahre,
ausgeschlossen. Er spricht von einer
in Spanien um ein Jahr älter als in
„bewussten Manipulierung durch Übertrei-
Deutschland. Die höchste Lebenserwar-
bung“.
tung weltweit haben Männer mit durchschnittlich 79,2 Jahren in Island, Frauen
mit 84,3 Jahren in Japan.
Nicht nur das Berlin-Institut versucht, eine „deutsche Sondersituation“
herbeizureden. Der Münchener Soziologe
In Japan ist nicht nur die Lebenser-
Ulrich Beck nennt den „vorherrschenden
wartung höher. Auch die Geburtenrate ist
nationalen Blick auf die Bevölkerung“ eine
mit 1,26 Kindern niedriger als in Deutsch-
„Nabelschau-Demografie“. Bei allen ande-
land. Die Zahl der Japaner könnte bis zum
ren Fragen darf der Hinweis auf die Globa-
Jahr 2040 von heute 126 Millionen auf
lisierung nicht fehlen. Nur über den demo-
unter 100 Millionen sinken, sagen wissen-
grafischen Tellerrand scheint niemand
schaftliche Studien. Auch in der EU weisen
blicken zu wollen. Da aber altern große
die neuen mittel- und osteuropäischen
Teile der Welt sehr viel schneller als
Mitgliedstaaten sowie Griechenland, Spa-
Deutschland.
nien und Italien eine niedrigere Kinderzahl
je Frau auf als Deutschland.
Was, zum Beispiel, bedeutet es in
einer globalisierten Welt, dass bereits in 30
Jahren jeder vierte Chinese über 60 ist?
38 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Altern global 39
Weltweit ist die durchschnittliche Lebens-
Im Jahr 2050 wird die Hälfte aller
HIV/AIDS-Erkrankte über 50 Jahre
Land, Tiere und anderen Besitz, um die
erwartung seit 1950 um zwanzig Jahre
Menschen über 60 Jahre – eine Milliarde
werden von den internationalen Statistiken
Behandlung und Beerdigung bezahlen zu
auf heute 66 Jahre gestiegen. Bis 2050
Menschen – in Ländern mit niedrigstem
nicht erfasst. Nach Schätzung von UNAIDS
können. Anstatt von ihren Kindern im Alter
könnte sie nochmals um zehn Jahre stei-
Einkommen leben. Der demografische
sind das immerhin 2,8 Millionen oder sie-
versorgt zu werden, müssen Menschen mit
gen, stellt der Madrider Weltaltenplan
Wandel vollzieht sich in Entwicklungslän-
ben Prozent aller HIV/AIDS-Erkrankungen.
60, 70 Jahren dann auch noch die Versor-
fest. Im Zusammenwirken mit der Ver-
dern gegenwärtig vier Mal so schnell wie in
Alte Menschen in Entwicklungsländern
gerrolle für ihre Enkel übernehmen. Über
schiebung der Altersanteile in der Bevöl-
Westeuropa. Schon 2030 werden drei
bleiben bislang unsichtbar. Dabei leben im
die Hälfte der 12 Millionen AIDS-Waisen in
kerung werden dann 22 Prozent aller
Viertel aller älteren Menschen in Entwick-
südlichen Afrika bereits heute 40 Millionen
Afrika wachsen bei ihren Großeltern auf.
Menschen über 60 Jahre alt sein. Heute
lungsländern leben.
über 60-Jährige. Drei Millionen von ihnen
sind älter als 80 Jahre.
sind es zehn Prozent.
Asien zwischen
Tradition und Moderne
Noch vor einigen Jahren wurde vor
In den vergangenen Jahren sta-
der Überbevölkerung gewarnt. Heute
gnierte die Entwicklung der durchschnittli-
befindet sich das Wachstum der Weltbe-
chen Lebenserwartung im südlichen Afrika.
Auch in Südostasien geraten alte
völkerung längst auf dem Bremsweg. Zwar
Bereits 2010 wird aber der demografische
Menschen in die Mühlen zwischen Traditi-
wächst die Weltbevölkerung in absoluten
Übergang einsetzen. Innerhalb von 40 Jah-
on und Moderne. Der Anteil der über 60-
Zahlen weiter. Von heute 6,6 Milliarden auf
ren klettert dann die durchschnittliche
jährigen Bevölkerung stieg in Thailand seit
9,1 Milliarden Menschen im Jahr 2050. Das
Lebenserwartung auf 71 Jahre. 2050 wer-
1970 von 4,5 auf 9,4 Prozent. Dieser Anteil
sind aber drei Milliarden weniger als bei
den, nach Angaben von HelpAge interna-
wird sich bis 2020 nochmals verdoppeln.
anhaltendem Wachstum. Das Wachstum
tional, 102 Millionen Menschen über 60
verlangsamt sich zunehmend. Und der
Jahre im südlichen Afrika leben. 22 Millio-
Bremsweg der Demografie ist lang. Erst in
nen von ihnen älter als 80 Jahre.
Die durchschnittliche Lebenserwartung ist seit 1970 von 54 auf heute 71
Jahre für Männer, von 59 auf 76 Jahre für
50 Jahren wird die Weltbevölkerung dann
Heute schon gehören alte Men-
auch in absoluten Zahlen schrumpfen.
schen zu den Ärmsten der Armen. Welt-
Afrikas graue Revolution
Zum Beispiel Afrika südlich der
weit haben 100 Millionen alter Menschen
Sahara. Hier ist die durchschnittliche
weniger als einen Euro am Tag zum Über-
Lebenserwartung mit 48 Jahren beson-
leben. 80 Prozent leben ohne jede soziale
Die niedrigste Lebenserwartung
ders niedrig, die Kindersterblichkeit mit 18
Absicherung. Nun geraten durch den
haben Menschen in Entwicklungsländern.
Prozent besonders hoch. Die HIV/AIDS
demografischen Wandel auch noch die
Trotzdem leben bereits heute zwei Drittel
Epidemie drückt zusätzlich auf die durch-
traditionellen Familiensysteme ins Wanken.
aller Menschen über 60 Jahre in Entwick-
schnittliche Lebenserwartung. Im südli-
lungsländern. Über 270 Millionen von
chen Afrika leben heute 25,8 Millionen
In Afrika verlieren alte Menschen mit
ihnen in Ländern mit niedrigstem Einkom-
Menschen zwischen 15 und 49 Jahre mit
dem Tod ihrer an HIV/AIDS erkrankten
men von weniger als zwei Euro am Tag.
HIV/AIDS. Alle 15 Sekunden stirbt dort ein
Kinder ihre Lebensgrundlage. Sie pflegen
Mensch an AIDS.
nicht nur ihre sterbenden Kinder, verkaufen
40 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Altern global 41
Frauen gestiegen. Die Geburtenrate sank
Im Pflegeparadies
Traditionell ist das Soziale eine
gleichzeitig von 6,4 auf 1,7 Kinder. In der
Hauptstadt Bangkok sind es nur noch
knapp 1,2 Kinder.
Sache der Familie, der Nachbarschaft, der
Das hindert aber das Bangkok
Gemeinschaft, die den Einzelnen in die
Phuket Hospital und andere Kliniken nicht,
Pflicht nimmt. „Gemeinschaftliche Wärme“
auf englischsprachigen Internetseiten für
entsteht nicht zuletzt durch sozialen
Der starke soziale Druck auf den Ein-
eine neue Form des Tourismus zu werben
Druck. In den modernen europäischen
zelnen macht es in Thailand bislang unmög-
– den Pflegetourismus. Das Beispiel Thai-
Gesellschaften wird der Einzelne von
lich, sich der Verantwortung für die Alten zu
land zeigt, was globales Altern bedeuten
sozialen Verpflichtungen entlastet, das
entziehen. Dreiviertel der sechs Millionen
kann: Während Experten in Thailand für
Soziale zu einer Sache staatlich organisier-
über 60-Jährigen lebt bei den Kindern, in
eine Institutionalisierung der Pflege kämp-
ter Institutionen. Die Nachteile sind
der Regel bei der jüngsten Tochter. Doch
fen, suchen Europäer und US-Amerikaner
bekannt. Auf die Vorteile will und kann aber
bald schon müsste eine Tochter sich um
den Ausweg aus dem institutionalisierten
beide Eltern und vier Großeltern kümmern.
Pflegenotstand nach Thailand.
wohl kaum jemand verzichten.
Ein solches Pflegeparadies ist
„Baan Kamlangchay“. Eine Villa für Alzhei-
Weltaltenpläne
Wie in vielen anderen asiatischen
merpatienten am Rand der thailändischen
Ländern verzeichnet die Altersgruppe der
Wirtschaftsmetropole Chiang Mai, 700
über 60-Jährigen auch in Thailand inzwi-
Kilometer nördlich von Bangkok. Der
„Das Altern der Weltbevölkerung ist
schen die höchste Suizidrate. Immer mehr
Schweizer Martin Woodtli gründete das
eine universale Kraft, die Macht hat, die
alte Menschen leiden unter Depressionen,
„Haus zur Begleitung der Herzen“ vor fünf
Zukunft ebenso stark zu beeinflussen, wie
Angstzuständen und dem Gefühl, ihrer
Jahren. Er bietet Demenzkranken aus
es die Globalisierung tut“, heißt es in dem
Familie zur Last zu fallen. Ein Drittel der
Europa persönliche Rundumbetreuung für
von 159 Staaten unterzeichneten Zweiten
über 60-Jährigen hat einen Body Mass
1.700 Euro im Monat, traditionelle Thai-
Weltaltenplan (MIPAA). Im April 2002 tagte
Index von unter 20. Die Hälfte zeigt einen
Massage, Entspannungsdampf und Tem-
in Madrid die Zweite Weltversammlung zu
pel-Besuche inklusive.
Fragen des Alters. Der verabschiedete
Hämoglobinmangel. Unterernährung und
Bis zu 2.000 Euro im Monat kostet
Alkoholismus sind bei alten Menschen in
der Pflegeplatz in einer Klinik. Die meisten
Thailand weit verbreitet.
Ausländer organisieren die Pflege ihrer
Woodtli hält „Baan Kamlangchay“
integrativen Gesellschaft aller Altersgrup-
Angehörigen aber mit frei arbeitenden
für die Zukunft der Altenpflege. Institutio-
pen“ und „die Verwirklichung des Alterns in
Sicherheit“.
Weltaltenplan fordert „die Schaffung einer
Zwar gibt es in Thailand seit zehn
Krankenschwestern auf privater Basis.
nelle Kälte werde durch gemeinschaftliche
Jahren eine staatliche Mini-Rente von etwa
400 Euro verdient eine staatlich registrierte
Wärme ersetzt. Dass das funktioniert, hat
fünf Euro im Monat. Aber nur gerade mal
Krankenschwester in Thailand. Eine Pfle-
vor allem etwas mit Einkommensunter-
Bereits 1982 war in Wien die Erste
3.000 Plätze in 25 Altenheimen für
gehelferin etwa die Hälfte. Dafür betreuen
schieden zu tun. Rentner aus den Indus-
Weltversammlung einberufen worden.
810.000 pflegebedürftige alte Menschen.
sie die betagten Ausländer so respektvoll
triestaaten werden zu Globalisierungsge-
Allerdings waren die beschlossenen Emp-
Die Forderung von Experten nach einer
und herzlich wie ihre eigenen Großeltern.
winnern. Aber es geht nicht allein um Geld.
fehlungen ohne Folgen geblieben. Nun
Professionalisierung der Altenpflege steht
Auch wenn sie die niemals in ein auch
Der
steuert eine vom Wirtschafts- und Sozial-
nach wie vor im Widerspruch zu traditio-
noch so paradiesisches Pflegeheim geben
Widerspruch des Sozialen.
nellen Werten.
würden.
42 Drei Farben Grau
Pflegetourismus
offenbart
einen
rat (ECOSOC) eingesetzte Kommission für
soziale Entwicklung die Umsetzung der in
Hausnotruf Themen 2007
Altern global 43
Madrid ausgehandelten 19 Verpflichtun-
Weltaltenplans in Deutschland für einen
gen und 132 Handlungsempfehlungen.
„basisnahen Ansatz“ entschieden. Deshalb
2008 wird die Kommission ihren ersten
wurde im Juli 2003 eine „Geschäftsstelle
Bericht vorlegen.
Nationaler Aktionsplan“ bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisa-
Bisher haben allerdings erst 14
tionen (BAGSO) eingerichtet.
[Info-Box]
Aktuelle Bücher zum Thema
Stefan Pohlmann: Der demografische Imperativ. Von der internationalen
Sozialpolitik zu einem nationalen Aktionsplan. Vincentz Verlag, Juni 2003, 220 Sei-
Länder einen „Nationalen Aktionsplan“
ten, 19,00 EUR. Tagungsband der von der „Geschäftsstelle Weltaltenplan“ organi-
(NAP) vorgelegt – auf sehr unterschiedli-
sierten Fachtagung im Dezember 2002.
chem Niveau. Und, das ergab eine Studie
von HelpAge International: Noch Ende
Die unsichtbare Generation. Alte Menschen in der Entwicklungszusammen-
2006 war der Madrider Aktionsplan an der
arbeit. Neue Herausforderungen für die Armutsbekämpfung. Symposium am 20.
Basis der einzelnen Länder kaum bekannt.
November 2006 in Berlin. Broschüre, herausgegeben von Caritas international und
HelpAge Deutschland, Februar 2007; 28 Seiten, kostenlos beziehbar über
www.helpage.de.
Auch die Bundesregierung hat sich
verpflichtet, den Weltaltenplan umzusetzen. Im September 2002 fand in Berlin
Weiterführende Links
eine UNECE-Ministerkonferenz zu Fragen
des Alterns (MiCA) statt. Das Ergebnis war
eine von allen UNECE-Staaten unterzeich-
Daten zum globalen Altern
nete Selbstverpflichtungserklärung mit
www.un.org/esa/socdev/ageing/
einer „regionalen Implementierungsstrate-
www.globalaging.org
www.helpage.org
gie“ (RIS) für Europa.
Eine unabhängige Expertengruppe
Mit Hinweis auf die Beschlüsse von
erarbeitete in den Jahren 2004 und 2005
Weltaltenplan und RIS für Europa zum Download
Madrid und Berlin wurde im Koalitionsver-
vier Stellungnahmen mit Empfehlungen zur
www.bagso.de/mica
trag vom Oktober 2002 verabredet, „einen
Beteiligung älterer Menschen in Gesell-
Nationalen Aktionsplan zur Bewältigung
schaft und Wirtschaft sowie zur Pflege.
Geschäftsstelle Weltaltenplan
der demografischen Herausforderungen“
Inzwischen hat das Ministerium einen Ent-
www.dza.de/allgemein/politik-weltenplan.html
für Deutschland zu erarbeiten. Zum Auf-
wurf für den Nationalen Aktionsplan
takt veranstaltete die beim Deutschen
erstellt. Der Plan soll noch in diesem Jahr
Geschäftsstelle Nationaler Aktionsplan
Zentrum für Altersfragen angesiedelte
in New York vorgelegt werden.
www.nationaler-aktionsplan.de
„Geschäftsstelle Weltaltenplan“ eine erste
Fachtagung im Dezember 2002.
Das federführende Bundesfamilien-
[Info-Box]
ministerium hat sich zur Umsetzung des
44 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Altern global 45
Glanzbilder des Alters
Sie heißen „Perfect Ager“ oder
Aber der Blick auf das Alter hat sich
„Best Ager“, „Silver Surfer“ oder „Genera-
verändert. Das Selbstbild der „Neuen
tion Gold“, „Classicals“, „Knowies“, „Woo-
Alten“ auch. In einer Umfrage auf „Feier-
pies“ (Well-off older people), alternativ
abend.de“, mit 100.000 Mitgliedern und
auch „Woofs“ (Well-off older folks). Die
drei Millionen Besuchern die größte Online
Liste lässt sich fortsetzen. „50 Plus“, „55
Community der „Silver Surfer“, meinte
Plus“, „60 Plus“. Menschen im zweiten,
knapp die Hälfte der Befragten, dass sie
dritten, vierten Alter. Sie machen Urlaub im
mindestens zehn Jahre jünger aussehen.
„Club Elan“ (TUI), kaufen „Nivea Vital“ für
65 Prozent fühlen sich um mindestens
die „reife Haut“ und leben „Nach eigenen
zehn Jahre jünger.
Regeln“ (Audi).
Viele von ihnen zeigen das auch. Die
zur Schau gestellte Weigerung, erst nicht
erwachsen, und dann nicht alt werden zu
wollen, dürfte die nächsten Jahrzehnte prägen, schreibt der SPIEGEL. In seinem Buch
„Global Player. Warum wir nicht erwachsen
werden“ lästert Sascha Lehnartz: „Vielleicht
muss man sich an den Gedanken gewöhnen, dass demnächst in unseren Fußgängerzonen jung gebliebene 65-Jährige ihren
Ruhestand vertrödeln, indem sie mit Skateboards über Waschbetonkübel und Alutreppengeländer schaben.“
Es scheint, als habe die Werbung
die Alten entdeckt. Auf Plakaten wirbt die
96jährige Irene Sinclair für „Dove“, der 94jährige Marathonläufer Fauja Singh für
Und dann geht man
von alleine
„Adidas“. 80-Jährige posieren auf Hoch-
46 Drei Farben Grau
glanz für eine Bertolli-Werbung. In Wirk-
Altersbilder sind soziale Konstruk-
lichkeit fließen immer noch 95 Prozent der
tionen. Wir altern, aber das Bewusstsein
Gelder in die Werbung für die Zielgruppe
alt zu sein, entsteht durch Abgleich und
der bis 49-Jährigen.
Vergleichen. Für den Abgleich gibt es
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 47
kulturelle Muster, soziale Rollen. Zum Bei-
wie man will, und eigentlich doch könnte,
Menschen in ihren politischen Einstellun-
Maß an Positivität zu: Vieles soll im Alter
spiel schreiben traditionelle Gesellschaften
dann kratzt das am Selbstbewusstsein.
gen, ihrer Parteibindung und in ihrem Ver-
besser werden. Und 60 Prozent der Jün-
den Respekt gegenüber den Alten vor –
Und man geht von alleine. Von der Enteig-
halten. Deshalb sind „graue“ Parteien in
geren, 70 Prozent der Älteren wollen das
das sichert Stabilität. In modernen Gesell-
nung persönlichen Vermögens und erlern-
Deutschland und anderswo auch nie über
Wie und Wann des Todes selber bestim-
schaften ist viel weniger vorgeschrieben –
ter Hilflosigkeit sind längst nicht nur die
eine Existenz als Kuriosität hinausgekom-
men.
das macht Entwicklung möglich, sorgt
Alten betroffen.
men.
aber auch für Verunsicherung. Man muss
Die Auseinandersetzung mit dem
Respekt ähnlich wie Geld „verdienen“.
Respekt wird zum Gradmesser für soziale
Ungleichheit.
Konflikte,
die es nicht gibt
Der Kölner Soziologe Wolfgang
Alter ist bereits Teil des Alterns, entschei-
Streeck warnt davor, nun mit den Ausei-
det mit über erfolgreiches eigenes Altern,
nandersetzungen über die Notwendigkeit
aber auch darüber, welchen gesellschaftli-
einer neuen „Generationengerechtigkeit“
chen Stempel das Alter aufgedrückt
Im Wechselspiel zwischen Selbst-
Frank Schirrmacher spricht in sei-
Konflikte zwischen Generationen zu schü-
bekommt. Das Tabu Alter scheint inzwi-
und Fremdbeobachtung vergleichen wir
nem Buch „Das Methusalem-Komplott“
ren, die es bisher nicht gibt. Der überstra-
schen gebrochen. Dafür spricht auch die
uns ständig mit anderen. Ob wir unser
vom „biologisch programmierten Genera-
pazierte Begriff der Generation meint
massiv erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit
Selbstbild behaupten oder uns den
tionenkrieg“: „Die Jungen töten die Alten,
lediglich geteilte Eigenschaften und Ein-
gegenüber „Pflegeskandalen“.
Zuschreibungen anderer unterordnen, das
indem sie die Identität der Alten zerstören.“
stellungen von Geburtsjahrgängen oder
ist weniger eine Frage des Wollens als des
Mit Mitteln der Sprache und der Bilder.
„Kohorten“, die sich im Lebenslauf entwi-
Könnens – also der Macht. Alten Menschen wird die Macht durch „Stigmatisie-
ckeln, weil man gemeinsam historische
Der aktuelle Altenbericht spricht
Zeitabschnitte durchlebt.
dagegen vom politischen „Leitbild der
rung“ leicht genommen.
Generationensolidarität“, mit dem man der
Der demografische Wandel führt
„schimpfliche
drohenden „Konkurrenz um knappe Res-
beispielsweise dazu, dass sich jüngere
Unterschiede“ (Stigmata) ist alles, was mit
sourcen“ zwischen Jung und Alt vorbeu-
Generationen heute bereits früh in ihrem
dem Körper zusammenhängt. Zum Bei-
gen müsse. Die Altenberichtkommission
Lebenslauf mit dem Thema Alter auseinan-
spiel Oben-Ohne am Strand. Im Alter, so
sieht offensichtlich die Gefahr eines neuen
dersetzen. Eine repräsentative Befragung,
fanden die meisten Strandbesucher in
Klassenkampfes auf uns zukommen.
die der Alternsforscher Paul B. Baltes noch
Hauptquelle
für
einer Befragung, ist das unmöglich, kann
man das nicht machen. „Unmöglich“,
„nicht können“ – Macht heißt „können“.
kurz vor seinem Tod im November 2006
keine
durchführte, zeigt denn auch eine überra-
Kriegsparteien, und erst recht keine
Generationen
sind
aber
schende Ähnlichkeit der Antworten in den
„Schwärme von Raubtieren“, wie Schirrma-
Altersgruppen der 20- bis 49Jährigen und
Natürlich wollte keiner der Befrag-
cher, ausgerechnet unter Berufung auf Kon-
der 50- bis 80 Jährigen.
ten den Alten das Oben-Ohne verbieten.
rad Lorenz, weiszumachen versucht. Die
Und keiner sagte, man dürfe das nicht. Der
Unterschiede innerhalb einer Generation
Beide Altersgruppen antworteten
soziale Ausschluss kommt leise, nicht sel-
sind größer als die zwischen den Generatio-
übereinstimmend auf die Frage „Wie alt
ten im Gewand des gut gemeinten Rat-
nen. Das zeigen zahlreiche Untersuchun-
will man werden?“: 80 bis 85 Jahre. Beide
schlags. Wenn man dann aber nicht kann,
gen. Ältere Menschen ähneln jungen
Gruppen schrieben dem Alter ein großes
48 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 49
Der ganz normale
Generationenstress
Das
Altersbild
verändert
gegen. Nach dem Roman des Kanadiers
das Altern und Alter von Generationen.
Douglas Coupland nennen sie sich auch
Auch die Konkurrenz der generationalen
„Generation X“.
Lebensentwürfe setzt sich bis ins Alter fort.
sich
Die Alten von heute
über die Alten
von gestern
Die Polemik gegen die 68-er Generation
gegenwärtig vor allem im Miteinander der
Den Baby-Boomern hatte das ZDF
hat nicht erst mit deren Verrentung begon-
Der Blick der Jungen auf die Alten
Generationen. Auch wenn die jetzt in
im Januar den Dreiteiler „Aufstand der
nen. Sie gehört zum ganz normalen Gene-
verrät manches über die Alten, immer aber
Rente gehende 68er-Generation gern für
Alten“ gewidmet, eine so genannte „Mock-
rationenstress.
auch viel über die Jungen und ihre Zukunft
sich in Anspruch nimmt, das Alter in Eigen-
umentary“ („mock“ heißt Fälschung). Im
des Alterns. Wie äußerten sich die Alten
regie zu verändern, nachdem man schon
Doku-Stil wurde eine demografische Kata-
von heute über die Alten von gestern?
1968 die Gesellschaft verändert habe.
strophe in Endzeitstimmung für das Jahr
Zwanzig Jahre zurück, als die soziale Wirk-
Wieder ist von Revolution die Rede, von
2030 auf die heimischen Bildschirme
lichkeit des Alterns noch vom gemächlich-
der „Altersrevolution“.
gemalt. Für einige Tage bescherte das
gemütlichen Seniorenclub geprägt war,
dem „grauen Sender“ – die über 60-Jähri-
fasste die Berliner „tagezeitung“ die Situa-
gen schauen doppelt so viel ZDF wie ARD
tion zusammen:
Sicher ist: Die acht Millionen 68-er
Rentner werden sich nicht in Seniorenhei-
– Einschaltquoten und Schlagzeilen.
„Sicher, vieles hat sich in den letz-
me und Schrebergärten zurückziehen.
Dazu ist die „Generation Enkellos“ zu
Auch Elisabeth Niejahr lotet in
ten zehn, fünfzehn Jahren geändert.
anspruchsvoll, zu selbstbewusst und vor
ihrem Buch „Alt sind nur die anderen. So
»Senioren« heißen die Alten jetzt, und ihre
allem zu protesterfahren. In ihrem im März
werden wir leben, lieben und arbeiten“ für
Kleidung ist bunter geworden. In der Wer-
erschienenen Buch „Die Altersrevolution.
die Generation der Baby-Boomer bereits
bung dürfen sie Lebensfreude ausstrah-
Wie wir in Zukunft alt werden“ können
schon mal „Alltag und Lebensgefühl der
len, auf Kreuzfahrten mag man gar nicht
Petra Bruns, Werner Bruns und Rainer
künftigen Altenrepublik“ aus – in verlasse-
mehr auf sie verzichten, und hin und wie-
Böhme ihre Polemik gegen die einstigen
nen Plattenbausiedlungen in Ostdeutsch-
der sieht man sie sogar auf einer Demons-
Rebellen mit heutigen Pensionsansprü-
land und in Rentnerkolonien in Arizona.
tration. Einen politischen Machtfaktor bil-
chen aber kaum verbergen.
Niejahr geht es aber nicht um Katastro-
den die alten Menschen deshalb noch
phen, sondern um eine Generation, die mit
In der demografischen Debatte
Die Autoren gehören zur über-
dem Gefühl des „von uns gibt es zu viele“
wird daraus immer wieder ein Verteilungs-
»Bundesseniorenvertretung«
nächsten Rentnergeneration der „Baby-
durchs Leben geht. Und mit diesem
kampf zwischen Jung und Alt konstruiert.
Dachorganisation erreichen will, erntet für
Boomer“, die, im Schatten der 68-er, den
Gefühl auch im Alter ankommen wird. Ihr
Zum Beispiel als Philipp Mißfelder, damals
Tage ein monotones »tüt-tüt-tüt« am
wenig ruhmreichen Titel der „verlorenen
Fazit: „Wahrscheinlich müssen wir unsere
Vorsitzender der Jungen Union, mit seiner
Telefon.“
Generation“ davontrug und heute auch als
Lebensentwürfe viel stärker korrigieren als
Forderung, man solle 85-Jährigen keine
„Sandwich-Generation“ gehandelt wird.
unsere Versicherungssysteme“.
künstlichen Hüftgelenke mehr finanzieren,
Und über den Deutschen Senio-
das Sommerloch 2003 füllte. Mit dem
rentag unter dem Motto „Mitmachen ist
Weil sie einerseits die 68-er Rentner aus-
lange nicht. Und wer ihre hochtrabend
genannte
halten, andererseits deren politischen Sün-
Lebensentwürfe und Lebensgefühl
Mythos vom Generationenkrieg wird die
angesagt“ Anfang der 1990-er Jahre
den ausbaden. Sie selber sehen dafür
werden stark von der Zugehörigkeit zu
wachsende Ungleichheit zwischen Arm
berichtete damals die „tageszeitung“:
einem eher kärglichen Rentnerdasein ent-
einer Generation geprägt und beeinflussen
und Reich verdeckt.
