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Erbrechtsratgeber
www.lebenshilfe-limburg.de
Impressum
Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Limburg e.V.
Wiesbadener Straße 15
65549 Limburg
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Internet:
06431 993-204
06431 993-200
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www.lebenshilfe-limburg.de
Vorstand
1. Vorsitzender:
2. Vorsitzender:
Schatzmeister:
Werner Reingen, Rechtsanwalt und Notar, Limburg
Hubert Lenz, Bürgermeister, Elbtal
Michael Müller, Unternehmensberater, Altendiez
Vereinsregister
VR 227
Redaktion
Annika Reingen
Mathias Korn
Simon Schach
Gestaltung
cogitum – agentur für kreative kommunikation, Hahnstätten
Druck
Druckerei Herbert Ammelung GmbH, Bad Camberg
Spendenkonten
Kto: 40 40 40 40 BLZ: 511 900 00 Vereinigte Volksbank eG Limburg
Kto: 535 118 450 BLZ: 510 500 15 Nassauische Sparkasse
Kto: 950
BLZ: 511 500 18 Kreissparkasse Limburg
© Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Limburg e.V. (2011)
Seite 2
Inhalt
I. Vorwort
S. 03
II. Die Lebenshilfe Limburg: Aufgaben – Ziele - Perspektiven
S. 04
III. Wie sich die Lebenshilfe Limburg finanziert – und warum sie
Unterstützung benötigt
S. 07
IV. Schenken und Vererben: Eine mögliche Form der Unterstützung
1. Warum ein Testament wichtig ist.
a. die gesetzliche Erbfolge
b. die testamentarische Erbfolge
2. Wie verfasse ich ein Testament?
a. das eigenhändige Testament
b. das notarielle Testament
c. Kosten eines notariellen Testaments
3. Die Erbeinsetzung
4. Das Pflichtteilsrecht
5. Das Vermächtnis und sonstige Zuwendungen
6. Schenkungen unter Lebenden
7. Aufbewahrung und Änderung eines Testaments
a. Aufbewahrung
b. Änderung
8. Die Testamentsvollstreckung
S. 09
S. 09
V. Das Behindertentestament oder Testament für unverschuldet
bedürftige Personen
1. Eigenes Vermögen des Menschen mit Behinderung
2. Betreuungsvollmacht durch den Menschen mit Behinderung
S. 24
S. 28
S. 30
VI. Erbschafts- und Schenkungssteuer
S. 31
VII. Zuwendungen an die Lebenshilfe Limburg
S. 34
VIII. Ihr Ansprechpartner
S. 36
S. 12
S. 14
S. 17
S. 18
S. 19
S. 21
S. 22
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Behinderun
S. 02
I.
Vorwort
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
die Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Limburg e. V. setzt sich seit über 45
Jahren für Menschen mit geistiger Behinderung und deren Familien ein. Unser Anliegen, für ein
selbstbestimmtes und sinnerfülltes Leben der Menschen mit Behinderung sowie deren Familien
Sorge und Verantwortung zu tragen, war und ist nur mit der Unterstützung vieler Freunde und
Förderer der Lebenshilfe möglich. Wir sind sehr dankbar, die ehrenamtliche oder finanzielle
Unterstützung unserer Förderer entgegennehmen zu dürfen.
Aus dem Kreis unserer Förderer entstand die Anregung, einen Ratgeber für den Umgang mit dem
Thema Schenken und Vererben zu erstellen. Zum einen wurden wir gebeten, die Besonderheiten
beim sogenannten „Behindertentestament“ frühzeitig an die Betroffenen weiterzugeben, damit
keine Benachteiligung der Menschen mit Behinderung nach dem Tode der Eltern eintritt.
Zum anderen gab es beim Thema Vererben, Testament und Nachlass viele offene Fragen von
Spendern, die der Lebenshilfe einen Teil Ihres Vermögens hinterlassen möchten. Dies bestärkte
uns darin, einen Ratgeber zur Verfügung zu stellen.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme und aufschlussreiche Lektüre. Bei Fragen zögern Sie bitte
nicht, uns persönlich zu kontaktieren. Alle Ihre Fragen oder Wünsche werden selbstverständlich
vertraulich behandelt.
Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihr Interesse an der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger
Behinderung Limburg e. V.
Mit den besten Wünschen
Werner Reingen
Vorsitzender der Lebenshilfe Limburg
S. 03
Erbrechtsratgeber
„Lebenshilfe heißt: Vor Ort da zu sein für die Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung. “
Michael Franke, Gruppenleiter der Lebenshilfe-Werkstatt in der Wiesbadener Straße in Limburg
II.
Die Lebenshilfe Limburg:
Aufgaben – Ziele – Perspektiven
Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung haben den Wunsch
und auch den Anspruch, ein möglichst normales und sinnerfülltes Leben
führen zu können – von der Kindheit bis ins Alter.
Geistige Behinderung ist keine Krankheit. Sie ist vielmehr eine mögliche
Form der menschlichen Individualität. Die Menschen mit einer solchen
Behinderung sind beachtens- und bemerkenswert. Gleichwohl oder auch
gerade deswegen benötigen die Menschen mit geistiger Behinderung auch
Schutz und Hilfe, um in der Gesellschaft zurechtzukommen. Hierbei gilt
der Grundsatz: Soviel Hilfe wie nötig, sowenig Hilfestellung wie möglich.
S. 04
Dafür schafft die „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
Limburg e. V.“ seit mehr als fünfundvierzig Jahren die notwendigen
Voraussetzungen. Unter Beachtung der wesentlichen Lebensbereiche
Wohnen, Arbeit, Bildung und Freizeit fördert der Verein alle Maßnahmen
und Einrichtungen, die Menschen mit Behinderung in die Lage versetzen,
eigenständig und selbstbestimmt mit anderen Menschen zu leben.
Die Lebenshilfe Limburg schafft dies durch ihre Frühförderstelle für die
Kleinsten, durch Tagesförderstätten, Werkstätten, Wohnheime, durch das
Betreute Wohnen und den so genannten Familien-entlastenden Dienst
sowie durch das Begleitete Wohnen in Familien.
In der Frühförderung der Lebenshilfe Limburg erfahren rund 180 Kinder
mit einer Behinderung intensive Zuwendung, um bestmögliche Entwicklungschancen von Beginn an zu haben.
