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DRK-Generalsekretariat Team Altenhilfe und Gesundheitsförderung www.DRK.de Hausnotruf - Info: 0180 365 0180 Hausnotruf Themen 2007 Drei Farben Grau Demografie, Technologie, Altern 9 Cent pro Minute aus dem Festnetz Dezember 2007 Herausgeber: Deutsches Rotes Kreuz Carstennstraße 58 12205 Berlin Redaktion: Petra Weingärtner Autor: Drei Farben Grau Generalsekretariat Jörg Marx pressebüro berlin brandenburg Tel.: 0176 / 21229227 satzI gestaltungI produktion: vatter + vatter, ideen für menschen in märkten, bottrop Hausnotruf Themen 2007 [email protected] FaktenI ArgumenteI Praxisbeispiele für die Facharbeit Hausnotruf Themen 2007 Drei Farben Grau Demografie, Technologie, Altern Fakten Argumente Praxisbeispiele für die Facharbeit Dezember 2007 Herausgeber: Deutsches Rotes Kreuz Generalsekretariat Carstennstraße 58 12205 Berlin Redaktion: Petra Weingärtner Autor: Jörg Marx pressebüro berlin brandenburg Tel.: 0176 / 21229227 [email protected] Geleitwort Altenhilfe ist keine Theorie, sondern gelebte Praxis. Wo alte Menschen leben, In welchem Umfang bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Arbeit wird Altenhilfe konkret und erlebbar. „Die Gesellschaft des langen Lebens annehmen und familiäre Versorgungslücken schließen können, hängt nicht zuletzt von einem veränderten vor Ort gestalten“, heißt ein Positionspapier des Deutschen Vereins für öffentliche und Verständnis professioneller Hilfe ab. Für die Zukunft wird es wichtig sein, professionelles private Fürsorge. Deutlicher kann das Anliegen des Deutschen Roten Kreuzes zur Alten- Handeln stärker am Assistenzgedanken zu orientieren. Ehrenamtliche Helfer brauchen hilfe kaum zusammengefasst werden. Doch zeigt die Diskussion um dieses Papier, dass fachlich qualifizierte Beratung und Begleitung, was auch für die Altenhilfe als solche gilt. wir uns das scheinbar so Selbstverständliche immer wieder vergegenwärtigen müssen: Denn selbstbestimmtes Leben im Alter heißt zuallererst Förderung und Unterstützung Altenhilfe heißt Hilfe von Menschen für Menschen. der eigenen Ressourcen. Die gesellschaftliche Diskussion um das Alter verlagert die Altenhilfe auf eine Mit dem ersten Heft der „DRK-Hausnotruf Themen“ zu Demografie, Technologie immer abstraktere Ebene. Die Diskussionen um die Pflegeversicherung sind nur ein und Alter startet das Deutsche Rote Kreuz eine regelmäßig erscheinende Publikationsreihe. Beispiel: Standardisierte Leistungen für standardisierte Lebenssituationen können der Die Reihe soll den DRK-Mitarbeitern einerseits aktuelle Informationen an die Hand geben Vielfältigkeit des gelebten Alters kaum gerecht werden. Das überkommene Bild des – auch „über den eigenen Tellerrand hinaus“. Andererseits wollen die „DRK-Hausnotruf Alters als dem großen Gleichmacher ist inzwischen einer differenzierten Betrachtung des Themen“ die lebendige Diskussion in den eigenen Reihen fördern – auch durch „Querge- Alters gewichen. Unter dem Stichwort „Flexibilisierung“ weicht die aktuelle Pflegereform dachtes“ und andere Positionen als die des Deutschen Roten Kreuzes. nun auch von der „genormten Pflegebedürftigkeit“ ab und bietet erste Ansätze, die tatsächliche Lebenssituation alter Menschen zu erfassen. Die Altenhilfe ist ein zentraler Teil der sozialen Arbeit im Deutschen Roten Kreuz. Sie zu stärken und weiter zu entwickeln ist uns ein wichtiges Anliegen. Als lebendiges Familiäre Biografien verlaufen unterschiedlich. Deshalb sind die Chancen auf familiäre Unterstützung im Alter sehr ungleich verteilt. Vielfältig sind auch die gesellschaft- Medium sollen die „DRK-Hausnotruf Themen“ dazu ein Baustein sein. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung. lichen Einflussfaktoren. Mit der demografischen Entwicklung verändern sie sich in kaum vorhersehbarer Weise. Auch wenn statistische Modellrechnungen recht genaue Aussagen über die Veränderung der Altersstruktur erlauben, bleibt die Zukunft doch offen. Für das Deutsche Rote Kreuz zeichnen sich aber deutliche Tendenzen ab. So wird der Unterstützungsbedarf alter Menschen in unserer Gesellschaft steigen. Die Formen der Unterstützung alter Menschen werden sich verändern. Und zusätzliche Leistungserbringer müssen für die Zukunft gewonnen werden. In der Frage, ob die ambulanten Versorgungsstrukturen zu Lasten der stationären ausgebaut werden sollten, Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg vertritt das Deutsche Rote Kreuz die Ansicht, dass auch der stationäre Hilfebedarf Vizepräsidentin des DRK steigen wird. Zwar werden die meisten alten Menschen heute von Familienangehörigen Berlin, im November 2007 versorgt, doch sind deren Möglichkeiten der Unterstützung zunehmend begrenzt. Die steigende berufliche Mobilität ist hier nur ein Stichwort. 4 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Geleitwort 5 Editorial Das erste Heft der „DRK-Hausnotruf Themen“ beschäftigt sich mit dem demografischen Wandel und seinen Folgen für das Alter, die Altenhilfe und damit auch für den Hausnotruf. Die Herausforderung durch die demografische Entwicklung war bereits Schwerpunkt des Berliner DRK-Bundeskongresses „Perspektiven im Alter. Hausnotruf und vernetzte Angebote für Senioren“ im vergangenen Jahr. Hier wurde die Idee der „DRK-Hausnotruf Themen“ geboren. Die „DRK-Hausnotruf Themen“ schließen an den Bundeskongress an und wollen die Facharbeit fortführen. Das Deutsche Rote Kreuz hat seit längerem die Bedeutung des demografischen Wandels erkannt und seine Einrichtungen und Dienste entsprechend vorbereitet. Auf einer Tagung im Oktober 2005 machte das Deutsche Rote Kreuz „Chancen und Risiken der demografischen Veränderung in Deutschland für die Wohlfahrtspflege“ zum Thema. Es gilt, den demografischen Wandel als Grundlage zukünftigen Handelns anzusehen. Den negativen Folgen demografischer Veränderungen müssen positive Aspekte gegenübergestellt werden. Mit der Ausstrahlung des ZDF-Dreiteilers „Aufstand der Alten" im Januar 2007 gelangte die Debatte um demografische Veränderungen des Alters in die Schlagzeilen. DRK-Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil warnte davor, den demografischen Wandel zu dämonisieren: „Die Bürger werden durch Horrorszenarien nur verunsichert. Die Veränderungen lassen sich nicht umkehren. Wir können uns aber alle gemeinsam darauf einstellen und darauf in unserem zukünftigen Handeln aufbauen. Das Rote Kreuz appelliert an alle Akteure, ob in der Politik, bei den Kostenträgern oder bei den Verbänden, sich den Problemen des demografischen Wandels jetzt zu stellen und mit uns gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. 6 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Editorial 7 Editorial Das DRK beobachtet schon jetzt, wie sich ganze Landstriche entvölkern. Zurück bleiben in einigen Regionen Deutschlands zunehmend schlechter versorgte alte Menschen und schlecht ausgebildete junge Menschen ohne Chancen auf dem Arbeitmarkt. In diesen Regionen sind die ärztliche Versorgung sowie Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten häufig unzureichend. Diesen negativen Entwicklungen gilt es, positive Konzepte entgegen zu setzen. Das Rote Kreuz weist darauf hin, dass jetzt damit begonnen werden muss, das Angebot an stationären und ambulanten Einrichtungen und Diensten im Bereich Gesundheit und Pflege, Hausnotruf und Fahrdiensten dem konkreten Bedarf in strukturschwachen Regionen anzupassen.“ Als Schnittstelle zwischen Alter und Technik kommt dem Hausnotruf dabei eine tragende Rolle zu. Der demografische Wandel geht einher mit einer rasanten technologischen Entwicklung, die längst auch den Hausnotruf erfasst hat. Besser gesagt: Der Hausnotruf ist Teil dieser Entwicklung. Die „DRK-Hausnotruf Themen“ wollen diese Entwicklung begleiten und die Informationsbasis und Kommunikation vor Ort stärken. Ab 2008 erscheinen die „DRK-Hausnotruf Themen“ halbjährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema, mit Nachrichten, Fakten und Beispielen für die Praxis. Nun sind aber zunächst Ihre Meinungen, Vorschläge und Ihre Kritik gefragt – damit die „DRK-Hausnotruf Themen“ zu einer wichtigen Informationsplattform für alle Verbände wachsen können. Petra Weingärtner 8 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Berlin, im November 2007 Editorial 9 Inhalt Hurra, wir leben länger S. 15 Lebensverlängernde Maßnahmen - S. 15 / Quicklebendig - S. 16 / Pflegeheim Deutschland? - S. 17 / Preiswert gesund im Alter - S. 18 / Forever Young - S. 19 / Leben verdienen - S. 21 / Frauen leben nicht länger, sie sterben nur später - S. 22 / Das kurze Leben der Mecklenburger - S. 23 / Steinalt in Tübingen - S. 24 / Maßstabsgetreues Älterwerden - S. 25 / Mehr Gesellschaft wagen - S. 26 / Tabubruch Bevölkerungspolitik S. 27 / Demografische Fieberkurve - S. 28 / Bevölkerungswettbewerb S. 29 / Altern wie Gott in Frankreich - S. 31 / Metamorphosis - S. 32 / [Info-Box] - S. 34 Altern global S. 39 Über den demografischen Tellerrand - S. 39 / Afrikas graue Revolution S. 40 / Asien zwischen Tradition und Moderne - S. 41 / Im Pflegeparadies - S. 42 / Weltaltenpläne - S. 43 / [Info-Box] - S. 45 Glanzbilder des Alters S. 47 Und dann geht man von alleine - S. 47 / Konflikte, die es nicht gibt - S. 48 / Der ganz normale Generationenstress - S. 50 / Die Alten von heute über die Alten von gestern - S. 51 / Der Dornröschenschlaf der Senioren S. 52 / Die Wahrheit von Professor Osler - S. 53 / Vitalisierung des Alters S. 54 / Freiheit von der Unruhe - S. 55 / Ist Altern natürlich? - S. 56 / Neue Unübersichtlichkeit des Alters - S. 57 / Selber schuld - S. 58 / Revolte der Gebrechlichen - S. 60 / Auf Leben und Tod - S. 61 / [Info-Box] - S. 63 10 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Inhalt 11 Inhalt Technik als Chance für die Zukunft des Alterns S. 67 Digitales Altern - S. 67 / Das Märchen von den technikfeindlichen Senioren - S. 68 / Alternsökonomie - S. 70 / Experten des eigenen Lebens bleiben S. 71 / Zuhause in den intelligenten vier Wänden - S. 72 / Techno-Schwestern - S. 73 / Lebensabend auf Japanisch - S. 74 / Roboter gegen Einsamkeit - S. 75 / [Info-Box] - S. 77 Hausnotruf 2.0 S. 79 Vorbild Web 2.0 - S. 79 / Benutzerfreundliche Zukunft - S. 80 / Vom Aussterben nicht bedroht – Neue Hausnotruf-Studie - S. 81 / Die Rentenbremse - S. 82 / Träumen von der Generation Gold - S. 84 / Baustellen für Netzwerke - S. 85 / Soziale Innovation Hausnotruf - S. 86 / Mit einem Bein in der Zukunft - S. 87 / Mobilmachung - S. 88 / Nischenproduktion - S. 89 / Der Markt ist reif - S. 90 / Der Ruf der Straße - S. 91 / Intelligenztraining für den Hausnotruf – Die Zukunft ist längst da - S. 92 / [Info-Box] - S. 94 Aktuelle Nachrichten 12 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 S. 97 Inhalt 13 Hurra, wir leben länger In den 1870-er Jahren lag die insbesondere durch Fortschritte der durchschnittliche Lebenserwartung eines Hygiene, Ernährung und Wohnsituation. neugeborenen Jungen in Deutschland bei Starben 1871 ein Viertel aller Neugebore- 35,6 Jahren. Bei Mädchen waren es 38,4 nen im ersten Lebensjahr, so waren es Jahre. 1950 noch sechs Prozent. Heute sind es Von 1.000 Lebendgeborenen erreichten lediglich 248 Männer bzw. 297 knapp 0,4 Prozent. Frauen das 65. Lebensjahr. Die so genannte „fernere Lebenserwartung“ Seit 70 Jahren steigt auch die fer- betrug für einen 65-jährigen Mann dann nere Lebenserwartung älterer Menschen noch durchschnittlich 9,6 Jahre, für eine linear an. Die durchschnittliche Lebenser- 65-jährige Frau zehn Jahre. wartung bei der Geburt ist für Männer seit 1950 jedes Jahr um 83 Tage, für Frauen durchschnittliche um 98 Tage gestiegen. Die fernere Lebenserwartung für einen neugeborenen Die heutige Lebenserwartung nach dem 65. Lebens- Jungen liegt nach Angaben des Statisti- jahr hat sich für Männer jedes Jahr um 23 schen Bundesamts bei 76,6 Jahren, für Tage, für Frauen um 37 Tage erhöht. Mädchen bei 82,1 Jahren. Von 1.000 im Jahr 2005 Geborenen werden 825 Jungen bzw. 907 Mädchen das 65. Lebensjahr erreichen und dann noch mit durchschnittlich weiteren 16,5 bzw. 19,9 Jahren rechnen können Lebensverlängernde Maßnahmen Diese Entwicklung ging einher mit einer fundamentalen Verschiebung der 14 Drei Farben Grau Der rasche Anstieg der durch- Todesursachen, bedingt durch medizini- schnittlichen Lebenserwartung bis zur sche Fortschritte und bessere Arbeitsbe- Mitte des 20. Jahrhunderts – bei Männern dingungen. Heute dominieren vor allem um 29, bei Frauen um 30 Jahre – ist in ers- nicht ansteckende und degenerative ter Linie auf den Rückgang der Säuglings- Krankheiten, die erst verstärkt in höherem und Kindersterblichkeit zurückzuführen, Alter auftreten. 2005 waren 45 Prozent Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 15 aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkran- Nach der aktuellen Pflegestatistik nisationen der Versicherungswirtschaft mit kungen, 26 Prozent auf Krebserkrankun- des Statistischen Bundesamts steigt die „wissenschaftlichen“ Gefälligkeitsgutach- gen an Pflegebedürftigkeit zwar mit dem Alter an – ten zu verbreiten. Aktuelles Beispiel: Die infektiösen und parasitären Erkrankungen von knapp fünf Prozent bei den 70- bis 75- Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sind hingegen in den letzten 50 Jahren von Jährigen auf zwanzig Prozent bei den 80- (INSM), eine Lobbyorganisation der Arbeit- 5,7 auf 1,4 Prozent zurückgegangen. bis 85-Jährigen und 60 Prozent bei den 90- geber Metall, stellte im Mai ein Gutachten bis 95-Jährigen. Vergleicht man jedoch die über „Die Situation der Pflege bis zum Jahr 2050“ vor. zurückzuführen. Sterbefälle Die Entwicklung der Lebenserwar- Gesamtzahl der Pflegebedürftigen aus dem tung ist bis 1977 in beiden Teilen Deutsch- Jahr 2005 (2.128.550) mit der des Jahres lands ähnlich verlaufen. Dann verlangsam- 1999 (2.016.091), ergibt sich ein Anstieg Autor des Gutachtens ist Reinhold te sich die Entwicklung in der DDR. 1991 der Pflegebedürftigkeit von nur fünf Prozent. Schnabel von der Universität Duisburg- Die Zahl der über 65-Jährigen ist im glei- Essen, der auch für das Deutsche Institut tung bei Geburt in den neuen Ländern für das für nur logisch: „Die Menschen leben chen Zeitraum aber um 18 Prozent gestie- für Altersvorsorge (DIA) tätig ist, eine Toch- Jungen um 3,2 Jahre, für Mädchen um 2, ja länger, weil sie gesünder sind.“ gen, von 13.350.000 auf 15.870.000. ter der Deutschen Bank Gruppe. Max A. war die durchschnittliche Lebenserwar- Höfer, Geschäftsführer der INSM, sagte: 3 Jahre geringer als im alten Bundesgebiet. Der Unterschied hat sich inzwischen Professorin Adelheid Kuhlmey von auf 1,4 bzw. 0,4 Jahre reduziert und wird der Charité Berlin stellt fest: „Insgesamt bald aufgeholt sein. hat es in den vergangenen 30 Jahren eine „Private Haushalte müssen rechtzeitig wis- Pflegeheim Deutschland? Verbesserung der Gesundheit von etwa sen, was sie von der gesetzlichen Pflegeversicherung erwarten können, um im Alter abgesichert zu sein und ihr Vorsorgever- Die kontinuierlich steigende fernere fünf Lebensjahren gegeben, so dass man Der „Erste Bericht des Bundesmi- Lebenserwartung älterer Menschen zeigt es auch so formulieren kann: Der heute nisteriums für Familie, Senioren, Frauen sich besonders deutlich an der Zahl der 70-Jährige ist so fit wie ein 65-Jähriger vor und Jugend über die Situation der Heime Die Zahlen des Gutachtens sollen Hochbetagten. 2004 haben über 10.000 30 Jahren.“ und die Betreuung der Bewohnerinnen und belegen, dass von der gesetzlichen Pfle- Bewohner“ vom August 2006 geht von geversicherung nicht viel zu erwarten ist. Drei Viertel der verbleibenden „einem starken quantitativen Anstieg der Deshalb unterstellt Schnabel zum Beispiel Lebensjahre nach dem 65. Lebensjahr Pflegebedürftigkeit“ aus. Auch die Ergeb- einfach, dass künftig immer weniger Men- werden in Deutschland heute ohne größe- nisse des EU-Projektes FELICIE („Future schen ihre Angehörigen zu Hause pflegen re Behinderungen und Einschränkungen Elderly LIving Conditions In Europe“) zei- werden und rechnet hoch: „Das bedeutet verbracht, so eine Erhebung von Infratest gen, dass die verbesserte, verlängerte wachsende finanzielle Lasten für den Fak- Menschen ihren hundertsten oder noch höheren Geburtstag gefeiert. Das sind 45mal mehr als im Jahr 1960. Quicklebendig halten rechtzeitig darauf einzurichten.“ aus dem Jahr 2003. Im vergangenen Jahr Gesundheit einem Anstieg der Pflegebe- tor Arbeit: Kamen im Jahr 2005 auf 100 Es gibt eine zweite gute Nachricht. zeigte eine Studie des britischen Interna- dürftigkeit nicht entgegenwirken kann – Erwerbsfähige im Alter von 20 bis 64 Jah- Nicht nur die Chance auf ein langes Leben tional Longevity Center UK (ILC), dass der aber eben nicht proportional zu den dazu ren vier Pflegefälle, werden es in 2020 steigt. Auch die Zahl der gesunden Jahre Prozentsatz kranker und pflegebedürftiger gewonnenen Lebensjahren. bereits 5,8 sein und 2050 sogar 12.“ Die im Alter nimmt zu. James Vaupel, Direktor Menschen in der älteren Bevölkerung in des Max-Planck-Instituts für demografi- der EU derzeit sinkt. sche Forschung (MPIDF) in Rostock, hält 16 Drei Farben Grau Beiträge zur Pflegeversicherung müssten Diesen Eindruck versuchen jedoch deshalb auf bis zu 5,5 Prozent steigen, zahlreiche öffentlichkeitsstarke Lobbyorga- was aber kein Ausweg sein könne. „Denn Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 17 steigende Beiträge erhöhen die Lohnnebenkosten und verschärfen über eine Preiswert gesund im Alter wachsende Arbeitslosigkeit das Finanz- Rechnet man also die „Gesund- schließlich medizinisch optimal versorgt heitsausgaben im Todesfall“ aus der Sta- werden. Die Wünsche der Patienten und tistik klinische des Bundesversicherungsamts Die Angst, dass die Aussicht auf heraus, bleibt tatsächlich nur noch ein ein langes Leben uns teuer zu stehen moderater Anstieg der „Gesundheitsaus- problem.“ Entscheidungen bekommen mehr Gewicht. In Wirklichkeit zeigen Prognosen kommt, belastet auch die Diskussion um gaben im Erlebensfall“ übrig: Die Gesund- des Rostocker Zentrums zur Erforschung die Gesundheitsausgaben. Die so genann- heit eines 85-Jährigen kostet dann nicht des Demografischen Wandels aber, dass te „Medikalisierungsthese“ klingt zunächst 150 Prozent mehr, sondern lediglich 25 der Anteil der Pflegebedürftigen, die Fami- plausibel: Danach steigen die Gesund- Prozent mehr als bei einem 60-Jährigen. Würden alle medizinischen Mög- lienmitglieder haben, ansteigt. Im Jahr heitskosten mit zunehmendem Alter. Dafür sinken mit zunehmendem Alter die lichkeiten bis zuletzt ausgereizt, würde die Gesundheitsausgaben im Todesfall, und durchschnittliche 2030 werden 28 Prozent der pflegebedürf- Forever young Lebenserwartung in tigen Frauen sowohl einen Partner als Tatsächlich zeigt die Statistik des zwar rapide – im Jahr 2002 von 45.000 Deutschland wahrscheinlich heute schon auch Kinder haben. Heute sind es nur 13 Bundesversicherungsamts einen mit dem Euro für einen 60-Jährigen auf 14.000 höher liegen. Möglichkeiten der Präventi- Prozent. Alter einhergehenden Anstieg der jährli- Euro für einen 85-Jährigen. on, Diagnostik und Therapie wachsen rasant. Und sie werden unterschätzt, chen Ausgaben der gesetzlichen Kran- meint MPI-Direktor Vaupel. kenversicherung. Danach kostete im Jahr Warum Alter die Gesundheitskos- 2002 die Gesundheit eines 45- bis 64- ten nicht in die Höhe treibt, das zeigt auch Jährigen durchschnittlich 2.100 Euro, die eine Studie von Hilke Brockmann auf. Die „Vor vierzig Jahren“, so Vaupel, eines 65- bis 84-Jährigen 3.700 Euro und Soziologin analysierte 2002 mehr als „konnte sich niemand vorstellen, dass die die eines über 85-Jährigen 5.200 Euro. 430.000 Krankenhausakten von AOK- Chance einen Herzinfarkt zu überleben, Rechnet man die Kosten für die Pflege Patienten in Westfalen Lippe und Thürin- sich verfünffachen, oder dass die Krebs- hinzu, stiegen die Kosten sogar auf über gen. Ihr Ergebnis: Die Behandlungskosten sterblichkeit in so großem Ausmaß sinken 10.000 Euro für einen über 85-Jährigen. von Krankenhauspatienten verteilen sich würde. Warum sollte es keine spektakulären sehr ungleichmäßig. Auf zehn Prozent der medizinischen Fortschritte in der Zukunft Viele Untersuchungen behaupten Patienten entfallen fast vierzig Prozent, auf geben, so wie es sie in der Vergangenheit nun aber das Gegenteil: Ältere Menschen fünfzig Prozent hingegen nur zehn Prozent gab?“ verursachen nicht mehr, sondern eher der Klinikkosten. Die Ausgaben zur Vaupel hält die Annahmen des Sta- Familie wird für die Pflege in weniger Gesundheitsausgaben als jüngere Behandlung teurer, lebensbedrohlicher tistischen Bundesamts zur Zukunft der Zukunft also wichtiger werden. Allerdings Menschen. Argumentiert wird mit der so Erkrankungen nehmen aber vom 60. Langlebigkeit für zu vorsichtig. Die Statisti- betont die Direktorin des Rostocker Zen- genannten „Kompressionsthese“. Danach Lebensjahr an deutlich ab. ker schätzten in ihrer jüngsten „11. koordi- trums, Gabriele Doblhammer: „Familien schnellen die Kosten in den letzten 12 bis Ein weiterer Grund: Ab dem 80. nierten Bevölkerungsvorausberechnung“, müssen bei der Pflege von Angehörigen 18 Monate vor dem Tod in die Höhe – und Lebensjahr wird bei gleicher Erkrankung dass 2050 die Lebenserwartung bei Geburt gestärkt, sie müssen durch professionelle, zwar unabhängig vom Alter. Das wurde durchschnittlich fünfzig Prozent weniger für Männer bei 83,5 bis 85,4 Jahren und für mobile Pflegedienste unterstützt, und ihre zuletzt durch die Studie des britischen ausgegeben als für 60- bis 70-Jährige. Frauen bei 88,0 bis 89,9 Jahren liegen wird. Leistungen müssen besser anerkannt und International Longevity Center UK (ILC) Wahrscheinlich, so vermutet Brockmann, Die Prognose des Rostocker Instituts liegt honoriert werden.“ belegt. weil ältere Menschen nicht mehr aus- bis zu sieben Jahren darüber. „Es sollte auf 18 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 19 keinen Fall davon ausgegangen werden, erwartung steigt, der maximalen Lebens- handliche 10 bis 15 zu reduzieren, sagt Lebenserwartung bei einem monatlichen dass die Lebenserwartung in Deutschland zeit sind biologische Grenzen gesetzt, sagt Schreiber. Er sagt aber auch: Ein solches Bruttoeinkommen von 1.500 Euro bei 71 2050 noch unter 90 Jahren liegt.“ der Mainzer Molekularbiologe Christian Gen heißt noch nicht, dass man alt wird Jahren für Männer und bei 78 Jahren für Behl. „Der Mensch kann maximal 110 bis wie Methusalem. Frauen. Bis zu einem monatlichen Brut- Wo liegen die Grenzen der Langle- toeinkommen von über 4.500 Euro steigt 120 Jahre alt werden.“ 25 Prozent Genetik, schätzt Vau- bigkeit? Es war eine Frau, die mit 122 Jah- die Lebenserwartung auf 80 bzw. 87,2 ren, 5 Monaten und 14 Tagen, das längste Für Vaupel dagegen ist ein Ende pel. Ansonsten hänge die Lebenserwar- Leben gelebt hat, das jemals mit Geburts- der Ausweitung der Lebenslänge nicht tung zu 10 Prozent von den Lebensbedin- und Sterberegister sowie anderen Doku- absehbar. Im Gegenteil, der Trend könnte gungen in den ersten Jahren ab, zu 65 Die Wahrscheinlichkeit, überhaupt menten belegt werden konnte. Jeanne sich beschleunigen. Die Rostocker haben Prozent von den Einflüssen im weiteren das Rentenalter zu erreichen, liegt für Calment, geboren 1875, starb 1997 in der entdeckt, dass sich das Sterberisiko um Lebensverlauf. „Es ist nie zu spät, an sei- Männer mit einem monatlichen Brutto- südfranzösischen Stadt Arles. Trotzdem, das 90. Lebensjahr herum deutlich ver- nem langen Leben zu arbeiten.“ verdienst von 1.500 Euro bei 79 Prozent. auch wenn die durchschnittliche Lebens- langsamt, mit 110 Jahren nicht mehr wei- Mit einem monatlichen Bruttoverdienst von über 4.500 Euro hingegen bei 91 ter steigt. Befragt man 100 Jährige, dann erklären die Greise übereinstimmend, dass Leben verdienen Das lange Leben ist niemandem durchschnittliche Rentenbezugsdauer in die Wiege gelegt, doch die Chancen, von 18,2 Jahren. Einkommensschwache Zahlreiche wissenschaftliche Dog- alt zu werden und gesund zu bleiben, Männer verleben lediglich 10,8 Jahre in men der Altersforschung sind in den letz- sind sehr ungleich verteilt. „In fast allen Rente. ten Jahren gefallen. Die Altersforschung Industrieländern bewegt sich die Lebens- boomt. Mindestens fünf Forschergruppen und Gesundheitserwartung der verschie- Eine Studie des Max-Planck-Insti- sind dem Geheimnis der Langlebigkeit auf denen Gesellschaftsschichten wie eine tuts für demografische Forschung und der Spur. Zum Beispiel das Team um Ste- Schere auseinander“, sagt Professor Olaf des Forschungsdatenzentrums der Deut- fan Schreiber am Kieler Institut für klinische von dem Knesebeck vom Universitätskli- schen Rentenversicherung aus dem Jahr Molekularbiologie. Sie sammeln das Erb- nikum Hamburg-Eppendorf. „Und zwar 2006 zeigt: In Deutschland steigt die gut von 100-Jährigen. Mittlerweile sind es so: Je niedriger das Einkommen und je Lebenswartung für Männer linear mit der schon 3.000 Probanden. niedriger die Bildung, desto höher die Anzahl der persönlichen „Rentenentgelt- Wahrscheinlichkeit für Krankheiten und punkte“. Bei 32 Rentenentgeltpunkten frühen Tod.“ liegt die verbleibende Lebenserwartung Die Kieler Genetiker suchen nach von 65-jährigen Männern bei 14,6 Jah- den Faktoren, die ein langes, gesundes 20 Drei Farben Grau Prozent. Ist das Rentenalter erreicht, haben einkommensstarke Männer eine die vergangenen zehn Jahre zu den gesündesten ihres Lebens zählten. Jahre an. Das sind neun Jahre mehr. Leben garantieren. In den letzten drei Jah- Besonders Männer mit geringem ren, bei 65 Rentenentgeltpunkten bei ren hat das Kieler Team mehr als 1.000 Einkommen sterben früher. Nach einer 19,1 Jahren. „Die Gruppe mit der besten Kandidaten-Gene geprüft. Noch vierzig Untersuchung des Kölner Instituts für sozioökonomischen Situation erreicht die sind in der engeren Wahl. Die Chancen Gesundheitsökonomie und Klinische Epi- höchste Lebenserwartung“, schreiben stehen gut, auch diese Zahl schon bald auf demiologie aus dem Jahr 2005 liegt die die Verfasser der Studie. Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 21 Frauen leben nicht länger, sie sterben nur später Differenz übrig. Der Einfluss biologischer nicht ein Schlüssel zum langen Leben ist. 77,6 Jahren fast eineinhalb Jahre, Frauen Faktoren auf die Lebenserwartung ist also Im Gegenteil, es ist eher die Versorgung mit 82,7 Jahren fast ein Jahr älter als der eher gering. Es ist vielmehr der vergleichs- mit Tätigkeit. Für MPI-Direktor Vaupel durchschnittliche Rest der Republik. Am weise ungesunde Lebensstil, der Männer kommt es deshalb darauf an, im Lebens- kürzesten leben Frauen im Saarland, Män- Männer und Frauen haben eine früher sterben lässt. Werden die Mönche lauf mit Arbeitszeit zu haushalten. Heute ner in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ster- unterschiedliche Lebenserwartung. Fünf selber danach gefragt, worauf sie ihre arbeitet ein 45-Jähriger durchschnittlich 30 ben zwei bzw. dreieinhalb Jahre früher als bis acht Jahre beträgt der Unterschied höhere Lebenserwartung zurückführen, so Stunden in der Woche, ein 60-Jähriger in Baden-Württemberg. zugunsten der Frauen. Dass Frauen älter gaben sie, Luy zufolge, zwei Antworten: dagegen nur acht. Vieles spricht dafür, werden, scheint naturgegeben. Alter und Der geregelte Tagesablauf beugt Stress dass viele „demografische Probleme“ in In den alten Ländern haben alte Gesundheit werden immer noch mehr als vor, und die Mönche gehen nicht in Rente. Wirklichkeit Probleme der Organisation Industrieregionen an Ruhr und Saar von Arbeit sind. besonders niedrige Lebenserwartungen. „natürliche“, weniger als soziale Tatsache gedacht. Es ist kein Zufall, dass Anti-Stress- Grund dafür ist die unterschiedliche Ent- Maßnahmen im Mittelpunkt der Forderung wicklung der Krankheitshäufigkeiten, die Der Rostocker Demograf Marc nach „alternsgerechtem Arbeiten“ stehen. ihre Ursache wiederum in ungleichen Anton Luy hat die Lebensdaten von Im EU-Projekt „Smart Region“, an dem Lebens- und Arbeitsverhältnissen haben. 12.000 Nonnen und Mönchen bayerischer sich auch das Internationale Institut für Klöster erfasst. Im Kloster, so der Gedan- Empirische Sozialökonomie (INIFES) betei- Zwischen 1980 und 2000 sank die ke Luys, ähneln sich die Lebensbedingun- ligte, wurden verschiedene Konzepte und Krankheitshäufigkeit in Baden-Württem- gen für Frauen und Männer am meisten: Instrumente für alternsgerechtes Arbeiten berg um 7,3 Prozent, im Saarland aber nur Beiderseits wird wenig geraucht und auch entwickelt. Mit dem IMPULS-Test, zum um 2,5 Prozent. So haben zum Beispiel sonst maßvoll gelebt. Schwangerschaften Beispiel, lassen sich Stressfaktoren am Saarländer ein inzwischen doppelt so gro- sind selten, die Hierarchien flach. Die Kar- Arbeitsplatz sichtbar machen. ßes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, rieredynamik hält sich in Grenzen. Und die wie Baden-Württemberger. Männer fahren nicht mit dem Auto zur Für den Londoner Sozialmediziner Arbeit. Wenn nun biologische Faktoren für Michael Marmor ist Stress der bei weitem Der Süden mit Baden-Württem- die unterschiedliche Lebenserwartung von ausschlaggebendste Einfluss auf die berg und dem bayerischen Voralpenland Frauen verantwortlich unterschiedliche Verteilung von Gesund- hat nicht nur höhere Lebenserwartungen, wären, dann müssten die Nonnen eben- heitsrisiken. Danach ist das Ausmaß, in falls älter werden als die Mönche. dem eine Person selbst kontrolliert, was und Männern Das kurze Leben der Mecklenburger auch steigt die Lebenserwartung hier schneller. Das heißt die Abstände zwischen den Ländern nehmen zu. sie tut, und nicht unter äußerem Druck Das Ergebnis: Während Nonnen steht, ein Indikator für die Wahrscheinlich- Ungleiche Lebens- und Arbeitsbe- genau so lange leben wie ihre säkularen keit, krank zu werden – oder jung zu ster- dingungen spiegeln sich in regionalen Geschlechtsgenossinnen, werden Mönche ben. Unterschieden der Lebenserwartung Zum Zeitpunkt der Einigung hatten Ostdeutsche eine deutlich kürzere wider. Die bundesweit höchste Lebenser- Lebenserwartung als Westdeutsche. Für kerung vier Jahre älter, etwa 80 Jahre. Es Die Antworten der Mönche belegen wartung haben die Bewohner Baden- die Frauen hat sich diese Lücke mittlerwei- bleiben nur knapp zwei von sechs Jahren aber auch, dass der Vorruhestand nun Württembergs. Männer werden dort mit le weitgehend geschlossen, für die Männer im Vergleich zur männlichen Gesamtbevöl- 22 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 23 auf ein Jahr verringert. Doch gibt es im auch abhängig von der Wohnlage. Wer fordert. Trotzdem mangelt es an kleinräu- Sie kam erstens durch ein hohes Maß an Aufholprozess der neuen Länder ein deut- zum Beispiel im Bremer Stadtteil Gröpelin- mig konzipierten Untersuchungen, wie sie Sterblichkeit zustande, gerade auch an liches Nord-Süd-Gefälle. Im dünn besie- gen geboren wird, hat durchschnittlich zum Beispiel das von Ernst Kistler geleite- Kindersterblichkeit. Jedes sechste Neuge- delten Nordosten steigt die Lebenserwar- fünfeinhalb Jahre weniger zu leben als ein te Internationale Institut für Empirische borene starb 1910 bereits im ersten Jahr. tung langsamer und liegt mit 74 Jahren für Schwachhauser, so eine aktuelle Untersu- Sozialökonomie (INIFES) für Rentenhöhe Zweitens war die Bevölkerungspyramide Männer und 81 Jahren für Frauen unter chung des Bremer Instituts für Präventi- und Rentenzugangsalter durchgeführt hat. das Ergebnis der geringen Chancen auf dem Durchschnitt der neuen Länder. In onsforschung und Sozialmedizin. In Orts- Sachsen werden Männer eineinhalb Jahre teilen mit besonderen sozialen Problemen Kommunale Daten lassen sich aber schen. Die durchschnittliche Lebenserwar- und Frauen ein Jahr älter als in Mecklen- ist die Sterblichkeit wesentlich höher als in über das Gemeindeverzeichnis der statisti- tung einer deutschen Frau lag damals burg-Vorpommern. den besser gestellten Vierteln. schen Ämter online abfragen. Und die Ber- etwa bei 45 Jahren. ein langes Lebens für die meisten Men- telsmann Stiftung hat in ihrem „Wegweiser Steinalt in Tübingen So auch im Berliner Bezirk Fried- demographischer Wandel 2020“ Daten für richshain-Kreuzberg, dem Bezirk mit der alle Kommunen mit über 5.000 Einwoh- berlinweit ungünstigsten Sozialstruktur. nern – 2.884 Kommunen, in denen 84 Je kleiner die betrachtete Regions- Nach aktuellen Angaben der Berliner Prozent der Bevölkerung leben – veröffent- größe, desto größer die regionalen Unter- Senatsverwaltung für Gesundheit leben licht bzw. online verfügbar gemacht. Die schiede in der Lebenserwartung. Nach Frauen in Kreuzberg 2,6 Jahre kürzer als Stiftung bietet zudem einen „Demogra- aktuellen Zahlen des Bundesamts für Bau- im benachbarten Bezirk Treptow-Köpe- phiemonitor“ mit länderspezifischen Indi- wesen und Raumordnung beträgt der nick. Männer sterben in Kreuzberg im katoren zum kostenlosen Download an. Unterschied auf Länderebene 3,8 (Männer) Durchschnitt mit 73,8 Jahren, dreieinhalb bzw. 1,9 Jahre (Frauen), auf Regionsebene Jahre früher als in Steglitz-Zehlendorf. Maßstabsgetreues Älterwerden 5,1 bzw. 2,5 Jahre, auf Kreisebene gar 8,6 bzw. 6,9 Jahren. „Wollen wir wirklich so eine Gesellschaft wiederhaben?