50 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 51
„Beschwörend hebt die Dame im
Als
„Rentnerschwemme“
zum
Die Wahrheit
von Professor Osler
der Literatur – ziehen sie die Werke der
blauen Faltenrock die Arme in die Höhe,
Unwort des Jahres 1996 mit der Begrün-
während sie gebieterisch »Und jetzt links -
dung gekürt wurde, „das Wort erweckt
hey, und dreimal klatschen« ins Mikrofon
den Eindruck, es handelt sich bei den
Alter braucht Vorbilder, kulturelle
sogar auf einzigartige Schätze verzichten
posaunt. Und brav befolgen die auf ihren
immer mehr Menschen, die wohlbegrün-
Muster. In der modernen Gesellschaft
müssten, wir stünden doch da, wo wir
Stühlen sitzenden Altvorderen die gymnas-
deten Anspruch auf eine angemessene
wurde traditionelle durch wissenschaftliche
heute stehen.“
tischen Instruktionen, rufen gehorsam hey
Altersversorgung haben, um eine nicht
Orientierung ersetzt. Wir suchen in wissen-
und hoy, trippeln im Takt mit den Füßen
vorhersehbare Naturkatastrophe, gegen
schaftlichen Ergebnissen Anleitung und
Frank Schirrmacher berichtet in
(»das muss jetzt aber flotter gehen«) und
die man sich mit unpopulären Maßnahmen
Bestätigung für unseren Alltag. Im Februar
seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“
werfen die faltigen Arme in die Luft. Lamm-
schützen muss“, da protestierten die
1905 wurde eine solche „wissenschaftli-
über die Folgen dieser Rede bis weit in die
fromm beklatschen die hier versammelten
Seniorenvertretungen. Nicht gegen das
che Wahrheit“ geboren. William Osler, 57-
1990-er Jahre hinein. Immer wieder mach-
Opas und Omas eine Zukunft zwischen
Wort, sondern gegen die Wahl zum
jähriger Professor für Medizin, hielt in Balti-
ten Wissenschaftler sich daran, Beweise
Krankenhaus und Sozialstation. Zur allge-
Unwort. Das Wort sei doch lediglich in
more eine folgenreiche Rede.
für die Behauptung Oslers zu finden.
meinen Befriedung wird ein Brocken Kultur
zwei Berichten des Magazins Focus auf-
zum Selbermachen Marke »Ringelpiez mit
getaucht und verdiene diese öffentliche
Anfassen« zwischen die altersgeschwäch-
Aufmerksamkeit nicht.
ten Füße geworfen. Von grauer Panther-
große Schätze entbehren müssten, ja
Schirrmacher ist über diese pseudowisEs sei für eine Gesellschaft besser,
senschaftliche Form der Altersdiskriminie-
so Osler, wenn 60-Jährige gezwungen
rung empört, liefert aber mit seinem Feuil-
würden, sich vollständig vom beruflichen
leton-Biologismus, mit seiner Rede von
Geblieben ist aus dieser Zeit die
und politischen Leben zurückzuziehen.
der „unnatürlichen Erfahrung des natürli-
Bezeichnung „Senioren“ für die Alten. Aus
Schon 40-Jährige seien unbrauchbar,
chen Alterns“ die Munition dafür.
der 1968 gestarteten ORF-Sendung
wenn man auf geistige Neuerungen setze.
„Seniorenclub“ wanderte das Wort – wahr-
„Das mag manche schockieren, und den-
Oslers Wahrheit steckt in vielen bis
scheinlich aus dem Amerikanischen adap-
noch, die Weltgeschichte, wenn man sie
noch vor kurzem hoffähigen wissenschaft-
tiert, wo es eine andere Bedeutung hat – in
nur richtig liest, beweist diese Behaup-
lichen Theorien, etwa im medizinischen
power fehlt jede Spur.“
Der Dornröschenschlaf
der Senioren
über 40-Jährigen ab, und wenn wir auch
Die ganzen 1990-er Jahre hindurch
unzähligen Verbindungen in die Sprache
tung. Nehmen Sie die Summe der
„Defizit-Modell“, in den soziologischen
blieb das Altern ein „Ringelpiez mit Anfas-
der Verbände und Politik. Umfragen zeigen
menschlichen Errungenschaften in der
Theorien
sen“. In der Diskussion um Rentenkasse
allerdings, dass alte Menschen heute die
Politik, in der Wissenschaft, in der Kultur, in
„Ageing-Conservatism“.
und Pflegeversicherung rückte das Thema
Bezeichnung für sich ablehnen. Die Wer-
Modell begreift Altern als abbauenden
zwar politisch in die zweite Reihe vor. Man
bung meidet das Wort deshalb. Und die
Naturvorgang. Nach der Disengagement-
gründete 1992 sogar eine Enquetekom-
ORF-Sendung heißt seit 2000 „Schöner
Theorie ziehen sich Alte naturgemäß aus
mission zum Demografischen Wandel, gab
leben“.
gesellschaftlichen Bereichen zurück. Und
von
„Disengagement“
Das
und
Defizit-
einen ersten Altenbericht in Auftrag. Und
die
1993 rief die Europäische Gemeinschaft
sagt, dass mit zunehmendem Älterwerden
das „Jahr der älteren Menschen und der
der Bevölkerung konservative Tendenzen
Generationensolidarität“ aus. Aber Aktivität
gestärkt werden, womit politische, soziale
wurde eher vorgetäuscht, und war selbst
und wirtschaftliche Neuerungen verzögert
von den Alten nicht wirklich gewünscht.
oder verhindert werden.
52 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Ageing-Conservatism-Hypothesee
Glanzbilder des Alters 53
Vitalisierung
des Alters
in den USA, dann auch in Deutschland.
Alle wissenschaftlichen Untersu-
ten Lebensjahrzehnt dann stetig ab. Die
Bereits 1974 hatten die Amerikaner das
chungen zeigen, dass die Kompetenzen
Pragmatik der Intelligenz betrifft hingegen
„National Institute on Ageing“ gegründet.
zur Bewältigung von schwierigen Situatio-
das erworbene Wissen – Fähigkeiten wie
Zum ersten Mal wurden die positi-
Inzwischen ist aus den unterschiedlichen
nen mit dem Alter wachsen. Ältere Men-
Sprache, berufliches Wissen und soziale
ven Entwicklungschancen des Alterns in
Wissenschaften eine umfassende Alterns-
schen neigen keineswegs, wie man lange
Intelligenz. Diese Fähigkeiten bleiben nicht
den 1980-er Jahren von den US-amerika-
forschung entstanden. Deren Ergebnisse
annahm, zu so genannten „regressiven
nur lebenslang funktionstüchtig, sondern
nischen Soziologen Rowe und Kahn unter-
haben das bisherige Wissen vom Altern
Bewältigungsformen („ich fühle mich über-
sind auch im Alter noch entwicklungsfähig.
sucht. Sie prägten mit ihrem 1987 im
und Alter in wenigen Jahren geradezu auf
fordert und wünsche mir jemanden, der
Ein wachsendes Heer bildungsbeflissener
Journal „Science“ erschienenen Artikel
den Kopf gestellt.
Verantwortung übernimmt“). In Wirklichkeit
Seniorenstudenten in den Hörsälen der
liegt die Zukunft des Alterns in der Balance
Universitäten ist die Folge. 2004 wurde der
aus Unterstützung und Herausforderung.
93-jährige Edgar Dowse an der englischen
„Human Ageing: Usual and Successful“
den heute weit verbreiteten Begriff „Erfolgreiches Altern“.
Altern wird inzwischen als komplexes Zusammenspiel von biologisch
Brunel University als bislang ältester
bedingten Einbußen und kulturell vermittel-
Mensch promoviert.
Freiheit von der Unruhe
Die Autoren definierten „Erfolgrei-
ten Zugewinnen verstanden. Der Alterns-
ches Altern“ als die Fähigkeit, Krankheiten
forscher Paul. B. Baltes hat ein Modell ent-
zu vermeiden, kognitive Funktionen zu
wickelt, das die verschiedenen neuen
Vor über hundert Jahren stellte der
der Persönlichkeit – Neurotizismus, Extra-
erhalten und physisch vital zu bleiben,
Befunde zum Altern integriert. „Gutes
Soziologe Georg Simmel dem jugendli-
version, Offenheit, Umgänglichkeit, Zuver-
sowie sich aktiv am Leben zu beteiligen.
Altern“ ist danach das Ergebnis der Selek-
chen „Übergewicht des Lebensprozesses
lässigkeit – zeigt sich im Alter eine Abnah-
Diese Definition des erfolgreichen Alterns
tiven Optimierung mit Kompensation
über die Lebensinhalte“ die Lebensform
me des Neurotizismus. Im Gegenzug
wurde in den 1990-er Jahren immer wie-
(SOK), die gelungene Balance zwischen
des Alters gegenüber. Im Alter komme es
nimmt Zuverlässigkeit und Umgänglichkeit
der um weitere Faktoren ergänzt und zu
der Kompensation von Defizitien und der
mehr auf die Inhalte an, das „sachliche
zu. Das heißt, mit zunehmendem Alter
einem Konzept des „Aktiven Alterns“ wei-
Optimierung von Ressourcen.
Abwägen“, die „Freiheit von der Unruhe“.
werden wir besser geeignet für das sozia-
In gewisser Weise hat Simmel Befunde der
le Miteinander. Gleichzeitig nimmt aber die
neueren Alternsforschung vorweggenom-
Offenheit für neue Erfahrungen ab. Unklar
men.
ist bisher, inwiefern die Eigenschaft „Offen-
terentwickelt.
2002 verabschiedete die Weltge-
Bei den so genannten „Big Five“
sundheitsorganisation (WHO) eine Rah-
heit für neue Erfahrungen“ Plastizität auf-
menkonzeption zum „Active Ageing“.
Die Psychologische Intelligenzfor-
Danach ist „Aktives Altern“ ein Prozess
schung hat, zum Beispiel, mit der Unter-
der Optimierung von Möglichkeiten zur
scheidung von mechanischer und prag-
Neurobiologen wiederum haben
Erhaltung der Gesundheit, der sozialen
matischer Intelligenz unausgeschöpfte
herausgefunden, dass geistige Aktivität
Teilhabe und der Sicherheit, mit dem Ziel,
Reserven im Alter entdeckt. Bei der
und die Struktur des Gehirns in einem
die Lebensqualität älterer Menschen zu
Mechanik der Intelligenz handelt es sich
wechselseitigen Verhältnis stehen. Diese
fördern.
um die Geschwindigkeit und Genauigkeit
Wechselseitigkeit
weist, also beeinflussbar ist.
wird
„Plastizität“
der Informationsaufnahme sowie das
genannt. Bereits eine moderate geistige
Seit den 1990-er Jahren formieren
Kurzzeitgedächtnis. Sie steigt während der
Aktivität reduziert das Risiko, an Alzheimer
sich die Alternswissenschaften neu, zuerst
Kindheit stark an und nimmt ab dem vier-
zu erkranken. Man nimmt deshalb heute
54 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 55
an, dass geistige Aktivität eine Reserve an
eines historischen Feldzugs gegen die
Schirrmacher eine biologische „Urgewalt“.
nen von Peter B. Medawar, weit zurück.
Plastizität bildet. Damit können Verluste im
Natur, bei dem alles auf dem Spiel steht.
Zum Beweis erzählt er die Geschichte von
Denn wäre Altern biologisch sinnlos, sollte
dem Siedlertreck, der 1846 auf dem Don-
das Altern schon längst „ausgestorben“
Alter oder bei Krankheit besser kompensiert werden.
Der Demografie-Bestseller „Das
nerpass in einen Schneesturm gerät. Für
sein. Da dem so nicht ist, muss es eine
Methusalem-Komplott“ von Frank Schirr-
die mutigen und kräftigen Männer geht die
Erklärung dafür geben. Die moderne Evo-
Auch körperliches Training beein-
macher, Herausgeber der Frankfurter
Sache nicht gut aus. Übrig bleiben die net-
lutionsbiologie interessiert sich deshalb für
flusst die Struktur des Gehirns. Das Gehirn
Allgemeinen Zeitung, ist ein Beispiel.
workenden Frauen, die um das Überleben
Lebensformen, die sehr langsam oder
ist keine Festplatte, auf der Informationen
Wortgewandt legt Schirrmacher den
der Sippe, der Familie, bemüht sind.
überhaupt nicht altern.
abgespeichert werden. Es ähnelt einem
demografisch unbedarften Leser in Asso-
vieldimensionalen Netzwerk von Erre-
ziationsketten, wenn er schreibt: „Die Alte-
Aus dieser Geschichte zimmert
Neuere Modelle der Evolution
gungszuständen, die Gedächtnis und
rung der Industrienationen wird wie eine
Schirrmacher das Modell einer Überle-
basieren auf der Idee der optimalen Res-
Funktion repräsentieren. Der alternde Kör-
Sinuskurve in den nächsten 30 Jahren
bensgemeinschaft in demografischer Eis-
sourcenverteilung zwischen Wachstum,
per muss zunehmend das Gehirn einset-
durch die gewaltige Jugendwelle der mus-
zeit, in der die soziale Temperatur auf ein
Überleben
zen, damit sensomotorische Aktivitäten
limischen Länder überdeckt.“ Der gedank-
Minimum abkühlt. Und das ist noch nicht
Modelle zeigen, dass die Evolution sehr
funktionieren. Zum Beispiel ältere Men-
liche Salto mortale zum Olympia-Attentat
alles. „Die Natur“, so Schirrmachers Fazit,
unterschiedliche Lebensstrategien hervor-
schen, die sich in einer Straßenbahn unter-
1972 in München und zum 11. Septem-
„setzt mit ziemlicher Entschlossenheit aufs
bringen kann. Der Prozess der Alterung ist
halten: Sie hören mit dem Reden auf,
ber 2001 ist für Schirrmacher dann eine
Ewig Weibliche.“
nicht ohne Alternativen. Sogar die Vorstel-
sobald sie in Gefahr sind, die Balance zu
leichte Übung.
und
Reproduktion.
Diese
lung einer „Höchstlaufzeit“ menschlichen
verlieren. Jüngere Menschen dagegen
Die Verkehrung von sozialen Tatsa-
Lebens steht inzwischen zur Diskussion.
reden weiter. Beim körperlichen Training
Schirrmachers Katastrophensze-
chen in Naturtatsachen, das lehrt die
Man weiß zum Beispiel heute, dass sich ab
kommt es deshalb gar nicht so sehr auf
nario gründet im „Fortpflanzungsegoismus
jüngste deutsche Geschichte (der Natio-
dem neunzigsten Lebensjahr das Sterberi-
„Fitness“ an. Es geht vor allem darum,
der Natur“ und der „Abneigung der Natur
nalsozialismus definierte sich als „ange-
siko verlangsamt und jenseits von 110
durch das Training die Hypothek auf das
gegen das Altern“. Gegen die demografi-
wandte Biologie“), ist eine gefährliche
Jahren nicht mehr weiter ansteigt.
Gehirn, etwa beim Halten des Gleichge-
sche Götterdämmerung hilft nur eins: „Wir
Sache. Altern und Alter erscheinen als
wichts, zu verringern.
müssen Selbstverteidigungsstrategien ent-
„unnatürlich“, weil Altern im Wettlauf der
wickeln, Methoden alternativer Kriegsfüh-
Evolution einen Nachteil darzustellen
rung, die es einem erlauben, auch als
scheint. „Das alte Lebewesen“, schreibt
schwacher Alter zu überleben: von der
Schirrmacher, „ist für die Natur ohne jeden
Partisanentätigkeit
Nutzen. Was sich nicht mehr vermehren
In modernen Gesellschaften sind
kann, ist alt und muss sterben. Ein Lebe-
Respekt und Macht knappe Güter, um die
wesen, das nicht mehr vererbt, ist ein Fehl-
konkurriert wird. Dabei sieht man immer
investment der Natur.“
schneller alt aus. Obwohl wir immer älter
Ist Altern natürlich?
Manch schlagkräftiges Argument in
bis
zum
Hacker
Angriff.“
der demografischen Debatte ist wissenschaftlich längst nicht mehr haltbar. Nicht
In seinem zweiten Buch „Minimum.
nur in der Diskussion um die Demografie
Vom Vergehen und Neuentstehen unserer
wird immer wieder die Biologie bemüht.
Gemeinschaft“ spielt Schirrmacher dann
Damit bleibt Schirrmacher selbst
Soziales erscheint damit als unveränder-
die Gesellschaft gegen die Gemeinschaft
hinter den klassischen Evolutionstheorien,
bar. Oder es wird zum Kriegsschauplatz
der Familie aus. Familie, auch das ist für
etwa der Theorie angesammelter Mutatio-
56 Drei Farben Grau
Neue Unübersichtlichkeit
des Alters
werden. Obwohl wir immer länger gesund
Hausnotruf Themen 2007
und leistungsfähig sind. Die Altersgrenze
wird immer tiefer gezogen.
Glanzbilder des Alters 57
Inzwischen liegt die Altersgrenze so
Die gesellschaftliche Zeit hat die
des Alters in der Gesellschaft und für indi-
im Januar dieses Jahres: „Ich sehe das
tief, dass sich die Altersbilder vervielfälti-
Lebenszeit überholt. Die Halbwertszeit von
viduelle Verantwortung im Alter ein. Über
Europäische Jahr der Chancengleichheit
gen. Spätestens mit 50 Jahren erreicht
Erfahrungen und Wissen wird immer kür-
300 Mal ist in dem 526 Seiten langen
als Möglichkeit, ein neues Bild des Alters
man das „zweite Alter“, mit 65 das „dritte
zer. Was früher ein Leben lang Bestand
Bericht von „Potenzialen des Alters“ die
zu zeichnen: ein Bild, das Teilhabe älterer
Alter“, mit 80 das „vierte Alter“. Alter macht
hatte, verfällt heute in wenigen Jahren.
Rede, 40 Mal von „Eigenverantwortung“.
Menschen ebenso umfasst wie ihre Wirt-
sich aber schon diesseits der fünfzig
Deshalb werden wir immer schneller alt.
Das Wort „soziale Verantwortung“ kommt
schaftskraft und auch die Innovationskraft
bemerkbar. Zur „Midlife Crisis“ hat sich
Mit dreißig Jahren haben wir heute mehr
nicht vor.
des Alters und ihre Mitverantwortung für
längst die „Quarterlife Crisis“ der Generati-
an Veränderung erlebt, mussten uns öfter
on gesellt, über die der SPIEGEL titelte
neu einrichten, als früher die Menschen
„Jung, erfolgreich, entlassen“.
während ihres gesamten Lebens.
die anderen Generationen – das Alles als
Die Sachverständigenkommission
einen Prozess des lebenslangen Lernens.“
unter Leitung des Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse fordert ein gesell-
Unter dem Stichwort „Potenziale
Wir leben in einer immer schneller
Die neuen Altersbilder sind nicht
schaftliches Altersbild, das nicht „die Risi-
des Alters“ wird von älteren Menschen nicht
werdenden Kultur. Früher veränderte sich
wirklich Bilder des Alters. Das, was der
ken für die jüngere Generation“ in den
nur mehr Mitverantwortung gefordert, son-
die Welt während eines Menschenlebens
Trendforscher Mathias Horx den „zweiten
Vordergrund rückt. „Entscheidend ist hier
dern auch mehr Eigenverantwortung. Im
kaum, die Zeit verlief sehr viel langsamer.
Aufbruch“ nennt, ist eher eine neue
der Gedanke, dass eine Verbesserung der
Altenbericht heißt es: „Bei aller Betonung
Die Nachricht von der Bartholomäusnacht
Lebensphase, die für immer mehr Men-
Partizipationsmöglichkeiten älterer Men-
der sozialen und biografischen Vorausset-
(24. August 1572), zum Beispiel, gelangte
schen, längst aber nicht für alle, Realität
schen letztlich auch immer nachfolgenden
zungen von Potenzialen des Alters darf
mit einer damaligen Rekordgeschwindig-
wird. Für diese Zwischenzeit fehlen uns
Generationen zugute kommen sollte.“
nicht übersehen werden, dass Menschen
keit von nicht einmal 100 Kilometern pro
bislang die Begriffe.
Bundesseniorenministerin Ursula
Tag von Paris nach Madrid, wo sie am
Abend des 7. September eintraf. Heute
kommunizieren wir in Echtzeit.
bis ins sehr hohe Alter in der Lage sind, die
Entwicklung entsprechender Potenziale
Das wirkliche Alter ist hingegen das
von der Leyen wird nicht müde, den
„vierte Lebensalter“. Dort finden der gesell-
gesellschaftlichen und vor allem wirtschaft-
schaftliche Fortschritt und die neuen
lichen Nutzen eines positiven Altersbildes
Doch scheint der Sachverständi-
durch eigenes Verhalten zu fördern.“
Die Beschleunigung der gesell-
Altersbilder ihre Grenzen. Und viele
herauszustellen, etwa beim Auftakt zum
genkommission nicht ganz wohl zu sein
schaftlichen Entwicklung entwertet unse-
Alternsforscher bezweifeln, dass sich die
Europäischen Jahr der Chancengleichheit
angesichts all der Verantwortung, die älte-
re Erfahrungen und unser Wissen immer
Erfolgsgeschichte des „jungen Alters“ auf
re Menschen nun tragen sollen. „Nicht
schneller. Allein das medizinische Wissen
dieses Lebensalter ausdehnen lässt.
übersehen werden sollte allerdings“, merkt
verdoppelt sich heute alle fünf Jahre.
die Kommission an, „die Gefahr einer
Auch wenn immer noch von Bildungspo-
Instrumentalisierung der Potenzialdiskussi-
litik geredet wird, es geht längst um Wis-
Selber schuld
on, etwa im Zusammenhang mit Privatisie-
sensmanagement. Bildung, das zeigen
rungstendenzen in der Sozialversicherung
soziologische Untersuchungen, behin-
Der aktuelle fünfte Altenbericht der
dert Managerkarrieren. Sie wird als hin-
Bundesregierung „Potenziale des Alters in
derlich für schnelle Entscheidungen emp-
Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag
Gefährlich ist nicht nur die Instru-
funden.
älterer Menschen zum Zusammenhalt der
mentalisierung. Die neue Freiheit des
Generationen“ tritt für ein positives Bild
Alters kann sehr schnell in einen „Vitalitäts-
58 Drei Farben Grau
durch bürgerschaftliches Engagement.“
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 59
terror“ umschlagen. Natürlich, die neue
kommentierte: „Die ältere Generation ist
Dadurch entsteht ein Zerrbild der
petenten Alterns forciert die Ausgrenzung
Freiheit strahlt den Charme der Lebens-
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“ Axel Kluth,
Wirklichkeit. Und das politische Wunsch-
der am stärksten belasteten Menschen –
freude aus. Sie geht aber auch unüberhör-
Sprecher der Bestatterinnung Berlin-Bran-
bild des Alters ist nicht minder verzerrt.
der Gebrechlichen und Multimorbiden. Der
bar mit der Forderung einher, „verantwor-
denburg, sagte hingegen im selben
Denn nicht nur die Chancen, lange zu
Journalist Lothar Müller hat im April-Heft
tungsvoll“ von ihr Gebrauch zu machen.
Monat: „Für immer mehr Menschen wird
leben, gesund zu bleiben oder auch im
der Schweizer Kulturzeitschrift „du“ des-
eine würdige Bestattung unerschwinglich.
Geld zu schwimmen, sind sehr ungleich
halb leidenschaftlich für „zivilen Unge-
Wir verzeichnen einen Anstieg von hundert
verteilt. Auch das biologische Alter zeigt
horsam gegenüber dem Vitalitätsterror“
Prozent innerhalb der letzten zwei Jahre.“
umso größere Unterschiede, je älter wir
plädiert.
Es gibt in Wirklichkeit einen subtilen
Zwang zum „vitalen Altern“. Denn wer sich
werden. Es gibt nicht wenige Menschen,
die Freiheit nimmt, zum Beispiel das AntiDemenz-Training sausen zu lassen, der ist
es hinterher selber schuld.
Revolte
der Gebrechlichen
Die demografische Debatte bewegt
die schon knapp nach der Pensionierung
„Die Propheten des neuen Alters“,
sich meist auf dem hohen Niveau von bun-
ein Stufe-3-Pflegefall werden. Auch wenn
schreibt Müller, „lockern nicht nur die über-
desdeutschen Gesamtzahlen und arithme-
sie sich brav ein Leben lang um ihre
kommene Verknüpfung von Alter und
tischen Mittelwerten. Gesamtzahlen und
Gesundheit gesorgt haben.
Gebrechlichkeit, sie etablieren zugleich die
Vitalität als neue kulturelle Norm des
arithmetische Mittelwerte sind aber arm an
Information. Sie bringen auf einen Nenner,
was in Wirklichkeit auseinanderklafft.
Die am Erfolg und am Nutzen aus-
Alters. Und nicht selten erreichen sie den
gerichtete „Mittelschichts“-Norm des kom-
Umschlagpunkt, an dem die Ermunterung
Das politische Wunschdenken vom
der Vitalen sich als Entmutigung der
Alter als eines wahren Gesundbrunnens
Gebrechlichen entpuppt.“
wirtschaftlicher und sozialer Ressourcen,
deckt sich nicht mit der Wirklichkeit. Die
Zum Schluss seines Essays fordert
von Kirsten Aner, Fred Karl und Leopold
Müller ein Recht auf Gebrechlichkeit: „Die
Rosenmayr in ihrem Buch „Die neuen
Anhänglichkeit an das Leben ist kein Privi-
Alten“ vorgeschlagene „Kultur der Langle-
leg, das durch Vitalität erst zu verdienen
bigkeit“ ist eben nicht schon gleichbedeu-
wäre. Sie ist Mitgift des Lebens selbst,
tend mit der Rettung des Sozialen. Oder
auch dann, wenn es in die Macht der
mit dem Boom der „Silver economy“.
Gebrechlichkeit geraten ist. Willkommen
ist jede Einschränkung dieser Macht. Aber
Ein Beispiel: Der im Mai vom Deut-
nur, wenn sie das Recht des gebrechlichen
schen Institut für Wirtschaftsforschung
Lebens anerkennt.“
(DIW) an die Bundesfamilienministerin
übergebene Bericht zu den „Auswirkungen
Auf Leben und Tod
des demographischen Wandels auf die
private Nachfrage“ beziffert das Ausgabevolumen der über 60-Jährigen auf 316 Mil-
Entwickelt sich die Kompetenzge-
liarden Euro im Jahr, ein Drittel aller priva-
rontologie zu einer Optimierungs- und Effi-
ten Ausgaben. Ursula von der Leyen
zienzdisziplin wissenschaftlicher Experten?
