Die Boston Box

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Die Boston Box
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Die Boston Box
Die Markt-Wachstums-Anteil Matrix – häufig als Boston Box bezeichnet – wurde in den
70er Jahren von der Boston Consulting Group (BCG) entwickelt. Sie ist ein Instrument des
Portfolio-Managements.
Die Boston Box positioniert die Produkte eines Unternehmens entsprechend der aktuellen
Phase ihres Produktlebenszyklus. Damit kann sie Erkenntnisse über den Bedarf oder die
Generierung finanzieller Mittel durch die einzelnen Produkte liefern.
Dem Modell der Boston Box liegen folgende Prämissen zugrunde:
• Die Gewinne und die finanziellen Mittel, die von einem Produkt generiert werden, sind
eine Funktion seines Marktanteils. Hohe Gewinne und hohe Marktanteile korrelieren direkt.
• Umsatzwachstum erfordert Investitionen. Mit Investitionen sind hier insbesondere Ausgaben für Marketing, Distributionsmaßnahmen / -kanäle und Weiterentwicklungen gemeint.
Der Umfang der erforderlichen Investitionen hängt vom allgemeinen Marktwachstum für
dieses Produkt ab.
• Hohe Marktanteile müssen gekauft werden bzw. erfordern zusätzliche Investitionen.
• Kein Geschäft / Markt wächst unendlich.
Somit ist die Profitabilität eines Produktes bestimmt von seinem Marktanteil, dem Marktwachstum und seiner Position im Produktlebenszyklus.
Rate des Marktwachstums
hoch
Star
Wachstumsphase
Problem Child /
Fragezeichen
Markteinführung
Cash Cow
Dog
Reifephase
Degeneration
niedrig
Relativer Marktanteil
hoch
niedrig
Typische Fragezeichen sind Produktneueinführungen in Märkten mit hohem Wachstum. Sie
starten mit einem niedrigen Marktanteil in Relation zum Marktführer. Um ihre Position zu
stärken, sind hohe Investitionen erforderlich. Solche Produkte sind i.d.R. nicht profitabel.
Erfolgreich entwickelte Fragezeichen erreichen einen hohen Marktanteil und werden somit
zu Stars. Oft handelt es sich dabei um Produkte in der Wachstumsphase. Um den erreichten
© Dagmar Recklies 2000
-2Marktanteil auch in dem wachsenden Markt zu erhalten, sind weitere Investitionen erforderlich. Während der Phase starken Wachstums sind die Produkte daher meist nur in geringem
Umfang profitabel.
Sobald sich das Marktwachstum durch Sättigung konsolidiert, werden die Produkte mit hohem Marktanteil zu Cash Cows. Wegen des geringen Wachstums benötigen diese Produkte
nur noch in geringem Umfang Investitionen. Sie generieren einen positiven Cash flow. In
einem ausgeglichenen Portfolio sollte dieser Cash flow eingesetzt werden, um Fragezeichen
und Stars weiterzuentwickeln.
Dogs sind Produkte mit einem geringen Marktanteil in Segmenten mit einer niedrigen Wachstumsrate. Produkte aus allen anderen Kategorien können sich zu Dogs entwickeln. Diese
Produkte können sehr wohl noch profitabel sein, wenn auch meist in geringerem Umfang. Oft
erfreuen sich ehemalige Cash Cows als eingefährte Produkte noch über einen längeren
Zeitraum einer stabilen Nachfrage, obwohl es bereits neuere Varianten mit einem größeren
Marktvolumen gibt.
Rate des Marktwachstums
hoch
Problem Child /
Fragezeichen
Cash Flow
Star
Cash Cow
sh
Ca
ow
Fl
Dog
niedrig
Relativer Marktanteil
hoch
niedrig
Es ist zu berücksichtigen, daß es sich bei diesem Modell um eine relativ vereinfachte Darstellung handelt (siehe auch Mintzberg, Ahlstrand und Lampel in ihrem Buch "Strategie Safari"). Es sind lediglich aus den beiden Hauptbestandteilen der strategischen Analyse – interne
und externe Analyse – je eine wesentliche Komponente ausgewählt worden, diese wurden
auf den zwei Achsen einer Matrix eingetragen und in hoch und niedrig unterteilt. Das Modell
kann hilfreiche Erkenntnisse über die gegenwärtige Zusammensetzung und erforderliche
Maßnahmen für das Produktportfolio eines Unternehmens liefern. Es wäre allerdings ein
Trugschluß, es dabei bewenden zu lassen. Viele Produkte oder Leistungen sind eigentlich
nicht profitabel für ein Unternehmen, sind aber von Bedeutung, da sie eine notwendige Ergänzung eines anderen Produktes bilden oder von den Kunden einfach erwartet werden.
Dagegen können Unternehmen aus den verschiedensten Gründen profitable Produkte in
ihrem Portfolio haben, die aber in keinem echten Zusammenhang oder gar im Gegensatz zu
allen übrigen Produkten und Leistungen stehen. Macht es wirklich Sinn, an einem an sich
erfolgversprechenden Produkte festzuhalten, obwohl es vielleicht das mühsam erworbene
Profil als hochspezialisierter Nischenanbieter verwässert. Oder sollte man es besser abstoßen und von dem Verkaufserlös andere Produkte fördern?
© Dagmar Recklies 2000
-3Weitere Schwachpunkte der Boston Box ergeben sich aus dem historischen Zusammenhang, in dem sie entwickelt wurde. Die frühen 70er Jahre waren noch eine Periode relativ
stabilen Wachstums. Damit beschränkten sich strategische Entscheidungen dieser Zeit weitgehend auf Reaktionen auf Nachfrageänderungen, das Erreichen von Wachstum und die
Diversifizierung zur Minimierung von Risiken. Genau für eine solche Situation ist die Boston
Box ein hervorragendes Modell. Mit der Grundprämisse, daß Marktanteil eine hohe Profitabilität ermöglicht, läßt sie sich insbesondere auf volumenabhängige Branchen anwenden. Diese Kausalität hat sich heute jedoch für viele Sektoren grundlegend geändert – nur wer in
seinem Segment profitabel ist, kann seinen Marktanteil ausbauen. Auf die heute gerade in
den neu entstandenen Branchen – IT, Kommunikation etc. – relevanten Anforderungen wie
Spezialisierung, Flexibilität oder Kundenorientierung gibt die Boston Box kaum eine Antwort.
© Dagmar Recklies 2000
© Dagmar Recklies 2000

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