Die Werkstätten der Lebenshilfe Limburg bieten an mehreren Standorten
insgesamt rund 500 Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung
einen dauerhaften Arbeits- und Betreuungsplatz.
In den Wohnhäusern und angegliederten Außenwohngruppen leben über
190 Menschen mit geistiger Behinderung. Hier finden sie nicht nur Versorgung, Unterkunft und Verpflegung, sondern auch Geborgenheit und
Eigenständigkeit, Privatsphäre und Gemeinschaft. Die Lebenshilfe Limburg
tut alles, damit die Bewohner ihr Recht auf Selbstständigkeit und Selbstbestimmung praktisch leben können.
Als regional tätiger gemeinnütziger Verein ist die Lebenshilfe Limburg im
Landkreis Limburg-Weilburg und auch in angrenzenden Teilen von Rheinland-Pfalz tätig.
Die Lebenshilfe Limburg als Sozialdienstleister für die Menschen mit
geistiger und seelischer Behinderung in der Region Limburg ist Teil der
bundesweiten Lebenshilfe-Familie.
S. 05
Erbrechtsratgeber
Sie können sich auch auf der Homepage www.lebenshilfe-limburg.de
über das gesamte Leistungsspektrum unserer Arbeit informieren. Gerne
stehen wir Ihnen für Ihre Fragen auch persönlich zur Verfügung (s. S. 36).
Sollten Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte gegenüber Gesetzgeber und
Behörden Hilfe benötigen, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir
vermitteln Ihnen bei Bedarf auch fachkundigen Rat durch einen Anwalt
oder Notar.
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- Heimat un
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mit Behinderu
„Unsere Arbeit für Menschen mit Behinderung ist mehr und mehr auf Spenden angewiesen.“
Dipl.-Betriebswirt Albrecht Fritz, Geschäftsführer kaufmännischer Geschäftsbereich der Lebenshilfe Limburg gGmbH
Wie sich die Lebenshilfe Limburg
finanziert – und warum sie Unterstützung benötigt
III.
Unter dem Dach des Vereins „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Limburg e. V.“ gibt es zwei gemeinnützige GmbHs, die Lebenshilfe Limburg gemeinnützige GmbH und die Lebenshilfe Wohnen gemeinnützige GmbH.
Wie der Name der GmbHs verdeutlicht handelt es sich um Wirtschaftseinheiten, deren Erträge ausschließlich in die gemeinnützigen Einrichtungen
der Lebenshilfe zurückfließen.
S. 07
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Lebensh
- Mitten im Leben.
In den beiden gemeinnützigen GmbHs der Lebenshilfe Limburg werden in
den Werkstätten Arbeitsplätze und in den Wohnheimen Wohnangebote
für Menschen mit geistiger Behinderung bereitgestellt und geschaffen.
Die Werkstätten und Wohnheime sind bzw. werden nach neuesten Standards ausgerüstet.
In beiden Gesellschaften der Lebenshilfe Limburg wird unter sorgfältiger
Verwendung der durch die öffentliche Hand zur Verfügung gestellten
Mittel die Grundversorgung für das Arbeiten und das Wohnen der Menschen mit Behinderung sichergestellt.
Die Menschen mit Behinderung erwirtschaften in den Werkstätten ihren Arbeitslohn. Ein Teil wird in die Lohnausgleichsrücklage übernommen und ein weiterer Teil dem Kostenträger zur Verfügung gestellt.
Der Verein der „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
Limburg e. V.“ finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Der
Vorstand und die Geschäftsführung arbeiten hier ehrenamtlich, um keine
Kosten für den Verein zu verursachen.
Für die Wahrnehmung seiner Aufgaben ist der Verein zwingend auf Spenden
und Vermächtnisse sowie Erblasser angewiesen, um zukunftsfähig zu bleiben.
Denn alle über die vom staatlichen Kostenträger vorgesehene Mindestversorgung hinausgehenden Hilfestellungen für die betreuten Menschen
muss der Verein mit den erhaltenen Spenden finanzieren. So können
beispielsweise viele notwendige Geräte für die gesundheitliche Grundversorgung oder viele Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung
für die Menschen mit Behinderung nur durch Spenden verwirklicht werden.
Ebenso muss der Verein anteilig die Finanzierung der Versorgungsstruktur,
der Arbeitsplätze und Wohnmöglichkeiten für die Lebenshilfe Limburg
gemeinnützige GmbH sowie für die Lebenshilfe Wohnen gemeinnützigen
GmbH mittragen.
S. 08
„Viele Menschen sind über Themen wie Schenken oder Vererben nicht ausreichend informiert . “
Annika Reingen, Rechtsanwältin
Schenken und Vererben: Eine
mögliche Form der Unterstützung
1. Warum ein Testament wichtig ist.
IV.
Mit einem Testament bestimmen Sie weitgehend, was mit
Ihrem Nachlass geschieht.
Sie können Menschen oder auch Organisationen, die Ihnen
nahe stehen, in Ihrem Testament bedenken.
S. 09
Erbrechtsratgeber
a. Gesetzliche Erbfolge
Wenn Sie kein Testament errichten, tritt nach Ihrem Tod die gesetzliche
Erbfolge in Kraft. Diese legt genau fest, wie der Nachlass unter den Hinterbliebenen aufzuteilen ist.
Erbberechtigt sind Blutsverwandte, Ehepartner oder Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft. Adoptivkinder sind den leiblichen Kindern
gleichgestellt.
Das Gesetz unterscheidet Erben verschiedener
Ordnungsgrade. Im Wesentlichen sind das:
Erben
1. Ordnung:
Abkömmlinge des Erblassers (leiblich und adoptiert)
und deren Abkömmlinge (Enkel, Urenkel)
2. Ordnung:
Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
(Geschwister, Nichten und Neffen, Großnichten und
Großneffen)
3. Ordnung:
Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
(Onkel und Tanten, Vettern und Cousinen, Nichten und
Neffen zweiten Grades)
4. Ordnung:
Urgroßeltern und deren Nachkommen
Prinzipiell gilt: Verwandte einer näheren Ordnung schließen Verwandte
einer entfernteren Ordnung von der Erbfolge aus.
Daneben und nicht innerhalb dieser Ordnungen besteht das gesetzliche
Erbrecht des überlebenden Ehegatten oder des überlebenden Partners
einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.