60 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 61
[Info-Box]
Die Gefahr besteht, wenn sich der Ein-
Gegen die bunt-mobilen Altersbil-
druck durchsetzt, Vitalität im Alter lasse
der klingt das nach purer Resignation.
sich durch fleißiges Fitnesstraining erwer-
Aber Améry kennt auch die Revolte. Das
ben, Gebrechlichkeit hingegen sei selbst-
Begriffspaar „Revolte und Resignation“
verschuldet. Wenn Gebrechlichkeit nicht
wurzelt in seinen KZ-Erfahrungen: Alters-
Jean Améry: Über das Altern. Revolte und Resignation. Klett-Cotta, 8. Auflage, Dezember
mehr als Teil des Lebens, sondern nur
würde wachse dem Alternden einzig in der
2001; 135 Seiten, 15,00 EUR. Nicht neu, aber aktueller denn je: Die Essays des Philosophen der
noch als Störfall erfolgreichen Alterns
Revolte gegen die resignativen Konse-
modernen Alternsforschung.
betrachtet wird, auf eine letzte Phase
quenzen des Alters zu, wohl wissend,
zusammengedrängt und abgewertet.
dass das Aufbegehren zum Scheitern ver-
Kirsten Aner, Fred Karl & Leopold Rosenmayr: Die neuen Alten – Retter des Sozialen? VS
urteilt sei. „Das ist seine Chance und ist,
Verlag, Februar 2007; 219 Seiten, 26,90 EUR. Reformdruck auf der einen, Langlebigkeit auf der
vielleicht, die einzige Möglichkeit, wahrhaft
anderen Seite. Da liegt es nahe, die „Neuen Alten“ in die Lösung sozialer Probleme einzubinden.
in Würde zu altern“, schreibt Améry.
Stattdessen plädieren die Autoren für eine „Kultur der Langlebigkeit“.
Das positive Altersbild verkehrt sich
in Ideologie, wenn man es überstrapaziert.
Aktuelle Bücher zum Thema
Denn seine Reichweite ist begrenzt. Es
dringt nicht zu den Grundkonditionen sub-
Die Kompetenzgerontologie muss
Petra Bruns, Werner Bruns & Rainer Böhme: Die Altersrevolution. Wie wir in Zukunft alt wer-
jektiven Alternserlebens vor. Es gestattet
sich fragen lassen, ob sie den alten Men-
den. Aufbau-Verlag, März 2007; 237 Seiten, 19,95 EUR. Die 68-er Generation redet wieder von
nicht, das Leben vom Tod her zu denken.
schen dieser Chance auf Würde und
Revolution. Ein wenig Polemik ist unterhaltsam, die Erfindung neuer Unworte wie „Alters-Vulkan“ und
Im Gegenteil: Es verschleiert den Zusam-
Eigensinn beraubt, und ihn stattdessen
„Alters-Atompilz“ aber billig.
menhang von Leben und Tod.
mannigfacher Entfremdung unterwirft.
Oder ob sie, wie Paul B. Baltes es fordert,
du 775: Das Alter. Augen auf und durch. du Verlags Ag, April 2007; 90 Seiten, 12,00 EUR.
Aktueller denn je ist deshalb Jean
auf dem Wert des Lebens an sich beharrt
Die bekannte, aufwändig mit Fotografien von Angelo A. Lüdin und Elisabeth Goechnahts gestaltete
Amérys Buch „Über das Altern. Revolte
und die „zwei Kerncharakteristiken des
Schweizer „Zeitschrift der Kultur“ fragt nach der Zukunft, die für uns Einzelne Alter, für die Gesell-
und Resignation“, vor knapp vierzig Jahren
Alterns“ anerkennt – die „biografische Indi-
schaft Überalterung heißt.
entstanden. Der ehemalige KZ-Häftling
vidualität“ und die „unfertige biokulturelle
wurde mit diesen fünf Essays zum Philo-
Architektur des Vierten Alters“.
Christa Geissler & Monika Held: Generation Plus. Von der Lüge, dass Altwerden Spaß
soph der modernen Alternsforschung.
macht. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 319 Seiten; März 2003; 12,90 EUR; überarbeitete
Dabei spricht Améry weniger vom Altwer-
Neuauflage im Oktober 2007 unter dem Titel: Die Generation Plus plant ihre Zukunft. Gespräche,
den, vielmehr vom Anderswerden während
Reportagen und Porträts. Die beiden Journalistinnen, die für die Frauenmagazine „Cosmopolitan“
jener „Zeitstrecke, auf der wir dem Todes-
und „Brigitte“ arbeiten, lassen in fünfzig Interviews die Menschen zu Wort kommen, 90-Jährige
gedanken begegnen“. Mit schonungsloser
ebenso wie Thirtysomethings, darunter Experten wie Claus Fussek und Prominente wie den
Offenheit und radikaler, bis an die Grenzen
Schauspieler Peter Sodann.
der Logik und Sprache gehender Selbstbeobachtung beschreibt Améry, was pas-
Peter Gruss: Die Zukunft des Alterns. Die Antwort der Wissenschaft. Ein Report der Max-
siert, wenn wir uns älter werden spüren.
Planck-Gesellschaft. Verlag C.H.Beck, März 2007; 333 Seiten, 16,90 EUR. Die vom Präsidenten der
Darüber, wie sich unser Verhältnis zur Zeit,
Max-Planck-Gesellschaft herausgegebenen zwölf Beiträge informieren in allgemein verständlicher
zum eigenen Körper, zur Gesellschaft, zur
Sprache über den neuesten Stand der Alternsforschung.
Kultur und schließlich zum Tod verändert.
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Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 63
Andreas Kruse: Alter. Was stimmt? Die wichtigsten Antworten. Herder Verlag, April 2007;
Weiterführende Links
128 Seiten, 7,90 EUR. Der Heidelberger Gerontologe und Vorsitzende der Sachverständigenkommission zum 5. Altenbericht der Bundesregierung, gibt allgemein verständliche Antworten.
Der Fünfte Altenbericht kann kostenlos von der Website des Bundesfamilienministeriums heruntergeladen oder zum Preis von 18,60 Euro bestellt werden
Elisabeth Niejahr: Alt sind nur die anderen. So werden wir leben, lieben und arbeiten.
www.bmfsfj.de
Fischer Taschenbuch, 2. Auflage, Oktober 2005; 191 Seiten, 8,95 EUR. „Wahrscheinlich müssen wir
unsere Lebensentwürfe viel stärker korrigieren als unsere Versicherungssysteme.“ Niejahr spricht für
Büro gegen Altersdiskriminierung
die Generation der Baby Boomer.
www.altersdiskriminierung.de
www.goldenefalte.de
PROKLA 146: »Bevölkerung« – Kritik der Demographie. Westfälisches Dampfboot Verlag,
März 2007; 149 Seiten, 12,00 EUR. Die Jenaer Soziologin Silke von Dyck versucht herauszufinden,
was hinter den landauf, landab beschworenen „Potenzialen des Alters“ steckt. Der Marburger Sozialforscher Udo Kelle fragt nach der neuen „Kundenorientierung“ in der Altenpflege. Weitere Beiträge
von Eva Barlösius, Ernst Kistler und Ulrike Baureithel.
Frank Schirrmacher: Das Methusalem-Komplott. Heyne Taschenbuchausgabe, November
2005; 224 Seiten, 7,95 EUR (als Hörbuch erschienen bei Random House Audio, Juli 2004; 2 CDs,
19,95 EUR). Der demografische Bestseller, wortgewandtes Demografie-Feuilleton.
Frank Schirrmacher: Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft.
Blessing Verlag, März 2006; 192 Seiten, 16,00 EUR (als Hörbuch erschienen bei Random House
Audio, August 2006; 2 CDs, 19,95 EUR). Der Versuch einer Fortsetzung. Schirrmacher erfindet ein
neues Genre: die demografische Erbauungsliteratur.
SPIEGEL special: Jung im Kopf. Die Chancen der alternden Gesellschaft. Nr. 8/2006, Oktober 2006; 130 Seiten, 6,00 EUR. Das „Magazin zum Thema“ mit 30 Beiträgen zu „Chancen durch
Wandel“, „Zeit zum Leben“ und „Raum für Menschen.
[Info-Box]
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Hausnotruf Themen 2007
Glanzbilder des Alters 65
Technik als Chance
für die Zukunft des Alterns
Der demografische Wandel kann
Digitales Altern
nicht von gesellschaftlichen Veränderungen getrennt werden. Diese Veränderun-
Inzwischen
wird
unser
Leben
gen sind Folge, Begleiterscheinung, zum
immer sichtbarer von technologisch unter-
Teil auch Errungenschaften einer moder-
stützten Umwelten bestimmt. World Wide
nen Gesellschaft.
Web, Handys, Navigationsgeräte – junge
Erfindungen der letzten Jahre, heute aus
Hygiene, Kanalisation und Schäd-
dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
lingsbekämpfung, Impfungen und Antibio-
Technologien waren zwar immer schon
tika leiteten den epidemiologischen Über-
soziale Erscheinungen, wurden aber als
gang ein. Die Lebenserwartung stieg
solche nicht wahrgenommen.
kontinuierlich. Seit 1950 folgten neue
Möglichkeiten medizinischer Diagnose und
Der demografische Wandel ist eng
Therapie sowie eine rasante technologi-
verzahnt mit der technologischen Ent-
sche Entwicklung. Seitdem steigt die Zahl
wicklung. So wie Menschen sich mit Stei-
gesunder Lebensjahre alter Menschen
nen Wohnumwelten geschaffen haben,
unaufhörlich.
leben wir heute in Technikumwelten. Und
so wie Wohnen Menschen formt, beein-
Erst in den letzten Jahren wurde
flusst auch die Technik unser Lebensge-
die Bedeutung von Technologien für
fühl und Zusammenleben. Technik ist
erfolgreiches Altern erkannt. Zwar ent-
nicht mehr nur Hilfsmittel. Es geht nicht
stand bereits 1989 das erste offizielle Pro-
allein darum, wie Geräte in Zukunft aus-
gramm „Ageing and Technology“ an der
sehen werden. Technik umgibt uns heute
Technischen Universität Eindhoven in den
als Umwelt, die unser Leben im Hier und
Niederlanden, gefolgt vom ersten interna-
Jetzt prägt.
tionalen Kongress zu „Gerontotechnologien“ 1991. Aber in der Praxis galten
Technologisch unterstützte Umwel-
Technik und Altenhilfe weiterhin als Gegen-
ten verändern gegenwärtig das Altern
sätze.
von Gehirn und Verhalten auf noch nicht
absehbare Weise. Und die Geschwindigkeit technologischer Entwicklung
66 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Technik als Chance... 67
lässt große Abstände zwischen den
Gerontotechnologien. Entwickelt wurden
In einem Beitrag der Zeitschrift
Jahrgängen hinsichtlich ihrer Erfahrungen
sie bereits in den 1970-er Jahren aus dem
Forum von 1984 wird die Debatte auf den
mit diesen Umwelten entstehen. Soziolo-
sozialen Modell der Telefonkette.
Punkt gebracht: „Wollen wir technokrati-
gen sprechen von Kohorten, die im gleich-
sche
zeitigen
die
menschliche Beziehungen stärken?“ Das
Erfahrungen
Deutsche Rote Kreuz reagierte 1985 mit
machen. Befragungen älterer Menschen
einer Rahmenkonzeption: „Das technisch
Lebensverlauf
Geschichte
durch
gemeinsame
Ausgestaltung
oder
zwischen-
geben oft mehr Auskunft über solche
Nach Angaben des Statistischen
Machbare kann kein Ersatz für zwischen-
„Kohorteneffekte“ als über die Zukunft des
Bundesamts sind bereits heute über 30
menschliche Beziehungen und Zuwen-
Alterns.
Prozent der über 54-Jährigen online.
dung sein, sondern stellt eine wertvolle
Gegenüber 16 Prozent im Jahr 2002 und
Kommunikationshilfe dar.“
Als die heutigen Alten, die 1920-er
22 Prozent im Jahr 2004. Die Altersgruppe
Jahrgänge, in Rente gingen, spielten
der über 54-Jährigen ist zurzeit die größte
weder Mobiltelefone noch Internet eine
Wachstumsgruppe der Internetnutzer.
Die Technikkritik der 1980-er Jahre
klang noch lange in dem Klischee von den
Rolle. Vor 15 Jahren, 1992, wurde GSM in
technikfeindlichen Senioren nach. Tatsäch-
Deutschland eingeführt, 1995 ISDN, 2000
Dabei gibt es eine klare Untertei-
lich zeigen aber alle neueren Studien, dass
DSL. In nur zwölf Jahren hat sich die Zahl
lung, wie der aktuelle Altenbericht der
die Einstellungen älterer Menschen zur
der Mobilanschlüsse auf 83 Millionen fast
Bundesregierung feststellt. Lag im Jahr
Technik – sei es Internet oder mobiles Tele-
verdreißigfacht und übersteigt inzwischen
2005 die Altersgruppe von 50 bis 59 Jahre
fonieren – vom gesamtgesellschaftlichen
die Einwohnerzahl. 1995 brachte Microsoft
mit 43 Prozent sogar leicht über dem Bun-
Trend nicht abweichen.
seinen ersten Internet Explorer auf den
desdurchschnitt von 40 Prozent, nutzten in
Markt.
der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahre nur
Seitdem
sind
300
Millionen
Einstellungen zur Technik haben
Mitte der 1980-er Jahre geriet der
nichts mit dem Alter zu tun, sondern wer-
den Einzelseiten und Dokumente im World
Hausnotruf in die Kontroverse. Die Bun-
den im Lebenslauf erworben. Nicht wegen
Wide Web zugänglich.
desarbeitsgemeinschaft der Freien Wohl-
der Technik sinkt im Alter die Bereitschaft
fahrtspflege, das Kuratorium Deutsche
zur Annahme neuer Technologien. Viel-
Altershilfe und die Aktion Sorgenkind spra-
mehr können ältere Menschen häufig nicht
chen sich gegen die Förderung von Haus-
den Nutzen für ihre Lebenssituation erken-
notrufsystemen aus: „Es wird befürchtet,
nen. Ältere Menschen neigen zu „objektiv
Domains gesichert worden und 650 Milliar-
Das gibt eine Vorahnung auf die
nächsten 15 Jahre. Denn das Tempo der
sieben Prozent das Internet.
Das Märchen von
den technikfeindlichen
Senioren
Entwicklung ist ungebrochen, nicht nur bei
den Kommunikationstechnologien. In 15
Die vom Deutschen Roten Kreuz
dass Hausnotrufsysteme zu sehr als tech-
ungerechtfertigter Zufriedenheit“, wie es
Jahren geht Bill Gates in Rente. Die kom-
zum 25-jährigen Jubiläum des DRK-Haus-
nisches Instrument zur Verhinderung von
heißt. Sie verändern ihre Gewohnheiten
menden Rentnerjahrgänge werden anders
notrufs herausgegebene Dokumentation
Heimaufnahme eingeführt werden“, heißt
nicht, so lange sie nicht deutliche Vorteile
– digital – alt geworden sein. Und mit ihnen
zur Geschichte des Hausnotrufs illustriert
es in einer Stellungnahme. „Hausnotruf-
für sich sehen.
werden die neuen Technologien das Alter
die Entwicklung des Verhältnisses von
systeme dürfen keineswegs als Alibifunkti-
erobern.
Technik und Altenhilfe. Hausnotrufsysteme
on dienen, um notwendige stationäre und
sind gewissermaßen Dinosaurier der
ambulante Hilfen zu verweigern.“
68 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Technik als Chance... 69
Alternsökonomie
Die Herausforderung für den Men-
Die Plastizität des Gehirns steht in
noch als „Senior Research Group“ (SRG)
schen und sein Gehirn ist es, im Alter mit
enger Wechselwirkung zu Veränderungen
in Berlin tätig und beschäftigen sich, zum
In dem, was Marketingexperten
weniger mehr zu erreichen. Indem wir stär-
im Verhalten. Technologien können kogni-
Beispiel, mit der Frage, wie Mobiltelefone
„objektiv ungerechtfertigte Zufriedenheit“
ker auswählen, womit wir uns beschäfti-
tive Leistungen steigern, indem sie den im
für Senioren gestaltet sein sollten.
nennen, sehen Verhaltenswissenschaftler
gen. Indem wir uns darauf konzentrieren,
Alter zunehmenden Aufmerksamkeitsbe-
einen ökonomischen „Balanceakt“. Der im
die Dinge, die wir tun, zu optimieren. Und
darf für Sehen, Hören und Gehen reduzie-
Bei alternsgerechter Technologie
November vergangenen Jahres verstorbe-
indem wir schlechter werdende Leistun-
ren. Einfache Beispiele für solche Techno-
geht es aber um mehr als um Funktionen
ne Alternsforscher Paul B. Baltes hat
gen auf dem einen Gebiet mit noch sehr
logien sind der Gehstock oder das
und Aussehen. Ulman Lindenberger,
erfolgreiches Altern als das geglückte
guten auf einem anderen Gebiet ausglei-
Treppengeländer. Experimente zeigen,
Direktor des Forschungsbereichs Entwick-
Zusammenspiel von Selektion, Optimie-
chen.
dass mit diesen einfachen technischen
lungspsychologie am Berliner Max-Planck
Hilfsmitteln die kognitiven Leistungen bei
Institut für Bildungsforschung, hat aus
alten Menschen während des Gehens
dem SOK-Modell von Baltes drei Kriterien
höher sind als ohne.
für die Bewertung von Technologien im
rung und Kompensation definiert. Am Beispiel des 80-jährigen Pianisten Rubinstein
veranschaulichte Baltes das SOK-Modell:
Darin liegen die Chancen der
Technik. Technologische Umwelten kön-
Alter abgeleitet:
nen ältere Menschen in Bereichen des
„Auf die Frage, wie er es schaffe,
täglichen Lebens unterstützen und Ent-
Experten des eigenen
Lebens bleiben
im hohen Alter weiterhin ein solch hervor-
wicklungspotenziale
ragender Pianist zu sein, führte er drei
Gehirn kann sich auf diese Potenziale
Gründe an: Er spiele weniger Stücke (ein
konzentrieren und neue Verbindungen
Beispiel für Selektion), diese übe er jedoch
aufbauen. Altern heißt also, Defizite und
In Deutschland prüfen die Deut-
empfinden viele Menschen das Einstellen
häufiger (ein Beispiel für Optimierung);
Fähigkeiten immer wieder neu auszuba-
sche Gesellschaft für Gerontotechnik
ihrer Hörgeräte als mühselig, die „Ressour-
außerdem nutze er größere Kontraste im
lancieren. Sich auf die Fähigkeiten zu
(GGT) und der TÜV Rheinland alters-
cenbilanz“ als negativ. Die Geräte bleiben
Tempo des Spiels, um sein Spiel schneller
konzentrieren, sie zu optimieren und
freundliche Produkte. Seit 2003 vergibt der
in der Schublade und werden nicht
erscheinen zu lassen, als er objektiv gese-
dadurch Lebensqualität und Unabhängig-
TÜV in Zusammenarbeit mit der deutschen
benutzt.
hen zu spielen noch in der Lage sei (ein
keit zu sichern.
Seniorenliga das argus-Zertifikat.
freisetzen.
Das
Der Nutzen von Technologien muss
erkennbar größer sein als der Aufwand,
der notwendig ist, sie zu beherrschen. So
Beispiel für Kompensation).“
70 Drei Farben Grau
Technologien müssen sich flexibel
In der Alternsforschung spricht
Von 1997 bis 2003 arbeiteten in
der Umwelt und dem individuellen Leis-
man von der „Plastizität“ des Gehirns und
einer multidisziplinären Forschergruppe
tungsspektrum der Nutzer anpassen. Ins-
des Verhaltens. Plastizität ist die Möglich-
Ingenieure, Arbeitswissenschaftler, Desig-
besondere deshalb, weil Alterungsprozes-
keit zur Anpassung und Veränderung von
ner und Soziologen zusammen, um
se sehr unterschiedlich ablaufen und
Funktion und Form. Das Gehirn ist keine
Grundlagen für neue Produkte und Dienst-
Fähigkeiten verschieden stark betroffen
beschreibbare Festplatte, sondern ein
leistungen für Senioren zu entwickeln. Von
sind.
Netz
die
Beginn an wurden auch Senioren in das
Gedächtnis und Funktion repräsentieren.
von der Deutschen Forschungsgemein-
Schließlich müssen Technologien
Die Netzstruktur ist zwar hinlänglich stabil,
schaft (DFG) geförderte Projekt „sentha –
die richtige Balance aus Unterstützung
aber nicht starr. Sie ist veränderbar. Sonst
Seniorengerechte Technik im häuslichen
und Eigeninitiative bieten. Durch Entlas-
wäre Lernen nicht möglich.
Haushalt“ eingebunden. Sie sind heute
tung frei werdende Ressourcen sollten für
von
Erregungszuständen,
Hausnotruf Themen 2007
Technik als Chance... 71
die Entwicklung vorhandener Fähigkeiten
Nutzung technischer Hilfsmittel Ressour-
tenbegleiter sind ein weiteres Beispiel.
Nicht nur die Fraunhofer-Innovati-
eingesetzt werden. Moderne Technolo-
cen durch Nichtgebrauch mindert. Ziel
Sechs Fraunhofer-Institute haben in den
ons-Initiative „Intelligente Produkte und
gien können dazu äußere Hinweisreize
aber ist es, die Alltagskompetenz zu erhö-
letzten zwei Jahren ein System entwickelt,
Umgebungen“ forscht gegenwärtig zu
anbieten.
hen und die soziale Teilhabe zu stärken.
das die Langzeiterfassung der wichtigsten
„Electronic Homecare“. Die Universitäts-
Das wiederum hat positive Auswirkungen
Herz-Kreislauf-Funktionen rund um die Uhr
klinik Münster testet zurzeit ein „home-
möglich macht.
care.diabetes
Ältere
Menschen
müssen
System“.
Die
Fach-
als
auf die kognitive Leistungsfähigkeit, das
„Experten ihres eigenen Lebens“ begriffen
Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl.
werden, schreibt Lindenberger. Nicht sie
Die Bewertung alternsgerechter Technolo-
Dabei ermittelt ein Sensor-T-Shirt
Zusammenarbeit mit dem Zentrum für
sollen sich den Erfordernissen der Technik
gien muss deshalb die Balance von Unter-
kontinuierlich alle notwendigen Messwerte
Telematik im Gesundheitswesen (ZTG)
anpassen, sondern umgekehrt: Moderne
stützung und Herausforderung in den
und leitet sie über Funk an einen PDA wei-
eine realitätsnahe Monitoring-Umgebung
Technologien für das Alter müssen sich auf
Mittelpunkt stellen.
ter. Die Software sammelt die Datenflut,
mit intelligenten Sensoren, die neben
den Alltag, auf Gewohnheiten und Vorlie-
wertet sie aus und überträgt die Ergebnisse
medizinischen Funktionen auch beispiels-
ben der Nutzer „einstellen“. Dazu ist es
via Internet oder Mobilfunk an eine teleme-
weise Herde und Wasserkocher, geöffnete
dizinische Betreuungszentrale. Dort kann
Fenster und Türen überwachen.
wichtig, dass Technologien frühzeitig eingeführt werden. Mensch und Technik kön-
Zu Hause in den
intelligenten vier Wänden
hochschule
entwickelt
in
geschultes Personal den Ernst der Lage
einschätzen, die Patienten telefonisch bera-
nen sich so einander anpassen, bevor der
Dortmund
Und in Greifswald wird seit fünf
alte Mensch wegen Gebrechlichkeit und
Flexibel unterstützende Technolo-
kognitiver Einschränkungen auf Unterstüt-
gie ist ein aktueller Forschungsgegenstand
zung angewiesen ist.
für die Zukunft des Alterns. Zum Beispiel
Besonderer Schwerpunkt bei der
Projekt wird mit zwei Millionen Euro von
hat sich das sentha-Teilprojekt „Smart
Entwicklung von digitalen Patientenbeglei-
der Europäischen Union gefördert. Eine
Home“ mit der Entwicklung eines Kommu-
tern bilden psychische Momente in der
aktuelle EU-Studie sieht in der Teleüberwa-
nikationsnetzes für den Wohnbereich
Betreuung von Kranken: Wie kann Tech-
chung einen „Megatrend“ der nächsten
beschäftigt, das nicht nur ein Notruf- und
nologie dabei helfen, das Therapieverhal-
zehn Jahre.
Sicherheitssystem beinhaltet, sondern
ten zu verbessern? Wie kann Isolation ver-
auch Licht und Temperatur automatisch
hindert werden? Neben den objektiven
regelt. „Mit flexibel unterstützender Tech-
medizinischen Messwerten können auch
nologie“, so Lindenberger, „werden Geräte
die subjektiven Einschätzungen des Nut-
und Umwelten bezeichnet, die die Verhal-
zers erfasst werden.
ten und notfalls einen Arzt zu Hilfe holen.
medizinischen Netzwerk gearbeitet. Das
erlernen und aktiv unterstützen.“
Techno-Schwestern
Wie Ambient Intelligence und Telemonitoring auch die Pflege verändern
tensweisen, Handlungen und Gewohnheiten ihrer Nutzer und Bewohner erkennen,
Jahren an einem flächendeckenden tele-
Der Nutzer kann außerdem in
könnten, zeigt das vom Institut für
Sachen Gesundheit von den Geräten unter-
„Community Medicine“ der Universität
stützt werden: Ähnlich einem Terminplaner
Greifswald
In der Vision von „Ambient Intelli-
können digitale Patientenbegleiter Gesund-
AGnES (Arztentlastende, Gemeindenahe,
entwickelte
Modellprojekt
Denn der Umgang mit technischer
gence“ vernetzen sich die Dinge, bilden
heitspläne verwalten, zu ihrer Einhaltung
E-Healthgestützte, Systemische Interventi-
Unterstützung muss gelernt werden. Es
eine „intelligente Umgebung“ und stellen
motivieren oder Alternativen vorschlagen.
on). Auf der Insel Rügen sind seit August
besteht die Gefahr, dass die dauerhafte
sich auf den Benutzer ein. Digitale Patien-
72 Drei Farben Grau
2005 „Telegesundheitsschwestern“ im
Hausnotruf Themen 2007
Technik als Chance... 73
Einsatz, seit Juli 2006 auch im brandenburgischen Lübbenau.
Ein mobiles Informationssystem
entstehen können. Wie kein anderes Land
aus dem Bett gefallen ist oder schlafwan-
verwaltet die Daten, bereitet sie auf und
setzen die Japaner auf moderne Technolo-
delt. Die Toilettensitze sind mit Elektroden
macht sie über Internet zugänglich. Multi-
gien in der Pflege und Betreuung von alten
ausgestattet. Ein schwacher Stromfluss
Menschen.
ermittelt den Fettanteil des Klosettbenut-
In den ländlichen Regionen Meck-
mediale Daten wie Bild und Video werden
lenburg-Vorpommerns und Brandenburgs
in Echtzeit verarbeitet. Die Datenverwal-
ist der demografische Wandel bereits
tung dient ebenfalls dazu, die Arbeiten der
Japan hat mehr mit der demografi-
deutlich spürbar. Die Menschen werden
Schwester zu koordinieren, zu optimieren
schen Entwicklung zu kämpfen als euro-
älter, die Jungen wandern ab. Bis 2010
und auch abrechenbar zu machen. Dafür
päische Länder. Japan ist die älteste
werden etwa ein Drittel der derzeit tätigen
kommt ein GPS-gestütztes System zum
Gesellschaft der Welt. Hier leben die Men-
Hausärzte in den Altersruhestand gehen.
Einsatz.
schen am längsten, die Geburtenrate ist
zers. Schmale Sensorbänder in der Windel
mit 1,27 Kindern besonders niedrig. Vor
Die Wiederbesetzung von Arztpraxen ist
reagieren auf Nässe und ermitteln die Urinfrequenz.
Roboter gegen
Einsamkeit
schwierig. Dadurch könnte es in Zukunft
Aus dem AGnES-Modell heraus
allem aber ist die von Shintoismus und
zu Engpässen in der hausärztlichen Ver-
wurde inzwischen ein Lehrplan für die
Buddhismus geprägte kollektivistische
Roboter kommen in der Altenpfle-
sorgung kommen.
