Garten+Landschaft Mercedes heißt Gnade

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Garten+Landschaft Mercedes heißt Gnade
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Mercedes-Benz-Museum
Mecedesstraße 100
70372 Stuttgart Bad Cannstatt,
Deutschland
© Hans Ege
Mercedes heißt Gnade
SAMMLUNG
Unweit des Daimler-Werksgeländes Stuttgart-Untertürkheim entstand das neue
Mercedes-Benz-Museum. Die strahlend helle Außenanlage ist funktional, sie
präsentiert die fulminante Architektur und ordnet den Verkehr.
ARCHITEKTIN
Garten+Landschaft
UNStudio
BAUHERRIN
Daimler Chrysler Immobilien
von Robert Schäfer
Der Schwabe schafft „beim Daimler“, aber er fährt „einen Mercedes”, gerne einen
Jahreswagen. Wer dennoch Daimler zu seinem Gefährt sagte, meinte meist seinen 190er,
den er zuhause billig mit dem für seinen Traktor bestimmten Diesel betanken konnte.
Wenn nun die neue Mercedes-Benz-Welt in Stuttgart-Untertürkheim, direkt vor dem
Haupttor des DaimlerChrysler-Werks, einst Daimler-Benz AG, so und nicht anders heißt,
verweist dies auf die Erfolgsgeschichte der Automobile mit dem unverwechselbaren Stern.
Es geht um Markenbildung. Emil Jellinek bestellte ab 1893 bei der DaimlerMotoren-Gesellschaft etliche Wagen. Mit einem 28 PS starken Daimler, den er auf den
Kosenamen seiner Tochter Mercedes getauft hatte, gewann er 1899 die Rennwoche in
Nizza. Auch in den folgenden Jahren waren Rennwagen aus Stuttgart unbezwingbar und
seit 1902 hießen alle Autos von Daimler „Mercedes“. Der richtige Vorname des
Jellinek-Mädels lautete übrigens Adrienne Manuela Ramona. Man stelle sich vor …
Mercedes-Karossen mit dem dreizackigen Stern als Logo wurden weltberühmt, 160 davon
präsentieren sich nun seit Mai unweit des Canstatter Gottlieb-Daimler-Stadions. Hier thront
auf einem aufgeschütteten Hügel das Mercedes-Benz-Museum nebst angegliederter
Mercedes-Benz-Niederlassung zwischen Automobilwerk und Autoschnellstraße. Der
Grundriss: einem Wankelmotor nachempfunden. Der Innenhof: ein kongruentes Atrium,
umwunden von zwei Schrägen einer Doppelhelix. Bis ins kleinste Detail bereits bewundert
in allen Feuilletons. Und außen?
STATIK
Werner Sobek Ingenieure
ÖRTLICHE BAUAUFSICHT
Wenzel + Wenzel
FUNKTION
Museen und Ausstellungsgebäude
AUSFÜHRUNG
2003 - 2006
WEITERE KONSULENTiNNEN
Energieplanung: Transsolar, Stuttgart
Geometrie: Arnold Walz, Stuttgart
Museumskonzeption und
Ausstellungsgestaltung: hg merz
architekten museumsgestalter,
Stuttgart/Berlin, Prof. HG Merz mit
Christine Kappei und Markus Betz
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr.
Gottfried Korff, Prof. Dr. Dr. Franz
Josef Brüggemeier, Dr. Ulrich Raulff,
Dr. Anke Te Heesen, Dr. Martina
Eberspächer, Dr. Claudia Haas, Mike
Friedrich
Medien (Konzept, Design, Planung): hg
merz mit iart interactive ag, Basel
Visuelle Kommunikation: hg merz mit
Die Architekten von UN Studio van Berkel & Bos aus Amsterdam ließen ein recht
L2M3 Kommunikationsdesign GmbH
unschwäbisch wirkendes Gebäude einschweben, das den Landschaftsarchitekten von
Leitsystem: hg merz mit Fons
Knoll Ökoplan aus Sindelfingen die Aufgabe so schwer wie leicht machte. Was Anderes als Hickmann m23 GmbH
eine großzügige ruhige Fassung für den 80 Meter langen und 47,5 Meter hohen
Aufgrund der Bildrechte kann es zu Unterschieden
Bolidenbau ließe sich denken? Daneben musste das eher profane Niederlassungsgebäude zwischen der HTML- und der Printversion kommen.
mit seinen Verkaufs- und Ausstellungsflächen integriert werden.