S. 10
Für den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft unter Eheleuten gilt: Der Überlebende erhält neben den Erben 1. Ordnung ein Viertel
des Nachlasses als Erbteil. Soweit die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhöht sich dieser Erbanteil um den sogenannten Zugewinnausgleich von Todes wegen. Dieser
beträgt ein weiteres Viertel des Vermögens des Erblassers.
Für den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt demnach: Der überlebende Ehegatte erhält die Hälfte des Nachlasses für den
Fall, dass Kinder vorhanden sind. War das Ehepaar kinderlos, erhält der
überlebende Ehegatte drei Viertel des Nachlasses des Verstorbenen.
Ohne Testament erhalten Lebensgefährten ohne eingetragene Lebenspartnerschaft, pflegende Personen, Freunde und Bekannte nichts.
b. Die testamentarische Erbfolge
Um zu vermeiden, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, muss ein Testament errichtet werden. Ein Testament setzt die gesetzliche Erbfolge außer
Kraft.
Mit Hilfe des Testaments können auch Personen und Organisationen
bedacht werden, die im Fall der gesetzlichen Erbfolge nicht anspruchsberechtigt wären.
Mit der testamentarischen Erbfolge kann der Erblasser seinen Nachlass
weitgehend nach seinen eigenen Wünschen regeln. Diese Freiheit wird
lediglich durch den vom Gesetzgeber festgelegten Pflichtteil begrenzt.
Anspruch auf einen Pflichtteil haben die Ehepartner und Partner einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die Kinder. Falls keine Kinder
vorhanden sind, sind auch die Eltern des Erblassers oder die Enkel pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
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2. Wie verfasse ich ein Testamtent?
Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Testament zu errichten:
• • Es kann handschriftlich verfasst werden
(privatschriftliches Testament).
Es kann von einem Notar aufgesetzt werden
(notarielles Testament).
a.das eigenhändige Testament
Beim Verfassen eines privatschriftlichen Testaments müssen folgende
Punkte beachtet werden:
• Das Testament muss vom ersten bis zum letzten Buchstaben hand
schriftlich und in lesbarer Form vom Erblasser eigenhändig geschrieben sein.
schrieben sowie mit Datum und Ortsangabe versehen sein.
• Es sollte mit dem vollen Vor- und Zunamen des Erblassers unterDer Erblasser sollte auch so genau wie möglich festlegen, wer was bekommen soll, und die Erben mit ihren korrekten Namen benennen.
b. das notarielle Testament
Sinnvollerweise sollte ein notarielles Testament errichtet werden.
Dies hat zum einen den Vorteil, dass Sie eine umfassende juristische Beratung
durch den Notar erhalten. Dieser berät Sie ausführlich, so dass tatsächlich
S. 12
auch Ihr letzter Wille ausgeführt wird. Eine eingehende Besprechung vor
Errichtung des notariellen Testamentes, bei dem die Besonderheiten des
Einzelfalls berücksichtigt werden, ist selbstverständlich. Der Notar steht
aber auch bei Abwicklung des Testamentes zur Verfügung.
Zum anderen hat das notarielle Testament – und nur das notarielle Testament – den entscheidenden Vorteil, dass dieses den nach dem Tod erforderlich werdenden Erbschein ersetzt. Sollte Grundbesitz vorhanden sein,
verlangt das zuständige Amtsgericht die sogenannte Grundbuchberichtigung, die nur mit einem Erbschein erfolgen kann. Gleiches gilt zum
Beispiel auch bei einem Nachlass mit Geschäftsanteilen.
Aber auch Banken und Versicherungen verlangen heutzutage grundsätzlich die Vorlage eines Erbscheins, aus dem die entsprechende Erbberechtigung hervorgeht. Auch hier kann die Vorlage eines notariellen Testaments
Hilfe leisten, damit schnellstmöglich über das Geld verfügt werden kann.
Für einen Erbschein fallen neben der zeitlichen Verzögerung nicht unerhebliche Kosten an. Können Sie allerdings ein notarielles Testament vorlegen, ist die Durchführung eines kostspieligen und auch oftmals langwierigen Erbscheinsverfahrens nicht notwendig.
Ein privatschriftlich errichtetes Testament kann hingegen den Erbschein
nicht ersetzen.
Des Weiteren haben die Erfahrungen aus der Vergangenheit gezeigt, dass
nicht jede vom Volksmund als „Berliner Testament“ genannte Regelung
auch tatsächlich eine solche ist.
Auch hier berät Sie der Notar eingehend über bestehende Risiken und
Regelungsmöglichkeiten. Es bietet sich zum Beispiel an, eine Regelung
auch dahingehend zu treffen, was geschehen soll, wenn der Längstlebende verstirbt. Im Regelfall ist es der Wunsch, dass die gemeinsamen Kinder
der Ehegatten dann Erbe werden.
S. 13
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Haben Sie für diesen Fall ein notarielles Testament errichtet, spart man
sich sogar ein zweites Erbscheinsverfahren und damit erhebliche Kosten.
Selbstverständlich behält das notarielle Testament seine Gültigkeit.
c. Kosten eines notariellen Testaments
Die Kosten eines notariellen Testamentes bestimmen sich nach der für
Gerichte und Notare geltenden Kostenordnung (KostO) und damit nach
dem Gegenstandswert. Die für die Beurkundung anfallenden Kosten und
Gebühren des Notars sind in etwa gleich hoch zu den Beurkundungs- und
Gerichtskosten, die entstehen, wenn ein Erbschein beantragt werden
muss.
Beispiel für ein eigenhändiges Testament
S. 14
3. Die Erbeinsetzung
Das gemeinschaftliche Testament sieht meistens die Alleinerbenstellung
des überlebenden Ehepartners nach dem Tod des Ehepartners vor. Dem
Überlebenden soll das eheliche Vermögen und Einkommen zunächst umfassend erhalten bleiben, so dass zumindest finanziell dem Ehepartner alles erhalten bleibt. Erst nach dessen Tod soll das Erbe an die Kinder oder
andere Personen fallen.
Dieses sogenannte „Berliner Testament“ bewirkt insbesondere, dass der
überlebende Ehegatte aufgrund seiner Alleinerbenstellung, auch allein
Eigentümer der vorhandenen Vermögenswerte wird und daher grundsätzlich frei über sämtliche Nachlassgegenstände verfügen kann. Er
unterliegt daher grundsätzlich keinen erbrechtlichen Einschränkungen
bis zu seinem eigenen Tod.