„Gemeindeschwester der Zukunft“ aufge-
Kultur von einer „Welle zur Singularisierung
ge Japans ebenfalls zum Einsatz. Mit
stellt. Seit Oktober 2006 absolvieren 16
des Lebens im Alter“ erfasst worden, wie
einem jährlichen Umsatz von 4,5 Milliarden
Im AGnES-Projekt wird der Haus-
Krankenschwestern und Pflegekräfte an
eine 2002 im Auftrag des Bundesfamilien-
US-Dollar boomt der japanische Robotik-
arzt von einer speziell ausgebildeten Tele-
der Hochschule Neubrandenburg einen
ministeriums erstellte Expertise „Wirt-
markt, besonders im Bereich von Haus-
gesundheitsschwester unterstützt, die mit-
berufsbegleitenden EU-Weiterbildungsstu-
schaftskraft Alter in Japan“ feststellt.
haltsrobotern. 2006 hat das japanische
tels WiMax/WLAN-Technologie mit dem
diengang mit dem Ziel einer Qualifikation
Hausarzt in Verbindung steht. Die Telege-
zum „Community Medicine Nursing“. Die
Wie in Japan Problemen des
Robotik erstmals einen Wettbewerb aus-
sundheitsschwester
nach
Pilotausbildung läuft bis zum Juni 2007
Alterns begegnet wird, zeigt das Alters-
geschrieben, der in Zukunft jährlich statt-
Anweisung des Arztes Hausbesuche.
und umfasst insgesamt 265 Theoriestun-
heim Sincere Kourien in der Nähe Osakas.
finden soll.
Dabei stehen vorbeugende, beratende
den, gefolgt von einem 12-wöchigen Prak-
Der japanische Elektronikkonzern Matsus-
und Therapie überwachende Tätigkeiten
tikum in einer Hausarztpraxis.
hita, bekannt durch Marken wie JVC und
Unter den Preisträgern 2006 war
Panasonic, erprobt hier Apparate und
auch „My Spoon“ von der Firma Secom.
Automaten für das Altersheim der Zukunft.
Der mit Joystick steuerbare Roboterlöffel
Ein lückenloses System aus Infrarot-Sen-
soll Alten beim Essen helfen. Mit einem
dern und Bewegungsmeldern verrät dem
Löffel werden von einem Teller entspre-
Pflegepersonal, wer sich gerade wo auf-
chende Happen einer Mahlzeit bis zu einer
übernimmt
im Vordergrund.
Eine wichtige Aufgabe der Telegesundheitsschwester ist das unterstützende
Lebensabend
auf Japanisch
Monitoring des Gesundheitszustands von
Wirtschaftsministerium zur Förderung der
Patienten in der häuslichen Umgebung.
Wie bei jeder neuen Entwicklung
hält. Blinkende Lichter weisen den Alten-
bestimmten Position transportiert. Man
Dafür werden Telecare-Geräte eingesetzt,
müssen sowohl die Chancen als auch die
pflegern im Notfall den Weg ins Zimmer.
muss nur noch mit dem Mund das Essen
zum Beispiel Herzrhythmuskarten, Blut-
Risiken der Technologien für die Zukunft
Über jeden Heimbewohner wird ein elek-
vom Löffel nehmen.
druck- und Blutzuckermessgeräte und
des Alterns in Betracht gezogen werden.
tronisches Dossier geführt.
elektronische Waagen.
Ein Blick nach Japan zeigt, dass durch
den Einsatz flexibel unterstützender Technologien
74 Drei Farben Grau
auch
neue
Abhängigkeiten
Die neueste Entwicklung japaniden
scher Pflegeroboter heißt „HAL“. HAL
Bettpfosten erkennen, ob der Bewohner
steht nicht für den Übercomputer aus
Gewichtssensoren
Hausnotruf Themen 2007
unter
Technik als Chance... 75
Stanley Kubricks „2001“, sondern für
aber übersät mit Drucksensoren. Er kann
Hybrid Assistive Limb. Der Anzug mit den
so auf Umarmung mit Bewegungen von
hybriden, hilfreichen Gliedmaßen verfügt
Kopf und Körper reagieren, kann auch
über Sensoren, die direkt auf Signale des
erkennen, woher eine Stimme kommt und
Gehirns reagieren sollen. Der Roboter-
einige Worte verstehen.
[Info-Box]
Aktuelle Bücher zum Thema
Wolfgang Friesdorf & Achim Heine: Seniorengerechte Technik. Alltagsanfor-
Anzug soll älteren Menschen helfen, zu
gehen und Gewichte bis zu zwanzig Kilogramm zu heben.
Zudem ist Paro mit einem Kontroll-
derungen an die Gestaltung technischer Produkte. Springer Verlag, Dezember
zentrum verbunden. So kann man schlie-
2006; 224 Seiten, 79,90 EUR. Das Buch stellt die Forschungsergebnisse des von
ßen, wie es den Alten geht. Ob sie bei-
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts „sentha –
„Paro“ von der Firma AIST hat es
spielsweise fit genug sind, sich mit
Seniorengerechte Technik im häuslichen Haushalt“ vor, und bietet gleichzeitig auf
nicht nur in die Schlagzeilen deutscher Zei-
„Shiro-chan“ zu unterhalten. „Weißchen“
einer zweiten Ebene den Einstieg in das Thema über den in einer Alten-WG spie-
tungen, sondern sogar ins National Muse-
ist der Kosename von Paro. Über einen
lenden Roman der Bestsellerautorin Doris Mayer.
um of Emerging Science and Innovation in
integrierten Anrufbeantworter können Ver-
Tokio geschafft – Abteilung „Zukunft“.
wandte ihre Botschaften von Paro ausrich-
„Herzerwärmende Kommunikation mit
ten lassen.
Weiterführende Links
einem Roboter“ steht auf der Tafel vor dem
Schaukasten.
Gesellschaft für Gerontotechnik
Centrum für angewandte Telemedizin
der Plüschroboter inklusive eines War-
www.gerontotechnik.de
Mecklenburg-Vorpommern
tungsvertrags und einer Dreijahresgarantie.
www.virtuellemesse.com
www.catmv.de
Fell. Und er hat den wissenschaftlichen
Senior Research Group
Institut für Community Medicine der
Streicheltest bestanden. 100.000 Mal
www.srg-berlin.de
Universität Greifswald
Umgerechnet 2.836 Euro kostet
Er kommt serienmäßig mit antibakteriellem
www.medizin.uni-greifswald.de/icm
wurden die Sensoren stimuliert, um ihre
Zuverlässigkeit und Haltbarkeit zu prüfen.
sentha
Paro, so der Hersteller, kann als hygieni-
www.sentha.org
IT Science Center Rügen
www.it-science-center.de
scher Ersatz für Haustiere verwendet werden. Und ist auch ein „guter Ersatz für
Ambient Intelligence
Enkelkinder“.
www.belami-project.org
Plüschroboter „Paro“ von AIST
http://paro.jp/english/index.html
homecare.diabetes System
8 www.blande.de/cms
Paro steht für „Personal Robot“
und gehört zur Gattung der „Mental Com-
Zentrum für Telematik im Gesundheits-
mitment Robots“. Der 57 Zentimeter
wesen
lange, 2,7 Kilogramm schwere Roboter
www.ztg-nrw.de
[Info-Box]
sieht aus wie eine weiße Plüschrobbe, ist
76 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Technik als Chance... 77
Hausnotruf 2.0
Die rapide Entwicklung der Kommunikationstechnologien hat in den vergangenen 15 Jahren unser Verhältnis zur
Technik radikal verändert: Technik ist sozial geworden. Das Erkennen der sozialen
Dimension von Technik wiederum hat die
Technologien nicht minder radikal verändert: Technik ist interaktiv geworden.
Im Web 2.0 gibt es keine VorschrifIm World Wide Web heißt das seit
ten. Kontrollen sind interaktiv. Ob nun bei
2004 „Web 2.0“ und geht einher mit einer
Ebay der Preis oder bei Wikipedia der
Flut von Begriffen wie „Weblog“, „Pod-
Wahrheitsgehalt geregelt wird. Diese For-
cast“, „Social Networking“, „Serendipity“
men kollektiver Intelligenz funktionieren
oder „Folksonomy“. Der gemeinsame
jedoch nur, wenn niemand ausgeschlos-
Nenner dieser Begriffe ist der Schlachtruf
sen wird, egal wo er sich gerade aufhält.
des Web 2.0: „Wir sind das Netz.“
„Simplicity“ und „Usability“, Vereinfachung
und Benutzerfreundlichkeit, ist der Trend
im Web 2.0. Je einfacher, desto besser.
Vorbild Web 2.0
Das Web 2.0 steht für eine „benutDas World Wide Web ist nicht län-
zerfreundliche Welt, die sich den Lebens-
ger der Ort, an dem Unternehmen auf
und Arbeitsbedürfnissen anpasst und
Homepages ihre Angebote veröffentlichen.
unterordnet“, schreiben Holm Friebe und
Damals, im „Web 1.0“, hieß das Zauber-
Sascha Lobo in ihrem Buch „Wir nennen
wort „E-Commerce“. Im Web 2.0 kann
es Arbeit“. Sie schildern, wie neueste Ent-
dagegen jeder bei allem mitmischen, alles
wicklungen im Internet in alle Bereiche der
kommentieren und sogar als Kunde noch
Gesellschaft diffundieren. Auch wenn sie
mitverdienen.
auf den ersten Blick dafür nicht geeignet
Sogar
Bundeskanzlerin
Angela Merkel mischt seit August 2006 mit
scheinen.
einem wöchentlich Video-Podcast im Web
2.0 mit.
Die Auswirkungen dessen, was im
Netz passiert, spüren wir inzwischen alle.
78 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 79
Vom Aussterben
nicht bedroht
Unsere Erwartungen an Technologien ver-
Gegenwärtig macht „das Netz
ändern sich. Technischer Schnickschnack
selbst einen großen Schritt auf alte Men-
war gestern. Heute wollen wir intelligente
schen zu“, schreiben Holm und Friebe.
Technologien, die möglichst wenig nach
Das Web 2.0 hat inzwischen auch die
Bei der Geschwindigkeit der tech-
Technik aussehen, sich selbst erklären und
Altenverbände erreicht. Auf der diesjähri-
nischen Entwicklung ist es bemerkens-
keine
gen Abschlusstagung der Bundesar-
wert, dass das Deutsche Rote Kreuz im
beitsgemeinschaft der Seniorenorganisa-
September 2006 das 25-jährige Jubiläum
tionen
dicken
Gebrauchsanweisungen
brauchen.
Benutzerfreundliche
Zukunft
Bevölkerung älter als 40 Jahre durch. 55
Prozent der Befragten, die den Hausnotruf
kannten, nannten spontan das Deutsche
„Online-Jahr
seines Hausnotrufdienstes feiern konnte.
50plus“ stand das Thema oben auf der
Walkman und Videokassette sind genau
Tagesordnung.
so alt wie das Hausnotrufsystem, aber
(BAGSO)
zum
Rote Kreuz als Anbieter.
bereits ausgestorben oder im Aussterben
Es gibt einen großen Nachholbe-
begriffen. Das Hausnotrufsystem konnte
Zum Beispiel „Universaldesign“.
darf. Viele Websites von Wohlfahrtsver-
sich hingegen bis heute in der Evolution
Universaldesign ist Usability auf die Offli-
bänden und sozialen Dienstleistern sind
der Technologien nicht nur behaupten –
ne-Welt angewandt. Inzwischen wissen
heute noch nicht einmal barrierefrei. Auch
die Teilnehmerzahlen steigen weiterhin
wir, dass, was für alte Menschen gut ist,
für den Hausnotruf, das Urmodell der
kontinuierlich.
für den Rest nicht verkehrt sein kann. Als
Gerontotechnologie, stellt sich die Frage,
der japanische Mobilfunkanbieter NTT
ob man von den Prinzipien des Web 2.0
1987 gab es bundesweit 7.000
Bilanz ziehen. Zwar hielten alle geladenen
DoCoMo vor fünf Jahren mit dem „Raku-
für eine benutzerfreundliche Zukunft nicht
Hausnotrufteilnehmer. Die Zahl stieg über
Experten – von Andreas Kruse über Ursu-
Raku“, auf Deutsch „einfach-einfach“, ein
lernen kann.
16.000 im Jahr 1990 auf 190.000 im Jahr
la Lehr bis Rita Süssmuth – den Hausnot-
2000. Bis September 2006 verdoppelte
ruf für zukunftsfähig, doch war man sich
Seniorenhandy mit größeren Tasten und
einfachen Symbolen anbot, wurde es
schnell
zum
Kassenschlager
–
bei
Jugendlichen.
Beim Jubiläumskongress „Perspektiven im Alter“ in Berlin konnte das
Deutsche Rote Kreuz also eine positive
Benutzerfreundliche Zukunft heißt
sich die Zahl auf 380.000. Das Deutsche
bei der abschließenden Podiumsdiskussi-
für den Hausnotruf, dass er sich Bedürf-
Rote Kreuz, größter Hausnotrufanbieter,
on einig: Der Hausnotruf der Zukunft wird
nissen, Situationen und Entwicklungen
steigerte die Zahl seiner Hausnotrufkunden
anders aussehen. Vielleicht wird der
flexibel anpasst („Partizipation“), dass er
von 72.000 im Jahr 2000 auf 105.000 im
„Hausnotruf 2.0“ nicht wieder zu erkennen
September 2006.
sein.
Peter Neumann, Vorsitzender des
generationenübergreifend, einfach und
Europäischen Instituts „Design für Alle“,
anpassungsfähig gestaltet ist („Universal
stellt im online verfügbaren „Handbuch
Design“ und „Usability“), Daten sich
Wenn es um den Hausnotruf geht,
Europäisches Konzept für Zugänglichkeit“
beliebig austauschen lassen („offene
fällt den meisten Menschen spontan das
dazu fest, „dass eine barrierefrei zugängli-
Standards“), Funktionen integriert und
Deutsche Rote Kreuz ein. Das zeigt eine
che Umwelt für etwa 10 Prozent der
gebündelt („Konvergenz“) sowie individu-
aktuelle, vom Deutschen Roten Kreuz in
Zur weiteren Entwicklung des
Bevölkerung zwingend erforderlich ist, für
ell kombiniert werden können („Remixa-
Zusammenarbeit mit dem Bundesverband
Hausnotrufs liefert die Forsa-Umfrage eini-
30 bis 40 Prozent notwendig und für 100
bility“).
Hausnotruf und Herstellerfirmen in Auftrag
ge Hinweise. In Sachen Bekanntheit gibt
Prozent komfortabel ist, und ein Qualitäts-
gegebene Studie. Im April 2007 führte das
es weiterhin Informationsbedarf. Und mit
merkmal darstellt.“
Meinungsfoschungsinstitut Forsa eine
zunehmender Bekanntheit wird die Zahl
repräsentative
der Hausnotrufanschlüsse weiter steigen.
80 Drei Farben Grau
Telefonbefragung
Hausnotruf Themen 2007
der
Neue Hausnotruf-Studie
Hausnotruf 2.0 81
Vor allem deswegen, weil der Hausnotruf
60- bis 69-Jährigen, zwei Prozent bei den
ruf auch in Altersgruppen unter 60 Jahren
bei nur 49 Prozent. Gleiches gilt für die
eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölke-
über 70-Jährigen.
abzuleiten.
Höhe des Betrags, den man zu bezahlen
rung genießt.
bereit ist. Im Durchschnitt würden 40 ProUnerwartet ist auch das Ergebnis,
88 Prozent der Befragten würden
zent der zahlungsbereiten Befragten bis zu
62 Prozent der Befragten hatten
dass der Anteil der Hausnotrufteilnehmer
den Hausnotruf weiterempfehlen, nur sie-
zehn Euro im Monat für den Hausnotruf
den Begriff „Hausnotruf“ schon einmal
in Ostdeutschland – trotz geringerer
ben Prozent lehnen ihn ab. Das zeigt die
bezahlen, 29 Prozent bis zu 20 Euro. Bei
gehört: Der Hausnotruf ist bekannter in
Bekanntheit des Hausnotrufs – mit drei
hohe Akzeptanz des Hausnotrufs in der
einem Monatseinkommen bis zu 1.500
Westdeutschland (66 Prozent) als in Ost-
Prozent über dem in Westdeutschland
Bevölkerung. Befragte im „typischen
Euro sind es hingegen 53 Prozent bzw. 23
deutschland (48 Prozent), bei Frauen (67
(zwei Prozent) liegt.
Hausnotrufalter“ von 70 Jahren und älter
Prozent.
sind aber – wiederum unerwartet – sehr
Prozent) bekannter als bei Männern (57
Prozent). Überdurchschnittlich viele 60-
Nach Zahlen des Deutschen Roten
viel weniger bereit, den Hausnotruf weiter-
Zu einer Bremse für den Hausnot-
bis 69-Jährigen (70%) und Großstädter
Kreuzes sind über 70 Prozent der Haus-
zuempfehlen, mit 78 Prozent gegenüber
ruf könnte deshalb die Rentenentwicklung
(70%) kannten den Begriff. In der Alters-
notrufteilnehmer älter als 80 Jahre, fast 20
91 Prozent in allen anderen Altersgruppen.
in Deutschland werden. Seit 2001 sinkt
gruppe 60 bis 69 Jahre hat die Bekannt-
Prozent älter als 90 Jahre. In der Forsa-
Allerdings fragte Forsa nach der Bereit-
der durchschnittliche Zahlbetrag der Neu-
heit gegenüber einer Befragung vom
Umfrage wurde das „typische Alter“ von
schaft zur Weiterempfehlung an „ältere
renten aus der gesetzlichen Rentenkasse,
Dezember 2003 um zehn Prozentpunkte
Hausnotrufteilnehmern im Mittel auf 69,8
Familienangehörige“.
wie eine aktuelle Studie des Internationa-
zugelegt.
Jahre „unterschätzt“. 30 Prozent meinten,
len Instituts für Empirische Sozialökonomie
(INIFES) zeigt.
„typischerweise“ würde der Hausnotruf im
75 Prozent kennen niemanden, der
Alter von 70 bis 74 Jahren genutzt.
Die Rentenbremse
den Hausnotruf benutzt. Aber zwei Pro-
INIFES hat in seiner Erhebung der
zent der Befragten sind selber Hausnotruf-
Man kann zwar davon ausgehen,
Wenn es um Geld geht, sind dem
Renten und des Rentenzugangsalters für
teilnehmer. Das übertrifft leicht den zu
dass ältere Haunotrufteilnehmer über 80
Wachstumskurs des Hausnotrufs aller-
alle Landkreise und Städte „extreme regio-
erwartenden Wert: Auf der Basis von
Jahre in einer Telefonumfrage unterreprä-
dings deutliche Grenzen gesetzt. Auch das
nale Unterschiede“ festgestellt. Die durch-
380.000 Anschlüssen nehmen in Deutsch-
sentiert sind. Damit ist aber noch nicht der
zeigt die aktuelle Forsa-Studie. Für einen
schnittlichen Zahlbeträge der Neurenten
land gegenwärtig 2,47 Prozent der 15,4
unerwartet hohe Anteil der Hausnotrufteil-
selbstgenutzten Hausnotrufanschluss sind
variierten 2004 nach Landkreis zwischen
Millionen über 65-Jährigen am Hausnotruf
nehmer in den jüngeren Altersgruppen
im Durchschnitt 58 Prozent bereit, einen
teil. Im Jahr 2000 waren es 1,39 Prozent
erklärt.
bestimmten Betrag zu zahlen. Auffällig: Bei
den über 70-Jährigen sind es nur 42 Pro-
gewesen.
Entweder ist die vom Bundesver-
zent. Das lässt sich jedoch mit der Einkommenssituation erklären.
Allerdings geben in der Forsa-
band Hausnotruf genannte Gesamtzahl
Umfrage ein Prozent der 40- bis 49-Jähri-
der Hausnotrufanschlüsse zu niedrig.
gen und zwei Prozent der 50- bis 59-Jäh-
Oder die Frage wurde in der Weise miss-
Die Bereitschaft zu bezahlen steht
rigen an, selber den Hausnotruf zu nutzen.
verstanden, dass eigene Angehörige den
in direktem Zusammenhang mit dem
Das ist ein unerwartetes Ergebnis, zumal
Hausnotruf nutzen. Man würde die Ergeb-
monatlichen
diese Anteile denen in den älteren Alters-
nisse aber sicherlich überinterpretieren,
Monatseinkommen bis zu 1.500 Euro liegt
gruppen entsprechen: ein Prozent bei den
daraus bereits einen Trend zum Hausnot-
die Zahlungsbereitschaft im Durchschnitt
82 Drei Farben Grau
Einkommen.
Hausnotruf Themen 2007
Bei
einem
Hausnotruf 2.0 83
560 und 830 Euro. Hausnotrufangebote
orientieren sich bislang nicht an diesen
Träumen von der
Generation Gold
bestimmten Bedingungen mit 17,90 Euro
monatlich. Und selbst das ist weitgehend
unbekannt: Lediglich 23 Prozent der
regionalen Unterschieden.
Altersarmut ist in Deutschland zwar
Befragten der Forsa-Studie sind über die
noch relativ selten – nach der EU-Armuts-
Leistungen der Pflegekasse zum Hausnot-
grenze liegt die Altersarmut bei 11,2 Pro-
ruf informiert.
zent (EU-Durchschnitt 18,6 Prozent) –,
aber die Kaufkraft der älteren Bevölkerung
Wie sich die Einkommenssituation
nimmt deutlich ab. Zurzeit übernimmt die
für die kommenden Rentnerjahrgänge –
Gruppe der über 60-Jährigen mit 315 Mil-
insbesondere die so genannte „Sandwich-
liarden Euro ein Drittel der privaten Kon-
Generation“ der heute 35 bis 45-Jährigen
sumausgaben in Deutschland.
– entwickeln wird, ist nicht prognostizierbar. Die wenigsten von ihnen werden auf
Die optimistischen Thesen vom
eine lückenlose „Normalarbeitsbiografie“
zen: vom „Netzwerk der Generationen“ in
„Silbernen Markt“ und der „Generation
zurückblicken können. Und für viele wird
Amtszell und den Bürgerverein „Älter wer-
Gold“ stützen sich vor allem auf das Argu-
der Hausnotruf, so wie er heute angeboten
den“ in Eching über die „Planungswerk-
ment der hohen liquidierbaren Vermögen
wird, nicht bezahlbar sein.
statt Zukunft ländlicher Nahversorgung“ in
von inzwischen gut zwei Billionen Euro.
Osnabrück bis zum Nachbarschaftsprojekt
Allerdings ist dieses Vermögen in Deutsch-
„Wahlverwandtschaften“ in Cuxhaven und
land extrem ungleich verteilt: Während 20
Baustellen für Netzwerke
Prozent der Bevölkerung gut zwei Drittel
das „Unterstützungsnetzwerk in selbstgewählter Nachbarschaft“ in Schwerte.
des gesamten privaten Nettovermögens
Probleme von morgen erzeugen
auf sich vereinen, bleiben für 60 Prozent
nicht selten deshalb Hysterie, weil die
Diese Entwicklung zeigt Parallelen
der Haushalte gerade mal zehn Prozent.
alten Lösungen nicht passen. Oft sind die
zum Web 2.0: Netzwerke und soziales
alten Lösungen aber Teil des Problems.
Kapital werden immer wichtiger. Einige
Gründe für die sinkenden Renten
Optimistisch ist auch der Hinweis
Man darf bei gesellschaftlichen Entwick-
dieser Projekte setzen bereits auf Haus-
sind die Anhebung der vorgezogenen
auf den Nachholbedarf im Vergleich mit
lungen nicht ihre Dynamik unterschätzen.
notruflösungen, insbesondere im Bereich
Altersgrenzen für einen abschlagsfreien
anderen Ländern Europas, in denen die
Neue Probleme gehen immer auch einher
des Wohnens – zum Beispiel das nord-
Rentenbezug, eine modifizierte Rentenan-
Anschlussquote an den Hausnotruf sehr
mit neuen Lösungen.
rhein-westfälische Förderprojekt „Smarter-
passung und radikale Einschnitte bei der
viel höher liegt. In Großbritannien sind es
Berücksichtigung beitragsfreier Zeiten –
beispielsweise zwölf Prozent der über 65-
Die demografischen Veränderun-
was sich auf eine Reduzierung der Leis-
Jährigen. Allerdings werden dort die Kos-
gen werfen nicht nur ihre Schatten voraus,
jekt
tungen um 30 Prozent seit der Rentenre-
ten für den Hausnotruf übernommen.
sondern haben auch eine kaum noch
Anschluss- und Beteiligungsmöglichkeiten
form 1992 addiert.
84 Drei Farben Grau
Wohnen“, das Bielefelder Modell der
BGW-Wohnquartiere oder das Modellpro„SOPHIA“
in
Nordbayern.
Die
überschaubare Zahl an Modellprojekten,
von Hausnotrufdiensten in solchen regio-
In Deutschland bezuschussen die
Netzwerken und Initiativen ins Leben geru-
nalen und lokalen Netzwerken sind aber
Pflegekassen den Hausnotruf nur unter
fen – mit unterschiedlichen Lösungsansät-
sehr viel größer.
Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 85
Die Chancen des Hausnotrufs lie-
Die Nachfrage nach neuen Wohn-
die rund vier Millionen kardialen Risikopa-
zudem einen höheren Individualisierungs-
gen in seinen Wurzeln. Entstanden aus
formen im Alter steigt. In vielen Modellpro-
tienten in Deutschland, rücken damit in
grad. Zahlreiche Studien untersuchten um
dem sozialen Modell der Telefonkette, ist
jekten und in der Entwicklung „intelligenter
den Fokus des Hausnotrufs. Mit Konzep-
das Jahr 2000 nun die Bedürfnisse der
sein Prinzip das der sozialen Sicherheit
Häuser“ – englisch „smart houses“ – spie-
ten des Telehomecare begegnet man
Hausnotrufteilnehmer.
durch Vernetzung – genau das Prinzip, mit
len Hausnotruflösungen bereits heute eine
zunehmenden Engpässen in der Gesund-
dem zahlreiche Kommunen auf die
wichtige Rolle. Der Fachbereich Sozialwe-
heitsversorgung ländlicher Regionen, ins-
Die Ergebnisse waren allerdings
Herausforderungen des demografischen
sen der Universität Kassel veröffentlichte
besondere in Ostdeutschland. Dort wird
ernüchternd. Der Verein „Selbständig
Wandels reagieren. Hier liegen Entwick-
im April 2007 eine Studie über Wohnen im
fast die Hälfte der Allgemeinmediziner in
Wohnen Heidelberg“ befragte 2002 Teil-
lungspotenziale für den Hausnotruf als
Alter, nach der Pflegeheime und altersge-
den nächsten zehn Jahren in Rente gehen.
nehmer des DRK-Hausnotrufs Heidelberg.
soziale Innovation, und nicht nur als „Pfle-
rechte Privatwohnungen kaum noch
Bereits heute ist die hausärztliche Versor-
Das Fazit: „Wenige Teilnehmer nutzen die
gehilfsmittel“, als das ihn das Pflegeversi-
attraktiv erscheinen. Hoch im Kurs stehen
gung in elf Landkreisen nicht mehr ausrei-
Technik regelmäßig und wenn, dann meist
cherungsgesetz einordnet.
bei den über 40-Jährigen dagegen betreu-
chend.
nur zur Hintergrundsicherung.“ Von einem
„Serviceruf“ hielten über zwei Drittel der
tes Wohnen (33 Prozent) und alternative
Wohnformen (38 Prozent), wie Alten-WG
Soziale Innovation
Hausnotruf
oder Generationenhaus.