“, fragt der Bevölkerungsgeograf Stephan Beetz. Für ihn steht Lebenserwartung „Die aktuelle Bevölkerungsstruktur die Bevölkerungspyramide dafür, wie haben Männer und Frauen im Kreis Tübin- nach Alter und Geschlecht weicht schon „dumm“ es ist, den Wandel einer freien gen mit 79,6 bzw. 83,6 Jahren. Dagegen lange von der idealen Vorstellung ab, die in Gesellschaft entlang einer normativen sterben Frauen im rheinland-pfälzischen Form der klassischen Bevölkerungspyra- Demografie zu diskutieren. Pirmasens mit im Durchschnitt 76,7 Jah- mide zum Ausdruck kommt – und wie sie ren besonders früh. Das statistisch kürzes- noch das Deutsche Reich von 1910 auf- te Männerleben wird im sächsischen Hoy- wies.“ Der Satz steht in einem Bericht des öffentlichen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Soziologin Eva Barlösius schreibt: „Wenn aus dem Jahr 2005. von einer ausreichenden Kinderzahl und Die höchste erswerda gelebt. Es dauert im Mittel nur 71 Jahre – 3.141 Tage kürzer als in Tübingen. Demografische Veränderungen fin- Aber eben das passiert in der Demografie-Debatte. Die einer »alternden Gesellschaft« die Rede ist, den vor Ort statt, nicht in den BundesstaIn den Städten und Gemeinden ist tistiken. Insbesondere die kommunale Die Bevölkerungspyramide ist aber dann ist der Maßstab für »ausreichend« die durchschnittliche Lebenserwartung Altenpolitik und Altenarbeit sind herausge- keineswegs eine „ideale Altersstruktur“. wie für »altersideal zusammengesetzt« die 24 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 25 Demografie der Nachkriegsgesellschaft noch nüchtern, „beruht auf gesellschaftli- nicht, die nicht geboren werden. Sie fragt sche Fakten reduziert. Zum Beispiel wenn mit ihrer industriellen Produktion und ihrer chen Veränderungen, die als Folge, sie nicht nach.“ Birg in seinem Buch „Die demographische Form der sozialen Sicherung.“ Begleiterscheinung, zum Teil auch als Errungenschaften einer modernen Gesell- Barlösius erinnert an das Bevölke- schaft gelten können“. Zeitenwende“ ankündigt, dass „ganz Moderne Gesellschaften entwi- gegen alle bisherigen Erwartungen die ckeln sich, so Hondrichs erstes Argument, demographischen Veränderungen unsere weitgehend unabhängig von „natürlichen“ Gesellschaft zu einer Bewegung zurück zu derts. Die Menschen damals hätten dieses Damals berechnete das Bundes- Vorgaben. Und die Tatsache, so lautet das größerer materieller Ungleichheit zwingen Wachstum als gesellschaftlichen Zerfall amt für die alte Bundesrepublik einen zweite Argument, dass die Familien in werden“. wahrgenommen, und nicht als Innovations- Rückgang der Gesamtbevölkerung von 60 modernen Gesellschaften kleiner werden schub. „Es scheint somit fraglich, dass Millionen im Jahr 1983 auf 45,7 Millionen und die Zahl der Alleinlebenden und Kin- Der Ratschlag Birgs: Vergesst die Gegenwartsgesellschaften in der Lage sind, im Jahr 2030 voraus. Ein Viertel weniger derlosen zunimmt, ist kein Zeichen für Gesellschaft! Stattdessen hegt Birg die Illu- die »ideale Demografie« für eine unbekann- Menschen in Deutschland. Aufgeregt hat moralischen Verfall oder mangelnde Ein- sion, dass man politisch lediglich an den te gesellschaftliche Zukunft zu antizipieren.“ das niemanden. Gegenüber der Prognose sicht, sondern folgt einer gewissen sozia- Stellschrauben der Bevölkerungsentwick- rungswachstum am Ende des 19. Jahrhun- von 1984 stellt die im November 2006 ver- len Vernunft. Hondrich vertraut ganz auf lung etwas drehen muss – und alles wird Bereits die Vorstellung, dass es für öffentlichte „11. koordinierte Bevölke- die gesellschaftlichen Selbsterhaltungs- gut. An die Stelle von Gesellschaftspolitik eine Gesellschaft einen idealen Altersauf- rungsvorausberechnung bis 2050“ eine kräfte. Er tritt dafür ein, mehr Gesellschaft tritt eine „aktive Bevölkerungspolitik“, wie bau der Bevölkerung gibt, stellt die soziale „Entwarnung“ dar. Danach wird die Bevöl- zu wagen, statt weniger. sie Birg bereits 2002 gefordert hat: „In Wirklichkeit auf den Kopf. Denn der gesell- kerung in Deutschland von heute 82,4 Mil- einer Demokratie besteht das oberste Ziel schaftliche Wandel ist nicht die Folge der lionen auf 69 bis 74 Millionen im Jahr 2050 allen staatlichen Handelns in einer Politik Bevölkerungsentwicklung, sondern umge- zurückgehen, 10 bis 17 Prozent. Dieses kehrt, die Struktur und Entwicklung der Mal war die Aufregung aber groß. Tabubruch Bevölkerungspolitik Inzwischen haben sogar die Bun- Die Gegenposition vertritt der eme- desstatistiker die ihnen gesetzlich auferleg- ritierte Bielefelder Bevölkerungsforscher te Nüchternheit verloren. Wo bislang noch Herwig Birg. Birg entledigt sich der Kom- hölzern von der „Differenz zwischen plexität der Gesellschaft, indem er sie im Lebendgeborenen und Gestorbenen“ die Handumdrehen durch die Bevölkerung Rede war, steht im aktuellen Bericht der ersetzt. Nicht die Gesellschaft, sondern die griffige, aber eben nicht ganz so objektive Bevölkerung, mit ihren „natürlichen“ Pro- Begriff zessen von Geburt und Sterben, über- Veränderungen an. Die Rede von der „alternden Gesellschaft“ oder gar „überalterten „Geburtendefizit“. Dagegen Gesellschaft“ legt nahe, dass die Bevölke- schreibt der im Januar verstorbene Sozio- rung der bestimmende Faktor für eine loge Karl Otto Hondrich in seinem letzten Gesellschaft sei. Doch eine Gesellschaft Buch „Weniger ist mehr“: „Wenn die Barlösius hat das die „Demografi- kann nicht altern, nur die Zahl ihrer Mitglie- Gesellschaft keine Kinder hervorbringt, sierung des Gesellschaftlichen“ genannt: der altert. „Diese Entwicklung“, kommen- dann hat das einen gesellschaftlichen Gesellschaftliche Phänomene und Proble- tierte 1984 das Statistische Bundesamt Sinn. Die Gesellschaft braucht die Kinder me erscheinen nunmehr auf demografi- 26 Drei Farben Grau sich daran messen, ob die Lebensbedingungen zu einer natürlichen Reproduktion Bevölkerung passt sich gesellschaftlichen Mehr Gesellschaft wagen für die Bevölkerung. Deren Qualität lässt der Bevölkerung oder zu ihrer ständigen Abnahme führen.“ nimmt das Ruder. Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 27 Birg argumentiert, Deutschland sei auf Grund des Nationalsozialismus’ bevöl- Bevölkerungswettbewerb fie-Debatte war die deutsche Öffentlichkeit schlecht vorbereit. kerungspolitisch rückständig und brauche eine nachholende Bevölkerungspolitik, die In einer Forsa-Umfrage von 2003 Zum Beispiel das Berlin-Institut für Zahl und Struktur der Bevölkerung reguliert. gaben 52 Prozent der Deutschen an, den Bevölkerung und Entwicklung. Das im Jahr Begriff „Demografie“ noch nie gehört zu 2000 mit Mitteln der Reichenbach-Stiftung Was Birg sich unter einer „Politik für haben. Sieben Prozent erklärten ihn falsch. und der Hewlett-Foundation gegründete die Bevölkerung“ vorstellt, konnte man Nur sieben Prozent wussten, dass der Institut, so kann man auf der Homepage Anfang dieses Jahres im Kölner „Express“ Begriff die Entwicklung der Bevölkerung lesen, „verfolgt das Ziel, die öffentliche nachlesen. „Keine Jobs für Kinderlose“, als Folge von Geburten und Sterblichkeit Wahrnehmung der weltweiten demografi- forderte Birg auf der Titelseite. Und den beschreibt. Neun Prozent nannten eine der schen Veränderungen zu verbessern.“ Das Jugendlichen solle mit der Halbierung der beiden Komponenten. Nach der Migration kleine, aber öffentlichkeitsstarke Institut Rente gedroht werden, falls sie kinderlos als dritter Komponente wurde erst gar beschäftigt keine ausgewiesenen Demo- blieben. Birg begründete seine eigentümli- nicht gefragt. chen Forderungen: „Wir sitzen in der Dabei griff Adam nicht nur die „Sin- grafen, dafür Journalisten. Seit 2003 wird gle-Generation“ an: „Genieße jetzt und es von dem Wissenschaftsjournalisten und Altersfalle. Wenn wir nicht sofort zu drasti- Es war das Urteil des Bundesver- lass die anderen zahlen. Im modernen promovierten Molekularbiologen Reiner schen Maßnahmen greifen, kommen wir fassungsgerichts über die Pflegeversiche- Sozialstaat ist Solidarität nur noch eine Klingholz geleitet. da nie mehr raus.“ rung, das die Debatte um Demografie in Ausrede. Die Familie mit Kindern landet Gang brachte. Der Streit um „Kinder statt am Rand der Gesellschaft“ (26. August). In dem 2006 erschienenen Buch Inder“, ein Jahr zuvor, war noch völlig Auch die Generation der Alten hatte Adam „Die demografische Lage der Nation“ hat demografiefrei verlaufen. Das Urteil des im Visier: „Kuscheln vor den Alten. Die das Berlin-Institut Daten zur Bevölkerungs- Bundesverfassungsgerichts vom 3. April Rentner sind zur mächtigen Gruppe entwicklung und Wirtschaft zusammenge- 2001 erklärte nun einen „generativen Bei- geworden. Darum traut sich keine Partei, tragen, ausgewertet und mit vielen Grafiken ihnen Opfer zuzumuten.“ (7. November). in Form einer Rangliste präsentiert. Land- Demografische Fieberkurve In Deutschland fristete die Demo- trag“ zum unverzichtbaren Bestandteil des grafie nach dem Krieg ein akademisches umlagefinanzierten Sozialversicherungssys- Schattendasein. Im Nationalsozialismus tems. Das Urteil sorgte für aufgeregtes In die Öffentlichkeit drang das Bundesland für Bundesland will der Atlas hatten sich Bevölkerungswissenschaftler, Akademikerrauschen im Blätterwald. Zum Thema aber erst richtig im Frühjahr 2004 zeigen, wo die Politik klug gehandelt und so die Historiker Susanne Hein und Götz Beispiel Konrad Adam, Chefredakteur der vor. Das Buch „Das Methusalem-Kom- wo sie Schaden angerichtet hat. Finanziert Aly, zu „Vordenkern der Vernichtung“ Tageszeitung „Die Welt“. Er berichtete über plott“ von Frank Schirrmacher, Herausge- hat das Projekt die Robert-Bosch-Stiftung, gemacht. Bevölkerungswissenschaftliche „Die Flucht der Jungen aus dem Land der ber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die Deutsche Krankenversicherung und die Themen waren seitdem ein Tabu, Demo- grauen Köpfe“ (19. April), und forderte: „Mit wurde zum Bestseller und Medienereignis. Software AG Stiftung. grafie nur ein Fremdwort und Familienpoli- der staatlich subventionierten Rücksichtslo- Seitdem wird die öffentliche Auseinander- tik für Kanzler Schröder noch 1998 sigkeit gegen Familien und Kinder muss setzung vor allem durch private, politikbe- Im „Wettbewerb der Landkreise um „Gedöns“. Die „Familie Deutschland“ – der Schluss sein.“ Adam überschrieb seine ratende Organisationen und Stiftungen, die Zukunftsfähigkeit“, so das Ergebnis der PR-Feldzug der Regierung Ende 2001 – Artikel mit „Rettung für ein sterbendes Volk“ wie die Bertelsmann Stiftung oder die Studie, trägt Biberach in Baden-Württem- war noch nicht geboren. Auf die Demogra- (30. Juni) oder „Räume ohne Volk“ (22. Juli). Robert-Bosch-Stiftung, geprägt. berg mit der „demografischen Gesamtnote“ 28 Drei Farben Grau kreis für Landkreis, Stadt für Stadt und Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 29 Zum Beispiel erntet Baden-Baden für seinen hohen Anteil von über 75-Jähri- Altern wie Gott in Frankreich Hoyerswerda für seinen niedrigen Anteil In der demografischen Debatte weder die Vergangenheit, noch die gesell- von unter 35-Jährigen (31,95 Prozent). spielen Prognosen eine Hauptrolle. Dabei schaftliche und wirtschaftliche Dynamik in Denn, so heißt es in der Studie, „ganz werden Prognosen oft mit Vorhersagen der Zukunft berücksichtigen. sicher ist Deutschland mit einem Durch- verwechselt. Dazu schreibt das Statisti- schnittsalter von 42 Jahren weniger kreativ, sche Bundesamt: „Der Wert der Bevölke- „Wenn Altern und geringe Kinder- innovativ und risikobereit als etwa Indien“. rungsvorausberechnungen besteht nicht zahl an sich ein Problem wären“, sagt Bos- darin, die künftige Entwicklung exakt vor- bach, „hätte es letztes Jahrhundert in Besondere Bedeutung misst das herzusagen. Vielmehr sollen sie zeigen, Deutschland den Supergau gegeben. Da Berlin-Institut dem „Frauenüberschuss“ wie sich Bevölkerungszahl und -struktur sind wir um über dreißig Jahre gealtert, bzw. „Frauenmangel“ in der Altersgruppe unter bestimmten Voraussetzungen verän- und der Anteil der Kinder und Jugendli- der 18- bis 29-Jährigen bei. Den Landkreis dern könnten.“ chen sank dramatisch von 44 auf heute 20 Prozent! Die für die Zukunft erwarteten Uecker-Randow in Mecklenburg-Vorpommern benoteten die Autoren mit einer „6“. Demografische Prognosen können Veränderungen sind dagegen gering: Dort kommen 74,09 Frauen auf 100 Män- nie besser sein als die in die Berechnung Sechs Jahre Alterung bis 2050 und ein ner der gleichen Altersgruppe. Den kultu- eingehenden Annahmen. Die Annahmen Jugendanteil von 16 Prozent.“ rellen Konsequenzen des „Frauenman- werden aus den Trends der Vergangenheit gels“ in den neuen Ländern hat das Berlin abgeleitet und zu Modellen gebündelt. Andererseits wird in den Vorhersa- Institut im Mai dieses Jahres eine eigene Und über diese Annahmen lässt sich ers- gen die Demografie von der sozioökono- Studie gewidmet – Titel: „Not am Mann“. tens streiten, zweitens sind sie an die mischen Entwicklung entkoppelt und dann Gegenwart gebunden. sen-Anhalt landet mit 4,77 auf dem letzten Platz. Gegenwartsvergessenheit der in der Debatte gehandelten Vorhersagen, die gen (12,11 Prozent) eine glatte „6“, ebenso 2,66 den Sieg davon. Bernburg in Sach- „Golden Falte 2006“. Er kritisiert die Es sind Zustandsbeschreibungen, die sozioökonomischen Zusammenhänge Je weiter die Prognosen in die Das Berlin-Institut will die Bewer- bleiben hingegen unklar. Stattdessen wird Zukunft weisen, umso unsicherer werden tung mit Schulnoten zwar nicht als „Urteil“ auf die suggestive Wirkung der Grafiken sie. In ihrer Bevölkerungsprognose von verstanden wissen. Trotzdem folgern die und Zahlen gesetzt, welche die Konkur- 1962 überschätzten die Bundesstatistiker Autoren, dass eine „zukunftsorientierte“ renz der Regionen und die „Chancenlosig- die Geburtenzahlen für das Jahr 1985 um Planung nur bedeuten kann, „sich schritt- keit“ einiger Regionen betonen, die „leeren 80 Prozent. Der „Pillenknick“ war damals weise aus solchen Regionen zurückzuzie- Wiegen“ und „halbierten Schulen“, die eine nicht vorhersehbar. „Prognosen über 50 hen“, die schlechte demografische und „Bevölkerungsimplosion“ nach sich zie- Jahre sind moderne Kaffeesatzleserei“, wirtschaftliche Noten aufweisen. Dabei hen, die „Entleerung“ ländlicher Räume zu sagt Gerd Bosbach. Bosbach ist Professor wird die demografische Entwicklung als „Schwundzonen“. „Nach dem Mensch für Statistik an der Fachhochschule Basis der wirtschaftlichen Perspektive kommt der Wolf“, heißt es in der Studie. Koblenz, und er ist Preisträger der vom angesehen. 30 Drei Farben Grau Büro für Altersdiskriminierung verliehenen Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 31 einseitig in die Zukunft fortgeschrieben. der Aufspaltung der Gesellschaft. Nach wenn wirtschaftliche und soziale Heraus- Dazu Bosbach: „Wer beklagt, dass die betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien forderungen wieder als solche diskutiert Arbeitenden immer mehr Alte ernähren wird in ihre Teile investiert, oder „sich werden – und nicht als Problem der biolo- müssen, der übersieht, dass die Arbeiten- schrittweise zurückgezogen“, wie es das gischen Reproduktionsrate. Für MPI- den auch die Kinder und Jugendlichen Berlin-Institut der Politik für ländliche Direktor Vaupel ist Schweden ein gutes mitfinanzieren müssen – das ist nicht nur „Schwundregionen“ empfiehlt. Beispiel für den richtigen Umgang mit der Geld für Essen, Kleidung, Wohnung, sondern auch für Universitäten, Kindergärten, Demografie. Dort hat eine solide demoDas bedeutet die Auflösung des grafische Debatte schon vor 30 Jahren zu Schulen, Gesundheit und so weiter. Und gesellschaftlichen Zusammenhangs. tief greifenden Veränderungen geführt. die Jungen werden weniger. Berechnet Wohin das führen kann, hat der National- Zielvorstellung war dabei nicht eine man das mit ein, so sieht die Lage schon sozialismus mit seiner Gleichschaltung des bestimmte Geburtenrate, und es war viel weniger dramatisch aus.“ sozialen Lebens in der „Biologie“ gezeigt. nicht der schwedische Volkstod, der die Man muss aber gar nicht so weit zurück- Politiker zum Handeln trieb. Sondern die Weggeschaut wird auch bei der gehen. Im Jahre 1961 hat der spätere Vision, eine Gesellschaft aufzubauen, in Entwicklung der Produktivität. „Es geht bei Direktor des Bevölkerungsinstituts in Wies- der die Gleichberechtigung das oberste der Finanzierung von Rentnern doch nicht baden, Hans Jürgens, ein Buch über Bekämpfung wird sich, auf längere Sicht Ziel ist. Übrigens bekommt in Schweden um deren absolute Anzahl“, sagt Bosbach, „Asozialität als biologisches und sozialbio- gesehen, nicht auf fürsorgerische und jede Frau heute durchschnittlich mehr als „sondern um die wirtschaftliche Leistungs- logisches Problem“ veröffentlicht. pädagogische Maßnahmen beschränken. zwei Kinder. Die Forderung einer wirksamen Begren- fähigkeit der Arbeitenden. Selbst bei einer geringen Steigerung der Beschäftigten- Darin sieht Jürgens eine wesentli- zung und Ausschaltung des Nachwuchses Auch in Deutschland gibt es viele Produktivität um 1,2 Prozent pro Jahr, che Aufgabe der „Asozialenforschung“ in der Asozialen wird daher immer wieder Anzeichen zur Versachlichung der Debatte kann jeder in fünfzig Jahren achtzig Pro- der Untersuchung des generativen Verhal- auftauchen. Man wird sich darüber klar um den demografischen Wandel, der nicht zent mehr produzieren. Damit können wir tens, denn die Reproduktion asozialer sein dürfen, dass eine solche Anregung nur neue Fragen aufwirft, sondern eben alle, volkswirtschaftlich betrachtet, auch in Großfamilien ist in seinen Augen gesell- gegenwärtig auf wenig Zustimmung sto- auch neue Lösungen bereithält. Das Hei- einer alternden Gesellschaft leben wie Gott schaftlich unerwünscht. Auf Seite 161 ßen würde, sind doch die staatlichen Miss- delberger Institut Sinus Sociovision, von in Frankreich.“ schreibt er: und Übergriffe noch zu deutlich in aller dem auch die Sinus-Milieus stammen, hat Erinnerung. Man wird jedoch zu fragen für das Deutschland des Jahres 2020 ein Metamorphosis „In Anbetracht der äußerst kompli- haben, ob man deswegen dauernd auf die „Metamorphosis“ genanntes Szenario ent- zierten Struktur eines modernen Wohl- Diskussion der Einbeziehung solcher Prä- worfen. Jenseits der heute scheinbar alter- fahrtsstaates muss es utopisch erschei- ventivordnungen und damit auf eine wich- nativlosen Zukunftsvarianten „neoliberal“ In der Debatte um Demografie geht nen, sich mit defensiven Maßnahmen tige Großmaßnahme in der Bekämpfung und „sozialdemokratisch“ sehen die For- es nicht nur um Zukunft und „Zukunftsfä- gegen eine Sozialgruppe zu wenden, die – des Asozialentums und seines Ballastes scher Anzeichen dafür, dass sich Deutsch- higkeit“. Es geht auch um die Gegenwart. und zwar in negativer Beziehung – vielfach wird verzichten können.“ land auf einem dritten Weg in ein „offene- Der konzentrierte Blick auf die Bevölke- in vollkommener Weise dieser Struktur rung und die Suche nach bevölkerungspo- angepasst ist. Es wird also erforderlich, die Das soll nicht heißen, dass Demo- litischen Lösungen mündet in eine Logik Asozialität aktiv zu bekämpfen. Diese grafie etwas Schlechtes ist. Doch erst 32 Drei Farben Grau res, fortschrittliches Land selbstbestimmt Hausnotruf Themen 2007 lebender Bürger“ befinden könnte. Hurra, wir leben länger 33 [Info-Box] Karl Otto Hondrich: Weniger sind mehr. Warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für Aktuelle Bücher zum Thema unsere Gesellschaft ist. Campus Verlag, März 2007, 280 Seiten, 19,90 EUR. Der im Januar zu früh verstorbene Soziologe hält das Älterwerden unserer Gesellschaft für keinen Grund zur Aufregung. Eva Barlösius & Daniela Schiek: Demographisierung des Gesellschaftlichen. Analysen und Debatten zur demographischen Zukunft Deutschlands. VS Verlag, Mai 2007; 250 Seiten, 24,90 Gesellschaft, das ist für Hondrich ein komplexes, sich selbst regulierendes und gegen politische Eingriffe recht resistentes System. EUR. Alle reden von Demografie. Von Gesellschaft und sozialem Wandel ist immer weniger die Rede. Gesellschaftliche Phänomene werden stattdessen zu demografischen Fakten erklärt – Demografisierung des Gesellschaftlichen. 13 Beiträge zum Thema. Franz Xaver Kaufmann: Die schrumpfende Gesellschaft. Suhrkamp Verlag, 2. Auflage, Mai 2005; 269 Seiten, 10,00 EUR. Weder die Langlebigkeit des Einzelnen noch die Alterung der Gesellschaft ist ein Problem. Das Problem sei vielmehr die „Nachwuchsschwäche“ unserer von „Rück- Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Die demografische Lage der Nation. Wie sichtslosigkeiten“ geprägten Gesellschaft, schreibt der Bielefelder Soziologe. zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen. Deutscher Taschenbuch Verlag, April 2006; 191 Seiten, 10,00 EUR. Das Berlin-Institut hat Daten zu Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaft zusammenge- Ernst Kistler: Die Methusalem-Lüge. Wie mit demographischen Mythen Politik gemacht tragen, mit Schulnoten bewertet und mit vielen bunten Grafiken in Form einer Rangliste präsentiert. wird. Verlag Hanser Wirtschaft, Oktober 2006; 270 Seiten, 19,90 EUR. Hinter dem Mythos vom Grei- Eine informationsreiche Landeskunde. senstaat Deutschland stecken handfeste politische und wirtschaftliche Interessen. Der Direktor am Internationalen Institut für empirische Sozialökonomie (INIFES) räumt mit den sechs beliebtesten For- Bertelsmann Stiftung: Demographie konkret – Seniorenpolitik in den Kommunen. Bertels- meln demografischer Demagogie auf. mann Stiftung, Februar 2006; 99 Seiten, 18,00 EUR. Am Beispiel von zwölf Kommunen werden Handlungsstrategien in der kommunalen Seniorenpolitik und Altenarbeit vorgestellt. Winfried Kösters: Weniger, bunter, älter. Wie der demographische Wandel Deutschland verändert. Den Weg in die Multiminoritätengesellschaft aktiv gestalten. Olzog Verlag, November 2006; Bertelsmann Stiftung: Wegweiser Demographischer Wandel 2020. Analysen und Handlungs- 256 Seiten, 19,90 EUR. Die ganz bunte Mischung aus Zahlen, Anekdoten, Zitaten und Belehrungen konzepte für Städte und Gemeinden. Bertelsmann Stiftung, Juni 2006, 206 Seiten, 20,00 EUR. mit Ausrufezeichen! Der Kommunalberater ermuntert Bürger, „das Thema Demographischer Wandel Der Wegweiser liefert für alle Kommunen mit über 5.000 Einwohnern – 2.884 Kommunen, in denen 84 aktiv ins Gespräch zu bringen: Schreiben Sie Ihren Bürgermeister an“. Was eine „Multiminoritäten- Prozent der Bevölkerung leben – Daten, Bevölkerungsprognosen bis 2020 und Handlungskonzepte. gesellschaft“ ist, verrät Dr. Kösters aber nicht. Herwig Birg: Die ausgefallene Generation. Was die Demographie über unsere Zukunft sagt. Antje Schrupp: Methusalems Mütter. Chancen des demographischen Wandels. Helmer Verlag C.H.Beck, 2. Auflage, Oktober 2005; 158 Seiten, 16,90 EUR. Der „medial einflussreichste Verlag, April 2007; 204 Seiten, 16,90 EUR. Frauen sollen die Lage retten, indem sie mehr Kinder Bevölkerungsforscher Deutschlands“ („Die Zeit“) präsentiert seine Arbeit – in kompakter Form, und bekommen und mehr Alte pflegen. Der demografische Alarmismus macht auch ein längst überholt mit drastischen Worten. Das Buch bietet eine hohe Informationsdichte, schürt damit aber Angst vor geglaubtes Frauenbild wieder hoffähig, schreibt die Journalistin. Vergreisung und Schrumpfung der Gesellschaft. Nicholas Strange: Keine Angst vor Methusalem! Warum wir mit dem Altern unserer BevölFrankfurter Allgemeine Zeitung Archiv: Willkommen im Schwundland. Das demographische kerung gut leben können. Zu Klampen Verlag, April 2006; 137 Seiten, 16,80 EUR. Der Volkswirt- Drama und die Folgen. Hörbuch, 2006; 2 CDs, Spielzeit 1:53, 19,90 EUR. Das Audio-Dossier mit Arti- schaftler stellt die vorhandenen Produktivitäts- und Arbeitskraftreserven unserer Wirtschaft dem Hor- keln aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. rorgemälde einer Gerontokratie entgegen. Sein Fazit: Im schlimmsten Fall werden wir in 50 Jahren nur doppelt und nicht drei Mal so großen Wohlstand genießen können wie heute. 34 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 35 Weiterführende Links IMPULS – Betriebliche Analyse der Arbeitsbedingungen http://wko.at/sp/bgf/impuls-test.pdf Themenseite Bevölkerung des Statistischen Bundesamts www.impulstest.at (Online-Version des Tests in Vorbereitung) www.destatis.de Initiatitive Neue Soziale Marktwirtschaft Statistische Ämter der Länder und des Bundes Gutachten „Die Situation der Pflege bis zum Jahr 2050“ Online-Abfrage aus dem Gemeindeverzeichnis www.insm.de www.statistik-portal.de Homepage Prof. Dr. Herwig Birg United Nations Population Information Network www.herwig-birg.de www.un.org/popin Bertelsmann Stiftung Max-Planck-Institut für Demografische Forschung Aktion Demographischer Wandel www.demogr.mpg.de www.demographiekonkret.aktion2050.de Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels Wegweiser Demographie www.rostockerzentrum.de www.wegweiserdemographie.de FELICIE – Future Elderly LIving Conditions In Europe Download Demographiemonitor www.felicie.org www.demographiemonitor.de Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung www.bib-demographie.de www.berlin-institut.org Zentrum für Demografischen Wandel www.zdwa.de Forum Demographischer Wandel des Bundespräsidenten www.forum-demographie.de INIFES – Internationales Institut für empirische Sozialökonomie www.inifes.de Roman Herzog Institut www.romanherzoginstitut.de EU-Projekt Smart Region – Alternsgerechtes Arbeiten in innovativen Regionen www.smartregion.net Zukunftsradar 2030 – Auswirkungen des Demographischen Wandels in Rheinland-Pfalz www.zukunftsradar2030.de Informationsdienst Gesundheitsberichterstattung des Bundes www.gbe-bund.de [Info-Box] 36 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hurra, wir leben länger 37 Altern global Die Menschen können heute weltweit mit einer höheren Lebenserwartung Über den demografischen Tellerrand rechnen. Auch wenn es beträchtliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Trotzdem machte im März 2006 Deutschland steht im internationalen Ver- eine Meldung Schlagzeilen. „Deutschland gleich keineswegs an der Spitze. hat weltweit mit der niedrigsten Geburtenrate zu kämpfen,” meldete die Deut- Selbst im EU-Vergleich gibt es Län- sche Presse-Agentur. Ein Zitat aus der der mit deutlich höherer Lebenserwartung. Studie „Die demografische Lage der Nati- Die durchschnittliche Lebenserwartung bei on“ des Berlin-Instituts für Bevölkerung Geburt für Frauen ist in Spanien um 2,6 und Entwicklung. Dass das Berlin-Institut Jahre, in Frankreich um 1,4 und in Italien die Fakten nicht kennt, hält der Remage- um ein Jahr höher. Männer werden in ner Statistik-Professor Gerd Bosbach für Schweden im Durchschnitt um zwei Jahre, ausgeschlossen. Er spricht von einer in Spanien um ein Jahr älter als in „bewussten Manipulierung durch Übertrei- Deutschland. Die höchste Lebenserwar- bung“. tung weltweit haben Männer mit durchschnittlich 79,2 Jahren in Island, Frauen mit 84,3 Jahren in Japan. Nicht nur das Berlin-Institut versucht, eine „deutsche Sondersituation“ herbeizureden. Der Münchener Soziologe In Japan ist nicht nur die Lebenser- Ulrich Beck nennt den „vorherrschenden wartung höher. Auch die Geburtenrate ist nationalen Blick auf die Bevölkerung“ eine mit 1,26 Kindern niedriger als in Deutsch- „Nabelschau-Demografie“. Bei allen ande- land. Die Zahl der Japaner könnte bis zum ren Fragen darf der Hinweis auf die Globa- Jahr 2040 von heute 126 Millionen auf lisierung nicht fehlen. Nur über den demo- unter 100 Millionen sinken, sagen wissen- grafischen Tellerrand scheint niemand schaftliche Studien. Auch in der EU weisen blicken zu wollen. Da aber altern große die neuen mittel- und osteuropäischen Teile der Welt sehr viel schneller als Mitgliedstaaten sowie Griechenland, Spa- Deutschland. nien und Italien eine niedrigere Kinderzahl je Frau auf als Deutschland. Was, zum Beispiel, bedeutet es in einer globalisierten Welt, dass bereits in 30 Jahren jeder vierte Chinese über 60 ist? 38 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Altern global 39 Weltweit ist die durchschnittliche Lebens- Im Jahr 2050 wird die Hälfte aller HIV/AIDS-Erkrankte über 50 Jahre Land, Tiere und anderen Besitz, um die erwartung seit 1950 um zwanzig Jahre Menschen über 60 Jahre – eine Milliarde werden von den internationalen Statistiken Behandlung und Beerdigung bezahlen zu auf heute 66 Jahre gestiegen. Bis 2050 Menschen – in Ländern mit niedrigstem nicht erfasst. Nach Schätzung von UNAIDS können. Anstatt von ihren Kindern im Alter könnte sie nochmals um zehn Jahre stei- Einkommen leben. Der demografische sind das immerhin 2,8 Millionen oder sie- versorgt zu werden, müssen Menschen mit gen, stellt der Madrider Weltaltenplan Wandel vollzieht sich in Entwicklungslän- ben Prozent aller HIV/AIDS-Erkrankungen. 