Durch diese Regelung werden jedoch die Kinder nach dem erstversterbenden Elternteil enterbt. Den Kindern steht daher gegen den Überlebenden ein Pflichtteilsrecht zu. Deshalb ist bei der Abfassung eines
„Berliner Testaments“ immer zu berücksichtigen, welche Konsequenzen
die Geltendmachung des Pflichtteils durch das enterbte Kind hat und welche Konsequenzen gegebenenfalls auch nach dem Tod des Überlebenden
hieraus folgen sollen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sowohl beim Tod des ersten Ehegatten als auch beim Tod des zweiten Ehegatten, der Nachlass nach Ausschöpfung der Freibeträge zu versteuern ist.
Es empfiehlt sich deshalb, Ihre individuelle Situation genau zu überprüfen
und einen Notar zu Rate zu ziehen.
Die erste Überlegung, die mithin vor Errichtung eines Testamentes zu treffen ist, ist die Grundfrage „Wer erbt wieviel?“.
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Es besteht die Möglichkeit, durch Erbeinsetzung einer einzelnen Person
(Alleinerbe) das gesamte Vermögen zu übertragen. Ebenso ist es denkbar,
an eine oder mehrere Personen (Erbengemeinschaft) vererben zu wollen.
Dabei müssen Sie unbedingt berücksichtigen, dass sich die Erbeinsetzung
auf den gesamten Nachlass (Alleinerbe) oder Bruchteile davon (Erbengemeinschaft) bezieht. Einzelne Gegenstände oder Vermögenswerte dürfen
prinzipiell nicht vererbt werden! Sie können aber in Form eines Vermächtnisses übertragen werden.
Wer erbt wann?
Die Vor- und Nacherbschaft.
Über die erste Frage „Wer wird Erbe?“ können Sie frei entscheiden. Sie
können insoweit Verwandte, Freunde oder auch eine gemeinnützige
Organisation wie die Lebenshilfe Limburg als Erben einsetzen. Der Vorteil
des Alleinerben liegt darin, dass dieser als Alleineigentümer der Nachlassgegenstände ausschließlich verfügungsberechtigt ist. Die durch die Alleinerbenregelung ausgeschlossenen pflichtteilsberechtigten Erben sind
aufgrund der testamentarischen Regelung automatisch auf den Pflichtteil
gesetzt und haben lediglich einen Geldanspruch.
Problematisch kann in diesen Fällen jedoch sein, dass zur Befriedigung
S. 16
möglicher bestehender und geltend gemachter Pflichtteilsansprüche der
Nachlass gegebenenfalls durch den Verkauf einzelner Nachlassgegenstände zu verwerten ist.
Eine Erbengemeinschaft hingegen kann grundsätzlich nur gemeinsam
über den kompletten Nachlass verfügen. Aus diesem Grund treten in
Erbengemeinschaften oftmals über die Frage der Verwendung des Nachlasses Unstimmigkeiten und Streitigkeiten auf.
Neben diesen klassischen Formen der Erbeinsetzung besteht auch die Möglichkeit der Vor- und Nacherbschaft. Dabei wird die Erbfolge zeitlich gestaffelt.
4. Das Pflichtteilsrecht
Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge, der Ehegatte und die Eltern.
Mit einem Testament kann die gesetzliche Erbfolge zwar außer Kraft gesetzt werden aber nicht das Pflichtteilsrecht, es sei denn, dass der Pflichtteil
ausnahmsweise entzogen werden könnte. Um Willkür und Ungerechtigkeiten vorzubeugen, hat der Gesetzgeber verfügt, dass Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht gänzlich vom Erbe ausgeschlossen werden dürfen.
Der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist
immer nur eine Geldforderung, so dass der Pflichtteilsberechtigte nicht
Mitglied der Erbengemeinschaft ist.
Somit verbleibt zum Beispiel dem überlebenden Ehegatten im Güterstand
der Zugewinngemeinschaft gegenüber den Kindern immer drei Viertel des
Nachlasses und den Kindern verbleibt bei einem unverheirateten Erblasser
immer die Hälfte des Nachlasses.
Zur Bemessungsgrundlage zählt auch das, was der Erblasser die letzten
zehn Jahre vor seinem Tod übertragen hat. Dieses schmilzt jedoch jedes
S. 17
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Jahr um ein Zehntel ab, soweit es nicht an den Ehegatten übertragen wurde oder soweit nicht zum Beispiel ein Wohnrecht oder Nießbrauchsrecht
vorbehalten wurde.
Sollte die sofortige Auszahlung eines Pflichtteilsanspruches zu einer unbilligen Härte führen, so besteht die Möglichkeit, eine Stundung der Auszahlung zu verlangen.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit einer Strafklausel nach dem überlebenden Ehegatten, wenn nach dem Erstversterbenden der Pflichtteil
geltend gemacht wurde.
Unter engen Voraussetzungen kann auch der Pflichtteil entzogen werden.
5. Das Vermächtnis und sonstige Zuwendungen
Vielleicht kennen auch Sie Personen oder Einrichtungen, die sich um Sie
oder Ihre Lieben Zeit ihres Lebens verdient gemacht haben. Oftmals soll
diesen auch etwas nach dem Tod zugewandt werden, ohne dass eine
unmittelbare Beteiligung durch Erbeinsetzung erwünscht ist.
In diesen Fällen besteht die Möglichkeit diesen Personen, Einrichtungen
oder Organisationen ein Vermächtnis zuzuwenden.
Dem Vermächtnisnehmer steht gegenüber dem Erben ein Anspruch auf
Erfüllung des Vermächtnisanspruches zu. Er kann das im Rahmen des
Testaments ihm Zugedachte von dem Erben herausverlangen. Was Sie im
Rahmen eines Vermächtnisses konkret dem Dritten zuwenden, obliegt
Ihnen allein. Grundsätzlich können Sie alles vermachen, was sich in Ihrem
Besitz befindet:
Gegenstände wie Immobilien, Münzsammlung oder Möbelstück, Betriebsvermögen, Forderungen, Rechte, wie etwa Nießbrauchsrechte,
S. 18
Geldbeträge, Tiere und vieles mehr.
Das Vermächtnis bietet die Möglichkeit, der eigenen Familie alle wesentlichen Dinge zu erhalten und dennoch eine gute Sache zu unterstützen, in
dem Sie festlegen, dass nach Ihrem Tod ein gewisser Geldbetrag oder ein
bestimmter Gegenstand einer gemeinnützigen Organisation Ihrer Wahl
zufallen soll.