In der ambulanten Pflege werden
Befragten nichts. Sie betrachteten den
vermehrt mobile Endgeräte eingesetzt,
Hausnotruf als rein medizinisches Notfall-
auch um Geschäftsprozesse zu optimie-
gerät. Häufig hatte das Hausnotrufsystem
„Familie wird zukünftig für die Pflege
ren. Dabei kommen auch Hausnotrufsys-
als solches bereits eine beruhigende Wir-
Es ist absehbar, dass der gesell-
wichtiger werden, muss aber dabei unter-
teme zum Einsatz. Ein Beispiel ist das im
kung. Das Gerät lag vergessen in der
schaftliche Bedarf für Hausnotruflösungen
stützt werden“, so Gabriele Doblhammer,
Rahmen des Landesprogramms der Frei-
Schublade. Das Tragen des „Funkfingers“
als soziale Innovation steigen wird:
Direktorin des Rostocker Zentrums zur
en Hansestadt Bremen „bremen in t.i.m.e“
wurde hingegen als lästig empfunden.
Erforschung des Demografischen Wandels.
unter Beteiligung der Deutschen Telekom
Der Anteil älterer Menschen wird
Hausnotruflösungen können die Pflege
realisierte Modellprojekt „Mobile Pflege
zunehmen. Immer mehr ältere Menschen
Angehöriger unterstützen. Ergebnisse des
und Hausnotruf“.
werden ein „drittes Alter“ ohne größere
EU-Projekts FELICIE – Future Elderly LIving
und technologische Entwicklung haben
körperliche Einschränkungen erleben.
Conditions In Europe – weisen darauf hin,
heute ein Tempo erreicht, dass man immer
Die Menschen werden anders und
dass bis zum Jahr 2030 die Zahl der pflege-
bewusster mit dem Altern umgehen und
bedürftigen Menschen in Deutschland
ihre Technikerfahrungen einsetzen, Defi-
zunehmen wird, die über eine Familienan-
zite und Fähigkeiten auszubalancieren.
bindung verfügen. Die Zahl pflegebedürfti-
Mitte der 1990-er Jahre gab es ein
Menschenlebens nicht groß änderte, sind
Hausnotruflösungen können dabei All-
ger Frauen, die sowohl einen Partner als
Umdenken beim Hausnotruf. Weg von
Kompatibilitätsprobleme heute der Dauer-
tagskompetenzen stärken, indem sie von
auch Kinder haben, steigt von 13 Prozent
einem bloßen Hilfsmittel der Notfallrettung
zustand. „Lebenslanges Lernen“ heißt die
zunehmenden Unsicherheiten im Alter
im Jahr 2000 auf 28 Prozent im Jahr 2030.
zu einem technologisch unterstützenden
Antwort darauf.
ersten Sturz – vorbeugen.
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mit einem Bein in der Zukunft, mit dem
anderen in der Vergangenheit steht. Während sich früher die Welt während eines
„Serviceruf“. Die Empfehlung des Saarbrü-
entlasten und erlernter Hilflosigkeit –
etwa durch Übervorsicht nach einem
Mit einem Bein
in der Zukunft
Die Realität blieb hinter der Idee
des Servicerufs zurück. Gesellschaftliche
an-
cker Instituts für Sozialforschung, Praxis-
In der Heidelberger Befragung lag
schlussfähig an Telemonitoring und Tele-
beratung und Organisationsentwicklung
das Durchschnittsalter bei über 80 Jahren.
homecare. Neue Patientengruppen, wie
(ISPO) zur Staffelung des Angebots schuf
Das hohe Alter an sich ist aber nicht das
Hausnotruflösungen
sind
Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 87
Problem. Es ist das hohe Alter beim Erstan-
In diesem Jahr hat die Anzahl der
österreichische Firma Emporia und das
schluss an das Hausnotrufsystem. Als die
Mobilanschlüsse in Deutschland die Ein-
Unternehmen ITT aus Monaco gleich vier
1920-er Jahrgänge in Rente gingen, gab
wohnerzahl erstmals überrundet. Immer
neue Senioren-Handys.
es weder Internet noch Handy. Die Alten
mehr ältere Menschen nutzen Handys.
heute sind, verglichen mit kommenden
Das britische Marktforschungsunterneh-
Das „Big Easy 2“ der fitage GmbH
Rentnerjahrgängen, wenig technologieer-
men Visiongain schätzte in seiner Studie
ist das Nachfolgemodell des Senioren-
fahren. Sie verstehen sich vor allem als
„Wireless for Seniors 2004“ das Marktvo-
Handys „Katharina das Große” und zeich-
„Nutzer“ von Technik.
lumen der Handy-Umsätze bei den über
net sich durch eine verbesserte Ergonomie
60-Jährigen auf 4,7 Milliarden Euro allein in
im Universal Design aus. Für das Jahr
Europa,
Doch geht es nicht allein um die
prognostizierten
2008 kündigte das Unternehmen unter
Bedienung des Hausnotrufgeräts, sondern
Zuwachs auf 17,7 Milliarden Euro bis
mit
einem
dem Namen „Friedrich der Große“ bereits
um die Einbeziehung in den Alltag. Verhal-
2008.
Nischenproduktion
tenswissenschaftliche Studien zeigen,
ein „Handy ganz neuen Typs“ mit Notfallortung und neuen Alltagsfunktionen an.
dass der Umgang mit Technologien früh-
Ende 2005 gab es 14 klassische,
Diese (nicht repräsentativen) Unter-
zeitig erlernt werden sollte. Alltag und
aber bereits 36 mobile Endgeräte für den
suchungen haben eine geringe Halbwerts-
Emporia aus Österreich präsentier-
Technologie müssen sich einander anpas-
Hausnotruf. Zu den Erwartungen an alters-
zeit – die Entwicklung ist sehr schnell und
te neben dem seit Ende März in Deutsch-
sen können und eine Einheit bilden – mög-
gerechte Mobillösungen liegen eine Reihe
verläuft zum großen Teil im Verborgenen.
land auch über den Discounter Plus ver-
lichst
wegen
von Umfragen vor – zum Beispiel von der
Man kann aber folgendes Fazit ziehen:
triebenen „EmporiaLife“ das 110 Gramm
Gebrechlichkeit auf Unterstützung ange-
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-
„Senioren wollen keinen technischen
leichte „EmporiaTime“ im Aluminiumge-
wiesen sind.
organisationen (BAGSO) in Zusammenar-
Schnickschnack, dafür aber große Tasten
häuse mit Hörgerät-tauglichem Lautspre-
beit mit der Transfer Management Acade-
und ein übersichtliches Display.“
cher. ITT stellten das „EasyMicro“ mit nur
bevor
alte
Menschen
my (tma) aus dem Jahr 2002, vom
Mobilmachung
vier Tasten und das „EasyUse“ mit handli-
österreichischen Marktforschungsinstitut
So ein Bericht in den Oberösterrei-
chem Bedienfeld vor.
Integral im Rahmen des ONE Mobilfunkba-
chischen Nachrichten vom 8. März 2007.
Hausnotruflösungen der Zukunft
rometers aus dem Jahr 2003, von der
Ältere Menschen wünschen sich ein
Spezielle Seniorenhandys werfen
werden sich früher und stärker in die All-
Senior Research Group (SRG) an der
Handy mit ergonomischem Gehäuse, mit
viele Fragen auf. Technische Fragen nach
tagsumwelt einfügen, sich flexibler mit
Technischen Universität Berlin aus dem
großen, beleuchteten Bedienelementen,
Standards und Entwicklungspotenzial,
anderen Homecare-Anwendungen verbin-
Jahr 2004.
großem Display und Verriegelungsschutz.
aber auch Fragen nach der Benutzer-
Kamerafunktion, Taschenrechner, Organi-
freundlichkeit. Ältere Menschen, das zei-
zer und Spiele stehen hingegen auf der
gen Umfragen, wollen nicht als „Senioren“
Wunschliste ganz hinten.
angesprochen werden. Sie fragen nicht
den und in unterschiedliche Geräte integriert sein. Die Beratung wird um internetbasierte
Im vergangenen Jahr ließ das
Kommunikationsplattformen
Deutsche Rote Kreuz vom Hamburger
erweitert werden, woran es bislang fehlt.
Institut Grauwert Seniorenhandys mit Not-
Als besonders anpassungsfähig haben
ruffunktion in Workshops testen. Die
„Seniorenhandys“ sind aber immer
sich Mobillösungen erwiesen. Mittlerweile
Ergebnisse wurden auf dem DRK-Bundes-
noch ein Nischenprodukt, auch wenn das
gibt es für Handylösungen auch eindeutige
kongress vorgestellt.
Angebot wächst. Auf der diesjährigen
Alter ist eine willkürliche Zuschrei-
Cebit präsentierten die fitage GmbH, die
bung, Altern hingegen ein kontinuierlicher,
Marktsignale.
88 Drei Farben Grau
nach „Seniorenprodukten“, sondern nach
Hausnotruf Themen 2007
generationenübergreifenden Lösungen.
Hausnotruf 2.0 89
individuell unterschiedlich verlaufender
Seit 1996 sind alle Mobiltelefonher-
Handy-Notrufsystem („Apparatus and sys-
Prozess, wie das ONE Mobilfunkbarome-
steller in den USA durch Gesetz („Tele-
tem for emergency recording and notifica-
ter von 2003 illustriert: Danach wünschten
communication Act“) verpflichtet, die Ver-
tion and associated method“). Das Patent
sich nicht nur 65 Prozent der über 50-Jäh-
wendbarkeit
Zugänglichkeit
beschreibt die Funktionsweise so: Aktiviert
rigen größere Handy-Tasten, sondern
(„Accessibility“) ihrer Geräte für alle Bevöl-
man den Notruf-Button, nimmt das Handy
auch 45 Prozent der 30- bis 49-Jährigen
kerungsgruppen sicherzustellen und Bar-
in festgelegten Intervallen Bilder und Töne
und 29 Prozent der bis 29-Jährigen.
rieren bei der Benutzung zu beseitigen. Im
aus seiner Umgebung auf, sendet diese an
Gesetz sind bestimmte Quoten festgelegt,
eine vorher festgelegte Zieladresse und
die von allen Anbietern erreicht werden
baut automatisch eine Sprechverbindung
müssen. Nokia hat daraufhin das „Internal
auf. Verfügt das Gerät über einen GPS-
dienst alarmiert. Die an die Servicezentrale
Accessibility Solutions Steering Commit-
Empfänger, werden zusätzlich noch die
übermittelten Daten enthalten neben der
tee“ zur Entwicklung barrierefreier Produk-
Ortsdaten übermittelt. Der Notruf kann als
Position des Fahrzeugs auch die Fahrge-
te eingerichtet.
stiller Alarm oder als offener Alarm aktiviert
stellnummer, Kennzeichen, Fahrzeugtyp
werden. Der offene Alarm hilft nicht nur bei
und Fahrzeugfarbe. Die Notruffunktion
der Ortung, sondern kann bei einem Über-
eCall kann auch manuell benutzt werden.
Der Markt ist reif
Der Markt ist mehr in Bewegung
als es spezielle Seniorenhandys vermuten
und
lassen. Zum Beispiel Nokia. Nokia ist nicht
nur der weltweit größte Hersteller von
Der „Nokia Communicator“ und
Mobiltelefonen. Die finnischen Handybauer
das „Nokia Loop Set“, Handys für Schwer-
haben auch die ersten Mobiltelefone pro-
hörige, waren 2000/2001 die ersten Pro-
duziert und sind deswegen gerade bei
dukte aus dem Nokia-Labor. Nokia hat für
älteren Menschen beliebt. Ältere Men-
seine barrierefreien Produkte und Features
schen
wechseln,
im
Gegensatz
fall auch Angreifer in die Flucht schlagen.
Eine Initiative der Europäischen
Kommission will ab 2009 ein europaweit ein-
Der Ruf der Straße
heitliches und vollständig kompatibles Not-
zu
– von „Voice Control“ über „Text-to-
Jugendlichen, nur selten den Hersteller.
Speech-Software“ bis hin zu speziellen
Notfallfunktionen nutzen nicht nur
kostenfreien Notrufnummer 112 installieren.
Nokia hat sich darauf eingestellt und ver-
Displays und Tastaturen – eigens eine
alten Menschen, sondern auch, zum Bei-
Alle Pkw und Lkw, die nach dem 1. Septem-
zichtet bei einigen neuen Modellen auf
„Accessibility Website“ mit interaktiven,
spiel, Autofahrern. Im von der EU geförder-
ber 2010 neu in den Markt kommen, sollen
Zusatzfunktionen. So ist zum Beispiel das
individuell einstellbaren Tutorials eingerich-
ten Forschungsprojekt „Global System
serienmäßig über eCall verfügen.
Nokia 2610 bei älteren Menschen beson-
tet. Mit gezielten Marketingstrategien ver-
Telematics“ (GST) haben BMW und Baye-
ders begehrt.
sucht Nokia zudem, die Stigmatisierung
risches Rotes Kreuz (BRK) ein Auto-Ret-
Wirtschaftlich betrachtet wären die
der Accessibility-Funktionen als „Hilfsmit-
tungssystem entwickelt. Die „eCall Funkti-
staatlichen Gesundheitssysteme der ein-
tel“ abzubauen.
on“ ist seit Januar dieses Jahres für alle
zelnen Länder Hauptnutznießer von eCall.
BMW-Modelle erhältlich.
Eine Forschungsstudie prognostiziert Ein-
Es gibt Anzeichen, dass mit dem
demografischen
Wandel
die
großen
rufsystem unter dem Namen eCall und der
Mobiltelefonhersteller auf den Markt für
Unter dem Titel „Around the World.
ältere Menschen drängen werden. Mit
Around the Corner” findet man auf der
Bei einem Unfall löst der eCall auto-
Jahr, wenn alle Kraftfahrzeuge mit eCall
Handys, die andere Funktionen und spe-
Accessibility Nokia-Website inzwischen
matisch den Notruf aus und sendet die
ausgerüstet wären. Außerdem ließen sich
zielle „Accessibility Features“ haben.
auch die Rubrik „Ageing“. Bereits im
Positionsdaten an eine Servicezentrale.
staubedingte Verzögerungen um bis zu 20
Nokia entwickelt schon seit Jahren barrie-
Dezember 2005 registrierte das US-ameri-
Zudem wird eine Sprechverbindung aufge-
Prozent reduzieren, was zusätzliche Kos-
refreie Handys für Menschen mit Behinde-
kanische Patentamt unter der Nummer
baut. Meldet sich niemand, dann wird der
teneinsparungen zwischen zwei und vier
rungen.
20050287980 ein Patent von Nokia für ein
zum Unfallort nächstgelegene Rettungs-
Milliarden Euro bringt.
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sparungen von über 20 Milliarden Euro pro
Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 91
Die Entwicklung des Hausnotrufs
Bildungsforschung, hat eine Vision einer
erkennen und erfassen können, wie der
satz in der Regel mit dem Alter zunimmt.
könnte also einen kräftigen Anschub von
solchen intelligenten Hausnotruflösung
betreute Mensch isst und trinkt, wie sein
Die Technik muss mit den Problemen mit-
der Straße erfahren. Die Verbreitung von
entworfen: ein Mobiltelefon mit großem
Tag-Nacht-Rhythmus aussieht oder wie oft
wachsen können.
Notruflösungen im Alltag aller Generatio-
und gut ausgeleuchtetem Display, mit
er das Bad benutzt.
nen wird auch die Nachfrage bei älteren
GPS, Bewegungssensor, einer Funk-
Menschen steigern.
schnittstelle und der Fähigkeit zum
maschinellen Lernen.
Intelligenztraining
für den Hausnotruf
Es ist nur eines von vielen ProjekIm zum Forschungsschwerpunkt
ten, die gegenwärtig intelligente Technolo-
„Ambient Intelligence“ gehörenden Projekt
gien für das Altern in Zukunft erforschen.
„Assisted Living“ der Technischen Univer-
Das Besondere: Die Forscher in Kaisers-
Zunächst wird das Handy nur zum
sität Kaiserslautern realisieren Forscher
lautern setzen auf generationenüber-
Telefonieren verwendet. Das Gerät erlernt
zurzeit ein solches mit Sensortechnik aus-
greifendes Wohnen. Nachbarschaftliche
die wiederkehrenden Muster im Alltag und
gestattetes „Smart House“ gleich an vier
Netzwerke,
Standorten in Rheinland-Pfalz.
Umgebungen und professionelle Unter-
„Der Hausnotruf kann technologisch
kann allmählich Hinweis- und Erinnerungs-
und von der praktischen Anwendung her
funktionen übernehmen. Abweichungen
inzwischen als etabliert gelten“, so das Zen-
von Alltagsmustern kann das Gerät über
trum für Telematik im Gesundheitswesen
SMS auch an Angehörige senden.
(ZTG). „Er wird in nahezu allen Szenarien als
intelligent
technologische
stützung – so könnte die Zukunft des
Im Kaiserslauterer Projekt werden
Alterns aussehen.
verschiedene Anwendungen entwickelt
und getestet, vom elektronischen Haustür-
Diese Zukunft hat längst begon-
sinnvolle Unterstützung angesehen.“ Aller-
Nach und nach lassen sich zusätz-
schlüssel bis zu einem Display, das ohne
nen. Und der Hausnotruf wird mit dabei
dings verlangten „Verhaltensmonitoring,
liche Funktionen aktivieren, zum Beispiel
Maus und Tastatur bedient werden kann.
sein. Nur, wie der Hausnotruf von morgen
die Sturzprophylaxe und vor allem das
ein Navigationsassistent, eine Gedächtnis-
Über das Display kann ferngesehen, im
aussehen wird, das ist völlig ungewiss. Die
Management von Demenzerkrankten eine
hilfe vom Typ „MEMOS“ (an der Universität
Internet gesurft oder telefoniert werden –
Entwicklung ist sehr schnell. „Selbst Spe-
ganz neue Form professionalisierter Ruf-
Leipzig für hirngeschädigte Patienten und
sogar, ohne sich Nummern merken zu
zialisten wie wir“, so Professor Lothar Litz
bereitschaft“.
alte Menschen entwickelt) oder eine Tür-
müssen. Man muss nur auf das Bild des
von der Universität Kaiserslautern, „ haben
sprechanlage vom Typ „Doorline“ (von
gewünschten Gesprächspartners auf dem
Schwierigkeiten, sich vorzustellen, welche
Der Hausnotruf müsse, so das ZTG
T-Com angeboten). Nicht gebrauchte
Bildschirm zeigen. Auch eine Hausnotruf-
Projekte in fünf Jahren auf dem Markt sein
weiter, „um Benachrichtigungskomponen-
Funktionen können deaktiviert werden.
lösung ist in die intelligente Umgebung
werden.“
ten erweitert und zum Kommunikationsin-
Wurde das Gerät länger nicht bewegt oder
integriert.
strument einer zwischen den Angehörigen
registriert es einen Sturz, wird automatisch
und den Pflegediensten gemeinschaftlich
der Hausnotrufdienst alarmiert.
organisierten Pflege entwickelt werden“.
Solche Kommunikation kann inzwischen
durch maschinelle Intelligenz automatisiert
Untersucht wird auch, wie der
Umfang der eingesetzten Technik skalierbar gemacht werden kann. Das bedeutet,
Die Zukunft ist längst da
werden.
dass genau soviel eingesetzt wird, wie der
ältere Mensch benötigt und haben möch-
Ein „Hausnotruf Feature“ kann aber
te. Das ändert sich von Bewohner zu
Ulman Lindenberger, Direktor des
auch in andere Geräte integriert werden,
Bewohner. Die eingesetzte Technik muss
Forschungsbereichs Entwicklungspsycho-
zum Beispiel in Falldetektoren. Oder in
zudem ohne besondere Übergangsproble-
logie am Berliner Max-Planck Institut für
intelligente Wohnumgebungen, die Muster
me erweiterbar sein, weil der Technikein-
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Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 93
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DRK Generalsekretariat: Fünfundzwanzig Jahre DRK-Hausnotruf. Eine Dokumentation. Broschüre, herausgegeben vom Deutschen Roten Kreuz, Generalsekretariat, September 2006; 64 Seiten.
DRK Generalsekretariat: Perspektiven im Alter. DRK-Bundeskongress Berlin 2006. Multimedia-DVD, herausgegeben vom Deutschen Roten Kreuz, Generalsekretariat, Mai 2007.
www.bgw-bielefeld.de
Modellprojekt SOPHIA
www.sophia-tv.de
Bremer Modellprojekt „Mobile Pflege und Hausnotruf“
www.beecare.de
Sabine Keller: Leben und Wohnen im Alter. Stiftung Warentest, Juni 2006; 230 Seiten,
Studie des Fachbereichs Sozialwesen der Universität Kassel zum Download:
19,90 EUR. Der Ratgeber der Stiftung Warentest, entstanden in Zusammenarbeit mit der Bertels-
www.gemeinde-schauenburg.de/pdf_docs/StudieAelterwerdenSchbrg.pdf
mann Stiftung und dem Kuratorium Deutsche Altershilfe, gibt einen aktuellen Überblick und Entscheidungshilfen zu neuen Wohnmodellen im Alter.
Visiongain
www.visiongain.com
Henning Scherf: Grau ist bunt. Was im Alter möglich ist. Herder Verlag, 2. Auflage, September 2006; 224 Seiten, 19,90 EUR. Der ehemalige Bürgermeister von Bremen berichtet über das
BAGSO-Umfrage zu Seniorenhandys
bewährte Projekt seiner Alters-Wohngemeinschaft im Rembertiviertel.
www.tma-wiluda.org
Stephan Alexander Vogelskamp & Roland Günter: Das süße Leben. Klartext Verlagsgesellschaft, Februar 2005; 179 Seiten, 19,90 EUR. Die Autoren plädieren mit vielen Beispielen für einen
Accessibility Website von Nokia
www.nokiaaccessibility.com
kreativen Umgang mit Stadt-Qualitäten. llustriert ist das Buch mit Fotografien von Hilmar Pabel.
US-Patent für den Handy-Notruf von Nokia
Weiterführende Links
http://appft1.uspto.gov/netacgi/nph-
Parser?Sect1=PTO1&Sect2=HITOFF&d=PG01&p=1&u=%2Fnetahtml%2FPTO%2
Fsrchnum.html&r=1&f=G&l=50&s1=%2220050287980%22.PGNR.&OS=DN/2005
Holm Friebe & Sascha Lobo: „Wir nennen es Arbeit“
0287980&RS=DN/20050287980
www.wirnennenesarbeit.de
MEMOS Mobile Extensible Memory & Orientation System
EU Handbuch „Design für Alle“ zum Download
www.memos-online.de
www.fdst.de/w/files/pdf/eca_deutsch_internet.pdf
Projekt „Assisted Living“ der TU Kaiserslautern
NRW-Projekt „SmarterWohnen“
www.eit.uni-kl.de/litz/assisted_living
www.smarterwohnen.net
[Info-Box]
94 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Hausnotruf 2.0 95
Nachrichten 2007
TV-Dokumentation
„Greisenland“
Dreiteilers „Aufstand der Alten“ warnte
DRK-Generalsekretär Clemens Graf von
Waldburg-Zeil davor, den demografi-
Hamburg, 10. Januar – Eine
schen Wandel zu dämonisieren: „Die Bür-
Woche vor der Ausstrahlung des bereits in
ger werden durch Horrorszenarien nur
den Schlagzeilen stehenden ZDF-Films
verunsichert. Die Veränderungen lassen
„Aufstand der Alten“, konterte die ARD mit
sich nicht umkehren. Wir können uns
einer Dokumentation von Florian Döring
aber alle gemeinsam darauf einstellen
über die „Vergreisung“ und „Überalterung“
und darauf in unserem zukünftigen Han-
Deutschlands am Beispiel der Gemeinde
deln aufbauen.“ Rund zehn Millionen
Breitenbach im Harz. Mit der suggestiven
Zuschauer sahen die Fake-Doku über
Kraft von Bild und Ton inszeniert Döring
eine hoffnungslos überalterte Republik im
eine demografische Götterdämmerung:
Sommer 2030: Alte kämpfen ums Überle-
Das Tempo der Alten ist das Maß der
ben, überfallen Apotheken, um lebens-
Gesellschaft. Die Masse der Alten gibt die
notwendige Medikamente zu ergattern.
Regeln vor. Demografie ist einer der wich-
Einheitsrente und Altersarmut treiben
tigsten Einflussfaktoren für die nächsten
Menschen in den von Krankenkassen
Jahre. Eine Gesellschaft mit zu hohem
finanzierten Selbstmord. Wellness-Kon-
Altersdurchschnitt verliert. Wenn eine
zerne machen ihr Geschäft mit gutsituier-
Gesellschaft überaltert, dann gibt es eine
ten Alten in Dritte-Welt-Ländern und ent-
Katastrophe. Die unausgesprochene Bot-
sorgen sie hinterher in Sammellagern, wo
schaft dieses Horrorstücks: Dieses „Über-
sie von Robotern durchgefüttert werden.
wuchern“ der Gesellschaft durch die Alten
Der Film bedient den dokumentarischen
muss zurück geschnitten werden.
Stil, um das fiktive Szenario möglichst
realistisch aussehen zu lassen. ZDFRedakteur Heiner Gatzemeier: „Alles, was
TV-Dreiteiler
„Aufstand der Alten“
in den Schlagzeilen
in dem Film behauptet wird, ist denkbar“.
Die Sozialverbände protestieren. Und die
Medien geben sich alle Mühe, die demografische Debatte neu anzuheizen.
Mainz / Berlin, 18. Januar –
Anlässlich der Ausstrahlung des ZDF-
96 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 97
Europäisches Jahr der
Chancengleichheit
4,8 Prozent bzw. um 21.000 Personen.
Insgesamt waren im Dezember 2005 2,13
Millionen Menschen in Deutschland pfle-
Europas Regionen dem
demografischen Wandel
anpassen
Demografie-Streit
um „Gebärmaschinen“
Berlin, 30. Januar – Die deutsche
gebedürftig im Sinne des Pflegeversiche-
EU-Ratspräsidentschaft startete mit einer
rungsgesetzes. Von den insgesamt 11.000
Brüssel, 5. Februar – Danuta Hüb-
Rede mischte sich der Augsburger
europaweiten Konferenz zum „Europäi-
zugelassenen Pflegediensten befand sich
ner, EU-Kommissarin für Regionalpolitik,
Bischof Walter Mixa in die Diskussion um
schen Jahr der Chancengleichheit für alle
die Mehrzahl (58 Prozent) in privater Trä-
erklärte zur Eröffnung der zweitägigen
den Ausbau von Krippenplätzen ein. Wer
2007“. In ihrer Eröffnungsansprache ging
gerschaft. Bei den bundesweit rund
Konferenz „Regionen für den wirtschaftli-
mit staatlicher Förderung Mütter dazu ver-
Bundesministerin Ursula von der Leyen auf
10.400 Pflegeheimen betrug der Anteil der
chen Wandel: Demografische Herausfor-
leite, ihre Kinder bereits kurz nach der
die Herausforderungen einer älter werden-
Einrichtungen privater Trägerschaft 38
derungen und regionalpolitische Lösungs-
Geburt in staatliche Obhut zu geben,
den Gesellschaft ein: „Die wachsende Zahl
Prozent.
ansätze“: „Umfang und Geschwindigkeit
degradiere die Frau zur „Gebärmaschine“.