60, 70 Jahren dann auch noch die Versor- fest. Im Zusammenwirken mit der Ver- dern gegenwärtig vier Mal so schnell wie in Alte Menschen in Entwicklungsländern gerrolle für ihre Enkel übernehmen. Über schiebung der Altersanteile in der Bevöl- Westeuropa. Schon 2030 werden drei bleiben bislang unsichtbar. Dabei leben im die Hälfte der 12 Millionen AIDS-Waisen in kerung werden dann 22 Prozent aller Viertel aller älteren Menschen in Entwick- südlichen Afrika bereits heute 40 Millionen Afrika wachsen bei ihren Großeltern auf. Menschen über 60 Jahre alt sein. Heute lungsländern leben. über 60-Jährige. Drei Millionen von ihnen sind älter als 80 Jahre. sind es zehn Prozent. Asien zwischen Tradition und Moderne Noch vor einigen Jahren wurde vor In den vergangenen Jahren sta- der Überbevölkerung gewarnt. Heute gnierte die Entwicklung der durchschnittli- befindet sich das Wachstum der Weltbe- chen Lebenserwartung im südlichen Afrika. Auch in Südostasien geraten alte völkerung längst auf dem Bremsweg. Zwar Bereits 2010 wird aber der demografische Menschen in die Mühlen zwischen Traditi- wächst die Weltbevölkerung in absoluten Übergang einsetzen. Innerhalb von 40 Jah- on und Moderne. Der Anteil der über 60- Zahlen weiter. Von heute 6,6 Milliarden auf ren klettert dann die durchschnittliche jährigen Bevölkerung stieg in Thailand seit 9,1 Milliarden Menschen im Jahr 2050. Das Lebenserwartung auf 71 Jahre. 2050 wer- 1970 von 4,5 auf 9,4 Prozent. Dieser Anteil sind aber drei Milliarden weniger als bei den, nach Angaben von HelpAge interna- wird sich bis 2020 nochmals verdoppeln. anhaltendem Wachstum. Das Wachstum tional, 102 Millionen Menschen über 60 verlangsamt sich zunehmend. Und der Jahre im südlichen Afrika leben. 22 Millio- Bremsweg der Demografie ist lang. Erst in nen von ihnen älter als 80 Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist seit 1970 von 54 auf heute 71 Jahre für Männer, von 59 auf 76 Jahre für 50 Jahren wird die Weltbevölkerung dann Heute schon gehören alte Men- auch in absoluten Zahlen schrumpfen. schen zu den Ärmsten der Armen. Welt- Afrikas graue Revolution Zum Beispiel Afrika südlich der weit haben 100 Millionen alter Menschen Sahara. Hier ist die durchschnittliche weniger als einen Euro am Tag zum Über- Lebenserwartung mit 48 Jahren beson- leben. 80 Prozent leben ohne jede soziale Die niedrigste Lebenserwartung ders niedrig, die Kindersterblichkeit mit 18 Absicherung. Nun geraten durch den haben Menschen in Entwicklungsländern. Prozent besonders hoch. Die HIV/AIDS demografischen Wandel auch noch die Trotzdem leben bereits heute zwei Drittel Epidemie drückt zusätzlich auf die durch- traditionellen Familiensysteme ins Wanken. aller Menschen über 60 Jahre in Entwick- schnittliche Lebenserwartung. Im südli- lungsländern. Über 270 Millionen von chen Afrika leben heute 25,8 Millionen In Afrika verlieren alte Menschen mit ihnen in Ländern mit niedrigstem Einkom- Menschen zwischen 15 und 49 Jahre mit dem Tod ihrer an HIV/AIDS erkrankten men von weniger als zwei Euro am Tag. HIV/AIDS. Alle 15 Sekunden stirbt dort ein Kinder ihre Lebensgrundlage. Sie pflegen Mensch an AIDS. nicht nur ihre sterbenden Kinder, verkaufen 40 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Altern global 41 Frauen gestiegen. Die Geburtenrate sank Im Pflegeparadies Traditionell ist das Soziale eine gleichzeitig von 6,4 auf 1,7 Kinder. In der Hauptstadt Bangkok sind es nur noch knapp 1,2 Kinder. Sache der Familie, der Nachbarschaft, der Das hindert aber das Bangkok Gemeinschaft, die den Einzelnen in die Phuket Hospital und andere Kliniken nicht, Pflicht nimmt. „Gemeinschaftliche Wärme“ auf englischsprachigen Internetseiten für entsteht nicht zuletzt durch sozialen Der starke soziale Druck auf den Ein- eine neue Form des Tourismus zu werben Druck. In den modernen europäischen zelnen macht es in Thailand bislang unmög- – den Pflegetourismus. Das Beispiel Thai- Gesellschaften wird der Einzelne von lich, sich der Verantwortung für die Alten zu land zeigt, was globales Altern bedeuten sozialen Verpflichtungen entlastet, das entziehen. Dreiviertel der sechs Millionen kann: Während Experten in Thailand für Soziale zu einer Sache staatlich organisier- über 60-Jährigen lebt bei den Kindern, in eine Institutionalisierung der Pflege kämp- ter Institutionen. Die Nachteile sind der Regel bei der jüngsten Tochter. Doch fen, suchen Europäer und US-Amerikaner bekannt. Auf die Vorteile will und kann aber bald schon müsste eine Tochter sich um den Ausweg aus dem institutionalisierten beide Eltern und vier Großeltern kümmern. Pflegenotstand nach Thailand. wohl kaum jemand verzichten. Ein solches Pflegeparadies ist „Baan Kamlangchay“. Eine Villa für Alzhei- Weltaltenpläne Wie in vielen anderen asiatischen merpatienten am Rand der thailändischen Ländern verzeichnet die Altersgruppe der Wirtschaftsmetropole Chiang Mai, 700 über 60-Jährigen auch in Thailand inzwi- Kilometer nördlich von Bangkok. Der „Das Altern der Weltbevölkerung ist schen die höchste Suizidrate. Immer mehr Schweizer Martin Woodtli gründete das eine universale Kraft, die Macht hat, die alte Menschen leiden unter Depressionen, „Haus zur Begleitung der Herzen“ vor fünf Zukunft ebenso stark zu beeinflussen, wie Angstzuständen und dem Gefühl, ihrer Jahren. Er bietet Demenzkranken aus es die Globalisierung tut“, heißt es in dem Familie zur Last zu fallen. Ein Drittel der Europa persönliche Rundumbetreuung für von 159 Staaten unterzeichneten Zweiten über 60-Jährigen hat einen Body Mass 1.700 Euro im Monat, traditionelle Thai- Weltaltenplan (MIPAA). Im April 2002 tagte Index von unter 20. Die Hälfte zeigt einen Massage, Entspannungsdampf und Tem- in Madrid die Zweite Weltversammlung zu pel-Besuche inklusive. Fragen des Alters. Der verabschiedete Hämoglobinmangel. Unterernährung und Bis zu 2.000 Euro im Monat kostet Alkoholismus sind bei alten Menschen in der Pflegeplatz in einer Klinik. Die meisten Thailand weit verbreitet. Ausländer organisieren die Pflege ihrer Woodtli hält „Baan Kamlangchay“ integrativen Gesellschaft aller Altersgrup- Angehörigen aber mit frei arbeitenden für die Zukunft der Altenpflege. Institutio- pen“ und „die Verwirklichung des Alterns in Sicherheit“. Weltaltenplan fordert „die Schaffung einer Zwar gibt es in Thailand seit zehn Krankenschwestern auf privater Basis. nelle Kälte werde durch gemeinschaftliche Jahren eine staatliche Mini-Rente von etwa 400 Euro verdient eine staatlich registrierte Wärme ersetzt. Dass das funktioniert, hat fünf Euro im Monat. Aber nur gerade mal Krankenschwester in Thailand. Eine Pfle- vor allem etwas mit Einkommensunter- Bereits 1982 war in Wien die Erste 3.000 Plätze in 25 Altenheimen für gehelferin etwa die Hälfte. Dafür betreuen schieden zu tun. Rentner aus den Indus- Weltversammlung einberufen worden. 810.000 pflegebedürftige alte Menschen. sie die betagten Ausländer so respektvoll triestaaten werden zu Globalisierungsge- Allerdings waren die beschlossenen Emp- Die Forderung von Experten nach einer und herzlich wie ihre eigenen Großeltern. winnern. Aber es geht nicht allein um Geld. fehlungen ohne Folgen geblieben. Nun Professionalisierung der Altenpflege steht Auch wenn sie die niemals in ein auch Der steuert eine vom Wirtschafts- und Sozial- nach wie vor im Widerspruch zu traditio- noch so paradiesisches Pflegeheim geben Widerspruch des Sozialen. nellen Werten. würden. 42 Drei Farben Grau Pflegetourismus offenbart einen rat (ECOSOC) eingesetzte Kommission für soziale Entwicklung die Umsetzung der in Hausnotruf Themen 2007 Altern global 43 Madrid ausgehandelten 19 Verpflichtun- Weltaltenplans in Deutschland für einen gen und 132 Handlungsempfehlungen. „basisnahen Ansatz“ entschieden. Deshalb 2008 wird die Kommission ihren ersten wurde im Juli 2003 eine „Geschäftsstelle Bericht vorlegen. Nationaler Aktionsplan“ bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisa- Bisher haben allerdings erst 14 tionen (BAGSO) eingerichtet. [Info-Box] Aktuelle Bücher zum Thema Stefan Pohlmann: Der demografische Imperativ. Von der internationalen Sozialpolitik zu einem nationalen Aktionsplan. Vincentz Verlag, Juni 2003, 220 Sei- Länder einen „Nationalen Aktionsplan“ ten, 19,00 EUR. Tagungsband der von der „Geschäftsstelle Weltaltenplan“ organi- (NAP) vorgelegt – auf sehr unterschiedli- sierten Fachtagung im Dezember 2002. chem Niveau. Und, das ergab eine Studie von HelpAge International: Noch Ende Die unsichtbare Generation. Alte Menschen in der Entwicklungszusammen- 2006 war der Madrider Aktionsplan an der arbeit. Neue Herausforderungen für die Armutsbekämpfung. Symposium am 20. Basis der einzelnen Länder kaum bekannt. November 2006 in Berlin. Broschüre, herausgegeben von Caritas international und HelpAge Deutschland, Februar 2007; 28 Seiten, kostenlos beziehbar über www.helpage.de. Auch die Bundesregierung hat sich verpflichtet, den Weltaltenplan umzusetzen. Im September 2002 fand in Berlin Weiterführende Links eine UNECE-Ministerkonferenz zu Fragen des Alterns (MiCA) statt. Das Ergebnis war eine von allen UNECE-Staaten unterzeich- Daten zum globalen Altern nete Selbstverpflichtungserklärung mit www.un.org/esa/socdev/ageing/ einer „regionalen Implementierungsstrate- www.globalaging.org www.helpage.org gie“ (RIS) für Europa. Eine unabhängige Expertengruppe Mit Hinweis auf die Beschlüsse von erarbeitete in den Jahren 2004 und 2005 Weltaltenplan und RIS für Europa zum Download Madrid und Berlin wurde im Koalitionsver- vier Stellungnahmen mit Empfehlungen zur www.bagso.de/mica trag vom Oktober 2002 verabredet, „einen Beteiligung älterer Menschen in Gesell- Nationalen Aktionsplan zur Bewältigung schaft und Wirtschaft sowie zur Pflege. Geschäftsstelle Weltaltenplan der demografischen Herausforderungen“ Inzwischen hat das Ministerium einen Ent- www.dza.de/allgemein/politik-weltenplan.html für Deutschland zu erarbeiten. Zum Auf- wurf für den Nationalen Aktionsplan takt veranstaltete die beim Deutschen erstellt. Der Plan soll noch in diesem Jahr Geschäftsstelle Nationaler Aktionsplan Zentrum für Altersfragen angesiedelte in New York vorgelegt werden. www.nationaler-aktionsplan.de „Geschäftsstelle Weltaltenplan“ eine erste Fachtagung im Dezember 2002. Das federführende Bundesfamilien- [Info-Box] ministerium hat sich zur Umsetzung des 44 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Altern global 45 Glanzbilder des Alters Sie heißen „Perfect Ager“ oder Aber der Blick auf das Alter hat sich „Best Ager“, „Silver Surfer“ oder „Genera- verändert. Das Selbstbild der „Neuen tion Gold“, „Classicals“, „Knowies“, „Woo- Alten“ auch. In einer Umfrage auf „Feier- pies“ (Well-off older people), alternativ abend.de“, mit 100.000 Mitgliedern und auch „Woofs“ (Well-off older folks). Die drei Millionen Besuchern die größte Online Liste lässt sich fortsetzen. „50 Plus“, „55 Community der „Silver Surfer“, meinte Plus“, „60 Plus“. Menschen im zweiten, knapp die Hälfte der Befragten, dass sie dritten, vierten Alter. Sie machen Urlaub im mindestens zehn Jahre jünger aussehen. „Club Elan“ (TUI), kaufen „Nivea Vital“ für 65 Prozent fühlen sich um mindestens die „reife Haut“ und leben „Nach eigenen zehn Jahre jünger. Regeln“ (Audi). Viele von ihnen zeigen das auch. Die zur Schau gestellte Weigerung, erst nicht erwachsen, und dann nicht alt werden zu wollen, dürfte die nächsten Jahrzehnte prägen, schreibt der SPIEGEL. In seinem Buch „Global Player. Warum wir nicht erwachsen werden“ lästert Sascha Lehnartz: „Vielleicht muss man sich an den Gedanken gewöhnen, dass demnächst in unseren Fußgängerzonen jung gebliebene 65-Jährige ihren Ruhestand vertrödeln, indem sie mit Skateboards über Waschbetonkübel und Alutreppengeländer schaben.“ Es scheint, als habe die Werbung die Alten entdeckt. Auf Plakaten wirbt die 96jährige Irene Sinclair für „Dove“, der 94jährige Marathonläufer Fauja Singh für Und dann geht man von alleine „Adidas“. 80-Jährige posieren auf Hoch- 46 Drei Farben Grau glanz für eine Bertolli-Werbung. In Wirk- Altersbilder sind soziale Konstruk- lichkeit fließen immer noch 95 Prozent der tionen. Wir altern, aber das Bewusstsein Gelder in die Werbung für die Zielgruppe alt zu sein, entsteht durch Abgleich und der bis 49-Jährigen. Vergleichen. Für den Abgleich gibt es Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 47 kulturelle Muster, soziale Rollen. Zum Bei- wie man will, und eigentlich doch könnte, Menschen in ihren politischen Einstellun- Maß an Positivität zu: Vieles soll im Alter spiel schreiben traditionelle Gesellschaften dann kratzt das am Selbstbewusstsein. gen, ihrer Parteibindung und in ihrem Ver- besser werden. Und 60 Prozent der Jün- den Respekt gegenüber den Alten vor – Und man geht von alleine. Von der Enteig- halten. Deshalb sind „graue“ Parteien in geren, 70 Prozent der Älteren wollen das das sichert Stabilität. In modernen Gesell- nung persönlichen Vermögens und erlern- Deutschland und anderswo auch nie über Wie und Wann des Todes selber bestim- schaften ist viel weniger vorgeschrieben – ter Hilflosigkeit sind längst nicht nur die eine Existenz als Kuriosität hinausgekom- men. das macht Entwicklung möglich, sorgt Alten betroffen. men. aber auch für Verunsicherung. Man muss Die Auseinandersetzung mit dem Respekt ähnlich wie Geld „verdienen“. Respekt wird zum Gradmesser für soziale Ungleichheit. Konflikte, die es nicht gibt Der Kölner Soziologe Wolfgang Alter ist bereits Teil des Alterns, entschei- Streeck warnt davor, nun mit den Ausei- det mit über erfolgreiches eigenes Altern, nandersetzungen über die Notwendigkeit aber auch darüber, welchen gesellschaftli- einer neuen „Generationengerechtigkeit“ chen Stempel das Alter aufgedrückt Im Wechselspiel zwischen Selbst- Frank Schirrmacher spricht in sei- Konflikte zwischen Generationen zu schü- bekommt. Das Tabu Alter scheint inzwi- und Fremdbeobachtung vergleichen wir nem Buch „Das Methusalem-Komplott“ ren, die es bisher nicht gibt. Der überstra- schen gebrochen. Dafür spricht auch die uns ständig mit anderen. Ob wir unser vom „biologisch programmierten Genera- pazierte Begriff der Generation meint massiv erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit Selbstbild behaupten oder uns den tionenkrieg“: „Die Jungen töten die Alten, lediglich geteilte Eigenschaften und Ein- gegenüber „Pflegeskandalen“. Zuschreibungen anderer unterordnen, das indem sie die Identität der Alten zerstören.“ stellungen von Geburtsjahrgängen oder ist weniger eine Frage des Wollens als des Mit Mitteln der Sprache und der Bilder. „Kohorten“, die sich im Lebenslauf entwi- Könnens – also der Macht. Alten Menschen wird die Macht durch „Stigmatisie- ckeln, weil man gemeinsam historische Der aktuelle Altenbericht spricht Zeitabschnitte durchlebt. dagegen vom politischen „Leitbild der rung“ leicht genommen. Generationensolidarität“, mit dem man der Der demografische Wandel führt „schimpfliche drohenden „Konkurrenz um knappe Res- beispielsweise dazu, dass sich jüngere Unterschiede“ (Stigmata) ist alles, was mit sourcen“ zwischen Jung und Alt vorbeu- Generationen heute bereits früh in ihrem dem Körper zusammenhängt. Zum Bei- gen müsse. Die Altenberichtkommission Lebenslauf mit dem Thema Alter auseinan- spiel Oben-Ohne am Strand. Im Alter, so sieht offensichtlich die Gefahr eines neuen dersetzen. Eine repräsentative Befragung, fanden die meisten Strandbesucher in Klassenkampfes auf uns zukommen. die der Alternsforscher Paul B. Baltes noch Hauptquelle für einer Befragung, ist das unmöglich, kann man das nicht machen. „Unmöglich“, „nicht können“ – Macht heißt „können“. kurz vor seinem Tod im November 2006 keine durchführte, zeigt denn auch eine überra- Kriegsparteien, und erst recht keine Generationen sind aber schende Ähnlichkeit der Antworten in den „Schwärme von Raubtieren“, wie Schirrma- Altersgruppen der 20- bis 49Jährigen und Natürlich wollte keiner der Befrag- cher, ausgerechnet unter Berufung auf Kon- der 50- bis 80 Jährigen. ten den Alten das Oben-Ohne verbieten. rad Lorenz, weiszumachen versucht. Die Und keiner sagte, man dürfe das nicht. Der Unterschiede innerhalb einer Generation Beide Altersgruppen antworteten soziale Ausschluss kommt leise, nicht sel- sind größer als die zwischen den Generatio- übereinstimmend auf die Frage „Wie alt ten im Gewand des gut gemeinten Rat- nen. Das zeigen zahlreiche Untersuchun- will man werden?“: 80 bis 85 Jahre. Beide schlags. Wenn man dann aber nicht kann, gen. Ältere Menschen ähneln jungen Gruppen schrieben dem Alter ein großes 48 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 49 Der ganz normale Generationenstress Das Altersbild verändert gegen. Nach dem Roman des Kanadiers das Altern und Alter von Generationen. Douglas Coupland nennen sie sich auch Auch die Konkurrenz der generationalen „Generation X“. Lebensentwürfe setzt sich bis ins Alter fort. sich Die Alten von heute über die Alten von gestern Die Polemik gegen die 68-er Generation gegenwärtig vor allem im Miteinander der Den Baby-Boomern hatte das ZDF hat nicht erst mit deren Verrentung begon- Der Blick der Jungen auf die Alten Generationen. Auch wenn die jetzt in im Januar den Dreiteiler „Aufstand der nen. Sie gehört zum ganz normalen Gene- verrät manches über die Alten, immer aber Rente gehende 68er-Generation gern für Alten“ gewidmet, eine so genannte „Mock- rationenstress. auch viel über die Jungen und ihre Zukunft sich in Anspruch nimmt, das Alter in Eigen- umentary“ („mock“ heißt Fälschung). Im des Alterns. Wie äußerten sich die Alten regie zu verändern, nachdem man schon Doku-Stil wurde eine demografische Kata- von heute über die Alten von gestern? 1968 die Gesellschaft verändert habe. strophe in Endzeitstimmung für das Jahr Zwanzig Jahre zurück, als die soziale Wirk- Wieder ist von Revolution die Rede, von 2030 auf die heimischen Bildschirme lichkeit des Alterns noch vom gemächlich- der „Altersrevolution“. gemalt. Für einige Tage bescherte das gemütlichen Seniorenclub geprägt war, dem „grauen Sender“ – die über 60-Jähri- fasste die Berliner „tagezeitung“ die Situa- gen schauen doppelt so viel ZDF wie ARD tion zusammen: Sicher ist: Die acht Millionen 68-er Rentner werden sich nicht in Seniorenhei- – Einschaltquoten und Schlagzeilen. „Sicher, vieles hat sich in den letz- me und Schrebergärten zurückziehen. Dazu ist die „Generation Enkellos“ zu Auch Elisabeth Niejahr lotet in ten zehn, fünfzehn Jahren geändert. anspruchsvoll, zu selbstbewusst und vor ihrem Buch „Alt sind nur die anderen. So »Senioren« heißen die Alten jetzt, und ihre allem zu protesterfahren. In ihrem im März werden wir leben, lieben und arbeiten“ für Kleidung ist bunter geworden. In der Wer- erschienenen Buch „Die Altersrevolution. die Generation der Baby-Boomer bereits bung dürfen sie Lebensfreude ausstrah- Wie wir in Zukunft alt werden“ können schon mal „Alltag und Lebensgefühl der len, auf Kreuzfahrten mag man gar nicht Petra Bruns, Werner Bruns und Rainer künftigen Altenrepublik“ aus – in verlasse- mehr auf sie verzichten, und hin und wie- Böhme ihre Polemik gegen die einstigen nen Plattenbausiedlungen in Ostdeutsch- der sieht man sie sogar auf einer Demons- Rebellen mit heutigen Pensionsansprü- land und in Rentnerkolonien in Arizona. tration. Einen politischen Machtfaktor bil- chen aber kaum verbergen. Niejahr geht es aber nicht um Katastro- den die alten Menschen deshalb noch phen, sondern um eine Generation, die mit In der demografischen Debatte Die Autoren gehören zur über- dem Gefühl des „von uns gibt es zu viele“ wird daraus immer wieder ein Verteilungs- »Bundesseniorenvertretung« nächsten Rentnergeneration der „Baby- durchs Leben geht. Und mit diesem kampf zwischen Jung und Alt konstruiert. Dachorganisation erreichen will, erntet für Boomer“, die, im Schatten der 68-er, den Gefühl auch im Alter ankommen wird. Ihr Zum Beispiel als Philipp Mißfelder, damals Tage ein monotones »tüt-tüt-tüt« am wenig ruhmreichen Titel der „verlorenen Fazit: „Wahrscheinlich müssen wir unsere Vorsitzender der Jungen Union, mit seiner Telefon.“ Generation“ davontrug und heute auch als Lebensentwürfe viel stärker korrigieren als Forderung, man solle 85-Jährigen keine „Sandwich-Generation“ gehandelt wird. unsere Versicherungssysteme“. künstlichen Hüftgelenke mehr finanzieren, Und über den Deutschen Senio- das Sommerloch 2003 füllte. Mit dem rentag unter dem Motto „Mitmachen ist Weil sie einerseits die 68-er Rentner aus- lange nicht. Und wer ihre hochtrabend genannte halten, andererseits deren politischen Sün- Lebensentwürfe und Lebensgefühl Mythos vom Generationenkrieg wird die angesagt“ Anfang der 1990-er Jahre den ausbaden. Sie selber sehen dafür werden stark von der Zugehörigkeit zu wachsende Ungleichheit zwischen Arm berichtete damals die „tageszeitung“: einem eher kärglichen Rentnerdasein ent- einer Generation geprägt und beeinflussen und Reich verdeckt. 50 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 51 „Beschwörend hebt die Dame im Als „Rentnerschwemme“ zum Die Wahrheit von Professor Osler der Literatur – ziehen sie die Werke der blauen Faltenrock die Arme in die Höhe, Unwort des Jahres 1996 mit der Begrün- während sie gebieterisch »Und jetzt links - dung gekürt wurde, „das Wort erweckt hey, und dreimal klatschen« ins Mikrofon den Eindruck, es handelt sich bei den Alter braucht Vorbilder, kulturelle sogar auf einzigartige Schätze verzichten posaunt. Und brav befolgen die auf ihren immer mehr Menschen, die wohlbegrün- Muster. In der modernen Gesellschaft müssten, wir stünden doch da, wo wir Stühlen sitzenden Altvorderen die gymnas- deten Anspruch auf eine angemessene wurde traditionelle durch wissenschaftliche heute stehen.“ tischen Instruktionen, rufen gehorsam hey Altersversorgung haben, um eine nicht Orientierung ersetzt. Wir suchen in wissen- und hoy, trippeln im Takt mit den Füßen vorhersehbare Naturkatastrophe, gegen schaftlichen Ergebnissen Anleitung und Frank Schirrmacher berichtet in (»das muss jetzt aber flotter gehen«) und die man sich mit unpopulären Maßnahmen Bestätigung für unseren Alltag. Im Februar seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“ werfen die faltigen Arme in die Luft. Lamm- schützen muss“, da protestierten die 1905 wurde eine solche „wissenschaftli- über die Folgen dieser Rede bis weit in die fromm beklatschen die hier versammelten Seniorenvertretungen. Nicht gegen das che Wahrheit“ geboren. William Osler, 57- 1990-er Jahre hinein. Immer wieder mach- Opas und Omas eine Zukunft zwischen Wort, sondern gegen die Wahl zum jähriger Professor für Medizin, hielt in Balti- ten Wissenschaftler sich daran, Beweise Krankenhaus und Sozialstation. Zur allge- Unwort. Das Wort sei doch lediglich in more eine folgenreiche Rede. für die Behauptung Oslers zu finden. meinen Befriedung wird ein Brocken Kultur zwei Berichten des Magazins Focus auf- zum Selbermachen Marke »Ringelpiez mit getaucht und verdiene diese öffentliche Anfassen« zwischen die altersgeschwäch- Aufmerksamkeit nicht. ten Füße geworfen. Von grauer Panther- große Schätze entbehren müssten, ja Schirrmacher ist über diese pseudowisEs sei für eine Gesellschaft besser, senschaftliche Form der Altersdiskriminie- so Osler, wenn 60-Jährige gezwungen rung empört, liefert aber mit seinem Feuil- würden, sich vollständig vom beruflichen leton-Biologismus, mit seiner Rede von Geblieben ist aus dieser Zeit die und politischen Leben zurückzuziehen. der „unnatürlichen Erfahrung des natürli- Bezeichnung „Senioren“ für die Alten. Aus Schon 40-Jährige seien unbrauchbar, chen Alterns“ die Munition dafür. der 1968 gestarteten ORF-Sendung wenn man auf geistige Neuerungen setze. „Seniorenclub“ wanderte das Wort – wahr- „Das mag manche schockieren, und den- Oslers Wahrheit steckt in vielen bis scheinlich aus dem Amerikanischen adap- noch, die Weltgeschichte, wenn man sie noch vor kurzem hoffähigen wissenschaft- tiert, wo es eine andere Bedeutung hat – in nur richtig liest, beweist diese Behaup- lichen Theorien, etwa im medizinischen power fehlt jede Spur.“ Der Dornröschenschlaf der Senioren über 40-Jährigen ab, und wenn wir auch Die ganzen 1990-er Jahre hindurch unzähligen Verbindungen in die Sprache tung. Nehmen Sie die Summe der „Defizit-Modell“, in den soziologischen blieb das Altern ein „Ringelpiez mit Anfas- der Verbände und Politik. Umfragen zeigen menschlichen Errungenschaften in der Theorien sen“. In der Diskussion um Rentenkasse allerdings, dass alte Menschen heute die Politik, in der Wissenschaft, in der Kultur, in „Ageing-Conservatism“. und Pflegeversicherung rückte das Thema Bezeichnung für sich ablehnen. Die Wer- Modell begreift Altern als abbauenden zwar politisch in die zweite Reihe vor. Man bung meidet das Wort deshalb. Und die Naturvorgang. Nach der Disengagement- gründete 1992 sogar eine Enquetekom- ORF-Sendung heißt seit 2000 „Schöner Theorie ziehen sich Alte naturgemäß aus mission zum Demografischen Wandel, gab leben“. gesellschaftlichen Bereichen zurück. Und von „Disengagement“ Das und Defizit- einen ersten Altenbericht in Auftrag. Und die 1993 rief die Europäische Gemeinschaft sagt, dass mit zunehmendem Älterwerden das „Jahr der älteren Menschen und der der Bevölkerung konservative Tendenzen Generationensolidarität“ aus. Aber Aktivität gestärkt werden, womit politische, soziale wurde eher vorgetäuscht, und war selbst und wirtschaftliche Neuerungen verzögert von den Alten nicht wirklich gewünscht. oder verhindert werden. 52 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Ageing-Conservatism-Hypothesee Glanzbilder des Alters 53 Vitalisierung des Alters in den USA, dann auch in Deutschland. Alle wissenschaftlichen Untersu- ten Lebensjahrzehnt dann stetig ab. Die Bereits 1974 hatten die Amerikaner das chungen zeigen, dass die Kompetenzen Pragmatik der Intelligenz betrifft hingegen „National Institute on Ageing“ gegründet. zur Bewältigung von schwierigen Situatio- das erworbene Wissen – Fähigkeiten wie Zum ersten Mal wurden die positi- Inzwischen ist aus den unterschiedlichen nen mit dem Alter wachsen. Ältere Men- Sprache, berufliches Wissen und soziale ven Entwicklungschancen des Alterns in Wissenschaften eine umfassende Alterns- schen neigen keineswegs, wie man lange Intelligenz. Diese Fähigkeiten bleiben nicht den 1980-er Jahren von den US-amerika- forschung entstanden. Deren Ergebnisse annahm, zu so genannten „regressiven nur lebenslang funktionstüchtig, sondern nischen Soziologen Rowe und Kahn unter- haben das bisherige Wissen vom Altern Bewältigungsformen („ich fühle mich über- sind auch im Alter noch entwicklungsfähig. sucht. Sie prägten mit ihrem 1987 im und Alter in wenigen Jahren geradezu auf fordert und wünsche mir jemanden, der Ein wachsendes Heer bildungsbeflissener Journal „Science“ erschienenen Artikel den Kopf gestellt. Verantwortung übernimmt“). In Wirklichkeit Seniorenstudenten in den Hörsälen der liegt die Zukunft des Alterns in der Balance Universitäten ist die Folge. 2004 wurde der aus Unterstützung und Herausforderung. 93-jährige Edgar Dowse an der englischen „Human Ageing: Usual and Successful“ den heute weit verbreiteten Begriff „Erfolgreiches Altern“. Altern wird inzwischen als komplexes Zusammenspiel von biologisch Brunel University als bislang ältester bedingten Einbußen und kulturell vermittel- Mensch promoviert. Freiheit von der Unruhe Die Autoren definierten „Erfolgrei- ten Zugewinnen verstanden. Der Alterns- ches Altern“ als die Fähigkeit, Krankheiten forscher Paul. B. Baltes hat ein Modell ent- zu vermeiden, kognitive Funktionen zu wickelt, das die verschiedenen neuen Vor über hundert Jahren stellte der der Persönlichkeit – Neurotizismus, Extra- erhalten und physisch vital zu bleiben, Befunde zum Altern integriert. „Gutes Soziologe Georg Simmel dem jugendli- version, Offenheit, Umgänglichkeit, Zuver- sowie sich aktiv am Leben zu beteiligen. Altern“ ist danach das Ergebnis der Selek- chen „Übergewicht des Lebensprozesses lässigkeit – zeigt sich im Alter eine Abnah- Diese Definition des erfolgreichen Alterns tiven Optimierung mit Kompensation über die Lebensinhalte“ die Lebensform me des Neurotizismus. Im Gegenzug wurde in den 1990-er Jahren immer wie- (SOK), die gelungene Balance zwischen des Alters gegenüber. Im Alter komme es nimmt Zuverlässigkeit und Umgänglichkeit der um weitere Faktoren ergänzt und zu der Kompensation von Defizitien und der mehr auf die Inhalte an, das „sachliche zu. Das heißt, mit zunehmendem Alter einem Konzept des „Aktiven Alterns“ wei- Optimierung von Ressourcen. Abwägen“, die „Freiheit von der Unruhe“. werden wir besser geeignet für das sozia- In gewisser Weise hat Simmel Befunde der le Miteinander. Gleichzeitig nimmt aber die neueren Alternsforschung vorweggenom- Offenheit für neue Erfahrungen ab. Unklar men. ist bisher, inwiefern die Eigenschaft „Offen- terentwickelt. 