Beim Einsatz von Vermächtnissen sollte bedacht werden, dass damit je
nach Höhe des Vermächtnisses Pflichtteilansprüche verletzt werden können.
Dann bestehen Ergänzungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten.
6.Schenkungen unter Lebenden
Die Gartengruppe bei der
Lebenshilfe Limburg:
Dem Wachsen eine Form geben.
Denkbar ist neben einer letztwilligen Verfügung und somit Übertragung
der Vermögenswerte nach dem Tod auch die Übertragung einzelner Vermögenswerte zu Lebzeiten.
S. 19
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Durch eine Schenkung unter Lebenden können Sie Vermögens- und Sach-
werte also zum Beispiel Geld, Wertpapiere oder Immobilien bereits konkret an die Personen oder Einrichtungen – gegebenenfalls unter dem Vorbehalt eigener Rechte (zum Beispiel Wohnungsrecht, Nießbrauchsrecht,
Rentenrecht, Rückübertragungsvorbehalt ) – übertragen, denen diese Gegenstände auch nach Ihrem Tod zukommen sollten.
In der Fahrradwerkstatt der
Lebenshilfe Limburg gGmbH.
Die Schenkung der Gegenstände bietet neben dem wesentlichen positiven
Effekt, dass Sie sich bereits zu Lebzeiten an der Freude der Beschenkten
mitfreuen können, auch in steuerlicher Hinsicht gegebenenfalls einen
Vorteil. Für Schenkungen gelten grundsätzlich die gleichen Steuerregelungen wie für Erbschaften. Die Schenkung zu Lebzeiten eröffnet insoweit
insbesondere bei größeren Vermögen die Möglichkeit alle zehn Jahre die
allgemeinen Freibeträge in Anspruch zu nehmen und daher durch eine sukzessive Übertragung der Vermögenswerte erhebliche Steuereinsparungen.
Des Weiteren lassen sich dadurch auch Pflichtteilsansprüche reduzieren.
In jedem Falle sollten aber zuerst die eigenen Interessen des Erblassers
gewahrt werden.
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7. Aufbewahrung und Änderung eines
Testaments
a. Aufbewahrung
Ein notarielles Testament wird bei dem jeweils zuständigen Nachlassgericht hinterlegt. Ein eigenhändiges Testament sollte auch hinterlegt werden.
Dadurch ist in jedem Fall gewährleistet, dass das Testament nach dem
Tode eröffnet wird.
Des Weiteren ist es vor Fälschungen geschützt. Für die amtliche Verwahrung entstehen lediglich geringe Hinterlegungskosten. Ein Erbvertrag, der
sich unter anderem bei nicht miteinander verheirateten Personen anbietet
und nur durch notarielle Urkunde errichtet werden kann, kann auch auf
Wunsch der Beteiligten in der amtlichen Verwahrung des Notars verbleiben.
b. Änderung
Das Testament wird auch als „letztwillige Verfügung“ bezeichnet. Dies
folgt daraus, dass die testamentarischen Regelungen erst zum Zeitpunkt
des Todes Wirkung nach außen entfalten. Daher können grundsätzlich zu
Lebzeiten getroffene testamentarische Regelungen jederzeit wieder aufgehoben oder verändert werden.
An eine Überarbeitung der getroffenen testamentarischen Regelungen
ist insbesondere zu denken, wenn sich die ursprüngliche Lebenssituation
beispielsweise durch Scheidung, neue Partnerschaft, Krankheit oder Tod
naher Verwandter ändert. Je detaillierter die Regelungen sowohl im Hinblick auf die Frage „Wer?“ als auch auf die Frage „Wie?“ sind, desto öfter
wird eine Anpassung aufgrund geänderter Lebensverhältnisse notwendig
werden. Das Versäumnis einer Anpassung kann weitreichende Folgen für
S. 21
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beispielsweise „neue“ Erben haben, indem diese, kraft früherer und später
nicht geänderter testamentarischer Regelung, zum Beispiel aufgrund der
ursprünglichen testamentarischen Einsetzung eines ehemaligen Lebenspartners, enterbt sind.
Durch die Errichtung eines neuen Testamentes wird ein altes Testament
grundsätzlich aufgehoben. Ein eigenhändiges Testament kann auch durch
Vernichtung oder den Vermerk „ungültig“ aufgehoben werden. Das notarielle Testament wird automatisch ungültig, sobald Sie es aus der amtlichen
Verwahrung heraus nehmen. Um Unklarheiten vorzubeugen, sollten Sie neben dem Vermerk des Datums auf den jeweiligen Testamenten auch bei der
Neufassung eines Testaments die Ungültigkeit früherer Testamente anmerken.
Wenn Sie ein gemeinschaftliches Ehegattentestament erstellt haben, so
kann dies zu Lebzeiten beider Ehepartner grundsätzlich auch nur gemeinschaftlich aufgehoben oder geändert werden. Es gibt allerdings auch die
Möglichkeit der einseitigen Aufhebung, bei der es aber der Mitwirkung
eines Notars bedarf.
Nach dem Tode ist eine Änderung des Testamentes durch den Überlebenden nicht möglich, es sei denn, dies ist ausdrücklich in dem gemeinsamen
Testament gestattet worden.
8.Die Testamentsvollstreckung
Grundsätzlich wird der Erbe kraft Gesamtrechtsnachfolge unmittelbar
Alleineigentümer des Nachlasses. Somit hat er auch den gesamten Nachlass zu verwalten und den letzten Willen des Erblassers umzusetzen.
Diese Aufgabe kann den Erben jedoch insbesondere bei schwierigen Konstellationen sowohl in Hinblick auf die Höhe des Nachlasses, als auch bezüglich dessen Art oder aber wegen der Komplexität der Familienverhältnisse
überfordern. Insbesondere in Erbengemeinschaften können in diesen Fällen
S. 22
nicht unerhebliche Streitigkeiten zwischen den Miterben entbrennen.
Soweit diese Schwierigkeiten abzusehen sind, kann durch die Anordnung
der sogenannten Testamentsvollstreckung versucht werden, Abhilfe zu
schaffen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet und verteilt den Nachlass
unter Beachtung der testamentarischen Anweisungen. Testamentsvollstrecker kann grundsätzlich jeder erwachsene und voll geschäftsfähige
Mensch sein – also ein Familienangehöriger, ein Freund, Ihr Rechtsanwalt,
Ihr Notar oder auch Ihr Steuerberater. Die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers kann insbesondere in schwierigen Konstellationen mit erheblicher Arbeit verbunden sein. Daher sollten Sie sich gut überlegen, welche
Person Sie mit dieser Aufgabe betrauen wollen. Anzuraten ist aus diesen
Gründen auch, dass Sie unbedingt den Betroffenen von Ihrer Entscheidung
in Kenntnis setzen und sein Einverständnis einholen sollten.