älterer Menschen gilt vielfach immer noch
von demografischen Entwicklungen sind
Die Politik von Bundesfamilienministerin
als das Problem des demografischen
von Land zu Land und von Region zu
Ursula von der Leyen, so der Bischof, sei
Region sehr unterschiedlich. Dafür gibt es
vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frau-
keine politischen Einheitslösungen. Im
en als „Arbeitskräfte-Reserve für die
Umgang
Wandels. Viel zu wenig sehen wir die
Potenziale der gewonnenen Jahre eines
längeren Lebens. Viel zu wenig achten wir
darauf, was ältere Menschen leisten und
Deutscher Bundestag
diskutiert über
Altenbericht der
Bundesregierung
geben können – den Familien ebenso wie
Augsburg, 22. Februar – Mit einer
Veränderungen
Industrie“ zu rekrutieren. Das Wort
haben unsere Regionen bereits wertvolle
mit
diesen
„Gebärmaschine“ löste einen Aufschrei
Erfahrungen gesammelt, die es in vollem
der Empörung aus. Dabei war das Wort
der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft.
Berlin, 2. Februar – Der Deutsche
Umfang zu nutzen gilt.“ Vladimír Spidla,
keine Erfindung des Bischofs: Nach Mel-
Noch nie waren ältere Menschen so
Bundestag diskutierte über den im Juli
EU-Kommissar für Soziales und Chan-
dung der Nachrichtenagentur Kyodo vom
gesund, so gebildet und hatten so viel Zeit.
2006 verabschiedeten fünften Altenbericht
cengleichheit, wies auf die Bedeutung
29. Januar sagte der japanische Gesund-
Viel zu wenig sehen wir auch die Vielfalt
der Bundesregierung „Potenziale des
des Europäischen Sozialfonds (ESF) für
heitsministers Hakuo Yanagisawa in einer
des Alters, das ja oft noch mehrere
Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der
die Bewältigung des demografischen
Rede: „Die Zahl der Frauen zwischen 15
Lebensjahrzehnte umfasst.“
Beitrag älterer Menschen zum Zusammen-
Wandels hin: „Die Tatsache, dass wir alle
und 50 steht fest. Und da die Zahl der
halt der Generationen“. 1992 hatte der
länger leben, ist eine positive Entwicklung
Gebärmaschinen feststeht, können wir
Bundestag der Bundesregierung erstmals
und beruht auf den wissenschaftlichen
nichts anderes tun, als sie zu bitten, ihr
den Auftrag erteilt, in jeder Legislaturperi-
und gesellschaftlichen Erfolgen der letz-
Bestes zu geben.“
Aktuelle Pflegestatistik
ode einen Altenbericht vorzulegen. Der
ten Jahre. Dennoch steht außer Frage,
Wiesbaden, 1. Februar – Das Sta-
erste (1993) und dritte (2001) Bericht hat-
dass eine rasch alternde Bevölkerung
tistische Bundesamt legte die „Pflegesta-
ten sich mit der allgemeinen Lebenssituati-
verheerende Folgen für bestimmte Regio-
tistik 2005“ vor. Danach ist gegenüber
on Älterer befasst. Der zweite Bericht
nen haben kann. Der Europäische Sozial-
2003 die Zahl der Pflegebedürftigen, die in
(1998) war dem Wohnen im Alter gewid-
fonds setzt jährlich fast zehn Milliarden
Heimen betreut wurden, um 5,7 Prozent
met gewesen, der vierte (2002) der Versor-
Euro ein, um die negativen Auswirkungen
bzw. um 36.000 Personen gestiegen. Die
gung Hochaltriger (mehr dazu im Beitrag
des Alterns auszugleichen.“
Zahl der durch ambulante Dienste Ver-
„Glanzbilder des Alters“, S. 45).
Berlin, 22. Februar – Das Bundesfamilienministerium hat die deutsche
sorgten wuchs im Vergleich zu 2003 um
98 Drei Farben Grau
Deutsche
EU-Ratspräsidentschaft:
Demografischer Wandel
als Chance
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 99
EU-Ratspräsidentschaft unter den Leitgedanken „Den demografischen Wandel als
Chance begreifen und Chancengleichheit
Müntefering:
„Die Chance, länger
zu leben, find ich gut“
Aktuelle Pflegestatistik:
Heimplatz kostet
2.700 Euro im Monat
Bewohnern zusätzliche Kosten in Rechnung, im Durchschnitt 399 Euro (West)
bzw. 244 Euro (Ost).
für alle in Beruf und Gesellschaft fördern“
gestellt. Der Rat für Arbeit, Sozialpolitik,
Berlin, 14. März – Bundesarbeits-
Wiesbaden, 14. März – Das Statis-
Gesundheit und Verbraucherschutz nahm
minister Franz Müntefering betonte auf
tische Bundesamt legte die aktuelle Pfle-
eine von Deutschland eingebrachte Ent-
einem Kongress der Initiative Neue Quali-
gestatistik vor. Danach kostete Ende 2005
schließung an. Die Entschließung mit dem
tät der Arbeit (INQA) und des Demogra-
die vollstationäre Pflege und Unterbrin-
Titel „Chancen und Herausforderungen
phie-Netzwerks (ddn), dass er keine
gung in der höchsten Pflegeklasse (III) im
des demografischen Wandels in Europa:
Angst vor dem demografischen Wandel in
Mittel monatlich 2.706 Euro. In der Pflege-
Beitrag der älteren Menschen zur wirt-
Deutschland habe. Man dürfe „alt“ nicht
klasse II betrug der durchschnittliche
schaftlichen und sozialen Entwicklung“
mit „arm, krank und schwach“ gleichset-
monatliche Vergütungssatz 2.280 Euro
Hannover, 15. März – Auf der dies-
enthält konkrete Vorschläge, wie Poten-
zen. Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte bei
und in der Pflegeklasse I 1.854 Euro. Die
jährigen Cebit präsentierten die fitage
ziale älterer Menschen gezielt für Wirt-
der Podiumsdiskussion unter der Leitung
Pflegeversicherung zahlt für vollstationäre
GmbH, die österreichische Firma Emporia
schaft und Gesellschaft, für ein Mehr an
von Polit-Moderatorin Sabine Christian-
Dauerpflege bundesweit zurzeit monatlich
und das Unternehmen ITT aus Monaco
Zusammenarbeit und ein besseres Ver-
sen, er habe nichts dagegen, bei steigen-
in der Pflegestufe III (ohne Härtefallregelun-
gleich vier neue Senioren-Handys mit Not-
hältnis
der Lebenserwartung auch länger zu
gen) 1.432 Euro, in der Pflegestufe II 1.279
ruffunktion. Zudem demonstrierte die
arbeiten. Allerdings müssten genügend
Euro und in der Pflegestufe I 1.023 Euro.
Fraunhofer-Innovations-Initiative „Intelli-
Arbeitsplätze vorhanden sein. Außerdem
Zur Finanzierung der darüber hinausge-
gente Produkte und Umgebungen“ einen
müssten die Bedingungen so gestaltet
henden Pflegeheimkosten müssen die
„Mobilen Gesundheitsassistenten“ (mehr
sein, dass man an seinem Arbeitsplatz
Pflegebedürftigen eigene finanzielle Mittel
dazu im Beitrag „Hausnotruf 2.0“, S. 77 ff.).
auch älter werden könne. Müntefering:
aufwenden oder auf Sozialleistungen, wie
„Der Maurer, der mit 66 über den First
die Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozial-
zwischen
den
Generationen
genutzt werden können.
Demografie-Theater
in Bielefeld
Download der Pflegestatistik unter
www.destatis.de/shop
Neue Senioren-Handys
auf der Cebit
DIW Studie: Alte Menschen sind wichtiger
Wirtschaftsfaktor
Bielefeld, 9. März – Das Theater
läuft, geht nicht. Aber das geht auch
hilfe, zurückgreifen. Die Vergütung der
Bielefeld beteiligt sich mit seiner neuesten
heute mit 64 nicht.“ Randolf Jessl (39),
Heime ist in allen neuen Ländern unter-
Uraufführung „deutsches hysterisches
Chefredakteur vom „Personalmagazin“,
durchschnittlich: Die geringste Vergütung
museum“ an der demografischen Debatte.
sprach von einer historischen Mission
für Pflege, Unterkunft und Verpflegung in
Das Stück der Dramatikerin Felicia Zeller
„meiner Generation“: „Andere haben
der Pflegeklasse III errechnet sich für
Berlin, 15. März – Das Deutsche
wurde im Rahmen des Symposiums
Deutschland aufgebaut, wir müssen län-
Sachsen und Sachsen-Anhalt mit monat-
Institut für Wirtschaftsforschung übergab
„Zukunft findet Stadt – Stadt findet
ger durchhalten.“
lich 2.250 Euro. Die höchsten Heimkosten
Bundesfamilienministerin Ursula von der
Zukunft“ uraufgeführt. Die Demografie-
in der Pflegeklasse III sind in Nordrhein-
Leyen einen Bericht über „Auswirkungen
Beauftragte der Stadt hatte in Kooperation
Westfalen (3.101 Euro) und Hamburg
des demographischen Wandels auf die
mit dem Theater Experten zu Diskussio-
(3.010 Euro) zu entrichten. Zusätzlich zu
private Nachfrage von Gütern und Dienst-
nen, Vorträgen und einem demografischen
den Kosten für Pflege, Unterkunft und Ver-
leistungen bis 2050“. Danach liegt das
Stadtrundgang nach Bielefeld eingeladen.
pflegung stellen, nach einer Erhebung von
Ausgabevolumen der über 60-Jährigen
TNS-Infratest, 89 Prozent der Heime den
bei rund 316 Milliarden Euro pro Jahr. Das
100 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 101
ist fast ein Drittel der Gesamtausgaben für
Download der Charta unter
den privaten Konsum in Deutschland. Von
www.bmfsfj.de
der Leyen sagte: „Die ältere Generation ist
www.dza.de/allgemein/politik
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Bei Ange-
leitstelle.de
boten für mehr Komfort und Lebensqualität für Ältere besteht ein großes wirtschaftliches Potenzial, das angesichts der
demografischen Entwicklung weltweit
weiter an Bedeutung gewinnen wird.“
Download der Studie unter
www.diw.de
Offensive für die Rechte
hilfebedürftiger
Menschen in der Pflege
Pflegetelematik gewinnt
Wettbewerb „Ideenpark
Gesundheitswirtschaft“
Schlechte Noten
für Pflegeheime
sche Metropole neben Städten wie London, Tokio, Shanghai, Melbourne, Buenos
Aires und Istanbul an dem Projekt „Alten-
Berlin, 21. März – Im Norden sind
freundliche Stadt“ der Weltgesundheitsor-
die Menschen mit ihren Pflegeheimen
ganisation (WHO). Mit dem Projekt „Alten-
wesentlich unzufriedener als im Rest der
freundliche Städte“ reagiert die WHO auf
Bundesrepublik. Im Süden meinen immer-
den zunehmenden Anteil älterer Menschen
hin 46 Prozent und im Osten 45 Prozent,
in den Metropolen der Welt. Die Koopera-
die Menschen in den Heimen würden gut
tion mit den 34 Partnerstädten innerhalb
betreut. Im Norden sind es gerade mal 31
des WHO-Projekts soll den Ruhrgebiets-
Krefeld, 16. März – Das „Zentrum
Prozent. Das ist das Ergebnis einer von
kommunen Anregungen für die Bewälti-
für Telematik im Gesundheitswesen“
den Marseille-Kliniken in Auftrag gegebe-
gung der Chancen und Herausforderun-
(ZTG) hat mit seinem Modell eines Pflege-
nen Emnid-Umfrage zur „Pflegesituation in
gen liefern, die sich aus der wachsenden
monitorings den von der Financial Times
Deutschland“. Die Norddeutschen bilden
Zahl von Menschen mit Migrationshinter-
Deutschland ausgeschriebenen Wettbe-
ebenfalls das Schlusslicht, wenn es um
grund ergeben. Dazu veranstaltet die
werb „Ideenpark Gesundheitswirtschaft“
den „Ruf der Pflegeeinrichtung“ geht. Nur
Metropole Ruhr in diesem Jahr drei inter-
gewonnen. Ziel des Modells ist es, mit
46 Prozent äußern sich zufrieden. In Bay-
nationale Konferenzen in Essen und
umfassendem, technologisch basiertem
ern, Baden-Württemberg und dem Saar-
Mülheim an der Ruhr (11. bis 13. Juni), in
Berlin, 15. März – Ministerin Ursula
Monitoring den Pflegebedarf des Patien-
land sind es 65 Prozent. Der Unterschied
Duisburg (1. Oktober) und in Oberhausen
von der Leyen wird gemeinsam mit Bun-
ten in der eigenen Wohnung realistisch,
zwischen Nord und Süd zeigt sich auch
(22. November).
desgesundheitsministerin Ulla Schmidt den
schnell und kontinuierlich festzustellen.
bei Fragen nach zusätzlichen Angeboten
Text der „Charta der Rechte hilfe- und pfle-
Das ZTG-Konzept zeigt auf, wie die Pfle-
und nach der baulichen Gestaltung der
Weitere Informationen unter
gebedürftiger Menschen“ an rund 27.000
getelematik in die Leistungen der gesetz-
Heime. Die Umfrage zeigt außerdem: Nur
www.seniorenwirt.de
Verbände, Organisationen und Einrich-
lichen Pflegeversicherung integriert wer-
29 Prozent der Menschen über 50 glau-
www.who.int/ageing/projects/age_
tungsträger versenden. Das kündigte das
den kann. Dabei setzt das ZTG auf die
ben, später in Pflegeheimen gut betreut zu
Bundesfamilienministerium an. Zur Verbrei-
Netzwerkbildung unter Einbindung der
werden.
tung und Umsetzung der Charta wurde
Wohnungswirtschaft und der Pflege-
bereits im Januar am Deutschen Zentrum
dienste (mehr dazu im Beitrag „Hausnot-
Download der Umfrage unter
für Altersfragen (DZA) eine „Leitstelle Alten-
ruf 2.0“, S. 77).
www.marseille-kliniken.de
pflege“ eingerichtet. Eine in der Zeitschrift
CAREkonkret veröffentlichte Studie hatte
Weitere Informationen unter
gezeigt, dass die Charta in den Alten- und
www.ztg-nrw.de
Pflegeeinrichtungen bislang kaum bekannt
Metropole Ruhr wird
altenfreundliche Stadt
Tischs Pflege“.
102 Drei Farben Grau
BAGSO-Tagung:
Das Internet ist reif
für die Älteren
Berlin, 4. April – Der diesjährige
Tag der älteren Generation stand in diesem Jahr „Jung und Alt – gemeinsam klü-
ist. Die Charta geht zurück auf die Arbeiten
des im Herbst 2003 gegründeten „Runden
friendly_cities/en/index.html
Gelsenkirchen, 22. März – Das
ger: Lebenslanges Lernen verbindet die
Ruhrgebiet beteiligt sich als einzige deut-
Generationen“. Auf einer Tagung zog die
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 103
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-
Potenziale. Ältere Menschen werden in
erproben inzwischen rund 150 Träger in
Waren insgesamt um 5,4 Prozent). Fast
organisationen (BAGSO) Bilanz des zu
unserer Gesellschaft gebraucht. Wir wollen
mehr als 50 Projekten neue Angebote für
jeder zweite Euro der Gesamtausgaben
Ende gehenden „Online-Jahres 50plus“.
ihr Erfahrungswissen gewinnen, für ein
die Arbeit von bislang 6.500 Freiwilligen.
wurde in Einrichtungen der ambulanten
„In Zeiten der Globalisierung“, sagt Gerd
besseres Miteinander der Generationen,
Weitere Informationen unter
Gesundheitsversorgung ausgegeben (48
Hoofe, Staatssekretär im Bundesfamilien-
für wirtschaftliches Wachstum und für den
ministerium, „bietet das Internet vielfältige
Arbeitsmarkt. Und nicht zuletzt: Mit der
Möglichkeiten zur persönlichen Weiterent-
»silver economy« kann sich Europa einen
wicklung und Unterstützung im Alltag.
wachsenden, lukrativen Markt erschließen
Seniorinnen und Senioren können davon
und weltweit zum Trendsetter werden.“
Prozent). Die Ausgaben in diesen Einrich www.bmfsfj.de/Politikbereiche/
Freiwilliges-Engagement
www.zentrum-zivilgesellschaft.de
her betrachtet waren Arztpraxen (35,2 Milden Euro) die bedeutsamsten ambulanten
Prozent der über 54-Jährigen sind online.
zent jährlich sind sie die größte Wachs-
um 2,6 Prozent. Vom Ausgabenvolumen
liarden Euro) und Apotheken (34,8 Milliar-
besonders profitieren.“ Bereits über 30
Mit Wachstumsraten von drei bis vier Pro-
tungen stiegen im Vergleich zum Vorjahr
Freiwilliges Engagement
aller Generationen
2.900 Euro
Gesundheitsausgaben
je Einwohner
tumsgruppe der Internetnutzer. Auf der
Einrichtungen. Dagegen sanken die Ausgaben in Zahnarztpraxen um 6,7% auf
15,2 Milliarden Euro. Im (teil-)stationären
Sektor wurden mit 87,4 Milliarden Euro 2,3
Tagesordnung der Konferenz stand auch
Bergisch Gladbach, 19. April – „Frei-
Wiesbaden, 23. April – Das Statis-
Prozent mehr aufgewendet. Dies ent-
das aktuelle Thema „Web 2.0“, mit dem
williges Engagement der Bürgerinnen und
tische Bundesamtes teilte mit: Im Jahr
sprach einem Anteil von 37 Prozent an den
eine veränderte Wahrnehmung und Nut-
Bürger erlangt vor dem Hintergrund der
2005 beliefen sich die Ausgaben für
gesamten Ausgaben. Zu den (teil-)statio-
zug des Internets einhergeht (mehr dazu
Herausforderungen des demografischen
Gesundheit auf 239,4 Milliarden Euro oder
nären Einrichtungen gehören unter ande-
im Beitrag „Hausnotruf 2.0“, S. 77)
Wandels eine immer größere Bedeutung.
10,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
rem Krankenhäuser (62,1 Milliarden Euro)
Das Programm der »Generationsübergrei-
Im Vergleich zum Jahr 2004 ist das ein
und die Einrichtungen der (teil-)stationären
fenden Freiwilligendienste« ist dabei ein
Plus von 5,6 Milliarden Euro oder 2,4 Pro-
Pflege (18,1 Milliarden Euro).
ganz besonderes Erfolgsmodell“, sagte Dr.
zent, nachdem die Gesundheitsausgaben
Hermann Kues, Parlamentarischer Staats-
2004 stagnierten. Die Ausgaben je Ein-
Weitere Informationen unter
sekretär im Bundesfamilienministerium, auf
wohner lagen 2005 bei 2.900 Euro (2004:
www.gbe-bund.de
einer zweitägigen Konferenz mit 150 Ver-
2.830 Euro). Über die Hälfte der Gesund-
Europäischer
Demografie-Kongress
in Berlin
Berlin, 17. April – Bundesfamilien-
antwortlichen aus Bund, Ländern, Kommu-
heitsausgaben entfiel auf Arzneimittel
ministerin Ursula von der Leyen und der
nen und Verbänden. Das im September
(inklusive Verbandmittel, Hilfsmittel, Zahn-
EU-Kommissar für soziale Angelegenhei-
2005 gestartete Modellprogramm des Bun-
ersatz und sonstigem medizinischen
ten, Vladimír Spidla, betonten auf dem
desfamilienministeriums will neue politische
Bedarf) und ärztliche Leistungen. Für beide
zweitägigen EU-Kongress
Wowereit erklärt:
Berlin ist eine Stadt
für alle Generationen
„Demografi-
Ansätze des freiwilligen Engagements
Leistungsarten wurden jeweils knapp 27
scher Wandel als Chance: Wirtschaftliche
erproben. Es stellt für die dreijährige Modell-
Prozent der Gesamtausgaben aufgewen-
Berlin, 23. April – „Meine Leitlinie
Potenziale der Älteren“ vor 400 Teilnehmer
phase insgesamt 36 Millionen Euro bereit.
det. Während die Ausgaben für ärztliche
lautet: Ich will den demografischen Wandel
die Bedeutung älterer Menschen für die
Ziel ist es, Freiwilligendienste künftig für alle
Leistungen nur um 0,5 Prozent im Ver-
in Berlin nicht zur Krise werden lassen, son-
Zukunft Europas. Von der Leyen: „Ältere
Altersgruppen anzubieten. Ein großes
gleich zum Jahr 2004 gestiegen sind,
dern seine positive Dynamik für die Stadt-
Menschen sind ein Reichtum für unsere
Augenmerk liegt dabei auf der Lebenserfah-
wuchsen die Ausgaben für Arzneimittel
entwicklung nutzbar machen.“ Der Regie-
Gesellschaft. Sie haben Kompetenzen und
rung der älteren Generation. Bundesweit
überdurchschnittlich um 10,2 Prozent (für
rende Bürgermeister von Berlin, Klaus
104 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 105
Berliner Gesundheitspreis für begleitetes
Wohnen
Wowereit, kündigte in seiner Rede auf dem
nale Tagung zum Thema „Neue Chancen
„Stadtforum Berlin 2020“ an, den demo-
durch eine alternde Bevölkerung“. Die drei-
grafischen Wandel zu einem Schwerpunkt
tägige Konferenz wolle, so die Veranstalter,
seiner Politik zu machen. „Ich möchte der
einen Blick „auf ein Thema werfen, das
sozialen Entmischung in der Stadt entge-
immer mehr in das Zentrum öffentlicher
Berlin, 8. Mai – Der Berliner
2050 ein Bevölkerungsrückgang von 14
genwirken und gezielt gemeinsame Räume
Aufmerksamkeit rückt: das Altern der
Gesundheitspreis in der Kategorie „Hoch-
Prozent zu erwarten ist, wird die Bevölke-
für Jung und Alt schaffen. Berlin sollte den
Gesellschaft“. Gegen die bislang vorherr-
altrige im sozialen und kommunalen
rung der neuen Länder um 31 Prozent sin-
Anspruch haben, eine Stadt für alle Gene-
schende demografische Untergangsmen-
Umfeld“ geht in diesem Jahr an die
ken.“ Im vergangenen November hatte
rationen zu sein.“ Wowereit kündigte für
talität setzten die dreißig teilnehmenden
Dresdner Initiative „Begleitetes Wohnen“.
das Bundesamt die deutschlandweiten
2008 ein Gesamtkonzept zur Gestaltung
Experten auf positive Aspekte des Alterns
Der ausgezeichnete Verein hat in den letz-
Ergebnisse der „koordinierten 11. Bevölke-
des demografischen Wandels in Berlin an.
und auf konstruktive Lösungsvorschläge.
ten zehn Jahren mehr als 200 Menschen
rungsvorausberechnung“ veröffentlicht.
Er mache sich Sorgen, so Wowereit weiter,
in ihrem Lebensalltag unterstützt und Hil-
Die Berechnung enthält zwei Varianten, die
über die bereits heute absehbare Altersar-
fen, etwa bei Behördengängen oder Frei-
einen Bevölkerungsrückgang von heute
zeitaktivitäten, geleistet. „Begleitetes Woh-
82,4 Millionen auf 69 bzw. auf 74 Millionen
nen steht für eine neue Kultur des Helfens,
im Jahr 2050 prognostizieren. Die Ergeb-
die durch zivilgesellschaftliches Engage-
nisse liegen nun auch auf Länderebene
ment geprägt ist“, sagte Dr. Hermann
vor. Demnach steigt im Osten die Zahl der
mut. „Mein zentrales Anliegen ist, dass
ältere Menschen nicht ins Abseits geschoben werden.“ Im Mittelpunkt stehe dabei
das Wohnen. „So lange wie möglich in den
Bayerisches Rotes
Kreuz und BMW stellen
„eCall“-Rettungskonzept vor
in der Bevölkerungsentwicklung zwischen
den alten und den neuen Ländern werden
sich weiter vergrößern. Während in den
alten Ländern im Zeitraum von 2006 bis
Kues, Parlamentarischer Staatssekretär im
Älteren schneller als im Westen. Der so
ist der Schlüssel zu einem würdevollen und
Straubing, 7. Mai – Das Bayerische
Bundesministerium für Familie, in seiner
genannte Altersquotient beträgt im Osten
selbstbestimmten Älterwerden.“ Wowereit
Rote Kreuz und BMW stellten der Öffent-
Laudatio. Der Berliner Gesundheitspreis ist
heute 35, im Westen 32. Bis zum Jahr
dachte auch laut über die Rente mit 70
lichkeit ein Notrufsystem für Autofahrer vor.
eine gemeinsame Initiative des AOK-Bun-
2050 wird der Quotient im Osten auf 80,
nach. „Wir streiten derzeit über die Rente
„eCall“ wurde im Rahmen des von der EU
desverbands, der Ärztekammer Berlin und
im Westen auf 62 steigen. Der Altersquo-
mit 67. Aber warum denken wir nicht darü-
geförderten Forschungsprojekts „Global
der AOK Berlin. Er wird alle zwei Jahre zu
tient gibt die Zahl der Menschen über 65
ber nach, ob vielleicht eine Rente mit 70
System Telematics“ (GST) entwickelt. Seit
einem speziellen Fachthema ausgeschrie-
an, die auf 100 Menschen im Alter zwi-
dann möglich ist, wenn der Beschäftigte ab
Januar ist die Notruffunktion für alle BMW-
ben. In diesem Jahr stand er unter dem
schen 20 und 65 Jahren kommen. Im
60 zehn Jahre lang halbtags arbeitet?“
Typen erhältlich. Eine Initiative der Europäi-
Motto „Im hohen Alter zu Hause leben“.
Osten ist die durchschnittliche Lebenser-
eigenen vier Wänden wohnen zu können,
schen Kommission will eCall ab 2009
Unorthodoxer Blick
auf das Altern
in Delmenhorst
europaweit installieren. Alle Pkw und Lkw,
Weitere Informationen unter
Westen. Sie wird in den kommenden Jah-
die nach dem 1. September 2010 neu in
www.begleiteteswohnen.de
ren etwas schneller steigen und dann dem
den Markt kommen, sollen serienmäßig
gesamtdeutschen Trend folgen.
über eCall verfügen (mehr dazu im Beitrag
„Hausnotruf 2.0“, S. 77).
Delmenhorst, 3. Mai – Das Hanse
wartung zurzeit noch etwas geringer als im
Osten von Alterung
stärker betroffen
rausberechnung zum Download unter
www.destatis.de/themen/d/thm_
Wissenschaftskolleg veranstaltete zusammen mit der Bertelsmann Stiftung und der
Wiesbaden, 22. Mai – Das Statisti-
Jacobs University Bremen eine internatio-
sche Bundesamt meldet: „Die Unterschiede
106 Drei Farben Grau
Ergebnisse der aktuellen Bevölkerungsvo-
Hausnotruf Themen 2007
bevoelk.php
Nachrichten 2007 107
Studie zur Abwanderung junger Frauen aus
dem Osten
geschaffen werden. Denn „spätestens seit
Jugend veröffentlichte eine praxisnahe
lastungen beim Pflegepersonal führen“,
der Wende ist klar, dass es die sozialisti-
Anleitung zur Pflegedokumentation für die
sagte Dr. Gabriele Richter, Bundesanstalt für
schen Helden der körperlich schweren
stationäre Altenhilfe. Bundesministerin
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, vom
Arbeit nicht mehr gibt“.