2002 verabschiedete die Weltge- Bei den so genannten „Big Five“ sundheitsorganisation (WHO) eine Rah- heit für neue Erfahrungen“ Plastizität auf- menkonzeption zum „Active Ageing“. Die Psychologische Intelligenzfor- Danach ist „Aktives Altern“ ein Prozess schung hat, zum Beispiel, mit der Unter- der Optimierung von Möglichkeiten zur scheidung von mechanischer und prag- Neurobiologen wiederum haben Erhaltung der Gesundheit, der sozialen matischer Intelligenz unausgeschöpfte herausgefunden, dass geistige Aktivität Teilhabe und der Sicherheit, mit dem Ziel, Reserven im Alter entdeckt. Bei der und die Struktur des Gehirns in einem die Lebensqualität älterer Menschen zu Mechanik der Intelligenz handelt es sich wechselseitigen Verhältnis stehen. Diese fördern. um die Geschwindigkeit und Genauigkeit Wechselseitigkeit weist, also beeinflussbar ist. wird „Plastizität“ der Informationsaufnahme sowie das genannt. Bereits eine moderate geistige Seit den 1990-er Jahren formieren Kurzzeitgedächtnis. Sie steigt während der Aktivität reduziert das Risiko, an Alzheimer sich die Alternswissenschaften neu, zuerst Kindheit stark an und nimmt ab dem vier- zu erkranken. Man nimmt deshalb heute 54 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 55 an, dass geistige Aktivität eine Reserve an eines historischen Feldzugs gegen die Schirrmacher eine biologische „Urgewalt“. nen von Peter B. Medawar, weit zurück. Plastizität bildet. Damit können Verluste im Natur, bei dem alles auf dem Spiel steht. Zum Beweis erzählt er die Geschichte von Denn wäre Altern biologisch sinnlos, sollte dem Siedlertreck, der 1846 auf dem Don- das Altern schon längst „ausgestorben“ Alter oder bei Krankheit besser kompensiert werden. Der Demografie-Bestseller „Das nerpass in einen Schneesturm gerät. Für sein. Da dem so nicht ist, muss es eine Methusalem-Komplott“ von Frank Schirr- die mutigen und kräftigen Männer geht die Erklärung dafür geben. Die moderne Evo- Auch körperliches Training beein- macher, Herausgeber der Frankfurter Sache nicht gut aus. Übrig bleiben die net- lutionsbiologie interessiert sich deshalb für flusst die Struktur des Gehirns. Das Gehirn Allgemeinen Zeitung, ist ein Beispiel. workenden Frauen, die um das Überleben Lebensformen, die sehr langsam oder ist keine Festplatte, auf der Informationen Wortgewandt legt Schirrmacher den der Sippe, der Familie, bemüht sind. überhaupt nicht altern. abgespeichert werden. Es ähnelt einem demografisch unbedarften Leser in Asso- vieldimensionalen Netzwerk von Erre- ziationsketten, wenn er schreibt: „Die Alte- Aus dieser Geschichte zimmert Neuere Modelle der Evolution gungszuständen, die Gedächtnis und rung der Industrienationen wird wie eine Schirrmacher das Modell einer Überle- basieren auf der Idee der optimalen Res- Funktion repräsentieren. Der alternde Kör- Sinuskurve in den nächsten 30 Jahren bensgemeinschaft in demografischer Eis- sourcenverteilung zwischen Wachstum, per muss zunehmend das Gehirn einset- durch die gewaltige Jugendwelle der mus- zeit, in der die soziale Temperatur auf ein Überleben zen, damit sensomotorische Aktivitäten limischen Länder überdeckt.“ Der gedank- Minimum abkühlt. Und das ist noch nicht Modelle zeigen, dass die Evolution sehr funktionieren. Zum Beispiel ältere Men- liche Salto mortale zum Olympia-Attentat alles. „Die Natur“, so Schirrmachers Fazit, unterschiedliche Lebensstrategien hervor- schen, die sich in einer Straßenbahn unter- 1972 in München und zum 11. Septem- „setzt mit ziemlicher Entschlossenheit aufs bringen kann. Der Prozess der Alterung ist halten: Sie hören mit dem Reden auf, ber 2001 ist für Schirrmacher dann eine Ewig Weibliche.“ nicht ohne Alternativen. Sogar die Vorstel- sobald sie in Gefahr sind, die Balance zu leichte Übung. und Reproduktion. Diese lung einer „Höchstlaufzeit“ menschlichen verlieren. Jüngere Menschen dagegen Die Verkehrung von sozialen Tatsa- Lebens steht inzwischen zur Diskussion. reden weiter. Beim körperlichen Training Schirrmachers Katastrophensze- chen in Naturtatsachen, das lehrt die Man weiß zum Beispiel heute, dass sich ab kommt es deshalb gar nicht so sehr auf nario gründet im „Fortpflanzungsegoismus jüngste deutsche Geschichte (der Natio- dem neunzigsten Lebensjahr das Sterberi- „Fitness“ an. Es geht vor allem darum, der Natur“ und der „Abneigung der Natur nalsozialismus definierte sich als „ange- siko verlangsamt und jenseits von 110 durch das Training die Hypothek auf das gegen das Altern“. Gegen die demografi- wandte Biologie“), ist eine gefährliche Jahren nicht mehr weiter ansteigt. Gehirn, etwa beim Halten des Gleichge- sche Götterdämmerung hilft nur eins: „Wir Sache. Altern und Alter erscheinen als wichts, zu verringern. müssen Selbstverteidigungsstrategien ent- „unnatürlich“, weil Altern im Wettlauf der wickeln, Methoden alternativer Kriegsfüh- Evolution einen Nachteil darzustellen rung, die es einem erlauben, auch als scheint. „Das alte Lebewesen“, schreibt schwacher Alter zu überleben: von der Schirrmacher, „ist für die Natur ohne jeden Partisanentätigkeit Nutzen. Was sich nicht mehr vermehren In modernen Gesellschaften sind kann, ist alt und muss sterben. Ein Lebe- Respekt und Macht knappe Güter, um die wesen, das nicht mehr vererbt, ist ein Fehl- konkurriert wird. Dabei sieht man immer investment der Natur.“ schneller alt aus. Obwohl wir immer älter Ist Altern natürlich? Manch schlagkräftiges Argument in bis zum Hacker Angriff.“ der demografischen Debatte ist wissenschaftlich längst nicht mehr haltbar. Nicht In seinem zweiten Buch „Minimum. nur in der Diskussion um die Demografie Vom Vergehen und Neuentstehen unserer wird immer wieder die Biologie bemüht. Gemeinschaft“ spielt Schirrmacher dann Damit bleibt Schirrmacher selbst Soziales erscheint damit als unveränder- die Gesellschaft gegen die Gemeinschaft hinter den klassischen Evolutionstheorien, bar. Oder es wird zum Kriegsschauplatz der Familie aus. Familie, auch das ist für etwa der Theorie angesammelter Mutatio- 56 Drei Farben Grau Neue Unübersichtlichkeit des Alters werden. Obwohl wir immer länger gesund Hausnotruf Themen 2007 und leistungsfähig sind. Die Altersgrenze wird immer tiefer gezogen. Glanzbilder des Alters 57 Inzwischen liegt die Altersgrenze so Die gesellschaftliche Zeit hat die des Alters in der Gesellschaft und für indi- im Januar dieses Jahres: „Ich sehe das tief, dass sich die Altersbilder vervielfälti- Lebenszeit überholt. Die Halbwertszeit von viduelle Verantwortung im Alter ein. Über Europäische Jahr der Chancengleichheit gen. Spätestens mit 50 Jahren erreicht Erfahrungen und Wissen wird immer kür- 300 Mal ist in dem 526 Seiten langen als Möglichkeit, ein neues Bild des Alters man das „zweite Alter“, mit 65 das „dritte zer. Was früher ein Leben lang Bestand Bericht von „Potenzialen des Alters“ die zu zeichnen: ein Bild, das Teilhabe älterer Alter“, mit 80 das „vierte Alter“. Alter macht hatte, verfällt heute in wenigen Jahren. Rede, 40 Mal von „Eigenverantwortung“. Menschen ebenso umfasst wie ihre Wirt- sich aber schon diesseits der fünfzig Deshalb werden wir immer schneller alt. Das Wort „soziale Verantwortung“ kommt schaftskraft und auch die Innovationskraft bemerkbar. Zur „Midlife Crisis“ hat sich Mit dreißig Jahren haben wir heute mehr nicht vor. des Alters und ihre Mitverantwortung für längst die „Quarterlife Crisis“ der Generati- an Veränderung erlebt, mussten uns öfter on gesellt, über die der SPIEGEL titelte neu einrichten, als früher die Menschen „Jung, erfolgreich, entlassen“. während ihres gesamten Lebens. die anderen Generationen – das Alles als Die Sachverständigenkommission einen Prozess des lebenslangen Lernens.“ unter Leitung des Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse fordert ein gesell- Unter dem Stichwort „Potenziale Wir leben in einer immer schneller Die neuen Altersbilder sind nicht schaftliches Altersbild, das nicht „die Risi- des Alters“ wird von älteren Menschen nicht werdenden Kultur. Früher veränderte sich wirklich Bilder des Alters. Das, was der ken für die jüngere Generation“ in den nur mehr Mitverantwortung gefordert, son- die Welt während eines Menschenlebens Trendforscher Mathias Horx den „zweiten Vordergrund rückt. „Entscheidend ist hier dern auch mehr Eigenverantwortung. Im kaum, die Zeit verlief sehr viel langsamer. Aufbruch“ nennt, ist eher eine neue der Gedanke, dass eine Verbesserung der Altenbericht heißt es: „Bei aller Betonung Die Nachricht von der Bartholomäusnacht Lebensphase, die für immer mehr Men- Partizipationsmöglichkeiten älterer Men- der sozialen und biografischen Vorausset- (24. August 1572), zum Beispiel, gelangte schen, längst aber nicht für alle, Realität schen letztlich auch immer nachfolgenden zungen von Potenzialen des Alters darf mit einer damaligen Rekordgeschwindig- wird. Für diese Zwischenzeit fehlen uns Generationen zugute kommen sollte.“ nicht übersehen werden, dass Menschen keit von nicht einmal 100 Kilometern pro bislang die Begriffe. Bundesseniorenministerin Ursula Tag von Paris nach Madrid, wo sie am Abend des 7. September eintraf. Heute kommunizieren wir in Echtzeit. bis ins sehr hohe Alter in der Lage sind, die Entwicklung entsprechender Potenziale Das wirkliche Alter ist hingegen das von der Leyen wird nicht müde, den „vierte Lebensalter“. Dort finden der gesell- gesellschaftlichen und vor allem wirtschaft- schaftliche Fortschritt und die neuen lichen Nutzen eines positiven Altersbildes Doch scheint der Sachverständi- durch eigenes Verhalten zu fördern.“ Die Beschleunigung der gesell- Altersbilder ihre Grenzen. Und viele herauszustellen, etwa beim Auftakt zum genkommission nicht ganz wohl zu sein schaftlichen Entwicklung entwertet unse- Alternsforscher bezweifeln, dass sich die Europäischen Jahr der Chancengleichheit angesichts all der Verantwortung, die älte- re Erfahrungen und unser Wissen immer Erfolgsgeschichte des „jungen Alters“ auf re Menschen nun tragen sollen. „Nicht schneller. Allein das medizinische Wissen dieses Lebensalter ausdehnen lässt. übersehen werden sollte allerdings“, merkt verdoppelt sich heute alle fünf Jahre. die Kommission an, „die Gefahr einer Auch wenn immer noch von Bildungspo- Instrumentalisierung der Potenzialdiskussi- litik geredet wird, es geht längst um Wis- Selber schuld on, etwa im Zusammenhang mit Privatisie- sensmanagement. Bildung, das zeigen rungstendenzen in der Sozialversicherung soziologische Untersuchungen, behin- Der aktuelle fünfte Altenbericht der dert Managerkarrieren. Sie wird als hin- Bundesregierung „Potenziale des Alters in derlich für schnelle Entscheidungen emp- Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag Gefährlich ist nicht nur die Instru- funden. älterer Menschen zum Zusammenhalt der mentalisierung. Die neue Freiheit des Generationen“ tritt für ein positives Bild Alters kann sehr schnell in einen „Vitalitäts- 58 Drei Farben Grau durch bürgerschaftliches Engagement.“ Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 59 terror“ umschlagen. Natürlich, die neue kommentierte: „Die ältere Generation ist Dadurch entsteht ein Zerrbild der petenten Alterns forciert die Ausgrenzung Freiheit strahlt den Charme der Lebens- ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“ Axel Kluth, Wirklichkeit. Und das politische Wunsch- der am stärksten belasteten Menschen – freude aus. Sie geht aber auch unüberhör- Sprecher der Bestatterinnung Berlin-Bran- bild des Alters ist nicht minder verzerrt. der Gebrechlichen und Multimorbiden. Der bar mit der Forderung einher, „verantwor- denburg, sagte hingegen im selben Denn nicht nur die Chancen, lange zu Journalist Lothar Müller hat im April-Heft tungsvoll“ von ihr Gebrauch zu machen. Monat: „Für immer mehr Menschen wird leben, gesund zu bleiben oder auch im der Schweizer Kulturzeitschrift „du“ des- eine würdige Bestattung unerschwinglich. Geld zu schwimmen, sind sehr ungleich halb leidenschaftlich für „zivilen Unge- Wir verzeichnen einen Anstieg von hundert verteilt. Auch das biologische Alter zeigt horsam gegenüber dem Vitalitätsterror“ Prozent innerhalb der letzten zwei Jahre.“ umso größere Unterschiede, je älter wir plädiert. Es gibt in Wirklichkeit einen subtilen Zwang zum „vitalen Altern“. Denn wer sich werden. Es gibt nicht wenige Menschen, die Freiheit nimmt, zum Beispiel das AntiDemenz-Training sausen zu lassen, der ist es hinterher selber schuld. Revolte der Gebrechlichen Die demografische Debatte bewegt die schon knapp nach der Pensionierung „Die Propheten des neuen Alters“, sich meist auf dem hohen Niveau von bun- ein Stufe-3-Pflegefall werden. Auch wenn schreibt Müller, „lockern nicht nur die über- desdeutschen Gesamtzahlen und arithme- sie sich brav ein Leben lang um ihre kommene Verknüpfung von Alter und tischen Mittelwerten. Gesamtzahlen und Gesundheit gesorgt haben. Gebrechlichkeit, sie etablieren zugleich die Vitalität als neue kulturelle Norm des arithmetische Mittelwerte sind aber arm an Information. Sie bringen auf einen Nenner, was in Wirklichkeit auseinanderklafft. Die am Erfolg und am Nutzen aus- Alters. Und nicht selten erreichen sie den gerichtete „Mittelschichts“-Norm des kom- Umschlagpunkt, an dem die Ermunterung Das politische Wunschdenken vom der Vitalen sich als Entmutigung der Alter als eines wahren Gesundbrunnens Gebrechlichen entpuppt.“ wirtschaftlicher und sozialer Ressourcen, deckt sich nicht mit der Wirklichkeit. Die Zum Schluss seines Essays fordert von Kirsten Aner, Fred Karl und Leopold Müller ein Recht auf Gebrechlichkeit: „Die Rosenmayr in ihrem Buch „Die neuen Anhänglichkeit an das Leben ist kein Privi- Alten“ vorgeschlagene „Kultur der Langle- leg, das durch Vitalität erst zu verdienen bigkeit“ ist eben nicht schon gleichbedeu- wäre. Sie ist Mitgift des Lebens selbst, tend mit der Rettung des Sozialen. Oder auch dann, wenn es in die Macht der mit dem Boom der „Silver economy“. Gebrechlichkeit geraten ist. Willkommen ist jede Einschränkung dieser Macht. Aber Ein Beispiel: Der im Mai vom Deut- nur, wenn sie das Recht des gebrechlichen schen Institut für Wirtschaftsforschung Lebens anerkennt.“ (DIW) an die Bundesfamilienministerin übergebene Bericht zu den „Auswirkungen Auf Leben und Tod des demographischen Wandels auf die private Nachfrage“ beziffert das Ausgabevolumen der über 60-Jährigen auf 316 Mil- Entwickelt sich die Kompetenzge- liarden Euro im Jahr, ein Drittel aller priva- rontologie zu einer Optimierungs- und Effi- ten Ausgaben. Ursula von der Leyen zienzdisziplin wissenschaftlicher Experten? 60 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 61 [Info-Box] Die Gefahr besteht, wenn sich der Ein- Gegen die bunt-mobilen Altersbil- druck durchsetzt, Vitalität im Alter lasse der klingt das nach purer Resignation. sich durch fleißiges Fitnesstraining erwer- Aber Améry kennt auch die Revolte. Das ben, Gebrechlichkeit hingegen sei selbst- Begriffspaar „Revolte und Resignation“ verschuldet. Wenn Gebrechlichkeit nicht wurzelt in seinen KZ-Erfahrungen: Alters- Jean Améry: Über das Altern. Revolte und Resignation. Klett-Cotta, 8. Auflage, Dezember mehr als Teil des Lebens, sondern nur würde wachse dem Alternden einzig in der 2001; 135 Seiten, 15,00 EUR. Nicht neu, aber aktueller denn je: Die Essays des Philosophen der noch als Störfall erfolgreichen Alterns Revolte gegen die resignativen Konse- modernen Alternsforschung. betrachtet wird, auf eine letzte Phase quenzen des Alters zu, wohl wissend, zusammengedrängt und abgewertet. dass das Aufbegehren zum Scheitern ver- Kirsten Aner, Fred Karl & Leopold Rosenmayr: Die neuen Alten – Retter des Sozialen? VS urteilt sei. „Das ist seine Chance und ist, Verlag, Februar 2007; 219 Seiten, 26,90 EUR. Reformdruck auf der einen, Langlebigkeit auf der vielleicht, die einzige Möglichkeit, wahrhaft anderen Seite. Da liegt es nahe, die „Neuen Alten“ in die Lösung sozialer Probleme einzubinden. in Würde zu altern“, schreibt Améry. Stattdessen plädieren die Autoren für eine „Kultur der Langlebigkeit“. Das positive Altersbild verkehrt sich in Ideologie, wenn man es überstrapaziert. Aktuelle Bücher zum Thema Denn seine Reichweite ist begrenzt. Es dringt nicht zu den Grundkonditionen sub- Die Kompetenzgerontologie muss Petra Bruns, Werner Bruns & Rainer Böhme: Die Altersrevolution. Wie wir in Zukunft alt wer- jektiven Alternserlebens vor. Es gestattet sich fragen lassen, ob sie den alten Men- den. Aufbau-Verlag, März 2007; 237 Seiten, 19,95 EUR. Die 68-er Generation redet wieder von nicht, das Leben vom Tod her zu denken. schen dieser Chance auf Würde und Revolution. Ein wenig Polemik ist unterhaltsam, die Erfindung neuer Unworte wie „Alters-Vulkan“ und Im Gegenteil: Es verschleiert den Zusam- Eigensinn beraubt, und ihn stattdessen „Alters-Atompilz“ aber billig. menhang von Leben und Tod. mannigfacher Entfremdung unterwirft. Oder ob sie, wie Paul B. Baltes es fordert, du 775: Das Alter. Augen auf und durch. du Verlags Ag, April 2007; 90 Seiten, 12,00 EUR. Aktueller denn je ist deshalb Jean auf dem Wert des Lebens an sich beharrt Die bekannte, aufwändig mit Fotografien von Angelo A. Lüdin und Elisabeth Goechnahts gestaltete Amérys Buch „Über das Altern. Revolte und die „zwei Kerncharakteristiken des Schweizer „Zeitschrift der Kultur“ fragt nach der Zukunft, die für uns Einzelne Alter, für die Gesell- und Resignation“, vor knapp vierzig Jahren Alterns“ anerkennt – die „biografische Indi- schaft Überalterung heißt. entstanden. Der ehemalige KZ-Häftling vidualität“ und die „unfertige biokulturelle wurde mit diesen fünf Essays zum Philo- Architektur des Vierten Alters“. Christa Geissler & Monika Held: Generation Plus. Von der Lüge, dass Altwerden Spaß soph der modernen Alternsforschung. macht. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 319 Seiten; März 2003; 12,90 EUR; überarbeitete Dabei spricht Améry weniger vom Altwer- Neuauflage im Oktober 2007 unter dem Titel: Die Generation Plus plant ihre Zukunft. Gespräche, den, vielmehr vom Anderswerden während Reportagen und Porträts. Die beiden Journalistinnen, die für die Frauenmagazine „Cosmopolitan“ jener „Zeitstrecke, auf der wir dem Todes- und „Brigitte“ arbeiten, lassen in fünfzig Interviews die Menschen zu Wort kommen, 90-Jährige gedanken begegnen“. Mit schonungsloser ebenso wie Thirtysomethings, darunter Experten wie Claus Fussek und Prominente wie den Offenheit und radikaler, bis an die Grenzen Schauspieler Peter Sodann. der Logik und Sprache gehender Selbstbeobachtung beschreibt Améry, was pas- Peter Gruss: Die Zukunft des Alterns. Die Antwort der Wissenschaft. Ein Report der Max- siert, wenn wir uns älter werden spüren. Planck-Gesellschaft. Verlag C.H.Beck, März 2007; 333 Seiten, 16,90 EUR. Die vom Präsidenten der Darüber, wie sich unser Verhältnis zur Zeit, Max-Planck-Gesellschaft herausgegebenen zwölf Beiträge informieren in allgemein verständlicher zum eigenen Körper, zur Gesellschaft, zur Sprache über den neuesten Stand der Alternsforschung. Kultur und schließlich zum Tod verändert. 62 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 63 Andreas Kruse: Alter. Was stimmt? Die wichtigsten Antworten. Herder Verlag, April 2007; Weiterführende Links 128 Seiten, 7,90 EUR. Der Heidelberger Gerontologe und Vorsitzende der Sachverständigenkommission zum 5. Altenbericht der Bundesregierung, gibt allgemein verständliche Antworten. Der Fünfte Altenbericht kann kostenlos von der Website des Bundesfamilienministeriums heruntergeladen oder zum Preis von 18,60 Euro bestellt werden Elisabeth Niejahr: Alt sind nur die anderen. So werden wir leben, lieben und arbeiten. www.bmfsfj.de Fischer Taschenbuch, 2. Auflage, Oktober 2005; 191 Seiten, 8,95 EUR. „Wahrscheinlich müssen wir unsere Lebensentwürfe viel stärker korrigieren als unsere Versicherungssysteme.“ Niejahr spricht für Büro gegen Altersdiskriminierung die Generation der Baby Boomer. www.altersdiskriminierung.de www.goldenefalte.de PROKLA 146: »Bevölkerung« – Kritik der Demographie. Westfälisches Dampfboot Verlag, März 2007; 149 Seiten, 12,00 EUR. Die Jenaer Soziologin Silke von Dyck versucht herauszufinden, was hinter den landauf, landab beschworenen „Potenzialen des Alters“ steckt. Der Marburger Sozialforscher Udo Kelle fragt nach der neuen „Kundenorientierung“ in der Altenpflege. Weitere Beiträge von Eva Barlösius, Ernst Kistler und Ulrike Baureithel. Frank Schirrmacher: Das Methusalem-Komplott. Heyne Taschenbuchausgabe, November 2005; 224 Seiten, 7,95 EUR (als Hörbuch erschienen bei Random House Audio, Juli 2004; 2 CDs, 19,95 EUR). Der demografische Bestseller, wortgewandtes Demografie-Feuilleton. Frank Schirrmacher: Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft. Blessing Verlag, März 2006; 192 Seiten, 16,00 EUR (als Hörbuch erschienen bei Random House Audio, August 2006; 2 CDs, 19,95 EUR). Der Versuch einer Fortsetzung. Schirrmacher erfindet ein neues Genre: die demografische Erbauungsliteratur. SPIEGEL special: Jung im Kopf. Die Chancen der alternden Gesellschaft. Nr. 8/2006, Oktober 2006; 130 Seiten, 6,00 EUR. Das „Magazin zum Thema“ mit 30 Beiträgen zu „Chancen durch Wandel“, „Zeit zum Leben“ und „Raum für Menschen. [Info-Box] 64 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Glanzbilder des Alters 65 Technik als Chance für die Zukunft des Alterns Der demografische Wandel kann Digitales Altern nicht von gesellschaftlichen Veränderungen getrennt werden. Diese Veränderun- Inzwischen wird unser Leben gen sind Folge, Begleiterscheinung, zum immer sichtbarer von technologisch unter- Teil auch Errungenschaften einer moder- stützten Umwelten bestimmt. World Wide nen Gesellschaft. Web, Handys, Navigationsgeräte – junge Erfindungen der letzten Jahre, heute aus Hygiene, Kanalisation und Schäd- dem Alltag nicht mehr wegzudenken. lingsbekämpfung, Impfungen und Antibio- Technologien waren zwar immer schon tika leiteten den epidemiologischen Über- soziale Erscheinungen, wurden aber als gang ein. Die Lebenserwartung stieg solche nicht wahrgenommen. kontinuierlich. Seit 1950 folgten neue Möglichkeiten medizinischer Diagnose und Der demografische Wandel ist eng Therapie sowie eine rasante technologi- verzahnt mit der technologischen Ent- sche Entwicklung. Seitdem steigt die Zahl wicklung. So wie Menschen sich mit Stei- gesunder Lebensjahre alter Menschen nen Wohnumwelten geschaffen haben, unaufhörlich. leben wir heute in Technikumwelten. Und so wie Wohnen Menschen formt, beein- Erst in den letzten Jahren wurde flusst auch die Technik unser Lebensge- die Bedeutung von Technologien für fühl und Zusammenleben. Technik ist erfolgreiches Altern erkannt. Zwar ent- nicht mehr nur Hilfsmittel. Es geht nicht stand bereits 1989 das erste offizielle Pro- allein darum, wie Geräte in Zukunft aus- gramm „Ageing and Technology“ an der sehen werden. Technik umgibt uns heute Technischen Universität Eindhoven in den als Umwelt, die unser Leben im Hier und Niederlanden, gefolgt vom ersten interna- Jetzt prägt. tionalen Kongress zu „Gerontotechnologien“ 1991. Aber in der Praxis galten Technologisch unterstützte Umwel- Technik und Altenhilfe weiterhin als Gegen- ten verändern gegenwärtig das Altern sätze. von Gehirn und Verhalten auf noch nicht absehbare Weise. Und die Geschwindigkeit technologischer Entwicklung 66 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Technik als Chance... 67 lässt große Abstände zwischen den Gerontotechnologien. Entwickelt wurden In einem Beitrag der Zeitschrift Jahrgängen hinsichtlich ihrer Erfahrungen sie bereits in den 1970-er Jahren aus dem Forum von 1984 wird die Debatte auf den mit diesen Umwelten entstehen. Soziolo- sozialen Modell der Telefonkette. Punkt gebracht: „Wollen wir technokrati- gen sprechen von Kohorten, die im gleich- sche zeitigen die menschliche Beziehungen stärken?“ Das Erfahrungen Deutsche Rote Kreuz reagierte 1985 mit machen. Befragungen älterer Menschen einer Rahmenkonzeption: „Das technisch Lebensverlauf Geschichte durch gemeinsame Ausgestaltung oder zwischen- geben oft mehr Auskunft über solche Nach Angaben des Statistischen Machbare kann kein Ersatz für zwischen- „Kohorteneffekte“ als über die Zukunft des Bundesamts sind bereits heute über 30 menschliche Beziehungen und Zuwen- Alterns. Prozent der über 54-Jährigen online. dung sein, sondern stellt eine wertvolle Gegenüber 16 Prozent im Jahr 2002 und Kommunikationshilfe dar.“ Als die heutigen Alten, die 1920-er 22 Prozent im Jahr 2004. Die Altersgruppe Jahrgänge, in Rente gingen, spielten der über 54-Jährigen ist zurzeit die größte weder Mobiltelefone noch Internet eine Wachstumsgruppe der Internetnutzer. Die Technikkritik der 1980-er Jahre klang noch lange in dem Klischee von den Rolle. Vor 15 Jahren, 1992, wurde GSM in technikfeindlichen Senioren nach. Tatsäch- Deutschland eingeführt, 1995 ISDN, 2000 Dabei gibt es eine klare Untertei- lich zeigen aber alle neueren Studien, dass DSL. In nur zwölf Jahren hat sich die Zahl lung, wie der aktuelle Altenbericht der die Einstellungen älterer Menschen zur der Mobilanschlüsse auf 83 Millionen fast Bundesregierung feststellt. Lag im Jahr Technik – sei es Internet oder mobiles Tele- verdreißigfacht und übersteigt inzwischen 2005 die Altersgruppe von 50 bis 59 Jahre fonieren – vom gesamtgesellschaftlichen die Einwohnerzahl. 1995 brachte Microsoft mit 43 Prozent sogar leicht über dem Bun- Trend nicht abweichen. seinen ersten Internet Explorer auf den desdurchschnitt von 40 Prozent, nutzten in Markt. der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahre nur Seitdem sind 300 Millionen Einstellungen zur Technik haben Mitte der 1980-er Jahre geriet der nichts mit dem Alter zu tun, sondern wer- den Einzelseiten und Dokumente im World Hausnotruf in die Kontroverse. Die Bun- den im Lebenslauf erworben. Nicht wegen Wide Web zugänglich. desarbeitsgemeinschaft der Freien Wohl- der Technik sinkt im Alter die Bereitschaft fahrtspflege, das Kuratorium Deutsche zur Annahme neuer Technologien. Viel- Altershilfe und die Aktion Sorgenkind spra- mehr können ältere Menschen häufig nicht chen sich gegen die Förderung von Haus- den Nutzen für ihre Lebenssituation erken- notrufsystemen aus: „Es wird befürchtet, nen. Ältere Menschen neigen zu „objektiv Domains gesichert worden und 650 Milliar- Das gibt eine Vorahnung auf die nächsten 15 Jahre. Denn das Tempo der sieben Prozent das Internet. Das Märchen von den technikfeindlichen Senioren Entwicklung ist ungebrochen, nicht nur bei den Kommunikationstechnologien. In 15 Die vom Deutschen Roten Kreuz dass Hausnotrufsysteme zu sehr als tech- ungerechtfertigter Zufriedenheit“, wie es Jahren geht Bill Gates in Rente. Die kom- zum 25-jährigen Jubiläum des DRK-Haus- nisches Instrument zur Verhinderung von heißt. Sie verändern ihre Gewohnheiten menden Rentnerjahrgänge werden anders notrufs herausgegebene Dokumentation Heimaufnahme eingeführt werden“, heißt nicht, so lange sie nicht deutliche Vorteile – digital – alt geworden sein. Und mit ihnen zur Geschichte des Hausnotrufs illustriert es in einer Stellungnahme. „Hausnotruf- für sich sehen. werden die neuen Technologien das Alter die Entwicklung des Verhältnisses von systeme dürfen keineswegs als Alibifunkti- erobern. Technik und Altenhilfe. Hausnotrufsysteme on dienen, um notwendige stationäre und sind gewissermaßen Dinosaurier der ambulante Hilfen zu verweigern.“ 68 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Technik als Chance... 69 Alternsökonomie Die Herausforderung für den Men- Die Plastizität des Gehirns steht in noch als „Senior Research Group“ (SRG) schen und sein Gehirn ist es, im Alter mit enger Wechselwirkung zu Veränderungen in Berlin tätig und beschäftigen sich, zum In dem, was Marketingexperten weniger mehr zu erreichen. Indem wir stär- im Verhalten. Technologien können kogni- Beispiel, mit der Frage, wie Mobiltelefone „objektiv ungerechtfertigte Zufriedenheit“ ker auswählen, womit wir uns beschäfti- tive Leistungen steigern, indem sie den im für Senioren gestaltet sein sollten. nennen, sehen Verhaltenswissenschaftler gen. Indem wir uns darauf konzentrieren, Alter zunehmenden Aufmerksamkeitsbe- einen ökonomischen „Balanceakt“. Der im die Dinge, die wir tun, zu optimieren. Und darf für Sehen, Hören und Gehen reduzie- Bei alternsgerechter Technologie November vergangenen Jahres verstorbe- indem wir schlechter werdende Leistun- ren. Einfache Beispiele für solche Techno- geht es aber um mehr als um Funktionen ne Alternsforscher Paul B. Baltes hat gen auf dem einen Gebiet mit noch sehr logien sind der Gehstock oder das und Aussehen. Ulman Lindenberger, erfolgreiches Altern als das geglückte guten auf einem anderen Gebiet ausglei- Treppengeländer. Experimente zeigen, Direktor des Forschungsbereichs Entwick- Zusammenspiel von Selektion, Optimie- chen. dass mit diesen einfachen technischen lungspsychologie am Berliner Max-Planck Hilfsmitteln die kognitiven Leistungen bei Institut für Bildungsforschung, hat aus alten Menschen während des Gehens dem SOK-Modell von Baltes drei Kriterien höher sind als ohne. für die Bewertung von Technologien im rung und Kompensation definiert. Am Beispiel des 80-jährigen Pianisten Rubinstein veranschaulichte Baltes das SOK-Modell: Darin liegen die Chancen der Technik. Technologische Umwelten kön- Alter abgeleitet: nen ältere Menschen in Bereichen des „Auf die Frage, wie er es schaffe, täglichen Lebens unterstützen und Ent- Experten des eigenen Lebens bleiben im hohen Alter weiterhin ein solch hervor- wicklungspotenziale ragender Pianist zu sein, führte er drei Gehirn kann sich auf diese Potenziale Gründe an: Er spiele weniger Stücke (ein konzentrieren und neue Verbindungen Beispiel für Selektion), diese übe er jedoch aufbauen. Altern heißt also, Defizite und In Deutschland prüfen die Deut- empfinden viele Menschen das Einstellen häufiger (ein Beispiel für Optimierung); Fähigkeiten immer wieder neu auszuba- sche Gesellschaft für Gerontotechnik ihrer Hörgeräte als mühselig, die „Ressour- außerdem nutze er größere Kontraste im lancieren. Sich auf die Fähigkeiten zu (GGT) und der TÜV Rheinland alters- cenbilanz“ als negativ. Die Geräte bleiben Tempo des Spiels, um sein Spiel schneller konzentrieren, sie zu optimieren und freundliche Produkte. Seit 2003 vergibt der in der Schublade und werden nicht erscheinen zu lassen, als er objektiv gese- dadurch Lebensqualität und Unabhängig- TÜV in Zusammenarbeit mit der deutschen benutzt. hen zu spielen noch in der Lage sei (ein keit zu sichern. Seniorenliga das argus-Zertifikat. freisetzen. Das Der Nutzen von Technologien muss erkennbar größer sein als der Aufwand, der notwendig ist, sie zu beherrschen. So Beispiel für Kompensation).“ 70 Drei Farben Grau Technologien müssen sich flexibel In der Alternsforschung spricht Von 1997 bis 2003 arbeiteten in der Umwelt und dem individuellen Leis- man von der „Plastizität“ des Gehirns und einer multidisziplinären Forschergruppe tungsspektrum der Nutzer anpassen. Ins- des Verhaltens. Plastizität ist die Möglich- Ingenieure, Arbeitswissenschaftler, Desig- besondere deshalb, weil Alterungsprozes- keit zur Anpassung und Veränderung von ner und Soziologen zusammen, um se sehr unterschiedlich ablaufen und Funktion und Form. Das Gehirn ist keine Grundlagen für neue Produkte und Dienst- Fähigkeiten verschieden stark betroffen beschreibbare Festplatte, sondern ein leistungen für Senioren zu entwickeln. Von sind. Netz die Beginn an wurden auch Senioren in das Gedächtnis und Funktion repräsentieren. von der Deutschen Forschungsgemein- Schließlich müssen Technologien Die Netzstruktur ist zwar hinlänglich stabil, schaft (DFG) geförderte Projekt „sentha – die richtige Balance aus Unterstützung aber nicht starr. Sie ist veränderbar. Sonst Seniorengerechte Technik im häuslichen und Eigeninitiative bieten. Durch Entlas- wäre Lernen nicht möglich. Haushalt“ eingebunden. Sie sind heute tung frei werdende Ressourcen sollten für von Erregungszuständen, Hausnotruf Themen 2007 Technik als Chance... 