Wenn Sie keine geeignete Person finden, können Sie einfach verfügen, dass
das zuständige Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker bestimmt.
Die Aufnahme einer Testamentsvollstreckung kann erforderlich werden,
wenn zum Beispiel minderjährige Kinder oder aber behinderte Abkömmlinge als mögliche Erben vorhanden sind. Eine solche Testamentsvollstreckung durch ein sogenanntes Behindertentestament kann im letztgenannten Fall den Zugriff des staatlichen Kostenträgers auf das Vermögen
verhindern. Ist hier keine oder aber nur eine herkömmliche testamentarische Regelung vorhanden, kann dies fatale Auswirkungen haben. Die
Beurkundung eines sogenannten Behindertentestamentes ist somit
dringend erforderlich.
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L e b e n en mit Behinderung verstehen und fordern
- Mensch
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Erbrechtsratgeber
„Menschen mit Behinderung sollten beim Erbe nicht benachteiligt werden.“
Werner Reingen, Rechtsanwalt und Notar
V.
Das Behindertentestament oder
Testament für unverschuldet
bedürftige Personen
Die Mittel für soziale Anliegen werden immer knapper. Dies bekommen
Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung besonders zu spüren.
Eine bloße Grundversorgung reicht eben nicht aus, um den persönlichen
Ansprüchen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Oft lassen sich selbst die
kleinsten Wünsche nicht erfüllen: ein Kinobesuch mit Freunden, ein kleines
Radio, ein paar Tage Urlaub. Hier ist wirksame Hilfe dringend nötig. Hierfür
müssen finanzielle Quellen erschlossen werden.
S. 24
Ohne private Initiative bleiben die persönlichen Bedürfnisse der Menschen
mit Behinderung zunehmend auf der Strecke.
Ein behindertes Kind erfordert deshalb besondere Vorsicht beim Verfassen
des Testamentes.
Das Gleiche gilt, wenn man einem behinderten Menschen zum Beispiel aus
der Verwandtschaft oder dem Freundeskreis etwas zukommen lassen will.
Es wäre falsch, ein „Berliner Testament“ durch Einsetzung des überlebenden
Ehegatten als Alleinerben abzufassen und die Kinder damit automatisch auf
den Pflichtteil zu setzen. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch in Höhe
der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dieser Pflichtteilsanspruch kann durch
einen Ergänzungspfleger für den staatlichen Kostenträger geltend gemacht
werden, wenn eine vollstationäre Unterbringung ansteht, genauso wie dies
auch für sonstiges Vermögen eines Menschen mit Behinderung gilt.
Da entweder der überlebende Elternteil oder oftmals die Geschwister Betreuer werden, ist das behinderte Kind wegen einer sogenannten Interessenkollision nicht ordnungsgemäß für die Geltendmachung des Pflichtteils
vertreten, so dass die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren in diesen
Fällen nicht gilt und der Pflichtteilsanspruch noch nach langer Zeit durch
den staatlichen Kostenträger geltend gemacht werden kann.
Das gleiche gilt, wenn nach dem Tod des Überlebenden nur die anderen Kinder als Erbe eingesetzt sind. Auch dann ist das behinderte Kind automatisch
enterbt und ihm steht der Pflichtteil zu.
Sollte ein Elternteil bereits verstorben sein und die Großeltern noch leben,
so tritt das Kind mit Behinderung an dessen Stelle und wird bei deren Tod
Erbe oder Pflichtteilsberechtigter. Hier gilt das gleiche wie zu den Eltern, so
dass auch hier in jedem Fall eine Regelung notwendig ist.
Es ist somit erforderlich, dass nach dem Tod eines jeden Elternteils eine
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Regelung getroffen wird, wonach dem behinderten Kind weder der Erbteil
noch der Pflichtteil zusteht.
Stattdessen sollte dem Kind mit Behinderung ein Vermächtnis in einer Größenordnung zwischen 60 % bis 90 % des gesetzlichen Erbteils zukommen.
Dies richtet sich nach den individuellen Gegebenheiten. Zugleich ist anzuordnen, für welche Zwecke dieses Vermächtnis zu verwenden ist. Die Verwendung darf nicht im Belieben des behinderten Kindes stehen.
Das Vermächtnis ist somit von der Höhe und der Verwendung so auszugestalten, dass auch ein vollständiger Verbrauch des Vermächtnisses bis zum
Tod des Menschen mit Behinderung möglich ist. Für den staatlichen Kostenträger darf es keine Argumente geben, um die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers durchzusetzen, der das Vermächtnis ausschlägt und den Pflichtteil zur Verwendung für den staatlichen Kostenträger geltend macht.
Sind keine Kinder ohne Behinderung vorhanden, so ist zu überlegen, ob zum
Beispiel ein Verwandter Erbe wird, belastet mit dem Vermächtnis für das
Kind mit Behinderung oder ob in diesem Fall eine Regelung alleine durch
Vor- und Nacherbschaft sinnvoller wäre.
Das Vermächtnis hat den Vorteil, dass eine Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wird und die anderen Miterben in den Verfügungen über den
Nachlass frei sind.
Eine Vor- und Nacherbschaft bietet sich nur an, wenn man nicht weiß, wer
Erbe werden soll, wenn keine weiteren Kinder vorhanden sind. Ansonsten
gelten die gleichen Anforderungen wie in dem Fall der vorbeschriebenen
Vermächtnislösung.
Bei beiden Lösungen ist zwingend Testamentsvollstreckung anzuordnen, da
das behinderte Kind nicht eigenständig und nach seinem Belieben über das
ihm hinterlassene Vermögen verfügen können darf. Der Testamentsvollstrecker ist für die Verwaltung des Vermächtnisses zuständig.
S. 26
Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Kindes mit Behinderung muss
dann von diesem die Mittel entsprechend der Verwendungsanordnung
einfordern.
Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker bestimmen. Weiterhin kann
in dem Testament auch vorgeschlagen werden, wer durch das Betreuungsgericht als Betreuer bestellt werden soll. Es sollten jedoch nicht die gleichen
Personen sein.