Ursula von der Leyen sagte: „Dieses Buch
Arbeitskreis „Gesund Pflegen“. Dies schlägt
ist aus der Praxis für die Praxis.“ Die Emp-
sich in steigenden Fehlzeiten, Fluktuation,
Berlin, 30. Mai – Das Berlin-Institut
für Bevölkerung und Entwicklung legte
Download der Studie unter
fehlungen basieren auf umfangreichem
vorzeitigen Berufsausstiegen und Frühver-
eine Studie zur Abwanderung von jungen
www.berlininstitut.org/not_am_mann.html
Erfahrungswissen und geben spezifische
rentungen, die deutlich über dem Durch-
Frauen aus Ostdeutschland vor. Danach
Anleitungen für typische und alltägliche
schnitt der Erwerbsbevölkerung liegen, nie-
fehlen in den entlegenen, wirtschafts- und
Pflegesituationen, zum Beispiel in den
der. Laut europäischer NEXT-Studie, denkt
Bereichen Mangelernährung und Flüssig-
jeder fünfte Beschäftigte im Pflegebereich
keitsdefizit, Sturz oder Demenz. Um den
über einen vorzeitigen Berufsausstieg nach.
strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands vor allem Frauen in der Altersklasse
Erfahrungsaustausch zur
altenfreundlichen Stadt
der 18- bis 29-Jährigen. Der Männerüber-
Praxiswert des Handbuchs zu verdeutli-
schuss beträgt dort bis zu 25 Prozent. Seit
Mühlheim an der Ruhr, 11. Juni –
chen, wird das Bundesfamilienministerium
Das Memorandum kann bezogen werden
1991 sind 273.000 unter 30-jährige Män-
Nordrhein-Westfalens Generationenminister
im Zeitraum von August 2007 bis Juli 2008
über
ner abgewandert, aber 400.000 Frauen.
Armin Laschet eröffnete die erste inter-
in 15 Städten Tagesseminare für Pflegelei-
[email protected]
Den Hauptgrund für die höhere Abwande-
nationale Konferenz der Metropole Ruhr im
tungen, Pflegedozenten und Multiplikatoren
www.inqa-pflege.de/
rung junger Frauen sehen die Autoren der
Rahmen des WHO-Projekts „Age Friendly
veranstalten, darunter in Köln, Stuttgart,
Studie in deren Bildungsvorsprung. Der
Cities“ (AFC). Die Teilnehmer waren aus den
Dresden, Hamburg, München und Berlin.
wiederum sei eine Folge der Dominanz
Partnerstädten Shanghai, Istanbul, New
weiblicher Bezugspersonen in den Famili-
York und Islamabad an die Ruhr gekom-
Download des Handbuchs unter
en, im Kindergarten und in der Schule. Das
men. Die Tagung bot den 130 Teilnehmern
www.bmfsfj.de
Fortgehen junger Frauen, so die Studie
Gelegenheit zum internationalen Erfah-
weiter, beschleunigt den wirtschaftlichen
rungsaustausch. In den Dialog-Foren wid-
und sozialen Erosionsprozess in vielen ost-
meten sich die Experten den für eine alters-
deutschen Landkreisen und führt dort zu
gerechte Stadt zentralen Themen Wohnen
einer „Not am Mann“: Die Schieflage der
und
Geschlechter stürzt die zurückbleibenden
Gesundheit und Prävention, Kultur und Bil-
Männer in eine Spirale von Bildungsbe-
dung sowie Partizipation alter Menschen.
haushaltsnahe
keit und Frustration bei der Partnerwahl.
Manche reagierten darauf als „trotzige
Macher“, andere mit Genügsamkeit, manche mit Verbitterung und Resignation.
Berlin, 23. Juni – Die 33. Berliner
INQA-Memorandum
zur Zukunft der Pflege
Handbuch
„Pflegedokumentation
stationär“
Junge Männer müssten gezielt motiviert
dem Motto „Solidargemeinschaft der Gene-
Dortmund, 12. Juni – Mit dem
verwaltung für Integration, Arbeit und Sozia-
Memorandum „Für eine neue Qualität der
les. Bis zum 5. Juli finden über 200 Veran-
Arbeit in der Pflege“ präsentierte der Arbeits-
staltungen in allen Berliner Bezirken statt.
kreis „Gesund Pflegen“ der Initiative Neue
Dazu gehört auch eine Parlamentsdebatte.
Qualität der Arbeit (INQUA) Handlungsan-
Unter Leitung von Walter Momper, Präsi-
sätze einer Gesunden Pflege. „Gesunde
dent des Abgeordnetenhauses, debattieren
Arbeitsplätze sind keinesfalls selbstver-
Senioren im Berliner Abgeordnetenhaus.
ständlich. Arbeitsverdichtung und zuneh-
Weitere Informationen unter
werden, folgert das Berlin-Institut. Und es
Berlin, 12. Juni – Das Bundesmi-
mende Bürokratie sind nur zwei Faktoren,
müssten neue Rollenbilder für Männer
nisterium für Familie, Senioren, Frauen und
die zu psychischen und physischen Fehlbe-
108 Drei Farben Grau
Seniorenwoche steht in diesem Jahr unter
rationen“. Veranstalter ist die Berliner Senats-
Dienstleistungen,
nachteiligung, beruflicher Perspektivlosig-
Seniorenwoche für
„Solidargemeinschaft
der Generationen“
Hausnotruf Themen 2007
http://sewo.senioren-berlin.de
Nachrichten 2007 109
EU-Aktionsplan
»Wohltuendes Altern in
der Informationsgesellschaft«
investiert der Markt nicht in dem Umfang in
effizienter nutzen können.“ Die mit der
Arbeitsgruppe namens „999 Liaison Com-
Innovationen, wie es erforderlich wäre, um
Unterstützung von Nokia und Vodafone
mittee“ gegründet. Die „999“ im Namen
sinnvolle und erschwingliche Lösungen für
konzipierte Internetseite wird von vielen
der Gruppe stammt aus der traditionellen
ältere Nutzer verfügbar zu machen, wie
Einzelpersonen und Organisationen entwi-
britischen Notrufnummer, die 1937 einge-
etwa integrierte und leicht zu nutzende
ckelt, die an der Nutzung mobiler Technik
führt wurde. Seit 1992 kann man zwar
Dienstleistungen, die ein unabhängiges
zum Vorteil des gesellschaftlichen Wandels
auch in Großbritannien die in den meisten
Brüssel, 14. Juni – Die Europäische
und gesundes Leben fördern. Hier gilt es,
interessiert sind. Dank des Wiki-Formats
europäischen Ländern gängige „112“ für
Kommission hat einen europäischen Akti-
den Teufelskreis zu durchbrechen, denn
der Seite können Nutzer überall auf der
Notrufe wählen, aber die meisten Briten
onsplan »Wohltuendes Altern in der Infor-
der Mangel an adäquaten Lösungen, an
Welt Fallstudien und andere Inhalte bear-
bevorzugen immer noch ihre gewohnte
mationsgesellschaft« verabschiedet. Sie
Bewusstsein, an Größenvorteilen und
beiten, aktualisieren oder kommentieren,
„999“. Der nun beschlossene Feldversuch
will damit auf die Bedürfnisse der zuneh-
Standards und an tragfähigen Geschäfts-
und auch eigene Inhalte hinzufügen.
soll insbesondere zeigen, ob die Ortung
mend älter werdenden Bevölkerung rea-
modellen hat wiederum zur Folge, dass
gieren. Im Rahmen der i2010-Initiative
nur unzureichend in Forschung und inno-
Adresse der Website:
gesendet werden, einwandfrei funktioniert
stellt die EU bis 2013 eine Milliarde Euro für
vative
www.shareideas.org
– die Netzbetreiber sollen bei Textnach-
Lösungen
investiert
wird.“
der Handys, von denen SMS-Notrufe
die Erforschung von Informations- und
richten an die 999 nämlich automatisch
Kommunikationstechnologien bereit, die
Weitere Informationen unter
das Leben älterer Menschen zu Hause, am
http://ec.europa.eu/information_society
Arbeitsplatz und in der Gesellschaft allgemein erleichtern sollen. Ziel der EU-Kommission ist es, mobile Informations- und
Kommunikationstechnologien,
die
ein
gutes Altern ermöglichen, in den nächsten
Ideenaustausch zu
sozialen Auswirkungen
mobiler Technologien
fünf Jahren als erfolgreichen „Leitmarkt für
eine Positionsbestimmung durchführen.
Ein Feldversuch
in England testet Notruf
per SMS
Skeptiker befürchten, dass die Rettungsdienste durch kryptische SMS verwirrt
oder in die Irre geleitet werden könnten:
Botschaften im SMS-Kurzstil wie „som1
London (Großbritannien), 20. Juni –
brkn n2 hous“ müssen erst einmal korrekt
In England wurde ein halbjähriger Feldver-
interpretiert werden („Hilfe, jemand bricht
such gestartet, bei dem Notrufe per SMS
in mein Haus ein.“). Sollte sich der Notruf
Europa“ zu etablieren. Die Europäische
Espoo (Finnland) / London (Groß-
abgegeben werden können – automati-
per SMS bewähren, könnte er zur regulä-
Kommission erklärt (SEC(2007)811): „Die
britannien), 20. Juni – Nokia und Vodafone
sche
ren Alternative zum Anruf werden, berich-
Informations- und Kommunikationstech-
haben eine neue Internetseite vorgestellt,
Besonders Gehörlose oder Sprachbehin-
nologien ermöglichen ein effizienteres
die den Ideenaustausch im Hinblick auf die
derte sollen von der Möglichkeit profitieren.
Management und eine effizientere Erbrin-
Vorteile der Nutzung mobiler Kommunika-
Schon bislang können Gehörlose in Groß-
gung von Leistungen der Gesundheits-
tionsmöglichkeiten für Gesellschaft und
britannien per Textnachricht die Rettungs-
und Sozialfürsorge und schaffen zuneh-
Umwelt unterstützt. Die Idee zu der Seite
dienste benachrichtigten. Allerdings nur
mend Möglichkeiten für eine gemeindena-
stammt von Ndidi Nwuneli, Gründer von
über spezielle Telefone, die eingegebene
he Versorgung oder eine Selbstversorgung
»LEAP Africa«, einer Nigerianischen Nicht-
Texte „nachsprechen“. Für Notrufe dieser
und
Dienstleistungsinnovationen.
regierungsorganisation: „Organisationen,
Art gibt es zudem eine gesonderte Telefon-
Bielefeld / Berlin, 25. Juni – Der
Daraus können beträchtliche Vorteile für
wie unsere, werden von einem solchen
nummer. Um diese Sonderwege in die all-
»(N)ONLINER Atlas 2007« dokumentiert
Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes
Hilfsmittel profitieren, das uns zeigt, wie
gemeine Notrufstruktur einzugliedern, hat
für 2007 erstmals das Überschreiten der
erwachsen.“ Weiter heißt es: „Derzeit
wir mobile Dienste für unsere Arbeit noch
die britische Regierung eigens eine
60 Prozent-Marke bei der Internetnutzung
für
110 Drei Farben Grau
Positionsbestimmung
Hausnotruf Themen 2007
inklusive.
tet der „Daily Mail“.
Internetnutzung
älterer Menschen
legt weiter zu
Nachrichten 2007 111
in Deutschland. Innerhalb eines Jahres
schaft gehört zu den wichtigsten Verände-
gewinnen« soll Wirtschaft, Wissenschaft,
über ein modernes, realistisches und
stieg der Anteil der Onliner um zwei Pro-
rungsprozessen, die wir im beginnenden
Verbraucher- und Seniorenorganisationen
zukunftsgerichtetes
zentpunkte auf 60,2 Prozent. Damit sind
21. Jahrhundert erleben. Dass wir immer
sowie die älteren Menschen selbst stärker
Gesellschaft anzustoßen. Der Bericht soll
39,2 Millionen Personen über 14 Jahre im
älter werden, hat Auswirkungen auf nahe-
miteinander ins Gespräch bringen. Hierzu
spätestens im Jahr 2010 vorgelegt werden.
Internet. Mit 2,8 Prozent stieg die Nutzer-
zu alle Bereiche unseres Zusammenle-
wird eine eigene Geschäftsstelle eingerich-
Seine Erstellung soll durch Veranstaltun-
zahl am stärksten in der Altersgruppe der
bens. Der demografische Wandel darf
tet. Die Aufgabe der Geschäftsstelle wird
gen begleitet werden. Die organisatorische
60 bis 69-Jährigen, deren Onliner-Anteil in
aber nicht nur als Problem, sondern muss
sein, eine Informations- und Kooperations-
Betreuung der Altenberichtskommission
diesem Jahr bei 35,5 Prozent liegt. Der
auch als Gewinn gesehen werden. Die
börse aufzubauen und ein Forum für den
übernimmt eine Geschäftsstelle beim
Zuwachs in der Gruppe der ab 70-Jähri-
Herausforderungen und die Chancen zu
Austausch zwischen Wissenschaft, Senio-
Deutschen Zentrum für Altersfragen. Die
gen beträgt dagegen nur einen Prozent-
entdecken, wird zu den wichtigen Aufga-
ren- und Verbraucherorganisationen sowie
Mitglieder der Kommission des sechsten
punkt. In der Altersgruppe der 50- bis 59-
ben der ARD-Themenwoche gehören.“
Unternehmen zu bieten. Der Bund stellt
Altenberichts unter Vorsitz von Prof. Dr.
Jährigen nahm der Onliner-Anteil um 1,5
dafür in den Jahren 2008 bis 2010 rund
Andreas Kruse (Heidelberg) sind Prof. Dr.
Prozentpunkte auf 58,3 Prozent zu. Ein
vier Millionen Euro zur Verfügung.
Wolfgang Bergsdorf (Erfurt), Prof. Dr. Peter
diesjähriger Sonderteil des »(N)ONLINER
Atlas 2007« befasst sich mit dem Thema:
„Best-Ager-PC: Altersgerecht ins Internet“.
Kostenfreier PDF-Download des
Bundesfamilienministerium startet
Unternehmensprogramm
zum »Wirtschaftsfaktor
Alter«
der
Borscheid (Marburg), Prof. Dr. Andrea
Gröppel-Klein (Saarbrücken), Prof. Dr.
und weitere Informationen unter
Michael Hüther (Köln), Prof. Dr. Thomas
www.bmfsfj.de
Klie (Freiburg), Prof. Dr. Gerhard Naegele
www.wirtschaftskraft-alter.de
(Dortmund), Prof. Dr. Clemens TeschRömer (Berlin), Prof. Dr. Caja Thimm
Berlin, 17. Juli – „Unternehmen
stellen sich zunehmend auf den demografischen Wandel ein, aber insgesamt steckt
ARD-Themenwoche
2008 zum demografischen Wandel
in
Kostenfreier PDF-Download der Studie
„(N)ONLINER Atlas 2007“ unter
www.nonliner-atlas.de
Altersbild
der Seniorenmarkt noch in den Kinder-
(Bonn), Prof. Dr. Rudolf Tippelt (München),
Sechste Altenberichtskommission nimmt
Arbeit auf
schuhen“, sagte Bundesfamilienministerin
Karin P. Vanis (Bonn), Prof. Dr. Ulla Walter
(Hannover), Prof. Dr. Gerhard Wegner
(Hannover) und Prof. Dr. Harm-Peer Zimmermann (Marburg).
Ursula von der Leyen in Berlin. Die Ministe-
Berlin, 17. Juli – Die Bundesminis-
rin weiter: „Deutschland kann es sich nicht
terin für Familie, Senioren, Frauen und
Saarbrücken, 28. Juni – Die ARD-
leisten, diesen wichtigen Zukunftsmarkt
Jugend, Ursula von der Leyen, hat in Ber-
Themenwoche 2008 wird sich mit dem
anderen zu überlassen. Daher starten wir
lin vierzehn Sachverständigen ihre Beru-
demografischen Wandel in unserer Gesell-
im Bundesfamilienministerium das Unter-
fungsurkunde als Mitglieder der Kommissi-
schaft und seinen Konsequenzen beschäf-
nehmensprogramm
»Wirtschaftsfaktor
on für den sechsten Altenbericht der
tigen. Das beschlossen die Intendantinnen
Alter – Unternehmen gewinnen«. Damit
Bundesregierung überreicht. Die Kommis-
und Intendanten bei ihrer Tagung in Saar-
möchten wir die Unternehmen unterstüt-
sion wird sich mit dem Thema „Altersbilder
Berlin, 25. Juli – Die vom Bundes-
brücken. Die Federführung wird beim
zen und gleichzeitig ältere Menschen als
in der Gesellschaft“ beschäftigen und trat
ministerium für Familie, Senioren, Frauen
WDR liegen.
Großes Interesse
an der Charta der
Rechte pflegebedürftiger
Menschen
Verbraucherinnen und Verbraucher stär-
anschließend zu ihrer ersten Arbeitssitzung
und Jugend und dem Bundesgesund-
WDR-Intendantin Monika Piel: „Der
ken.“ Das neue Unternehmensprogramm
zusammen. Der sechste Altenbericht soll
heitsministerium initiierte „Charta der
demografische Wandel unserer Gesell-
»Wirtschaftsfaktor Alter – Unternehmen
dazu beitragen, die öffentliche Debatte
Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Men-
112 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 113
Neues
DRK-Kursprogramm
„Pflege in der Familie“
schen“ stößt auf immer größeres Interes-
betroffen: In Westdeutschland bekamen
festzulegen. Eine Paniktaste soll in Notsi-
se. In weniger als drei Monaten wurden
sie mit durchschnittlich 667 Euro 14,5 Pro-
tuationen helfen, indem nach deren Betäti-
rund 150.000 Exemplare der Broschüre
zent weniger, in Ostdeutschland mit 601
gung alle vier gespeicherten Rufnummern
bestellt. „Alle pflegebedürftigen Menschen
Euro 12,5 Prozent weniger als noch im
gewählt werden, bis eine Verbindung auf-
haben das Recht, gute und menschen-
Jahr 2000 (780 bzw. 667 Euro). Die Deut-
gebaut wird. Ist dies nicht möglich, wird
würdige Hilfe zu erhalten", erklärte Bun-
sche Rentenversicherung nahm zu den
eine Freisprechverbindung zur Servicezen-
Berlin, 7. August – Das Deutsche
desministerin Ursula von der Leyen in Ber-
Zahlen Stellung und wies darauf hin, dass
trale der Björn Steiger Stiftung hergestellt,
Rote Kreuz (DRK) hat in Zusammenarbeit
lin. „Die Charta der Rechte hilfe- und
der durchschnittliche Rentenzahlbetrag ein
die die Position des Kindes erkennt und
mit dem pflegewissenschaftlichen Institut
pflegebedürftiger Menschen macht deut-
statistischer Mittelwert ist, der auch sämt-
zugleich mit ihm sprechen kann. Verlassen
der Universität Witten-Herdecke ein Kurs-
lich, welche Rechte diese Menschen und
liche Mini-Renten in seine Berechnung mit
die Kinder den „grünen Bereich“, der im
programm „Pflege in der Familie“ entwi-
ihre Angehörigen haben. Die große Nach-
einbezieht. Die so genannte Eckrente ist
Vorfeld festgelegt wurde, erhalten die
ckelt, das sich an Angehörige und ehren-
frage belegt den Informations- und Bera-
nach Ansicht der DRV aussagefähiger. Sie
Eltern eine Benachrichtigung per SMS.
amtlich Pflegende wendet. Doris Schmidt,
tungsbedarf, wie gute Pflege konkret
bezieht sich auf die Ansprüche, die ein
Nachdem Weihnachten 2004 mit dem in
Leiterin des Teams Altenhilfe und Gesund-
gestaltet werden kann.“
Arbeitnehmer nach langem Berufsleben an
China entwickelten „MyMo“ das erste Kin-
heitsförderung des DRK-Bundesverban-
Rentenanspruch erwirbt. Diese Eckrente
derhandy mit Ortungssystem auf den
des, sagte in Berlin: „Die Bedürfnisse pfle-
ist im Westen um 5,5 Prozent auf 61,41
deutschen Markt kam, überschlugen sich
gender Angehöriger gehen weit über das
Euro gestiegen, im Osten um 6,47 Prozent
2007 die Marktneuigkeiten. Seit April stat-
Erlernen von Handgriffen hinaus. Die bis-
auf 62,82 Euro.
tet die Björn Steiger Stiftung in Kooperati-
herigen Pflegekurskonzepte berücksichti-
on mit dem Mobilfunk-Discounter „simyo“
gen zu wenig das Bedürfnis nach Reflexi-
Weitere Informationen unter
die „ikids“-Handys für 9,90 Euro im Monat
on und Entlastung. Die Pflege eines
mit dem Komplettpaket „LifeService Kids“
Angehörigen ist eine enorme körperliche
aus. Im Juni startete der Kindersender
und psychische Herausforderung. Hier
Super RTL in Zusammenarbeit mit „Toggo
kann unser Kursprogramm jetzt wirkungs-
Mobile“ sein Mobiltelefonangebot für Kin-
volle Tipps und Anleitungen geben.“ Die
der zum Preis von 10 Euro im Monat. Im
nach
August legte das Münchener Unterneh-
Erkenntnissen entwickelten zwölf modula-
men „Kandy Mobile“ nach: Auch das
ren Einheiten beschäftigen sich nicht nur
Zahlbetrag für Neurenten seit 2000 um
zehn Prozent gesunken
Berlin, 4. August – Die Bild-Zeitung
titelt: „15 Prozent weniger Geld für Neu-
www.deutsche-rentenversicherung-
bund.de
Rentner!“. Bild beruft sich auf neue Zahlen
der Deutschen Rentenversicherung (DRV).
Danach bekamen Neurentner in Westdeutschland im Jahr 2006 durchschnittlich
790 Euro Rente ausgezahlt. Im Jahr 2000
Kinderhandy mit PanikTaste und GPS-Ortung
bei Tchibo
waren es noch 883 Euro gewesen – ein
neuesten
wissenschaftlichen
„Kandy-Handy“ verfügt über eine Notruf-
mit Themen wie Prophylaxe, Körperpflege,
Rückgang um 10,5 Prozent. Im Osten
Bremen, 6. August – Der Kinder-
taste und Ortungsfunktion. Das Komplett-
Bewegung,
sank der durchschnittliche Zahlbetrag um
handy-Markt boomt. Nun hat Tchibo das
angebot mit Vertrag kostet 12,90 Euro im
Schmerz, Tod und Sterben. Sie vermitteln
5,3 Prozent auf 836 Euro. Neurentnerinnen
speziell auf Vor- und Grundschulkinder
Monat, jede Ortung zusätzlich 49 Cent.
den Pflegenden darüber hinaus auch
erhielten 2006 im Westen durchschnittlich
zugeschnittene Mobiltelefon „ikids“ in sein
434 Euro, im Osten 660 Euro. Das sind 5,8
Portfolio aufgenommen, das den Nach-
Auf der Website von „Kandy Mobile“ steht
Der Kurs ist für die Teilnehmer kostenfrei.
bzw. 2,8 Prozent weniger als im Jahr 2000
wuchs per GPS ortet. Besonders kontroll-
eine Informationsbroschüre; kostenloser
Die Kosten werden von den Pflegekassen
(461 bzw. 679 Euro). Von den sinkenden
freudige Eltern haben die Möglichkeit, für
Download unter
vollständig übernommen.
Neurenten sind besonders Frührentner
ihr Kind einen „grünen“ Bewegungsbereich
www.kandymobile.com
114 Drei Farben Grau
Ernährung,
Umgang
mit
Techniken der Entlastung und Reflexion.
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 115
Weitere Informationen unter
Milbradt (CDU) für Abriss: „Die bisherige
20,3 Jahren nach der letzten Sterbetafel.
So liegt das Notrufsystem „eCall“ bei den
www.drk.de
Infrastruktur können wir uns nicht mehr
60-jährige Frauen können statistisch gese-
europäischen Autofahrern inzwischen auf
leisten.“ Milbradt rückte vom Verfas-
hen mit 24,5 weiteren Lebensjahren rech-
Platz eins der Wunschliste elektronischer
sungsziel bundesweit gleicher Lebens-
nen. Nach der Sterbetafel 2003/2005
Hilfen im Auto. Das ergab eine Umfrage in
verhältnisse ab: Es solle lediglich einen
waren es durchschnittlich 24,3 Jahre. Aus
zwölf europäischen Ländern, die unter
Mindeststandard geben für Bildung, Tele-
der aktuellen Sterbetafel lässt sich auch
Federführung des spanischen Automobil-
kommunikation oder Gesundheitsvor-
ablesen, dass statistisch gesehen jeder
clubs RACC im Rahmen des internationa-
sorge. Der familienpolitische Sprecher der
zweite Mann zumindest 79 Jahre alt wird.
len Test-Programms EuroTest durchge-
Unionsfraktion,
(CSU),
Unter den Frauen kann fast jede zweite
führt wurde. In Deutschland organisierte
Bundesweit größter
Demografie Kongress.
Marshallplan für eine
bevölkerungsorientierte
Politik
Singhammer
schlug hingegen einen „Marshallplan für
sogar ihren 85. Geburtstag erleben. 88 Pro-
der ADAC die Studie. 88 Prozent der deut-
Berlin, 23. August – Nach den Wor-
eine bevölkerungsorientierte Politik“ und
zent der Männer und 94 Prozent der Frau-
schen Autofahren wünschen sich ein bord-
ten des Bundesministers für Verkehr und
eine parteiübergreifende, „breitgefächerte
en können zumindest das 60. Lebensjahr
eigenes
Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee
Kampagne aller Gutwilligen“ vor.
vollenden. Im früheren Bundesgebiet ist die
üben die Deutschen allerdings, wenn es an
(SPD), nimmt Ostdeutschland den demo-
Notrufsystem.
Zurückhaltung
Lebenserwartung nach wie vor etwas höher
ihren Geldbeutel geht. Müssten sie dafür
grafischen Wandel der gesamten Bun-
Weitere Informationen auf der Kongress-
als in den neuen Bundesländern. Bei den im
bezahlen, würde das Interesse für „eCall“
desrepublik vorweg. Wie unter einem
Homepage unter
Westen neugeborenen Jungen ergibt sich
und andere eSafety-Dienste um bis zu 47
Brennglas könne man hier den Bevölke-
www.best-age-conference.de
mit 76,9 Jahren gegenüber 75,5 Jahren bei
Prozent zurückgehen. Sollte dafür die
rungswandel beobachten, sagte Tiefensee
den in den neuen Ländern (ohne Berlin)
Erhebung von persönlichen Daten nötig
auf dem zweiten Demografie-Kongress
geborenen Jungen ein Abstand von 1,4
sein und somit ein Eingriff in die Privat-
Jahren. Bei den neugeborenen Mädchen
sphäre erfolgen, würden sie von 66 Pro-
beträgt der Abstand zugunsten der im Wes-
zent schlichtweg abgelehnt (mehr dazu im
ten geborenen Kinder zu denen im Osten
Beitrag „Hausnotruf 2.0“).