71 die Entwicklung vorhandener Fähigkeiten Nutzung technischer Hilfsmittel Ressour- tenbegleiter sind ein weiteres Beispiel. Nicht nur die Fraunhofer-Innovati- eingesetzt werden. Moderne Technolo- cen durch Nichtgebrauch mindert. Ziel Sechs Fraunhofer-Institute haben in den ons-Initiative „Intelligente Produkte und gien können dazu äußere Hinweisreize aber ist es, die Alltagskompetenz zu erhö- letzten zwei Jahren ein System entwickelt, Umgebungen“ forscht gegenwärtig zu anbieten. hen und die soziale Teilhabe zu stärken. das die Langzeiterfassung der wichtigsten „Electronic Homecare“. Die Universitäts- Das wiederum hat positive Auswirkungen Herz-Kreislauf-Funktionen rund um die Uhr klinik Münster testet zurzeit ein „home- möglich macht. care.diabetes Ältere Menschen müssen System“. Die Fach- als auf die kognitive Leistungsfähigkeit, das „Experten ihres eigenen Lebens“ begriffen Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl. werden, schreibt Lindenberger. Nicht sie Die Bewertung alternsgerechter Technolo- Dabei ermittelt ein Sensor-T-Shirt Zusammenarbeit mit dem Zentrum für sollen sich den Erfordernissen der Technik gien muss deshalb die Balance von Unter- kontinuierlich alle notwendigen Messwerte Telematik im Gesundheitswesen (ZTG) anpassen, sondern umgekehrt: Moderne stützung und Herausforderung in den und leitet sie über Funk an einen PDA wei- eine realitätsnahe Monitoring-Umgebung Technologien für das Alter müssen sich auf Mittelpunkt stellen. ter. Die Software sammelt die Datenflut, mit intelligenten Sensoren, die neben den Alltag, auf Gewohnheiten und Vorlie- wertet sie aus und überträgt die Ergebnisse medizinischen Funktionen auch beispiels- ben der Nutzer „einstellen“. Dazu ist es via Internet oder Mobilfunk an eine teleme- weise Herde und Wasserkocher, geöffnete dizinische Betreuungszentrale. Dort kann Fenster und Türen überwachen. wichtig, dass Technologien frühzeitig eingeführt werden. Mensch und Technik kön- Zu Hause in den intelligenten vier Wänden hochschule entwickelt in geschultes Personal den Ernst der Lage einschätzen, die Patienten telefonisch bera- nen sich so einander anpassen, bevor der Dortmund Und in Greifswald wird seit fünf alte Mensch wegen Gebrechlichkeit und Flexibel unterstützende Technolo- kognitiver Einschränkungen auf Unterstüt- gie ist ein aktueller Forschungsgegenstand zung angewiesen ist. für die Zukunft des Alterns. Zum Beispiel Besonderer Schwerpunkt bei der Projekt wird mit zwei Millionen Euro von hat sich das sentha-Teilprojekt „Smart Entwicklung von digitalen Patientenbeglei- der Europäischen Union gefördert. Eine Home“ mit der Entwicklung eines Kommu- tern bilden psychische Momente in der aktuelle EU-Studie sieht in der Teleüberwa- nikationsnetzes für den Wohnbereich Betreuung von Kranken: Wie kann Tech- chung einen „Megatrend“ der nächsten beschäftigt, das nicht nur ein Notruf- und nologie dabei helfen, das Therapieverhal- zehn Jahre. Sicherheitssystem beinhaltet, sondern ten zu verbessern? Wie kann Isolation ver- auch Licht und Temperatur automatisch hindert werden? Neben den objektiven regelt. „Mit flexibel unterstützender Tech- medizinischen Messwerten können auch nologie“, so Lindenberger, „werden Geräte die subjektiven Einschätzungen des Nut- und Umwelten bezeichnet, die die Verhal- zers erfasst werden. ten und notfalls einen Arzt zu Hilfe holen. medizinischen Netzwerk gearbeitet. Das erlernen und aktiv unterstützen.“ Techno-Schwestern Wie Ambient Intelligence und Telemonitoring auch die Pflege verändern tensweisen, Handlungen und Gewohnheiten ihrer Nutzer und Bewohner erkennen, Jahren an einem flächendeckenden tele- Der Nutzer kann außerdem in könnten, zeigt das vom Institut für Sachen Gesundheit von den Geräten unter- „Community Medicine“ der Universität stützt werden: Ähnlich einem Terminplaner Greifswald In der Vision von „Ambient Intelli- können digitale Patientenbegleiter Gesund- AGnES (Arztentlastende, Gemeindenahe, entwickelte Modellprojekt Denn der Umgang mit technischer gence“ vernetzen sich die Dinge, bilden heitspläne verwalten, zu ihrer Einhaltung E-Healthgestützte, Systemische Interventi- Unterstützung muss gelernt werden. Es eine „intelligente Umgebung“ und stellen motivieren oder Alternativen vorschlagen. on). Auf der Insel Rügen sind seit August besteht die Gefahr, dass die dauerhafte sich auf den Benutzer ein. Digitale Patien- 72 Drei Farben Grau 2005 „Telegesundheitsschwestern“ im Hausnotruf Themen 2007 Technik als Chance... 73 Einsatz, seit Juli 2006 auch im brandenburgischen Lübbenau. Ein mobiles Informationssystem entstehen können. Wie kein anderes Land aus dem Bett gefallen ist oder schlafwan- verwaltet die Daten, bereitet sie auf und setzen die Japaner auf moderne Technolo- delt. Die Toilettensitze sind mit Elektroden macht sie über Internet zugänglich. Multi- gien in der Pflege und Betreuung von alten ausgestattet. Ein schwacher Stromfluss Menschen. ermittelt den Fettanteil des Klosettbenut- In den ländlichen Regionen Meck- mediale Daten wie Bild und Video werden lenburg-Vorpommerns und Brandenburgs in Echtzeit verarbeitet. Die Datenverwal- ist der demografische Wandel bereits tung dient ebenfalls dazu, die Arbeiten der Japan hat mehr mit der demografi- deutlich spürbar. Die Menschen werden Schwester zu koordinieren, zu optimieren schen Entwicklung zu kämpfen als euro- älter, die Jungen wandern ab. Bis 2010 und auch abrechenbar zu machen. Dafür päische Länder. Japan ist die älteste werden etwa ein Drittel der derzeit tätigen kommt ein GPS-gestütztes System zum Gesellschaft der Welt. Hier leben die Men- Hausärzte in den Altersruhestand gehen. Einsatz. schen am längsten, die Geburtenrate ist zers. Schmale Sensorbänder in der Windel mit 1,27 Kindern besonders niedrig. Vor Die Wiederbesetzung von Arztpraxen ist reagieren auf Nässe und ermitteln die Urinfrequenz. Roboter gegen Einsamkeit schwierig. Dadurch könnte es in Zukunft Aus dem AGnES-Modell heraus allem aber ist die von Shintoismus und zu Engpässen in der hausärztlichen Ver- wurde inzwischen ein Lehrplan für die Buddhismus geprägte kollektivistische Roboter kommen in der Altenpfle- sorgung kommen. „Gemeindeschwester der Zukunft“ aufge- Kultur von einer „Welle zur Singularisierung ge Japans ebenfalls zum Einsatz. Mit stellt. Seit Oktober 2006 absolvieren 16 des Lebens im Alter“ erfasst worden, wie einem jährlichen Umsatz von 4,5 Milliarden Im AGnES-Projekt wird der Haus- Krankenschwestern und Pflegekräfte an eine 2002 im Auftrag des Bundesfamilien- US-Dollar boomt der japanische Robotik- arzt von einer speziell ausgebildeten Tele- der Hochschule Neubrandenburg einen ministeriums erstellte Expertise „Wirt- markt, besonders im Bereich von Haus- gesundheitsschwester unterstützt, die mit- berufsbegleitenden EU-Weiterbildungsstu- schaftskraft Alter in Japan“ feststellt. haltsrobotern. 2006 hat das japanische tels WiMax/WLAN-Technologie mit dem diengang mit dem Ziel einer Qualifikation Hausarzt in Verbindung steht. Die Telege- zum „Community Medicine Nursing“. Die Wie in Japan Problemen des Robotik erstmals einen Wettbewerb aus- sundheitsschwester nach Pilotausbildung läuft bis zum Juni 2007 Alterns begegnet wird, zeigt das Alters- geschrieben, der in Zukunft jährlich statt- Anweisung des Arztes Hausbesuche. und umfasst insgesamt 265 Theoriestun- heim Sincere Kourien in der Nähe Osakas. finden soll. Dabei stehen vorbeugende, beratende den, gefolgt von einem 12-wöchigen Prak- Der japanische Elektronikkonzern Matsus- und Therapie überwachende Tätigkeiten tikum in einer Hausarztpraxis. hita, bekannt durch Marken wie JVC und Unter den Preisträgern 2006 war Panasonic, erprobt hier Apparate und auch „My Spoon“ von der Firma Secom. Automaten für das Altersheim der Zukunft. Der mit Joystick steuerbare Roboterlöffel Ein lückenloses System aus Infrarot-Sen- soll Alten beim Essen helfen. Mit einem dern und Bewegungsmeldern verrät dem Löffel werden von einem Teller entspre- Pflegepersonal, wer sich gerade wo auf- chende Happen einer Mahlzeit bis zu einer übernimmt im Vordergrund. Eine wichtige Aufgabe der Telegesundheitsschwester ist das unterstützende Lebensabend auf Japanisch Monitoring des Gesundheitszustands von Wirtschaftsministerium zur Förderung der Patienten in der häuslichen Umgebung. Wie bei jeder neuen Entwicklung hält. Blinkende Lichter weisen den Alten- bestimmten Position transportiert. Man Dafür werden Telecare-Geräte eingesetzt, müssen sowohl die Chancen als auch die pflegern im Notfall den Weg ins Zimmer. muss nur noch mit dem Mund das Essen zum Beispiel Herzrhythmuskarten, Blut- Risiken der Technologien für die Zukunft Über jeden Heimbewohner wird ein elek- vom Löffel nehmen. druck- und Blutzuckermessgeräte und des Alterns in Betracht gezogen werden. tronisches Dossier geführt. elektronische Waagen. Ein Blick nach Japan zeigt, dass durch den Einsatz flexibel unterstützender Technologien 74 Drei Farben Grau auch neue Abhängigkeiten Die neueste Entwicklung japaniden scher Pflegeroboter heißt „HAL“. HAL Bettpfosten erkennen, ob der Bewohner steht nicht für den Übercomputer aus Gewichtssensoren Hausnotruf Themen 2007 unter Technik als Chance... 75 Stanley Kubricks „2001“, sondern für aber übersät mit Drucksensoren. Er kann Hybrid Assistive Limb. Der Anzug mit den so auf Umarmung mit Bewegungen von hybriden, hilfreichen Gliedmaßen verfügt Kopf und Körper reagieren, kann auch über Sensoren, die direkt auf Signale des erkennen, woher eine Stimme kommt und Gehirns reagieren sollen. Der Roboter- einige Worte verstehen. [Info-Box] Aktuelle Bücher zum Thema Wolfgang Friesdorf & Achim Heine: Seniorengerechte Technik. Alltagsanfor- Anzug soll älteren Menschen helfen, zu gehen und Gewichte bis zu zwanzig Kilogramm zu heben. Zudem ist Paro mit einem Kontroll- derungen an die Gestaltung technischer Produkte. Springer Verlag, Dezember zentrum verbunden. So kann man schlie- 2006; 224 Seiten, 79,90 EUR. Das Buch stellt die Forschungsergebnisse des von ßen, wie es den Alten geht. Ob sie bei- der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts „sentha – „Paro“ von der Firma AIST hat es spielsweise fit genug sind, sich mit Seniorengerechte Technik im häuslichen Haushalt“ vor, und bietet gleichzeitig auf nicht nur in die Schlagzeilen deutscher Zei- „Shiro-chan“ zu unterhalten. „Weißchen“ einer zweiten Ebene den Einstieg in das Thema über den in einer Alten-WG spie- tungen, sondern sogar ins National Muse- ist der Kosename von Paro. Über einen lenden Roman der Bestsellerautorin Doris Mayer. um of Emerging Science and Innovation in integrierten Anrufbeantworter können Ver- Tokio geschafft – Abteilung „Zukunft“. wandte ihre Botschaften von Paro ausrich- „Herzerwärmende Kommunikation mit ten lassen. Weiterführende Links einem Roboter“ steht auf der Tafel vor dem Schaukasten. Gesellschaft für Gerontotechnik Centrum für angewandte Telemedizin der Plüschroboter inklusive eines War- www.gerontotechnik.de Mecklenburg-Vorpommern tungsvertrags und einer Dreijahresgarantie. www.virtuellemesse.com www.catmv.de Fell. Und er hat den wissenschaftlichen Senior Research Group Institut für Community Medicine der Streicheltest bestanden. 100.000 Mal www.srg-berlin.de Universität Greifswald Umgerechnet 2.836 Euro kostet Er kommt serienmäßig mit antibakteriellem www.medizin.uni-greifswald.de/icm wurden die Sensoren stimuliert, um ihre Zuverlässigkeit und Haltbarkeit zu prüfen. sentha Paro, so der Hersteller, kann als hygieni- www.sentha.org IT Science Center Rügen www.it-science-center.de scher Ersatz für Haustiere verwendet werden. Und ist auch ein „guter Ersatz für Ambient Intelligence Enkelkinder“. www.belami-project.org Plüschroboter „Paro“ von AIST http://paro.jp/english/index.html homecare.diabetes System 8 www.blande.de/cms Paro steht für „Personal Robot“ und gehört zur Gattung der „Mental Com- Zentrum für Telematik im Gesundheits- mitment Robots“. Der 57 Zentimeter wesen lange, 2,7 Kilogramm schwere Roboter www.ztg-nrw.de [Info-Box] sieht aus wie eine weiße Plüschrobbe, ist 76 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Technik als Chance... 77 Hausnotruf 2.0 Die rapide Entwicklung der Kommunikationstechnologien hat in den vergangenen 15 Jahren unser Verhältnis zur Technik radikal verändert: Technik ist sozial geworden. Das Erkennen der sozialen Dimension von Technik wiederum hat die Technologien nicht minder radikal verändert: Technik ist interaktiv geworden. Im Web 2.0 gibt es keine VorschrifIm World Wide Web heißt das seit ten. Kontrollen sind interaktiv. Ob nun bei 2004 „Web 2.0“ und geht einher mit einer Ebay der Preis oder bei Wikipedia der Flut von Begriffen wie „Weblog“, „Pod- Wahrheitsgehalt geregelt wird. Diese For- cast“, „Social Networking“, „Serendipity“ men kollektiver Intelligenz funktionieren oder „Folksonomy“. Der gemeinsame jedoch nur, wenn niemand ausgeschlos- Nenner dieser Begriffe ist der Schlachtruf sen wird, egal wo er sich gerade aufhält. des Web 2.0: „Wir sind das Netz.“ „Simplicity“ und „Usability“, Vereinfachung und Benutzerfreundlichkeit, ist der Trend im Web 2.0. Je einfacher, desto besser. Vorbild Web 2.0 Das Web 2.0 steht für eine „benutDas World Wide Web ist nicht län- zerfreundliche Welt, die sich den Lebens- ger der Ort, an dem Unternehmen auf und Arbeitsbedürfnissen anpasst und Homepages ihre Angebote veröffentlichen. unterordnet“, schreiben Holm Friebe und Damals, im „Web 1.0“, hieß das Zauber- Sascha Lobo in ihrem Buch „Wir nennen wort „E-Commerce“. Im Web 2.0 kann es Arbeit“. Sie schildern, wie neueste Ent- dagegen jeder bei allem mitmischen, alles wicklungen im Internet in alle Bereiche der kommentieren und sogar als Kunde noch Gesellschaft diffundieren. Auch wenn sie mitverdienen. auf den ersten Blick dafür nicht geeignet Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel mischt seit August 2006 mit scheinen. einem wöchentlich Video-Podcast im Web 2.0 mit. Die Auswirkungen dessen, was im Netz passiert, spüren wir inzwischen alle. 78 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 79 Vom Aussterben nicht bedroht Unsere Erwartungen an Technologien ver- Gegenwärtig macht „das Netz ändern sich. Technischer Schnickschnack selbst einen großen Schritt auf alte Men- war gestern. Heute wollen wir intelligente schen zu“, schreiben Holm und Friebe. Technologien, die möglichst wenig nach Das Web 2.0 hat inzwischen auch die Bei der Geschwindigkeit der tech- Technik aussehen, sich selbst erklären und Altenverbände erreicht. Auf der diesjähri- nischen Entwicklung ist es bemerkens- keine gen Abschlusstagung der Bundesar- wert, dass das Deutsche Rote Kreuz im beitsgemeinschaft der Seniorenorganisa- September 2006 das 25-jährige Jubiläum tionen dicken Gebrauchsanweisungen brauchen. Benutzerfreundliche Zukunft Bevölkerung älter als 40 Jahre durch. 55 Prozent der Befragten, die den Hausnotruf kannten, nannten spontan das Deutsche „Online-Jahr seines Hausnotrufdienstes feiern konnte. 50plus“ stand das Thema oben auf der Walkman und Videokassette sind genau Tagesordnung. so alt wie das Hausnotrufsystem, aber (BAGSO) zum Rote Kreuz als Anbieter. bereits ausgestorben oder im Aussterben Es gibt einen großen Nachholbe- begriffen. Das Hausnotrufsystem konnte Zum Beispiel „Universaldesign“. darf. Viele Websites von Wohlfahrtsver- sich hingegen bis heute in der Evolution Universaldesign ist Usability auf die Offli- bänden und sozialen Dienstleistern sind der Technologien nicht nur behaupten – ne-Welt angewandt. Inzwischen wissen heute noch nicht einmal barrierefrei. Auch die Teilnehmerzahlen steigen weiterhin wir, dass, was für alte Menschen gut ist, für den Hausnotruf, das Urmodell der kontinuierlich. für den Rest nicht verkehrt sein kann. Als Gerontotechnologie, stellt sich die Frage, der japanische Mobilfunkanbieter NTT ob man von den Prinzipien des Web 2.0 1987 gab es bundesweit 7.000 Bilanz ziehen. Zwar hielten alle geladenen DoCoMo vor fünf Jahren mit dem „Raku- für eine benutzerfreundliche Zukunft nicht Hausnotrufteilnehmer. Die Zahl stieg über Experten – von Andreas Kruse über Ursu- Raku“, auf Deutsch „einfach-einfach“, ein lernen kann. 16.000 im Jahr 1990 auf 190.000 im Jahr la Lehr bis Rita Süssmuth – den Hausnot- 2000. Bis September 2006 verdoppelte ruf für zukunftsfähig, doch war man sich Seniorenhandy mit größeren Tasten und einfachen Symbolen anbot, wurde es schnell zum Kassenschlager – bei Jugendlichen. Beim Jubiläumskongress „Perspektiven im Alter“ in Berlin konnte das Deutsche Rote Kreuz also eine positive Benutzerfreundliche Zukunft heißt sich die Zahl auf 380.000. Das Deutsche bei der abschließenden Podiumsdiskussi- für den Hausnotruf, dass er sich Bedürf- Rote Kreuz, größter Hausnotrufanbieter, on einig: Der Hausnotruf der Zukunft wird nissen, Situationen und Entwicklungen steigerte die Zahl seiner Hausnotrufkunden anders aussehen. Vielleicht wird der flexibel anpasst („Partizipation“), dass er von 72.000 im Jahr 2000 auf 105.000 im „Hausnotruf 2.0“ nicht wieder zu erkennen September 2006. sein. Peter Neumann, Vorsitzender des generationenübergreifend, einfach und Europäischen Instituts „Design für Alle“, anpassungsfähig gestaltet ist („Universal stellt im online verfügbaren „Handbuch Design“ und „Usability“), Daten sich Wenn es um den Hausnotruf geht, Europäisches Konzept für Zugänglichkeit“ beliebig austauschen lassen („offene fällt den meisten Menschen spontan das dazu fest, „dass eine barrierefrei zugängli- Standards“), Funktionen integriert und Deutsche Rote Kreuz ein. Das zeigt eine che Umwelt für etwa 10 Prozent der gebündelt („Konvergenz“) sowie individu- aktuelle, vom Deutschen Roten Kreuz in Zur weiteren Entwicklung des Bevölkerung zwingend erforderlich ist, für ell kombiniert werden können („Remixa- Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Hausnotrufs liefert die Forsa-Umfrage eini- 30 bis 40 Prozent notwendig und für 100 bility“). Hausnotruf und Herstellerfirmen in Auftrag ge Hinweise. In Sachen Bekanntheit gibt Prozent komfortabel ist, und ein Qualitäts- gegebene Studie. Im April 2007 führte das es weiterhin Informationsbedarf. Und mit merkmal darstellt.“ Meinungsfoschungsinstitut Forsa eine zunehmender Bekanntheit wird die Zahl repräsentative der Hausnotrufanschlüsse weiter steigen. 80 Drei Farben Grau Telefonbefragung Hausnotruf Themen 2007 der Neue Hausnotruf-Studie Hausnotruf 2.0 81 Vor allem deswegen, weil der Hausnotruf 60- bis 69-Jährigen, zwei Prozent bei den ruf auch in Altersgruppen unter 60 Jahren bei nur 49 Prozent. Gleiches gilt für die eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölke- über 70-Jährigen. abzuleiten. Höhe des Betrags, den man zu bezahlen rung genießt. bereit ist. Im Durchschnitt würden 40 ProUnerwartet ist auch das Ergebnis, 88 Prozent der Befragten würden zent der zahlungsbereiten Befragten bis zu 62 Prozent der Befragten hatten dass der Anteil der Hausnotrufteilnehmer den Hausnotruf weiterempfehlen, nur sie- zehn Euro im Monat für den Hausnotruf den Begriff „Hausnotruf“ schon einmal in Ostdeutschland – trotz geringerer ben Prozent lehnen ihn ab. Das zeigt die bezahlen, 29 Prozent bis zu 20 Euro. Bei gehört: Der Hausnotruf ist bekannter in Bekanntheit des Hausnotrufs – mit drei hohe Akzeptanz des Hausnotrufs in der einem Monatseinkommen bis zu 1.500 Westdeutschland (66 Prozent) als in Ost- Prozent über dem in Westdeutschland Bevölkerung. Befragte im „typischen Euro sind es hingegen 53 Prozent bzw. 23 deutschland (48 Prozent), bei Frauen (67 (zwei Prozent) liegt. Hausnotrufalter“ von 70 Jahren und älter Prozent. sind aber – wiederum unerwartet – sehr Prozent) bekannter als bei Männern (57 Prozent). Überdurchschnittlich viele 60- Nach Zahlen des Deutschen Roten viel weniger bereit, den Hausnotruf weiter- Zu einer Bremse für den Hausnot- bis 69-Jährigen (70%) und Großstädter Kreuzes sind über 70 Prozent der Haus- zuempfehlen, mit 78 Prozent gegenüber ruf könnte deshalb die Rentenentwicklung (70%) kannten den Begriff. In der Alters- notrufteilnehmer älter als 80 Jahre, fast 20 91 Prozent in allen anderen Altersgruppen. in Deutschland werden. Seit 2001 sinkt gruppe 60 bis 69 Jahre hat die Bekannt- Prozent älter als 90 Jahre. In der Forsa- Allerdings fragte Forsa nach der Bereit- der durchschnittliche Zahlbetrag der Neu- heit gegenüber einer Befragung vom Umfrage wurde das „typische Alter“ von schaft zur Weiterempfehlung an „ältere renten aus der gesetzlichen Rentenkasse, Dezember 2003 um zehn Prozentpunkte Hausnotrufteilnehmern im Mittel auf 69,8 Familienangehörige“. wie eine aktuelle Studie des Internationa- zugelegt. Jahre „unterschätzt“. 30 Prozent meinten, len Instituts für Empirische Sozialökonomie (INIFES) zeigt. „typischerweise“ würde der Hausnotruf im 75 Prozent kennen niemanden, der Alter von 70 bis 74 Jahren genutzt. Die Rentenbremse den Hausnotruf benutzt. Aber zwei Pro- INIFES hat in seiner Erhebung der zent der Befragten sind selber Hausnotruf- Man kann zwar davon ausgehen, Wenn es um Geld geht, sind dem Renten und des Rentenzugangsalters für teilnehmer. Das übertrifft leicht den zu dass ältere Haunotrufteilnehmer über 80 Wachstumskurs des Hausnotrufs aller- alle Landkreise und Städte „extreme regio- erwartenden Wert: Auf der Basis von Jahre in einer Telefonumfrage unterreprä- dings deutliche Grenzen gesetzt. Auch das nale Unterschiede“ festgestellt. Die durch- 380.000 Anschlüssen nehmen in Deutsch- sentiert sind. Damit ist aber noch nicht der zeigt die aktuelle Forsa-Studie. Für einen schnittlichen Zahlbeträge der Neurenten land gegenwärtig 2,47 Prozent der 15,4 unerwartet hohe Anteil der Hausnotrufteil- selbstgenutzten Hausnotrufanschluss sind variierten 2004 nach Landkreis zwischen Millionen über 65-Jährigen am Hausnotruf nehmer in den jüngeren Altersgruppen im Durchschnitt 58 Prozent bereit, einen teil. Im Jahr 2000 waren es 1,39 Prozent erklärt. bestimmten Betrag zu zahlen. Auffällig: Bei den über 70-Jährigen sind es nur 42 Pro- gewesen. Entweder ist die vom Bundesver- zent. Das lässt sich jedoch mit der Einkommenssituation erklären. Allerdings geben in der Forsa- band Hausnotruf genannte Gesamtzahl Umfrage ein Prozent der 40- bis 49-Jähri- der Hausnotrufanschlüsse zu niedrig. gen und zwei Prozent der 50- bis 59-Jäh- Oder die Frage wurde in der Weise miss- Die Bereitschaft zu bezahlen steht rigen an, selber den Hausnotruf zu nutzen. verstanden, dass eigene Angehörige den in direktem Zusammenhang mit dem Das ist ein unerwartetes Ergebnis, zumal Hausnotruf nutzen. Man würde die Ergeb- monatlichen diese Anteile denen in den älteren Alters- nisse aber sicherlich überinterpretieren, Monatseinkommen bis zu 1.500 Euro liegt gruppen entsprechen: ein Prozent bei den daraus bereits einen Trend zum Hausnot- die Zahlungsbereitschaft im Durchschnitt 82 Drei Farben Grau Einkommen. Hausnotruf Themen 2007 Bei einem Hausnotruf 2.0 83 560 und 830 Euro. Hausnotrufangebote orientieren sich bislang nicht an diesen Träumen von der Generation Gold bestimmten Bedingungen mit 17,90 Euro monatlich. Und selbst das ist weitgehend unbekannt: Lediglich 23 Prozent der regionalen Unterschieden. Altersarmut ist in Deutschland zwar Befragten der Forsa-Studie sind über die noch relativ selten – nach der EU-Armuts- Leistungen der Pflegekasse zum Hausnot- grenze liegt die Altersarmut bei 11,2 Pro- ruf informiert. zent (EU-Durchschnitt 18,6 Prozent) –, aber die Kaufkraft der älteren Bevölkerung Wie sich die Einkommenssituation nimmt deutlich ab. Zurzeit übernimmt die für die kommenden Rentnerjahrgänge – Gruppe der über 60-Jährigen mit 315 Mil- insbesondere die so genannte „Sandwich- liarden Euro ein Drittel der privaten Kon- Generation“ der heute 35 bis 45-Jährigen sumausgaben in Deutschland. – entwickeln wird, ist nicht prognostizierbar. Die wenigsten von ihnen werden auf Die optimistischen Thesen vom eine lückenlose „Normalarbeitsbiografie“ zen: vom „Netzwerk der Generationen“ in „Silbernen Markt“ und der „Generation zurückblicken können. Und für viele wird Amtszell und den Bürgerverein „Älter wer- Gold“ stützen sich vor allem auf das Argu- der Hausnotruf, so wie er heute angeboten den“ in Eching über die „Planungswerk- ment der hohen liquidierbaren Vermögen wird, nicht bezahlbar sein. statt Zukunft ländlicher Nahversorgung“ in von inzwischen gut zwei Billionen Euro. Osnabrück bis zum Nachbarschaftsprojekt Allerdings ist dieses Vermögen in Deutsch- „Wahlverwandtschaften“ in Cuxhaven und land extrem ungleich verteilt: Während 20 Baustellen für Netzwerke Prozent der Bevölkerung gut zwei Drittel das „Unterstützungsnetzwerk in selbstgewählter Nachbarschaft“ in Schwerte. des gesamten privaten Nettovermögens Probleme von morgen erzeugen auf sich vereinen, bleiben für 60 Prozent nicht selten deshalb Hysterie, weil die Diese Entwicklung zeigt Parallelen der Haushalte gerade mal zehn Prozent. alten Lösungen nicht passen. Oft sind die zum Web 2.0: Netzwerke und soziales alten Lösungen aber Teil des Problems. Kapital werden immer wichtiger. Einige Gründe für die sinkenden Renten Optimistisch ist auch der Hinweis Man darf bei gesellschaftlichen Entwick- dieser Projekte setzen bereits auf Haus- sind die Anhebung der vorgezogenen auf den Nachholbedarf im Vergleich mit lungen nicht ihre Dynamik unterschätzen. notruflösungen, insbesondere im Bereich Altersgrenzen für einen abschlagsfreien anderen Ländern Europas, in denen die Neue Probleme gehen immer auch einher des Wohnens – zum Beispiel das nord- Rentenbezug, eine modifizierte Rentenan- Anschlussquote an den Hausnotruf sehr mit neuen Lösungen. rhein-westfälische Förderprojekt „Smarter- passung und radikale Einschnitte bei der viel höher liegt. In Großbritannien sind es Berücksichtigung beitragsfreier Zeiten – beispielsweise zwölf Prozent der über 65- Die demografischen Veränderun- was sich auf eine Reduzierung der Leis- Jährigen. Allerdings werden dort die Kos- gen werfen nicht nur ihre Schatten voraus, jekt tungen um 30 Prozent seit der Rentenre- ten für den Hausnotruf übernommen. sondern haben auch eine kaum noch Anschluss- und Beteiligungsmöglichkeiten form 1992 addiert. 84 Drei Farben Grau Wohnen“, das Bielefelder Modell der BGW-Wohnquartiere oder das Modellpro„SOPHIA“ in Nordbayern. Die überschaubare Zahl an Modellprojekten, von Hausnotrufdiensten in solchen regio- In Deutschland bezuschussen die Netzwerken und Initiativen ins Leben geru- nalen und lokalen Netzwerken sind aber Pflegekassen den Hausnotruf nur unter fen – mit unterschiedlichen Lösungsansät- sehr viel größer. Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 85 Die Chancen des Hausnotrufs lie- Die Nachfrage nach neuen Wohn- die rund vier Millionen kardialen Risikopa- zudem einen höheren Individualisierungs- gen in seinen Wurzeln. Entstanden aus formen im Alter steigt. In vielen Modellpro- tienten in Deutschland, rücken damit in grad. Zahlreiche Studien untersuchten um dem sozialen Modell der Telefonkette, ist jekten und in der Entwicklung „intelligenter den Fokus des Hausnotrufs. Mit Konzep- das Jahr 2000 nun die Bedürfnisse der sein Prinzip das der sozialen Sicherheit Häuser“ – englisch „smart houses“ – spie- ten des Telehomecare begegnet man Hausnotrufteilnehmer. durch Vernetzung – genau das Prinzip, mit len Hausnotruflösungen bereits heute eine zunehmenden Engpässen in der Gesund- dem zahlreiche Kommunen auf die wichtige Rolle. Der Fachbereich Sozialwe- heitsversorgung ländlicher Regionen, ins- Die Ergebnisse waren allerdings Herausforderungen des demografischen sen der Universität Kassel veröffentlichte besondere in Ostdeutschland. Dort wird ernüchternd. Der Verein „Selbständig Wandels reagieren. Hier liegen Entwick- im April 2007 eine Studie über Wohnen im fast die Hälfte der Allgemeinmediziner in Wohnen Heidelberg“ befragte 2002 Teil- lungspotenziale für den Hausnotruf als Alter, nach der Pflegeheime und altersge- den nächsten zehn Jahren in Rente gehen. nehmer des DRK-Hausnotrufs Heidelberg. soziale Innovation, und nicht nur als „Pfle- rechte Privatwohnungen kaum noch Bereits heute ist die hausärztliche Versor- Das Fazit: „Wenige Teilnehmer nutzen die gehilfsmittel“, als das ihn das Pflegeversi- attraktiv erscheinen. Hoch im Kurs stehen gung in elf Landkreisen nicht mehr ausrei- Technik regelmäßig und wenn, dann meist cherungsgesetz einordnet. bei den über 40-Jährigen dagegen betreu- chend. nur zur Hintergrundsicherung.“ Von einem „Serviceruf“ hielten über zwei Drittel der tes Wohnen (33 Prozent) und alternative Wohnformen (38 Prozent), wie Alten-WG Soziale Innovation Hausnotruf oder Generationenhaus. In der ambulanten Pflege werden Befragten nichts. Sie betrachteten den vermehrt mobile Endgeräte eingesetzt, Hausnotruf als rein medizinisches Notfall- auch um Geschäftsprozesse zu optimie- gerät. Häufig hatte das Hausnotrufsystem „Familie wird zukünftig für die Pflege ren. Dabei kommen auch Hausnotrufsys- als solches bereits eine beruhigende Wir- Es ist absehbar, dass der gesell- wichtiger werden, muss aber dabei unter- teme zum Einsatz. Ein Beispiel ist das im kung. Das Gerät lag vergessen in der schaftliche Bedarf für Hausnotruflösungen stützt werden“, so Gabriele Doblhammer, Rahmen des Landesprogramms der Frei- Schublade. Das Tragen des „Funkfingers“ als soziale Innovation steigen wird: Direktorin des Rostocker Zentrums zur en Hansestadt Bremen „bremen in t.i.m.e“ wurde hingegen als lästig empfunden. Erforschung des Demografischen Wandels. unter Beteiligung der Deutschen Telekom Der Anteil älterer Menschen wird Hausnotruflösungen können die Pflege realisierte Modellprojekt „Mobile Pflege zunehmen. Immer mehr ältere Menschen Angehöriger unterstützen. Ergebnisse des und Hausnotruf“. werden ein „drittes Alter“ ohne größere EU-Projekts FELICIE – Future Elderly LIving und technologische Entwicklung haben körperliche Einschränkungen erleben. Conditions In Europe – weisen darauf hin, heute ein Tempo erreicht, dass man immer Die Menschen werden anders und dass bis zum Jahr 2030 die Zahl der pflege- bewusster mit dem Altern umgehen und bedürftigen Menschen in Deutschland ihre Technikerfahrungen einsetzen, Defi- zunehmen wird, die über eine Familienan- zite und Fähigkeiten auszubalancieren. bindung verfügen. Die Zahl pflegebedürfti- Mitte der 1990-er Jahre gab es ein Menschenlebens nicht groß änderte, sind Hausnotruflösungen können dabei All- ger Frauen, die sowohl einen Partner als Umdenken beim Hausnotruf. Weg von Kompatibilitätsprobleme heute der Dauer- tagskompetenzen stärken, indem sie von auch Kinder haben, steigt von 13 Prozent einem bloßen Hilfsmittel der Notfallrettung zustand. „Lebenslanges Lernen“ heißt die zunehmenden Unsicherheiten im Alter im Jahr 2000 auf 28 Prozent im Jahr 2030. zu einem technologisch unterstützenden Antwort darauf. ersten Sturz – vorbeugen. 