Wer hierher kommt, möchte also rasch hinein, entweder um mal eben einen neuen 350
CGI zu erwerben oder natürlich um die Silberpfeile zu bestaunen und den 300 SEL mit
Flügeltüren. So galt es, die Anfahrt für Reisebusse zu planen, VIP-Vorfahrten,
Fahrradstellplätze, Rampen und Treppen vorzusehen. Die leicht modellierte Landschaft zu
Füßen des Museums besteht überwiegend aus chinesischem Granit, der oberflächlich
beide Gebäude fasst, wenn auch nuanciert in der Struktur. Unterirdisch sind die beiden
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Mercedes-Benz-Museum
Häuser durch einen 100 Meter langen Tunnel verbunden. In etlichen „Pockets“ genannten
Inseln, alle verschieden im Grundriss, wachsen Sumpfeichen, stehen Bänke mit
einheitlichem Lehnen-Neigungswinkel, individuell gefertigt aus Beton mit sechs Prozent
Eisenoxid-Beimischung. Unten an der Straße bietet eine Rundbank einer ganzen
Busladung Sitzplätze, an der Nordwestecke liegt der Eingangsplatz mit einem eiförmigen
Wasserbecken. Die sechs Sprudler sind computergesteuert.
A propos Computer: Ohne sie wären weder Haus noch Entree so denkbar. Ein 50 Mal
upgedatetes Datenmodell machte die Architektur erst möglich, die dann auch wesentlich
das Layout des Außenraumes bestimmte. Eine enge Abstimmung zwischen den
Architekten, dem Museumsgestalter, den Landschaftsarchitekten und den Lichtplanern
wurde so zwingend vorgegeben. Beispiel: ein großes Rund im Westen des Museums. Hier
schufen die Landschaftsarchitekten eine Arena für 500 bis 600 Personen, mit 3D
berechneten und einzeln gefertigten Sitzstufen unter freiem Himmel. Wände, Stufen,
Mauern, alles hell, alles noch ohne Graffiti. Auch das Licht, das für das gesamte Areal
zusammen mit dem Innenlichtkonzept entwickelt wurde von Ulrike Brandi Licht, taucht die
nächtliche Museumsumgebung in warmweißes bis neutralweißes Licht. Ein weiches
Streiflicht akzentuiert die Böschungen der Pockets.
Für die Kunst im Außenraum zeichnet der Museumsgestalter HG Merz aus Stuttgart
verantwortlich, die Platzierung der Objekte sowie der skulpturalen Orientierungspfeile war
nicht verhandelbar. Als ob die Bauherren der Architekturikone der Holländer in ihrer
Werbewirkung misstrauten, stellten sie einige ihrer Luxuskarossen in zwei der
eichenbestandenen Pockets, die dadurch den Charakter teuer designter Stellplätze
bekommen.
Es steht ansonsten wenig Mobiliar herum und wo es steht, wurde der Ort dafür nicht immer
von den Landschaftsarchitekten bestimmt, Los der Planer wenn sie einen interessierten
Bauherrn haben. Mit der Vegetation hielten sich die Landschaftsarchitekten zurück. Buchs
und Efeu begrenzen das Gelände im Westen und Norden zu den Fahrwegen hin,
Sumpfeichen-Gruppen bieten hie und da ein wenig Schatten und Kirschlorbeer schmückt
die Grenze zur Schnellstraße. Der Vorschlag, blühende Bäume zu verwenden, wurde von
den Mercedes- Leuten vehement und autolackprotektiv abgelehnt.
Die Marke Mercedes erhielt mit einer aufsehenerregenden Architektur einen neuen
Wallfahrtsort an automobilhistorischer Stelle. Die Außenanlage, steinern wie eine
Fahrbahn, dient ihrem Zweck, lenkt die Besucher und sorgt dafür, dass diese nicht
stolpern, wenn sie staunend den Hügel der Gnade erklimmen.
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Mercedes-Benz-Museum
Garten+Landschaft, 03.08.2006
WEITERE TEXTE
Meisterwerk für Mercedes, Peter Cachola Schmal, archithese, 21.06.2006
Mercedes-Benz Museum in Stuttgart, Detail, 15.09.2006
Mercedes-Benz-Museum, Jan Pieper, Baumeister, 10.07.2006
Fast jeder Neuwagen ein Museumsstück, Christian Holl, db, 06.07.2006
Rettender Wirbelsturm, Rüdiger Detzer, TEC21, 15.10.2010
Tempel des Computerzeitalters, Roman Hollenstein, Neue Zürcher Zeitung, 19.05.2006
Ein Kult braucht seine Tempel, Christian Kühn, Spectrum, 11.06.2006
In der Zeitschleife , Dankwart Guratzsch, Die Welt, 26.04.2006
Neues Museum für Mercedes-Mythen, Rainer Haubrich, Die Welt, 20.06.2002
Der alte 240 Diesel, FAZ, 18.05.2006
Bauen für das Auto, Niklas Maak, FAZ, 18.05.2006
Hier gerät Beton in Bewegung, Wolfgang Peters, FAZ, 11.04.2006
Mit der Doppelhelix zum Mythos, Georg Küffner, FAZ, 08.03.2006
Doppel-Whopper auf Kleeblatt, Werner Jacob, FAZ, 09.12.2005
Das Ich und das Auto, Jörg Häntzschel, Süddeutsche Zeitung, 06.05.2006
Kaleidoskop und Kleeblatt, Oliver Herwig, Süddeutsche Zeitung, 05.11.2005
Barock aus dem Rechner, Hanno Rauterberg, Die Zeit, 03.11.2005
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