„Best Age – Den Wandel gestalten“ in
Berlin. Mit mehr als 500 Teilnehmern ist die
vom »Behörden Spiegel« organisierte Ver-
Lebenserwartung der
Menschen in Deutschland nimmt weiter zu
anstaltung die bundesweit größte Fach-
dagegen nur 0,3 Jahre.
konferenz zum Thema. Der Bundesver-
Wiesbaden, 28. August – Wie das
kehrsminister betonte, Bund, Länder und
Statistische Bundesamt mitteilte, ist die
Kostenfreier Download der aktuellen Ster-
systems informiert ein Video unter
Gemeinden müssten sich jetzt aktiv auf die
durchschnittliche Lebenserwartung bei
betafel und weitere Informationen unter
http://adac.iptv.odmedia.net/
Entwicklung einstellen. „Wir brauchen eine
Geburt für neugeborene Jungen auf 76,6
www.destatis.de
konzentrierte Aktion aller Politikbereiche“,
Jahre und für neugeborene Mädchen auf
so Tiefensee. Wenn die Zahl der Einwoh-
82,1 Jahre gestiegen. Nach der bislang
ner sinkt, fließen auch weniger Steuergel-
aktuellen Sterbetafel 2003/2005 waren es
der in die Staatskasse – in manchen Orten
76,2 beziehungsweise 81,8 Jahre gewe-
Ostdeutschlands um bis zu 40 Prozent,
sen. Auch für ältere Menschen ist die
rechnete Staatssekretär Ulrich Kasparick
Lebenserwartung weiter angestiegen. Nach
(SPD) vor. Angesichts des Wohnungs-
der neuen Sterbetafel 2004/2006 beläuft
leerstands in den neuen Ländern plä-
sich die Lebenserwartung von 60-jährigen
München, 28. August – Die Nach-
Das bereits im Februar auf den Markt
dierte Sachsens Ministerpräsident Georg
Männern auf weitere 20,6 Jahre gegenüber
frage nach Notruflösungen im Alltag steigt.
gekommene Medion-Handy MD 96120
116 Drei Farben Grau
Über die Leistungen des „eCall“-Rettungs-
Notruflösungen im
Alltag kommen: Europas
Autofahrer wünschen
sich „eCall“
Seniorenhandy mit Notruffunktion bei Aldi-Nord
Essen, 29. August – Der Discounter Aldi-Nord bietet ein Seniorenhandy mit
Notruffunktion für knapp hundert Euro an.
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 117
wartet unter anderem mit extra großen
alten Menschen werden nicht häufig
wurden, und 24.650 Bewohner von Pfle-
berücksichtigt, die im Laufe eines Jahres
Tasten auf und bietet eine Anzeige, auf der
genug umgebettet und liegen sich daher
geheimen zu ihrer Versorgungssituation
geboren werden. Diese durchschnittliche
die Zahlen besonders groß dargestellt wer-
wund. Bei zehn Prozent der untersuchten
befragt und ihr Pflegezustand bewertet.
Kinderzahl, die auch als zusammengefass-
den. Für Notrufe steht eine Extra-Taste zur
Heimbewohner stellten die MDS-Gutach-
Außerdem wurden in den Einrichtungen
te Geburtenziffer bezeichnet wird, wird zur
Verfügung. Auch das Schreiben und Emp-
ter gesundheitliche Schädigungen und
Pflegekonzepte, Abläufe und die fachliche
Beschreibung des aktuellen Geburtenver-
fangen von SMS ist möglich. Auf Sonder-
damit einen akut unzureichenden Pflege-
Arbeit der Pflegekräfte überprüft.
haltens herangezogen. Sie gibt an, wie
funktionen wie MP3-Player oder eine
zustand fest. 2003 hatte der Anteil der
Kamera wird verzichtet. Dafür lasse sich
akut unterversorgten alten Menschen
Kostenfreier PDF-Download der Studie
Lebens bekommen würde, wenn ihr
das Handy laut Aldi aber besonders leicht
noch 17,4 Prozent betragen. Insofern
unter
Geburtenverhalten so wäre wie das aller
handhaben. Für zusätzlichen Komfort
sprechen die Gutachter von einer verbes-
www.mds-ev.de
Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im
sorgt die integrierte Freisprecheinrichtung.
serten Qualität der ambulanten und statio-
Die Stiftung Warentest urteilt: „Große Tas-
nären Pflege. Das Ausmaß der aktuell fest-
ten sind nicht alles.“ Sie bemängelt vor
gestellten
allem die verwirrende Menüführung und
Herbert Mauel, Geschäftsführer des Bun-
das mit 2,8 mal 2,8 Zentimetern zu
desverbandes privater Anbieter sozialer
schmale Display. Pluspunkte vergibt die
Dienste (bpa), sieht die Zustände längst
Stiftung Warentest für das Benutzerhand-
nicht so dramatisch. Es hätten sich 95
buch, die überdurchschnittliche Sprach-
Prozent der Pflegebedürftigen als zufrie-
Wiesbaden, 10. September – In
qualität und eine lange Akkulaufzeit.
den bezeichnet. Die rein medizinischen
Deutschland kamen im Jahr 2006 rund
Missstände
ist
umstritten.
viele Kinder eine Frau im Laufe ihres
jeweils betrachteten Jahr. Wie viele Kinder
ein Frauenjahrgang tatsächlich im Durch-
Demografischer Trend
hält an: Durchschnittlich
1,33 Kinder je Frau
geboren
schnitt geboren hat, kann erst festgestellt
werden, wenn die Frauen am Ende des
gebärfähigen Alters sind, das derzeit mit
49 Jahren definiert wird. Zur endgültigen
Kinderzahl der Frauen, die heute dreißig
oder zwanzig Jahre alt sind, können somit
nur Schätzungen abgegeben werden.
Vorgaben des MDS seien schlicht nicht
672.700 Kinder zur Welt. Das waren etwa
Weitere Informationen unter
praktikabel, so Mauel. 1.800 Milliliter Flüs-
13.100 weniger als 2005. Gleichzeitig ging
Weitere Informationen unter
www.stiftung-warentest.de
sigkeit am Tag zu verabreichen, wäre
die durchschnittliche Kinderzahl je Frau
www.destatis.de
selbst bei einer Betreuung rund um die Uhr
leicht von 1,34 auf 1,33 zurück. Das gab
nicht zu schaffen. Der MDS gibt alle drei
das Statistische Bundesamt bekannt. Die
Jahre einen umfassenden Bericht zur
Unterschiede zwischen dem Westen und
Situation und zur Entwicklung der Pflege-
dem Osten Deutschlands haben sich wei-
qualität bei häuslicher Pflege und in Pflege-
ter verringert, wobei die Kinderzahl im frü-
Krankenkassen-Bericht
prangert Missstände in
der Altenpflege an
Anforderungen an die
Handy-Ortung in den
USA verschärft
heimen ab. Der jetzt vorgestellte Bericht
heren Bundesgebiet abnahm und in den
Berlin, 31. August – Der zweite
bezieht sich auf die Jahre 2004 bis 2006.
neuen Bundesländern konstant blieb. In
Washington (USA), 13. September
Pflegequalitätsbericht der Spitzenverbän-
Dafür wurden Daten aus 3.736 Qualitäts-
den alten Ländern kamen im Jahr 2006
– Die US-Kommunikationsbehörde FCC
de der gesetzlichen Krankenkassen (MDS)
prüfungen in ambulanten Pflegediensten
durchschnittlich 1,34 Kinder je Frau zur
will mit neuen Vorschriften eine genauere
macht Schlagzeilen. Danach bekommt
und aus 4.215 Qualitätsprüfungen in sta-
Welt, in den neuen Ländern 1,30. 2005
Ortung von Notrufen durchsetzen, die über
fast jeder dritte Pflegebedürftige nicht
tionären Pflegeeinrichtungen ausgewer-
waren es im Westen Deutschlands 1,36
Mobiltelefone ausgelöst werden. Die Provi-
genug zu essen oder zu trinken. 35,5 Pro-
tet. Im Rahmen der Qualitätsprüfungen
und im Osten ebenfalls 1,30 gewesen. Bei
der in den USA müssen in der Lage sein,
zent der Menschen in Heimen und sogar
wurden rund 14.950 Pflegebedürftige, die
der Berechnung der durchschnittlichen
die Position eines Anrufers mit einer
42,4 Prozent der zu Hause versorgten
von ambulanten Pflegediensten betreut
Kinderzahl je Frau werden alle Kinder
Genauigkeit von 140 bis 270 Meter in 95
118 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 119
Prozent aller Fälle zu ermitteln. Derzeit prü-
2.500 Menschenleben könnten durch eine
fen die Betreiber, ob sie diesen Auflagen
raschere Versorgung mit dem „eCall“-Sys-
gerecht werden, indem sie eine größere
tem jährlich EU-weit gerettet werden,
Region aus mehreren Bundesstaaten als
schätzt die Kommission. Federführend
Grundlage heranziehen. Doch nach der
zuständig für das Thema ist in der Kommis-
neuen Regelung müssen sie sicherstellen,
sion Viviane Reding, die Kommissarin für
dass sie den Anforderungen in wesentlich
Medien und die Informationsgesellschaft
kleineren Bereichen gerecht werden. Laut
(mehr dazu im Beitrag „Hausnotruf 2.0“).
FCC-Chef Kevin Martin könne es zu
erheblichen Problemen führen, wenn die
Präzision der Services über mehrere Staaten gemessen wird. „Wenn beispielsweise
die Ortung in Manhattan funktioniert, so
Zweiter Aktionstag des
DRK Sachsen-Anhalt
zum Welt-Alzheimer-Tag
EU-Kommission drängt
auf Einführung des
Notrufsystems „eCall“
Die Städte des Ruhrgebiets nehmen in
diesem Jahr an der Initiative „Age Friendly
Cities“ der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) teil. Ergebnis ist ein Leitfaden der
WHO, der zum diesjährigen Weltaltentag in
Duisburg, London und Genf der Weltöf-
Duisburg, 1. Oktober – Seit 1990
fentlichkeit vorgestellt wurde. „Im Ruhrge-
ist der 1. Oktober der Internationale Tag
biet sind besonders die zu kurzen Ampel-
der älteren Menschen. Mit diesem Tag
phasen, die Ausdünnung des Nahverkehrs
würdigen die Vereinten Nationen die Leis-
in einigen Teilen und Unebenheiten auf
tungen der Älteren und den Gewinn, den
dem Bürgersteig, die das Gehen mit Geh-
sie für das gesellschaftliche Zusammenle-
hilfen erschweren, problematisch für
ben darstellen. „Die ganze Welt kann von
Senioren“, erklärte Claudia Horch vom
der älteren Generation profitieren“, sagte
Regionalverband Ruhr die Umfrageergeb-
Halle, 21. September – Zum Welt-
der damalige UN-Generalsekretär Kofi
nisse.
Alzheimer-Tag, von der Weltgesundheits-
Annan in seiner Erklärung zum Weltalten-
organisation
1994
tag im letzten Jahr. „Da die Menschen
Informationen zu den Weltaltentagen 2000
proklamiert, veranstaltete der DRK Lan-
weltweit immer länger leben, muss die
bis 2006 auf der Website der Vereinten
desverband Sachsen-Anhalt auch in die-
gesamte Menschheit daran interessiert
Nationen unter
sem Jahr einen Aktionstag. Im Stadthaus
sein, den Prozess des Alterns so produk-
www.un.org/events/olderpersons/2006/
von Halle tagten verschiedene Foren zu
tiv, aktiv und gesund wie möglich zu
hilft das einem Notrufenden in New Jersey
noch lange nicht“, warnt Martin.
Internationaler Leitfaden
„Die altersfreundliche
Stadt“ auf dem Weltaltentag in Duisburg
vorgestellt
(WHO)
erstmals
Brüssel, 17. September – Die EU-
medizinischen und pflegerischen Aspek-
gestalten“, so Annan im Oktober 2006.
Kostenfreier PDF-Download der Kern-
Kommission kündigte an, noch in diesem
ten der Demenzerkrankung. Experten
Anders als in den vergangenen Jahren fin-
punkte einer altersfreundlichen Stadt unter
Jahr Verhandlungen mit der europäischen
aus Kliniken und anderen Einrichtungen
den sich auf der Website der Vereinten
und asiatischen Autoindustrie über eine
der Gesundheitspflege informierten die
Nationen zum diesjährigen Weltaltentag
who_age-friendly_cities.pdf
freiwillige Vereinbarung zu beginnen, der
Besucher in Fachvorträgen über die Ent-
weder eine Erklärung noch weitere Infor-
zufolge alle Neuwagen ab 2010 mit dem
stehung der Demenzerkrankung, ihre
mationen. In Deutschland fand die zentra-
Notrufsystem „eCall“ ausgestattet sein
Früherkennung und Betreuungsmöglich-
le Veranstaltung zum Weltaltentag in
sollen. Sollte das Ziel auf diese Weise
keiten. Die Informationsveranstaltungen
diesem Jahr unter dem Titel „Die alters-
nicht erreicht werden, erwägt die Kom-
wurden von Lesungen und einer Ausstel-
freundliche Stadt“ in Duisburg statt. Neben
mission verbindliche Vorgaben. Wenn zu
lung mit Fotografien von Gordana Bursac
Dialog- und Aktionsforen zu Themen wie
wenige EU-Staaten bis Jahresende das
begleitet. Zudem luden mehrere Einrich-
Wohnen im Alter oder Bedürfnisse von
existierende „Memorandum of Under-
tungen für Demenzkranke zum Tag der
älteren Menschen mit Migrationshinter-
Osnabrück / Freiburg, 1. Oktober –
standing“ (MOU) zu „eCall“ unterzeichne-
Offenen Tür ein.
www.duisburg.de/vv/50/medien/
Alte Menschen in
24 Entwicklungsländern
demonstrieren am Weltaltentag für ihre Rechte
grund waren rund 60 Stände, von der
Aus Anlass des Weltaltentages forderten
ten, sei „gesetzgeberische Aktivität“ mög-
Wohn- und Pflegeberatung bis zum Reise-
alte Menschen in 24 Entwicklungsländern
lich, heißt es in einer Mitteilung. Bis zu
anbieter, auf der „Seniorenmeile“ vor Ort.
mit Demonstrationen, Veranstaltungen und
120 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 121
bei Treffen mit Regierungsvertretern Ver-
Waisen bei ihren Großeltern auf (mehr
41 Prozent aus Einpersonenhaushalten, zu
Mobilität. Allein aufgrund der weiter sin-
besserungen ihrer Situation. Die Kampa-
dazu im Beitrag „Globales Altern“).
37 Prozent aus Zweipersonenhaushalten
kenden Alterssterblichkeit sowohl bei
und zu 22 Prozent aus Haushalten mit drei
Frauen als auch bei Männern, der immer
Weitere Informationen unter
und mehr Personen bestehen. Besonders
noch höheren Lebenserwartung der Frau-
www.helpage.de
hoch ist der Anteil der Einpersonenhaus-
en sowie der schneller als bei den Frauen
nente wie die Nobelpreisträger Desmond
halte in den Stadtstaaten. Bereits heute
steigenden Lebenserwartung der Männer
Tutu und Wole Soyinka setzten sich
lebt hier in jedem zweiten Haushalt ledig-
ist mit einer Zunahme der Ein- und Zwei-
lich eine Person, im Jahr 2025 werden
personenhaushalte bei den über 60-Jähri-
54,5 Prozent aller Haushalte aus einer Per-
gen zu rechnen. So werden im Jahr 2025
son bestehen. In den alten und neuen Flä-
22 Prozent mehr 60-Jährige und Ältere in
chenländern wird der Anteil der Einperso-
Einpersonenhaushalten leben als heute
gne wurde von HelpAge International initiiert
und
von
Caritas
international
unterstützt. Zahlreiche Politiker und Promi-
gemeinsam mit den beiden Organisationen dafür ein, dass der 2002 in Madrid
verabschiedete Weltaltenplan umgesetzt
Bis 2025 mehr Privathaushalte trotz Bevölkerungsrückgang
wird. Michael Bünte, Vorstandsmitglied
von HelpAge Deutschland, wies auf die
Wiesbaden, 5. Oktober – Trotz sin-
nenhaushalte von aktuell 37 Prozent auf
und fast 41 Prozent mehr in Zweiperso-
Folgen des rasant fortschreitenden demo-
kender Bevölkerungszahl wird die Zahl der
40 Prozent im Jahr 2025 steigen. Die
nenhaushalten.
grafischen Wandels in Entwicklungslän-
Privathaushalte in Deutschland bis zum
Zweipersonenhaushalte sind gegenwärtig
dern hin. „Im Jahr 2050 wird es zum ers-
Jahr 2025 von aktuell rund 39,5 Millionen
besonders stark in den neuen Ländern
Weitere Informationen und Ergebnisse der
ten Mal in der Geschichte der Menschheit
auf 40,5 Millionen und somit um knapp
vertreten (36 Prozent); im Jahr 2025 wird
Haushaltsvorausberechnung unter
auf der Welt mehr alte Menschen über 60
drei Prozent zunehmen. Laut Statisti-
ihr Anteil hier rund 41 Prozent betragen.
www.destatis.de
als Kinder unter 15 Jahren geben“, sagte
schem Bundesamt liegt die Ursache die-
Damit wird es in den neuen Ländern
Bünte in Osnabrück. Bereits heute leben
ser Entwicklung vor allem in einem Trend
etwa gleich viele Haushalte mit einer und
100 Millionen ältere Menschen weltweit mit
zu kleineren Haushalten, der seit Ende der
mit zwei Personen geben. In den alten
weniger als einem Dollar am Tag in extre-
1950-er Jahre beobachtet und sich wahr-
Flächenländern wird der Anteil der Zwei-
mer Armut. „Die Rechte der Senioren wer-
scheinlich künftig fortsetzen wird. Dabei
personenhaushalte von gut 33 Prozent auf
den von vielen Regierungen bisher nicht
werden die Einpersonenhaushalte auch in
37 Prozent zunehmen und in den Stadt-
Hamburg, 9. Oktober – Bereits
eingelöst.“ Alte Menschen würden in den
Zukunft alle übrigen Haushaltsgrößen
staaten bei circa 30 Prozent fast konstant
sechs Wochen vor dem Startschuss für
Entwicklungsländern zunehmend als Last
dominieren, obwohl ihre Zahl bis 2025 mit
bleiben. Der höchste Anteil von Haushal-
die mit rund 4.300 Ausstellern aus
angesehen. „In Asien und Afrika beklagen
einem Plus von knapp 11 Prozent nicht so
ten mit drei und mehr Personen wird 2025
65 Nationen weltgrößte Medizinmesse
alte Menschen sich immer öfter, dass sie in
rasch zunehmen wird wie die der Zweiper-
in den alten Flächenländern anzutreffen
MEDICA 2007 in Düsseldorf (14. bis 17.
Hospitälern drittklassig behandelt werden,
sonenhaushalte (+ 13 Prozent). Damit
sein (23 Prozent). In den neuen Ländern
November) hat die Presseveranstaltung
weil eine Behandlung sich angeblich nicht
wird es im Jahr 2025 16,7 Millionen Ein-
wird fast jeder fünfte (19 Prozent) und in
MEDICA PreView aufgezeigt, welche
mehr lohne“, so Reinhard Würkner von
personenhaushalte und 15,0 Millionen
den Stadtstaaten etwa jeder siebte Haus-
Trends sich für die einzelnen Markt-
Caritas international. Tatsächlich falle den
Zweipersonenhaushalte geben. Die Zahl
halt (15 Prozent) aus drei und mehr Perso-
segmente abzeichnen. Verstärkt liegen
über 60-Jährigen jedoch eine Schlüsselrol-
der Haushalte mit drei und mehr Personen
nen bestehen. Für diese Entwicklung spre-
kompakte und einfach zu bedienende
le zu, wenn es darum gehe, Armut zu
wird dagegen weiter kontinuierlich abneh-
chen sowohl demografische als auch
Medizinprodukte im Trend, die den
reduzieren und die Welt menschlicher zu
men: von aktuell 11,1 Millionen auf 8,8
soziale Faktoren wie die Zunahme der
gesundheitsbewussten Patienten aktiv im
machen. So wachse in Ost-und Südafrika
Millionen im Jahr 2025 (- 21 Prozent). Die
Partnerschaften mit getrennter Haushalts-
Sinne der Prävention und des schnellen
bereits die Hälfte der 15 Millionen Aids-
Privathaushalte im Jahr 2025 werden zu
führung oder die steigende berufliche
Behandlungserfolges mit einbeziehen und
122 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
„Handy-Medizin“
im Trend
Nachrichten 2007 123
ihm helfen, bestimmte Körperparameter
am Jahresende 2006 in Deutschland rund
Den Vorschlag eines zehntägigen bezahl-
wohnortnaher
selbst zu messen. Exemplarisch steht
682.000 Personen Leistungen der Grund-
ten Pflegeurlaubs hatte Schmidt wegen
Möglichkeit der Einstellung von Heimärz-
dafür das "smartLABgenie". Dabei handelt
sicherung im Alter und bei Erwerbsminde-
des Widerstands in der Union zuvor aus
ten, mehr unangemeldete Qualitätskon-
es sich um ein kleines Blutzuckermessge-
rung. 371.000 der Leistungsempfänger
dem Entwurf streichen lassen. Die Union
trollen in den Einrichtungen sowie die Ein-
rät, so kompakt wie eine Kaugummi-
waren 65 Jahre und älter. Das sind sind
hatte zu hohen Kosten befürchtet und
führung einer unbezahlten Pflegezeit von
Schachtel. Der besondere Clou: Das Gerät
8,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Somit
durchgesetzt, dass Pflegende dafür maxi-
sechs Monaten für Arbeitnehmer. Zudem
ist das erste seiner Art mit einer Bluetooth-
beziehen inzwischen 2,3 Prozent der über
mal zehn Tage im Jahr Urlaub nehmen
sollen die Leistungen für ambulante Pfle-
Schnittstelle. Es kann unter anderem die
65-Jährigen Gundsicherungsleistungen.
können - ohne Bezahlung. Die SPD will
gedienste und stationäre Pflege bis 2012
gemessenen Blutzuckerwerte auf jedes
Die Grundsicherung im Alter und bei
im weiteren Gesetzgebungsverfahren
stufenweise angehoben werden. Danach
Handy mit entsprechender Funkschnitt-
Erwerbsminderung ist eine seit 1. Januar
jedoch noch auf eine Bezahlung dringen.
steigen die Leistungen in der Pflegestufe I
stelle übertragen. Zwecks Datenübertra-
2003 bestehende Sozialleistung, die den
Nach dem vom Kabinett verabschiedeten
bis 2012 von derzeit 205 auf 450 Euro im
gung an den behandelnden Arzt lassen
grundlegenden Bedarf für den Lebensun-
Gesetzentwurf soll der Beitrag zur
Monat, in der Pflegestufe II von 921 auf
sich alternativ die Blutzuckerdaten an eine
terhalt sicherstellt. Seit 1. Januar 2005
gesetzlichen Pflegeversicherung zum
1.100 Euro und in der Pflegestufe III von
modem-ähnliche Box „funken“. Über diese
werden diese Leistungen nach dem
1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf
1.432 auf 1.550 Euro. In der stationären
Box gehen die Daten dann online ins Inter-
4. Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbu-
1,95 Prozent plus 0,25 Prozent für Kin-
Pflege gibt es für Patienten eine Erhöhung
net, so dass der Arzt über eine Website die
ches gewährt. Sie können bei Bedürftigkeit
derlose steigen. Durch Senkung der Bei-
der Leistungen von derzeit 1.432 auf
Auswertung vornehmen kann. Eine weite-
von 18- bis 64-jährigen Personen, wenn
träge zur Arbeitslosenversicherung um
1.550 Euro im Jahr 2012. Pflegeheime,
re Produktvariante dieses Blutzuckermes-
diese dauerhaft voll erwerbsgemindert
0,3 Prozentpunkte auf 3,9 Prozent ab
denen es durch gute Pflege gelingt, einen
segerätes wird per Klettverschluss an ein
sind, sowie von Personen ab 65 Jahren in
1. Januar 2008 will die Große Koalition
Pflegebedürftigen in eine niedrige Pflege-
Handy befestigt und kann die Daten inter-
Anspruch genommen werden.
die Belastung von Arbeitnehmern und
stufe zu bringen, sollen einmalig 1.536
Arbeitgebern mit Sozialversicherungsbei-
Euro erhalten. Angehörige, die ihre pfle-
netbasiert (via GPRS) an einen Server
Pflegestützpunkte,
die
übermitteln. Dort werden die verschlüsselt
Weitere Informationen und Daten nach
trägen stabil halten. Dagegen müssen
gebedürftigen Verwandten pflegen, erhal-
gefunkten Werte des Patienten automa-
Bundesländern unter
Rentnerinnen und Rentner, die seit 2004
ten gestaffelt mehr Pflegegeld. Die Anhe-
tisch in seine elektronische Patientenakte
www.destatis.de
keinen Zuschuss mehr von der Renten-
bung erfolgt bis zum Jahr 2012 in
versicherung erhalten, ab 1. Juli 2008
Pflegestufe I von derzeit 384 auf 215
künftig 1,95 Prozent Beitrag allein zahlen.
Euro, in Pflegestufe II von derzeit 410 auf
Sozialverbände kritisierten die Beitragser-
440 Euro, in Pflegestufe III von derzeit
höhung deshalb als sozial ungerecht. Mit
665 auf 700 Euro im Monat. Die Leistun-
den Mehreinnahmen soll die Aufnahme
gen der gesetzlichen Pflegeversicherung
integriert.
Weitere Informationen unter
www.medica.de
Acht Prozent mehr
ältere Grundsicherungsempfänger
Bundeskabinett
billigt Gesetzentwurf
zur Pflegereform
der rund 1,2 Millionen Demenzkranken in
sollen danach, erstmals 2015, automa-
Berlin, 17. Oktober – Die große
die Pflegeversicherung und Verbesserun-
tisch an die Geldentwertung angepasst
Koalition hat die Pflegereform ungeachtet
gen für Pflegende in der ambulanten Pfle-
werden. Bis dahin gebe es mit dieser
bestehender Differenzen zwischen Union
ge finanziert werden. Beschlossen wurde
Reform der Pflegeversicherung finanzielle
und SPD auf den Weg gebracht. Das Bun-
die Einführung eines Betreuungsgeldes
Sicherheit, sagte der Vorsitzende der
Wiesbaden, 12. Oktober – Wie das
deskabinett billigte den Gesetzentwurf von
für Demenzkranke in Höhe von monatlich
Sozialdemokraten, Kurt Beck. Die SPD
Statistische Bundesamt mitteilte, erhielten
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).
100 bis 200 Euro, ferner die Einrichtung
hatte sich mit ihrer Forderung nach einem
124 Drei Farben Grau
Hausnotruf Themen 2007
Nachrichten 2007 125
Finanzausgleich zwischen gesetzlicher
Fotos
und privater Pflegepflichtversicherung
nicht durchsetzen können. Andererseits
war die Union mit ihrem Drängen nach
Aufbau einer individuellen Kapitalreserve
auf den Widerstand ihres Koalitionspartners gestoßen. Opposition und Sozialverbände haben der Koalition nach der vorläufigen Einigung auf eine Pflegereform
ohne bezahlten Pflegeurlaub ein überwiegend schlechtes Zeugnis ausgestellt.
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer kritisierte
die Pflegereform als „Flickschusterei“. Der
Linken-Pflegeexperte Ilja Seifert erklärte:
„Dass die Gesundheitsministerin beim
ursprünglich geplanten zweiwöchigen
bezahlten Pflegeurlaub dem Druck der
Union nachgegeben und den Rückwärtsgang eingelegt hat, ist nur ein Beispiel für
den Kleinmut, mit dem die Reform der
Pflegeversicherung von der Bundesregierung angegangen wird.“
Weitere Informationen unter
www.bmg.bund.de
126 Drei Farben Grau
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Jörg Marx
Freier Journalist und PR-Berater mit
den Schwerpunkten Soziales, Sozialwirtschaft
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Musterstadt e. V.
Hausnotruf.
Lange gut leben.
Kurzvita: Jahrgang 1962, ausgebildeter
Krankenpfleger, Hilfseinsätze in Armenien und
Rwanda, Studium der Soziologie, Psychologie
und Rechtswissenschaft, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter für
Soziologie in Köln, Barcelona, Berlin und Passau, wissenschaftliche Buchveröffentlichungen,
zuletzt "Der Wille zum Kind. Der Streit um die
physiologische Unfruchtbarkeit der Frau im
Kriegsjahr 1942" in: Biopolitik und Rassismus,
hrsg. von Martin Stingelin, Frankfurt a.M.:
Suhrkamp Verlag 2003.
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365 0180
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