86 Drei Farben Grau mit einem Bein in der Zukunft, mit dem anderen in der Vergangenheit steht. Während sich früher die Welt während eines „Serviceruf“. Die Empfehlung des Saarbrü- entlasten und erlernter Hilflosigkeit – etwa durch Übervorsicht nach einem Mit einem Bein in der Zukunft Die Realität blieb hinter der Idee des Servicerufs zurück. Gesellschaftliche an- cker Instituts für Sozialforschung, Praxis- In der Heidelberger Befragung lag schlussfähig an Telemonitoring und Tele- beratung und Organisationsentwicklung das Durchschnittsalter bei über 80 Jahren. homecare. Neue Patientengruppen, wie (ISPO) zur Staffelung des Angebots schuf Das hohe Alter an sich ist aber nicht das Hausnotruflösungen sind Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 87 Problem. Es ist das hohe Alter beim Erstan- In diesem Jahr hat die Anzahl der österreichische Firma Emporia und das schluss an das Hausnotrufsystem. Als die Mobilanschlüsse in Deutschland die Ein- Unternehmen ITT aus Monaco gleich vier 1920-er Jahrgänge in Rente gingen, gab wohnerzahl erstmals überrundet. Immer neue Senioren-Handys. es weder Internet noch Handy. Die Alten mehr ältere Menschen nutzen Handys. heute sind, verglichen mit kommenden Das britische Marktforschungsunterneh- Das „Big Easy 2“ der fitage GmbH Rentnerjahrgängen, wenig technologieer- men Visiongain schätzte in seiner Studie ist das Nachfolgemodell des Senioren- fahren. Sie verstehen sich vor allem als „Wireless for Seniors 2004“ das Marktvo- Handys „Katharina das Große” und zeich- „Nutzer“ von Technik. lumen der Handy-Umsätze bei den über net sich durch eine verbesserte Ergonomie 60-Jährigen auf 4,7 Milliarden Euro allein in im Universal Design aus. Für das Jahr Europa, Doch geht es nicht allein um die prognostizierten 2008 kündigte das Unternehmen unter Bedienung des Hausnotrufgeräts, sondern Zuwachs auf 17,7 Milliarden Euro bis mit einem dem Namen „Friedrich der Große“ bereits um die Einbeziehung in den Alltag. Verhal- 2008. Nischenproduktion tenswissenschaftliche Studien zeigen, ein „Handy ganz neuen Typs“ mit Notfallortung und neuen Alltagsfunktionen an. dass der Umgang mit Technologien früh- Ende 2005 gab es 14 klassische, Diese (nicht repräsentativen) Unter- zeitig erlernt werden sollte. Alltag und aber bereits 36 mobile Endgeräte für den suchungen haben eine geringe Halbwerts- Emporia aus Österreich präsentier- Technologie müssen sich einander anpas- Hausnotruf. Zu den Erwartungen an alters- zeit – die Entwicklung ist sehr schnell und te neben dem seit Ende März in Deutsch- sen können und eine Einheit bilden – mög- gerechte Mobillösungen liegen eine Reihe verläuft zum großen Teil im Verborgenen. land auch über den Discounter Plus ver- lichst wegen von Umfragen vor – zum Beispiel von der Man kann aber folgendes Fazit ziehen: triebenen „EmporiaLife“ das 110 Gramm Gebrechlichkeit auf Unterstützung ange- Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren- „Senioren wollen keinen technischen leichte „EmporiaTime“ im Aluminiumge- wiesen sind. organisationen (BAGSO) in Zusammenar- Schnickschnack, dafür aber große Tasten häuse mit Hörgerät-tauglichem Lautspre- beit mit der Transfer Management Acade- und ein übersichtliches Display.“ cher. ITT stellten das „EasyMicro“ mit nur bevor alte Menschen my (tma) aus dem Jahr 2002, vom Mobilmachung vier Tasten und das „EasyUse“ mit handli- österreichischen Marktforschungsinstitut So ein Bericht in den Oberösterrei- chem Bedienfeld vor. Integral im Rahmen des ONE Mobilfunkba- chischen Nachrichten vom 8. März 2007. Hausnotruflösungen der Zukunft rometers aus dem Jahr 2003, von der Ältere Menschen wünschen sich ein Spezielle Seniorenhandys werfen werden sich früher und stärker in die All- Senior Research Group (SRG) an der Handy mit ergonomischem Gehäuse, mit viele Fragen auf. Technische Fragen nach tagsumwelt einfügen, sich flexibler mit Technischen Universität Berlin aus dem großen, beleuchteten Bedienelementen, Standards und Entwicklungspotenzial, anderen Homecare-Anwendungen verbin- Jahr 2004. großem Display und Verriegelungsschutz. aber auch Fragen nach der Benutzer- Kamerafunktion, Taschenrechner, Organi- freundlichkeit. Ältere Menschen, das zei- zer und Spiele stehen hingegen auf der gen Umfragen, wollen nicht als „Senioren“ Wunschliste ganz hinten. angesprochen werden. Sie fragen nicht den und in unterschiedliche Geräte integriert sein. Die Beratung wird um internetbasierte Im vergangenen Jahr ließ das Kommunikationsplattformen Deutsche Rote Kreuz vom Hamburger erweitert werden, woran es bislang fehlt. Institut Grauwert Seniorenhandys mit Not- Als besonders anpassungsfähig haben ruffunktion in Workshops testen. Die „Seniorenhandys“ sind aber immer sich Mobillösungen erwiesen. Mittlerweile Ergebnisse wurden auf dem DRK-Bundes- noch ein Nischenprodukt, auch wenn das gibt es für Handylösungen auch eindeutige kongress vorgestellt. Angebot wächst. Auf der diesjährigen Alter ist eine willkürliche Zuschrei- Cebit präsentierten die fitage GmbH, die bung, Altern hingegen ein kontinuierlicher, Marktsignale. 88 Drei Farben Grau nach „Seniorenprodukten“, sondern nach Hausnotruf Themen 2007 generationenübergreifenden Lösungen. Hausnotruf 2.0 89 individuell unterschiedlich verlaufender Seit 1996 sind alle Mobiltelefonher- Handy-Notrufsystem („Apparatus and sys- Prozess, wie das ONE Mobilfunkbarome- steller in den USA durch Gesetz („Tele- tem for emergency recording and notifica- ter von 2003 illustriert: Danach wünschten communication Act“) verpflichtet, die Ver- tion and associated method“). Das Patent sich nicht nur 65 Prozent der über 50-Jäh- wendbarkeit Zugänglichkeit beschreibt die Funktionsweise so: Aktiviert rigen größere Handy-Tasten, sondern („Accessibility“) ihrer Geräte für alle Bevöl- man den Notruf-Button, nimmt das Handy auch 45 Prozent der 30- bis 49-Jährigen kerungsgruppen sicherzustellen und Bar- in festgelegten Intervallen Bilder und Töne und 29 Prozent der bis 29-Jährigen. rieren bei der Benutzung zu beseitigen. Im aus seiner Umgebung auf, sendet diese an Gesetz sind bestimmte Quoten festgelegt, eine vorher festgelegte Zieladresse und die von allen Anbietern erreicht werden baut automatisch eine Sprechverbindung müssen. Nokia hat daraufhin das „Internal auf. Verfügt das Gerät über einen GPS- dienst alarmiert. Die an die Servicezentrale Accessibility Solutions Steering Commit- Empfänger, werden zusätzlich noch die übermittelten Daten enthalten neben der tee“ zur Entwicklung barrierefreier Produk- Ortsdaten übermittelt. Der Notruf kann als Position des Fahrzeugs auch die Fahrge- te eingerichtet. stiller Alarm oder als offener Alarm aktiviert stellnummer, Kennzeichen, Fahrzeugtyp werden. Der offene Alarm hilft nicht nur bei und Fahrzeugfarbe. Die Notruffunktion der Ortung, sondern kann bei einem Über- eCall kann auch manuell benutzt werden. Der Markt ist reif Der Markt ist mehr in Bewegung als es spezielle Seniorenhandys vermuten und lassen. Zum Beispiel Nokia. Nokia ist nicht nur der weltweit größte Hersteller von Der „Nokia Communicator“ und Mobiltelefonen. Die finnischen Handybauer das „Nokia Loop Set“, Handys für Schwer- haben auch die ersten Mobiltelefone pro- hörige, waren 2000/2001 die ersten Pro- duziert und sind deswegen gerade bei dukte aus dem Nokia-Labor. Nokia hat für älteren Menschen beliebt. Ältere Men- seine barrierefreien Produkte und Features schen wechseln, im Gegensatz fall auch Angreifer in die Flucht schlagen. Eine Initiative der Europäischen Kommission will ab 2009 ein europaweit ein- Der Ruf der Straße heitliches und vollständig kompatibles Not- zu – von „Voice Control“ über „Text-to- Jugendlichen, nur selten den Hersteller. Speech-Software“ bis hin zu speziellen Notfallfunktionen nutzen nicht nur kostenfreien Notrufnummer 112 installieren. Nokia hat sich darauf eingestellt und ver- Displays und Tastaturen – eigens eine alten Menschen, sondern auch, zum Bei- Alle Pkw und Lkw, die nach dem 1. Septem- zichtet bei einigen neuen Modellen auf „Accessibility Website“ mit interaktiven, spiel, Autofahrern. Im von der EU geförder- ber 2010 neu in den Markt kommen, sollen Zusatzfunktionen. So ist zum Beispiel das individuell einstellbaren Tutorials eingerich- ten Forschungsprojekt „Global System serienmäßig über eCall verfügen. Nokia 2610 bei älteren Menschen beson- tet. Mit gezielten Marketingstrategien ver- Telematics“ (GST) haben BMW und Baye- ders begehrt. sucht Nokia zudem, die Stigmatisierung risches Rotes Kreuz (BRK) ein Auto-Ret- Wirtschaftlich betrachtet wären die der Accessibility-Funktionen als „Hilfsmit- tungssystem entwickelt. Die „eCall Funkti- staatlichen Gesundheitssysteme der ein- tel“ abzubauen. on“ ist seit Januar dieses Jahres für alle zelnen Länder Hauptnutznießer von eCall. BMW-Modelle erhältlich. Eine Forschungsstudie prognostiziert Ein- Es gibt Anzeichen, dass mit dem demografischen Wandel die großen rufsystem unter dem Namen eCall und der Mobiltelefonhersteller auf den Markt für Unter dem Titel „Around the World. ältere Menschen drängen werden. Mit Around the Corner” findet man auf der Bei einem Unfall löst der eCall auto- Jahr, wenn alle Kraftfahrzeuge mit eCall Handys, die andere Funktionen und spe- Accessibility Nokia-Website inzwischen matisch den Notruf aus und sendet die ausgerüstet wären. Außerdem ließen sich zielle „Accessibility Features“ haben. auch die Rubrik „Ageing“. Bereits im Positionsdaten an eine Servicezentrale. staubedingte Verzögerungen um bis zu 20 Nokia entwickelt schon seit Jahren barrie- Dezember 2005 registrierte das US-ameri- Zudem wird eine Sprechverbindung aufge- Prozent reduzieren, was zusätzliche Kos- refreie Handys für Menschen mit Behinde- kanische Patentamt unter der Nummer baut. Meldet sich niemand, dann wird der teneinsparungen zwischen zwei und vier rungen. 20050287980 ein Patent von Nokia für ein zum Unfallort nächstgelegene Rettungs- Milliarden Euro bringt. 90 Drei Farben Grau sparungen von über 20 Milliarden Euro pro Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 91 Die Entwicklung des Hausnotrufs Bildungsforschung, hat eine Vision einer erkennen und erfassen können, wie der satz in der Regel mit dem Alter zunimmt. könnte also einen kräftigen Anschub von solchen intelligenten Hausnotruflösung betreute Mensch isst und trinkt, wie sein Die Technik muss mit den Problemen mit- der Straße erfahren. Die Verbreitung von entworfen: ein Mobiltelefon mit großem Tag-Nacht-Rhythmus aussieht oder wie oft wachsen können. Notruflösungen im Alltag aller Generatio- und gut ausgeleuchtetem Display, mit er das Bad benutzt. nen wird auch die Nachfrage bei älteren GPS, Bewegungssensor, einer Funk- Menschen steigern. schnittstelle und der Fähigkeit zum maschinellen Lernen. Intelligenztraining für den Hausnotruf Es ist nur eines von vielen ProjekIm zum Forschungsschwerpunkt ten, die gegenwärtig intelligente Technolo- „Ambient Intelligence“ gehörenden Projekt gien für das Altern in Zukunft erforschen. „Assisted Living“ der Technischen Univer- Das Besondere: Die Forscher in Kaisers- Zunächst wird das Handy nur zum sität Kaiserslautern realisieren Forscher lautern setzen auf generationenüber- Telefonieren verwendet. Das Gerät erlernt zurzeit ein solches mit Sensortechnik aus- greifendes Wohnen. Nachbarschaftliche die wiederkehrenden Muster im Alltag und gestattetes „Smart House“ gleich an vier Netzwerke, Standorten in Rheinland-Pfalz. Umgebungen und professionelle Unter- „Der Hausnotruf kann technologisch kann allmählich Hinweis- und Erinnerungs- und von der praktischen Anwendung her funktionen übernehmen. Abweichungen inzwischen als etabliert gelten“, so das Zen- von Alltagsmustern kann das Gerät über trum für Telematik im Gesundheitswesen SMS auch an Angehörige senden. (ZTG). „Er wird in nahezu allen Szenarien als intelligent technologische stützung – so könnte die Zukunft des Im Kaiserslauterer Projekt werden Alterns aussehen. verschiedene Anwendungen entwickelt und getestet, vom elektronischen Haustür- Diese Zukunft hat längst begon- sinnvolle Unterstützung angesehen.“ Aller- Nach und nach lassen sich zusätz- schlüssel bis zu einem Display, das ohne nen. Und der Hausnotruf wird mit dabei dings verlangten „Verhaltensmonitoring, liche Funktionen aktivieren, zum Beispiel Maus und Tastatur bedient werden kann. sein. Nur, wie der Hausnotruf von morgen die Sturzprophylaxe und vor allem das ein Navigationsassistent, eine Gedächtnis- Über das Display kann ferngesehen, im aussehen wird, das ist völlig ungewiss. Die Management von Demenzerkrankten eine hilfe vom Typ „MEMOS“ (an der Universität Internet gesurft oder telefoniert werden – Entwicklung ist sehr schnell. „Selbst Spe- ganz neue Form professionalisierter Ruf- Leipzig für hirngeschädigte Patienten und sogar, ohne sich Nummern merken zu zialisten wie wir“, so Professor Lothar Litz bereitschaft“. alte Menschen entwickelt) oder eine Tür- müssen. Man muss nur auf das Bild des von der Universität Kaiserslautern, „ haben sprechanlage vom Typ „Doorline“ (von gewünschten Gesprächspartners auf dem Schwierigkeiten, sich vorzustellen, welche Der Hausnotruf müsse, so das ZTG T-Com angeboten). Nicht gebrauchte Bildschirm zeigen. Auch eine Hausnotruf- Projekte in fünf Jahren auf dem Markt sein weiter, „um Benachrichtigungskomponen- Funktionen können deaktiviert werden. lösung ist in die intelligente Umgebung werden.“ ten erweitert und zum Kommunikationsin- Wurde das Gerät länger nicht bewegt oder integriert. strument einer zwischen den Angehörigen registriert es einen Sturz, wird automatisch und den Pflegediensten gemeinschaftlich der Hausnotrufdienst alarmiert. organisierten Pflege entwickelt werden“. Solche Kommunikation kann inzwischen durch maschinelle Intelligenz automatisiert Untersucht wird auch, wie der Umfang der eingesetzten Technik skalierbar gemacht werden kann. Das bedeutet, Die Zukunft ist längst da werden. dass genau soviel eingesetzt wird, wie der ältere Mensch benötigt und haben möch- Ein „Hausnotruf Feature“ kann aber te. Das ändert sich von Bewohner zu Ulman Lindenberger, Direktor des auch in andere Geräte integriert werden, Bewohner. Die eingesetzte Technik muss Forschungsbereichs Entwicklungspsycho- zum Beispiel in Falldetektoren. Oder in zudem ohne besondere Übergangsproble- logie am Berliner Max-Planck Institut für intelligente Wohnumgebungen, die Muster me erweiterbar sein, weil der Technikein- 92 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 93 [Info-Box] BGW-Wohnquartiere Bielefeld Aktuelle Bücher zum Thema DRK Generalsekretariat: Fünfundzwanzig Jahre DRK-Hausnotruf. Eine Dokumentation. Broschüre, herausgegeben vom Deutschen Roten Kreuz, Generalsekretariat, September 2006; 64 Seiten. DRK Generalsekretariat: Perspektiven im Alter. DRK-Bundeskongress Berlin 2006. Multimedia-DVD, herausgegeben vom Deutschen Roten Kreuz, Generalsekretariat, Mai 2007. www.bgw-bielefeld.de Modellprojekt SOPHIA www.sophia-tv.de Bremer Modellprojekt „Mobile Pflege und Hausnotruf“ www.beecare.de Sabine Keller: Leben und Wohnen im Alter. Stiftung Warentest, Juni 2006; 230 Seiten, Studie des Fachbereichs Sozialwesen der Universität Kassel zum Download: 19,90 EUR. Der Ratgeber der Stiftung Warentest, entstanden in Zusammenarbeit mit der Bertels- www.gemeinde-schauenburg.de/pdf_docs/StudieAelterwerdenSchbrg.pdf mann Stiftung und dem Kuratorium Deutsche Altershilfe, gibt einen aktuellen Überblick und Entscheidungshilfen zu neuen Wohnmodellen im Alter. Visiongain www.visiongain.com Henning Scherf: Grau ist bunt. Was im Alter möglich ist. Herder Verlag, 2. Auflage, September 2006; 224 Seiten, 19,90 EUR. Der ehemalige Bürgermeister von Bremen berichtet über das BAGSO-Umfrage zu Seniorenhandys bewährte Projekt seiner Alters-Wohngemeinschaft im Rembertiviertel. www.tma-wiluda.org Stephan Alexander Vogelskamp & Roland Günter: Das süße Leben. Klartext Verlagsgesellschaft, Februar 2005; 179 Seiten, 19,90 EUR. Die Autoren plädieren mit vielen Beispielen für einen Accessibility Website von Nokia www.nokiaaccessibility.com kreativen Umgang mit Stadt-Qualitäten. llustriert ist das Buch mit Fotografien von Hilmar Pabel. US-Patent für den Handy-Notruf von Nokia Weiterführende Links http://appft1.uspto.gov/netacgi/nph- Parser?Sect1=PTO1&Sect2=HITOFF&d=PG01&p=1&u=%2Fnetahtml%2FPTO%2 Fsrchnum.html&r=1&f=G&l=50&s1=%2220050287980%22.PGNR.&OS=DN/2005 Holm Friebe & Sascha Lobo: „Wir nennen es Arbeit“ 0287980&RS=DN/20050287980 www.wirnennenesarbeit.de MEMOS Mobile Extensible Memory & Orientation System EU Handbuch „Design für Alle“ zum Download www.memos-online.de www.fdst.de/w/files/pdf/eca_deutsch_internet.pdf Projekt „Assisted Living“ der TU Kaiserslautern NRW-Projekt „SmarterWohnen“ www.eit.uni-kl.de/litz/assisted_living www.smarterwohnen.net [Info-Box] 94 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Hausnotruf 2.0 95 Nachrichten 2007 TV-Dokumentation „Greisenland“ Dreiteilers „Aufstand der Alten“ warnte DRK-Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil davor, den demografi- Hamburg, 10. Januar – Eine schen Wandel zu dämonisieren: „Die Bür- Woche vor der Ausstrahlung des bereits in ger werden durch Horrorszenarien nur den Schlagzeilen stehenden ZDF-Films verunsichert. Die Veränderungen lassen „Aufstand der Alten“, konterte die ARD mit sich nicht umkehren. Wir können uns einer Dokumentation von Florian Döring aber alle gemeinsam darauf einstellen über die „Vergreisung“ und „Überalterung“ und darauf in unserem zukünftigen Han- Deutschlands am Beispiel der Gemeinde deln aufbauen.“ Rund zehn Millionen Breitenbach im Harz. Mit der suggestiven Zuschauer sahen die Fake-Doku über Kraft von Bild und Ton inszeniert Döring eine hoffnungslos überalterte Republik im eine demografische Götterdämmerung: Sommer 2030: Alte kämpfen ums Überle- Das Tempo der Alten ist das Maß der ben, überfallen Apotheken, um lebens- Gesellschaft. Die Masse der Alten gibt die notwendige Medikamente zu ergattern. Regeln vor. Demografie ist einer der wich- Einheitsrente und Altersarmut treiben tigsten Einflussfaktoren für die nächsten Menschen in den von Krankenkassen Jahre. Eine Gesellschaft mit zu hohem finanzierten Selbstmord. Wellness-Kon- Altersdurchschnitt verliert. Wenn eine zerne machen ihr Geschäft mit gutsituier- Gesellschaft überaltert, dann gibt es eine ten Alten in Dritte-Welt-Ländern und ent- Katastrophe. Die unausgesprochene Bot- sorgen sie hinterher in Sammellagern, wo schaft dieses Horrorstücks: Dieses „Über- sie von Robotern durchgefüttert werden. wuchern“ der Gesellschaft durch die Alten Der Film bedient den dokumentarischen muss zurück geschnitten werden. Stil, um das fiktive Szenario möglichst realistisch aussehen zu lassen. ZDFRedakteur Heiner Gatzemeier: „Alles, was TV-Dreiteiler „Aufstand der Alten“ in den Schlagzeilen in dem Film behauptet wird, ist denkbar“. Die Sozialverbände protestieren. Und die Medien geben sich alle Mühe, die demografische Debatte neu anzuheizen. Mainz / Berlin, 18. Januar – Anlässlich der Ausstrahlung des ZDF- 96 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 97 Europäisches Jahr der Chancengleichheit 4,8 Prozent bzw. um 21.000 Personen. Insgesamt waren im Dezember 2005 2,13 Millionen Menschen in Deutschland pfle- Europas Regionen dem demografischen Wandel anpassen Demografie-Streit um „Gebärmaschinen“ Berlin, 30. Januar – Die deutsche gebedürftig im Sinne des Pflegeversiche- EU-Ratspräsidentschaft startete mit einer rungsgesetzes. Von den insgesamt 11.000 Brüssel, 5. Februar – Danuta Hüb- Rede mischte sich der Augsburger europaweiten Konferenz zum „Europäi- zugelassenen Pflegediensten befand sich ner, EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Bischof Walter Mixa in die Diskussion um schen Jahr der Chancengleichheit für alle die Mehrzahl (58 Prozent) in privater Trä- erklärte zur Eröffnung der zweitägigen den Ausbau von Krippenplätzen ein. Wer 2007“. In ihrer Eröffnungsansprache ging gerschaft. Bei den bundesweit rund Konferenz „Regionen für den wirtschaftli- mit staatlicher Förderung Mütter dazu ver- Bundesministerin Ursula von der Leyen auf 10.400 Pflegeheimen betrug der Anteil der chen Wandel: Demografische Herausfor- leite, ihre Kinder bereits kurz nach der die Herausforderungen einer älter werden- Einrichtungen privater Trägerschaft 38 derungen und regionalpolitische Lösungs- Geburt in staatliche Obhut zu geben, den Gesellschaft ein: „Die wachsende Zahl Prozent. ansätze“: „Umfang und Geschwindigkeit degradiere die Frau zur „Gebärmaschine“. älterer Menschen gilt vielfach immer noch von demografischen Entwicklungen sind Die Politik von Bundesfamilienministerin als das Problem des demografischen von Land zu Land und von Region zu Ursula von der Leyen, so der Bischof, sei Region sehr unterschiedlich. Dafür gibt es vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frau- keine politischen Einheitslösungen. Im en als „Arbeitskräfte-Reserve für die Umgang Wandels. Viel zu wenig sehen wir die Potenziale der gewonnenen Jahre eines längeren Lebens. Viel zu wenig achten wir darauf, was ältere Menschen leisten und Deutscher Bundestag diskutiert über Altenbericht der Bundesregierung geben können – den Familien ebenso wie Augsburg, 22. Februar – Mit einer Veränderungen Industrie“ zu rekrutieren. Das Wort haben unsere Regionen bereits wertvolle mit diesen „Gebärmaschine“ löste einen Aufschrei Erfahrungen gesammelt, die es in vollem der Empörung aus. Dabei war das Wort der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Berlin, 2. Februar – Der Deutsche Umfang zu nutzen gilt.“ Vladimír Spidla, keine Erfindung des Bischofs: Nach Mel- Noch nie waren ältere Menschen so Bundestag diskutierte über den im Juli EU-Kommissar für Soziales und Chan- dung der Nachrichtenagentur Kyodo vom gesund, so gebildet und hatten so viel Zeit. 2006 verabschiedeten fünften Altenbericht cengleichheit, wies auf die Bedeutung 29. Januar sagte der japanische Gesund- Viel zu wenig sehen wir auch die Vielfalt der Bundesregierung „Potenziale des des Europäischen Sozialfonds (ESF) für heitsministers Hakuo Yanagisawa in einer des Alters, das ja oft noch mehrere Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der die Bewältigung des demografischen Rede: „Die Zahl der Frauen zwischen 15 Lebensjahrzehnte umfasst.“ Beitrag älterer Menschen zum Zusammen- Wandels hin: „Die Tatsache, dass wir alle und 50 steht fest. Und da die Zahl der halt der Generationen“. 1992 hatte der länger leben, ist eine positive Entwicklung Gebärmaschinen feststeht, können wir Bundestag der Bundesregierung erstmals und beruht auf den wissenschaftlichen nichts anderes tun, als sie zu bitten, ihr den Auftrag erteilt, in jeder Legislaturperi- und gesellschaftlichen Erfolgen der letz- Bestes zu geben.“ Aktuelle Pflegestatistik ode einen Altenbericht vorzulegen. Der ten Jahre. Dennoch steht außer Frage, Wiesbaden, 1. Februar – Das Sta- erste (1993) und dritte (2001) Bericht hat- dass eine rasch alternde Bevölkerung tistische Bundesamt legte die „Pflegesta- ten sich mit der allgemeinen Lebenssituati- verheerende Folgen für bestimmte Regio- tistik 2005“ vor. Danach ist gegenüber on Älterer befasst. Der zweite Bericht nen haben kann. Der Europäische Sozial- 2003 die Zahl der Pflegebedürftigen, die in (1998) war dem Wohnen im Alter gewid- fonds setzt jährlich fast zehn Milliarden Heimen betreut wurden, um 5,7 Prozent met gewesen, der vierte (2002) der Versor- Euro ein, um die negativen Auswirkungen bzw. um 36.000 Personen gestiegen. Die gung Hochaltriger (mehr dazu im Beitrag des Alterns auszugleichen.“ Zahl der durch ambulante Dienste Ver- „Glanzbilder des Alters“, S. 45). Berlin, 22. Februar – Das Bundesfamilienministerium hat die deutsche sorgten wuchs im Vergleich zu 2003 um 98 Drei Farben Grau Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Demografischer Wandel als Chance Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 99 EU-Ratspräsidentschaft unter den Leitgedanken „Den demografischen Wandel als Chance begreifen und Chancengleichheit Müntefering: „Die Chance, länger zu leben, find ich gut“ Aktuelle Pflegestatistik: Heimplatz kostet 2.700 Euro im Monat Bewohnern zusätzliche Kosten in Rechnung, im Durchschnitt 399 Euro (West) bzw. 244 Euro (Ost). für alle in Beruf und Gesellschaft fördern“ gestellt. Der Rat für Arbeit, Sozialpolitik, Berlin, 14. März – Bundesarbeits- Wiesbaden, 14. März – Das Statis- Gesundheit und Verbraucherschutz nahm minister Franz Müntefering betonte auf tische Bundesamt legte die aktuelle Pfle- eine von Deutschland eingebrachte Ent- einem Kongress der Initiative Neue Quali- gestatistik vor. Danach kostete Ende 2005 schließung an. Die Entschließung mit dem tät der Arbeit (INQA) und des Demogra- die vollstationäre Pflege und Unterbrin- Titel „Chancen und Herausforderungen phie-Netzwerks (ddn), dass er keine gung in der höchsten Pflegeklasse (III) im des demografischen Wandels in Europa: Angst vor dem demografischen Wandel in Mittel monatlich 2.706 Euro. In der Pflege- Beitrag der älteren Menschen zur wirt- Deutschland habe. Man dürfe „alt“ nicht klasse II betrug der durchschnittliche schaftlichen und sozialen Entwicklung“ mit „arm, krank und schwach“ gleichset- monatliche Vergütungssatz 2.280 Euro Hannover, 15. März – Auf der dies- enthält konkrete Vorschläge, wie Poten- zen. Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte bei und in der Pflegeklasse I 1.854 Euro. Die jährigen Cebit präsentierten die fitage ziale älterer Menschen gezielt für Wirt- der Podiumsdiskussion unter der Leitung Pflegeversicherung zahlt für vollstationäre GmbH, die österreichische Firma Emporia schaft und Gesellschaft, für ein Mehr an von Polit-Moderatorin Sabine Christian- Dauerpflege bundesweit zurzeit monatlich und das Unternehmen ITT aus Monaco Zusammenarbeit und ein besseres Ver- sen, er habe nichts dagegen, bei steigen- in der Pflegestufe III (ohne Härtefallregelun- gleich vier neue Senioren-Handys mit Not- hältnis der Lebenserwartung auch länger zu gen) 1.432 Euro, in der Pflegestufe II 1.279 ruffunktion. Zudem demonstrierte die arbeiten. Allerdings müssten genügend Euro und in der Pflegestufe I 1.023 Euro. Fraunhofer-Innovations-Initiative „Intelli- Arbeitsplätze vorhanden sein. Außerdem Zur Finanzierung der darüber hinausge- gente Produkte und Umgebungen“ einen müssten die Bedingungen so gestaltet henden Pflegeheimkosten müssen die „Mobilen Gesundheitsassistenten“ (mehr sein, dass man an seinem Arbeitsplatz Pflegebedürftigen eigene finanzielle Mittel dazu im Beitrag „Hausnotruf 2.0“, S. 77 ff.). auch älter werden könne. Müntefering: aufwenden oder auf Sozialleistungen, wie „Der Maurer, der mit 66 über den First die Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozial- zwischen den Generationen genutzt werden können. Demografie-Theater in Bielefeld Download der Pflegestatistik unter www.destatis.de/shop Neue Senioren-Handys auf der Cebit DIW Studie: Alte Menschen sind wichtiger Wirtschaftsfaktor Bielefeld, 9. März – Das Theater läuft, geht nicht. Aber das geht auch hilfe, zurückgreifen. Die Vergütung der Bielefeld beteiligt sich mit seiner neuesten heute mit 64 nicht.“ Randolf Jessl (39), Heime ist in allen neuen Ländern unter- Uraufführung „deutsches hysterisches Chefredakteur vom „Personalmagazin“, durchschnittlich: Die geringste Vergütung museum“ an der demografischen Debatte. sprach von einer historischen Mission für Pflege, Unterkunft und Verpflegung in Das Stück der Dramatikerin Felicia Zeller „meiner Generation“: „Andere haben der Pflegeklasse III errechnet sich für Berlin, 15. März – Das Deutsche wurde im Rahmen des Symposiums Deutschland aufgebaut, wir müssen län- Sachsen und Sachsen-Anhalt mit monat- Institut für Wirtschaftsforschung übergab „Zukunft findet Stadt – Stadt findet ger durchhalten.“ lich 2.250 Euro. Die höchsten Heimkosten Bundesfamilienministerin Ursula von der Zukunft“ uraufgeführt. Die Demografie- in der Pflegeklasse III sind in Nordrhein- Leyen einen Bericht über „Auswirkungen Beauftragte der Stadt hatte in Kooperation Westfalen (3.101 Euro) und Hamburg des demographischen Wandels auf die mit dem Theater Experten zu Diskussio- (3.010 Euro) zu entrichten. Zusätzlich zu private Nachfrage von Gütern und Dienst- nen, Vorträgen und einem demografischen den Kosten für Pflege, Unterkunft und Ver- leistungen bis 2050“. Danach liegt das Stadtrundgang nach Bielefeld eingeladen. pflegung stellen, nach einer Erhebung von Ausgabevolumen der über 60-Jährigen TNS-Infratest, 89 Prozent der Heime den bei rund 316 Milliarden Euro pro Jahr. Das 100 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 101 ist fast ein Drittel der Gesamtausgaben für Download der Charta unter den privaten Konsum in Deutschland. Von www.bmfsfj.de der Leyen sagte: „Die ältere Generation ist www.dza.de/allgemein/politik ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Bei Ange- leitstelle.de boten für mehr Komfort und Lebensqualität für Ältere besteht ein großes wirtschaftliches Potenzial, das angesichts der demografischen Entwicklung weltweit weiter an Bedeutung gewinnen wird.