Der Testamentvollstrecker
öffnet die „Käseglocke“nur,
wenn der Zugriff auf das
Vermächtnis entsprechend
der Verwendungsanordnung
möglich ist.
Betreuer und Testamentsvollstrecker sollen sofort gegenüber dem Erben
das Vermächtnis bzw. die Vorerbschaft annehmen.
Bei der Anordnung des Vermächtnisses nach dem Erstversterbenden sollten
auch die Kinder ohne Behinderung berücksichtigt werden, damit diese nicht
leer ausgehen.
Es ist richtig, dass man unter Lebenden mit seinem Hab und Gut tun und
lassen kann, was man will. Man darf jedoch nicht die Pflichtteilsrechte der
S. 27
Erbrechtsratgeber
Kinder einschränken. Auch hier ist es somit erforderlich, eine Regelung auch
für das behinderte Kind zu treffen.
Entsprechendes gilt, wenn eine Person insbesondere aus gesundheitlichen Gründen unverschuldet nicht soviel an Arbeitseinkommen erzielen kann, so dass sie auf die Grundsicherung angewiesen ist.
Auch in diesen Fällen kann der Nachlass durch eine komplexe Regelung vor dem Kostenträger geschützt zur Verfügung gestellt werden.
Nähere Informationen erhalten Sie unter www.behindertentestamente.de
Fritz-Körting-Haus – Wohnhaus
der Lebenshilfe Limburg gGmbH.
1. Eigenes Vermögen des Menschen
mit Behinderung
Für das Kind mit Behinderung sollte kein Vermögen (zum Beispiel Sparguthaben) angesammelt werden.
S. 28
Dieses Vermögen ist mit Ausnahme eines geringen Vermögensfreibetrages
von zur Zeit 2.600,00 €, mit Ausnahme der Betreuung in der Werkstatt für Behinderte – vorbehaltlich gesetzlicher Änderungen - nicht vor der Inanspruchnahme durch den staatlichen Kostenträger geschützt. Es gibt hier nicht den
Schutz, wie er vorstehend hinsichtlich der Erbfolge mit der Vermächtnisregelung dargestellt wurde. Dieses eigene Vermögen unterliegt voll dem
Zugriff des staatlichen Kostenträgers. Das Gleiche gilt für Versicherungen,
zum Beispiel Lebensversicherungen. Hier wird durch den staatlichen Kostenträger der Rückkaufswert angefragt. Der Rückkaufswert wird voll als
eigenes Vermögen gerechnet. Er ist dem staatlichen Kostenträger in Höhe
der von diesem zu erbringenden Leistungen zur Verfügung zu stellen.
Auch das Argument, dass damit die spätere Altersversorgung gesichert ist,
erkennt der staatliche Kostenträger nicht an. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass nicht sicher ist, ob und inwieweit zu diesem späteren Zeitpunkt
überhaupt noch Leistungen zu erbringen sind und ob nicht dann zum Beispiel wegen Pflegeaufwendungen diese Leistungen nicht ausreichend sind,
so dass dann dennoch der staatliche Kostenträger Leistungen erbringen
muss. Ansonsten müssten die Lebensversicherungen in exorbitanter Höhe
abgeschlossen werden.
Entsprechendes gilt auch, wenn für den Menschen mit Behinderung Beträge
in privaten Rentenversicherungen angespart werden, wie zum Beispiel die
Riester-Rente.
Auf die eher seltene Ausnahme, dass aus hohen Erträgen des geschützten
Vermögens der Mensch mit Behinderung zum Selbstzahler wird und er sich
darüber hinaus noch das Gewünschte leisten kann, muss wohl nicht näher
eingegangen werden.
Wenn somit zum Beispiel die Großeltern oder die Paten dem Kind mit Behinderung etwas Gutes tun wollen, müssen die besonderen Belange – wie unter
dem Kapitel Behindertentestament beschrieben – zwingend berücksichtigt
werden.
S. 29
Erbrechtsratgeber
2. Betreuungsvollmacht durch den Menschen
mit Behinderung
Bekanntlich ist bei einer geistigen Behinderung wegen der Geschäftsunfähigkeit eine Betreuung aufgrund eines gerichtlichen Betreuungsverfahrens erforderlich. Wenn das Kind mit Behinderung nach dem achtzehnten Geburtstag jedoch noch nicht geschäftsunfähig ist, so empfiehlt
es sich durchaus zu prüfen, ob es selbst zum Beispiel den Eltern oder Geschwistern eine Betreuungsvollmacht für die Personen- und die Vermögenssorge erteilen kann, so dass ein gerichtliches Betreuungsverfahren
später nicht erforderlich ist. Die Vollmacht kann dann ausgehändigt werden, wenn die Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist.
Der Notar kann einen Treuhandauftrag erhalten, dass er vor Nachweis
der Geschäftsunfähigkeit die Vollmacht nicht aushändigt. Der Notar
wird bei Zweifelsfragen auch eine Begutachtung anregen, um die Frage
der Geschäftsunfähigkeit auszuschließen.
Eine Betreuungsvollmacht empfiehlt sich auch sonst, damit zum Beispiel
nach einem Schlaganfall oder Altersverwirrtheit der Ehegatte, die Kinder
oder eine sonstige Vertrauensperson ohne gerichtliches Betreuungsverfahren handeln können.
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„Steuerlich optimiert vererben hilft Menschen mit Behinderung. “
Roland Jung, Verwaltungsleiter der Lebenshilfe Limburg gGmbH
Erbschafts- und
Schenkungssteuern
Der Staat erbt mit.
VI.
Er ist stets durch die Erbschaftssteuer an dem Nachlass beteiligt. Die Festsetzung der Erbschaftssteuer erfolgt insbesondere unter Beachtung der folgenden drei Grundsätze:
1. Je höher die Erbschaft, desto höher die Steuer.
2. Je entfernter die Verwandtschaft, desto höher die Steuer.
3. Je entfernter die Verwandtschaft, desto niedriger die Freibeträge.
S. 31
Erbrechtsratgeber
Von der Steuerpflicht befreit sind grundsätzlich lediglich die Nachlässe, die
betragsmäßig die im Gesetz festgelegten Freibeträge nicht übersteigen. Lediglich unter Beachtung des Unterhalts- und Versorgungsgedankens wird
durch den Gesetzgeber neben den allgemeinen Freibeträgen dem Ehegatten und Kindern bis zum Alter von 26 Jahren der so genannte Versorgungsfreibetrag zugebilligt. Durch diesen „weiteren Freibetrag“ soll insbesondere
der Unterhalt für die engsten Familienangehörigen gesichert werden.
Es gibt drei Steuerklassen und drei je nach der Höhe des Nachlasses gestaffelte Freibeträge und Steuersätze. Diese ergeben sich aus den §§ 14 bis 19a
des Erbschaftsteuergesetzes. Sie sind jetzt so bemessen, dass trotz der Feststellung der Verkehrswerte der Immobilien die meisten Nachlässe steuerfrei
bleiben werden, wenn bei der Abfassung der Testamente durch Steuerung
des Zuflusses des Nachlasses durch den Notar unter Beteiligung des jeweiligen Steuerberaters die steuerliche Seite mitbedacht wird.
Die steuerlichen Freibeträge folgen aus dem Gesetz:
(1)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
(2)
S. 32
§ 16 Freibeträge ErbStG
Steuerfrei bleibt in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 * der Erwerb
des Ehegatten und des Lebenspartners in Höhe von 500 000 Euro;
der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener
Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400 000 Euro;
der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe
von 200 000 Euro;
der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 100 000 Euro;
der Personen der Steuerklasse II in Höhe von 20 000 Euro;
(weggefallen);
der übrigen Personen der Steuerklasse III in Höhe von 20 000 Euro.
An die Stelle des Freibetrags nach Absatz 1 tritt in den Fällen des § 2
Abs. 1 Nr. 3 ein Freibetrag von 2 000 Euro
Trotzdem gilt auch hier, dass Zivilrecht vor Steuerrecht geht.
Mit einem Vermächtnis für eine gemeinnützige Organisation sind – neben
der Chance, etwas Sinnvolles für Menschen mit Behinderung zu tun – weitere Vorteile verbunden.
Gemeinnützige Organisationen wie die Lebenshilfe Limburg sind von der
Erbschaftssteuer grundsätzlich befreit. Ihre Zuwendung wird also nicht
durch Steuern geschmälert, sondern fließt in vollem Umfang der gemeinnützigen Arbeit der Lebenshilfe Limburg und ihrer Einrichtungen zu.
Bei Zuwendungen unter Lebenden erhalten Sie darüber hinaus eine Zuwendungsbescheinigung, so dass durch diese Zuwendung bereits zu Lebzeiten
für den Zuwendenden Steuern gespart werden können.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Ihre Erben unter Umständen weniger
Erbschaftssteuern zahlen müssen, weil der einer gemeinnützigen Organisation zugewendete Teil die Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs verringert.
Das kann dazu führen, dass Ihre Erben durch die Erfüllung Ihres letzten Willens in den Bereich der Freibeträge fallen und keine Erbschaftssteuer zahlen
müssen.
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LebeAufgaben und Verantwortung fur Menschen
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Erbrechtsratgeber
„Kommen wir ins Gespräch – wir freuen uns auf Sie!“
Hans-Peter Gniss, Geschäftsführer pädagogischer Geschäftsbereich der Lebenshilfe Limburg gGmbH
VII.
Zuwendungen an die Lebenshilfe
Limburg
Immer mehr Menschen wollen mit Ihrem Erbe gemeinnützige Ziele verfolgen.
Wenn auch Sie die Arbeit der Lebenshilfe Limburg durch eine Zuwendung
in Form von Erbeinsetzung oder Vermächtnis unterstützen möchten,
müssen Sie ein Testament verfassen. Mündliche Erklärungen – auch unter
Zeugen – reichen nicht aus.
Durch Ihre Zuwendung fördern Sie nicht nur die Einrichtungen der Lebenshilfe Limburg, sondern helfen hierdurch den Menschen mit Behinderung
in der Region direkt.
S. 34
Direkt helfen Sie, weil Ihre Zuwendung uns dabei hilft, Menschen mit
geistiger Behinderung und ihren Familien zur Seite zu stehen. Wir können
sofort Ihre Zuwendung dort einsetzen, wo sie gerade am dringendsten
benötigt wird – sei es in der Frühförderung, den Werkstätten, Wohnheimen oder zur Förderung eines Freizeitprojektes.
Zukünftig helfen Sie, da wir mit Ihrer Zuwendung die Aufrechterhaltung
unserer Einrichtungen und Dienste langfristig finanzieren können und
Arbeitsplätze für Menschen mit einer Behinderung aus unserer Region
erhalten können.
Wenn Sie uns und unsere Arbeit durch eine Erbschaft, ein Vermächtnis
oder eine Schenkung unterstützen möchten, können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage und sichern Ihnen zu,
dass Ihre Mitteilungen und Informationen absolut vertraulich behandelt
werden.
Wenn Sie uns bereits heute unterstützen möchten, freuen wir uns über
jede Schenkung oder Spende. Neben dem Vorteil, dass Sie mitbestimmen
können, wie Ihre Zuwendung verwandt werden soll und Sie das Ergebnis
direkt erkennen können, sind Schenkungen an gemeinnützige Organisationen wie unsere Lebenshilfe Limburg im Rahmen der gesetzlichen
Grenzen als Spende steuerlich absetzbar und unterliegen nicht der
Schenkungssteuer.
Gerne führen wir mit Ihnen auch ein persönliches Gespräch, in dem wir
unsere Arbeit und die Möglichkeiten der Unterstützung darstellen.
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L e b e n s h - Da sein, wo immer es notig ist!
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VIII.
Ihr Ansprechpartner
Mathias Korn
Tel: 06431 993-1919
Fax: 06431 993-200
E-Mail: [email protected]
Wenn Sie weitere Informationen benötigen, freuen wir uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Wir vermitteln Ihnen auf Wunsch auch fachkundigen Rat durch einen Anwalt oder Notar.
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Lebensh- mit Rat und Tat furr RMeegnioscnh! en
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mit geistiger
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„Menschen mit Behinderung durch Spenden zu unterstützen erzeugt Freude bei den Spendern und den Menschen der
Lebenshilfe Limburg.“
Mathias Korn, Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Limburg e.V.
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Lebenshilfe für Menschen mit
geistiger Behinderung Limburg e.V.
Wiesbadener Straße 15
65549 Limburg
Tel: 06431 993-1919
Fax: 06431 993-200
E-Mail:
[email protected]
www.lebenshilfe-limburg.de