“ Download der Studie unter www.diw.de Offensive für die Rechte hilfebedürftiger Menschen in der Pflege Pflegetelematik gewinnt Wettbewerb „Ideenpark Gesundheitswirtschaft“ Schlechte Noten für Pflegeheime sche Metropole neben Städten wie London, Tokio, Shanghai, Melbourne, Buenos Aires und Istanbul an dem Projekt „Alten- Berlin, 21. März – Im Norden sind freundliche Stadt“ der Weltgesundheitsor- die Menschen mit ihren Pflegeheimen ganisation (WHO). Mit dem Projekt „Alten- wesentlich unzufriedener als im Rest der freundliche Städte“ reagiert die WHO auf Bundesrepublik. Im Süden meinen immer- den zunehmenden Anteil älterer Menschen hin 46 Prozent und im Osten 45 Prozent, in den Metropolen der Welt. Die Koopera- die Menschen in den Heimen würden gut tion mit den 34 Partnerstädten innerhalb betreut. Im Norden sind es gerade mal 31 des WHO-Projekts soll den Ruhrgebiets- Krefeld, 16. März – Das „Zentrum Prozent. Das ist das Ergebnis einer von kommunen Anregungen für die Bewälti- für Telematik im Gesundheitswesen“ den Marseille-Kliniken in Auftrag gegebe- gung der Chancen und Herausforderun- (ZTG) hat mit seinem Modell eines Pflege- nen Emnid-Umfrage zur „Pflegesituation in gen liefern, die sich aus der wachsenden monitorings den von der Financial Times Deutschland“. Die Norddeutschen bilden Zahl von Menschen mit Migrationshinter- Deutschland ausgeschriebenen Wettbe- ebenfalls das Schlusslicht, wenn es um grund ergeben. Dazu veranstaltet die werb „Ideenpark Gesundheitswirtschaft“ den „Ruf der Pflegeeinrichtung“ geht. Nur Metropole Ruhr in diesem Jahr drei inter- gewonnen. Ziel des Modells ist es, mit 46 Prozent äußern sich zufrieden. In Bay- nationale Konferenzen in Essen und umfassendem, technologisch basiertem ern, Baden-Württemberg und dem Saar- Mülheim an der Ruhr (11. bis 13. Juni), in Berlin, 15. März – Ministerin Ursula Monitoring den Pflegebedarf des Patien- land sind es 65 Prozent. Der Unterschied Duisburg (1. Oktober) und in Oberhausen von der Leyen wird gemeinsam mit Bun- ten in der eigenen Wohnung realistisch, zwischen Nord und Süd zeigt sich auch (22. November). desgesundheitsministerin Ulla Schmidt den schnell und kontinuierlich festzustellen. bei Fragen nach zusätzlichen Angeboten Text der „Charta der Rechte hilfe- und pfle- Das ZTG-Konzept zeigt auf, wie die Pfle- und nach der baulichen Gestaltung der Weitere Informationen unter gebedürftiger Menschen“ an rund 27.000 getelematik in die Leistungen der gesetz- Heime. Die Umfrage zeigt außerdem: Nur www.seniorenwirt.de Verbände, Organisationen und Einrich- lichen Pflegeversicherung integriert wer- 29 Prozent der Menschen über 50 glau- www.who.int/ageing/projects/age_ tungsträger versenden. Das kündigte das den kann. Dabei setzt das ZTG auf die ben, später in Pflegeheimen gut betreut zu Bundesfamilienministerium an. Zur Verbrei- Netzwerkbildung unter Einbindung der werden. tung und Umsetzung der Charta wurde Wohnungswirtschaft und der Pflege- bereits im Januar am Deutschen Zentrum dienste (mehr dazu im Beitrag „Hausnot- Download der Umfrage unter für Altersfragen (DZA) eine „Leitstelle Alten- ruf 2.0“, S. 77). www.marseille-kliniken.de pflege“ eingerichtet. Eine in der Zeitschrift CAREkonkret veröffentlichte Studie hatte Weitere Informationen unter gezeigt, dass die Charta in den Alten- und www.ztg-nrw.de Pflegeeinrichtungen bislang kaum bekannt Metropole Ruhr wird altenfreundliche Stadt Tischs Pflege“. 102 Drei Farben Grau BAGSO-Tagung: Das Internet ist reif für die Älteren Berlin, 4. April – Der diesjährige Tag der älteren Generation stand in diesem Jahr „Jung und Alt – gemeinsam klü- ist. Die Charta geht zurück auf die Arbeiten des im Herbst 2003 gegründeten „Runden friendly_cities/en/index.html Gelsenkirchen, 22. März – Das ger: Lebenslanges Lernen verbindet die Ruhrgebiet beteiligt sich als einzige deut- Generationen“. Auf einer Tagung zog die Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 103 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren- Potenziale. Ältere Menschen werden in erproben inzwischen rund 150 Träger in Waren insgesamt um 5,4 Prozent). Fast organisationen (BAGSO) Bilanz des zu unserer Gesellschaft gebraucht. Wir wollen mehr als 50 Projekten neue Angebote für jeder zweite Euro der Gesamtausgaben Ende gehenden „Online-Jahres 50plus“. ihr Erfahrungswissen gewinnen, für ein die Arbeit von bislang 6.500 Freiwilligen. wurde in Einrichtungen der ambulanten „In Zeiten der Globalisierung“, sagt Gerd besseres Miteinander der Generationen, Weitere Informationen unter Gesundheitsversorgung ausgegeben (48 Hoofe, Staatssekretär im Bundesfamilien- für wirtschaftliches Wachstum und für den ministerium, „bietet das Internet vielfältige Arbeitsmarkt. Und nicht zuletzt: Mit der Möglichkeiten zur persönlichen Weiterent- »silver economy« kann sich Europa einen wicklung und Unterstützung im Alltag. wachsenden, lukrativen Markt erschließen Seniorinnen und Senioren können davon und weltweit zum Trendsetter werden.“ Prozent). Die Ausgaben in diesen Einrich www.bmfsfj.de/Politikbereiche/ Freiwilliges-Engagement www.zentrum-zivilgesellschaft.de her betrachtet waren Arztpraxen (35,2 Milden Euro) die bedeutsamsten ambulanten Prozent der über 54-Jährigen sind online. zent jährlich sind sie die größte Wachs- um 2,6 Prozent. Vom Ausgabenvolumen liarden Euro) und Apotheken (34,8 Milliar- besonders profitieren.“ Bereits über 30 Mit Wachstumsraten von drei bis vier Pro- tungen stiegen im Vergleich zum Vorjahr Freiwilliges Engagement aller Generationen 2.900 Euro Gesundheitsausgaben je Einwohner tumsgruppe der Internetnutzer. Auf der Einrichtungen. Dagegen sanken die Ausgaben in Zahnarztpraxen um 6,7% auf 15,2 Milliarden Euro. Im (teil-)stationären Sektor wurden mit 87,4 Milliarden Euro 2,3 Tagesordnung der Konferenz stand auch Bergisch Gladbach, 19. April – „Frei- Wiesbaden, 23. April – Das Statis- Prozent mehr aufgewendet. Dies ent- das aktuelle Thema „Web 2.0“, mit dem williges Engagement der Bürgerinnen und tische Bundesamtes teilte mit: Im Jahr sprach einem Anteil von 37 Prozent an den eine veränderte Wahrnehmung und Nut- Bürger erlangt vor dem Hintergrund der 2005 beliefen sich die Ausgaben für gesamten Ausgaben. Zu den (teil-)statio- zug des Internets einhergeht (mehr dazu Herausforderungen des demografischen Gesundheit auf 239,4 Milliarden Euro oder nären Einrichtungen gehören unter ande- im Beitrag „Hausnotruf 2.0“, S. 77) Wandels eine immer größere Bedeutung. 10,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. rem Krankenhäuser (62,1 Milliarden Euro) Das Programm der »Generationsübergrei- Im Vergleich zum Jahr 2004 ist das ein und die Einrichtungen der (teil-)stationären fenden Freiwilligendienste« ist dabei ein Plus von 5,6 Milliarden Euro oder 2,4 Pro- Pflege (18,1 Milliarden Euro). ganz besonderes Erfolgsmodell“, sagte Dr. zent, nachdem die Gesundheitsausgaben Hermann Kues, Parlamentarischer Staats- 2004 stagnierten. Die Ausgaben je Ein- Weitere Informationen unter sekretär im Bundesfamilienministerium, auf wohner lagen 2005 bei 2.900 Euro (2004: www.gbe-bund.de einer zweitägigen Konferenz mit 150 Ver- 2.830 Euro). Über die Hälfte der Gesund- Europäischer Demografie-Kongress in Berlin Berlin, 17. April – Bundesfamilien- antwortlichen aus Bund, Ländern, Kommu- heitsausgaben entfiel auf Arzneimittel ministerin Ursula von der Leyen und der nen und Verbänden. Das im September (inklusive Verbandmittel, Hilfsmittel, Zahn- EU-Kommissar für soziale Angelegenhei- 2005 gestartete Modellprogramm des Bun- ersatz und sonstigem medizinischen ten, Vladimír Spidla, betonten auf dem desfamilienministeriums will neue politische Bedarf) und ärztliche Leistungen. Für beide zweitägigen EU-Kongress Wowereit erklärt: Berlin ist eine Stadt für alle Generationen „Demografi- Ansätze des freiwilligen Engagements Leistungsarten wurden jeweils knapp 27 scher Wandel als Chance: Wirtschaftliche erproben. Es stellt für die dreijährige Modell- Prozent der Gesamtausgaben aufgewen- Berlin, 23. April – „Meine Leitlinie Potenziale der Älteren“ vor 400 Teilnehmer phase insgesamt 36 Millionen Euro bereit. det. Während die Ausgaben für ärztliche lautet: Ich will den demografischen Wandel die Bedeutung älterer Menschen für die Ziel ist es, Freiwilligendienste künftig für alle Leistungen nur um 0,5 Prozent im Ver- in Berlin nicht zur Krise werden lassen, son- Zukunft Europas. Von der Leyen: „Ältere Altersgruppen anzubieten. Ein großes gleich zum Jahr 2004 gestiegen sind, dern seine positive Dynamik für die Stadt- Menschen sind ein Reichtum für unsere Augenmerk liegt dabei auf der Lebenserfah- wuchsen die Ausgaben für Arzneimittel entwicklung nutzbar machen.“ Der Regie- Gesellschaft. Sie haben Kompetenzen und rung der älteren Generation. Bundesweit überdurchschnittlich um 10,2 Prozent (für rende Bürgermeister von Berlin, Klaus 104 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 105 Berliner Gesundheitspreis für begleitetes Wohnen Wowereit, kündigte in seiner Rede auf dem nale Tagung zum Thema „Neue Chancen „Stadtforum Berlin 2020“ an, den demo- durch eine alternde Bevölkerung“. Die drei- grafischen Wandel zu einem Schwerpunkt tägige Konferenz wolle, so die Veranstalter, seiner Politik zu machen. „Ich möchte der einen Blick „auf ein Thema werfen, das sozialen Entmischung in der Stadt entge- immer mehr in das Zentrum öffentlicher Berlin, 8. Mai – Der Berliner 2050 ein Bevölkerungsrückgang von 14 genwirken und gezielt gemeinsame Räume Aufmerksamkeit rückt: das Altern der Gesundheitspreis in der Kategorie „Hoch- Prozent zu erwarten ist, wird die Bevölke- für Jung und Alt schaffen. Berlin sollte den Gesellschaft“. Gegen die bislang vorherr- altrige im sozialen und kommunalen rung der neuen Länder um 31 Prozent sin- Anspruch haben, eine Stadt für alle Gene- schende demografische Untergangsmen- Umfeld“ geht in diesem Jahr an die ken.“ Im vergangenen November hatte rationen zu sein.“ Wowereit kündigte für talität setzten die dreißig teilnehmenden Dresdner Initiative „Begleitetes Wohnen“. das Bundesamt die deutschlandweiten 2008 ein Gesamtkonzept zur Gestaltung Experten auf positive Aspekte des Alterns Der ausgezeichnete Verein hat in den letz- Ergebnisse der „koordinierten 11. Bevölke- des demografischen Wandels in Berlin an. und auf konstruktive Lösungsvorschläge. ten zehn Jahren mehr als 200 Menschen rungsvorausberechnung“ veröffentlicht. Er mache sich Sorgen, so Wowereit weiter, in ihrem Lebensalltag unterstützt und Hil- Die Berechnung enthält zwei Varianten, die über die bereits heute absehbare Altersar- fen, etwa bei Behördengängen oder Frei- einen Bevölkerungsrückgang von heute zeitaktivitäten, geleistet. „Begleitetes Woh- 82,4 Millionen auf 69 bzw. auf 74 Millionen nen steht für eine neue Kultur des Helfens, im Jahr 2050 prognostizieren. Die Ergeb- die durch zivilgesellschaftliches Engage- nisse liegen nun auch auf Länderebene ment geprägt ist“, sagte Dr. Hermann vor. Demnach steigt im Osten die Zahl der mut. „Mein zentrales Anliegen ist, dass ältere Menschen nicht ins Abseits geschoben werden.“ Im Mittelpunkt stehe dabei das Wohnen. „So lange wie möglich in den Bayerisches Rotes Kreuz und BMW stellen „eCall“-Rettungskonzept vor in der Bevölkerungsentwicklung zwischen den alten und den neuen Ländern werden sich weiter vergrößern. Während in den alten Ländern im Zeitraum von 2006 bis Kues, Parlamentarischer Staatssekretär im Älteren schneller als im Westen. Der so ist der Schlüssel zu einem würdevollen und Straubing, 7. Mai – Das Bayerische Bundesministerium für Familie, in seiner genannte Altersquotient beträgt im Osten selbstbestimmten Älterwerden.“ Wowereit Rote Kreuz und BMW stellten der Öffent- Laudatio. Der Berliner Gesundheitspreis ist heute 35, im Westen 32. Bis zum Jahr dachte auch laut über die Rente mit 70 lichkeit ein Notrufsystem für Autofahrer vor. eine gemeinsame Initiative des AOK-Bun- 2050 wird der Quotient im Osten auf 80, nach. „Wir streiten derzeit über die Rente „eCall“ wurde im Rahmen des von der EU desverbands, der Ärztekammer Berlin und im Westen auf 62 steigen. Der Altersquo- mit 67. Aber warum denken wir nicht darü- geförderten Forschungsprojekts „Global der AOK Berlin. Er wird alle zwei Jahre zu tient gibt die Zahl der Menschen über 65 ber nach, ob vielleicht eine Rente mit 70 System Telematics“ (GST) entwickelt. Seit einem speziellen Fachthema ausgeschrie- an, die auf 100 Menschen im Alter zwi- dann möglich ist, wenn der Beschäftigte ab Januar ist die Notruffunktion für alle BMW- ben. In diesem Jahr stand er unter dem schen 20 und 65 Jahren kommen. Im 60 zehn Jahre lang halbtags arbeitet?“ Typen erhältlich. Eine Initiative der Europäi- Motto „Im hohen Alter zu Hause leben“. Osten ist die durchschnittliche Lebenser- eigenen vier Wänden wohnen zu können, schen Kommission will eCall ab 2009 Unorthodoxer Blick auf das Altern in Delmenhorst europaweit installieren. Alle Pkw und Lkw, Weitere Informationen unter Westen. Sie wird in den kommenden Jah- die nach dem 1. September 2010 neu in www.begleiteteswohnen.de ren etwas schneller steigen und dann dem den Markt kommen, sollen serienmäßig gesamtdeutschen Trend folgen. über eCall verfügen (mehr dazu im Beitrag „Hausnotruf 2.0“, S. 77). Delmenhorst, 3. Mai – Das Hanse wartung zurzeit noch etwas geringer als im Osten von Alterung stärker betroffen rausberechnung zum Download unter www.destatis.de/themen/d/thm_ Wissenschaftskolleg veranstaltete zusammen mit der Bertelsmann Stiftung und der Wiesbaden, 22. Mai – Das Statisti- Jacobs University Bremen eine internatio- sche Bundesamt meldet: „Die Unterschiede 106 Drei Farben Grau Ergebnisse der aktuellen Bevölkerungsvo- Hausnotruf Themen 2007 bevoelk.php Nachrichten 2007 107 Studie zur Abwanderung junger Frauen aus dem Osten geschaffen werden. Denn „spätestens seit Jugend veröffentlichte eine praxisnahe lastungen beim Pflegepersonal führen“, der Wende ist klar, dass es die sozialisti- Anleitung zur Pflegedokumentation für die sagte Dr. Gabriele Richter, Bundesanstalt für schen Helden der körperlich schweren stationäre Altenhilfe. Bundesministerin Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, vom Arbeit nicht mehr gibt“. Ursula von der Leyen sagte: „Dieses Buch Arbeitskreis „Gesund Pflegen“. Dies schlägt ist aus der Praxis für die Praxis.“ Die Emp- sich in steigenden Fehlzeiten, Fluktuation, Berlin, 30. Mai – Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung legte Download der Studie unter fehlungen basieren auf umfangreichem vorzeitigen Berufsausstiegen und Frühver- eine Studie zur Abwanderung von jungen www.berlininstitut.org/not_am_mann.html Erfahrungswissen und geben spezifische rentungen, die deutlich über dem Durch- Frauen aus Ostdeutschland vor. Danach Anleitungen für typische und alltägliche schnitt der Erwerbsbevölkerung liegen, nie- fehlen in den entlegenen, wirtschafts- und Pflegesituationen, zum Beispiel in den der. Laut europäischer NEXT-Studie, denkt Bereichen Mangelernährung und Flüssig- jeder fünfte Beschäftigte im Pflegebereich keitsdefizit, Sturz oder Demenz. Um den über einen vorzeitigen Berufsausstieg nach. strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands vor allem Frauen in der Altersklasse Erfahrungsaustausch zur altenfreundlichen Stadt der 18- bis 29-Jährigen. Der Männerüber- Praxiswert des Handbuchs zu verdeutli- schuss beträgt dort bis zu 25 Prozent. Seit Mühlheim an der Ruhr, 11. Juni – chen, wird das Bundesfamilienministerium Das Memorandum kann bezogen werden 1991 sind 273.000 unter 30-jährige Män- Nordrhein-Westfalens Generationenminister im Zeitraum von August 2007 bis Juli 2008 über ner abgewandert, aber 400.000 Frauen. Armin Laschet eröffnete die erste inter- in 15 Städten Tagesseminare für Pflegelei- [email protected] Den Hauptgrund für die höhere Abwande- nationale Konferenz der Metropole Ruhr im tungen, Pflegedozenten und Multiplikatoren www.inqa-pflege.de/ rung junger Frauen sehen die Autoren der Rahmen des WHO-Projekts „Age Friendly veranstalten, darunter in Köln, Stuttgart, Studie in deren Bildungsvorsprung. Der Cities“ (AFC). Die Teilnehmer waren aus den Dresden, Hamburg, München und Berlin. wiederum sei eine Folge der Dominanz Partnerstädten Shanghai, Istanbul, New weiblicher Bezugspersonen in den Famili- York und Islamabad an die Ruhr gekom- Download des Handbuchs unter en, im Kindergarten und in der Schule. Das men. Die Tagung bot den 130 Teilnehmern www.bmfsfj.de Fortgehen junger Frauen, so die Studie Gelegenheit zum internationalen Erfah- weiter, beschleunigt den wirtschaftlichen rungsaustausch. In den Dialog-Foren wid- und sozialen Erosionsprozess in vielen ost- meten sich die Experten den für eine alters- deutschen Landkreisen und führt dort zu gerechte Stadt zentralen Themen Wohnen einer „Not am Mann“: Die Schieflage der und Geschlechter stürzt die zurückbleibenden Gesundheit und Prävention, Kultur und Bil- Männer in eine Spirale von Bildungsbe- dung sowie Partizipation alter Menschen. haushaltsnahe keit und Frustration bei der Partnerwahl. Manche reagierten darauf als „trotzige Macher“, andere mit Genügsamkeit, manche mit Verbitterung und Resignation. Berlin, 23. Juni – Die 33. Berliner INQA-Memorandum zur Zukunft der Pflege Handbuch „Pflegedokumentation stationär“ Junge Männer müssten gezielt motiviert dem Motto „Solidargemeinschaft der Gene- Dortmund, 12. Juni – Mit dem verwaltung für Integration, Arbeit und Sozia- Memorandum „Für eine neue Qualität der les. Bis zum 5. Juli finden über 200 Veran- Arbeit in der Pflege“ präsentierte der Arbeits- staltungen in allen Berliner Bezirken statt. kreis „Gesund Pflegen“ der Initiative Neue Dazu gehört auch eine Parlamentsdebatte. Qualität der Arbeit (INQUA) Handlungsan- Unter Leitung von Walter Momper, Präsi- sätze einer Gesunden Pflege. „Gesunde dent des Abgeordnetenhauses, debattieren Arbeitsplätze sind keinesfalls selbstver- Senioren im Berliner Abgeordnetenhaus. ständlich. Arbeitsverdichtung und zuneh- Weitere Informationen unter werden, folgert das Berlin-Institut. Und es Berlin, 12. Juni – Das Bundesmi- mende Bürokratie sind nur zwei Faktoren, müssten neue Rollenbilder für Männer nisterium für Familie, Senioren, Frauen und die zu psychischen und physischen Fehlbe- 108 Drei Farben Grau Seniorenwoche steht in diesem Jahr unter rationen“. Veranstalter ist die Berliner Senats- Dienstleistungen, nachteiligung, beruflicher Perspektivlosig- Seniorenwoche für „Solidargemeinschaft der Generationen“ Hausnotruf Themen 2007 http://sewo.senioren-berlin.de Nachrichten 2007 109 EU-Aktionsplan »Wohltuendes Altern in der Informationsgesellschaft« investiert der Markt nicht in dem Umfang in effizienter nutzen können.“ Die mit der Arbeitsgruppe namens „999 Liaison Com- Innovationen, wie es erforderlich wäre, um Unterstützung von Nokia und Vodafone mittee“ gegründet. Die „999“ im Namen sinnvolle und erschwingliche Lösungen für konzipierte Internetseite wird von vielen der Gruppe stammt aus der traditionellen ältere Nutzer verfügbar zu machen, wie Einzelpersonen und Organisationen entwi- britischen Notrufnummer, die 1937 einge- etwa integrierte und leicht zu nutzende ckelt, die an der Nutzung mobiler Technik führt wurde. Seit 1992 kann man zwar Dienstleistungen, die ein unabhängiges zum Vorteil des gesellschaftlichen Wandels auch in Großbritannien die in den meisten Brüssel, 14. Juni – Die Europäische und gesundes Leben fördern. Hier gilt es, interessiert sind. Dank des Wiki-Formats europäischen Ländern gängige „112“ für Kommission hat einen europäischen Akti- den Teufelskreis zu durchbrechen, denn der Seite können Nutzer überall auf der Notrufe wählen, aber die meisten Briten onsplan »Wohltuendes Altern in der Infor- der Mangel an adäquaten Lösungen, an Welt Fallstudien und andere Inhalte bear- bevorzugen immer noch ihre gewohnte mationsgesellschaft« verabschiedet. Sie Bewusstsein, an Größenvorteilen und beiten, aktualisieren oder kommentieren, „999“. Der nun beschlossene Feldversuch will damit auf die Bedürfnisse der zuneh- Standards und an tragfähigen Geschäfts- und auch eigene Inhalte hinzufügen. soll insbesondere zeigen, ob die Ortung mend älter werdenden Bevölkerung rea- modellen hat wiederum zur Folge, dass gieren. Im Rahmen der i2010-Initiative nur unzureichend in Forschung und inno- Adresse der Website: gesendet werden, einwandfrei funktioniert stellt die EU bis 2013 eine Milliarde Euro für vative www.shareideas.org – die Netzbetreiber sollen bei Textnach- Lösungen investiert wird.“ der Handys, von denen SMS-Notrufe die Erforschung von Informations- und richten an die 999 nämlich automatisch Kommunikationstechnologien bereit, die Weitere Informationen unter das Leben älterer Menschen zu Hause, am http://ec.europa.eu/information_society Arbeitsplatz und in der Gesellschaft allgemein erleichtern sollen. Ziel der EU-Kommission ist es, mobile Informations- und Kommunikationstechnologien, die ein gutes Altern ermöglichen, in den nächsten Ideenaustausch zu sozialen Auswirkungen mobiler Technologien fünf Jahren als erfolgreichen „Leitmarkt für eine Positionsbestimmung durchführen. Ein Feldversuch in England testet Notruf per SMS Skeptiker befürchten, dass die Rettungsdienste durch kryptische SMS verwirrt oder in die Irre geleitet werden könnten: Botschaften im SMS-Kurzstil wie „som1 London (Großbritannien), 20. Juni – brkn n2 hous“ müssen erst einmal korrekt In England wurde ein halbjähriger Feldver- interpretiert werden („Hilfe, jemand bricht such gestartet, bei dem Notrufe per SMS in mein Haus ein.“). Sollte sich der Notruf Europa“ zu etablieren. Die Europäische Espoo (Finnland) / London (Groß- abgegeben werden können – automati- per SMS bewähren, könnte er zur regulä- Kommission erklärt (SEC(2007)811): „Die britannien), 20. Juni – Nokia und Vodafone sche ren Alternative zum Anruf werden, berich- Informations- und Kommunikationstech- haben eine neue Internetseite vorgestellt, Besonders Gehörlose oder Sprachbehin- nologien ermöglichen ein effizienteres die den Ideenaustausch im Hinblick auf die derte sollen von der Möglichkeit profitieren. Management und eine effizientere Erbrin- Vorteile der Nutzung mobiler Kommunika- Schon bislang können Gehörlose in Groß- gung von Leistungen der Gesundheits- tionsmöglichkeiten für Gesellschaft und britannien per Textnachricht die Rettungs- und Sozialfürsorge und schaffen zuneh- Umwelt unterstützt. Die Idee zu der Seite dienste benachrichtigten. Allerdings nur mend Möglichkeiten für eine gemeindena- stammt von Ndidi Nwuneli, Gründer von über spezielle Telefone, die eingegebene he Versorgung oder eine Selbstversorgung »LEAP Africa«, einer Nigerianischen Nicht- Texte „nachsprechen“. Für Notrufe dieser und Dienstleistungsinnovationen. regierungsorganisation: „Organisationen, Art gibt es zudem eine gesonderte Telefon- Bielefeld / Berlin, 25. Juni – Der Daraus können beträchtliche Vorteile für wie unsere, werden von einem solchen nummer. Um diese Sonderwege in die all- »(N)ONLINER Atlas 2007« dokumentiert Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes Hilfsmittel profitieren, das uns zeigt, wie gemeine Notrufstruktur einzugliedern, hat für 2007 erstmals das Überschreiten der erwachsen.“ Weiter heißt es: „Derzeit wir mobile Dienste für unsere Arbeit noch die britische Regierung eigens eine 60 Prozent-Marke bei der Internetnutzung für 110 Drei Farben Grau Positionsbestimmung Hausnotruf Themen 2007 inklusive. tet der „Daily Mail“. Internetnutzung älterer Menschen legt weiter zu Nachrichten 2007 111 in Deutschland. Innerhalb eines Jahres schaft gehört zu den wichtigsten Verände- gewinnen« soll Wirtschaft, Wissenschaft, über ein modernes, realistisches und stieg der Anteil der Onliner um zwei Pro- rungsprozessen, die wir im beginnenden Verbraucher- und Seniorenorganisationen zukunftsgerichtetes zentpunkte auf 60,2 Prozent. Damit sind 21. Jahrhundert erleben. Dass wir immer sowie die älteren Menschen selbst stärker Gesellschaft anzustoßen. Der Bericht soll 39,2 Millionen Personen über 14 Jahre im älter werden, hat Auswirkungen auf nahe- miteinander ins Gespräch bringen. Hierzu spätestens im Jahr 2010 vorgelegt werden. Internet. Mit 2,8 Prozent stieg die Nutzer- zu alle Bereiche unseres Zusammenle- wird eine eigene Geschäftsstelle eingerich- Seine Erstellung soll durch Veranstaltun- zahl am stärksten in der Altersgruppe der bens. Der demografische Wandel darf tet. Die Aufgabe der Geschäftsstelle wird gen begleitet werden. Die organisatorische 60 bis 69-Jährigen, deren Onliner-Anteil in aber nicht nur als Problem, sondern muss sein, eine Informations- und Kooperations- Betreuung der Altenberichtskommission diesem Jahr bei 35,5 Prozent liegt. Der auch als Gewinn gesehen werden. Die börse aufzubauen und ein Forum für den übernimmt eine Geschäftsstelle beim Zuwachs in der Gruppe der ab 70-Jähri- Herausforderungen und die Chancen zu Austausch zwischen Wissenschaft, Senio- Deutschen Zentrum für Altersfragen. Die gen beträgt dagegen nur einen Prozent- entdecken, wird zu den wichtigen Aufga- ren- und Verbraucherorganisationen sowie Mitglieder der Kommission des sechsten punkt. In der Altersgruppe der 50- bis 59- ben der ARD-Themenwoche gehören.“ Unternehmen zu bieten. Der Bund stellt Altenberichts unter Vorsitz von Prof. Dr. Jährigen nahm der Onliner-Anteil um 1,5 dafür in den Jahren 2008 bis 2010 rund Andreas Kruse (Heidelberg) sind Prof. Dr. Prozentpunkte auf 58,3 Prozent zu. Ein vier Millionen Euro zur Verfügung. Wolfgang Bergsdorf (Erfurt), Prof. Dr. Peter diesjähriger Sonderteil des »(N)ONLINER Atlas 2007« befasst sich mit dem Thema: „Best-Ager-PC: Altersgerecht ins Internet“. Kostenfreier PDF-Download des Bundesfamilienministerium startet Unternehmensprogramm zum »Wirtschaftsfaktor Alter« der Borscheid (Marburg), Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein (Saarbrücken), Prof. Dr. und weitere Informationen unter Michael Hüther (Köln), Prof. Dr. Thomas www.bmfsfj.de Klie (Freiburg), Prof. Dr. Gerhard Naegele www.wirtschaftskraft-alter.de (Dortmund), Prof. Dr. Clemens TeschRömer (Berlin), Prof. Dr. Caja Thimm Berlin, 17. Juli – „Unternehmen stellen sich zunehmend auf den demografischen Wandel ein, aber insgesamt steckt ARD-Themenwoche 2008 zum demografischen Wandel in Kostenfreier PDF-Download der Studie „(N)ONLINER Atlas 2007“ unter www.nonliner-atlas.de Altersbild der Seniorenmarkt noch in den Kinder- (Bonn), Prof. Dr. Rudolf Tippelt (München), Sechste Altenberichtskommission nimmt Arbeit auf schuhen“, sagte Bundesfamilienministerin Karin P. Vanis (Bonn), Prof. Dr. Ulla Walter (Hannover), Prof. Dr. Gerhard Wegner (Hannover) und Prof. Dr. Harm-Peer Zimmermann (Marburg). Ursula von der Leyen in Berlin. Die Ministe- Berlin, 17. Juli – Die Bundesminis- rin weiter: „Deutschland kann es sich nicht terin für Familie, Senioren, Frauen und Saarbrücken, 28. Juni – Die ARD- leisten, diesen wichtigen Zukunftsmarkt Jugend, Ursula von der Leyen, hat in Ber- Themenwoche 2008 wird sich mit dem anderen zu überlassen. Daher starten wir lin vierzehn Sachverständigen ihre Beru- demografischen Wandel in unserer Gesell- im Bundesfamilienministerium das Unter- fungsurkunde als Mitglieder der Kommissi- schaft und seinen Konsequenzen beschäf- nehmensprogramm »Wirtschaftsfaktor on für den sechsten Altenbericht der tigen. Das beschlossen die Intendantinnen Alter – Unternehmen gewinnen«. Damit Bundesregierung überreicht. Die Kommis- und Intendanten bei ihrer Tagung in Saar- möchten wir die Unternehmen unterstüt- sion wird sich mit dem Thema „Altersbilder Berlin, 25. Juli – Die vom Bundes- brücken. Die Federführung wird beim zen und gleichzeitig ältere Menschen als in der Gesellschaft“ beschäftigen und trat ministerium für Familie, Senioren, Frauen WDR liegen. Großes Interesse an der Charta der Rechte pflegebedürftiger Menschen Verbraucherinnen und Verbraucher stär- anschließend zu ihrer ersten Arbeitssitzung und Jugend und dem Bundesgesund- WDR-Intendantin Monika Piel: „Der ken.“ Das neue Unternehmensprogramm zusammen. Der sechste Altenbericht soll heitsministerium initiierte „Charta der demografische Wandel unserer Gesell- »Wirtschaftsfaktor Alter – Unternehmen dazu beitragen, die öffentliche Debatte Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Men- 112 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 113 Neues DRK-Kursprogramm „Pflege in der Familie“ schen“ stößt auf immer größeres Interes- betroffen: In Westdeutschland bekamen festzulegen. Eine Paniktaste soll in Notsi- se. In weniger als drei Monaten wurden sie mit durchschnittlich 667 Euro 14,5 Pro- tuationen helfen, indem nach deren Betäti- rund 150.000 Exemplare der Broschüre zent weniger, in Ostdeutschland mit 601 gung alle vier gespeicherten Rufnummern bestellt. „Alle pflegebedürftigen Menschen Euro 12,5 Prozent weniger als noch im gewählt werden, bis eine Verbindung auf- haben das Recht, gute und menschen- Jahr 2000 (780 bzw. 667 Euro). Die Deut- gebaut wird. Ist dies nicht möglich, wird würdige Hilfe zu erhalten", erklärte Bun- sche Rentenversicherung nahm zu den eine Freisprechverbindung zur Servicezen- Berlin, 7. August – Das Deutsche desministerin Ursula von der Leyen in Ber- Zahlen Stellung und wies darauf hin, dass trale der Björn Steiger Stiftung hergestellt, Rote Kreuz (DRK) hat in Zusammenarbeit lin. „Die Charta der Rechte hilfe- und der durchschnittliche Rentenzahlbetrag ein die die Position des Kindes erkennt und mit dem pflegewissenschaftlichen Institut pflegebedürftiger Menschen macht deut- statistischer Mittelwert ist, der auch sämt- zugleich mit ihm sprechen kann. Verlassen der Universität Witten-Herdecke ein Kurs- lich, welche Rechte diese Menschen und liche Mini-Renten in seine Berechnung mit die Kinder den „grünen Bereich“, der im programm „Pflege in der Familie“ entwi- ihre Angehörigen haben. Die große Nach- einbezieht. Die so genannte Eckrente ist Vorfeld festgelegt wurde, erhalten die ckelt, das sich an Angehörige und ehren- frage belegt den Informations- und Bera- nach Ansicht der DRV aussagefähiger. Sie Eltern eine Benachrichtigung per SMS. amtlich Pflegende wendet. Doris Schmidt, tungsbedarf, wie gute Pflege konkret bezieht sich auf die Ansprüche, die ein Nachdem Weihnachten 2004 mit dem in Leiterin des Teams Altenhilfe und Gesund- gestaltet werden kann.“ Arbeitnehmer nach langem Berufsleben an China entwickelten „MyMo“ das erste Kin- heitsförderung des DRK-Bundesverban- Rentenanspruch erwirbt. Diese Eckrente derhandy mit Ortungssystem auf den des, sagte in Berlin: „Die Bedürfnisse pfle- ist im Westen um 5,5 Prozent auf 61,41 deutschen Markt kam, überschlugen sich gender Angehöriger gehen weit über das Euro gestiegen, im Osten um 6,47 Prozent 2007 die Marktneuigkeiten. Seit April stat- Erlernen von Handgriffen hinaus. Die bis- auf 62,82 Euro. tet die Björn Steiger Stiftung in Kooperati- herigen Pflegekurskonzepte berücksichti- on mit dem Mobilfunk-Discounter „simyo“ gen zu wenig das Bedürfnis nach Reflexi- Weitere Informationen unter die „ikids“-Handys für 9,90 Euro im Monat on und Entlastung. Die Pflege eines mit dem Komplettpaket „LifeService Kids“ Angehörigen ist eine enorme körperliche aus. Im Juni startete der Kindersender und psychische Herausforderung. Hier Super RTL in Zusammenarbeit mit „Toggo kann unser Kursprogramm jetzt wirkungs- Mobile“ sein Mobiltelefonangebot für Kin- volle Tipps und Anleitungen geben.“ Die der zum Preis von 10 Euro im Monat. Im nach August legte das Münchener Unterneh- Erkenntnissen entwickelten zwölf modula- men „Kandy Mobile“ nach: Auch das ren Einheiten beschäftigen sich nicht nur Zahlbetrag für Neurenten seit 2000 um zehn Prozent gesunken Berlin, 4. August – Die Bild-Zeitung titelt: „15 Prozent weniger Geld für Neu- www.deutsche-rentenversicherung- bund.de Rentner!“. Bild beruft sich auf neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Danach bekamen Neurentner in Westdeutschland im Jahr 2006 durchschnittlich 790 Euro Rente ausgezahlt. Im Jahr 2000 Kinderhandy mit PanikTaste und GPS-Ortung bei Tchibo waren es noch 883 Euro gewesen – ein neuesten wissenschaftlichen „Kandy-Handy“ verfügt über eine Notruf- mit Themen wie Prophylaxe, Körperpflege, Rückgang um 10,5 Prozent. Im Osten Bremen, 6. August – Der Kinder- taste und Ortungsfunktion. Das Komplett- Bewegung, sank der durchschnittliche Zahlbetrag um handy-Markt boomt. Nun hat Tchibo das angebot mit Vertrag kostet 12,90 Euro im Schmerz, Tod und Sterben. Sie vermitteln 5,3 Prozent auf 836 Euro. Neurentnerinnen speziell auf Vor- und Grundschulkinder Monat, jede Ortung zusätzlich 49 Cent. den Pflegenden darüber hinaus auch erhielten 2006 im Westen durchschnittlich zugeschnittene Mobiltelefon „ikids“ in sein 434 Euro, im Osten 660 Euro. Das sind 5,8 Portfolio aufgenommen, das den Nach- Auf der Website von „Kandy Mobile“ steht Der Kurs ist für die Teilnehmer kostenfrei. bzw. 2,8 Prozent weniger als im Jahr 2000 wuchs per GPS ortet. Besonders kontroll- eine Informationsbroschüre; kostenloser Die Kosten werden von den Pflegekassen (461 bzw. 679 Euro). Von den sinkenden freudige Eltern haben die Möglichkeit, für Download unter vollständig übernommen. Neurenten sind besonders Frührentner ihr Kind einen „grünen“ Bewegungsbereich www.kandymobile.com 114 Drei Farben Grau Ernährung, Umgang mit Techniken der Entlastung und Reflexion. Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 115 Weitere Informationen unter Milbradt (CDU) für Abriss: „Die bisherige 20,3 Jahren nach der letzten Sterbetafel. So liegt das Notrufsystem „eCall“ bei den www.drk.de Infrastruktur können wir uns nicht mehr 60-jährige Frauen können statistisch gese- europäischen Autofahrern inzwischen auf leisten.“ Milbradt rückte vom Verfas- hen mit 24,5 weiteren Lebensjahren rech- Platz eins der Wunschliste elektronischer sungsziel bundesweit gleicher Lebens- nen. Nach der Sterbetafel 2003/2005 Hilfen im Auto. Das ergab eine Umfrage in verhältnisse ab: Es solle lediglich einen waren es durchschnittlich 24,3 Jahre. Aus zwölf europäischen Ländern, die unter Mindeststandard geben für Bildung, Tele- der aktuellen Sterbetafel lässt sich auch Federführung des spanischen Automobil- kommunikation oder Gesundheitsvor- ablesen, dass statistisch gesehen jeder clubs RACC im Rahmen des internationa- sorge. Der familienpolitische Sprecher der zweite Mann zumindest 79 Jahre alt wird. len Test-Programms EuroTest durchge- Unionsfraktion, (CSU), Unter den Frauen kann fast jede zweite führt wurde. In Deutschland organisierte Bundesweit größter Demografie Kongress. Marshallplan für eine bevölkerungsorientierte Politik Singhammer schlug hingegen einen „Marshallplan für sogar ihren 85. Geburtstag erleben. 88 Pro- der ADAC die Studie. 88 Prozent der deut- Berlin, 23. August – Nach den Wor- eine bevölkerungsorientierte Politik“ und zent der Männer und 94 Prozent der Frau- schen Autofahren wünschen sich ein bord- ten des Bundesministers für Verkehr und eine parteiübergreifende, „breitgefächerte en können zumindest das 60. Lebensjahr eigenes Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee Kampagne aller Gutwilligen“ vor. vollenden. Im früheren Bundesgebiet ist die üben die Deutschen allerdings, wenn es an (SPD), nimmt Ostdeutschland den demo- Notrufsystem. Zurückhaltung Lebenserwartung nach wie vor etwas höher ihren Geldbeutel geht. Müssten sie dafür grafischen Wandel der gesamten Bun- Weitere Informationen auf der Kongress- als in den neuen Bundesländern. Bei den im bezahlen, würde das Interesse für „eCall“ desrepublik vorweg. Wie unter einem Homepage unter Westen neugeborenen Jungen ergibt sich und andere eSafety-Dienste um bis zu 47 Brennglas könne man hier den Bevölke- www.best-age-conference.de mit 76,9 Jahren gegenüber 75,5 Jahren bei Prozent zurückgehen. Sollte dafür die rungswandel beobachten, sagte Tiefensee den in den neuen Ländern (ohne Berlin) Erhebung von persönlichen Daten nötig auf dem zweiten Demografie-Kongress geborenen Jungen ein Abstand von 1,4 sein und somit ein Eingriff in die Privat- Jahren. Bei den neugeborenen Mädchen sphäre erfolgen, würden sie von 66 Pro- beträgt der Abstand zugunsten der im Wes- zent schlichtweg abgelehnt (mehr dazu im ten geborenen Kinder zu denen im Osten Beitrag „Hausnotruf 2.0“). „Best Age – Den Wandel gestalten“ in Berlin. Mit mehr als 500 Teilnehmern ist die vom »Behörden Spiegel« organisierte Ver- Lebenserwartung der Menschen in Deutschland nimmt weiter zu anstaltung die bundesweit größte Fach- dagegen nur 0,3 Jahre. konferenz zum Thema. Der Bundesver- Wiesbaden, 28. August – Wie das kehrsminister betonte, Bund, Länder und Statistische Bundesamt mitteilte, ist die Kostenfreier Download der aktuellen Ster- systems informiert ein Video unter Gemeinden müssten sich jetzt aktiv auf die durchschnittliche Lebenserwartung bei betafel und weitere Informationen unter http://adac.iptv.odmedia.net/ Entwicklung einstellen. „Wir brauchen eine Geburt für neugeborene Jungen auf 76,6 www.destatis.de konzentrierte Aktion aller Politikbereiche“, Jahre und für neugeborene Mädchen auf so Tiefensee. Wenn die Zahl der Einwoh- 82,1 Jahre gestiegen. Nach der bislang ner sinkt, fließen auch weniger Steuergel- aktuellen Sterbetafel 2003/2005 waren es der in die Staatskasse – in manchen Orten 76,2 beziehungsweise 81,8 Jahre gewe- Ostdeutschlands um bis zu 40 Prozent, sen. Auch für ältere Menschen ist die rechnete Staatssekretär Ulrich Kasparick Lebenserwartung weiter angestiegen. Nach (SPD) vor. Angesichts des Wohnungs- der neuen Sterbetafel 2004/2006 beläuft leerstands in den neuen Ländern plä- sich die Lebenserwartung von 60-jährigen München, 28. August – Die Nach- Das bereits im Februar auf den Markt dierte Sachsens Ministerpräsident Georg Männern auf weitere 20,6 Jahre gegenüber frage nach Notruflösungen im Alltag steigt. gekommene Medion-Handy MD 96120 116 Drei Farben Grau Über die Leistungen des „eCall“-Rettungs- Notruflösungen im Alltag kommen: Europas Autofahrer wünschen sich „eCall“ Seniorenhandy mit Notruffunktion bei Aldi-Nord Essen, 29. August – Der Discounter Aldi-Nord bietet ein Seniorenhandy mit Notruffunktion für knapp hundert Euro an. Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 117 wartet unter anderem mit extra großen alten Menschen werden nicht häufig wurden, und 24.650 Bewohner von Pfle- berücksichtigt, die im Laufe eines Jahres Tasten auf und bietet eine Anzeige, auf der genug umgebettet und liegen sich daher geheimen zu ihrer Versorgungssituation geboren werden. Diese durchschnittliche die Zahlen besonders groß dargestellt wer- wund. Bei zehn Prozent der untersuchten befragt und ihr Pflegezustand bewertet. Kinderzahl, die auch als zusammengefass- den. Für Notrufe steht eine Extra-Taste zur Heimbewohner stellten die MDS-Gutach- Außerdem wurden in den Einrichtungen te Geburtenziffer bezeichnet wird, wird zur Verfügung. Auch das Schreiben und Emp- ter gesundheitliche Schädigungen und Pflegekonzepte, Abläufe und die fachliche Beschreibung des aktuellen Geburtenver- fangen von SMS ist möglich. Auf Sonder- damit einen akut unzureichenden Pflege- Arbeit der Pflegekräfte überprüft. haltens herangezogen. Sie gibt an, wie funktionen wie MP3-Player oder eine zustand fest. 2003 hatte der Anteil der Kamera wird verzichtet. Dafür lasse sich akut unterversorgten alten Menschen Kostenfreier PDF-Download der Studie Lebens bekommen würde, wenn ihr das Handy laut Aldi aber besonders leicht noch 17,4 Prozent betragen. Insofern unter Geburtenverhalten so wäre wie das aller handhaben. Für zusätzlichen Komfort sprechen die Gutachter von einer verbes- www.mds-ev.de Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im sorgt die integrierte Freisprecheinrichtung. serten Qualität der ambulanten und statio- Die Stiftung Warentest urteilt: „Große Tas- nären Pflege. Das Ausmaß der aktuell fest- ten sind nicht alles.“ Sie bemängelt vor gestellten allem die verwirrende Menüführung und Herbert Mauel, Geschäftsführer des Bun- das mit 2,8 mal 2,8 Zentimetern zu desverbandes privater Anbieter sozialer schmale Display. Pluspunkte vergibt die Dienste (bpa), sieht die Zustände längst Stiftung Warentest für das Benutzerhand- nicht so dramatisch. Es hätten sich 95 buch, die überdurchschnittliche Sprach- Prozent der Pflegebedürftigen als zufrie- Wiesbaden, 10. September – In qualität und eine lange Akkulaufzeit. den bezeichnet. Die rein medizinischen Deutschland kamen im Jahr 2006 rund Missstände ist umstritten. viele Kinder eine Frau im Laufe ihres jeweils betrachteten Jahr. Wie viele Kinder ein Frauenjahrgang tatsächlich im Durch- Demografischer Trend hält an: Durchschnittlich 1,33 Kinder je Frau geboren schnitt geboren hat, kann erst festgestellt werden, wenn die Frauen am Ende des gebärfähigen Alters sind, das derzeit mit 49 Jahren definiert wird. Zur endgültigen Kinderzahl der Frauen, die heute dreißig oder zwanzig Jahre alt sind, können somit nur Schätzungen abgegeben werden. Vorgaben des MDS seien schlicht nicht 672.700 Kinder zur Welt. Das waren etwa Weitere Informationen unter praktikabel, so Mauel. 1.800 Milliliter Flüs- 13.100 weniger als 2005. Gleichzeitig ging Weitere Informationen unter www.stiftung-warentest.de sigkeit am Tag zu verabreichen, wäre die durchschnittliche Kinderzahl je Frau www.destatis.de selbst bei einer Betreuung rund um die Uhr leicht von 1,34 auf 1,33 zurück. Das gab nicht zu schaffen. Der MDS gibt alle drei das Statistische Bundesamt bekannt. Die Jahre einen umfassenden Bericht zur Unterschiede zwischen dem Westen und Situation und zur Entwicklung der Pflege- dem Osten Deutschlands haben sich wei- qualität bei häuslicher Pflege und in Pflege- ter verringert, wobei die Kinderzahl im frü- Krankenkassen-Bericht prangert Missstände in der Altenpflege an Anforderungen an die Handy-Ortung in den USA verschärft heimen ab. Der jetzt vorgestellte Bericht heren Bundesgebiet abnahm und in den Berlin, 31. August – Der zweite bezieht sich auf die Jahre 2004 bis 2006. neuen Bundesländern konstant blieb. In Washington (USA), 13. September Pflegequalitätsbericht der Spitzenverbän- Dafür wurden Daten aus 3.736 Qualitäts- den alten Ländern kamen im Jahr 2006 – Die US-Kommunikationsbehörde FCC de der gesetzlichen Krankenkassen (MDS) prüfungen in ambulanten Pflegediensten durchschnittlich 1,34 Kinder je Frau zur will mit neuen Vorschriften eine genauere macht Schlagzeilen. Danach bekommt und aus 4.215 Qualitätsprüfungen in sta- Welt, in den neuen Ländern 1,30. 2005 Ortung von Notrufen durchsetzen, die über fast jeder dritte Pflegebedürftige nicht tionären Pflegeeinrichtungen ausgewer- waren es im Westen Deutschlands 1,36 Mobiltelefone ausgelöst werden. Die Provi- genug zu essen oder zu trinken. 35,5 Pro- tet. Im Rahmen der Qualitätsprüfungen und im Osten ebenfalls 1,30 gewesen. Bei der in den USA müssen in der Lage sein, zent der Menschen in Heimen und sogar wurden rund 14.950 Pflegebedürftige, die der Berechnung der durchschnittlichen die Position eines Anrufers mit einer 42,4 Prozent der zu Hause versorgten von ambulanten Pflegediensten betreut Kinderzahl je Frau werden alle Kinder Genauigkeit von 140 bis 270 Meter in 95 118 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 119 Prozent aller Fälle zu ermitteln. Derzeit prü- 2.500 Menschenleben könnten durch eine fen die Betreiber, ob sie diesen Auflagen raschere Versorgung mit dem „eCall“-Sys- gerecht werden, indem sie eine größere tem jährlich EU-weit gerettet werden, Region aus mehreren Bundesstaaten als schätzt die Kommission. Federführend Grundlage heranziehen. Doch nach der zuständig für das Thema ist in der Kommis- neuen Regelung müssen sie sicherstellen, sion Viviane Reding, die Kommissarin für dass sie den Anforderungen in wesentlich Medien und die Informationsgesellschaft kleineren Bereichen gerecht werden. Laut (mehr dazu im Beitrag „Hausnotruf 2.0“). FCC-Chef Kevin Martin könne es zu erheblichen Problemen führen, wenn die Präzision der Services über mehrere Staaten gemessen wird. „Wenn beispielsweise die Ortung in Manhattan funktioniert, so Zweiter Aktionstag des DRK Sachsen-Anhalt zum Welt-Alzheimer-Tag EU-Kommission drängt auf Einführung des Notrufsystems „eCall“ Die Städte des Ruhrgebiets nehmen in diesem Jahr an der Initiative „Age Friendly Cities“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teil. Ergebnis ist ein Leitfaden der WHO, der zum diesjährigen Weltaltentag in Duisburg, London und Genf der Weltöf- Duisburg, 1. Oktober – Seit 1990 fentlichkeit vorgestellt wurde. „Im Ruhrge- ist der 1. Oktober der Internationale Tag biet sind besonders die zu kurzen Ampel- der älteren Menschen. Mit diesem Tag phasen, die Ausdünnung des Nahverkehrs würdigen die Vereinten Nationen die Leis- in einigen Teilen und Unebenheiten auf tungen der Älteren und den Gewinn, den dem Bürgersteig, die das Gehen mit Geh- sie für das gesellschaftliche Zusammenle- hilfen erschweren, problematisch für ben darstellen. „Die ganze Welt kann von Senioren“, erklärte Claudia Horch vom der älteren Generation profitieren“, sagte Regionalverband Ruhr die Umfrageergeb- Halle, 21. September – Zum Welt- der damalige UN-Generalsekretär Kofi nisse. Alzheimer-Tag, von der Weltgesundheits- Annan in seiner Erklärung zum Weltalten- organisation 1994 tag im letzten Jahr. „Da die Menschen Informationen zu den Weltaltentagen 2000 proklamiert, veranstaltete der DRK Lan- weltweit immer länger leben, muss die bis 2006 auf der Website der Vereinten desverband Sachsen-Anhalt auch in die- gesamte Menschheit daran interessiert Nationen unter sem Jahr einen Aktionstag. Im Stadthaus sein, den Prozess des Alterns so produk- www.un.org/events/olderpersons/2006/ von Halle tagten verschiedene Foren zu tiv, aktiv und gesund wie möglich zu hilft das einem Notrufenden in New Jersey noch lange nicht“, warnt Martin. Internationaler Leitfaden „Die altersfreundliche Stadt“ auf dem Weltaltentag in Duisburg vorgestellt (WHO) erstmals Brüssel, 17. September – Die EU- medizinischen und pflegerischen Aspek- gestalten“, so Annan im Oktober 2006. Kostenfreier PDF-Download der Kern- Kommission kündigte an, noch in diesem ten der Demenzerkrankung. Experten Anders als in den vergangenen Jahren fin- punkte einer altersfreundlichen Stadt unter Jahr Verhandlungen mit der europäischen aus Kliniken und anderen Einrichtungen den sich auf der Website der Vereinten und asiatischen Autoindustrie über eine der Gesundheitspflege informierten die Nationen zum diesjährigen Weltaltentag who_age-friendly_cities.pdf freiwillige Vereinbarung zu beginnen, der Besucher in Fachvorträgen über die Ent- weder eine Erklärung noch weitere Infor- zufolge alle Neuwagen ab 2010 mit dem stehung der Demenzerkrankung, ihre mationen. In Deutschland fand die zentra- Notrufsystem „eCall“ ausgestattet sein Früherkennung und Betreuungsmöglich- le Veranstaltung zum Weltaltentag in sollen. Sollte das Ziel auf diese Weise keiten. Die Informationsveranstaltungen diesem Jahr unter dem Titel „Die alters- nicht erreicht werden, erwägt die Kom- wurden von Lesungen und einer Ausstel- freundliche Stadt“ in Duisburg statt. Neben mission verbindliche Vorgaben. Wenn zu lung mit Fotografien von Gordana Bursac Dialog- und Aktionsforen zu Themen wie wenige EU-Staaten bis Jahresende das begleitet. Zudem luden mehrere Einrich- Wohnen im Alter oder Bedürfnisse von existierende „Memorandum of Under- tungen für Demenzkranke zum Tag der älteren Menschen mit Migrationshinter- Osnabrück / Freiburg, 1. Oktober – standing“ (MOU) zu „eCall“ unterzeichne- Offenen Tür ein. www.duisburg.de/vv/50/medien/ Alte Menschen in 24 Entwicklungsländern demonstrieren am Weltaltentag für ihre Rechte grund waren rund 60 Stände, von der Aus Anlass des Weltaltentages forderten ten, sei „gesetzgeberische Aktivität“ mög- Wohn- und Pflegeberatung bis zum Reise- alte Menschen in 24 Entwicklungsländern lich, heißt es in einer Mitteilung. Bis zu anbieter, auf der „Seniorenmeile“ vor Ort. mit Demonstrationen, Veranstaltungen und 120 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 121 bei Treffen mit Regierungsvertretern Ver- Waisen bei ihren Großeltern auf (mehr 41 Prozent aus Einpersonenhaushalten, zu Mobilität. Allein aufgrund der weiter sin- besserungen ihrer Situation. Die Kampa- dazu im Beitrag „Globales Altern“). 37 Prozent aus Zweipersonenhaushalten kenden Alterssterblichkeit sowohl bei und zu 22 Prozent aus Haushalten mit drei Frauen als auch bei Männern, der immer Weitere Informationen unter und mehr Personen bestehen. Besonders noch höheren Lebenserwartung der Frau- www.helpage.de hoch ist der Anteil der Einpersonenhaus- en sowie der schneller als bei den Frauen nente wie die Nobelpreisträger Desmond halte in den Stadtstaaten. Bereits heute steigenden Lebenserwartung der Männer Tutu und Wole Soyinka setzten sich lebt hier in jedem zweiten Haushalt ledig- ist mit einer Zunahme der Ein- und Zwei- lich eine Person, im Jahr 2025 werden personenhaushalte bei den über 60-Jähri- 54,5 Prozent aller Haushalte aus einer Per- gen zu rechnen. So werden im Jahr 2025 son bestehen. In den alten und neuen Flä- 22 Prozent mehr 60-Jährige und Ältere in chenländern wird der Anteil der Einperso- Einpersonenhaushalten leben als heute gne wurde von HelpAge International initiiert und von Caritas international unterstützt. Zahlreiche Politiker und Promi- gemeinsam mit den beiden Organisationen dafür ein, dass der 2002 in Madrid verabschiedete Weltaltenplan umgesetzt Bis 2025 mehr Privathaushalte trotz Bevölkerungsrückgang wird. Michael Bünte, Vorstandsmitglied von HelpAge Deutschland, wies auf die Wiesbaden, 5. Oktober – Trotz sin- nenhaushalte von aktuell 37 Prozent auf und fast 41 Prozent mehr in Zweiperso- Folgen des rasant fortschreitenden demo- kender Bevölkerungszahl wird die Zahl der 40 Prozent im Jahr 2025 steigen. Die nenhaushalten. grafischen Wandels in Entwicklungslän- Privathaushalte in Deutschland bis zum Zweipersonenhaushalte sind gegenwärtig dern hin. „Im Jahr 2050 wird es zum ers- Jahr 2025 von aktuell rund 39,5 Millionen besonders stark in den neuen Ländern Weitere Informationen und Ergebnisse der ten Mal in der Geschichte der Menschheit auf 40,5 Millionen und somit um knapp vertreten (36 Prozent); im Jahr 2025 wird Haushaltsvorausberechnung unter auf der Welt mehr alte Menschen über 60 drei Prozent zunehmen. Laut Statisti- ihr Anteil hier rund 41 Prozent betragen. www.destatis.de als Kinder unter 15 Jahren geben“, sagte schem Bundesamt liegt die Ursache die- Damit wird es in den neuen Ländern Bünte in Osnabrück. Bereits heute leben ser Entwicklung vor allem in einem Trend etwa gleich viele Haushalte mit einer und 100 Millionen ältere Menschen weltweit mit zu kleineren Haushalten, der seit Ende der mit zwei Personen geben. In den alten weniger als einem Dollar am Tag in extre- 1950-er Jahre beobachtet und sich wahr- Flächenländern wird der Anteil der Zwei- mer Armut. „Die Rechte der Senioren wer- scheinlich künftig fortsetzen wird. Dabei personenhaushalte von gut 33 Prozent auf den von vielen Regierungen bisher nicht werden die Einpersonenhaushalte auch in 37 Prozent zunehmen und in den Stadt- Hamburg, 9. Oktober – Bereits eingelöst.“ Alte Menschen würden in den Zukunft alle übrigen Haushaltsgrößen staaten bei circa 30 Prozent fast konstant sechs Wochen vor dem Startschuss für Entwicklungsländern zunehmend als Last dominieren, obwohl ihre Zahl bis 2025 mit bleiben. Der höchste Anteil von Haushal- die mit rund 4.300 Ausstellern aus angesehen. „In Asien und Afrika beklagen einem Plus von knapp 11 Prozent nicht so ten mit drei und mehr Personen wird 2025 65 Nationen weltgrößte Medizinmesse alte Menschen sich immer öfter, dass sie in rasch zunehmen wird wie die der Zweiper- in den alten Flächenländern anzutreffen MEDICA 2007 in Düsseldorf (14. bis 17. Hospitälern drittklassig behandelt werden, sonenhaushalte (+ 13 Prozent). Damit sein (23 Prozent). In den neuen Ländern November) hat die Presseveranstaltung weil eine Behandlung sich angeblich nicht wird es im Jahr 2025 16,7 Millionen Ein- wird fast jeder fünfte (19 Prozent) und in MEDICA PreView aufgezeigt, welche mehr lohne“, so Reinhard Würkner von personenhaushalte und 15,0 Millionen den Stadtstaaten etwa jeder siebte Haus- Trends sich für die einzelnen Markt- Caritas international. Tatsächlich falle den Zweipersonenhaushalte geben. Die Zahl halt (15 Prozent) aus drei und mehr Perso- segmente abzeichnen. Verstärkt liegen über 60-Jährigen jedoch eine Schlüsselrol- der Haushalte mit drei und mehr Personen nen bestehen. Für diese Entwicklung spre- kompakte und einfach zu bedienende le zu, wenn es darum gehe, Armut zu wird dagegen weiter kontinuierlich abneh- chen sowohl demografische als auch Medizinprodukte im Trend, die den reduzieren und die Welt menschlicher zu men: von aktuell 11,1 Millionen auf 8,8 soziale Faktoren wie die Zunahme der gesundheitsbewussten Patienten aktiv im machen. So wachse in Ost-und Südafrika Millionen im Jahr 2025 (- 21 Prozent). Die Partnerschaften mit getrennter Haushalts- Sinne der Prävention und des schnellen bereits die Hälfte der 15 Millionen Aids- Privathaushalte im Jahr 2025 werden zu führung oder die steigende berufliche Behandlungserfolges mit einbeziehen und 122 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 „Handy-Medizin“ im Trend Nachrichten 2007 123 ihm helfen, bestimmte Körperparameter am Jahresende 2006 in Deutschland rund Den Vorschlag eines zehntägigen bezahl- wohnortnaher selbst zu messen. Exemplarisch steht 682.000 Personen Leistungen der Grund- ten Pflegeurlaubs hatte Schmidt wegen Möglichkeit der Einstellung von Heimärz- dafür das "smartLABgenie". Dabei handelt sicherung im Alter und bei Erwerbsminde- des Widerstands in der Union zuvor aus ten, mehr unangemeldete Qualitätskon- es sich um ein kleines Blutzuckermessge- rung. 371.000 der Leistungsempfänger dem Entwurf streichen lassen. Die Union trollen in den Einrichtungen sowie die Ein- rät, so kompakt wie eine Kaugummi- waren 65 Jahre und älter. Das sind sind hatte zu hohen Kosten befürchtet und führung einer unbezahlten Pflegezeit von Schachtel. Der besondere Clou: Das Gerät 8,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Somit durchgesetzt, dass Pflegende dafür maxi- sechs Monaten für Arbeitnehmer. Zudem ist das erste seiner Art mit einer Bluetooth- beziehen inzwischen 2,3 Prozent der über mal zehn Tage im Jahr Urlaub nehmen sollen die Leistungen für ambulante Pfle- Schnittstelle. Es kann unter anderem die 65-Jährigen Gundsicherungsleistungen. können - ohne Bezahlung. Die SPD will gedienste und stationäre Pflege bis 2012 gemessenen Blutzuckerwerte auf jedes Die Grundsicherung im Alter und bei im weiteren Gesetzgebungsverfahren stufenweise angehoben werden. Danach Handy mit entsprechender Funkschnitt- Erwerbsminderung ist eine seit 1. Januar jedoch noch auf eine Bezahlung dringen. steigen die Leistungen in der Pflegestufe I stelle übertragen. Zwecks Datenübertra- 2003 bestehende Sozialleistung, die den Nach dem vom Kabinett verabschiedeten bis 2012 von derzeit 205 auf 450 Euro im gung an den behandelnden Arzt lassen grundlegenden Bedarf für den Lebensun- Gesetzentwurf soll der Beitrag zur Monat, in der Pflegestufe II von 921 auf sich alternativ die Blutzuckerdaten an eine terhalt sicherstellt. Seit 1. Januar 2005 gesetzlichen Pflegeversicherung zum 1.100 Euro und in der Pflegestufe III von modem-ähnliche Box „funken“. Über diese werden diese Leistungen nach dem 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf 1.432 auf 1.550 Euro. In der stationären Box gehen die Daten dann online ins Inter- 4. Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbu- 1,95 Prozent plus 0,25 Prozent für Kin- Pflege gibt es für Patienten eine Erhöhung net, so dass der Arzt über eine Website die ches gewährt. Sie können bei Bedürftigkeit derlose steigen. Durch Senkung der Bei- der Leistungen von derzeit 1.432 auf Auswertung vornehmen kann. Eine weite- von 18- bis 64-jährigen Personen, wenn träge zur Arbeitslosenversicherung um 1.550 Euro im Jahr 2012. Pflegeheime, re Produktvariante dieses Blutzuckermes- diese dauerhaft voll erwerbsgemindert 0,3 Prozentpunkte auf 3,9 Prozent ab denen es durch gute Pflege gelingt, einen segerätes wird per Klettverschluss an ein sind, sowie von Personen ab 65 Jahren in 1. Januar 2008 will die Große Koalition Pflegebedürftigen in eine niedrige Pflege- Handy befestigt und kann die Daten inter- Anspruch genommen werden. die Belastung von Arbeitnehmern und stufe zu bringen, sollen einmalig 1.536 Arbeitgebern mit Sozialversicherungsbei- Euro erhalten. Angehörige, die ihre pfle- netbasiert (via GPRS) an einen Server Pflegestützpunkte, die übermitteln. Dort werden die verschlüsselt Weitere Informationen und Daten nach trägen stabil halten. Dagegen müssen gebedürftigen Verwandten pflegen, erhal- gefunkten Werte des Patienten automa- Bundesländern unter Rentnerinnen und Rentner, die seit 2004 ten gestaffelt mehr Pflegegeld. Die Anhe- tisch in seine elektronische Patientenakte www.destatis.de keinen Zuschuss mehr von der Renten- bung erfolgt bis zum Jahr 2012 in versicherung erhalten, ab 1. Juli 2008 Pflegestufe I von derzeit 384 auf 215 künftig 1,95 Prozent Beitrag allein zahlen. Euro, in Pflegestufe II von derzeit 410 auf Sozialverbände kritisierten die Beitragser- 440 Euro, in Pflegestufe III von derzeit höhung deshalb als sozial ungerecht. Mit 665 auf 700 Euro im Monat. Die Leistun- den Mehreinnahmen soll die Aufnahme gen der gesetzlichen Pflegeversicherung integriert. Weitere Informationen unter www.medica.de Acht Prozent mehr ältere Grundsicherungsempfänger Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur Pflegereform der rund 1,2 Millionen Demenzkranken in sollen danach, erstmals 2015, automa- Berlin, 17. Oktober – Die große die Pflegeversicherung und Verbesserun- tisch an die Geldentwertung angepasst Koalition hat die Pflegereform ungeachtet gen für Pflegende in der ambulanten Pfle- werden. Bis dahin gebe es mit dieser bestehender Differenzen zwischen Union ge finanziert werden. Beschlossen wurde Reform der Pflegeversicherung finanzielle und SPD auf den Weg gebracht. Das Bun- die Einführung eines Betreuungsgeldes Sicherheit, sagte der Vorsitzende der Wiesbaden, 12. Oktober – Wie das deskabinett billigte den Gesetzentwurf von für Demenzkranke in Höhe von monatlich Sozialdemokraten, Kurt Beck. Die SPD Statistische Bundesamt mitteilte, erhielten Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). 100 bis 200 Euro, ferner die Einrichtung hatte sich mit ihrer Forderung nach einem 124 Drei Farben Grau Hausnotruf Themen 2007 Nachrichten 2007 125 Finanzausgleich zwischen gesetzlicher Fotos und privater Pflegepflichtversicherung nicht durchsetzen können. Andererseits war die Union mit ihrem Drängen nach Aufbau einer individuellen Kapitalreserve auf den Widerstand ihres Koalitionspartners gestoßen. Opposition und Sozialverbände haben der Koalition nach der vorläufigen Einigung auf eine Pflegereform ohne bezahlten Pflegeurlaub ein überwiegend schlechtes Zeugnis ausgestellt. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer kritisierte die Pflegereform als „Flickschusterei“. Der Linken-Pflegeexperte Ilja Seifert erklärte: „Dass die Gesundheitsministerin beim ursprünglich geplanten zweiwöchigen bezahlten Pflegeurlaub dem Druck der Union nachgegeben und den Rückwärtsgang eingelegt hat, ist nur ein Beispiel für den Kleinmut, mit dem die Reform der Pflegeversicherung von der Bundesregierung angegangen wird.“ Weitere Informationen unter www.bmg.bund.de 126 Drei Farben Grau Titel „passing time“ © Unica Images I flickr.com | S.5 „Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg“ © DRK-Generalseekretariat | S.6 „old lady“ © Justyna Furmanczyk I sxc.hu | S.8 „granny“ © anne makaske I flickr.com | S.10 „Up“ © Max Shirley I flickr.com | S.12 „La Señora Josefa en 1982“ © Ramon Pozuelo Ortiz I flickr.com | S.14 „Geoff and Val“ © Curtis Morton I flickr.com | S.15 „Two Generations, Father and Son. Thetford Forest, Norfolk“ © Kas Graham I flickr.com | S.16 „Never Too Old“ © Jeff Lowe I flickr.com | S.18 „Stell Dir vor“ © Sonja Schultes I PIXELIO | S.20 „Dorothy“ © Anne de Haas I flickr.com | S.23 „Study“ © Wolfgang Fellenz I flickr.com | S.24 „Altenteil“ © Frank Schaetzlein I flickr.com | S.25 „Kugelpyramide“ © photocase.com I RiMlA | S.27 „Ausgespielt“ © photocase.com | S.29 „Die Zeit rennt“ © Agentur Vatter + Vatter | S.30 „old people ahead“ © Reinhard Pantke I flickr.com | S.31 „80th Birthday“ © Grahame Mahoney I flickr.com | S.33 „Hartz IV - Kneipe“ © Patrick Fürst I flickr.com | S.38 „Globes and Maps“ © Carina Saur I flickr.com | „Tajikistan“ © Steve Evans I piqs.de | „Perderlo todo I - Doña Juanita“ © Memo Vasquez I flickr.com | „Jane, aka Grammy“ © Patrick Dugan I flickr.com | S.40 „mother and son“ © Adriano Carbone I flickr.com | S.41 „Passing away time...“ © Alex Vinter I flickr.com | S.42 „the McCormick nursing student“ © Poramapon Niramon I flickr.com | S.43 „Fernost Wellness 04“ © photocase.com | S.44 „Welt-Kugel’n“ © maxoff I PIXELIO | S.46 „Morning Stretch on the East River“ © Jake Ratner I flickr.com | S.47 „Old lady walking“ © Emilie Eagan I flickr.com limonada | S.49 „A boulder in the stream“ © Caleb Coppola I flickr.com | S.51 „Henry Diltz“ © Paul Zollo I flickr.com | S.53 „Old man“ © anorgan I flickr.com | S.54 „Green Lake Park in Kunming“ © newtuxedo I flickr.com | S.60 „Aufzug“ © photocase.com | S.61 © Diane I flickr.com | S.66 „Me and my old lady [2]“ © Flavio Cofini I flickr.com | S.68 „IMG_9885“ © noortjebrul I flickr.com | S.71 „Broschüre 25 Jahre Hausnotruf“ © DRK-Generalsekretariat | S.70 „Jazzpianist“ © Paul-Georg Meister I PIXELIO | S.72 „warhammer“ © Gena Maria Anderson I flickr.com | S.76 „Paro, therapeutic robot seal pup“ © Nemo´s great uncle I flickr.com | S.78 „Au pays des mains tendues“ © Carineva I flickr.com | S.79 „Angela Merkel“ © 2007 Presse und Informationsamt der Bundesregierung | S.81 „Kongress“ © Kamala Grossart I Agentur Vatter+Vatter | S.83 „Rentenaufbesserung“ © photocase.com | S.84 „Schöne Eurowelt“ © photocase.com | S.85 „Netzwerk der Generationen“ © Vatter+Vatter | S.89 „Kongress_2“ © Agentur Vatter+Vatter | S.91 „Überschlagunfall auf regennasser Autobahn“ © bestrossi I PIXELIO | S.93 „Total Eclipse“ © Bruno Van Wassenhove I flickr.com | S.96 „Oma im Bistro“ © photocase.com | S.128 „Jörg Marx“ © pressebüro berlin-brandenburg Hausnotruf Themen 2007 Fotos 127 Jörg Marx Freier Journalist und PR-Berater mit den Schwerpunkten Soziales, Sozialwirtschaft und Social Communications. DRK-Kreisverband Musterstadt e. V. Hausnotruf. Lange gut leben. Kurzvita: Jahrgang 1962, ausgebildeter Krankenpfleger, Hilfseinsätze in Armenien und Rwanda, Studium der Soziologie, Psychologie und Rechtswissenschaft, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter für Soziologie in Köln, Barcelona, Berlin und Passau, wissenschaftliche Buchveröffentlichungen, zuletzt "Der Wille zum Kind. Der Streit um die physiologische Unfruchtbarkeit der Frau im Kriegsjahr 1942" in: Biopolitik und Rassismus, hrsg. von Martin Stingelin, Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag 2003. 128 Drei Farben Grau Infos unter: 0180 365 0180 9 Cent / Min. aus dem deutschen Festnetz